Ein politisches Tabu auf dem Prüfstand: Die Schulstruktur als Integrationshindernis in Deutschland und Frankreich
Eine Analyse struktureller Defizite der Bildungssysteme vor dem Hintergrund des Scheiterns der Schüler mit Migrationshintergrund
©2006
Diplomarbeit
134 Seiten
Zusammenfassung
Inhaltsangabe:Einleitung:
Die aktuelle Integrationsdebatte um Vorstadtaufstände und Kopftuch in Frankreich, und in Deutschland um Einbürgerungstests, Zwangsehen und die Meriten eines Schulkonferenz-Beschlusses in Berlin, die Schüler auf dem Schulgelände zum Deutsch Sprechen zu verpflichten, illustrieren, dass die im Selbstverständnis der Bürger offene Gesellschaft latent eine neue kulturelle Klassenschranke aufweist. Sie verläuft zwischen der kulturellen Mehrheit und den Arbeitsmigranten der ersten und zweiten Generation. Dabei sprechen wachsende soziale Spannungen, hohe strukturelle Arbeitslosigkeit, zunehmende Gewalt etc. eindeutig für die Dringlichkeit, mit der es darüber nachzudenken gilt, wie Frankreich und Deutschland mit der Einwanderung in einem europäischen Wirtschaftsraum mit interner Freizügigkeit und relativ offenen Grenzen zukünftig umgehen sollen.
Dazu gehört als zentraler Bestandteil die Frage nach der Gestaltung der Schulsysteme, die als gesellschaftliche Institutionen in besonderer Weise für die Zukunftschancen von allen im Land lebenden jungen Menschen entscheidend sind und damit auch eine Integrationsfunktion ausüben. Aus politikwissenschaftlicher Perspektive erscheint insbesondere eine Analyse der Schulstrukturen relevant, genauer eine Auseinandersetzung mit der Frage, ob und inwiefern sich die bildungspolitische Ausgestaltung der Schulstruktur in Frankreich und Deutschland als integrationshemmend erweist. Mit dieser Fragestellung möchte die vorliegende Arbeit als Beitrag zu der nunmehr in beiden Ländern zaghaft einsetzenden, aber noch ergebnisoffenen Debatte um institutionelle Rahmenbedingungen für Bildungssysteme, verstanden werden, die Leistungs- und Gleichheitsprinzip in ein erfolgreiches Gleichgewicht setzen.
Ein Rückblick auf die Nachkriegsjahrzehnte, in denen die Weichen für die heute bestehenden Schulstrukturen beider Länder gestellt wurden, dient der Bewusstseinsbildung für die Veränderbarkeit der heutigen Strukturen. Er verweist ferner auf nicht genutzte Möglichkeiten und verschüttete Alternativen, um letztlich zur Orientierung in der gegenwärtigen Reformdiskussion beizutragen. Die knappe historische Analyse erfolgt auf der Grundlage von Primärquellen (Analysen, Zeitungsartikeln und Zahlenmaterial aus den Nachkriegsjahrzehnten selbst) sowie von Sekundärquellen (rückblickende Analysen der Nachkriegsreformen aus den 1970er bis 1990er Jahren). Die Analyse verdeutlicht, warum das Thema Strukturreform in beiden Ländern zu […]
Die aktuelle Integrationsdebatte um Vorstadtaufstände und Kopftuch in Frankreich, und in Deutschland um Einbürgerungstests, Zwangsehen und die Meriten eines Schulkonferenz-Beschlusses in Berlin, die Schüler auf dem Schulgelände zum Deutsch Sprechen zu verpflichten, illustrieren, dass die im Selbstverständnis der Bürger offene Gesellschaft latent eine neue kulturelle Klassenschranke aufweist. Sie verläuft zwischen der kulturellen Mehrheit und den Arbeitsmigranten der ersten und zweiten Generation. Dabei sprechen wachsende soziale Spannungen, hohe strukturelle Arbeitslosigkeit, zunehmende Gewalt etc. eindeutig für die Dringlichkeit, mit der es darüber nachzudenken gilt, wie Frankreich und Deutschland mit der Einwanderung in einem europäischen Wirtschaftsraum mit interner Freizügigkeit und relativ offenen Grenzen zukünftig umgehen sollen.
Dazu gehört als zentraler Bestandteil die Frage nach der Gestaltung der Schulsysteme, die als gesellschaftliche Institutionen in besonderer Weise für die Zukunftschancen von allen im Land lebenden jungen Menschen entscheidend sind und damit auch eine Integrationsfunktion ausüben. Aus politikwissenschaftlicher Perspektive erscheint insbesondere eine Analyse der Schulstrukturen relevant, genauer eine Auseinandersetzung mit der Frage, ob und inwiefern sich die bildungspolitische Ausgestaltung der Schulstruktur in Frankreich und Deutschland als integrationshemmend erweist. Mit dieser Fragestellung möchte die vorliegende Arbeit als Beitrag zu der nunmehr in beiden Ländern zaghaft einsetzenden, aber noch ergebnisoffenen Debatte um institutionelle Rahmenbedingungen für Bildungssysteme, verstanden werden, die Leistungs- und Gleichheitsprinzip in ein erfolgreiches Gleichgewicht setzen.
Ein Rückblick auf die Nachkriegsjahrzehnte, in denen die Weichen für die heute bestehenden Schulstrukturen beider Länder gestellt wurden, dient der Bewusstseinsbildung für die Veränderbarkeit der heutigen Strukturen. Er verweist ferner auf nicht genutzte Möglichkeiten und verschüttete Alternativen, um letztlich zur Orientierung in der gegenwärtigen Reformdiskussion beizutragen. Die knappe historische Analyse erfolgt auf der Grundlage von Primärquellen (Analysen, Zeitungsartikeln und Zahlenmaterial aus den Nachkriegsjahrzehnten selbst) sowie von Sekundärquellen (rückblickende Analysen der Nachkriegsreformen aus den 1970er bis 1990er Jahren). Die Analyse verdeutlicht, warum das Thema Strukturreform in beiden Ländern zu […]
Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
Hanna Münstermann
Ein politisches Tabu auf dem Prüfstand:
Die Schulstruktur als Integrationshindernis in Deutschland und Frankreich
Eine Analyse struktureller Defizite der Bildungssysteme vor dem Hintergrund des
Scheiterns der Schüler mit Migrationshintergrund
ISBN-10: 3-8324-9625-4
ISBN-13: 978-3-8324-9625-8
Druck Diplomica® GmbH, Hamburg, 2006
Zugl. Westfälische Wilhelms-Universität, Münster, Deutschland, Diplomarbeit, 2006
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Printed in Germany
I
NHALT
1.
EINLEITUNG... 1
1.1
P
ROBLEMSTELLUNG UND
R
ELEVANZ
... 1
1.2
P
OLITIKWISSENSCHAFTLICHE
E
INORDNUNG
... 2
1.3
M
ETHODIK UND
A
UFBAU DER
A
RBEIT
... 3
2.
WARUM SIND DIE SCHULSTRUKTUREN IN FRANKREICH UND
DEUTSCHLAND EIN BILDUNGSPOLITISCHES TABU ? ... 5
2.1
D
IE
B
ILDUNGSPOLITIK DER
N
ACHKRIEGSZEIT
:
M
ODERNISIERUNG UNTER
W
AHRUNG DER
S
TRUKTUREN
... 6
2.1.1
Die Strukturreform von 1959 in Frankreich: Wahlmöglichkeiten innerhalb
einer selektiven Schulstruktur ... 6
2.1.2
,,Restauration statt Neuaufbau" - die strukturkonservative Prämisse der
bildungspolitischen Reformdebatte der alten Bundesrepublik ... 9
2.2
D
IE VERPASSTE
C
HANCE ZUR
S
TRUKTURREFORM
... 12
2.2.1
Einzelmaßnahmen in Frankreich vermindern die soziale Selektion nicht,
sie zementieren sie. ... 12
2.2.2
Die Gesamtschuldebatte der 1970er Jahre in Deutschland ideologische
Polarisierung verdrängt die empirische Bildungsforschung ... 16
3.
BEFUNDE DER BILDUNGSFORSCHUNG: DIE SCHULSTRUKTUREN
DISKRIMINIEREN SCHÜLER MIT MIGRATIONSHINTERGRUND. ... 20
3.1
D
IE FRÜHE
S
ELEKTION SORGT FÜR
A
USGRENZUNG DER
S
CHÜLER MIT
M
IGRATIONSHINTERGRUND
. ... 21
3.1.1
Die Selektion im französischen System erfolgt versteckt. ... .22
3.1.2
Ausgrenzung trotz universalistischer Bildungsideologie ... 23
3.1.3
Diskriminierung der Migrantenkinder als Folge der
,Gastarbeiter'-Ideologie ... 27
3.2
D
IE FRÜHE
S
ELEKTION REDUZIERT DIE
B
ILDUNGSCHANCEN FÜR
S
CHÜLER MIT
M
IGRATIONSHINTERGRUND
. ... 33
3.2.1
Die Selektion im französischen Bildungssystem bewahrt die Privilegien der
Eliten. ... 33
3.2.2
Die soziale Selektion im Deutschen Bildungssystem erfolgt durch Wahl des
Schultyps. ... 39
3.3
Mangelnde Integration von Jugendlichen mit Migrationshintergrund in den
Arbeitsmarkt ... 46
3.3.1
Überdurchschnittlich hohe Arbeitslosigkeit in Frankreich bei Jugendlichen
mit Migrationshintergrund ... 46
3.3.2
Hauptschüler mit Migrationshintergrund in Deutschland - ein Weg ins
soziale Abseits ... 47
4.
