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Innovationskultur, Netzwerkperspektive und Know-How-Transfer im Uppsala-Modell

Eine Weiterentwicklung des Internationalisierungsprozesses für KMU anhand ausgewählter Umfeldgrößen

©2005 Diplomarbeit 148 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Problemstellung:
Auf dem Gebiet der klein- und mittelständischen Unternehmen ist heute zunehmend der Trend zu Internationalisierungsaktivitäten festzustellen, der sich bei KMU früher nicht in diesem Ausmaß beobachten ließ. Ein Grund mag im konsequenten Abbau von Handelsbarrieren mit dem Ziel einer allgemeinen Marktharmonisierung durch die Europäische Union zu finden sein.
Obwohl die Anzahl der durchgeführten Studien zu mittelständischen Unternehmen seit Mitte der 90er Jahre vor allem Dank einer ganzheitlicheren Erhebung durch die seit 1993 jährlich veröffentlichte ENSR-Studie erfolgt, bleibt deren Umfang im Vergleich zu entsprechenden Untersuchungen mit Fokus auf Großunternehmen gering. Bislang wurde in der wirtschaftswissenschaftlichen Literatur hauptsächlich der Internationalisierungsgang und das Investmentmuster von Großunternehmen beleuchtet und detailliert analysiert, die Prozesse bei Klein- und Mittelunternehmen und im speziellen deren beeinflussende und interagierende Faktoren, wie dies in der vorliegenden Arbeit durch die Implementierung der Innovationskultur, Netzwerkperspektive und des Know-How-Transfers untersucht werden soll, wurde noch nicht ausreichend erforscht.
Weitere Zusatzfaktoren werden in das bestehende und anerkannte Uppsala-Modell von Johanson und Vahlne mit aufgenommen, um eventuelle Schwächen von KMU aufzuzeigen und dem sensibleren, da ressourcenmäßig gratwandernden Internationalisierungsweg dieser Unternehmungen genüge zu leisten.
Die Begründung für die Wahl des Uppsala-Modells zur Auseinandersetzung mit dem Konzept auf theoretischer Ebene und somit als Basis für die vorliegende Arbeit stützt sich auf dem Internationalisierungsmuster, der im Uppsala-Modell für Unternehmungen angenommen wird und sich in empirischen Studien als typisch für den Internationalisierungsverlauf vor allem von KMU herausstellte. Zudem waren die heute sehr aktuellen Faktoren Wissen, Lernen und Erfahrung bereits in den 70er Jahren Bestandteil des Modells.
Ein genauere Ausführung und Begründung für die Auswahl soll aber an späterer Stelle, in Kapitel 3.1., stattfinden.
Die Forschungsfragen stellen sich für diese Arbeit wie folgt dar:
- Welche Faktoren sind es, die den Internationalisierungsprozess der Unternehmung auf Basis des Uppsala-Modells an sich beeinflussen und wie sieht das Zusammenspiel der Faktoren untereinander aus?
- Inwieweit wirken zusätzliche Größen, wie z. B. Innovationskultur, Netzwerkperspektive und […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


4
4
1.
Einleitung
1.1.
KMU und Internationalisierung auf europäischer Ebene
1
1.2.
Problemstellung
5
1.3.
Forschungsfragen
6
1.4.
Zieldefinition
7
2.
Begriffsdefinition
2.1.
Quantitative Eingrenzung KMU
8
2.2.
Qualitative Eingrenzung KMU
9
2.3.
Definition einer internationalen Unternehmung
12
2.4.
Globalisierung vs. Internationalisierung
13
3.
Das Uppsala-Modell
3.1.
Begründung für die Wahl des Uppsala-Modells
16
3.2.
Dem Uppsala-Modell zugrunde liegende Theorien
20
3.2.1. Penrose ­ ,,The theory of the growth of the firm"
20
(Theorie des Unternehmenswachstums)
3.2.2. Cyert und March ­ "A Behavioral Theory of the firm"
21
(Behavioristische Theorie der Unternehmung)
3.2.3. Aharoni ­ "The Foreign Investment Process"
21
(Theorie der Direktinvestition)
3.2.4. Vernon ­ "Product Lifecycle Theory"
22
(Produkt-Lebenszyklus Theorie)
3.3.
Das Uppsala-Modell
23
3.3.1. Das Internationalisierungsmuster
24
3.3.2. Das Internationalisierungsmodell
25
3.4.
Kritische Würdigung des Uppsala-Modells
28

5
5
3.5.
Weiterentwicklung und Implementierung des Uppsala-Modells
30
3.5.1. Innovationskultur
32
3.5.1.1.
Charakterisierung bzw. Definition einer Innovationskultur
34
3.5.2. Netzwerkperspektive
40
3.5.3. Know-How-Transfer unter Einbeziehung des Bochumer Modells
45
4.
Das EPRG-Konzept im Sinne des Uppsala-Modells
4.1.
Ethnozentrische Orientierung
57
4.2.
Polyzentrische Orientierung
59
4.3.
Geozentrische Orientierung
61
4.4.
Regiozentrische Orientierung
64
5.
KMU im Kontext der Internationalisierung
5.1.
Motive der internationalen Geschäftstätigkeit
66
5.1.1. Proaktive Internationalisierungsmotive
69
5.1.1.1.
Verfügbarkeit der Ressourcen
70
5.1.1.2.
Kosten der Produktionsfaktoren
71
5.1.1.3.
Zins- und Steuerunterschiede
72
5.1.1.4.
Wirtschaftsförderungsmaßnahmen
72
5.1.1.5.
Wirtschaftlicher Entwicklungsgrad
73
5.1.1.6.
Wettbewerbsvorteile
74
5.1.1.7.
Economies of Scale
75
5.1.1.8.
Synergieeffekte
76
5.1.1.9.
Prestige
76
5.1.1.10.
Der Unternehmer
77
5.1.2. Reaktive Internationalisierungsmotive
79
5.1.2.1.
Internationalisierung der Geschäftspartner
79
5.1.2.2.
Risikostreuung
80
5.1.2.3.
Internationalisierung der Wettbewerber
81
5.1.2.4.
Überwindung von Handelsbarrieren
82
5.1.2.5.
Gesetze und Restriktionen am Heimatmarkt
83

