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Aktuelle Untersuchungen zum Modusgebrauch in der indirekten Rede

©2004 Masterarbeit 77 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Zusammenfassung:
Im täglichen Sprachgebrauch enthält die Redeerwähnung den Konjunktiv selten, weil andere Mittel die Wiedergabe deutlich kennzeichnen. Es sei denn, dass der Sprecher sich vom Gesagten distanzieren will. Den Konjunktiv findet man aber oft in der Presse und in den Nachrichtensendungen. Dort sind uneingeleitete Nebensätze und die berichtete Rede häufig und der Konjunktiv ist dann das einzige Kennzeichen der Redeerwähnung.
Die Autoren von Grammatiken führen oft unklare Regeln mit vielen Ausnahmen an. Man trifft sowohl mehrdeutige Formen, wo sich unmissverständliche anbieten, als auch den Konjunktiv II und die würde-Form, wo eindeutige Konjunktiv-I-Formen zur Verfügung stehen. Es gibt gewisse Freiheit im Modusgebrauch in der indirekten Rede. Man kann keine festen Regeln angeben, sondern nur Tendenzen, die von unterschiedlichen Faktoren bestimmt werden.
Die Ausdrucksmöglichkeiten sind im Konjunktiv enger begrenzt als im Indikativ und dadurch gibt es mehr Interpretationsmöglichkeiten, was zu Missverständnissen führen kann. Man muss auch darauf achten, dass der Konjunktiv aus der direkten Rede übernommen werden kann. In solchen Fällen muss man sich auf den Kontext stützen.
Sowohl die Grammatiker als auch die Autoren von Lehrbüchern sind oft in der Vermittlung der indirekten Rede miteinander nicht einig, deswegen ist es schwierig, ihre Regeln zu konfrontieren. Die Analyse von Lehrbüchern zeigt aber Tendenzen in der Fremdsprachenmethodik, die mit Ergebnissen von Studien über den Modusgebrauch in der deutschen Gegenwartsprache im Einklang stehen (z. B. Reduktion auf die 3. Person, Tendenz zum Konjunktiv II und zur würde-Form).
In der Presse erscheint nur die 3. Pers. Sing. und Plur., aber man kann man diese Tendenzen im Modusgebrauch nicht beobachten. Die würde-Umschreibung ist selten, auch bei schwachen Verben, und im Singular herrscht der Konjunktiv I.
Gang der Untersuchung:
Die indirekte Rede ist ein bedeutender Funktionsbereich des Konjunktivs und der absolut wichtigste Funktionsbereich des Konjunktivs I. Ich möchte mich mit diesem Thema in der vorliegenden Arbeit auseinander setzen, weil ich mich für die Sprachwissenschaft interessiere. Bei der Wahl des Themas ist auch der Mangel an aktuellen Untersuchungen in diesem Bereich ausschlaggebend.
Die indirekte Rede ist ein problematisches Element der deutschen Grammatik, besonders viele Schwierigkeiten bereitet der Modusgebrauch. Er ist nicht nur kompliziert, sondern es […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Robert Soltan
Aktuelle Untersuchungen zum Modusgebrauch in der indirekten Rede
ISBN-10: 3-8324-9661-0
ISBN-13: 978-3-8324-9661-6
Druck Diplomica® GmbH, Hamburg, 2006
Zugl. Akademia Bydgoska im. Kazimierza Wielkiego, Bydgoszcz, Polen,
MA-Thesis / Master, 2004
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© Diplomica GmbH
http://www.diplom.de, Hamburg 2006
Printed in Germany

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Inhaltsverzeichnis:
1 Zur Zielstellung der Arbeit ...3
2 Theoretische Grundlegung zur Umwandlung der direkten Rede
in die indirekte Rede ...4
2.1 Allgemeines zum Modusgebrauch ...4
2.2 Zum Konjunktivgebrauch in der Standardsprache ...7
2.3 Zum Konjunktivgebrauch in der Umgangssprache ...18
2.4 Zur Tempusumwandlung ...21
2.5 Schlussfolgerungen für den Fremdsprachenunterricht ...28
3 Praktischer Teil mit Analysen ...31
3.1 Analyse von Lehrbüchern DaF ...31
3.2 Analyse von Zeitungs- und Internetartikeln ...57
4 Zusammenfassung und Ausblick ...72
5 Literaturverzeichnis ...73

