Die Bilanzierung von Mezzanine Kapital nach internationaler Rechnungslegung
©2006
Diplomarbeit
91 Seiten
Zusammenfassung
Inhaltsangabe:Problemstellung:
Die Finanzierung der Unternehmen unterlag in der Vergangenheit einem starken Wandel. Neben den klassischen Formen von Eigen- und Fremdfinanzierung kamen zahlreiche Mischformen auf den Markt und erfreuen sich großer Beliebtheit.
Unter dem Begriff Mezzanine-Kapital werden alle Finanzierungsformen zusammengefasst, die sich im Grenzbereich zwischen dem Eigen- und Fremdkapital ansiedeln. Im Rahmen der Einführung von Basel II und der mangelnden Eigenkapitalausstattung deutscher Unternehmen, gewinnt Mezzanine-Kapital immer mehr an Bedeutung.
Bei der Bilanzierung von mezzaninen Finanzinstrumenten stellt sich insbesondere aufgrund der vielfältigen Erscheinungs- und Ausgestaltungsformen die Frage, wo und wie diese Instrumente auszuweisen sind sowie welche bilanziellen Konsequenzen sich daraus ergeben. Entscheidend ist, dass Bilanzierungsregeln die Vermittlung eines den tatsächlichen Verhältnissen entsprechenden Bildes der Vermögens-, Finanzlage- und Ertragslage gewährleisten. Allerdings unterscheiden sich die Jahresabschlusszwecke und die davon geprägten Abgrenzungsregeln nach HGB und IAS/IFRS. Als übergeordnetes Ziel des IAS/IFRS- Abschlusses gilt das Prinzip der Entscheidungsnützlichkeit, während der HGB- Abschluss vom Gläubigerschutz geprägt ist bzw. einen Kompromiss unterschiedlicher Instrumente widerspiegelt.
Obwohl bilanziell eine eindeutige Zuordnung gefordert wird, lassen sich hybride Finanzierungsformen oft nicht ohne weiteres in die Kategorie Eigen- oder Fremdkapital einordnen, da sie nicht den gesetzestypischen Merkmalen entsprechen.
In der handelsrechtlichen Rechnungslegung wurde bis zur Veröffentlichung einer Leitlinie des IDW viel diskutiert, welche Merkmale für einen Eigenkapitalausweis zu erfüllen sind. Um der Forderung nach ausreichender Haftungsqualität gerecht zu werden, müssen die Merkmale Nachrangigkeit, Erfolgsabhängigkeit, Verlustteilnahme sowie langfristige Kapitalüberlassung kumulativ erfüllt sein.
Während das deutsche Recht für einen Einkapitalausweis die Erfüllung eines mehrdimensionalen Kriterienkataloges fordert, ist in der IAS/IFRS Rechnungslegung die Erfüllung nur eines Kriteriums maßgebend- der dauerhafte Verbleib des Kapitals im Unternehmen. Entscheidend ist, ob ein vertragliches Rückforderungsrecht bzw. eine Verpflichtung zur Lieferung von flüssigen Mitteln oder anderen Vermögenswerten besteht. Dabei steht der tatsächliche wirtschaftliche Gehalt und nicht allein die rechtliche Gestaltung […]
Die Finanzierung der Unternehmen unterlag in der Vergangenheit einem starken Wandel. Neben den klassischen Formen von Eigen- und Fremdfinanzierung kamen zahlreiche Mischformen auf den Markt und erfreuen sich großer Beliebtheit.
Unter dem Begriff Mezzanine-Kapital werden alle Finanzierungsformen zusammengefasst, die sich im Grenzbereich zwischen dem Eigen- und Fremdkapital ansiedeln. Im Rahmen der Einführung von Basel II und der mangelnden Eigenkapitalausstattung deutscher Unternehmen, gewinnt Mezzanine-Kapital immer mehr an Bedeutung.
Bei der Bilanzierung von mezzaninen Finanzinstrumenten stellt sich insbesondere aufgrund der vielfältigen Erscheinungs- und Ausgestaltungsformen die Frage, wo und wie diese Instrumente auszuweisen sind sowie welche bilanziellen Konsequenzen sich daraus ergeben. Entscheidend ist, dass Bilanzierungsregeln die Vermittlung eines den tatsächlichen Verhältnissen entsprechenden Bildes der Vermögens-, Finanzlage- und Ertragslage gewährleisten. Allerdings unterscheiden sich die Jahresabschlusszwecke und die davon geprägten Abgrenzungsregeln nach HGB und IAS/IFRS. Als übergeordnetes Ziel des IAS/IFRS- Abschlusses gilt das Prinzip der Entscheidungsnützlichkeit, während der HGB- Abschluss vom Gläubigerschutz geprägt ist bzw. einen Kompromiss unterschiedlicher Instrumente widerspiegelt.
Obwohl bilanziell eine eindeutige Zuordnung gefordert wird, lassen sich hybride Finanzierungsformen oft nicht ohne weiteres in die Kategorie Eigen- oder Fremdkapital einordnen, da sie nicht den gesetzestypischen Merkmalen entsprechen.
In der handelsrechtlichen Rechnungslegung wurde bis zur Veröffentlichung einer Leitlinie des IDW viel diskutiert, welche Merkmale für einen Eigenkapitalausweis zu erfüllen sind. Um der Forderung nach ausreichender Haftungsqualität gerecht zu werden, müssen die Merkmale Nachrangigkeit, Erfolgsabhängigkeit, Verlustteilnahme sowie langfristige Kapitalüberlassung kumulativ erfüllt sein.
Während das deutsche Recht für einen Einkapitalausweis die Erfüllung eines mehrdimensionalen Kriterienkataloges fordert, ist in der IAS/IFRS Rechnungslegung die Erfüllung nur eines Kriteriums maßgebend- der dauerhafte Verbleib des Kapitals im Unternehmen. Entscheidend ist, ob ein vertragliches Rückforderungsrecht bzw. eine Verpflichtung zur Lieferung von flüssigen Mitteln oder anderen Vermögenswerten besteht. Dabei steht der tatsächliche wirtschaftliche Gehalt und nicht allein die rechtliche Gestaltung […]
Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
2
Inhaltsverzeichnis
Seite
1.
Problemstellung
7
2.
Mezzanine-Kapital
10
2.1. Begriffsklärung
10
2.2. Mezzanine Finanzierungsinstrumente
11
2.3. Untergruppierung
12
2.4. Merkmale von Mezzanine- Kapital
12
3.
Die Abgrenzung von Eigen- und Fremdkapital
13
3.1. Arten der Kapitalabgrenzung
13
3.1.1.
Formelle Kapitalabgrenzung
13
3.1.2.
Funktionale Abgrenzung
14
3.2. Ziel des Jahresabschlusses nach HGB
15
3.3. Definitionen
15
3.3.1.
Finanzinstrumente nach HGB
15
3.3.2.
Eigenkapital nach HGB
16
3.3.3.
Fremdkapital nach HGB
16
3.4. Kapitalabgrenzung nach HGB
16
3.5. Aufgabe des Eigenkapitals nach HGB
17
3.6. Eigenkapitalkriterien in der handelsrechtlichen Rechnungslegung 17
3.6.1.