REALITÄTSSCHOCK ? BEGINN EINES GESELLSCHAFTSPOLITISCHEN
DISKURSES ÜBER DIE INTEGRATION DER MIGRANTEN ... 51
4.1
D
URCH DIE JÜNGSTEN
S
CHULGESETZE WERDEN EINZELNE STRUKTURELLE
R
EFORMMAßNAHMEN AUF DEN
W
EG GEBRACHT
.
... 51
4.1.1
Die Schule im 21. Jahrhundert neue Fokussierung des Kernproblems des
französischen Bildungssystems ... 52
4.1.2
Der PISA-Schock in Deutschland: Leistung und Integration
die Herausforderung einer mehrdimensionalen Bildungspolitik ... 58
4.2
Z
IELE UND
F
ÖRDERMAßNAHMEN SIND NICHT KONGRUENT
.
. ...
63
4.2.1
Das Schulgesetz vom April 2005 in Frankreich - eine Reform bei konstanten
Strukturen ... 63
4.2.2
Deutschlands Politiker scheuen die Auseinandersetzung um die
,,Systemfrage" Chancengleichheit versus Leistungsstand. ... 68
5.
FAZIT: FOLGERUNGEN FÜR DEN WEG ZU EINER INTEGRATIONS-
ORIENTIERTEN BILDUNGSPOLITIK ... 73
6.
ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS ... 77
7.
LITERATURVERZEICHNIS ... 78
8.
ANNEX ... 87
9.
RÉSUMÉ EN FRANÇAIS ... 103
Kapitel 1 Einleitung
1
1.
Einleitung
1.1
Problemstellung und Relevanz
Die aktuelle Integrationsdebatte um Vorstadtaufstände und Kopftuch in
Frankreich, und in Deutschland um Einbürgerungstests, Zwangsehen und die
Meriten eines Schulkonferenz-Beschlusses in Berlin, die Schüler auf dem
Schulgelände zum Deutsch Sprechen zu verpflichten, illustrieren, dass die im
Selbstverständnis der Bürger offene Gesellschaft latent eine neue kulturelle
Klassenschranke aufweist. Sie verläuft zwischen der kulturellen Mehrheit und
den Arbeitsmigranten der ersten und zweiten Generation. Dabei sprechen
wachsende
soziale
Spannungen,
hohe
strukturelle
Arbeitslosigkeit,
zunehmende Gewalt etc. eindeutig für die Dringlichkeit, mit der es darüber
nachzudenken gilt, wie Frankreich und Deutschland mit der Einwanderung in
einem europäischen Wirtschaftsraum mit interner Freizügigkeit und relativ
offenen Grenzen zukünftig umgehen sollen. Dazu gehört als zentraler
Bestandteil die Frage nach der Gestaltung der Schulsysteme, die als
gesellschaftliche Institutionen in besonderer Weise für die Zukunftschancen
von allen im Land lebenden jungen Menschen entscheidend sind und damit
auch eine Integrationsfunktion ausüben. Aus politikwissenschaftlicher
Perspektive erscheint insbesondere eine Analyse der Schulstrukturen relevant,
genauer eine Auseinandersetzung mit der Frage, ob und inwiefern sich die
bildungspolitische Ausgestaltung der Schulstruktur in Frankreich und
Deutschland als integrationshemmend erweist. Mit dieser Fragestellung möchte
die vorliegende Arbeit als Beitrag zu der nunmehr in beiden Ländern zaghaft
einsetzenden, aber noch ergebnisoffenen Debatte um institutionelle
Rahmenbedingungen für Bildungssysteme, verstanden werden, die Leistungs-
und Gleichheitsprinzip in ein erfolgreiches Gleichgewicht setzen.
Kapitel 1 Einleitung
2
1.2
Politikwissenschaftliche Einordnung
Die
politikwissenschaftliche
Theoriebildung
im
Bereich
der
Schulentwicklung und Bildungsforschung steht noch am Anfang. Im Lichte der
internationalen Vergleichsstudien der letzten Jahre und angesichts der
ungelösten Probleme der Asyl- und Einwanderungspolitik erscheint es von
besonderer Dringlichkeit, den bisherigen Erkenntnisstand der Bildungs-
forschung zur Kenntnis zu nehmen und auszuwerten, um politik-
wissenschaftliche Implikationen daraus abzuleiten und die Theoriebildung
weiterzuentwickeln. Im Mittelpunkt des Interesses steht dabei aus
politikwissenschaftlicher Perspektive die Frage nach den institutionellen
Ursachen der Ungleichheit. Der Forschungsansatz der institutionellen
Diskriminierung, der sich mit dieser Frage beschäftigt, stammt aus den USA
und wurde dort in den 1960er Jahren im Rahmen der Genderforschung und der
Benachteiligung von Schwarzen im öffentlichen Leben der Vereinigten Staaten
entwickelt (vgl. Hunger 2001: 119). Kerngedanke dieses Ansatzes ist, dass in
sozialen Institutionen Mechanismen der Bestrafung und Belohnung in
unterschiedlicher Weise auf verschiedene soziale Gruppen angewendet werden
und es in der Folge zu einer ungleichen Verteilung von sozialen Gütern auf die
verschiedenen sozialen Gruppen kommt (vgl. ebd.). Auf den Bildungssektor
angewandt, werden so zwei neue Betrachtungsdimensionen in die
Ungleichheitsanalyse eingeführt, die die herkömmlichen Begründungsmuster
für Ungleichheit (z.B. mangelnde Sprachkenntnisse, schlechtere sozio-
ökonomische Rahmenbedingungen) ergänzen: Die erste, die Dimension
direkter institutioneller Diskriminierung, umfasst regelmäßige, intentionale
Handlungen sowohl in Form gesetzlich-administrativer Regelungen als auch in
Form routinemäßiger informeller Praktiken, z.B. die Einschulung von Kindern
mit Migrationshintergrund in separate Vorbereitungsklassen oder die
gewohnheitsmäßige Zurückstellung dieser Kinder bei Einschulung in den
Schulkindergarten ausschließlich zum Spracherwerb (vgl. Gomolla 2005: 5-6).
Die andere, die Dimension indirekter institutioneller Diskriminierung, meint
all jene institutionellen Vorkehrungen, die Schüler mit Migrationshintergrund
überproportional negativ treffen und die aus der Tradierung von
Kapitel 1 Einleitung
3
Diskriminierung in der Vergangenheit in gegenwärtige organisatorische
Strukturen und Praktiken resultieren, z.B. die Zurückstellung der
Migrantenkinder aufgrund von Sprachdefiziten in der Schuleingangsphase,
dadurch bedingte Stigmatisierung als Problemfall und dadurch erhöhtes Risiko
späterer Umschulung auf eine Sonderschule (vgl. ebd.: 6-7). In Frankreich ist
die Unterscheidung in direkte und indirekte Diskriminierung in das
Antidiskriminierungsgesetz vom Februar 2003 eingegangen, findet jedoch in
der Bildungsforschung traditionell wenig Beachtung, da nach französischem
Selbstverständnis gerade das Bildungssystem über seine universale
Ausrichtung und den Verzicht auf Unterscheidung zwischen ethnischen
Gruppen die Integration der Zugewanderten ermöglicht. Die Infragestellung
dieser Integrationsleistung durch die zunehmende Ausgrenzung der
Vorstadtjugend
wirft
die
Frage
nach
eventuellen
systeminternen
institutionellen Barrieren auf. In Deutschland gibt es bis heute kein
Antidiskriminierungsgesetz und ist die Beschäftigung mit institutioneller
Diskriminierung im Bildungssektor ebenfalls erst seit der neu einsetzenden
Bildungsdiskussion der 90er Jahre ins Interesse der Bildungsforschung gerückt.
Vor dem Hintergrund dieses Forschungsansatzes wird in der vorliegenden
Arbeit nunmehr der aktuelle Forschungsstand im Hinblick auf die Frage
ausgewertet, ob schon der institutionelle Rahmen beider Systeme, d.h. externe
und interne Strukturen, direkt oder indirekt diskriminierende Elemente
enthalten.
1.3
Methodik und Aufbau der Arbeit
Ein Rückblick auf die Nachkriegsjahrzehnte, in denen die Weichen für
die heute bestehenden Schulstrukturen beider Länder gestellt wurden, dient der
Bewusstseinsbildung für die Veränderbarkeit der heutigen Strukturen. Er
verweist ferner auf nicht genutzte Möglichkeiten und verschüttete Alternativen,
um letztlich zur Orientierung in der gegenwärtigen Reformdiskussion
beizutragen. Die knappe historische Analyse erfolgt auf der Grundlage von
Primärquellen (Analysen, Zeitungsartikeln und Zahlenmaterial aus den
Nachkriegsjahrzehnten selbst) sowie von Sekundärquellen (rückblickende
Kapitel 1 Einleitung
4
Analysen der Nachkriegsreformen aus den 1970er bis 1990er Jahren). Die
Analyse verdeutlicht, warum das Thema Strukturreform in beiden Ländern zu
einem politischen Tabu wurde.
