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Leistungsbündelbewertung in der Hotellerie

Empirische Analyse von Interaktionseffekten in der Bildung von Bündelurteilen, dargestellt am Beispiel einer Mittelalterpauschale des "Hotel Zum Walde"

©2005 Diplomarbeit 148 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
In vielen Märkten ist es üblich, mehrere Produkte oder Dienstleistungen gebündelt zu verkaufen. Im Mobilfunksektor bekommt man als Neukunde zum Mobiltelefon einen kostenlosen DVD-Player und Sprachguthaben, Autos werden mit Schiebedach, Winterreifen und Radios verkauft. Computerkäufer erwerben einen Tower mit Festplatte und CD-ROM-Laufwerk, Grafikkarte und Softwareschulung, und im Lebensmittelmarkt erhält man Erfrischungsgetränke im Sechserpack. Die Begriffe für diese Bündel sind vielfältig. Letztendlich basieren Sammelboxen, Mehrfach- und Familienpackungen, Sondermodelle, Abonnements oder Systemlösungen usw. auf demselben Prinzip, dem sog. Bundling. Darunter versteht man das Angebot von Produkten bzw. Dienstleistungen im Paket.
Oft handelt es sich dabei um sog. Leistungsbündel. Ein Leistungsbündel ist dadurch gekennzeichnet, dass es eine Kombination von Sachgütern, Dienstleistungen, Informationen und Rechten sein kann. Genau genommen ist aber (fast) jedes Produkt bzw. jede Dienstleistung ein solches mehrdimensionales oder multiattributives Leistungsbündel, da es aus mehreren bedürfnisbefriedigenden Eigenschaften besteht. Deshalb werden einige Aussagen, die ursprünglich auf Einzelprodukte bezogen waren, im Verlauf dieser Arbeit analog auf Leistungsbündel übertragen. Alle Ausführungen zu Produkten gelten auch für Dienstleistungen und Leistungsbündel; der Einfachheit halber wird meist nur von Produkten oder Leistungen gesprochen.
Auch in der Hotellerie und Gastronomie begegnet man Leistungsbündeln. In so gut wie jedem Hotel werden Wochenend-Packages, Halbpensionen, Menüs, Arrangements, Seminarpauschalen, All Inclusive Angebote oder ähnliches offeriert. Deshalb wird die Relevanz und Bedeutung von Bundling für die Hotellerie in vorliegender Arbeit näher betrachtet. Viele Aspekte werden dabei anhand von Beispielen aus Hotels, Restaurants usw. veranschaulicht, können aber auch auf andere Wirtschaftszweige übertragen werden. Das Besondere an Hotelleriebündeln ist allerdings, dass es sich um immaterielle, nicht-lagerfähige Dienstleistungen handelt. Das Hotel stellt zwar dauerhaft Übernachtungsmöglichkeiten zur Verfügung; für das Ergebnis der Dienstleistung, nämlich die Übernachtung, ist aber nötig, dass der Gast auch sein Zimmer bezieht. Freie Hotelzimmer können nicht gelagert werden, um zu Zeiten von Spitzennachfrage eingesetzt zu werden; die Potenziale verfallen, wenn sie nicht in Anspruch genommen werden. Deshalb wäre es ein […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Melanie Christen
Leistungsbündelbewertung in der Hotellerie
Empirische Analyse von Interaktionseffekten in der Bildung von Bündelurteilen,
dargestellt am Beispiel einer Mittelalterpauschale des "Hotel Zum Walde"
ISBN-10: 3-8324-9689-0
ISBN-13: 978-3-8324-9689-0
Druck Diplomica® GmbH, Hamburg, 2006
Zugl. Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen (RWTH), Aachen,
Deutschland, Diplomarbeit, 2005
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© Diplomica GmbH
http://www.diplom.de, Hamburg 2006
Printed in Germany



Inhaltsverzeichnis
II
Inhaltsverzeichnis
ABBILDUNGSVERZEICHNIS... IV
TABELLENVERZEICHNIS ... V
ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS... VI
SYMBOLVERZEICHNIS
...VI
1. EINFÜHRUNG IN BUNDLING IN DER HOTELLERIE...1
2. DEFINITIONEN MÖGLICHER BUNDLING-FORMEN IN DER HOTELLERIE.4
2.1 E
RLÄUTERUNG DER
G
RUNDBEGRIFFE DES
B
UNDLING
...4
2.2 E
RSCHEINUNGSFORMEN DES
B
UNDLING
...6
2.2.1 Die Basisformen des Bundling ...6
2.2.2 Bundling als Preisstrategie ...7
2.2.2.1 Der Unterschied zwischen Preisbündelung und Produktbündelung ...7
2.2.2.2 Bundling-Formen in Bezug auf den Bündelpreis...8
2.2.3 Sonstige Klassifizierungsmöglichkeiten für Bundling-Formen ...9
3. BEDEUTUNG DES BUNDLING FÜR DIE HOTELLERIE...11
4. PSYCHOLOGISCHE UND KAUFVERHALTENSTHEORETISCHE GRUND-
LAGEN
DER
BÜNDELBEWERTUNG...14
4.1 D
ER
K
AUFENTSCHEIDUNGSPROZESS UND DIE
I
NFORMATION
I
NTEGRATION
T
HEORY ALS
A
USGANGSPUNKTE
...14
4.2 D
IE MONETÄRE
B
EWERTUNG VON
(L
EISTUNGS
-)B
ÜNDELN
...17
4.2.1 Die Prospect Theory und die Theorie des Mental Accounting...17
4.2.1.1 Grundlagen der Prospect Theory ...17
4.2.1.2 Grundlagen des Mental Accounting...18
4.2.2 Das Konzept der Vorbehaltspreise...20
4.2.2.1 Definition und Bedeutung des Vorbehaltspreises ...20
4.2.2.2 Messung des Vorbehaltspreises ...21
4.2.2.3 Integration der Einzel-Vorbehaltspreise zum Bündel-Vorbehaltspreis ...23
4.3 D
IE
E
NTSTEHUNG VON NICHT
-
MONETÄREN
(L
EISTUNGS
-)B
ÜNDELURTEILEN
...25
4.3.1 Integration durch Adding oder Averaging ...25
4.3.2 Bewertung von (Leistungs-)Bündeln ...26
4.4 I
NTERAKTIONSEFFEKTE IN DER
U
RTEILSBILDUNG
...30
4.4.1 Interaktionseffekte in der Wahrnehmung ...32
4.4.2 Interaktionseffekte in der Gewichtung...33
4.4.3 Interaktionseffekte in der nicht-monetären Bewertung ...34
4.4.4 Interaktionseffekte in der monetären Bewertung...35
4.4.5 Bundling als Instrument für Imagetransfers in der Hotellerie...36
5. ÜBERBLICK ÜBER DEN STAND DER BUNDLING-FORSCHUNG ...39
5.1 S
TUDIEN ZUR ÖKONOMISCHEN
T
HEORIE DES
B
UNDLING
...39
5.2 F
ORSCHUNG ZUM
K
ÄUFERVERHALTEN GEGENÜBER
B
ÜNDELN
...40
5.2.1 Studien zur monetären Bündelbewertung...40
5.2.2 Studien zur nicht-monetären Bündelbewertung ...42

Inhaltsverzeichnis
III
6. EMPIRISCHE ANALYSE VON INTERAKTIONSEFFEKTEN BEI LEISTUNGS-
BÜNDELN IN DER HOTELLERIE ...45
6.1 A
BLEITUNG DER
U
NTERSUCHUNGSHYPOTHESEN
...45
6.2 B
ESCHREIBUNG DES
A
NALYSEOBJEKTS
,,M
ITTELALTERPAUSCHALE
" ...47
6.3 D
ARSTELLUNG DER
S
TICHPROBE UND DES
S
TUDIENDESIGNS
...49
6.3.1 Die Probanden...49
6.3.2 Die Befragungsmethodik ...50
6.3.3 Aufbau des Fragebogens ...52
6.4 E
RGEBNISSE DER
H
YPOTHESENPRÜFUNG
...54
6.4.1 Hypothese 1 ...54
6.4.2 Hypothese 2 ...62
6.4.3 Hypothese 3 ...67
6.4.4 Analyse des Einflusses der Merkmale der Probanden ...72
6.4.4.1 Bewertung in Abhängigkeit der Branche...73
6.4.4.2 Bewertung in Abhängigkeit der Unternehmensgröße...74
6.4.4.3 Bewertung in Abhängigkeit des Engagementbereichs des Unternehmens ...74
6.4.4.4 Bewertung nach den (sonstigen) Interessen...75
6.4.4.5 Bewertung nach den bisherigen Erfahrungswerten...75
7. ZUSAMMENFASSUNG UND AUSBLICK ...77
ANHANGVERZEICHNIS ...VII
LITERATURVERZEICHNIS ...LIII
VERSICHERUNG ...LXIII
LEBENSLAUF ...LXIV

Abbildungsverzeichnis
IV
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Die klassischen Bundling-Formen im Überblick ...9
Abbildung 2: Wahlentscheidung des Konsumenten...14
Abbildung 3: Herleitung eines Bündelurteils aus den Einzelurteilen ...27
Abbildung 4: Der Anchoring and Adjustment-Prozess...28
Abbildung 5: Mögliche Formen von Interaktionseffekten bei der Bewertung von Leistungs-
bündeln ...31
Abbildung 6: Gegenüberstellung der durchschnittlichen Bewertungen...56
Abbildung 7: Vergleich der durchschnittlichen Gesamtbewertungen von Hotel, Package und
Mittelalteressen ...61
Abbildung 8: Vergleich der Hotelbewertungen vor und nach Angebot des Mittelalter-
packages ...63
Abbildung 9: Abweichungen des Bündel-Vorbehaltspreises von der Summe der Einzel-
Vorbehaltspreise...69
Abbildung 10: Prozentuale Abweichung zur Summe der Einzel-Vorbehaltspreise...70