Herleitung der Eigenkapitalkriterien
17
3.6.1.1.Nachrangigkeit
18
3.6.1.1.1.
Begründung der Notwendigkeit des Kriteriums 18
3.6.1.1.2.
Rangrücktrittvereinbarung
19
3.6.1.1.3.
Forderungsverzicht mit Besserungsabrede
19
3.6.1.2. Nachhaltigkeit
20
3.6.1.2.1.
Begründung der Notwendigkeit des Kriteriums 20
3.6.1.2.2.
Auslegung der Nachhaltigkeit
21
3.6.1.3. Erfolgsabhängige Vergütung
22
3.6.1.4. Verlustteilnahme
23
3.7. Ziel des Jahresabschlusses nach IAS/IFRS
23
3
3.8. Definitionen
24
3.8.1.
Finanzinstrumente nach IAS/IFRS
24
3.8.2.
Eigenkapital nach IAS/IFRS
25
3.8.3.
Fremdkapital nach IAS/IFRS
25
3.9. Kapitalabgrenzung nach IAS/IFRS
26
3.10.
Aufgabe des Eigenkapitals nach IAS/IFRS
26
3.11.
Abgrenzungskriterien nach IAS/IFRS
26
3.11.1.
Befristete Kapitalüberlassung
26
3.11.2.
Faktische Verpflichtungen
27
3.11.3.
Bedingte Erfüllungsvereinbarungen
27
3.11.4.
Bedingtes Kündigungsrecht
28
3.11.5.
Erfüllungswahlrechte
29
3.11.6.
Erfüllung in eigenen Aktien
29
3.11.7.
Vergütungszahlung
29
4.
Die Bilanzierung von Mezzanine- Kapital in Form von Hybriden 30
4.1. Allgemeine Darstellung
30
4.2. Debt- Mezzanine: Das Nachrangdarlehen
31
4.2.1.
Charakterisierung
31
4.2.2.
Bilanzierung eines Nachrangdarlehens nach HGB
32
4.2.2.1. Ansatz und Ausweis
32
4.2.2.2. Bewertung
32
4.2.2.3. Gewinn und Verlustrechnung
32
4.2.2.4. Anhang
32
4.2.3.
Bilanzierung eines Nachrangdarlehens nach IAS/IFRS
33
4.2.3.1. Ansatz und Ausweis
33
4.2.3.2. Bewertung
33
4.2.3.3. Gewinn und Verlustrechnung
33
4.2.3.4. Anhang
34
4.3. Equity- Mezzanine: Die stille Gesellschaft
34
4.3.1.
Charakterisierung
34
4.3.2.
Die typisch stille Gesellschaft
34
4.3.3.
Die atypische stille Gesellschaft
35
4.3.4.
Bilanzierung einer stillen Gesellschaft nach HGB
36
4
4.3.4.1. Ansatz und Ausweis
36
4.3.4.2. Bewertung: Ziel des Jahresabschlusses nach HGB erfüllt? 38
4.3.4.3. Bewertung
38
4.3.4.4. Gewinn und Verlustrechnung
39
4.3.4.5. Anhang
39
4.3.5.
Bilanzierung einer stillen Gesellschaft nach IAS/IFRS
40
4.3.5.1. Ansatz und Ausweis
40
4.3.5.2. Bewertung: Ziel des Jahresabschlusses nach
IAS/IFRS erfüllt?
40
4.3.5.3. Kritik am Kriterium der dauerhaften Kapitalüberlassung 41
4.3.5.4. Die Haftungsfunktion des Eigenkapitals
42
4.3.5.5. Bewertung
44
4.3.5.6. Gewinn und Verlustrechnung
44
4.3.5.7. Anhang
45
5.
Zusammengesetzte Finanzinstrumente
45
5.1. Begriffsbestimmung
45
5.2. Definitionen
46
5.2.1.
Derivate
46
5.2.2.
Eingebettete derivative Finanzierungsinstrumente
46
5.3. Trennungspflicht nach deutscher Rechnungslegung
47
5.4. Trennungspflicht nach IAS/IFRS
48
5.5. Kriterien der Trennungspflicht erfüllt
50
5.5.1.
Konzept des Split accounting
50
5.5.2.
Methode der Restwertzuweisung
50
5.5.3.
Mehrere eingebettete Derivate
51
5.5.4.
Wert nicht bestimmbar
52
5.5.5.
Freiwillige Bilanzierung als ein Produkt
52
5.6. Kriterien für eine Trennungspflicht nicht erfüllt
53
5.7. Options- und Wandelanleihe
53
5.7.1.
Charakterisierung
53
5.7.2.
Bilanzierung einer Wandel-/Optionsanleihe nach HGB
54
5
5.7.2.1. Ansatz und Ausweis
54
5.7.2.2. Kritische Hinterfragung der Trennungspflicht
nach HGB
55
5.7.2.3. Bewertung
56
5.7.2.4. Gewinn und Verlustrechnung
56
5.7.2.5. Anhang
56
5.7.3.
Bilanzierung einer Wandel-/Optionsanleihe nach IAS/IFRS 56
5.7.3.1. Ansatz und Ausweis
56
5.7.3.2. Kritische Hinterfragung der Trennungspflicht
nach IAS/IFRS
58
5.7.3.3. Bewertung
58
5.7.3.4. Gewinn und Verlustrechnung
59
5.7.3.5. Anhang
59
6.
Vorschläge zur verbesserten Darstellung von Hybriden
in der Bilanz
60
6.1.
Erweiterung des Bilanzgliederungsschema
60
6.1.1.
Überblick
60
6.1.2.
Pro Sonderposten
60
6.1.3.
Keine Rechtfertigung für einen Sonderposten im Handelsrecht 63
6.1.4.
Keine Rechtfertigung für den Ausweis eines Sonderpostens
nach IAS/IFRS
64
6.1.5.
Beurteilung des Sonderpostens
65
6.2.
Der mehrdimensionale Ansatz
65
6.2.1.
Darstellung des Ansatzes
65
6.2.2.
Eigenkapitalausweis bei befristete Kapitalüberlassung
67
6.2.3.
Auswirkungen in der Praxis
68
6.2.4.
Der Mehrdimensionale Ansatz des FASB
69
6.2.5.
Eigene Bewertung
70
7.
Thesenförmige Zusammenfassung
70
6
Literaturverzeichnis
72
Quellenverzeichnis
84
Anhang
Equity- Mezzanine: Der Genussschein
86
a.
Charakterisierung
86
b.
Die Bilanzierung von Genussscheinen
87
c.
Anmerkung zur bilanziellen Behandlung der Vergütung
nach HGB
89
d.
Anmerkung zum Ansatz nach IAS/IFRS
90
e.
Ziel des Jahresabschlusses erfüllt?
90
7
1.
Problemstellung
Die Finanzierung der Unternehmen unterlag in der Vergangenheit einem starken
Wandel. Neben den klassischen Formen von Eigen- und Fremdfinanzierung ka-
men zahlreiche Mischformen auf den Markt und erfreuen sich großer Beliebtheit.