Die anschließende Analyse der Wirkweise heutiger Schulstrukturen auf
Schüler mit Migrationshintergrund zeigt, dass sich in beiden Ländern
strukturelle Elemente als Integrationshindernis erweisen. Über lange Zeit
gültige ausländerpolitische Positionen haben in beiden Ländern zu Formen
direkter und indirekter institutioneller Diskriminierung geführt, die sich bis
heute auch in den Strukturen der Bildungssysteme widerspiegeln. Dies wird
deutlich durch eine Skizzierung der Wechselwirkung zwischen ausländer-
politischer Positionierung und verfolgter Bildungspolitik, die auf Grundlage
der Analysen ausgewählter Soziologen, bzw. Bildungsforscher des jeweiligen
Landes erfolgt. Für Frankreich sind dies vor allem Texte der Soziologen
Bourdieu und Weil, für Deutschland Untersuchungen der Bildungsforscher
Hansen und Wenning sowie zwei entsprechende Erlasse der Kultusminister-
konferenz (KMK). Die Analyse der Schulstrukturen erfolgt ferner auf
Grundlage der PISA-Erhebung
1
2003 sowie zahlreicher Befunde der
Bildungsforschung der 1990er Jahre bis 2006. Das spezifische statistische
Material für Frankreich stammt vornehmlich aus Publikationen des Institut
National de la Statistique et des Etudes Economiques (INSEE) sowie des
Ministère de l'Education National (MEN). Die statistischen Angaben zu
Deutschland beruhen hauptsächlich auf Befunden der beiden PISA-
Erweiterungsstudien (PISA-E 2000 und 2003) des Deutschen PISA-
Konsortiums sowie auf Quellen des Statistischen Bundesamtes Wiesbaden.
Auf der Grundlage der ausgewerteten Befunde der Bildungsforschung
kann anschließend der gegenwärtige bildungspolitische Diskurs im Hinblick
auf Anzeichen einer Enttabuisierung des Themas Strukturreform untersucht
werden. Auf der Basis aktueller Gesetzestexte und diskutierter Reform-
vorhaben (für Deutschland werden exemplarisch die Reformmaßnahmen
1
Programme for International Student Assessment (PISA) ist die bisher umfassendste,
international standardisierte Vergleichsstudie zum Leistungsstand von Schülerinnen und
Schülern, die in Zusammenarbeit der beteiligten Länder erstmals 2000 und erneut 2003
durchgeführt wurde. Informationen finden sich auf der Homepage der OECD:
http://www.pisa.oecd.org/pages/0,2966,en_32252351_32235731_1_1_1_1_1,00.html
Kapitel 2 Ein politisches Tabu
5
Bayerns und NRWs ausgewertet) wird untersucht, ob sich nunmehr eine neue
Bereitschaft zu einer grundlegenden Reformdiskussion, bzw. konkreten
Reformschritten abzeichnet, die auch die Frage strukturellen Reformbedarfs
zur Eliminierung institutioneller Diskriminierung nicht ausblendet.
Abschließend werden die gewonnenen Befunde für den Weg zu einer
integrationsorientierten Bildungspolitik zusammengefasst. Die Frage der
Ausgestaltung des Reformweges in Frankreich und Deutschland ist nach wie
vor offen. Die notwendigen Reformen drohen in der Auseinandersetzung über
Detailfragen in den Hintergrund zu rücken.
2.
Warum sind die Schulstrukturen in Frankreich und Deutschland
ein bildungspolitisches Tabu ?
Der französische Soziologe Pierre Bourdieu, der in den 1970er Jahren
das französische Bildungssystem analysierte und einer grundlegenden Kritik
unterzog, bezeichnete die Gesellschaft als ,,akkumulierte Geschichte". Die
soziale Welt (und damit auch die Schule als Teil darin) sei kein Universum
,,vollkommener Konkurrenz und Chancengleichheit", sondern eine Welt von
Trägheit, Akkumulation und ,,Vererbung von erworbenen Besitztümern und
Eigenschaften" (Bourdieu 1983: 183). In diesem Bildungssystem und den in
ihm zu Tage tretenden Ungleichheiten handele es sich nicht um als
substantielle Wahrheiten hinzunehmende Gegebenheiten, sondern um
geschichtlich gewachsene und konstruierte Strukturen und deren Folgen, so
Bourdieu. Für unsere Untersuchung der heutigen Schulstrukturen in Frankreich
und Deutschland und deren Wirkung auf Jugendliche mit Migrations-
hintergrund bildet dieser Grundgedanke den Ausgangspunkt: Schulstrukturen
bilden einen durch politische Entscheidungen konstruierten, historisch
gewachsenen Rahmen, der den Bildungsweg der Schüler lenkt und somit einer
ständigen Prüfung bezüglich des durch ihn mitbestimmten Grades an
Chancengleichheit standhalten muss.
Kapitel 2 Ein politisches Tabu
6
2.1
Die Bildungspolitik der Nachkriegszeit : Modernisierung unter
Wahrung der Strukturen.
Bereits die Jahrzehnte vor dem Zweiten Weltkrieg waren in Frankreich
und Deutschland gekennzeichnet durch eine stetig wachsende Bildungs-
nachfrage in allen gesellschaftlichen Schichten. Im Wirtschaftsaufschwung der
Nachkriegsjahrzehnte lebte die Forderung nach grundlegender Demo-
kratisierung der Bildungssysteme wieder auf. Teil der einsetzenden
Bildungsdebatte war die Frage, welche Strukturen den sich wandelnden
demographischen, wirtschaftlichen, technischen und gesellschaftlichen
Entwicklungen am besten gewachsen seien. Beide Länder passten ihre Systeme
der Bildungsexpansion an, jedoch nicht ohne verbleibende strukturelle
Widersprüche. Bevor wir uns der Wirkung dieser Strukturdefizite zuwenden,
stellt sich die Frage, welche strukturellen Weichenstellungen beide Länder
damals wählten und aus welchen Motiven heraus dies geschah.
2.1.1 Die Strukturreform von 1959 in Frankreich : Wahlmöglichkeiten
innerhalb einer selektiven Schulstruktur
Das französische Bildungssystem am Ende des Zweiten Weltkriegs war
gekennzeichnet durch den Parallelismus zweier noch immer in großen Teilen
unverbundener Systeme: den seit der Primarschulgesetzgebung
2
der
III. Republik unentgeltlichen, weltanschaulich neutralen und obligatorische
Primarschulsektor
3
einerseits und den seit Napoleon in seinen Grundzügen
geordneten Sekundarschulbereich
4
andererseits. Zwar wurde die strikte
2
Die Öffnung des Schulwesens für Schüler aller sozialen Schichten im Primarbereich
(1880) erfolgte in Frankreich im Zuge der Reformen Jules Ferrys, « Ministre de
l'Instruction publique et des Beaux-Arts » von 1879-83. Er setzte außerdem für den
Primarbereich die Schulaufsicht des laizistisch- republikanischen Staates durch (1882) und
drängte damit den Einfluss der monarchistisch-konservativen Kräfte und der Katholischen
Kirche zurück.
3
Die Primarschule wurde aufgebaut und geordnet als Schule des Volkes. Der Primarschul-
sektor umfasste neben den Primarschulen die Höheren Primarschulen, deren Absolventen
in den Lehrerbildungsanstalten (écoles normales) zu Primarschullehrern (instituteurs) aus-
gebildet werden konnten und die Hochschulen für Lehrerbildung (écoles normales
primaries supérieures), in denen die kleine Zahl an Lehrkräften für die Höheren Primar-
schulen und die écoles normales ausgebildet wurden (vgl. Schriewer 1974: 10-12).
4
Das Sekundarschulwesen umfasste Vorklassen der Höheren Schulen, die Höheren Schulen
selbst (lycées und collèges d'enseignement général), das Abitur als Studienberechtigung
und die Vorbereitungsklassen für die grandes écoles.
Kapitel 2 Ein politisches Tabu
7
Trennung durch die Gewährung der Schulgeldfreiheit im Sekundarschulwesen
1933 durchbrochen, allerdings durch die Ausnahme der Vorklassen und die
Einführung von Aufnahmeexamen für die weiterführenden Schulen
weitgehend eingeschränkt (vgl. Schriewer 1974: 32-34). An die bereits in den
Zwischenkriegsjahren geführte Debatte um eine Aufhebung dieses
Parallelismus durch Einführung einer Einheitsschule (école unique) wurde
nach 1945 angeknüpft. Die politische Instabilität der III. Republik, die sich als
größtes Reformhindernis erwiesen hatte, setzte sich jedoch nach 1945 fort, so
dass kaum eine Regierung länger als ein Jahr im Amt blieb. Dies machte eine
kontinuierliche Reformarbeit unmöglich. So beschränkte sich die Bildungs-
politik der Nachkriegszeit trotz erhöhter Bildungsnachfrage und steigendem
Bedarf an qualifizierten Arbeitskräften im Wesentlichen auf den quantitativen
Ausbau des bestehenden Schulwesens. Erst die politische Sonderstellung de
Gaulles zu Beginn seiner Amtszeit ermöglichte es, eine grundlegende
Umstrukturierung des französischen Schulsystems einzuleiten.