Tabellenverzeichnis
V
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Kaufverhaltenstheoretische Konzepte in der Urteilsbildung...15
Tabelle 2: Beispiel für die Berechnung des Transaktionsnutzens von Bündeln ...20
Tabelle 3: Vor- und Nachteile der Methoden zur Messung der Zahlungsbereitschaft...23
Tabelle 4: Überblick über mögliche Interaktionseffekte bei der Bündelbewertung ...38
Tabelle 5: Vor- und Nachteile eines Web-Surveys mit Einladung per E-Mail...50
Tabelle 6: Struktur des Fragebogens ...52
Tabelle 7: Veränderung der Servicebewertung beim Übergang von ,,Hotel" zu ,,Package" ...57
Tabelle 8: Veränderung der Komfortbewertung beim Übergang von ,,Hotel" zu ,,Package"..58
Tabelle 9: Veränderung der Ambientebewertung beim Übergang von ,,Hotel" zu ,,Package" 58
Tabelle 10: Veränderung der Entertainment-Potenzial-Bewertung beim Übergang von
,,Hotel" zu ,,Package" ...59
Tabelle 11: Veränderung der Bewertung der Qualität des Essens beim Übergang von ,,Hotel"
zu ,,Package"...60
Tabelle 12: Veränderung der Lagebewertung beim Übergang von ,,Hotel" zu ,,Package"...61
Tabelle 13: Urteilsmittelwerte und Standardabweichungen der Hotelbewertung vorher und
nachher...63
Tabelle 14: Prozentuale Veränderung der Hotelbewertung im Vorher-Nachher-Vergleich...64
Tabelle 15: Vorbehaltspreise vor und nach Packageangebot ...65
Tabelle 16: Ergebnisse der Korrelationsanalyse bzgl. der Gesamtbewertung des Packages und
der Bildung des Vorbehaltspreises ...71
Tabelle 17: Vergleich der Mittelwerte der Vorbehaltspreise für Reiseveranstalter und Event-/
Incentiveagenturen...73

Abkürzungs- und Symbolverzeichnis
VI
Abkürzungsverzeichnis
CHIO
Concours Hippique International Officiel (Weltfest des Pferdesports
in
Aachen)
c. p.
ceteris paribus
DEHOGA
Deutscher
Hotel- und Gaststättenverband
H1 (2, 3)
Hypothese 1 (2, 3)
HP
Halbpension
ÖPNV
Öffentlicher Personennahverkehr
PR
Public
Relations
p
Irrtumswahrscheinlichkeit
VP
Vorbehaltspreis
Symbolverzeichnis
i
Leistung bzw. Produkt
k
Konsument
q
Eigenschaft
r
wahrgenommene Eigenschaftsausprägung
V
Gesamtnutzen
w
Wichtigkeit einer Eigenschaft

1.
Einführung in Bundling in der Hotellerie
1.
Einführung in Bundling in der Hotellerie
In vielen Märkten ist es üblich, mehrere Produkte oder Dienstleistungen gebündelt zu verkau-
fen. Im Mobilfunksektor bekommt man als Neukunde zum Mobiltelefon einen kostenlosen
DVD-Player und Sprachguthaben, Autos werden mit Schiebedach, Winterreifen und Radios
verkauft. Computerkäufer erwerben einen Tower mit Festplatte und CD-ROM-Laufwerk,
Grafikkarte und Softwareschulung, und im Lebensmittelmarkt erhält man Erfrischungsgeträn-
ke im Sechserpack. Die Begriffe für diese Bündel sind vielfältig. Letztendlich basieren Sam-
melboxen, Mehrfach- und Familienpackungen, Sondermodelle, Abonnements oder Systemlö-
sungen usw. auf demselben Prinzip, dem sog. Bundling. Darunter versteht man das Angebot
von Produkten bzw. Dienstleistungen im Paket.
1
Oft handelt es sich dabei um sog. Leistungsbündel. Ein Leistungsbündel ist dadurch gekenn-
zeichnet, dass es eine Kombination von Sachgütern, Dienstleistungen, Informationen und
Rechten sein kann. Genau genommen ist aber (fast) jedes Produkt bzw. jede Dienstleistung
ein solches mehrdimensionales oder multiattributives Leistungsbündel, da es aus mehreren
bedürfnisbefriedigenden Eigenschaften besteht.
2
Deshalb werden einige Aussagen, die ur-
sprünglich auf Einzelprodukte bezogen waren, im Verlauf dieser Arbeit analog auf Leistungs-
bündel übertragen.
3
Alle Ausführungen zu Produkten gelten auch für Dienstleistungen und
Leistungsbündel; der Einfachheit halber wird meist nur von Produkten oder Leistungen ge-
sprochen.
Auch in der Hotellerie und Gastronomie begegnet man Leistungsbündeln
4
. In so gut wie je-
dem Hotel werden Wochenend-Packages, Halbpensionen, Menüs, Arrangements, Seminar-
pauschalen, All Inclusive Angebote oder ähnliches offeriert. Deshalb wird die Relevanz und
Bedeutung von Bundling für die Hotellerie in vorliegender Arbeit näher betrachtet. Viele As-
pekte werden dabei anhand von Beispielen aus Hotels, Restaurants usw. veranschaulicht,
können aber auch auf andere Wirtschaftszweige übertragen werden. Das Besondere an Hotel-
1
Vgl. Tillmann, D./Simon, H. (2004), S. 991. Eine exakte Definition findet sich in Kapitel 2.1 dieser Arbeit.
2
Vgl. Steffenhagen, H. (2000a), S. 17 f.
3
Dies wird besonders im Teil zu den psychologischen Prozessen bei der Bewertung eines Leistungsbündels
durch den Konsumenten deutlich, Kap. 4.
4
Hotellerie bezeichnet das Beherbergungsgewerbe, dem Hotels, Pensionen und sonstige Beherbergungsbetriebe
zugerechnet werden. Gastronomie bezieht sich auf das Gaststättengewerbe und damit auf Bewirtungsbetriebe
wie Restaurants, Bistros, Schankbetriebe usw.; vgl. Dettmer, H. (Hrsg.) (1999), S. 2. Da viele Beherbergungs-
betriebe auch gastronomische Leistungen anbieten (z. B. Hotelrestaurant), wird im weiteren Verlauf der Arbeit
nicht explizit zwischen Hotellerie und Gastronomie differenziert und nur von Hotellerie gesprochen.

1.
Einführung in Bundling in der Hotellerie
2
leriebündeln ist allerdings, dass es sich um immaterielle, nicht-lagerfähige Dienstleistungen
5
handelt. Das Hotel stellt zwar dauerhaft Übernachtungsmöglichkeiten zur Verfügung; für das
Ergebnis der Dienstleistung, nämlich die Übernachtung, ist aber nötig, dass der Gast auch sein
Zimmer bezieht. Freie Hotelzimmer können nicht gelagert werden, um zu Zeiten von Spit-
zennachfrage eingesetzt zu werden; die Potenziale verfallen, wenn sie nicht in Anspruch ge-
nommen werden.
6
Deshalb wäre es ein wünschenswerter Effekt des Bundling, wenn es dabei
helfen könnte, diese Kapazitätsschwankungen auszugleichen.
Ein Grund für die Entscheidung, Bundling für den Spezialfall der Hotellerie zu untersuchen,
ist die große wirtschaftliche Relevanz dieser Branche in Deutschland. Obwohl die Entwick-
lungen im gesamten Gastgewerbe seit 2002 einem Negativtrend folgen, konnte im Jahr 2004
ein Umsatz von über 55 Milliarden Euro erwirtschaftet werden. Den größten Anteil haben
Restaurants, Cafes, Eisdielen und Imbisshallen dazu beigetragen (ca. 43%), gefolgt von Ho-
tels, Gasthöfen und Pensionen mit knapp 30 Prozent. An diesem Umsatz waren über 1 Million
Beschäftigte beteiligt, die in den fast 250.000 gastgewerblichen Unternehmen arbeiten.
7
Möchte man Bundling den Marketinginstrumenten Produkt- bzw. Leistungspolitik, Kommu-
nikationspolitik, Distributionspolitik und Preispolitik zuordnen, erkennt man die Vielseitigkeit
und die strategische Rolle des Bundling: Es kann sowohl in der Produktpolitik als auch in der
Preispolitik eingesetzt werden und beeinflusst und erleichtert die Aufgaben der Kommunika-
tionspolitik. Erstens ergibt die Bündelung mehrerer Leistungen zum Paket ein ,,Neuprodukt"
in dem Sinne, als dass es andere Bedürfnisse befriedigen kann als die einzeln erworbenen
Komponenten. Erkennbar ist das z. B. am Vergleich eines Pauschalurlaubs in einem Ferien-
club mit einer Individualreise. Zweitens muss preispolitisch entschieden werden, ob die Leis-
tungen nur zum (evtl. reduzierten) Bündelpreis ausgewiesen und erhältlich sind oder ob Gäste
auch Einzelleistungen kaufen können.
8
Drittens können interessante und auffällige Packages
Aufgaben der Kommunikationspolitik unterstützen, so z. B. Aufmerksamkeit und Interesse
erregen, Emotionen wecken, positiv auf den Aufenthalt einstimmen und das Image des Hotels
ändern.
9
5
Auf eine ausführliche Definition und Systematisierung von Dienstleistungen wird an dieser Stelle verzichtet.
Bei Hotel- oder Restaurantleistungen handelt es sich um persönliche Dienstleistungen, die hauptsächlich pro-
zessorientiert an Menschen durchgeführt werden, die also den Mensch als externen Faktor in den Dienstleis-
tungsprozess einbeziehen. Vgl. Bruhn, M. (2004), S. 24.
6
Vgl. Freyer, W. (2004), S. 94.
7
Vgl. DEHOGA (Hrsg.) (2005).
8
Vgl. Meffert, H./Bruhn, M. (2003), S. 539 ff.
9
Vgl. Meffert, H./Bruhn, M. (2003), S. 440 f.