1
Unter dem Begriff Mezzanine-Kapital werden alle Finanzierungsformen zusam-
mengefasst, die sich im Grenzbereich zwischen dem Eigen- und Fremdkapital
ansiedeln.
2
Im Rahmen der Einführung von Basel II und der mangelnden Eigen-
kapitalausstattung deutscher Unternehmen, gewinnt Mezzanine-Kapital immer
mehr an Bedeutung.
3
Bei der Bilanzierung von mezzaninen Finanzinstrumenten stellt sich insbesondere
aufgrund der vielfältigen Erscheinungs- und Ausgestaltungsformen die Frage, wo
und wie diese Instrumente auszuweisen sind sowie welche bilanziellen Konse-
quenzen sich daraus ergeben.
4
Entscheidend ist, dass Bilanzierungsregeln die
Vermittlung eines den tatsächlichen Verhältnissen entsprechenden Bildes der
Vermögens-, Finanzlage- und Ertragslage gewährleisten. Allerdings unterscheiden
sich die Jahresabschlusszwecke und die davon geprägten Abgrenzungsregeln nach
HGB und IAS/IFRS. Als übergeordnetes Ziel des IAS/IFRS- Abschlusses gilt das
Prinzip der Entscheidungsnützlichkeit,
5
während der HGB- Abschluss vom Gläu-
bigerschutz geprägt ist bzw. einen Kompromiss unterschiedlicher Instrumente
widerspiegelt.
Obwohl bilanziell eine eindeutige Zuordnung gefordert wird, lassen sich hybride
Finanzierungsformen oft nicht ohne weiteres in die Kategorie Eigen- oder Fremd-
kapital einordnen, da sie nicht den gesetzestypischen Merkmalen entsprechen.
6
In der handelsrechtlichen Rechnungslegung wurde bis zur Veröffentlichung einer
,,Leitlinie" des IDW
7
viel diskutiert, welche Merkmale für einen Eigenkapital-
ausweis zu erfüllen sind. Um der Forderung nach ausreichender Haftungsqualität
gerecht zu werden, müssen die Merkmale Nachrangigkeit, Erfolgsabhängigkeit,
Verlustteilnahme sowie langfristige Kapitalüberlassung kumulativ erfüllt sein.
8
1
Vgl. Volk (2003), S.1224.
2
Vgl. Werner (2004), S.13.
3
Vgl. Küting/Dürr (2005a), S.938; Schaber/Kuhn/Eichhorn (2004), S.315.
4
Vgl. Baetge/Kirsch/Thiele (2005), S.513f.
5
Vgl. Brüggemann/Lühn/Siegel (2004b), S.389.
6
Vgl. Häger/Elkemann-Reusch (2004), S.155.
7
Vgl. IDW (1994), S.419ff.
8
Vgl. IDW (1994), S.420.
8
Während das deutsche Recht für einen Einkapitalausweis die Erfüllung eines
mehrdimensionalen Kriterienkataloges fordert, ist in der IAS/IFRS Rechnungsle-
gung die Erfüllung nur eines Kriteriums maßgebend- der dauerhafte Verbleib des
Kapitals im Unternehmen.
9
Entscheidend ist, ob ein vertragliches Rückforde-
rungsrecht bzw. eine Verpflichtung zur Lieferung von flüssigen Mitteln oder an-
deren Vermögenswerten besteht.
10
Dabei steht der tatsächliche wirtschaftliche
Gehalt und nicht allein die rechtliche Gestaltung der Finanzinstrumente im Mit-
telpunkt.
11
Die Abgrenzungskriterien werden in der Literatur viel diskutiert. Es wird vor al-
lem bemängelt, dass aufgrund der konsequenten Regelung Hybride häufiger als
früher im Fremdkapital ausgewiesen werden müssen
12
und so der wahre Charakter
mit seiner temporären Haftungsübernahme in der Bilanz verborgen bleibt.
13
Mezzanine-Kapital trifft auch in Form von zusammengesetzten Finanzinstrumen-
ten auf. Diese Instrumente müssen internationaler nach Rechnungslegung auf ihre
Trennungspflicht hin geprüft werden.
14
Nach Handelsrecht hat ebenfalls eine Prü-
fung auf eine Aufspaltung zu erfolgen.
15
Im Kern geht es stets um die Frage, ob
das Instrument ganzheitlich zu bilanzieren oder in seine Komponenten aufzuspal-
ten ist.
16
Aufgrund der Komplexität ist das Kernproblem bei dieser Art von In-
strumenten eine einwandfreie Identifizierung der eingebetteten Derivate. Fraglich
ist, inwieweit die geforderte Aufspaltung bei Erfüllung der Trennungskriterien
generell sinnvoll ist, so dass eine Zerlegung zum gewünschten Ziel eines besseren
Einblicks in die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage führt.
17
Ziel der Arbeit ist, Bewertungsprobleme aufzuzeigen und in einer kritischen Ana-
lyse zu untersuchen, ob die gegebenen Bewertungs- und Bilanzierungsmethoden
ihrem Jahresabschlussziel, dem Bilanzleser geeignete Informationen über die Fi-
nanzinstrumente zu vermitteln, gerecht werden.
Im folgenden zweiten Kapital wird der Begriff des Mezzanine-Kapitals er-
läutert und aufgezeigt, welche Finanzinstrumente unter dem Begriff subsumiert
9
Vgl. Isert/Schaber (2005d), S.2050; Rammert/Meurer (2006), S.1.
10
Vgl. IAS 32.17.
11
Vgl. Bellavite-Hövermann/Menn/Viethen (2005); Heintges/Härle (2005), S.177; IAS 32 Rz 43.
12
Vgl. Breker/Harrison/Schmidt (2005), S.479; Isert/Schaber (2005b), S.310.
13
Vgl. Brüggemann/Lühn/Siegel (2004b), S.391f.
14
Vgl. Hachmeister (2006), S.64; Kuhn (2005), S.1346.
15
Vgl. IDW (2001), S.916f
16
Vgl. Eisele/Knobloch (2003), S.751; Hachmeister (2006), S.64.
17
Vgl. Bellavite-Hövermann/Barckow (2005), Rz 39.
9
werden. Dabei können allgemein zwei Gruppen von Finanzinstrumenten unter-
schieden werden. Zum einen treten sie in Form von Hybriden auf, zum anderen
als zusammengesetzte bzw. strukturierte Finanzinstrumente.
Das sich anschließende Kapitel beschäftigt sich mit der Abgrenzung von Eigen-
und Fremdkapital nach handelsrechtlichter sowie internationaler Rechnungsle-
gung (IFRS). Den Ausgangspunkt stellt die idealtypische Kapitalabgrenzung dar.
Allerdings kann diese nicht auf die bilanzielle Erfassung von hybriden Finanzin-
strumenten angewendet werden, da es bei diesen Instrumenten zu einer Vermi-
schung der idealtypischen Merkmale kommt. Aus den Funktionen des Eigenkapi-
tals können Merkmale abgeleitet werden, anhand derer die Eigenkapitalqualität
von hybriden Finanzinstrumenten gemessen werden kann. Ausgehend von den
unterschiedlichen Zielen, die der Jahresabschluss nach Handelsrecht und IAS/
IFRS erfüllen soll, werden die jeweiligen Abgrenzungskriterien dargestellt, wo-
nach eine Klassifizierung der Instrumente zum Eigen- oder Fremdkapital erfolgt.