5
Die in der
offiziellen Stellungnahme des Bildungsministeriums skizzierten Haupt-
intentionen der so genannten réforme Berthoin
6
waren a) die möglichst
vollständige Ausschöpfung der jugendlichen Begabungsreserven, b) die
Ermöglichung, den gewählten Bildungsweg uneingeschränkt und ohne
Zeitverlust zu durchlaufen, sobald die dafür notwendige Begabung unter
Beweis gestellt wurde, und c) die Einrichtung eines verbindlich geordneten
Beobachtungsverfahrens zur Unterstützung derjenigen, deren Begabung sich
noch nicht deutlich abzeichnete (vgl. MEN 1960: 26-42).
7
Die nähere
Betrachtung dessen, was letztlich gesetzlich festgelegt wurde neben der
5
Die Reform fiel in den Zeitraum von Juni 1958 und Februar 1959, in dem de Gaulle,
gestützt auf die Investitur durch die letzte Nationalversammlung der IV. Republik, allein
durch Verordnungen und Dekrete regierte.
6
Die inhaltliche Ausgestaltung der Reform von 1959 erfolgte unter der ministeriellen Ver-
antwortung Jean Berthoins, Erziehungsminister unter der Regierung De Gaulle vom 1.
Juni 1958 bis zum 8. Januar 1959. Daher die Bezeichnung réforme Berthoin.
7
Bereits hier zeigt sich ein fundamentaler Unterschied zu dem von der BRD einge-
schlagenen Weg. Während in Deutschland die frühzeitig differenzierende Schulstruktur
beibehalten wurde (siehe Teil 2.1.2), hieß die Zielsetzung in Frankreich bereits in der
offiziellen Stellungnahme des Bildungsministeriums zum Reformprogramm von 1959:
,,Unsere Schüler müssen so lange wie möglich möglichst wenig unterschiedlichen
Schulformen anvertraut werden, die ihnen abschließend noch einmal möglichst zahlreiche
Wahlmöglichkeiten für die endgültigen Ausbildungswege anbieten sollen." (Schriewer
1974: 133).
Kapitel 2 Ein politisches Tabu
8
Verlängerung der Schulpflicht bis zum 16. Lebensjahr ist das hauptsächlich die
Einführung einer zweijährigen Beobachtungsstufe für (alle) Schüler im Alter
von 11 bis 13 legt jedoch den folgenden unausgetragenen Kompromiss offen:
Zwar entschied man sich, mit der Orientierungsstufe den Selektionsprozess
formal nach hinten zu verlagern, behielt aber die unterschiedlichen
Schulformen des Sekundarbereichs bei, wodurch faktisch in den meisten Fällen
mit der Wahl der weiterführenden Schule - in der die Beobachtungsstufen
eingerichtet wurden - bereits die Entscheidung für die weitere Schullaufbahn
gefällt wurde. Außerdem schränkte man die Betonung auf ,,Orientierung" auch
insofern ein, als die Primarschulabschlussklassen als Restschule
8
von der
Orientierungsstufe ausgeschlossen blieben und indem man sich gegen ein
flexibles Kern-Kurs-System (tronc commun) und für die frühzeitige Einteilung
der Schüler in unterschiedliche Zweige entschied. Dadurch blieb die Laufbahn
festgelegt (vgl. Schriewer 1974: 35). Die Problematik zwischen Selektion
(sélection des meilleurs) und Orientierung (promotion de tous), die bereits die
Nachkriegsdiskussion bestimmt hatte, blieb somit bestehen.
Warum man sich 1959 fast detailgetreu an den Gesetzentwurf des
Erziehungsministers Zay
9
von 1937 hielt und damit den vieldiskutierten, weit
reichenden Langevin-Wallon-Plan
10
von 1947, der sowohl eine vierjährige
Orientierungsstufe für alle Schüler als auch einen breiten Kern gemeinsamer
Fächer vorsah, verwarf, gilt als umstritten. Angesichts der langen Tradition der
Wettbewerbsprüfungen (recrutement par concours) im französischen
Bildungssystem und dem Bildungsideal der culture générale, die aus dem
Einfluss der Jesuitenkollegs des 17. und 18. Jahrhunderts erwuchsen und in
deren Tradition bis heute die namhaften Pariser Lycée Louis-le-Grand und
Henri IV stehen, liegt allerdings der Schluss nahe, dass es diese Wurzeln sind,
8
Schüler/innen, die im Alter von 11 Jahren für keine der Sekundarschulformen geeignet
schienen, setzen die Primarschule in einem enseignement primaire complémentaire bis
zum Ende der Schulpflicht fort.
9
Jean Zay war Erziehungsminister unter der von Léon Blum 1936 gebildeten
Volksfrontregierung. Der von ihm im Frühjahr 1937 vorgelegte Gesetzentwurf erlangte nie
das Stadium parlamentarischer Beratung. Im Hinblick auf die frappierende strukturelle
Übereinstimmung des 1959 eingeschlagenen Weges mit dem Entwurf von 1937 ist man
geneigt, geradezu ,,von einer Fixierung auf vorgegebene Lösungsmodelle zu sprechen."
(Schriewer 1974: 35).
10
Siehe dazu auch Teil 2.2.1 der vorliegenden Arbeit.
Kapitel 2 Ein politisches Tabu
9
die damals wie heute in den Kreisen des Bürgertums zu heftigen Widerständen
gegen jeglichen Versuch der Strukturänderung des Schulwesens führen
(siehe Annex 1).
Das Programm der Einheitsschule wurde als Projekt der radikalen
Linken wahrgenommen. Die bürgerliche Mehrheit sah darin eine Bedrohung
ihrer sozialen Stellung (vgl. Nieser 1984: 4-6). Die Modernisierung innerhalb
der tradierten Strukturen schuf Aufstiegschancen in der postmodernen
Gesellschaft, verbunden mit der Illusion des Fortbestands der historischen
Bildungsprivilegien der Klassengesellschaft.
Es bleibt festzuhalten, dass die Reform des französischen Bildungswesens von
1959, die nach der Phase politischer Instabilität der IV. Republik (1946-1958)
erfolgte, den bestehenden Konflikt zwischen Elitebildung und Gleichheitsideal
nicht
zufrieden
stellend
löste.
Sie
schrieb
ihn
stattdessen
fest
(Restschulproblematik, frühe Einteilung in Zweige) und machte Folgereformen
nötig, die sich mit dem bleibenden Widerspruch zwischen dem Festhalten an
selektiven Bildungstraditionen und der Forderung nach Demokratisierung
auseinandersetzen mussten.
2.1.2 ,,Restauration statt Neuaufbau" - die strukturkonservative
Prämisse der bildungspolitischen Reformdebatte der alten
Bundesrepublik
Die unmittelbar nach Kriegsende 1945 einsetzende Debatte um die
Zukunft des deutschen Bildungssystems wurde zunächst geprägt von einer
Direktive der Alliierten Kontrollbehörde. Sie stammt aus dem Jahr 1947, war
betitelt ,,Grundsätze für die Demokratisierung des deutschen Bildungs-
wesens"
11
und forderte die Zonenbefehlshaber auf, eine Schulpolitik
einzuleiten, die die strukturellen und ökonomischen Hindernisse eines gleichen
Zugangs zu Bildung beseitigen sollte. Hinsichtlich der Schulstruktur wurde
festgelegt: ,,Alle Schulen für den Zeitraum der Pflichtschulzeit sollten ein
11
In der Direktive Nr. 54 der Alliierten Kontrollbehörde vom Juni 1947 formulierten die vier
Besatzungsmächte ihre gemeinsamen Forderungen nach Einführung der Stufenschule,
Lehrplanrevision und umfassender Demokratisierung der Schule und Schulverwaltung .
Kapitel 2 Ein politisches Tabu
10
zusammenhängendes Bildungssystem (comprehensive educational system)
darstellen" (Michael/Schepp 1993: 338). Die Übereinstimmung der Alliierten
beschränkte sich allerdings auf diese Grundziele und umfasste nicht etwa eine
einheitliche Vorstellung über die Formen der Machtausübung und
Programmdurchsetzung. Während die Sowjetische Militärverwaltung im Juli
1945 die Deutsche Zentralverwaltung für Volksbildung einrichtete und in einer
Direktive vom August 1945 und einem Gesetz zur Demokratisierung der
deutschen Schule von 1946 ihrer ideologischen Zielsetzung
12
den Weg
bereitete, versäumten es die westlichen Besatzungsmächte, Einrichtung und
Arbeit deutscher Administrationen sorgfältig vorzubereiten und zu
kontrollieren. Die Wiedereröffnung der Schulen in den drei Westzonen erfolgte
regional
unterschiedlich,
nach
Schularten
getrennt
und
auch
die
Schulverwaltung
blieb
weiterhin
nach
Schularten
organisiert
(vgl. Furck 1998: 245). Mit der Neukonstituierung der Landtage schrieben die
Länder der drei Westzonen teilweise in den Verfassungen, teils in eigenen
Schulgesetzen die überlieferten Schul- und Verwaltungsstrukturen fest. Die
Entscheidung der Westmächte, die Ausarbeitung des Entwurfs der zukünftigen
demokratisch- bundesstaatlichen Ordnung einem Parlamentarischen Rat zu
übertragen und dabei für das Bildungswesen allein die Auflage zu geben, den
Bundesinstitutionen keine Rahmenrechtskompetenz wie in der Weimarer
Verfassung dem Reich einzuräumen, begründete den Kulturföderalismus
(Kulturhoheit der Länder). Sie bedeutete endgültig die Verabschiedung vom
Konzept der Einheitsschule und die Wiederanknüpfung an alte, differenzierte
Schulstrukturen.