3
1 Zur Zielstellung der Arbeit
Die indirekte Rede ist ein bedeutender Funktionsbereich des Konjunktivs und der
absolut wichtigste Funktionsbereich des Konjunktivs I. Ich möchte mich mit diesem
Thema in der vorliegenden Arbeit auseinander setzen, weil ich mich für die
Sprachwissenschaft interessiere. Bei der Wahl des Themas ist auch der Mangel an
aktuellen Untersuchungen in diesem Bereich ausschlaggebend.
Die indirekte Rede ist ein problematisches Element der deutschen Grammatik,
besonders viele Schwierigkeiten bereitet der Modusgebrauch. Er ist nicht nur kompliziert,
sondern es gibt auch Meinungsunterschiede der Grammatiker, die bei den Lernenden zu
Fehlern und Unsicherheiten führen können. Als zukünftiger Deutschlehrer möchte ich die
Frage beantworten: ,,Wie kann man dieses schwierige Thema, mit dem auch
Germanistikstudenten Probleme haben, in der Oberschule vermitteln?"
Im theoretischen Teil der Arbeit werden die Hinweise zum Modusgebrauch in der
indirekten Rede analysiert und miteinander verglichen. Der Abschnitt soll einen Überblick
über das Regelsystem verschaffen und dient als Basis für das nächste Kapitel. Außerdem
versuche ich, Schlussfolgerungen für den Fremdsprachenunterricht zu ziehen, die die
Vermittlung der indirekten Rede erleichtern könnten. Dabei darf man nicht außer Acht
lassen, dass die eingeführten Formen mit dem Regelwerk im Einklang stehen sollten.
Im praktischen Teil wird die Vermittlung der indirekten Rede in Lehrbüchern DaF
dargestellt, analysiert und mit Grammatiken konfrontiert. Es wird auch versucht,
Tendenzen in der Fremdsprachenmethodik nachzuweisen.
Dann kommt die Analyse von Zeitungs- und Internetartikeln, die die Aufgabe hat,
die Sprachwirklichkeit mit dem Regelwerk zu vergleichen. Sie soll u. a. aufzeigen, ob
belegte Tendenzen der Umgangssprache (z. B. die Abkehr vom Konjunktiv I) in die
journalistische Sprache eingedrungen sind.

4
2 Theoretische Grunlegung zur Umwandlung der direkten Rede in die indirekte
Rede
2.1 Allgemeines zum Modusgebrauch
In der indirekten Rede können wir zwischen Indikativ und Konjunktiv wählen.
,,Der Normalmodus der indirekten Rede ist der Konjunktiv. Er kann immer gewählt
werden und ist daher niemals falsch" (Duden, 1984: 196). Der Konjunktiv ist aber nur ein
Mittel unter anderen zur Kennzeichnung der indirekten Rede und er ist hier aus diesem
Grunde nicht obligatorisch (vgl. Helbig, G. / Buscha, J., 1998: 196; Helbig, G., 1990: 70;
Mackowiak, K., 1996: 34).
Andere Mittel zur Kennzeichnung der indirekten Rede sind die Redeeinleitung, die
Konjunktion und die Pronominalverschiebung. Nach Helbig, Buscha, Hall, Scheiner,
Hoberg, Lewicki und Lewicka ist der Indikativ nur dann erlaubt, wenn der einleitende
Hauptsatz und die Konjunktion erscheinen. Sonst ist der Konjunktiv obligatorisch (vgl.
Helbig, G. / Buscha, J., 1998: 196; Hall, K. / Scheiner, B., 1995: 120; Buscha, J., 1981: 22;
Hoberg, R. / Hoberg, U. / Lewicki, R. / Lewicka, G., 1997: 113):
Sie hat mir gesagt, dass sie das Auto schon gekauft hat.
(Der Konjunktiv ist fakultativ, auch möglich: habe/hätte)
Sie hat mir gesagt, sie habe/hätte das Auto schon gekauft.
(Der Konjunktiv ist obligatorisch)
Demgegenüber lassen andere Autoren den Indikativ im uneingeleiteten Nebensatz
zu (vgl. Luszczyk, S. / Szulc, A. / Wawrzyniak, Z., 1990: 34; Czochralski, J., 1994: 354;
Eppert, F., 1988: 85; Helbig, G., 1990: 71; Apelt, M. L. / Apelt, H. P. / Wagner, M., 1994:
78):
Sie hat mir gesagt, sie hat das Auto schon gekauft.
,,Der Konjunktiv wird heute nur am Anfang eingeführt und im weiteren Verlauf
durch den Indikativ ersetzt. Das gilt in erster Linie in angehängten Nebensätzen" (Nieder,
L., 1987: 205). Wenn der Konjunktiv einmal auftritt und ihm der Indikativ folgt, nimmt der
Leser / Schreiber an, dass es sich im weiteren Satzverlauf um Redewiedergabe handelt:

5
Ich hab' , glaub' ich, zu ihr gesagt, sie wär uncharmant, sie kann (Indikativ
statt Konjunktiv: könne/könnte) das von einem Mann nicht verlangen (G. Aberle).
Helbig und Buscha führen den Modusgabrauch auf das redeeinleitende Verb
zurück. ,,Wenn das redeeinleitende Verb in der 1. Pers. Sing. Präsens steht, ist nur
Indikativ üblich (außer bei Verben des Auffordens)" (Helbig, G. / Buscha, J., 1998: 196):
Ich glaube, sie hat das Buch schon gelesen (Indikativ statt Konjunktiv: habe/hätte).
Genauso ist es, wenn das Verb im Hauptsatz im Präteritum steht (vgl. Helbig, G.,
1990: 70):
Sie sagte, sie kommt morgen.
Wenn der Konjunktiv und die Konjunktion fehlen, ist es bei der mündlichen
Redewiedergabe schwer, die indirekte Rede von der direkten zu unterscheiden. Nehmen
wir an, dass der folgende Satz uns diktiert wird und wir ihn aufschreiben sollen:
er hat erzählt sie ist eingeschlafen
Die Redeeinleitung "er hat erzählt" ist das einzige Kennzeichen der Redeerwähnung,
deswegen ist es schwer zu sagen, ob es sich um die direkte oder indirekte Rede handelt:
Er hat erzählt: ,,Sie ist eingeschlafen."
Er hat erzählt, sie ist eingeschlafen.
Den Satz könnte man auch als zwei gleichrangige, durch ein Komma getrennte
Satzaussagen verstehen, es würde dann gemeint:
Er hat erzählt. Sie ist eingeschlafen.
Der Konjunktiv lässt die Redewiedergabe erkennen und dadurch Missverständnisse
vermeiden:

6
Er hat erzählt, sie sei/wäre eingeschlafen.
Die Konjunktion ist aber auch ein deutliches Kennzeichen der Redewiedergabe :
Er hat erzählt, dass sie eingeschlafen ist.
,,Von weit größerer Bedeutung ist das flexivische Signal Konjunktiv dort, wo die
indirekte Rede nicht mit einer Redeeinleitung verbunden ist und daher auch nicht durch
eine Subjunktion gekennzeichnet werden kann" (Kaufmann, G., 1976: 25):
Als früherer Generaldirektor eines Versicherungskonzerns im Bilanzlesen geübt,
verwies Möller Präsident Blessing auf die Gewinnpolster des Frankfurter Instituts.
Die Finanzreserven der Bundesbank seien ungewöhnlich gut dotiert (Spiegel).
Wenn kein Konjunktiv verwendet worden wäre, würde der Hinweis auf die hohen
Finanzreserven der Bundesbank als eine eigene Feststellung des Redakteurs verstanden.
Solche Markierung der indirekten Rede durch den Modus findet sich besonders
häufig in der Tagespresse, z. B. wenn Äußerungen von Politikern wiedergegeben werden.
Diese Möglichkeit, die indirekte Rede ohne spezifischen Obertext zu markieren (die sog.
berichtete Rede), ist eine Eigentümlichkeit des Deutschen. In vielen anderen Sprachen ist
es unmöglich, die Wiedergabe mit Hilfe des Modusgebrauchs zu kennzeichnen.