Das dritte Kapitel beschäftigt sich mit der bilanziellen Behandlung von hybriden
Finanzinstrumenten. Es werden exemplarisch zwei Finanzanzierungsformen- das
Nachrangdarlehen und die stille Beteiligung- vorgestellt. Der Anhang dieser Ar-
beit enthält eine Darstellung einer weiteren Form mezzaniner Instrumente mit
Eigenkapitalcharakter- dem Genussrecht. Im Zusammenhang mit der Darstellung
der Instrumente wird kritisch hinterfragt, in wie weit die Bilanzierungsmethoden
dem Jahresabschlusszweck gerecht werden und ein den tatsächlichen Verhältnis-
sen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage vermittelt wird.
Mezzanine-Kapital in Form von strukturierten bzw. zusammengesetzten Instru-
menten werden im sich anschließenden vierten Kapitel behandelt. Nach den Re-
geln von HGB und IAS/IFRS müssen strukturierte Finanzinstrumente auf eine
mögliche Trennungspflicht hin geprüft werden, was wiederum Auswirkungen auf
die Darstellung der Finanzinstrumente in der Bilanz hat. Das Kapital stellt die
Bedingungen für eine Trennungspflicht sowie die Folgen, die sich aus einer Tren-
nung ergeben, dar. Den Abschluss des Kapitels bildet die bilanzielle Behandlung
eines Instruments dieser Gruppe - der Wandel-/Optionsanleihe.
Das letzte Kapitel beschäftigt sich mit verschiedenen Lösungsmöglichkeiten, die
in der Literatur zur verbesserten Darstellung hybrider Finanzinstrumente in der
Bilanz diskutiert werden. Diese Vorschläge resultierten aus den problematischen
10
Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden mezzaniner Finanzinstrumente, die so-
wohl nach HGB als auch nach IAS/IFRS bestehen.
2.
Mezzanine- Kapital
2.1. Begriffsklärung
Der Begriff Mezzanine stammt ursprünglich aus dem Italienischen und bezeichnet
in der Architektur das Zwischengeschoss, welches sich zwischen dem Erdge-
schoss und dem ersten Stock befindet.
18
In der Unternehmensfinanzierung nimmt
das Mezzanine- Kapital bilanziell eine Zwischenstellung zwischen dem Eigen-
und dem Fremdkapital ein und wird typischerweise, aber nicht ausschließlich in
Leverage Buy-out- Transaktionen genutzt.
19
Es zeichnet sich regelmäßig dadurch aus, dass dem Unternehmen formalrechtlich
Fremdkapital zugeführt wird, es sich jedoch in materieller Hinsicht um eigenkapi-
talähnliches Kapital handelt.
20
Der Mezzanine Kapitalgeber beteiligt sich somit
nicht direkt am Eigenkapital, sondern stellt lediglich eigenkapitalähnliche Mittel
zur Verfügung.
21
Auch wenn es rechtlich dem Eigen- oder Fremdkapital zugeord-
net werden kann, besitzt es stets auch Merkmale des jeweiligen anderen. Durch
vertragliche Gestaltung lässt sich Eigenkapital schaffen, welches gleichzeitig ö-
konomische Elemente besitzt, die für Fremdkapital typisch sind.
22
Um den Charakter und die Position von Mezzanine- Kapital zu veranschaulichen,
lässt sich auf ein architektonisches Bild zurückgreifen.
23
Die Passivseite einer
Bilanz als Finanzierungsseite stellt dabei ein Haus dar. Das Eigenkapital stellt
wirtschaftlich und rechtlich das Fundament des Hauses dar. Bei Gründung eines
Unternehmens dient es als Grundlage der späteren Geschäftstätigkeit. Bei Schlie-
ßung oder Liquidation wird das Eigenkapital ganz am Ende, nachdem alle Gläu-
biger befriedigt worden sind, ausgezahlt. Während der Geschäftstätigkeit des Un-
ternehmens dient es der Haftung.
Auf das Erdgeschoss kommt im Anschluss das rechtlich besser besicherte Fremd-
kapital, was übertragen auf ein Haus das Obergeschoss darstellt. Das Mezzanine-
Kapital als eine Mischform aus beiden Kapitalformen liegt genau zwischen diesen
18
Vgl. Golland/Gehlhaar/Grossmann/Eickhoff-Kley/Jänisch (2005), S.2; Werner (2004), S.13.
19
Vgl. Dörscher/Hinz (2003), S.606.
20
Vgl. Küting/Dürr (2005a), S.938.
21
Vgl. Nelles/Klusemann (2003), S.6.
22
Vgl. Häger/Elkemann-Reusch (2004), S.22.
23
Beispiel von Müller (2002), S.13f.
11
beiden Geschossen. Blickt man von ,,oben" auf das Haus, wirkt Mezzanine- Ka-
pital wie Fremdkapital, was z.B. durch die eventuell regelmäßigen Zinszahlungen
hervorgerufen wird. Blickt man dagegen von ,,unten", erscheint es dem Eigenka-
pital näher, da es Eigenkapitalkomponenten enthalten kann oder Optionen auf das
Eigenkapital verbrieft.
2.2. Mezzanine Finanzierungsinstrumente
Mezzanine-Kapital ist für sich genommen kein eigenständiges Finanzinstrument,
vielmehr stellt es einen Oberbegriff dar, unter dem eine Vielzahl verschiedener
Hybride subsumiert werden.
24
Es existiert keine allgemeingültige und klar ab-
grenzende Definition. In seiner Funktionsbeschreibung stellt es einen Sammelbe-
griff für gemischte Finanzierungsinstrumente dar, die zwischen reinem Eigen- und
Fremdkapital einzuordnen sind.
25
In diesem Sinne bezeichnet es eine Vielzahl von
(hybriden) Finanzierungsinstrumenten, die in einer Bandbreite von nicht vorran-
gig besicherten Fremdkapital und nicht voll stimmberechtigten Eigenkapital lie-
gen.
26
Somit wird Mezzanine- Kapital auf der einen Seite von einem unbesicher-
ten, aber nicht nachrangigen Darlehen, und auf der anderen Seite von einer stimm-
rechtslosen Vorzugsaktie begrenzt.
27
Neben Kombinationen von nachrangig besi-
cherten Darlehen mit einem Equity- Kicker (Bezug von Unternehmensanteilen)
finden sich unter dem Begriff auch schon länger bekannte Finanzinstrumente.
28
Bewegt man sich nun vom äußeren Kreis zur Mitte hin, trifft man dort auf das
Mezzanine- Kapital im engeren Sinne, welches u.a. Wandelanleihen, Genuss-
scheine, stille Beteiligungen und nachrangige Darlehen beinhaltet.