1.
Einführung in Bundling in der Hotellerie
3
Der Aufbau dieser Arbeit ist nun wie folgt: Zuerst werden in Kapitel 2 Grundbegriffe des
Bundling definiert und die unterschiedlichen Erscheinungsformen von Bündeln, die man in
der Hotellerie antrifft, erklärt.
Im Anschluss wird in Kapitel 3 die Rolle des Bundling in der Hotellerie verdeutlicht. Es wird
gezeigt, welche Gründe für Hoteliers vorliegen, um Bündel anzubieten. In diesem Rahmen
wurde außerdem eine Befragung von Hotels zur derzeitigen Marktsituation für Hotellerie-
Packages durchgeführt, die kurz angesprochen wird.
Kapitel 4 befasst sich dann mit den Prozessen aus Kaufverhalten und Psychologie, die bei der
Planung und Gestaltung von Bündeln in der Hotellerie zu beachten sind. Fragen, die dabei im
Vordergrund stehen, sind z. B.:
·
Wie werden Packages durch die potenziellen Gäste wahrgenommen und bewertet?
·
Ändert sich der Nutzen, wenn statt der Einzelprodukte ein Package gebucht wird?
·
Welche Auswirkungen hat die Entscheidung, den Preis für das Paket oder für die
Einzelleistungen auszuweisen?
·
Spielt es eine Rolle, wie sehr die Leistungen im Package zueinander passen?
·
Ändert sich die Bewertung einer Leistung, wenn sie gebündelt mit einer anderen
verkauft wird? Gibt es einen Imagetransfer zwischen den Leistungen?
Im Anschluss wird in Kapitel 5 ein kurzer Rückblick Aufschluss darüber geben, welche Fort-
schritte die Bundling-Forschung in den letzten vier Jahrzehnten gemacht hat und welche Er-
kenntnisse dabei gewonnen wurden.
Um weitere der oben genannten Fragen auf Basis empirischer Daten zu beantworten, wurde
eine Online-Umfrage unter Eventagenturen und Busreiseveranstaltern aus Deutschland durch-
geführt. Als Untersuchungsobjekt wurde eine Mittelalterpauschale (bestehend aus Übernach-
tung und einem Mittelalter-Essen mit Animation durch einen ,,Ritter") in einem Hotel in der
Nähe von Aachen gewählt. Kapitel 6 befasst sich mit der Beschreibung der Umfrage und der
Auswertung und Analyse der Daten, bevor in Kapitel 7 die Ergebnisse der Arbeit zusammen-
fassend dargestellt und abschließend Implikationen für das Hotelmanagement formuliert wer-
den.

2.
Definitionen möglicher Bundling-Formen in der Hotellerie
4
2.
Definitionen möglicher Bundling-Formen in der Hotellerie
2.1 Erläuterung der Grundbegriffe des Bundling
Bundling bzw. Bündelung bezeichnet das kombinierte Angebot von zwei oder mehr Produk-
ten und/oder Dienstleistungen als Paket zu einem Gesamtpreis. Dabei kann es sich allgemein
sowohl um eine physische Zusammenfassung handeln, wie man sie bspw. bei einer aus Kas-
settendeck, CD-Player und Verstärker bestehenden Hi-Fi-Kompaktanlage beobachten kann,
oder auch um eine Bündelung ,,auf dem Papier", wie man es u. a. von Computerherstellern
kennt, wenn die tatsächliche Zusammenstellung erst nach dem Kauf erfolgt.
10
Auf den speziellen Fall der Bündelung in der Hotellerie übertragen sind vielfältige Kombina-
tionen von Produkten und Dienstleistungen denkbar, bspw. die Bündelung von Suppe, Haupt-
gang und Dessert zu einem Menü oder, wie in vorliegender Arbeit näher analysiert wird, die
Kombination der Hauptleistung eines Hotels (dem Zimmer) mit Nebenleistungen wie einem
Abendessen und Unterhaltungsprogramm. In der Literatur wird ebenfalls der Begriff der
Dienstleistungsbündelung oder auch Servicebündelung verwendet, wenn wie hier von der
Produktbündelung von Dienstleistungsunternehmen die Rede ist.
11
Das Bündel wird als selbstständiges, neues Produkt behandelt, d. h. es wird eingesetzt, um
eigene Strategien zu verfolgen, Ziele zu erreichen und dabei einen Kundennutzen zu stiften,
der über die Summe der durch die Einzelprodukte generierten Nutzen hinausgehen kann. Bei
einem Menü mag der Zusatznutzen darin liegen, dass alle Gänge in Farbe, Rezeptur, Ge-
schmack und Menge aufeinander abgestimmt sind. Ein Pauschalurlaub spart Mühen sowohl
bei der Reservierung, weil alles über denselben Mittler abgehandelt werden kann, als auch vor
Ort, da man meist alles im näheren Umfeld vorfindet und damit Such- oder Fahrtkosten er-
spart bleiben. Ebenso kann sich ein Bündel aufgrund der unterschiedlichen Bedürfnisbefriedi-
gung an andere Zielgruppen richten als das Einzelangebot: Gäste, denen eine eigenständige
Menüzusammenstellung wichtig ist, weil sie zu den Individualisten zählen, werden auch be-
reit sein, die zusätzlichen Kosten und Mühen zu investieren. Dagegen werden Gäste, denen
die Kenntnis für eine eigenständige Zusammenstellung fehlt und die einen gesteigerten Wert
auf niedrige Preise für das Essen legen, eher das Menü wählen, das in der Regel einen Preis-
nachlass im Vergleich zur Einzelbestellung bietet.
12
10
Vgl. Simon, H./Wübker, G. (1999), S. 7 ff.
11
Vgl. o. V. (2001), S. 137. Wie in Kap. 1 erwähnt, wird hier nicht immer explizit danach unterschieden; alle
Ausführungen gelten, soweit nicht anders betont, sowohl für Produkt- als auch für Leistungs- oder Dienstleis-
tungsbündel.
12
Vgl. Priemer, V. (2000), S. 33 ff.

2.
Definitionen möglicher Bundling-Formen in der Hotellerie
5
Eine besondere Schwierigkeit ergibt sich aus der Abgrenzung von Bündeln und Einzelproduk-
ten: Wann handelt es sich noch um ein Einzelprodukt, das aus mehreren Bestandteilen be-
steht, und ab wann darf man von einem Bündel sprechen? Genau genommen handelt es sich
ja, wie in Kap. 1 bereits erwähnt, bei einem Einzelprodukt auch schon um ein Bündel von
verschiedenen Eigenschaften mit ihren Ausprägungen. Im Hotelbeispiel ist somit die Frage:
Ist die bloße Übernachtung schon als Bündel aus bspw. Nutzungsrechten für das Hotelzim-
mer, Dienstleistungen wie der Zimmerreinigung, Strom- und Wasserverbrauch, immateriel-
lem Nutzen wie dem Gefühl eines entspannenden Urlaubs usw. anzusehen, oder müssen hier-
für weitere eigenständige Leistungen hinzukommen, wie z. B. Frühstück, Abendessen, Mas-
sagen o. ä.? Gleiches gilt für das Restaurantbeispiel: Ist erst dann von einem Bündel zu spre-
chen, wenn man mehrere Gänge miteinander kombiniert anbietet, oder ist nicht schon eine
einzelne Speise durch die Kombination verschiedener Zutaten, Gewürze und der Herstel-
lungsmethode in Verbindung mit der Dienstleistung der Essenszubereitung und der speziellen
Atmosphäre ein Bündel?
Der Argumentation von Priemer (2000) folgend soll dann von einem Bündel die Rede sein,
wenn es sich um ein ,,Paket identifizierbarer Einzelgüter" handelt, ,,das als vorgefertigtes
Standardpaket einem größeren Kundenkreis angeboten wird".
13
Damit werden alle Angebote,
die speziell auf einen einzelnen Kunden abgestimmt sind, ausgeklammert. Außerdem kann die
reine Übernachtung nicht als Bündel angesehen werden, weil es sich nicht um die Zusammen-
fassung identifizierbarer Einzelgüter handelt.
Im Folgenden werden verschiedene Formen des Bundling vorgestellt, wobei der Fokus auf
die Formen gerichtet ist, die im Rahmen der Hotellerie relevant sind oder sein können.
13
Priemer, V. (2000), S. 41. Genauer: ,,Die Komponenten sind prinzipiell einzeln verkäuflich bzw. werden tat-
sächlich auch gesondert angeboten; [sie] sind im Angebot ausdrücklich aufgeführt; besitzen einen implizit o-
der explizit ausgewiesenen eigenen ... Preis, der in Relation zum Gesamtpreis nicht vernachlässigbar ist [und]
sind wichtige Kaufentscheidungskriterien."

2.
Definitionen möglicher Bundling-Formen in der Hotellerie
6
2.2 Erscheinungsformen des Bundling
2.2.1 Die Basisformen des Bundling
Zwei wichtige Vertreter der Bundling-Forschung sind Adams und Yellen, die sich bereits
1976 ausführlich mit dem Thema auseinander gesetzt haben. Von ihnen stammt auch eine der
ersten und die am weitesten verbreitete Unterscheidung von Bundling-Formen: die Autoren
unterteilen in
a)
Pure Bundling: Die Produkte oder Dienstleistungen werden ausschließlich gebün-
delt verkauft und ein Einzelerwerb damit nicht ermöglicht.
14
Diese Vorgehensweise
kann man z. B. in sog. Kinderhotels feststellen: Wer hier ein Zimmer bucht, erhält
automatisch Zusatzpakete wie All Inclusive, mehrere Stunden Babysitter-Service,
usw. Ein Verzicht auf die Zusatzleistungen ist insofern nicht möglich, als dass dafür
kein Preisnachlass gewährt werden würde.
b)
Pure Components: Bei einer Pure Components-Strategie werden alle Produkte bzw.
Dienstleistungen nur einzeln und damit ungebündelt verkauft. Es handelt sich damit
also streng genommen nicht um Bundling, sondern um das genaue Gegenteil zur
Pure Bundling-Strategie.
15
Das ist in einem Hotel dann der Fall, wenn Übernach-
tung, Frühstück, Abendessen und sonstige Leistungen nur einzeln gebucht werden
können und es keine Pakete wie bspw. Halbpension gibt.
c)
Mixed Bundling: Hierbei handelt es sich um die wahrscheinlich am häufigsten an-
gewandte Form von Bundling. Der Kunde kann sich entweder für das Einzelpro-
dukt oder für das Bündel entscheiden, weil beides parallel angeboten wird. So hat
man bspw. in Restaurants die Wahl zwischen eigener Menüzusammenstellung á la
carte oder dem vorgegebenen Menü.
16
Diese Zusammenstellung wird von Phillips (1980) um eine vierte Alternative erweitert: Bei
der sog. Mixed Components-Strategie wird, analog zum Mixed Bundling, dem Kunden die
Entscheidung überlassen, ob er das Einzelprodukt oder das Bündel erwerben möchte. Aller-
dings ist mindestens eines der Bestandteile des Bündels nicht einzeln erhältlich ­ es handelt
14
Vgl. Adams, W.J./Yellen, J. (1976), S. 475, oder für das klassischste Beispiel für Pure Bundling, das sog.
Block Booking von Filmen, auch Stigler, G.J. (1968), S. 165 ff.
15
Vgl. Adams, W.J./Yellen, J. (1976), S. 478.
16
Vgl. Simon, H./Wübker, G. (1999), S. 10.