7
2.2 Zum Konjunktivgebrauch in der Standardsprache
In der Standardsprache hat der Konjunktiv I den Vorzug. ,,Wenn der
Sprecher/Schreiber sich für den Konjunktiv entscheidet, dann wählt er normalerweise den
Konjunktiv I" (Duden, 1984: 163).
Wenn die Konjunktiv-I-Formen den indikativischen gleichen, wird der Konjunktiv
II gewählt (vgl. Duden, 1984: 163; Wendt, H. F., 1975: 72; Mackowiak, K., 1996: 35;
Griesbach, H., 1986: 96; Kars, J. / Häussermann, U., 1988: 57; Hoberg, R. / Hoberg, U. /
Lewicki, R. / Lewicka, G., 1997: 113; Czochralski, J., 1990: 306; Wendt, H. F., 1975: 27;
Dluniewski, S. / Donath, A., 1985: 368; Luscher, R., 1975: 29f, Jung, W., 1966: 244):
Er sagte: ,,Sie kommen später."
Er sagte, sie kämen später (kommen: Indik. = Konj. I).
Diese Ersatzregel der zusammenfallenden Formen wird aber nicht strikt befolgt. ,,In
Übereinstimmung mit der Tatsache, dass die 3. Pers. Sing. bei allen deutschen Verben
einen eindeutigen Konjunktiv I bilden kann, stehen lediglich diese Formen mit großer
Regelmäßigkeit im Konjunktiv I; sonst ist immer wieder der Konjunktiv II anzutreffen"
(Duden, 1984: 164).
In diese Regel ordnen sich die folgenden Formen als Ausnahmen nicht ein, die
gegen den Konjunktiv II selten ausgetauscht werden:
a) 1. und 2. Pers. Sing. von sein, wissen und den Modalverben:
ich sei / wisse / dürfe / könne / möge / müsse / solle / wolle
du sei(e)st / wissest / dürfest / könnest / mögest / müssest / sollest / wollest
(vgl. Duden, 1984: 164)
Demgegenüber meinen Bza, Rug, Tomaszewski und Eppert, auch bei diesen Verben sei
der Konjunktiv I bei der 2. Pers. Sing. nicht mehr üblich (außer sei(e)st) (vgl. Bza, S.,
1998: 254f; Rug, W. / Tomaszewski, A., 1993: 149; Eppert, F., 1988: 88):
du wärest(/sei(e)st) / wüsstest / dürftest / könntest / möchtest / müsstest / solltest /
wolltest

8
b) 1. und 3. Pers. Plural von sein (vgl. Dreyer, H. / Schmitt, R., 1996: 273):
wir seien; sie/Sie seien
Aus den obigen Regeln ergibt sich, dass der Konjunktiv II bei der 2. Pers. Sing. und
Plural oft auftritt, auch wenn der Konjunktiv I sich vom Indikativ unterscheidet. Statt der
eindeutigen Formen
du machest ihr machet
du laufest ihr laufet
du gebest ihr gebet
du habest ihr habet
du werdest
kann man also die Konjunktiv-II-Formen antreffen:
du machtest ihr machtet
du liefest ihr liefet
du gäbest ihr gäbet
du hättest ihr hättet
du würdest
Die Tendenz zum Konjunktiv II ,,verstärkt sich in dem Maße, wie die geschriebene
Sprache sich der Ausdrucksweise der gesprochenen nähert. Dann werden weitgehend auch
die Konjunktiv-I-Formen der 3. Pers. Sing. und die oben genannten Ausnahmen durch
Konjunktiv-II-Formen verdrängt (sofern der Konjunktiv überhaupt noch gewählt wird und
der Sprecher/Schreiber nich den Indikativ der direkten Rede beibehält)" (Duden, 1984:
164):
Ich hab', glaub' ich, zu ihr gesagt, sie wär' (Konjunktiv II statt Konjunktiv I: sei)
uncharmant, sie kann (Indikativ statt Konjunktiv: könne/könnte) das von einem Mann nicht
verlangen.