29
Das unbesicherte nachrangige Darlehen steht dem klassischen Fremdkapital am
nächsten,
30
jedoch trägt der Kapitalgeber aufgrund fehlender Sicherheiten ein hö-
heres Ausfallrisiko bzw. ist in stärkerem Maße von zukünftigen Cash Flows ab-
hängig.
31
Da das Risiko einer solchen Investition für den Kapitalgeber höher ist
als bei erstrangig gesicherten Darlehen, ist die Verzinsung auch entsprechend hö-
her. Hinreichend hohe und wachsende Cash Flows im Planungszeitraum sind die
24
Vgl. Hollasch (2004), S.60; Volk (2003), S.1225.
25
Vgl. Jänisch/Moran/Waibel (2002), S.2451; Küting/Dürr (2005b), S.1531.
26
Vgl. Bock (2005), S.1067.
27
Vgl. Dörscher/Hinz (2003), S.606.
28
Vgl. Bock (2005), S.1067.
29
Vgl. Bock (2005). S.1067.
30
Vgl. Nelles/Klusemann (2003), S.7.
31
Vgl. Dörscher/Hinz (2003), S.606.
12
Voraussetzung, um die erforderliche risikoadäquate Verzinsung zu erreichen.
32
Oft enthält der Zinssatz neben der festen Verzinsung eine variable, erfolgsabhän-
gige Vergütung.
33
Die stimmrechtslose Vorzugsaktie gehört ebenfalls zur Gruppe des Mezzanine-
Kapitals. Dem Inhaber werden bestimmte Vorrechte gegenüber dem Stammaktio-
nären eingeräumt, dafür verzichten sie auf ihr Stimmrecht. Dadurch ist es den
ausgebenden Unternehmen möglich, Eigenkapital zu erwerben ohne die Stimm-
rechtsverhältnisse der Gesellschaft zu verändern.
34
2.3. Untergruppierung
Bei der ersten Gruppe von Mezzanine- Kapital in Form von Hybriden können
prinzipiell zwei Ausprägungen unterschieden werden, wobei die Unterteilung auf
dem vorherrschenden Kapitalcharakter des jeweiligen Instruments basiert.
35
Ent-
scheidend ist die Ausgestaltungsform. Das Kapital kann eher fremdkapitalnahe
ausgestalten sein, wie z.B. ein Nachrangdarlehen mit fester laufender Verzinsung.
Diese Form wird auch ,,Debt Mezzanine" genannt. Zum anderen können die Fi-
nanzierungsinstrumente auch so gestaltet werden, dass sie dem Eigenkapital ähn-
lich sind und als ,,Equity Mezzanine" bezeichnet werden.
36
Eine zweite Gruppe bilden Finanzinstrumente, die aus Eigen- und Fremdkapital-
bestandteilen zusammengesetzt werden, wie z.B. die Wandel-/Optionsanleihe.
37
Die Zuordnung zu den Gruppen hängt vom individuellen Design des Mezzaninen
Finanzierungsinstrumentes ab.
38
Debt- Mezzanine kann zwar wirtschaftlich be-
trachtet durch verschiedene Ausprägungsformen eigenkapitalähnlich sein, wird
aber dennoch bilanziell wie Fremdkapital behandelt.
39
Equity- Mezzanine kann
wirtschaftlich sowie auch bilanziell Eigenkapital darstellen.
2.4. Merkmale von Mezzanine-Kapital
Bei Mezzanine- Kapital handelt es sich um Kapital, welches nicht von Gesell-
schafterseite eingebracht wird, dennoch ist es mehr oder weniger mit eigenkapi-
32
Vgl. Dörscher/Hinz (2003), S.609.
33
Vgl. Schildbach (2005), S.178.
34
Vgl. Dörscher/Hinz (2003), S.606.
35
Vgl. Link (2002), S.15.
36
Vgl. Golland/Gehlhaar/Grossmann/Eickhoff-Kley/Jänisch (2005), S.2.
37
Vgl. Brüggemann/Lühn/Siegel (2004a), S.342.
38
Vgl. Müller (2002), S.22.
39
Vgl. Werner (2004), S.13.
13
talähnlichen Merkmalen ausgestattet.
40
In der Praxis ist Mezzanine- Kapital ge-
kennzeichnet durch Merkmale wie Nachrangigkeit gegenüber anderen Gläubigern
(Haftungs- und Risikofinanzierungsfunktion), Vorrangigkeit vor den ,,echten"
Eigenkapitalgebern", zeitliche Befristung der Kapitalüberlassung und Flexibilität
und Vielseitigkeit bei der Ausgestaltung der Vertragskonditionen.
41
Die Rendite mezzaniner Finanzinstrumente kann sich aus zwei Komponenten-
einem festen Zinssatz und einer erfolgsabhängigen Komponente- zusammenset-
zen, was den Doppelcharakter des Mezzanine- Kapitals hervorhebt.
42
Dadurch
partizipiert der Kapitalgeber stärker am Gewinn und Verlust des Unternehmens.
3.
Die Abgrenzung von Eigen- und Fremdkapital
3.1. Arten der Kapitalabgrenzung
3.1.1.
Formelle Kapitalabgrenzung
Ziel der Bilanz ist es, die Leistungs- und Finanzwirtschaftsfähigkeit des Unter-
nehmens abzubilden. Bestimmte Abbildungsregeln definieren, was in der Bilanz
wo zu erfassen ist.
43
Eine Abgrenzung von Eigen- und Fremdkapital ist unprob-
lematisch, solange die Finanzinstrumente den idealtypischen Charakteristiken von
Eigen- oder Fremdkapital entsprechen.
Der formelle Ansatz versucht aufgrund typisierender Merkmale Eigen- und
Fremdkapital gegeneinander abzugrenzen.
44
Dabei werden die verschiedenen
Ausprägungen dem jeweiligen Kapital zugeordnet.
Idealtypisch stellt sich eine Abgrenzung durch unterschiedliche Rechtstellungen
der Investoren dar, die ihren Ausdruck in verschiedenen Rechten und Pflichten
wieder findet.
45
Für Fremdkapitalgeber bedeutet das z.B. Vergütungs- und Rück-
zahlungsanspruch. Eigenkapitalgeber stellen Kapital unbefristet zur Verfügung
und haben dafür Eigentümerrechte wie z.B. Informationsrecht, Anspruch auf
Teilhabe am Gewinn und Liquidationserlös.
46
40
Vgl. Häger/Elkemann-Reusch (2004), S.22.
41
Vgl. Golland/Gehlhaar/Grossmann/Eickhoff-Kley/Jänisch (2005), S.2; Nelles/Klusemann
(2003), S.6f.
42
Vgl. Link (2002), S.16.
43
Vgl. Leuschner/Weller (2005), S.262.
44
Vgl. Leuschner/Weller (2005), S.262.
45
Vgl. Thiele (1998), S.35.
46
Vgl. Küting/Dürr (2005b), S.1529.
14
In der Literatur werden die folgenden idealtypischen Abgrenzungskriterien für
Eigen- und Fremdkapital genannt.