2.
Definitionen möglicher Bundling-Formen in der Hotellerie
7
sich somit also um eine Zwischenstufe aus Mixed Bundling und Pure Bundling.
17
In manchen
Hotels kann man bspw. Massagen und Kosmetikbehandlungen nur ­ im Rahmen sog. Well-
ness-Packages ­ in Verbindung mit einer Übernachtung buchen; Tagesgäste ohne Übernach-
tung können die Leistungen nicht in Anspruch nehmen. In diesem Zusammenhang werden oft
auch die Begriffe des Koppelungsverkaufs oder des Tie-In Sales verwendet, weil der Kauf des
einen Produktes (hier: Massage) an den Kauf des anderen Produktes (hier: Übernachtung)
gekoppelt ist.
18
2.2.2 Bundling als Preisstrategie
2.2.2.1
Der Unterschied zwischen Preisbündelung und Produktbündelung
Die Bedeutung von Bundling als preispolitische Maßnahme lässt sich schon daran erkennen,
dass viele Autoren ausschließlich von Preisbündelung bzw. Price Bundling sprechen.
19
Für
diese Autoren ist die Ausarbeitung eines Bündelpreises die zentrale Aufgabe beim Bundling.
Nach Ansicht von Stremersch und Tellis handelt es sich bei Preisbündelung um eine besonde-
re Form einer Verkaufsförderungsmaßnahme, bei der die gebündelten Produkte oder Dienst-
leistungen nicht integriert
20
werden. Damit stiftet die Bündelung an sich keinen Zusatznutzen,
und es ist ein Preisnachlass notwendig, um überhaupt Anreize für den Kauf des Bündels an-
stelle der Einzelprodukte zu setzen.
21
Im Gegensatz dazu verstehen sie unter Produktbündelung ,,die Integration und den Verkauf
von zwei oder mehr separaten Produkten oder Dienstleistungen zu einem Preis".
22
Bei der
Produktbündelung wird durch Integration ein Zusatznutzen geschaffen, der dafür sorgen kann,
dass der Bündelpreis höher ist als die Summe der Einzelpreise. Produktbündelung hat somit
im Vergleich zur Preisbündelung eher einen angebotspolitischen Charakter, weil ein ,,neues"
Produkt mit ,,neuem" Bedürfnisbefriedigungspotenzial geschaffen wird. Auch ist Produkt-
bündelung strategischer, weil es weniger schnell variierbar ist als reine Preisbündelung und
einen erhöhten Aufwand an Forschung und Entwicklung erfordert.
23
Ein Beispiel für eine
solche Produktbündelung wäre ein Multimedia PC oder ein Romantik-Wochenende, wogegen
Mehrfachpackungen oder auch Zehnerkarten für Saunabäder typische Beispiele für Preisbün-
17
Vgl. Phillips, O.R. (1980), S. 9.
18
Dennoch existieren gewisse Unterschiede zwischen Mixed Components und Tie-In Sales, worauf an dieser
Stelle aber nicht weiter eingegangen wird; vgl. hierfür Simon, H. (1992), S. 1216 f.
19
Vgl. bspw. Soman, D./Gourville, J.T. (2001), S. 30.
20
Integration bedeutet ,,Herstellung einer Einheit oder Eingliederung in ein größeres Ganzes", vgl. Gabler
(Hrsg.) (2001).
21
Vgl. Stremersch, S./Tellis, G.J. (2002), S. 56.
22
Stremersch, S./Tellis, G.J. (2002), S. 57.
23
Vgl. Stremersch, S./Tellis, G.J. (2002), S. 57.

2.
Definitionen möglicher Bundling-Formen in der Hotellerie
8
delung darstellen.
24
Im Folgenden wird jedoch, dem Beispiel anderer Autoren folgend, auf die
explizite Trennung von Preisbündelung und Produktbündelung verzichtet.
2.2.2.2
Bundling-Formen in Bezug auf den Bündelpreis
Wenn man den Preis des Bündels mit der Summe der Einzelpreise vergleicht, lassen sich drei
weitere Formen von Bundling unterscheiden:
a)
Additive Bundles bieten dem potenziellen Käufer keinen Preisvorteil: Der Bündel-
preis entspricht exakt der Summe der Einzelpreise.
b)
Subadditive Bundles sind dadurch gekennzeichnet, dass der Bündelpreis niedriger
ist als die Summe der Einzelpreise. Dadurch wird ein Anreiz geschaffen, das Bün-
del anstelle der Einzelprodukte nachzufragen.
25
Subadditive Bundles sind der an-
scheinend am häufigsten auftretende Fall der Preisbildung in der Hotellerie. Diese
Aussage belegen die Ergebnisse einer Umfrage unter Hotels der Region Aachen.
26
Das Ergebnis war deutlich: Alle Befragten gaben an, dass Gäste mehr bezahlen
müssten, wenn die Leistungen nicht im Paket, sondern einzeln gebucht werden. Bei
einer Wochenendpauschale bekommt der Gast das Abendessen zu einem reduzier-
ten Preis, der anteilig im Gesamtpreis enthalten ist, oder man erhält für einen gerin-
gen Aufpreis Suppe und Dessert beim Menü dazu.
c)
Bei superadditiven Bundles ergibt sich ein umgekehrtes Verhältnis: Hier ist der
Bündelpreis sogar höher als die Summe der Einzelpreise.
27
Dies mag auf den ersten
Blick nicht einleuchten, denn wieso sollte jemand mehr Geld für beide Produkte
bzw. Dienstleistungen ausgeben als nötig und sie im Bündel statt einzeln erwerben?
Die Begründung liegt im bereits erwähnten Phänomen, dass durch die Bündelung
ein Zusatznutzen entstehen kann, der die zusätzlichen Ausgaben (evtl. mehr als)
aufwiegt. Dies tritt vor allem dann auf, wenn die Produkte bzw. Dienstleistungen in
komplementärer Beziehung zueinander stehen, wie in Kap. 2.2.3 sowie Kap. 4 noch
eingehend erläutert wird.
28
24
Vgl. Multiple Bundles, Kap. 2.2.3.
25
Vgl. Stauß, B./Gaul, W. (2004), S. 223 f.
26
Für weitere Informationen zu dieser Umfrage sei auf die Ausführungen in Kap. 3 verwiesen.
27
Vgl. Cready, W.M. (1991), S. 173.
28
Vgl. Guiltinan, J. P. (1987), S. 76.

2.
Definitionen möglicher Bundling-Formen in der Hotellerie
9
Die bisherigen Erkenntnisse zu diesen klassischen Bundling-Formen werden in folgender
Abbildung 1 zusammenfassend dargestellt:
Abbildung 1: Die klassischen Bundling-Formen im Überblick
Quelle: eigene Darstellung
2.2.3 Sonstige Klassifizierungsmöglichkeiten für Bundling-Formen
Beim Thema Bundling existieren neben diesen klassischen Formen noch viele weitere, die
durch die unterschiedlichsten Begriffe und Merkmale beschrieben und strukturiert erfasst
werden können. Wie bereits angekündigt werden im Folgenden die für die Hotellerie relevan-
ten Bundling-Strategien kurz vorgestellt.
a)
Bündelung der gleichen oder unterschiedlicher Produkte
Bei Multiple Bundles handelt es sich um die Bündelung mehrerer Einheiten des
gleichen Produkts bzw. der gleichen Dienstleistung (Bsp.: ,,7 Nächte bleiben ­ nur
6 Nächte bezahlen" oder auch Zehnerkarten für Saunabäder), bei Multi-Product
Bundles um Pakete, die aus verschiedenen Produkten bzw. Dienstleistungen beste-
hen (Bsp.: Übernachtung, Frühstück und Abendessen als Halbpension).
29
29
Vgl. Gaeth, G.J./Levin, I.P./Chakraborty, G./Levin, A.M. (1990), S. 47.

2.
Definitionen möglicher Bundling-Formen in der Hotellerie
10
b)
Bündelung mit unterschiedlichem Verwendungszusammenhang
Beim Complementary Bundling liegt eine komplementäre Beziehung zwischen den
Bündelbestandteilen vor. Bei einer schwachen Form der Komplementarität steigert
eine Bündelkomponente den Nutzen der anderen Komponente, ohne aber unbe-
dingt nötig zu sein. Die Komplementarität kann soweit reichen, dass eine oder bei-
de Komponenten nur in Verbindung mit der jeweils anderen Komponente Nutzen
stiften können.
30
Der empirische Teil der vorliegenden Arbeit befasst sich mit ei-
nem Fall schwacher Komplementarität: Durch die Bündelung von Übernachtung
und Mittelalteressen ergeben sich für den Gast oder Veranstalter eine Reihe von
Vorteilen, etwa geringerer Buchungsaufwand, Einsparung von Fahrtmühen usw.
Dem Complementary Bundling steht das Substitutional Bundling gegenüber, bei
dem sich die Bündelkomponenten bei der Bedürfnisbefriedigung ersetzen können.
Die Grenzen zwischen Substitutionalität und Komplementarität sind typischerwei-
se fließend: Die verschiedenen Gänge eines Menüs sind durchaus in der Lage, sich
bei der Befriedigung des Hungers zu ersetzen; allerdings kann durch die aufeinan-
der abgestimmte Zusammenstellung des Menüs auch ein Zusatznutzen entstehen.
Obwohl Bundling häufiger bei komplementären Produkten zu beobachten ist, han-
delt es sich dabei nicht um eine notwendige Voraussetzung.
31
c)
Unterschiedliche Dauer der geplanten Marktpräsenz des Bündels
In der Hotellerie trifft man sowohl auf Long-Term Bundles, mit denen man dauer-
haft am Markt vertreten sein möchte, als auch auf Short-Term Bundles, die nur für
bestimmte Anlässe oder kurze Zeiträume angeboten werden. Ein häufig anzutref-
fender Fall von Short-Term Bundles sind Pauschalen, die auf bestimmte Feiertage
abzielen, wie z. B. ein Sylvesterpackage, oder kurzfristige Verkaufsförderungs-
maßnahmen, um saisonalen Schwankungen durch Gratiszugaben entgegenzuwir-
ken (z. B. ,,7 Tage bleiben ­ nur 6 Tage bezahlen").
32
30
Vgl. Guiltinan, J.P. (1987), S. 79 sowie die Ausführungen zum Produktfit in Kap. 4.4.3.
31
Vgl. Venkatesh, R./Kamakura, W. (2003), S. 212.
32
Vgl. Priemer, V. (2000), S. 59.