13
Sowohl in der Literatur der Nachkriegsjahrzehnte selbst als auch in der
späteren Literatur, die diese Epoche analysiert, wird immer wieder ihr
,,restaurativer Charakter" kritisiert. Bereits 1950 in Auseinandersetzung mit der
12
In den beiden Texten werden bereits Strukturreformen wie z.B. die Einführung des
Russisch als Pflichtfremdsprache ab der 5. Klasse, die absolute Trennung von Kirche und
Staat und die Einführung der Einheitsschule angekündigt (abgedruckt sind beide Texte in:
Michael/Schepp 1993: 335-337 und 341-346)
13
Einzig das Berliner Schulgesetz von 1948 nahm konsequent die Forderungen der Direktive
Nr.54 auf und sah strukturell die Einführung einer zwölfjährigen Einheitsschule mit
sechsjähriger Grundschule vor. Die politische Entwicklung der beiden Teilstaaten führte
allerdings bereits 1951 zur Anpassung an die Schulrechtssituation Hamburgs und
Bremens. Zur Schulgesetzgebung in den Bundesländern der Nachkriegszeit sieheAnnex 2.
Kapitel 2 Ein politisches Tabu
11
Politik des damaligen Bundeskanzlers Adenauer, die ,,keine Experimente"
14
,
auch nicht in der Bildungspolitik vorsah, heißt es in einem Leitartikel der
Zeitschrift ,,Frankfurter Hefte": ,,In dem harmlosen Wort ,,Wiederaufbau" hat
sich dieser Weg [der des geringsten Widerstandes] bereits 1945 angekündigt.
Angst, Bedürfnis nach Sicherheit und Bequemlichkeit waren stärker als Mut,
Wahrheit und Opfer, und so leben wir denn in einem Zeitalter der
Restauration" (Dirks/Kogon 1950: 942).
15
Und auch später wird im Hinblick
auf den versäumten Neubeginn vermerkt: ,,Niemals zuvor in der deutschen
Geschichte erschienen die Ausgangsbedingungen zwingender für die
überfällige Bildungsreform" (Friedeburg 1989: 282).
Die Gründe für die Dominanz dieser Tendenz zur Restauration im
Bildungswesen (trotz quantitativen Ausbaus) sind mehrschichtig. Mit der
unzureichenden Abstimmung der westlichen Besatzungsmächte, dem
anhaltenden Widerstand der Bildungsverwaltungen und der föderativen
Tradition wurden bereits drei Gründe aufgezeigt (vgl. Reuter 1998: 35). Hinzu
kommt die beginnende politische Abgrenzung der Westalliierten von den
Zielsetzungen der sowjetischen Besatzungszone, was zu einer verstärkten
Zusammenarbeit mit den Unionsparteien führte, dem einzig möglichen Partner
für eine antikommunistische und marktwirtschaftliche Politik. Die
Bildungsreform, die allerdings auf vehementen Widerstand innerhalb der
konservativen Kräfte traf, musste zurückgestellt werden. Im Dilemma
zwischen außenpolitischer und wirtschaftspolitischer Stabilisierung einerseits
und bildungspolitischer Reform andererseits erhielten die Außen- und
Wirtschaftspolitik Vorrang. Bei der Bildungspolitik mussten Abstriche
gemacht werden. Sie wurde zur Sache allein der Deutschen erklärt.
14
Wahlslogan der CDU im Bundestagswahlkampf 1957.
15
Beispiel eines restaurativen Elements im Bildungswesen ist neben der dreigliedrigen
Struktur des Sekundarschulbereichs die Wiedereinführung der konfessionell gegliederten
Volksschulen, die auf gegenüber den 1920er Jahren völlig veränderte gesellschaftliche
Bedingungen trafen. So hatte sich aufgrund der großen Flüchtlings- und Vertriebenen-
bewegung der Nachkriegszeit die Bevölkerung traditionell katholischer Orte mit
protestantischen Flüchtlingen gemischt (und umgekehrt). Zu einer Aufhebung der
Bekenntnisschulen kam es erst in den 1960er Jahren.
Kapitel 2 Ein politisches Tabu
12
In der Bundesrepublik Deutschland, so kann festgehalten werden, wurden die
Weichen in den unmittelbaren Nachkriegsjahren auf Restauration gestellt. Die
grundsätzliche Länderzuständigkeitsvermutung des Grundgesetzes (Art. 30ff,
70ff. GG) mit dem damit implizierten weitgehenden Verzicht des Bundes auf
die Möglichkeit inhaltlicher und struktureller Vorgaben zur Vereinheitlichung
der Länderbildungspolitiken eröffnete den Spielraum für die ideologische
Polarisierung der Bildungspolitiken je nach Couleur der Landesregierung.
2.2
Die verpasste Chance zur Strukturreform
Obgleich Frankreich und Deutschland nach 1945 grundverschiedene
Wege einschlugen, was die Struktur ihrer Bildungssysteme angeht, so ist ihnen
gemeinsam, dass sie das unmittelbare Nachkriegsjahrzehnt nicht für eine
grundlegende Strukturreform nutzten, weil die politischen Mehrheiten
zwischen Links und Rechts, zwischen Förderung der Leistungsfähigkeit und
Förderung der Bildungschancen der unteren sozialen Schichten wechselten,
aber weder auf der linken noch auf der rechten Seite der Wille vorhanden war,
ein leistungsfähiges und zugleich nicht diskriminierendes Schulsystem zu
suchen. Und auch die Reformphase der 1960er Jahre weist insofern eine
Gemeinsamkeit auf, als dass es beiden Ländern misslang, die Expansion des
Bildungsangebots der Sekundarstufe und des Hochschulsektors mit einer
einheitlichen, widerspruchsfreien Strukturreform zu verbinden. Diese
ungenutzte Chance legte - wie wir im folgenden sehen werden - die Grundlage
für die bis heute anhaltende Tabuisierung einer neuen Strukturreformdebatte.
2.2.1 Einzelmaßnahmen in Frankreich vermindern die soziale Selektion
nicht, sie zementieren sie.
In Frankreich erfolgten nach der réforme Berthoin, die trotz der
Einführung der Orientierungsstufe ihren Umverteilungseffekt weitgehend
verfehlte, weil die Schüler meist in der weiterführenden Schulform blieben, die
sie im Anschluss an die Grundschule für den Besuch der Orientierungsstufe
gewählt hatten, eine Reihe weiterer Reformen, auf die hier nicht im einzelnen
Kapitel 2 Ein politisches Tabu
13
eingegangen werden kann. Ausgehend von der Beobachtung, dass die
skizzierte Spannung zwischen Selektion und Orientierung im französischen
Bildungssystem bis heute besteht, soll hier lediglich an zwei Beispielen
aufgezeigt werden, wie mit der Frage der Schulstruktur nach der ersten
unzulänglichen Nachkriegsreform umgegangen wurde.
16
Nachdem das Kernproblem der réforme Berthoin deutlich wurde, folgte
1963 die Zusammenfassung der bisher getrennten Sekundarschulunterstufen
von lycée und Mittelschule (CEG) sowie der Primarschulabschlussklassen in
einem neuen Schultyp, dem collège d'enseignement secondaire (CES). Mit der
Einführung dieser additiven Gesamtschule gelang es zwar, einen deutlichen
Zuwachs der Sekundarschulabsolventen zu erreichen, die bisherigen Schul-
typen blieben allerdings innerhalb des CES als eigenständige Sektionen mit je
eigenen Bildungszielen erhalten.
17
Übergänge von einem in einen anderen
Zweig blieben eher eine Ausnahme. So wurde bereits Ende der 60er Jahre am
Problem der hohen Wiederholer- bzw. Abbrecherquote
18
deutlich, dass die
organisatorische Vereinheitlichung allein nichts an der Selektivität der Schule
verändert hatte, sondern dass sich das Restschulproblem der ehemaligen
Primarabschlussklassen innerhalb der CES fortsetzte. Auch hiermit war
folglich das strukturelle Problem nicht gelöst.
Auf die Maiunruhen von 1968, in denen sich auch die Unzufriedenheit
mit der Reformpolitik der 1960er Jahre entlud, folgte in den 70er Jahren eine
neue umfassende Strukturreform unter Bildungsminister René Haby. Die
Verabschiedung des Rahmengesetzes im Juni 1975 legte den Grundstein für
die Einrichtung einer integrierten Sekundarstufe I, die zwischen 1977 und 1981
eingerichtet wurde. Die dadurch entstandene eigenständige Bildungsstufe, das
so genannte collège unique, integrierte die bisherigen drei Sektionen und schuf
somit eine einheitliche Beobachtungsstufe (cycle commun, Klasse 6 und 7), in
der auf jede Form der Differenzierung verzichtet werden sollte, sowie eine
16
Zur heutigen Manifestation der Spannung zwischen Selektion und Orientierung siehe Teil
3.1.1 der vorliegenden Arbeit.
17
Der enorme Schülerzuwachs im Sekundarbereich (siehe Annex 3) in den 1960er Jahren
ging einher mit einer Versechsfachung der Bildungsausgaben zwischen 1952 und 1971.