47
Eigenkapital
Fremdkapital
Ertragsanteil
erfolgsabhängiger Auszahlungs-
anspruch
fester Anspruch, auch im
Verlustfall
Vermögensrecht Quotenanspruch, bei Liquidation
oder Kündigung Restbetragsan-
spruch
Nominalanspruch
Teilhaberrecht
unterschiedliche Ausprägungen,
ähnlich wie bei Mitgliedschaft
(Stimm- und Informationsrecht)
kein Teilhaberrecht
Haftungspflicht beschränkte oder unbeschränkt
keine Haftung
Befristung
unbefristet
befristet
3.1.2.
Funktionale Abgrenzung
In der Praxis gibt es allerdings zahlreiche Finanzierungsformen, die nicht den ide-
altypischen Abgrenzungen entsprechen, sondern Merkmale aus beiden Kapital-
formen verbinden, so z.B. hybride Finanzinstrumente. Aufgrund der Vermischung
ist deren Zuordnung zum Eigen- oder Fremdkapital erschwert. Um sie klassifizie-
ren zu können, sind nicht allein die rechtlichen Formen des Vertrages maßgeblich,
sondern deren wirtschaftlicher Gehalt.
48
Ein Instrument kann rechtlich Eigenkapi-
tal darstellen, obwohl es sich wirtschaftlich um Fremdkapital handelt.
49
Mezzanine- Finanzierungen, die zwar Eigenkapitalelemente aufweisen, aber auf
schuldrechtlicher Kapitalzuführung beruhen, gelten nicht als Eigenkapital.
50
Weitere Unterschiede bei der Abgrenzung entstehen dadurch, dass nationale und
internationale Rechnungslegungssysteme verschiedene Zielsetzungen mit ihren
Systemen verfolgen, wodurch sich zwangsläufig Unterschiede in der Zuordnung
zum Eigen- oder Fremdkapital ergeben.
51
47
Vgl. Breker/Harrison/Schmidt (2005), S.477; Häger/Elkemann-Reusch (2004), S.155; Hense
(1990), S.184; Leuschner/Weller (2005), S.263; Vormbaum (1995), S.37f.
48
Vgl. IAS 32.18.
49
Vgl. Bellavite-Hövermann/Menn/Viethen (2005), IAS 32 Rz 43.
50
Vgl. Lüdenbach (2005), §20 Rz 6.
51
Vgl. Häger/Elkemann-Reusch (2004), S.155.
15
3.2.
Ziel des Jahresabschlusses nach HGB
Der Jahresabschluss ist ein Rechnungslegungsinstrument und hat Einfluss auf
Entscheidungen der Bilanzleser, wobei der Schutz der Anteilseigner und Gläubi-
ger des Unternehmens an erster Stelle steht.
52
Die Aufgabe des Jahresabschlusses ist es, unter Betrachtung der Grundsätze ord-
nungsmäßiger Buchführung ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes
Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage zu vermitteln.
53
§ 242 HGB legt
fest, dass am Ende jedes Geschäftsjahres eine Gegenüberstellung der Aufwendun-
gen und Erträge erstellt sowie das Verhältnis seines Vermögens und seiner Schul-
den dargestellt werden muss.
54
Die Gewinn- und Vermögensermittlung haben
Ausschüttungsbemessungsfunktion.
55
Der Jahresabschluss dient dem Zweck der Dokumentation, der Rechenschaft und
der Kapitalerhaltung.
56
Die Dokumentation bildet die Basis für die anderen Jah-
resabschlusszwecke und verlangt alle Geschäftsvorfälle übersichtlich, vollständig
und nachvollziehbar aufzuzeichnen.
57
Die Rechenschaftsfunktion legt Herr-
schafts- und Abhängigkeitsverhältnisse offen und gibt so Einblicke in die Ge-
schäftstätigkeit. Die Kapitalerhaltung dient dem Ziel der ,,Sicherung der Ver-
dienstquelle". Dies korrespondiert mit den Zielen der Anteilseigner und Gläubi-
ger, für die der Jahresabschluss als Bemessungsgrundlage für Ausschüttungen
dient.
58
Bei den gesetzlichen Vorschriften über die handelsrechtliche Rechnungslegung ist
zwischen den GoB und den speziellen Rechnungslegungsvorschriften zu unter-
scheiden. Die GoB regeln die grundlegenden Prinzipien, die nicht nur für speziel-
le Sachverhalte gelten, sondern allgemein gültig sind.
59
3.3.
Definitionen
3.3.1.
Finanzinstrumente nach HGB
Erstmals wurde der Begriff ,,Finanzinstrumente" im Bereich der deutschen Rech-
nungslegung durch §340c Abs.1 Satz 1 HGB im Rahmen der Umsetzung der EG-
52
Vgl. Bähr (2003), S.200f; Böcking (1994), S.28.
53
Vgl. Brüggemann/Lühn/Siegel (2004a), S.346; Singer (1991), S.103.
54
Vgl. Bähr (2003), S.199; Singer (1991), S.99.
55
Vgl. Moxter (1986), S.17.
56
Vgl. Leffson (1987), S.41-112 sowie Erläuterung; Moxter (1986), S.16-18.
57
Vgl. Baetge/Kirsch/Thiele (2005), S.95; Brüggemann/Lühn/Siegel (2004a), S.346.
58
Vgl. Brüggemann/Lühn/Siegel (2004a), S.346.
59
Ausführliche Erläuterung bei Ballwieser (1999), B 105.
16
Bankbilanz Richtlinie in nationales Recht eingeführt.
60
Allerdings enthält weder
der Paragraph eine Definition, noch existiert eine gesetzliche Vorschrift zur bilan-
ziellen Behandlung von Finanzinstrumenten. Seither äußert sich der IDW regel-
mäßig zu bestimmten Fragen der Rechnungslegung.
3.3.2.
Eigenkapital nach HGB
Nach HGB existiert keine einheitliche Legaldefinition des Eigenkapitals. Eigen-
kapital ergibt sich im Zusammenhang von §242 Abs.1 Satz 1 HGB mit §247
Abs.1 HGB als Saldo von Vermögensgegenständen und anderen Aktiva abzüglich
der Schulden.
61
3.3.3.
Fremdkapital nach HGB
Der bilanzielle Schuldbegriff ist nicht gesetzliche definiert, sondern wird durch
die GoB bestimmt. Im Sinne des Bilanzrechts handelt es sich dabei um einen O-
berbegriff für Verbindlichkeiten und Rückstellungen.
62
Eine Schuld ist demnach
zu passivieren, wenn eine rechtlich oder wirtschaftlich quantifizierbare Verpflich-
tung besteht, aus der eine wirtschaftliche Belastung resultiert.
63
3.4.
Kapitalabgrenzung nach HGB
Auf der Passivseite sind gemäß §247 Abs.1 HGB Eigenkapital, Schulden und
Rechnungsabgrenzungsposten eines Unternehmens in gesonderten Posten aufzu-
führen.
64
Der Gesetzgeber subsumiert alle Passivposten als Schulden, die nicht
Eigenkapital sind. Eine eindeutige Abgrenzung wird als gegeben hingenommen.