3.
Bedeutung des Bundling für die Hotellerie
11
3.
Bedeutung des Bundling für die Hotellerie
Die Bedeutung des Bundling erkennt man schon an der enormen Vielfalt an Pauschalreisen,
Packages und Programmen, die in der Hotellerie anzutreffen sind. Gerade zu bestimmten Pe-
rioden (Wochenendarrangements), an Feiertagen (Sylvesterpackage), zu besonderen Anlässen
(Hochzeitsnacht-Arrangement) oder während spezieller Events einer Region (CHIO-
Pauschale, Formel-1-Wochenende) häufen sich die Pauschalangebote. Eine Umfrage, die im
Rahmen dieser Diplomarbeit unter Hotels der Aachener Region und der Eifel durchgeführt
wurde
33
, hat diesen Trend bestätigt: Auf die Frage, welche Pauschalen sie anbieten, antworte-
te nur ein Hotel, dass solche Programme aufgrund der geringen Bettenanzahl für sie keine
Relevanz haben. Die am häufigsten genannten Pakete sind die Halbpension und das Menü (je
75%), aber auch Wochenendarrangements (50%), Aktionen wie ,,7 Tage bleiben ­ 6 Tage
bezahlen" (50%), Romantikpauschalen mit Candlelight-Dinner und Sekt (42,7%) und Semi-
narpauschalen (42,7%) können in vielen Hotels gebucht werden.
Aufgrund des stärker werdenden Wettbewerbs werden Bündel der Konkurrenz schnellstmög-
lich imitiert, mit interessanten Namen versehen und so als neues Angebot kommuniziert. Bei-
spiele hierfür sind das ,,BusinesSavers-Paket" von Hilton Hotels, der ,,Business Plan" von
Hyatt Hotels sowie das ,,Global Business Options"-Programm von Inter-Continental Hotels,
mit denen die drei großen US-amerikanischen Hotelketten im selben Zeitraum Pakete speziell
auf den Geschäftsreisenden abgestimmt auf den Markt gebracht haben.
34
Die Folge für die Hoteliers aus der weiten Verbreitung von Pauschalen ist, dass ein Großteil
der Gäste erwartet, Pauschalen angeboten zu bekommen.
35
In der Praxis haben Gäste oftmals
kein Verständnis dafür, wenn sie keine Halbpension buchen können. Explizite Anfragen der
Gäste nach Wochenendpauschalen treten häufig auf. Die Aktualität des Themas sehen dabei
viele Hoteliers als hoch an: Die Umfrage hat ergeben, dass fast 60% der Befragten in den letz-
ten Jahren eine teilweise stark erhöhte Nachfrage nach Packages verzeichnen. Auch im Flug-
tourismus erwarten Branchenkenner für die Zukunft, dass Pauschalreisen nach wie vor zu den
Haupteinnahmequellen zählen werden. Obwohl es den Gästen durch die weite Verbreitung
des Internets immer leichter gemacht wird, ihre Reise selbst zu organisieren und zu buchen,
33
Angeschrieben wurden insgesamt 85 Hotels. Der exakte Fragebogen ist dem Anhang dieser Arbeit beigefügt.
Die Anzahl an Rückläufen beträgt 16 vollständig ausgefüllte Fragebögen.
34
Diese Pakete beinhalteten bspw. ein Zimmer mit zwei Telefonen, freie Telefongespräche, Faxgerät auf dem
Zimmer sowie Benutzung des Wellness-Bereichs für einen fixen Aufpreis. Vgl. Stone, A. (1994).
35
Vgl. Schaetzing, E.E. (2004), S. 414.

3.
Bedeutung des Bundling für die Hotellerie
12
werden viele auch in Zukunft nicht auf den Komfort verzichten wollen, alles aus einer Hand
zu bekommen.
36
Die Hotels reagieren also, indem Pauschalen in das Leistungsportfolio aufgenommen werden.
Dies hat wiederum zur Folge, dass mit herkömmlichen Pauschalen nur noch wenige (wenn
überhaupt) Wettbewerbsvorteile aufgebaut werden können, weil keine Abhebung von der
Konkurrenz erfolgt.
Dem Hotelier bleibt somit nur die Möglichkeit, wirklich neue und ansprechende Packages zu
entwickeln, die dem Gast über den Grundnutzen hinaus einen Zusatznutzen stiften, der im
Optimalfall Erlebnischarakter hat. Viele Gäste suchen bei einem Hotelaufenthalt nicht nur
eine Schlafgelegenheit, Nahrung oder Bequemlichkeit, sondern erhoffen sich emotionale Rei-
ze, wie bspw. Abwechslung, Überraschung, Spaß und Geselligkeit oder auch Wellness, Ent-
spannung und Behaglichkeit. Aufgabe des Marketing ist es, diese emotionalen Erlebnisse zu
ermöglichen und zu kommunizieren.
37
Durch originelle Packages können auch Standortnachteile kompensiert oder Standortvorteile
aufgebaut werden, wenn Besonderheiten der Region erst dadurch deutlich werden, dass sie
das zentrale Thema einer Pauschale bilden.
38
Ein Beispiel hierfür ist die in dieser Arbeit für
die empirische Analyse verwendete Mittelalterpauschale des Hotel zum Walde aus Stolberg
(Rhld.). Stolberg ist eine Stadt mit einer romantischen, schönen Altstadt, kleinen Gassen und
einer gut erhaltenen Burg, auf der jedes Jahr ein Mittelaltermarkt stattfindet. Obwohl Stolberg
auch touristisch Interessantes zu bieten hat, ist es der Stadtverwaltung bisher nicht gelungen,
diese Vorteile ausreichend zu kommunizieren und Stolberg über die Stadtgrenzen hinaus für
einen Besuch lohnenswert aussehen zu lassen. In Kooperation mit der Gesellschaft für Stadt-
marketing haben sich Leistungsträger der Region zusammengeschlossen und Pakete zu unter-
schiedlichen Themen entwickelt. Eines dieser Pakete ist die o. g. Mittelalterpauschale, durch
die die historische Geschichte der Stadt in den Vordergrund gerückt und damit die Gäste sen-
sibilisiert werden sollen, die schönen Teile der Altstadt bewusst besser wahrzunehmen. Da
diese Pauschale am selben Wochenende stattfindet wie der Mittelaltermarkt, wird ein Besuch
dieses Marktes in das Paket eingebunden und somit eine einheitliche ,,mittelalterliche" Atmo-
sphäre gewährleistet. Gleichzeitig wird den Gästen ein nicht alltäglicher Erlebniswert gebo-
ten.
36
Vgl. o. V. (2005a).
37
Vgl. Grothues, U. (2000), S. 38 ff.
38
Vgl. Dreyer, A./Linne, M. (2004), S. 8 ff.

3.
Bedeutung des Bundling für die Hotellerie
13
Auch in anderen Regionen wie z. B. Rheinland-Pfalz reagieren Hoteliers auf die Negativent-
wicklung der deutschen Hotelbranche, in der die Kombination sinkender Auslastung mit
gleichzeitig sinkenden Zimmerpreisen immer weniger Umsatz bringt.
39
Der Zukunftsweg
wird hier ebenfalls in der Kooperation mit anderen Hotels gesehen. Dadurch werden auch
ausgefallene Arrangements und Events möglich, die ein Unternehmen alleine nicht organisie-
ren und finanzieren könnte. Weil erst die Kombination und Bündelung verschiedener Ange-
bote zu einem ,,ganzheitlichen Erlebnis" führen kann, wird den Gästen unter der Dachmarke
,,wellVINess" ein komplexes Wellnessprogramm in Verbindung mit Gesundheitsangeboten
rund um den Pfälzer Wein als Leitprodukt geboten.
40
Sonstige Gründe für die Konzeption von Leistungsbündeln sind vielfältig und reichen von der
Möglichkeit, durch Bundling Umsatzsteigerungen zu erreichen (wenn Gäste wegen des nur
geringen Aufpreises ein Dessert zusätzlich bestellen), über die Erleichterung von Unterneh-
mensprozessen (bspw. ist es einfacher, ein für alle Gäste identisches Menü zuzubereiten und
zu servieren, als für dieselbe Personenzahl À-la-carte-Essen herzustellen) bis hin zur Sicher-
stellung einer optimalen Qualität, weil man gewiss sein kann, dem Gast genau die optimale
Zusammenstellung an Leistungen zu bieten (z. B. passen die Gänge in einem Menü bzgl. Far-
be und Menge zusammen, was bei eigenständiger Menükomposition durch den Gast nicht
immer der Fall sein muss).
41
Man kann erkennen, dass sinnvoll eingesetztes und durchgeführtes Bundling enorme Vorteile
bietet, sowohl auf der Seite der Erlöse und Kosten als auch bei der Befriedigung der Kunden-
wünsche. Allerdings sind mit Bundling auch Risiken verbunden, wenn z. B. eine als qualitativ
minderwertig wahrgenommene Bündelkomponente negative Auswirkungen auf die Bewer-
tung der anderen Bündelkomponenten hat. Um Bundling zielorientiert einzusetzen, muss zu-
erst verstanden werden, mittels welcher Wahrnehmungs- und Beurteilungsprozesse das Bün-
del bewertet wird.
42
Dieser Aspekt wird im folgenden Kapitel aufgegriffen.
39
Vgl. DEHOGA (Hrsg.) (2005).
40
Vgl. Mewes, P. (2005), S. 74 ff.
41
Vgl. Bauer, H.H./Huber, F./Fuchs, S. (1998), S. 10 ff.
42
Vgl. Priemer, V. (1999), S. 64 f.