9
Die Konjunktivformen werden oft durch die würde-Umschreibung ersetzt, ,,vor
allem wenn sie mit den indikativischen Formen zusammenfallen und die durch die
Konjunktivformen ausgedrückten Funktionen auch nicht durch andere Sprachmittel
gekennzeichnet sind. So wird die würde-Form bevorzugt, wenn die indirekte Rede in Form
eines uneingeleiteten Nebensatzes nicht von der direkten rede zu unterscheidet ist"
(Helbig, G. / Buscha, J., 1998: 191):
Er sagte:"Sie wohnen auf dem Lande."
Konj.I: Er sagte, sie wohnen auf dem Lande. (= Ind. Präs.)
Konj.II: Er sagte, sie wohnten auf dem Lande. (= Ind. Prät.)
würde-Form: Er sagte, sie würden auf dem Lande wohnen.
Die Konjunktiv-II-Formen von schwachen Verben werden aber oft gebraucht, obwohl sie
mit dem Indikativ Imperfekt identisch sind (vgl. Weisswenger, M., 1997: 44; Wendt, H. F.,
1976: 72f, Bza, S., 1998: 419f; Eppert, F., 1988: 89).
Die würde-Form ersetzt viele Konjunktiv-II-Formen starker Verben mit Umlaut,
die als obsolet gelten. Sie werden als gehoben oder als geziert empfunden (vgl. Duden,
1984: 300):
beföhle/befähle, bewöge, bärste, böte, dränge, drösche/dräsche, flöchte, flöhe, gälte,
gewänne/gewönne, göre, genösse, hälfe/hülfe, höbe/hübe, kröche, lüde, mölke,
mäße, ränge, sänne/sönne, schmölze, schöbe, schölle, schränke,
schwämme/schwömme, sprösse, stäche, tröffe, verdürbe, wränge.
Nach Duden gelten als nicht gehoben und geziert nur die drei Formen: fände, käme
und bekäme (vgl. Duden, 1984: 300). Im Gegensatz dazu trifft man bei anderen
Grammatikern folgende Konjunktiv-II-Formen:
spräche (Apelt, M. L. / Apelt, H. P. / Wagner, M., 1994: 78)
nähme (Wendt, H. F., 1975: 27; Weisswenger, M., 1997: 44)
gäbe, höbe, besäße, verstünde (Weisswenger, M., 1997: 44ff)
schwämme (Bza, S., 1998: 420)
läge, stünde, träte (Dreher, H. / Schmitt, R., 1986: 244)
wüsste (Hoberg, R. / Hoberg, U. / Lewicki, R. / Lewicka, G., 1997: 112;
Weisswenger, M., 1997: 44).

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Zu den Verben , die durch die würde-Form selten ersetzt werden, gehören sein,
haben und die Modalverben (vgl. Hentschel, E. / Weydt, H., 1994: 114; Dluniewski, S. /
Donath, A., 1985: 366). Statt der Konjunktiv-II-Form möchte wird nach Engel die
Umschreibung würde mögen gebraucht, weil die möchte-Form sich weitgehend
verselbständigt hat und heute selten als Konjunktiv II von mögen fungiert (vgl. Engel, U.,
1996: 422). Weil die Konjunktiv-II-Form möchte ausfällt, sollte die würde-Form nach der
Ersatzregel im folgenden Satz auftreten:
Sie haben gesagt: "Wir mögen reisen."
Sie haben gesagt, sie würden reisen mögen.
Um den komplizierten Nebensatz mit drei Verbformen zu vermeiden, kann man ihn
ohne Modalverb ausdrücken:
Sie haben gesagt, sie würden gern reisen.
Wenn die würde-Umschreibung nicht gebraucht würde, entstünde der Satz:
Sie haben gesagt, sie möchten reisen.
Der Satz ist nicht eindeutig, es können ihm als Basistext sowohl
Wir
mögen
reisen.
als auch
Wir
möchten
reisen.
dienen. Im zweiten Satz hat möchte-Form die indikativische Bedeutung ,,den Wunsch
haben".
Weil der Konjunktiv Präteritum von wollen sich vom Indikativ nicht unterscheidet,
darf auch dieses Modalverb mit der würde-Form stehen (vgl. Engel, U., 1996: 422).