Die Vermögenslage, welche darüber informiert wie reich das Unternehmen ist,
hängt somit von der richtigen und vollständigen Erfassung bzw. der zutreffenden
Zuordnung der Vermögensgegenstände und Schulden ab.
65
Allerdings finden sich
im HGB keine speziellen Vorschriften zur Regelung der Abgrenzung des Eigen-
kapitals von anderen Passiva. Ebenfalls fehlt eine klare Zweiteilung der Finanzin-
strumente in Eigen- und Fremdkapital.
60
Vgl. Hayn/Graf Waldersee (2004), S.139.
61
Vgl. Adler/Düring/Schmaltz (1997), §246 Rz 79; Hense (1990), S.181; Müller (1995), S.448.
62
Vgl. Adler/Düring/Schmaltz (1997), §246 Rz 102.
63
Vgl. Baetge/Kirsch/Thiele (2005), S.168.
64
Vgl. Thiele (1998). S.77.
65
Vgl. Müller (1995), S.447.
17
3.5.
Aufgabe des Eigenkapitals nach HGB
Die folgenden fünf Funktionen erfüllt das gezeichnete Eigenkapital:
66
Arbeits-
und Kontinuitätsfunktion, Haftungsfunktion, Verlustausgleichsfunktion, Gewinn-
beteiligungsfunktion sowie Geschäftsführungsfunktion.
Die Kontinuitätsfunktion des Eigenkapitals sichert das Fortbestehen des Unter-
nehmens. Durch eine unbefristete Kapitalüberlassung der Kapitalgeber ist das
Unternehmen vor einem Kapitalentzug geschützt. Die Haftungsfunktion besagt,
dass das überlassene Kapital für die Verbindlichkeiten des Unternehmens gegen-
über den Gläubigern haftet. Im Insolvenz- oder Liquidationsfall werden die Rück-
zahlungsansprüche der Kapitalgeber nachrangig erfüllt. Mit der Haftungsfunktion
verbunden ist die Verlustausgleichsfunktion. Diese ermöglicht die Fortführung
des Geschäftsbetriebs trotz auftretender Verluste, so dass Eigenkapital als Aus-
gleich dient. Eigenkapitalgeber tragen damit ein erhebliches Risiko. Die folgen-
den beiden Funktionen können nur eingeschränkt als Eigenkapitalfunktion gese-
hen werden und gelten eher als ,,Indiz" für das Vorliegen von Eigenkapital. Sie
stellen einen Ausgleich für die vorstehenden Funktionen dar. Die Gewinnbeteili-
gungsfunktion resultiert aus dem idealtypischen Merkmal, dass den Kapitalgebern
als Vergütung ein Residualanspruch auf den Gewinn des Unternehmens zusteht.
Die Gewinnbeteiligung dient als Ausgleich für die Übernahme von Haftungs- und
Verlustausgleichsfunktion. Bei idealtypischer Betrachtung fällt den Eigenkapital-
gebern im Rahmen der Geschäftführungsfunktion die Aufgabe zur Mitwirkung an
der Geschäftsführung und Vertretung des Unternehmens nach außen hin zu.
3.6. Eigenkapitalkriterien in der handelsrechtlichen Rechnungslegung
3.6.1. Herleitung der Eigenkapitalkriterien
Die Frage, welche Merkmale Finanzinstrumente für eine entsprechende Klassifi-
zierung aufweisen müssen, stellt sich häufiger in den letzen Jahren. Denn Unter-
nehmen greifen immer mehr auf Finanzinstrumente zurück, die weder den ideal-
typischen Kriterien des Fremdkapitals, noch denen des Eigenkapitals entsprechen,
so dass eine klare Zuweisung dieser Mischformen problematisch ist. Die Bilanzie-
66
Vgl. sowie Erläuterung der Funktionen: Baetge/Brüggemann (2005), S.2146; Hense (1990),
S.190ff ; Thiele (1998), S.54ff.
18
rung einzelner Finanzinstrumente, wie Genussscheine
67
oder stille Beteiligungen
68
wurden intensiv diskutiert, allgemeine Grundsätze zur Abgrenzung dagegen we-
niger.
Da zu erfüllende Eigenschaften für einen Eigenkapitalausweis im HGB nicht de-
finiert sind, ist es notwendig, Kriterien zur Beurteilung der Eigenkapitalqualität
auszuarbeiten, nach denen Finanzinstrumente auf ihren Eigenkapitalcharakter hin
geprüft werden.
69
Beruhend auf dem Gläubigerschutzsystem, lassen sich aus den
oben genannten Funktionen Merkmale für eine Eigenkapitalqualität ableiten.
Nach Auffassung des HFA des IDW
70
ist eine erfolgsneutrale Passivierung von
Finanzinstrumenten innerhalb des Eigenkapitals nur möglich, wenn die folgenden
Kriterien kumulativ erfüllt sind: Nachrangigkeit des überlassenden Kapitals, Län-
gerfristigkeit, Erfolgsabhängigkeit der Vergütung und Teilnahme am Verlust bis
zur vollen Höhe.
71
Einigkeit herrscht darüber, dass diese Kriterien für eine Ab-
grenzung geeignet sind. Sie stehen im Einklang mit dem Ziel des Gläubigerschut-
zes, da die geforderten Kriterien die Eigenschaften von Eigenkapital repräsentie-
ren. Das dem bilanziellen Eigenkapital zugerechnete Kapital erfüllt somit auch
dessen Funktionen. Uneinigkeit herrscht jedoch darüber, wie sie auszufüllen sind.
3.6.1.1. Nachrangigkeit
3.6.1.1.1.
Begründung der Notwendigkeit des Kriteriums
Nachrangigkeit ist in der Literatur unumstritten und gilt als notwendiges, wie auch
hinreichendes Eigenkapitalkriterium. Es stellt sicher, dass die Haftungsfunktion
des überlassenden Kapitals erfüllt wird, denn die Kapitalgeber haben erst nach der
Befriedigung aller anderen Gläubiger Anspruch auf Kapitalrückzahlung.
72
Wäh-
rend der Laufzeit bezieht sich die Haftung auf eintretende Verluste. Im Zerschla-
gungsfall dient das Kapital als ,,quasi Puffer" den Gläubigern zum Schutz vor
Verlusten.
73
Kapitalgeber unterliegen einem höheren Risiko bedient zu werden.
Gesellschafterdarlehen werden oft mit besonderen Vereinbarungen versehen, um
die Gefahr einer Überschuldung zu vermeiden. Hierbei ist zwischen einer Rang-
67
Vgl. Emmerich/Naumann (1994) S.677ff; Harrer/Janssen/Halbig (2005), S.1ff; IDW (1994),
S.419ff; Lutter (1993), S.2441ff; Schaber/Kuhn/Eichhorn (2004), S.315ff; Singer (1991);.
68
Vgl. Blaurock (2003).
69
Vgl. Adler/Düring/Schmaltz (1997), §246 Rz 80; Feddersen/Knauth (1988), S.10.
70
Vgl. IDW (1994), S.420.
71
Vgl. Adler/Düring/Schmaltz (1997), §246 Rz 88; Schaber/Kuhn/Eichhorn (2004), S.316f.