4.
Psychologische und kaufverhaltenstheoretische Grundlagen der Bündelbewertung
14
4.
Psychologische und kaufverhaltenstheoretische Grundlagen der
Bündelbewertung
4.1 Der Kaufentscheidungsprozess und die Information Integration
Theory als Ausgangspunkte
Um zu einer Kaufentscheidung, entweder für ein Leistungsbündel oder für ein Einzelprodukt,
zu kommen, bedarf es eines mehrstufigen Prozesses. Grob schematisiert lässt sich dieser
Kaufentscheidungsprozess wie folgt darstellen:
Abbildung 2: Wahlentscheidung des Konsumenten
Quelle: in Anlehnung an Gutsche, J. (1995), S. 42.
In einem ersten Schritt in Richtung eines kompakten Urteils werden die Eigenschaften des
Produkts, der Dienstleistung oder des Bündels wahrgenommen. In den Entscheidungsprozess
fließt neben den Nutzen stiftenden Eigenschaften auch der wahrgenommene Preis des Pro-
dukts bzw. Leistungsbündels ein. Damit Produkteigenschaften wahrgenommen werden kön-
nen, müssen sie, bspw. durch gezielten Einsatz von Werbung, kommuniziert werden. Unter
Wahrnehmung versteht man nun, dass der Konsument die Eigenschaftsausprägungen der je-
weiligen Produkte erkennt und versteht, was sie mit seinen eigenen Bedürfnissen und Moti-
ven zu tun haben.
43
Wahrnehmung ist immer subjektiv und noch bewertungsneutral; ob der
Konsument die beobachtete Eigenschaftsausprägung ,,gut findet" oder nicht, steht in diesem
43
Vgl. Gröppel-Klein, A. (2001), S. 272 f.

4.
Psychologische und kaufverhaltenstheoretische Grundlagen der Bündelbewertung
15
Schritt noch nicht fest.
44
Die Wahrnehmung wird auch von den bisher gespeicherten Informa-
tionen beeinflusst und ist von den sonstigen Kenntnissen und Fähigkeiten abhängig; demzu-
folge nehmen unterschiedliche Konsumenten u. U. ungleich wahr.
45
Auf die Wahrnehmung folgt die Bewertung als zweiter Schritt: Die wahrgenommenen Eigen-
schaften werden in Nutzen- bzw. Kostenwerte transformiert. Das heißt, dass nicht die objektiv
,,messbaren" Leistungsparameter und der objektiv ausgezeichnete Preis, sondern die subjekti-
ve Wahrnehmung oder auch ,,Übersetzung" für die Bestimmung des subjektiven Nutzens und
der subjektiven Kosten herangezogen werden.
46
Die Wahrnehmung und Bewertung von sowohl Einzelgütern als auch Bündeln ist Gegenstand
der folgenden Ausführungen. Der Übersichtlichkeit halber wird dabei in monetäre und nicht-
monetäre Bewertung getrennt.
47
Tabelle 1 gibt einen Überblick über die im weiteren Verlauf
des Kapitels behandelten kaufverhaltenstheoretischen Konzepte.
Tabelle 1: Kaufverhaltenstheoretische Konzepte in der Urteilsbildung
Quelle: eigene Darstellung
44
Diese Auffassung wird nicht von allen Autoren vertreten; manche sehen auch in der Wahrnehmung bereits
eine Urteilsbildung (vgl. bspw. Kroeber-Riel, W./Weinberg, P. (2003), S. 279). Wenn auch beide Prozesse eng
miteinander verknüpft und die Übergänge fließend sind, soll hier dennoch davon ausgegangen werden, dass
Wahrnehmung und Bewertung getrennt werden können und sollten; schließlich bedeutet die wahrgenommene
Eigenschaft ,,Kaugummi hat starken Pfefferminzgeschmack" noch nicht, dass starker Pfefferminzgeschmack
und damit der Kaugummi als positiv und angenehm empfunden werden. Vgl. Steffenhagen, H. (2000b), S. 86.
45
Vgl. Kroeber-Riel, W./Weinberg, P. (2003), S. 268 ff.
46
Vgl. Zanger, C. (2000), S. 103.
47
Diese Trennung ist allerdings inhaltlich nicht immer exakt. So könnten die später vorgestellten Prinzipien des
Adding und Averaging sowohl auf die nicht-monetäre als auch auf die monetäre Bewertung angewandt wer-
den.

4.
Psychologische und kaufverhaltenstheoretische Grundlagen der Bündelbewertung
16
Aus psychologischer Sicht liegt der Bildung von (Bündel-)Urteilen das so genannte Informa-
tion Integration Modell zugrunde. Nach Anderson wird jede Information durch zwei subjekti-
ve Parameter repräsentiert, nämlich durch einen bestimmten (Skalen-) Wert sowie durch ein
Gewicht, das die Bedeutung der Information wiedergibt. Die beiden fundamentalen gedankli-
chen Aufgaben eines Menschen auf dem Weg zu einem umfassenden Urteil sind die Bewer-
tung (Valuation) und die Verknüpfung (Integration). Bei der Bewertung bestimmt der Kon-
sument den Wert und die Wichtigkeit einer Information; dann werden die verschiedenen In-
formationen miteinander verknüpft.
48
Die Art der Verknüpfung spielt beim Bundling eine
wichtige Rolle, da sowohl Informationen zu den monetären Konsequenzen eines Bündel-
kaufs
49
als auch zu den nicht-monetären Attributen, Leistungen oder Dimensionen des Bün-
dels integriert werden müssen.
Kapitel 4.2 befasst sich nun ­ durch Prospect Theory und Mental Accounting ­ hauptsächlich
mit der Bewertung von monetären, preislichen Bestandteilen des Bündels.
50
In diesem Zu-
sammenhang wird auch erläutert, was unter Vorbehaltspreisen zu verstehen ist und wie sich
ein Bündel-Vorbehaltspreis bilden kann. In Kapitel 4.3 dagegen liegt der Fokus auf der nicht-
monetären Wahrnehmung und Bewertung von Nutzen stiftenden Eigenschaften des Bündels.
Es wird erklärt, durch welche psychologischen Prozesse ein Urteil zustande kommt, bevor
darauf eingegangen wird, wie aus den Einzelurteilen ein Gesamturteil erzeugt werden kann.
Die Ausführungen in Kapitel 4.4 zeigen, dass Interaktionseffekte auftreten können: Die Be-
wertung des einen Bestandteils des Leistungsbündels hängt dann davon ab, wie die hinzuge-
bündelte Komponente eingeschätzt wird.
48
Vgl. Anderson, N.H. (1971), S. 171 ff. Je nach Art der Integration kann es zu einer Einstellungsänderung
kommen, wenn man bekannte Informationen mit neuen Informationen verknüpft.
49
Dies gilt vor allem dann, wenn es sich um multidimensionale Preise handelt, wie z. B. beim Leasing in der
Automobilbranche, wenn man eine Anzahlung auf einen Wagen leistet und monatliche Raten zahlt. Vgl. Herr-
mann, A./Wricke, M. (1999), S. 238 f.
50
Vgl. Wübker, G. (1998), S. 86.

4.
Psychologische und kaufverhaltenstheoretische Grundlagen der Bündelbewertung
17
4.2 Die monetäre Bewertung von (Leistungs-)Bündeln
4.2.1 Die Prospect Theory und die Theorie des Mental Accounting
Sowohl die Prospect Theory als auch ihre Weiterentwicklung, die Theorie des Mental Ac-
counting, spielen bei der Bewertung von Leistungsbündeln eine wichtige Rolle. Hilfestellung
für die Gestaltung von Bündeln bieten die Theorien vor allem zum Thema Preisdarstellung:
Sollen bspw. die Einzelpreise explizit erwähnt werden oder nur der Bündelgesamtpreis in
einer Summe ausgewiesen werden? Soll der Preisnachlass bei einem subadditiven Bündel in
absoluter und/oder in prozentualer Höhe kommuniziert werden, und soll dieser Preisnachlass
nur auf das Bündel oder auf Bündel und Einzelgüter gewährt werden? Einige Basisregeln da-
zu werden durch diese beiden Theorien vermittelt, die im Folgenden in ihren Grundlagen vor-
gestellt werden.
4.2.1.1
Grundlagen der Prospect Theory
Die Prospect Theory wurde erstmals 1979 von Daniel Kahneman und Amos Tversky vorge-
stellt und ist seitdem unverzichtbarer Bestandteil der Betriebswirtschaftslehre, wenn es um
das tatsächliche Entscheidungsverhalten von Konsumenten geht. Kahneman und Tversky ge-
hen ­ im Gegensatz zu den bis dahin vorherrschenden Vertretern der klassischen Erwar-
tungswerttheorie ­ davon aus, dass Wirtschaftssubjekte nicht nur die letztendliche Ausstat-
tung mit Gütern und Vermögen bewerten, sondern vor allem auch die Veränderung im Ver-
gleich zur vorherigen Ausstattung.
51
Im Zahlenbeispiel heißt das, dass für Konsumenten nicht
nur wichtig ist, dass sie nach einer Transaktion über EUR 1000 verfügen, sondern besonders,
ob sie vor der Transaktion über EUR 1500 oder über EUR 500 verfügen konnten ­ schließlich
trat im ersten Fall durch die Transaktion ein Verlust von EUR 500, im zweiten Fall ein Ge-
winn von EUR 500 auf. Der identische Endbetrag von EUR 1000 kann damit sowohl positiv
als auch negativ bewertet werden.
Die wichtigsten Erkenntnisse der Prospect Theory werden in der sog. Wertfunktion zusam-
mengefasst, für die drei Eigenschaften charakteristisch sind:
a)
Es existiert ein Referenzpunkt, der bei der Bewertung als Vergleichsmaßstab, quasi als
Nullpunkt herangezogen wird. Wenn dem Konsumenten nach der Transaktion eine
höhere Ausstattung an Vermögensgegenständen zur Verfügung steht als vor der
Transaktion, handelt es sich um einen relativen Gewinn, ansonsten um einen relativen
51
Vgl. von Nitzsch, R. (1998), S. 623.