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Im Satz
Sie haben gesagt, dass er kein solches Auto wollte.
kann das Verb wollen sowohl im Konjunktiv (als Kennzeichnung der indirekten Rede) als
auch im Indikativ stehen (es wird gemeint, dass jemand in der Vergangenheit faktisch kein
solches Auto wollte). Im Satz
Sie haben gesagt, er würde kein solches Auto wollen.
gibt es keinen Zweifel, dass es um die Markierung der indirekten Rede geht, auch wenn
der Satz nicht elegant klingt.
Obwohl
sollen auch eine schwache Präteritumform hat, wird es mit der würde-
Form nie umschrieben (vgl. Hentschel, E. / Weydt, H., 1994: 114). Im Satz
Er hat zu ihnen gesagt, sie sollten das Buch aufmachen.
steht also die Konjunktivform, die dem Indikativ gleicht und gegen eine eindeutige Form
nicht ausgetauscht werden darf.
Die würde-Form ersetzt auch in manchen Fällen den Konjunktiv Futur und den
Konjunktiv Futur Passiv, damit der Satz schöner klingt:
Er glaubte, dass dieser Schritt ohnehin unvermeindlich werden würde (statt: werden
werde).
Ein anderer Weg, die Konstruktion werden werde zu vermeiden, besteht in der
Änderung der Wortfolge, was mit dem Wegfall der Konjunktion erreicht werden kann (vgl.
Duden, 1984: 165):
Er glaubte, dieser Schritt werde ohnehin unvermeindlich werden.
Die würde-Form hat den Vorrang, wen die konjunktivischen Bedingungssätze
wiedergegeben werden (vgl. Duden, 1984: 166):

12
Staatsbank-Chef Düvel betonte, dass er als Bankier glücklich sein würde (statt:
wäre), wenn er bei seinen Kreditnehmern auch nur ähnliche Verhältnisse vorfinden
würde (statt: vorfände; Spiegel).
Der Ersatz des Konjunktivs Perfekt und Plusquamperfekt durch die würde
Umschreibung ist in der indirekten Rede ganz unüblich, weil diese Konjunktivformen
immer eindeutlich sind (vgl. Helbig, G. / Buscha, J., 1998: 192). Die Konstruktion würde
+ Infinitiv II ist nicht nur entbehrlich, sondern auch schwerfälliger als Konjunktiv Perfekt
und Plusquamperfekt. Man sollte also den Satz
Sie erzählte, sie habe mit ihm gesprochen.
durch
Sie erzählte, sie würde mit ihm gesprochen haben.
nicht ersetzen.
Demgegenüber räumt Kaufmann der Konstruktion würde + Infinitiv II in manchen
Fällen den Vorzug ein. Dem Satz
Sie sagten, sie hätten ihn damals getroffen.
können als direkte Äußerungen zwei Sätze dienen:
Wir haben ihn dort getroffen.
Wir hätten ihn dort getroffen (, wenn er wirklich dort gewesen wäre).
Um auf den ersten Satz (haben) hinzudeuten, solle die würde-Form verwendet werden
(vgl. Kaufmann, G., 1976: 34):
Sie sagten, sie würden ihn damals getroffen haben.

13
Der Konjunktiv Perfekt und Plusquamperfekt lässt nach dieser Regel den irrealen
Bedingungssatz als Primärtext vermuten, was im Widerspruch mit der vorherigen Regel
steht. Nach Duden weist die würde-Form auf den konjunktivischen Konditionalsatz als
Primäräußerung, also umgekehrt.
Es gibt Sätze, bei denen man ohne würde-Form leicht erschließen kann, dass der
Konjunktiv wiedergegeben wird:
Er sagte, er hätte beinahe den Zug verpasst.
Er sagte, er hätte es wissen sollen.
Er sagte, er würde lieber auf dem Lande wohnen.
Aus den Hinweisen zur Konjuniktivauswahl ergeben sich folgende
Konjungationsreihen (in Klammern stehen Formen, die theoretisch korrekt sind, aber im
Sprachgebrauch selten erscheinen und als unüblich gelten):
sein haben werden
wissen
ich
KI
KII
w-F
sei
-
-
-
hätte
-
-
würde
-
wisse
-
-
du
KI
KII
w-F
sei(e)st
wär(e)st/
-
(habest)/
hättest
-
(werdest)/
würdest
-
wissest/
wüsstest
-
er
sie
es
KI
KII
w-F
sei
-
-
habe
-
-
werde
-
-
wisse
-
-
wir
KI
KII
w-F
seien
-
-
-
hätten
-
-
würden
-
-
wüssten
-
ihr
KI
KII
w-F
(seiet)
wäret
-
(habet)/
hättet
-
-
würdet
-
(wisset)/
wüsstet
-
sie
Sie
KI
KII
w-F
seien
-
-
-
hätten
-
-
würden
-
-
wüssten
-