18
Während 1974/75 6,89% der Schüler/innen die 3
ème
(letzte Klasse vor dem Übergang zur
Sekundarstufe II) wiederholten, stieg diese Quote 1977/78 auf 7,48% und 1979/80 auf
8,96% (vgl. Legrand 1983: 185).
Kapitel 2 Ein politisches Tabu
14
wahlfachdifferenzierte Orientierungsstufe (Klasse 8 und 9), die zwischen
sprachlichem und technologischem Schwerpunkt differenzierte. Der Übergang
von der 5jährigen Grundschule auf das collège unique vollzieht sich seither für
alle Schüler/innen automatisch.
Aber auch hier wurden bereits nach wenigen Jahren verbleibende
Probleme offenkundig. In einer, nach dem Regierungswechsel 1981 vom neuen
sozialistischen Erziehungsminister in Auftrag gegebenen Bilanzierung heißt es:
Das collège unique gibt es in Wirklichkeit nicht. Nur eine beträchtliche
Anstrengung wird eine weitere Verschlechterung der Schulsituation in diesem
Bereich verhindern können. Eine weitere Entwicklung segregativer Zweige für
Kinder aus ohnehin sozial benachteiligten Schichten kann nicht länger
hingenommen werden (vgl. Commission du Bilan 1981: 46 und 52). Diese
Bilanz ist als Reaktion darauf zu verstehen, dass faktisch die Einteilung in
Wahlpflichtfächer in der Orientierungsstufe erneut zur Herausbildung
selektiver Zweige geführt hat, wobei die schwächeren Schüler in die
Technologiefächer orientiert wurden, während die Leistungsstärkeren die
Sprachfächer (und besonders die als schwierig eingestuften Sprachen Latein
und Deutsch) auswählen konnten (vgl. ebd.: 48).
Aus der näheren Betrachtung der drei skizzierten Reformen (Reform
Berthoin 1959, Reform Fouchet 1963 und Reform Haby 1975) lassen sich
folgende Schlüsse ziehen: In Frankreich hat seit dem Ende des Zweiten
Weltkriegs ein struktureller Anpassungsprozess an die sich jeweils stellenden
Herausforderungen stattgefunden. Das Thema Strukturreform wurde also nicht
ausgeblendet. Dennoch ist festzustellen, dass bereits 1947 mit dem Langevin-
Wallon-Plan ein Reformkonzept vorlag, das den meisten Reformen der
folgenden Jahrzehnte als Referenz diente, ohne jedoch in voller Konsequenz
Anwendung zu finden. Heißt es darin beispielsweise ,,Die Demokratisierung
des Bildungswesens soll sich weniger auf dem Wege einer Selektion
vollziehen, die die Höchstbegabten vom Volk entfernt, als vielmehr durch eine
kontinuierliche Anhebung des Bildungsstandes der Nation in ihrer Ganzheit"
(Langevin/Wallon 1947: 4), so klingt das einerseits auch heute noch aktuell
und wirft gleichzeitig die Frage nach den Gründen für das beharrliche
Kapitel 2 Ein politisches Tabu
15
Wiederauftauchen selektiver Elemente im französischen Bildungswesen auf.
Zur Beantwortung sei erneut auf die starke französische Bildungstradition
verwiesen und die daraus erwachsenen Korporationen, die ihre Partikular-
interessen vehement verteidigen (siehe Annex 1). Donegani und Sadoun
sprechen in ihrer Analyse des Reformprozesses des Sekundarschulbereichs
zwischen 1945 und 1976 von einer ,,analyse d'une non-décision". Damit
bringen sie zum Ausdruck, dass zwar ein Anpassungsprozess stattgefunden hat,
diesem jedoch keine eindeutige Entscheidung für ein konsequentes
Reformkonzept zu Grunde lag: ,,il se produit entre non-vouloir et pouvoir une
alliance objective qui, rejetant le vouloir dans l'opposition, conduit au blocage
de toute activité réformatrice" (Donegani/Sadoun 1976: 1132). Ergebnis dieses
Anpassungsprozesses sei nach wie vor eine Schulstruktur, die zur
Reproduktion sozialer Ungleichheit durch die herrschende Klasse führe, so
ergab die Analyse Bourdieus in den 1970er Jahren. Mit seiner provozierenden
Diagnose der ,,Illusion der Chancengleichheit" legte er einerseits schonungslos
die verbleibenden strukturellen Defizite des französischen Schulsystems offen
und rückte andererseits die Bedeutung soziokulturell bedingter schicht-
spezifischer Benachteiligungen ins Blickfeld. Weder inhaltliche noch
strukturelle Reformmaßnahmen haben seither die benannten drei Kern-
probleme Niveauunterschiede zwischen den collèges, durch interne Selektion
bedingte schichtspezifische Benachteiligung, hohe Schulabbrecherquote
beseitigen können. Während auf politischer Ebene andere Themen auf die
oberen Prioritätenplätze rückten, was sich nicht zuletzt am Rückgang der
Bildungsausgaben
19
in den 1990er Jahren erkennen lässt, spiegelt sich im
durchgängig gebrauchten Terminus der inadaption, der Nichtanpassung der
Schule an die veränderten gesellschaftlichen Bedingungen, ein gewisser
Bildungspessimismus in der Bevölkerung.
19
Zwischen 1994 und 1996 betrugen die Bildungsausgaben 7,3% des BSP. Sie sanken
zwischen 1997 und 1999 und pendelten sich seit 2003 bei 7,1% ein.
Kapitel 2 Ein politisches Tabu
16
Auf struktureller Ebene hat in Frankreich ein Reformprozess stattgefunden, der
zu einer Verschiebung der Problematik von Selektion und Orientierung auf die
höheren Stufen des Bildungssystems geführt hat, anstatt die darin enthaltene
Spannung grundsätzlich aufzuheben. Ferner erwies sich eine Demokratisierung
des Bildungswesens allein durch strukturelle Maßnahmen und die Herstellung
einer formalen Startchancengleichheit als unmöglich. In eine neue Debatte um
weitergehende Demokratisierung und Herstellung von Chancengleichheit
müssen zwingend soziokulturell bedingte schichtspezifische Benachteiligungen
einerseits und inhaltlich-curriculare Aspekte andererseits mit einbezogen
werden.
2.2.2 Die Gesamtschuldebatte der 1970er Jahre in Deutschland
ideologische Polarisierung verdrängt die empirische Bildungs-
forschung
Die Restauration überkommener Bildungsstrukturen und die damit
einhergehende Auseinanderentwicklung der Länderbildungssysteme geriet in
der Bundesrepublik in den 1950er Jahren in die Kritik, zunächst in
Fachkreisen, als unter dem Einfluss eines OECD-Konferenzberichts
20
der
Zusammenhang zwischen Wirtschaftswachstum und dem Ausbau des
Erziehungswesens thematisiert wurde und die Kultusministerkonferenz
21
eine
umfassende Bedarfsfeststellung u.a. für Schulwesen und Lehrerbildung
vorlegte.
22
Mit dem Schlagwort von der ,,deutschen Bildungskatastrophe" und
der Formel "Bildungsnotstand heißt wirtschaftlicher Notstand" fachte der
Pädagoge Georg Picht die öffentliche Reformdiskussion an (Picht 1964: 17)
und prognostizierte das baldige Ende des wirtschaftlichen Aufschwungs, wenn
nicht binnen eines Jahrzehnts die Abiturientenzahl mindestens verdoppelt
20
KMK Dokumentation Nr. 2: OECD-Konferenz in Washington 1961. Bonn 1962.
21
Die Länder der Westzonen hatten bereits 1948 eine freiwillige Arbeitsgemeinschaft
gebildet, um eine Zersplitterung des Bildungswesens zu verhindern. Die als ,,Ständige
Konferenz der Kultusminister der Länder" seither bestehende Institution hat die Aufgabe
,,Angelegenheiten der Kulturpolitik von überregionaler Bedeutung mit dem Ziel der
gemeinsamen Meinungs- und Willensbildung und der Vertretung gemeinsamer Anliegen"
zu behandeln (KMK 1969).
22
Festgestellt wurde ein Mangel an hinreichend vorgebildeten Arbeitskräften, die
Unterrepräsentanz bestimmter Gruppen (Mädchen, Landkinder, Kinder aus der
Arbeiterschicht, katholische Kinder) im Schulsystem sowie unterschiedliche Bildungs-
chancen je nach Bundesland und Region (vgl. Furck 1998: 251).
Kapitel 2 Ein politisches Tabu
17
würde und bis 1970 Lehrer für zusätzliche zwei Millionen Schüler zur
Verfügung stünden (vgl. ebd.: 20-24). Erweitert wurde die Debatte durch das
Plädoyer Dahrendorfs ,,Bildung ist Bürgerrecht", in dem einerseits mit der
Kunstfigur des "katholischen Arbeitermädchens vom Lande" auf alle das
damalige Bildungssystem charakterisierenden Ungleichheiten verwiesen wird
und andererseits das Versprechen auf möglichen sozialen Aufstieg durch
Bildung zum Ausdruck kommt (vgl. Dahrendorf 1965: 65-81).