4.
Psychologische und kaufverhaltenstheoretische Grundlagen der Bündelbewertung
18
Verlust.
52
In Bezug auf Bundling bildet sich der Referenzpreis des Bündels i. d. R. aus
der Summe der Einzelpreise.
53
b)
Aufgrund der abnehmenden Sensitivität verläuft die Wertfunktion konkav im Gewinn-
bereich und konvex im Verlustbereich. Das bedeutet, dass Veränderungen in gleicher
Höhe anders empfunden werden, wenn sie unterschiedlich weit vom Referenzpunkt
entfernt liegen. Je weiter man sich von der ursprünglichen Güterausstattung entfernt,
desto geringer werden die Grenzwirkungen auf die Wertschätzung. Am besten lässt
sich dies mit einem Beispiel beschreiben: Plant man einen Familienurlaub in Hotel A
zum Preis von EUR 999, wird es wohl kaum Unterschiede in der Wertschätzung ver-
ursachen, wenn dieser Urlaub in einem anderen, ansonsten äquivalenten Hotel B nur
EUR 994 kostet ­ zumindest nicht in dem Ausmaß, dass man bereit wäre, zusätzliche
Mühen auf sich zu nehmen, um in Hotel B zu buchen. Möchte man dagegen in einem
Restaurant einen Kaffee trinken, ist man sehr wohl bereit, zusätzliche Mühen (z. B.
den Fußweg zu einem anderen Restaurant) zu akzeptieren, wenn man dadurch anstelle
von EUR 7 nur EUR 2 zahlen muss.
54
c)
Die Verlustaversion sorgt dafür, dass die Wertfunktion nicht-symmetrisch bezüglich
des Ursprungs ist, sondern im Verlustbereich steiler verläuft als im Gewinnbereich.
Generell reagieren Individuen also stärker auf Verluste als auf Gewinne: Ein Verlust
bereitet dem Wirtschaftssubjekt mehr Ärger, als ihm ein Gewinn in gleicher Höhe an
Freude bereiten kann.
55
4.2.1.2
Grundlagen des Mental Accounting
Mit der Theorie des Mental Accounting weitet Thaler 1985 die Prospect Theory aus, indem er
sich auch mit der Bewertung von Bündeln (im Gegensatz zu eindimensionalen Gütern wie bei
Kahneman und Tversky) befasst.
56
Der Begriff des Mental Accounting rührt daher, dass Men-
schen nach Thalers Ansicht über mentale Buchführungssysteme mit unterschiedlichen Konten
(,,accounts") verfügen. Ob eine Transaktion als vorteilhaft angesehen wird, hängt davon ab,
auf welchem mentalen Konto die zugehörigen Zahlungen verbucht werden.
57
52
Vgl. Kahneman, D./Tversky, A. (1979), S. 277.
53
Vgl. Wübker, G. (1998), S. 82 f.
54
Vgl. von Nitzsch, R. (2002), S. 110.
55
Vgl. Kahneman, D./Knetsch, J.L./Thaler, R. (1986), S. 731.
56
Genauer gesagt: Kahneman und Tversky analysieren ein einzelnes, eindimensionales Ergebnis; Thaler dage-
gen mehrere Ergebnisse, die auf derselben Dimension gemessen werden (z. B. EUR). D.h., während erstere
die Auswirkung eines Gewinns oder Verlusts untersuchen, beschäftigt sich letzterer mit mehreren kombinier-
ten Gewinnen oder Verlusten. Die Aussagen ließen sich aber auch auf den Multi-Attribut-Fall eines Leis-
tungsbündels übertragen. Vgl. Thaler, R. (1985), S. 201.
57
Vgl. von Nitzsch, R. (2002), S. 21.

4.
Psychologische und kaufverhaltenstheoretische Grundlagen der Bündelbewertung
19
Um zu einer Bewertung zu gelangen, müssen die Konsequenzen einer Transaktion zuerst
wahrgenommen und subjektiv kodiert werden. Dabei bleiben dem Individuum generell zwei
Alternativen: Die Ergebnisse können integriert, d. h. gemeinsam als ein Paket wahrgenom-
men und bewertet werden, oder sie können segregiert, also einzeln erfasst und bewertet wer-
den, bevor im Anschluss daran die Einzelergebnisse zu einer Gesamtbewertung zusammenge-
führt werden.
58
Welche Kodierungsalternative gewählt wird, hängt zum einen vom Indivi-
duum selbst ab, zum anderen aber auch von der Präsentationsform der Informationen und fällt
damit in den Aufgabenbereich des Marketing.
59
Thaler findet in seinen empirischen Analysen
heraus, dass es vier generelle Prinzipien gibt, die Unternehmen bei der Preisgestaltung und
-kommunikation befolgen sollten:
a)
Segregation von Gewinnen: Mehrere Rabatte, die aus Sicht des Konsumenten als Ge-
winne einzustufen sind, sollten besser nebeneinander gewährt werden, statt einen gro-
ßen Rabatt anzubieten. Auch ist es bei Produkten aus mehreren Dimensionen oder
Bündeln aus mehreren Produkten vorteilhafter, wenn jede Dimension bzw. jedes Pro-
dukt einzeln bewertet wird. Oder, wie Thaler es formuliert: ,,Moral: don't wrap all the
Christmas presents in one box."
60
b)
Integration von Verlusten: Dieses Prinzip unterstützt die Vorgehensweise, Pauschal-
preise, z. B. einen Wochenpreis pro Person, anstelle von Einzelpreisen auszuweisen.
61
c)
Aufrechnen von Verlusten gegen größere Gewinne, damit also Integration für den Ge-
winn-und-Verlust-Fall, bei dem sich ein Nettogewinn ergibt. Wenn man bspw. ein
stark reduziertes Produkt mit einem leicht verteuerten Produkt im Paket verkauft, soll-
te nur auf den Netto-Preisnachlass hingewiesen werden.
d)
Segregation der sog. ,,silver linings", des Silberstreifens am Horizont, von dem die
Rede ist, wenn einem hohen Verlust ein ganz geringer Gewinn (z. B. ein kleiner Ra-
batt) gegenüber steht; dieser sollte zur Zufriedenheitserhöhung auch explizit ausge-
wiesen werden.
62
Bei der Bewertung einer Transaktion treten nach Thalers Ansicht zwei verschiedene Arten
von Nutzen auf, deren Summe den Gesamtnutzen aus dem Kauf ergibt: Einerseits existiert der
58
Damit dreht sich die Frage darum, ob der Nutzen einer zweidimensionalen Alternative (x, y) bei v(x+y) als
Wert bei Integration größer ist als bei v(x) + v(y) als Wert bei Segregation. Vgl. Thaler, R. (1985), S. 201 f.
59
Vgl. von Nitzsch, R. (2002), S. 116.
60
Thaler, R. (1985), S 202.
61
Problematisch könnte es allerdings dann werden, wenn man durch die Integration eine bestimmte Preisschwel-
le überschreitet und das eigene Angebot dadurch aus dem Consideration Set potenzieller Kunden entfernt
wird. Vgl. Priemer, V. (2003), S. 516.
62
Vgl. Thaler (1985), S. 208 f.

4.
Psychologische und kaufverhaltenstheoretische Grundlagen der Bündelbewertung
20
Akquisitionsnutzen, der den Wert des Gutes im Verhältnis zum dafür gezahlten Preis repräsen-
tiert, andererseits gibt es den Transaktionsnutzen, der, vereinfacht ausgedrückt, dann entsteht,
wenn es für den Konsumenten ein ,,gutes Geschäft" war. Der Transaktionsnutzen ist dann
hoch, wenn der zu zahlende Bündelpreis gering im Vergleich zu einem Referenzpreis ist.
63
Dieser Referenzpreis bildet sich meist aus der Summe der Einzelpreise. Wird der Bündelpreis
subadditiv festgesetzt, schafft dieser Preisnachlass Transaktionsnutzen. Dieser Nutzen kann
noch erhöht werden, wenn man zusätzlich einen Discount auf die Einzelprodukte gewährt.
Ein Beispiel soll dies verdeutlichen:
Übernachtung 3-Gang-Menü
Summe
Transaktionsnutzen
Listenpreis
bei Einzelerwerb
EUR 130
EUR 20
EUR 150
-
reduzierter Preis
bei Einzelerwerb
EUR 100
EUR 20
EUR 120
EUR 30
durch Discount
Halbpension
als Bündel
EUR 110
EUR 10 durch Bündel und
EUR 30 durch Discount
Tabelle 2: Beispiel für die Berechnung des Transaktionsnutzens von Bündeln
Quelle: eigene Darstellung
Aufgrund des Prinzips, multiple Gewinne zu segregieren, ist eine vorteilhaftere Bewertung zu
erwarten, wenn wie im Beispiel ,,zwei" Preisnachlässe ausgewiesen werden, als wenn nur ein
Preisnachlass auf das Bündel in Höhe von EUR 40 gewährt worden wäre.
64
4.2.2 Das Konzept der Vorbehaltspreise
4.2.2.1
Definition und Bedeutung des Vorbehaltspreises
Unter dem Vorbehaltspreis (auch: Reservation Price, Maximalpreis oder Zahlungsbereit-
schaft) versteht man den Preis, den ein Käufer für ein bestimmtes Gut bzw. eine bestimmte
Menge eines Guts maximal zu zahlen bereit ist. In der Regel erfolgt nur dann ein Kauf, wenn
der Kaufpreis des Gutes maximal so hoch ist wie der Vorbehaltspreis.
65
Im Gegensatz zur konkurrenzorientierten Preisbildung, bei der man sich an marktüblichen
Preisen oder an den Preisen des Hauptkonkurrenten orientiert, ist eine Preisfestsetzung auf
Basis des Vorbehaltspreises als nachfrageorientiert anzusehen. In die Bildung des Vorbehalts-
preises durch den Konsumenten fließen alle subjektiven Einschätzungen über das Ausmaß der
Bedürfnisbefriedigung der Leistung ein. Konsumenten verarbeiten ihr Wissen über die mate-
63
Vgl. Thaler, R. (1985), S. 205.
64
Vgl. Yadav, M.S./Monroe, K.B. (1993), S. 351.
65
Vgl. Wertenbroch, K./Skiera, B. (2002), S. 228.