14
machen
1
baden
2
schreiben
3
reiten
4
ich
KI
KII
w-F
-
machte/
würde machen
-
badete/
würde baden
-
schriebe
-
-
ritte
-
du
KI
KII
w-F
(machest)/
machtest/
würdest machen
-
badetest/
würdest baden
(schreibest)/
schriebest
-
-
-
würdest reiten
er
sie
es
KI
KII
w-F
mache
-
-
bade
-
-
schreibe
-
-
reite
-
-
wir
KI
KII
w-F
-
machten/
würden machen
-
badeten/
würden baden
-
-
würden schreiben
-
-
würden reiten
ihr
KI
KII
w-F
(machet)/
machtet/
würdet machen
-
badetet/
würdet baden
(schreibet)/
schriebet
-
-
-
würdet reiten
sie
Sie
KI
KII
w-F
-
machten/
würden machen
-
badeten/
würden baden
-
-
würden schreiben
-
-
würden reiten
kommen
5
finden
6
gewinnen
7
bieten
8
ich
KI
KII
w-F
-
käme
-
-
fände
-
-
(gewänne)/
würde gewinnen
-
(böte)/
würde bieten
du
KI
KII
w-F
(kommest)/
kämest
-
-
fändest
-
(gewinnest)/
(gewännest)/
würdest gewinnen
-
(bötest)/
würdest bieten
er
sie
es
KI
KII
w-F
komme
-
-
finde
-
-
gewinne
-
-
biete
-
-
wir
KI
KII
w-F
-
kämen
-
-
fänden
-
-
(gewännen)/
würden gewinnen
-
(böten)/
würden bieten
ihr
KI
KII
w-F
(kommet)/
kämet
-
-
fändet
-
-
(gewännet)/
würdet gewinnen
-
(bötet)/
würdet bieten
sie
Sie
KI
KII
w-F
-
kämen
-
-
fänden
-
-
(gewännen)/
würden gewinnen
-
(böten)/
würden bieten
1
Beispielkonjugation schwacher Verben
2
Beispielkonjugation schwacher Verben mit Hilfs-e im Ind. Präs.
3
Beispielkonjugation starker Verben mit Konjunktiv-II-Formen ohne Umlaut
4
Beispielkonjugation starker Verben mit Konjunktiv-II-Formen ohne Umlaut und mit Hilfs-e im Ind. Präs.
5
Beispielkonjugation starker Verben mit gebräuchlichen Konjunktiv-II-Formen mit dem Umlaut
6
Beispielkonjugation starker Verben mit gebräuchlichen Konjunktiv-II-Formen mit dem Umlaut und mit
Hilfs-e im Ind. Präs.
7
Beispielkonjugation starker Verben mit ungebräuchlichen Konjunktiv-II-Formen mit dem Umlaut
8
Beispielkonjugation starker Verben mit ungebräuchlichen Konjunktiv-II-Formen mit dem Umlaut und mit
Hilfs-e im Ind. Präs.