23
In dieser Phase der öffentlichen Reformbereitschaft geriet auch die
Reformpolitik in den Ländern neu in Bewegung. Die Kultusminister erklärten
auf der 100. Plenarsitzung 1964 die Periode des Wiederaufbaus des
Schulwesens für abgeschlossen. Die Weiterentwicklung müsse nunmehr die
,,in allen Staaten gleichlaufenden Bedürfnisse der modernen Industrie-
gesellschaft" berücksichtigen (KMK 1964). Aus dem Protokoll dieser
Plenarsitzung und aus anderen Verlautbarungen
24
dieser Jahre geht hervor, dass
sich unter den Kultusministern der Länder ein parteiübergreifender
Grundkonsens herausgebildet hatte. Einig war man sich über die
Notwendigkeit
einer
langfristigen,
umfassenden,
länderübergreifenden
Bildungsplanung mit den Zielen der Anhebung des gesamten Ausbildungs-
niveaus durch Erhöhung des Anteils gehobener Bildungsabschlüsse je
Altersklasse sowie der Verstärkung der Durchlässigkeit unter den bestehenden
Schulen. Diesem Konsens zu verstärkter Bildungsplanung entsprach auch die
Einberufung des ,,Deutschen Bildungsrats".
25
Er empfahl im Mai 1969 die
,,Einrichtung von Schulversuchen mit Gesamtschulen" und zeigte damit, dass
es durchaus einen breiten fachlichen Konsens über die Richtung der
Strukturentwicklung gab.
23
Frommelt und Klemm erläutern die vierfache Dimension der Kunstfigur, die auf
konfessionelle, schichtspezifische, geschlechtsspezifische und regionale Benach-
teiligungen verweist (vgl. Böttcher/ Klemm 2000: 15).
24
Im ,,Hamburger Abkommen" von 1964 einigten sich die Kultusminister auf die
Ausdehnung der Schulpflicht auf neun (wahlweise zehn) Jahre (§9/1) durch Schaffung der
Hauptschule als selbstständiger Schule der Sekundarstufe 1, auf die Einführung des
Prinzips des Fachunterrichts und die Verankerung des Prinzips der Wissensorientierung
(vgl. Michael/Schepp 1993: 418-423).
25
Der Deutsche Bildungsrat (1965-1975) war ein mit Wissenschaftlern besetztes Beratungs-
gremium, dem eine Regierungskommission mit Vertretern des Bundes und der Länder zur
Seite gestellt wurde. Sein Auftrag bestand in der Erarbeitung von Empfehlungen für die
Entwicklung des Bildungswesens und in der Prüfung von Möglichkeiten ihrer finanziellen
und rechtlichen Umsetzung.
Kapitel 2 Ein politisches Tabu
18
Empfohlen wurde darin der koordinierte Aufbau von Versuchsschulen
mit einer zunächst 10jährigen Erprobungsphase mit dem Reformziel der
Anhebung des allgemeinen Bildungsniveaus auf einen mittleren Bildungs-
abschluss für alle, Einführung der Orientierungsstufe und langfristig der
integrierten
Gesamtschule
als
Regelmodell
im
Sekundarbereich
(vgl. Michael/Schepp 1993: 423-435). Die Empfehlung zur ,,Einrichtung von
Schulversuchen" weist darauf hin, dass bereits während der Verhandlungen des
Bildungsrats unterschiedliche Vorstellungen der Kultusminister über die
Ausgestaltung des neuen Schultyps bestanden. Grundlage des Konsenses war
die Verpflichtung, die konkurrierenden Modelle der Kombination von
Breitenförderung und sozialer Integration mit Leistungsförderung und
Leistungsselektion dem Test eines methodisch angelegten Ergebnisvergleichs
zu unterwerfen. Der Konsens zerbrach, als das linke politische Lager
Gesamtschulen einführte und sich dem Korrektiv der empirischen Messung der
Zielerreichung entzog und das konservative politische Lager die
Mobilisierungschancen der Ängste der Mittelschicht vor der Entwertung der
privilegierten
Bildungsabschlüsse
erkannte
(vgl.
Holtappels/
Rösner
2000: 117).
26
Ein Konsens zur Einführung einer Einheitsschule konnte nicht
erreicht werden (siehe Annex 4). Die SPD/FDP Regierung unter Brandt setzte
1969 unter der Devise ,,Mehr Demokratie wagen" die Bildungspolitik an die
Spitze der Reformen und nahm die Empfehlungen des Bildungsrates
weitgehend in ihr Regierungsprogramm auf. Die SPD-geführten Länder
richteten die Gesamtschulen so einseitig an der Breitenförderung aus, dass ihre
Kultusminister den Leistungsvergleich mit den Gymnasien und Realschulen
scheuten und einer unabhängigen vergleichenden Überprüfung zwanzig Jahre
lang auswichen. Diese Schwachstelle erlaubte den CDU-regierten Ländern,
Gesamtschulen als Bedrohung des Werts der Bildungsbeschlüsse hinzustellen
und von dem schon erreichten Konsens über eine Strukturreform wieder
abzurücken (vgl. ebd). Es folgte eine zunehmende Konfrontation der KMK, die
zur Auflösung des Bildungsrates (1975) führte und schließlich im Scheitern der
26
Schon hier sei auf die Parallele zur aktuellen Situation Deutschlands verwiesen. Ebenso
wie in den 1960er Jahren die Krisenstimmung eine vorübergehende Lockerung der
schulpolitischen Gegensätze bewirkte, ist dies seit dem Pisa-Schock in ähnlicher Weise zu
beobachten.
Kapitel 2 Ein politisches Tabu
19
Fortschreibung
des
Bildungsgesamtplans
27
und
der
Beendung
der
Versuchsphase der Integrierten Gesamtschule 1982 mündete. Seither nehmen
die Gesamtschulen - in den Bundesländern, die sich an den Modellversuchen
beteiligten - einen Platz neben den herkömmlichen Schulformen im
Sekundarbereich ein. Der Versuch, das gegliederte Schulsystem durch die neue
Form der Gesamtschule abzulösen, wurde wegen des politischen Widerstands
stillschweigend aufgegeben. Zwanzig Jahre lang war das Thema aus dem
politischen Bewusstsein verdrängt.
Abschließend lässt sich im Hinblick auf die Frage, warum die Schulstrukturen
sowohl in Frankreich, als auch in Deutschland derzeit kein Thema des
bildungspolitischen Diskurses sind, folgendes festhalten:
In den ersten Nachkriegsjahrzehnten haben beide Länder eine einmalige
Reformchance verpasst, die sich aufgrund der politischen Ausnahmesituation
ergab. Seither haben die unterschiedlichen Interessengruppen miteinander
gerungen, ohne dass sich daraus ein widerspruchsfreies Reformkonzept hätte
herausbilden können, so dass schließlich der Status quo als unabänderlich
akzeptiert wurde. Die bürgerliche Mehrheit kämpfte unter der Utopie der
klassenlosen Gesellschaft für die Bewahrung einer Schulstruktur der
Bildungsprivilegien. Die Linke forderte unter dem Programm gleicher
Bildungschancen die Öffnung des Zugangs zu den privilegierten
Bildungsabschlüssen. Beide Seiten ignorierten die Folgen der Modernisierung
in einer historischen Schulstruktur für die neue Unterschicht der Migranten.
Insofern können bereits die halbherzigen Strukturreformen der Nachkriegsjahre
als Ausdruck einer Tabuisierung bezeichnet werden: in Frankreich bezüglich
der Ursachen für die ausgeprägte Selektivität der Strukturen zur Reproduktion
einer Elite, in Deutschland in Hinblick auf die frühzeitige Laufbahn-
entscheidung der Kinder durch Zuweisung auf eine Schulform des
27
Unter der großen Koalition wurde darin kommt die vorübergehende Bereitschaft zur
Kooperation zum Ausdruck durch Grundgesetzänderung (Art. 91b) die Möglichkeit des
Zusammenwirkens von Bund und Ländern bei der Bildungsplanung verankert. Daraufhin
wurde 1970 die Bund-Länder- Kommission für Bildungsplanung (BLK) mit der Aufgabe
eingerichtet, ,,einen gemeinsamen Rahmenplan für eine abgestimmte Entwicklung des
gesamten Bildungswesens" vorzubereiten. Die Einigung auf einen gemeinsamen Bildungs-
gesamtplan gelang allerdings nicht (vgl. Furck 1998: 252).
Kapitel 3 Ausgrenzung statt Integration
20
Sekundarbereichs. Während jedoch in den 1960er/70er Jahren zunächst noch
offen über Alternativen diskutiert wurde, ist das Thema Strukturreform nach
und nach von der politischen Agenda verschwunden. Für eine Strukturreform
bedürfte es in Deutschland aufgrund der föderativen Struktur eines Konsenses
zwischen den Kultusministern der Länder und in Frankreich der Einsicht der
politischen Klasse, die elitären Reproduktionsstrukturen, von denen sie selber
geprägt ist, nachhaltig zu verändern.
3.
Befunde der Bildungsforschung: Die Schulstrukturen
diskriminieren Schüler mit Migrationshintergrund.