72
Vgl. IDW (1994), S.420; Steinbach (1999) S.19; Thiele (1998), S.81.
73
Vgl. Rudolph (1991), S.34.
19
rücktrittsvereinbarung und einem Forderungsverzicht mit Besserungsabrede zu
unterscheiden.
74
3.6.1.1.2.
Rangrücktrittvereinbarung
Ein Rangrücktritt dient als Sicherungsmittel und betrifft die Rangfolge der Gläu-
biger, wobei der Gläubiger zugunsten anderer auf einen sonst gegebenen Befrie-
digungsanspruch verzichtet.
75
Ein Rangrücktritt kann nur für den Fall einer Insol-
venz gelten oder jede Rückzahlung vor Befriedigung der im Rang vorstehenden
ausschließen.
76
Der Rangrücktritt stellt eine inhaltliche Umgestaltung der Forde-
rung dar, so dass es im Verhältnis zu anderen Gläubigern haftendes Eigenkapital
verkörpert.
77
Wirtschaftlich betrachtet wird die Verbindlichkeit gestundet und
wirkt wie ein vorläufiger Forderungsverzicht, der nur zu Lasten zukünftiger Ge-
winne, aus Liquidationsüberschuss oder dem die sonstigen Schulden übersteigen-
den Vermögen nach Tilgung aller anderen Verbindlichkeiten bedient wird.
78
Die Verbindlichkeit wird nicht in der Überschuldungsbilanz angesetzt, so dass das
Schuldenpotential der Gesellschaft in der Überschuldungsbilanz gemindert wird.
79
Der Ausweis als Verbindlichkeit ist grundsätzlich auch dann geboten, wenn der
Gläubiger einen Rangrücktritt seiner Forderung erklärt hat.
80
Der Verbindlich-
keitscharakter bleibt unberührt, obwohl aus Sicht der anderen Gläubiger das Kapi-
tal den Eigenkapitalmitteln ähnelt. Ein vertraglicher Rangrücktritt bedeutet keinen
Erlass der Forderung gegenüber der Gesellschaft.
81
3.6.1.1.3.
Forderungsverzicht mit Besserungsabrede
Wird ein Forderungsverzicht mit Besserungserlass vereinbart, hat dies n.h.M. eine
erfolgswirksame Auflösung zur Folge, da der schuldrechtliche Bestand der Forde-
rung zunächst endet.
82
Allerdings geht die erlassene Forderung nicht unter, son-
dern bleibt als unvollkommene Verbindlichkeit bestehen.
83
Sie lebt uneinge-
74
Vgl. Küting/Kessler (1994), S.2108.
75
Vgl. Adler/Düring/Schmaltz (1997), §246 Rz 128; Grohe (1993), S.1882.
76
Vgl. Adler/Düring/Schmaltz (1997), §246 Rz 131.
77
Vgl. Böcking (1994), S.69.
78
Vgl. Küting/Kessler/Hayn (2005), §272 Rz 214
79
Vgl. Adler/Düring/Schmaltz (1997), §246 Rz 136; Böcking (1994), S.61.
80
Vgl. Adler/Düring/Schmaltz (1997), §246 Rz 128; Küting/Kessler/Hayn (2005), §272 Rz 216.
81
Vgl. Küting/Kessler/Hayn (2005), §272 Rz 213/218.
82
Vgl. Heymann (2005), B231 Rz 29; Knobbe-Keuk (1993), S.109.
83
Vgl. Grohe (1993), S.1883.
20
schränkt wieder auf, wenn z.B. das Konkursverfahren eröffnet wird oder die wirt-
schaftlichen Verhältnisse des Schuldners sich wie vereinbart verbessern. Erst bei
Eintritt der Besserungsvoraussetzung erfolgt eine erneute erfolgswirksame Passi-
vierung in voller Höhe.
84
Nach wirtschaftlicher Betrachtungsweise handelt es sich
jedoch nicht um eine Gewinnrealisierung, da kein Umsatz erzielt wurde.
85
Es ist
nur erfolgswirksam aufzulösen, wenn mit Sicherheit keine Inanspruchnahme zu
erwarten ist.
86
Andernfalls rechnet sich das Unternehmen zu reich. Eine Besse-
rungsklausel wird von Dritten auch nur akzeptiert werden, wenn in Zukunft die
Wahrscheinlichkeit einer Tilgung besteht.
87
Erfolgt die Tilgung aus künftigen
Gewinnen oder anderen Vermögensmehrungen, kann eine erfolgsneutrale Umqua-
lifizierung von Verbindlichkeiten mit Rangrücktritt oder Besserungsabrede in
Eigenkapital erwogen werden.
88
3.6.1.2. Nachhaltigkeit
3.6.1.2.1.
Begründung der Notwendigkeit des Kriteriums
Dieses Definitionsmerkmal ist das problematischste des funktionalen Eigenkapi-
talbegriffs und die Meinungen darüber, ob es überhaupt als notwendige Bedin-
gung anzusehen ist, gehen weit auseinander.
89
Nach der handelsrechtlichen Rech-
nungslegung muss das überlassene Kapital für einen Eigenkapitalausweis eine
ausreichende Haftungsfunktion aufweisen.
90
Ziel der Forderung einer langfristi-
gen Kapitalüberlassung ist, dass somit eine Fortführung der Unternehmenstätig-
keit ermöglicht wird.
91
Das Kapital kann dauerhaft zur Finanzierung unternehme-
rischer Aktivität eingesetzt werden, so dass flexibel agiert werden kann. Des Wei-
teren soll das Unternehmen nicht die Gefahr eines schnellen Abzuges des Kapitals
als Risikoträger bei Informationen über unerwartete Verluste ausgesetzt sein.
92
Der Adressat verbindet mit Eigenkapital die Vorstellung einer Kapitalüberlassung
für einen gewissen Zeitraum. Er leitet daraus ab, dass das Kapital Haftungsfunkti-
on über den Bilanzstichtag hinaus übernimmt und in Zukunft zur Sicherung der
84
Vgl. Grohe (1993), S.1884.
85
Vgl. Böcking (1994), S.79f.
86
Vgl. Küting/Kessler (1994), S.2109.
87
Vgl. Böcking (1994), S.80.
88
Vgl. Böcking (1994), S.77/87.
89
Vgl. Baetge/Brüggemann (2005), S.2147.
90
Vgl. Lutter (1993), S.2441.
91
Vgl. Baetge/Kirsch/Thiele (2005), S.420; Emmerich/Naumann (1994), S.679.
92
Vgl. Rudolph (1991), S.50.
Details
- Seiten
- Erscheinungsform
- Originalausgabe
- Erscheinungsjahr
- 2006
- ISBN (eBook)
- 9783956360244
- ISBN (Paperback)
- 9783832496463
- Dateigröße
- 489 KB
- Sprache
- Deutsch
- Institution / Hochschule
- Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main – Wirtschaftswissenschaften
- Erscheinungsdatum
- 2006 (Juni)
- Note
- 1,7
- Schlagworte
- finanzinstrument anleihe gesellschaft hybride eigenkapital
- Produktsicherheit
- Diplom.de