15
können müssen dürfen sollen
wollen
mögen
ich
KI
KII
w-F
könne
-
-
müsse
-
-
dürfe
-
-
solle
-
-
wolle
-
-
möge
-
-
du
KI
KII
w-F
könnest/
könntest
-
müssest/
müsstest
-
dürfest/
dürftest
-
sollest/
solltest
-
wollest/
wolltest
-
mögest/
möchtest/
würdest mögen
er
sie
es
KI
KII
w-F
könne
-
-
müsse
-
-
dürfe
-
-
solle
-
-
wolle
-
-
möge
-
-
wir
KI
KII
w-F
-
könnten
-
-
müssten
-
-
dürften
-
-
sollten
-
-
wollten/
würden wollen
-
möchten/
würden mögen
ihr
KI
KII
w-F
(könnet)/
könntet
-
(müsset)/
müsstet
-
(dürfet)/
dürftet
-
(sollet)/
solltet
-
(wollet)/
wolltet/
würdet wollen
(möget)/
möchtet/
würdet mögen
sie
Sie
KI
KII
w-F
-
könnten
-
-
müssten
-
-
dürften
-
-
sollten
-
-
wollten/
würden wollen
-
möchten/
würden mögen
Die Neigung zu Konjunktiv-II-Formen bei der 2. Pers. Sing. und Plur. ist sinnvoll aus
folgenden Gründen:
a)Nicht alle Verben haben eindeutige Konjunktiv-I-Formen, es sind die Verben, die schon im
Präsens das e-Gefüge bekommen:
du wartest / badest / atmest / rechnest
ihr wartet / badet / atmet / rechnet
(Präs. = Konj. I)
Die 2. Person ist die einzige Person, bei der zwischen Konj. I und Konj. II gewählt werden
kann, und diese Wahl ist dazu nicht bei allen Verben möglich. Der Verzicht auf den
Konjunktiv I löst diese komplizierte Teilung auf:
du
KI
KII
w-F
(machest)/
machtest/
würdest machen
-
badetest/
würdest baden
ihr
KI
KII
w-F
(machet)/
machtet/
würdet machen
-
badetet/
würdet baden

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b) Bei meisten Verben ist das e-Gefüge das einzige und auch nicht deutliche
Kennzeichen der indirekten Rede:
du machst du machest
ihr macht ihr machet
du
kommst
du kommest
ihr kommt ihr kommet
Der Konjunktiv II und die würde-Form deuten die Redewiedergabe deutlicher an:
du machst du machtest / würdest machen
ihr macht ihr machtet / würdet machen
du
kommst
du kämest
ihr kommt ihr kämet
Nach der Auffassung vieler Autoren hängt der Modusgebrauch von der
beabsichtigten Sprechintention ab. Der Indikativ wird verwendet, wenn "der Sprecher die
wiedergegebene Aussage nicht bezweifelt, sondern für richtig hält" (Hall, K. / Scheiner,
B., 1995: 120). Man gebraucht ihn also, wenn man derselben Meinung ist.
Den Konjunktiv I verwendet man, wenn der Sprecher den Sachverhalt lediglich als
indirekte Rede und Meinung eines anderen kennzeichnet. "Der Konjunktiv macht hier
deutlich, dass es sich um eine fremde Äußerung handelt, für deren Inhalt man nicht
einstehen will" (Schulz, D. / Griesbach, H., 1960: 55). Mit Hilfe vom Konjunktiv I betont
man, dass eine andere Person die Verantwortung für das Gesagte trägt, dass man die Rolle
des neutralen Beobachters spielt und den Text nicht zu seinem eigenen machen möchte.
Eine Konjunktiv-II-Form kann darauf hinweisen, dass "der Sprecher die Richtigkeit
der Aussage bezweifelt" (Hall, K. / Scheiner, B., 1995: 120). "Man will sich vom Gesagten
distanzieren" (Rug, W. / Tomaszewski, A., 1993: 148).
Nach
Luszczyk, Szulc und Wawrzyniak kann man mit Hilfe des Konjunktivs neben
der Zustimmung, Neutralität und Distanz noch die Wahrscheinlichkeit des Geschehens
ausdrücken. Wenn sich der Satz auf die Vergangenheit bezieht, dient dazu der Konditional
II, und beim Bezug auf die Gegenwart oder Zukunft: Indikativ Futur I, Konjunktiv Futur I
oder Konditional I (vgl. Luszczyk, S. / Szulc, A. / Wawrzyniak, Z., 1990: 34):

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2004
ISBN (eBook)
9783832496616
ISBN (Paperback)
9783838696614
Dateigröße
4.5 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Uniwersytet Kazimierza Wielkiego – Germanische Philologie
Note
1,0
Schlagworte
konjunktiv redeerwähnung studie untersuchung
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Titel: Aktuelle Untersuchungen zum Modusgebrauch in der indirekten Rede
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