Es ist vor allem eine Schülergruppe, an der sich die gravierenden Struk-
turmängel der Bildungssysteme Frankreichs und Deutschlands heute zeigen:
die Schüler/innen
28
mit Migrationshintergrund. Bei der Betrachtung dieser
Gruppe muss zunächst die gängige Vorstellung, es handele sich um eine
homogene Gruppe, in der alle dazugehörigen Schüler in gleicher Weise
schlecht in die Schulsysteme integriert seien, als zu pauschal zurückgewiesen
werden. Es bestehen erhebliche Unterschiede der Wertschätzung von Bildung
als kulturellem Kapital, in Hinblick auf den sozioökonomischen Hintergrund
der Familien und in Bezug auf die soziale Kontrolle im Einwanderungsland
durch Herkunftskultur und Netzwerke der eigenen Ethnie. Auf der hier
gewählten Betrachtungsebene kann allerdings von diesen Unterschieden
abstrahiert werden, geht es doch darum, den Teil der Schüler mit
Migrationshintergrund zu fokussieren, der in den Schulsystemen Frankreichs
und Deutschlands aufgrund struktureller Barrieren schlecht abschneidet. Ferner
werden in der folgenden Analyse wenn immer möglich - für den Zeitraum vor
der PISA Studie liegt allerdings kein ausreichendes Zahlenmaterial vor -
explizit Schüler mit Migrationshintergrund in den Blick genommen und nicht
28
Zur Vereinfachung der Lektüre sind im Folgenden mit ,,Schülern mit Migrations-
hintergrund" beide Geschlechter gemeint.
Kapitel 3 Ausgrenzung statt Integration
21
allein Migrantenkinder oder Schüler ausländischer Herkunft. Diese
Betrachtungsweise nimmt nicht nur - wie bis heute z.B. die Bevölkerungs-
statistiken beider Länder - den Teil der Schülerschaft in den Blick, der über
eine andere als die französische, bzw. deutsche Staatsbürgerschaft verfügt,
sondern bezieht als Kriterium neben der Nationalität der Schüler auch das
Herkunftsland der Eltern ein. Auf der Grundlage dieses Konzepts kann ein
neues Licht auf die Dimension der Gruppe ,,Kinder und Jugendliche mit
Migrationshintergrund" und damit auf das Versagen der Schulsysteme
Deutschlands und Frankreichs angesichts der Herausforderungen, die die
Migration an die Systeme stellt, geworfen werden.
29
3.1
Die frühe Selektion sorgt für Ausgrenzung der Schüler mit
Migrationshintergrund.
Trotz Bildungsexpansion und Reformmaßnahmen zur Demo-
kratisierung der Bildungssysteme sind die Chancen für Schüler mit Migrations-
hintergrund, einen höheren Bildungsabschluss zu erwerben, in Deutschland
und Frankreich gering. Dabei zielte der bildungspolitische Diskurs beider
Länder lange auf die Legitimierung oder Delegitimierung der jeweiligen
Wirkweise der Strukturen und übersah die Aufgabe der Integration der Schüler
mit Migrationshintergrund. Mehr noch, in beiden Ländern diente der stetig
wachsende Anteil der Migranten auf dem Arbeitsmarkt der politischen Klasse
zur politischen Mobilisierung der Ängste der Wählergruppen, die von
Arbeitslosigkeit und Statusverlust bedroht sind mit der Folge, dass die
Strukturprobleme des Bildungssystems verdrängt wurden.
29
Für die Bundesrepublik Deutschland ergibt sich im Frühsommer 2000 ein Migrationsanteil
von 21,7%, bei einem über die Staatsbürgerschaft definierten Ausländeranteil von nur
9,3% (vgl. Klemm 2004: 208). Für Frankreich ergibt sich zum selben Zeitpunkt ein
Migrationsanteil von 25,1%, gegenüber einem ebenso definierten Ausländeranteil von
5,6% (vgl. Baumert / Schüler 2001: 348 und Lebon 2002).
Kapitel 3 Ausgrenzung statt Integration
22
3.1.1 Die Selektion im französischen System erfolgt versteckt.
Seit den Bildungsreformen der Nachkriegsjahre und der schrittweisen
Einführung des collège unique 1975 könnte ein erster Blick auf das
französische Bildungssystem den Schluss nahe legen, es sei dadurch der Weg
zu Chancengleichheit, d.h. zur Dominanz von Orientierung gegenüber
Selektion geebnet worden. Der bemerkenswerte Anstieg der Absolventen des
baccalauréat
30
von 4 % 1945 auf 11% 1960 und sogar 62 % 1998
veranschaulicht das Ausmaß der Öffnung des Bildungssystems durch die
Bildungsreformen (vgl. Brauns 1998: 71, Auduc 2000: 16). Dabei ist
festzustellen, dass sich zwar die Chancenverhältnisse der Schüler aus den
unteren Herkunftsgruppen auf den Erwerb des Abiturs verbessert haben, dass
von einer Egalisierung der Bildungschancen allerdings keine Rede sein kann.
Während die Chance, das baccalauréat zu erwerben, für Arbeiterkinder in der
ersten Klasse der Sekundarausbildung zwischen 1962 und 1980 von 12,3% auf
25,3% anstieg, wuchs im gleichen Zeitraum die Chance für Kinder leitender
Angestellter, freiberuflich Tätiger oder Sekundar- bzw. Hochschullehrer von
55,3% auf 74 %. Die Zahlen zeigen, dass zwar einerseits die Bildungsreformen
zu einer höheren Bildungsbeteiligung auch der unteren sozialen Schichten
beigetragen haben, dass jedoch andererseits die markanten sozialen Unter-
schiede zwischen den genannten Zeitpunkten nicht nur fortbestehen, sondern
sich sogar noch verstärkt haben (vgl. Brauns 1998: 70ff). Wird nun gleichzeitig
berücksichtigt, dass 1995 68,5% der Kinder mit Migrationshintergrund, die die
erste Klasse der Sekundarschule besuchten, aus Arbeiterfamilien stammten, so
wird deutlich, dass es heute überproportional viele Schüler dieser Personen-
gruppe sind, die zu den Benachteiligten im Bildungssystem gehören
(vgl. INSEE 2005: 99).
Diese Disparitäten, die die soziale Realität des französischen Schul-
alltags prägen, stehen in einem Spannungsverhältnis zum Gleichheitsanspruch,
durch den das französische Bildungsmodell gekennzeichnet ist. Das gemeinhin
30
Das französische baccalauréat ist gleichzusetzen mit dem deutschen Abitur. Beide
Abschlüsse sind Zugangsvoraussetzung für den tertiären Bildungssektor.
Kapitel 3 Ausgrenzung statt Integration
23
als ,,Republikanische Integration" bezeichnete Modell sieht eine Trennung von
öffentlicher und privater Sphäre vor. Im Hinblick auf erstere wird von den
Immigranten Anpassung durch Respekt der grundlegenden Normen der
öffentlichen Grundordnung sowie kulturelle Assimilation erwartet. Kulturelle,
ethnische und religiöse Unterschiede fallen in den Bereich des Privaten
(vgl. Beger 2000: 91-92). Die Integration ins öffentliche Leben, so sieht es die
Theorie vor, vollzieht sich über die laizistische Schule, die neben notwendigem
Wissen auch die republikanischen Werte (liberté, égalité, fraternité und laicité)
vermittelt. Der so erhobene Universalitätsanspruch - kulturelle Partikularismen
sollen in der öffentlichen Sphäre zugunsten der universalen republikanischen
Werte zurückgestellt werden - manifestiert sich in einer formalen
Gleichstellung, die sowohl eine Sonderbehandlung im Sinne ,,positiver
Diskriminierung" als auch im Sinne von separierter Beschulung ausschließt.
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3.1.2
Ausgrenzung trotz universalistischer Bildungsideologie
Vor dem Hintergrund des universalistischen Bildungsmodells lassen
sich folgende Phasen der Ausländerpolitik unterscheiden:
a) Einwanderungspolitik auf Basis des republikanischen Modells
Das republikanische Bildungsmodell hat erfolgreich die historische kulturelle
und sprachliche Vielfalt Frankreichs in einen nationalen Sprach- und
Kulturraum transformiert. Es hatte eine hohe Akzeptanz, weil die regionalen
Minderheiten ein verkleinertes Abbild der Sozialstruktur des ganzen Landes
waren und die Kinder ihrer Eliten durch das Schulsystem zu Mitgliedern der
nationalen Führungsschicht wurden. Es war geeignet, Savoyarden, Korsen,
Elsässer und Basken, später die aus Algerien zurückgekehrten ,pieds noirs' in
die französische Nation zu integrieren (vgl. Thélot/ Bourdon 2001: 54, Corbett/
Moon 1996: 230-232). Nach dem Zweiten Weltkrieg diente es als Grundlage
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In der Praxis wird verschiedentlich von dem Gleichbehandlungsgebot abgewichen: So
durch die 1970 eingeführten Integrationsmaßnahmen für Neuankömmlinge aus anderen
Ländern und durch die seit 1981 bestehenden Zones d'éducation prioritaire (ZEP), die
aufgrund eines besonders hohen Anteils an Risikoschülern mehr Gelder zugeteilt
bekommen.
Details
- Seiten
- Erscheinungsform
- Originalausgabe
- Erscheinungsjahr
- 2006
- ISBN (eBook)
- 9783832496258
- ISBN (Paperback)
- 9783838696256
- DOI
- 10.3239/9783832496258
- Dateigröße
- 1.6 MB
- Sprache
- Deutsch
- Institution / Hochschule
- Universität Münster – 6, Erziehungswissenschaft und Sozialwissenschaften, Politikwissenschaft
- Erscheinungsdatum
- 2006 (Juni)
- Note
- 1,3
- Schlagworte
- bildungspolitik bildungsforschung pisa integration schulsystem
- Produktsicherheit
- Diplom.de