4.
Psychologische und kaufverhaltenstheoretische Grundlagen der Bündelbewertung
21
riellen und immateriellen Eigenschaften der Dienstleistung und ordnen ihrer Einschätzung
einen monetären (Gegen-)Wert zu.
Die besondere Schwierigkeit im Tourismus liegt darin, dass verschiedene Leistungen ­ be-
sonders, wenn keine Erfahrungswerte vorliegen ­ nur schwer miteinander vergleichbar sind.
Soll z. B. der Vorbehaltspreis für einen Kurzurlaub in der Eifel anders ausfallen als für einen
vergleichbaren Aufenthalt im Sauerland, und wenn ja, wie stark sollen die Preise voneinander
abweichen? Durch den hohen Anteil an immateriellen und qualitativen Elementen wird die
Preisbildung erschwert.
66
Die Differenz aus Vorbehaltspreis und tatsächlichem Preis wird als Consumer Surplus oder
auch Konsumentenrente bezeichnet.
67
Je höher dieser Consumer Surplus, desto vorteilhafter
erscheint der Kauf aus Sicht des Kunden. Betrachtet man eine Gesamtheit von Käufern, so
sind Vorbehaltspreise typischerweise heterogen, also in unterschiedlichen Ausprägungen in
der Käuferschaft vertreten. Ziel einer (Preis-)Bundling-Strategie ist es, möglichst viel des ge-
samten Consumer Surplus zu extrahieren. Dafür müssen die Verteilungen der Vorbehaltsprei-
se in der Käuferschaft bekannt sein.
68
Mit den verschiedenen Alternativen der Messung der
Vorbehaltspreise befassen sich die folgenden Ausführungen.
4.2.2.2
Messung des Vorbehaltspreises
Die Preisforschung beschäftigt sich ausführlich mit dem Problem, wie Vorbehaltspreise bzw.
Zahlungsbereitschaften präzise und mit minimalen Verzerrungen gemessen werden können.
Die folgenden Möglichkeiten werden in diesem Zusammenhang häufig genannt:
a)
Bei der direkten Befragung werden die Probanden ­ wie der Name bereits ausdrückt ­
direkt danach gefragt, welchen Preis sie für ein bestimmtes Produkt bzw. Dienstleis-
tung maximal zu zahlen bereit wären.
69
b)
Das Conjoint Measurement ist ein komplizierteres, weil indirektes Verfahren, bei dem
den Probanden verschiedene Stimuli dargeboten werden. Stimuli sind Kombinationen
von Ausprägungen bestimmter, vorher definierter Eigenschaften. Geeignete Eigen-
schaften für eine Conjoint Analyse im Hotelsektor wären bspw. ,,Lage", ,,Preis",
66
Vgl. Freyer, W. (2004), S. 484 f.
67
Der Consumer Surplus entspricht auch dem in Kap. 4.2.1.2 genannten Akquisitionsnutzen, vgl. Monroe,
K.B./Chapman, J.D. (1987), S. 194.
68
Ein in der Literatur regelmäßig auftauchender Vorteil des Bundling ist die Möglichkeit zur impliziten Preis-
diskriminierung: Person 1 zahlt dann evtl. einen anderen anteiligen Preis für das im Bündel enthaltene Gut A
als Person 2. Da aber beide Personen denselben Bündelpreis zahlen, handelt es sich nicht um Preisdiskriminie-
rung 1. Grades. Dadurch kann man bei optimaler Preisgestaltung mehr Consumer Surplus abschöpfen als bei
Einzelverkauf. Vgl. Olderog, T./Skiera, B. (2000), S. 139 ff. Die in Kap. 5.1 erwähnten Studien beschäftigen
sich ausführlicher mit dieser Frage.
69
Vgl. Wricke, M. (2000), S. 49 f.

4.
Psychologische und kaufverhaltenstheoretische Grundlagen der Bündelbewertung
22
,,Zimmergröße" und ,,Zimmerausstattung"; ein zugehöriger Stimulus könnte durch die
Ausprägungen ,,zur Straße gelegen", ,,EUR 100,-- pro Person und Nacht", ,,25qm
groß" und ,,mit Bad/WC, Fernseher, Minibar" beschrieben werden. Da für jede Eigen-
schaft mehrere Ausprägungen in Frage kommen, wird die Anzahl potenzieller Stimuli
schnell hoch. Die Besonderheit an der Conjoint Methode liegt darin, dass die Proban-
den nicht ihre Zahlungsbereitschaft selbst angeben, sondern indirekt den einzelnen
Stimuli Präferenz- oder Nutzenwerte zuordnen, aus denen dann mittels einer speziel-
len Auswertungsmethodik auf die Vorbehaltspreise geschlossen wird.
70
c)
Eine Schätzung auf Basis beobachtbarer Kaufdaten ist sehr realitätsnah, da tatsächli-
che Käufe ausgewertet werden. Die Aussagefähigkeit dieser Daten ist allerdings limi-
tiert: Als Ergebnis ließe sich allenfalls heranziehen, dass der Vorbehaltspreis bei
Nicht-Käufern niedriger und bei Käufern höher als der zu zahlende Preis ist. Außer-
dem variieren tatsächliche Preise meist nur gering, und es existieren weitere Einfluss-
faktoren, wie die Verfügbarkeit am Point of Sale, das Angebot von Konkurrenzpro-
dukten, etc., die dafür sorgen, dass Vorbehaltspreise nicht korrekt gemessen werden
können. Im Hotelsektor kann ein Gast bspw. dem Hotel A eine sehr hohe Zahlungsbe-
reitschaft zuordnen; liegt das Hotel aber nicht nah genug an seinem bevorzugten Ziel-
ort, wird er eine andere Unterbringung wählen ­ ohne dass der Preis hierfür ursächlich
wäre.
71
d)
In der neueren Literatur ist verstärkt von Vickrey-Auktionen (auch Zweitpreisauktio-
nen genannt) als Mittel zur Messung der Zahlungsbereitschaften die Rede. Ohne hier
näher auf die Vorgehensweise in einer solchen Auktion einzugehen, ist festzuhalten,
dass alle Bieter einen Anreiz haben, ihre wahre Zahlungsbereitschaft zu offenbaren.
Der finanzielle und zeitliche Aufwand liegt dabei über dem einer direkten Preisbefra-
gung; im Vergleich zur Conjoint Analyse hängt es von der Teilnehmerzahl und
-motivation ab, ob die Vickrey-Auktion als kostenintensiver anzusehen ist oder
nicht.
72
70
Vgl. Skiera, B./Gensler, S. (2002), S. 200 ff.
71
Vgl. Wertenbroch, K./Skiera, B. (2002), S. 229.
72
Vgl. Skiera, B./Revenstorff, I. (1999), S. 228 f.

4.
Psychologische und kaufverhaltenstheoretische Grundlagen der Bündelbewertung
23
Die folgende Tabelle 3 gibt einen abschließenden Überblick über Vor- und Nachteile der er-
wähnten Verfahren.
Messmethode
Vorteile
Nachteile
Direkte Befragung
·
einfachste
Methode
·
schnell und leicht an-
wendbar
·
Validität ist fraglich, denn Aufmerk-
samkeit wird direkt auf Preis gelenkt
·
Anreize zur Verzerrung können be-
stehen
Conjoint Measure-
ment
·
hohe
Validität
·
höherer
Erhebungsaufwand
·
Ermüdung / Reaktanz der Probanden
·
fraktioniertes Design meist unumgäng-
lich
Marktbeobachtung
·
leicht auszuwerten, wenn
Daten verfügbar sind
·
große
Realitätsnähe
·
Verzerrung durch andere Einflussfak-
toren als den Preis
·
keine Alternative bei der Analyse von
Neuprodukten
Vickrey-Auktion
·
hohe Validität und Nähe
zu Kaufverhalten
·
Risiko, dass die Probanden das Auk-
tionsschema nicht verstehen und da-
mit nicht die wahre Zahlungsbereit-
schaft äußern
·
höherer zeitlicher / finanzieller Auf-
wand
Tabelle 3: Vor- und Nachteile der Methoden zur Messung der Zahlungsbereitschaft
Quelle: eigene Darstellung
4.2.2.3
Integration der Einzel-Vorbehaltspreise zum Bündel-Vorbehaltspreis
Um von den Einzel-Vorbehaltspreisen zum Bündel-Vorbehaltspreis zu gelangen, müssen die
Einzelwerte verknüpft, also integriert werden. Der am nächsten liegende Ansatz ist die einfa-
che Addition der Vorbehaltspreise, das Adding.
73
Der Gedanke dahinter ist, dass man diesel-
ben Leistungen im Bündel wie einzeln erhält und deshalb auch denselben Betrag zu zahlen
bereit ist. Es würde also bspw. gelten (mit VP = Vorbehaltspreis):
VP Menü = VP Suppe + VP Hauptgang + VP Dessert.
Eine Vielzahl der Studien zum Thema Bundling unterstellt diese unabhängige Bewertung und
,,strikte Additivität".
74
Wie die bisherigen Ausführungen schon zeigen konnten, beobachtet man in der Praxis jedoch
häufig, dass der Vorbehaltspreis für das Bündel nicht der exakten Summe der Einzel-
Vorbehaltspreise entspricht. Anbieter setzen ihre Bündelpreise subadditiv fest, weil die Kon-
sumenten ihren Bündel-Vorbehaltspreis subadditiv bilden: Sie erwarten einen Preisnachlass
73
Vgl. zur Integration von nicht-monetären Bewertungen durch Adding auch Kap. 4.3.1.
74
Vgl. Venkatesh, R./Kamakura, W. (2003), S. 211 f.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2005
ISBN (eBook)
9783832496890
ISBN (Paperback)
9783838696898
DOI
10.3239/9783832496890
Dateigröße
2.3 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen – Wirtschaftswissenschaften, Unternehmenspolitik und Marketing
Erscheinungsdatum
2006 (Juli)
Note
1,0
Schlagworte
bundling tourismus pauschale imagetransfer prospect theory
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Titel: Leistungsbündelbewertung in der Hotellerie
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