6
6
5.2.
Besonderheiten der Internationalisierung von KMU
84
5.2.1. Netzwerkproblematik
84
5.2.2. Differierende Internationalisierungsmotive
85
5.2.3. Organisationsstruktur
86
5.3.
Besondere Stärken und Schwächen kleiner und mittlerer
Unternehmen im Internationalisierungsprozess
91
5.3.1. Besondere Stärken im Internationalisierungsprozess
91
5.3.1.1.
Flexibilität
92
5.3.1.2.
Neue Ideen und Innovationskooperationen
94
5.3.1.3.
Flache Hierarchien
99
5.3.1.4.
Individualität und Kundenorientierung
104
5.3.1.5.
Persönliche Beziehungen im Unternehmen
106
5.3.1.6.
Entrepreneurship bzw. Unternehmertum
108
5.3.2. Besondere Schwächen im Internationalisierungsprozess
110
5.3.2.1.
Fehlende Marktmacht
110
5.3.2.2.
Die Persönlichkeit des Unternehmers
112
6.
Fazit/Implikationen aus dem angewendeten und erweiterten Uppsala-Phasenmodell
6.1.
aus dem weiterentwickelten Uppsala-Modell
und weiterführende Ansatzpunkte
113
6.2.
aus den Analysen der Typologien von
Internationalisierungsstrategien
115
6.3.
aus den Analysen der Internationalisierungsmotive
115
6.4.
aus den Analysen der Besonderheiten bei der
Internationalisierung von KMU
116
6.5.
aus den Analysen der Stärken und Schwächen kleiner und
mittlerer Unternehmungen im Internationalisierungsprozess
117
6.6.
Gesamtresumée
118
7.
Bibliographie

7
7
Abbildungsverzeichnis
Abb. 1-1: Exportaktivitäten von KMU, aufgeteilt in Größenklassen
2
Abb. 1-2: Anteil der KMU mit Tochtergesellschaften/Zweigniederlassungen/Joint Ventures
im Ausland (in Prozent, nach Land)
3
Abb. 2-3: Alte und neue Verordnung zur Definition von KMU
8
Abb. 3-4: Das Uppsala-Modell, im Original
23
Abb. 3-5: Internationalisierungsformen und ­sequenz, inkl. Netzwerkperspektive
27
Abb. 3-6: Das Zusammenspiel statischer und dynamischer Aspekte im
Internationalisierungsmodell der Uppsala-Schule, modifiziert
31
Abb. 3-7: Dimensionen organisationaler Innovativität
38
Abb. 3-8: Netzwerkbildung von Großunternehmen und KMU
43
Abb. 3-9: ,,Two types of knowledge" kombiniert mit "Knowledge spiral",
auf Uppsala-Konzept modifiziert
46
Abb. 4-10: Typologien von Internationalisierungsstrategien nach Perlmutter
55
Abb. 4-11: Entwicklungspfade internationaler Unternehmen
56
Abb. 5-12: Auslöser der Internationalisierungsentscheidung
66
Abb. 5-13: einhergehende Probleme der Internationalisierung
68
Abb. 5-14: Push- und Pull-Faktoren als reaktive bzw. aktive Motive der Globalisierung
69
Abb. 5-15: Verlängerung des Produktlebenszyklus durch Übertragung der
inländischen Produktkonzeption auf die Auslandsmärkte
73
Abb. 5-16: Position gegenüber Konkurrenten und Beweggründe für die Internationalisierung
89
Abb. 5-17: Innovationskooperationen nach Kooperationspartnern in Deutschland im Jahr 2000
97

8
8
Tabellen
Tabelle 2-1: Besondere Merkmalskriterien von KMU
10
Tabelle 5-2: Stärken von KMU und deren positive bzw. negative Auswirkungen
auf das Wachstums- bzw. Internationalisierungsverhalten
92
Abkürzungsverzeichnis
KMU
Klein- und Mittelunternehmen
z. B.
zum Beispiel
bzw.
beziehungsweise

1
1
1. Einleitung
1.1. KMU und Internationalisierung auf europäischer Ebene
"Multinational firms tend to be regarded as more progressive,
dynamic, geared to the future
than provincial companies which avoid foreign frontiers
and their attendant risks and opportunities."
Howard Perlmutter
Der immer stärker vorherrschende politische und wirtschaftliche Trend in Richtung
Internationalisierung, bzw. Globalisierung als regional weitest reichender Ausdruck der
Internationalisierung im Sinne weltweiter Unternehmensaktivitäten, betrifft nicht nur mehr
große Unternehmen, sondern zunehmend auch Klein- und Mittelunternehmen ­ unabhängig
von deren Marktorientierung, Branchentätigkeit und Größe. Wurde vor einigen Jahren noch
von der kommenden Herausforderung eines Internationalisierungsprozesses für diese
gesprochen, so haben bereits heute schon einige KMU die Erfahrung gemacht bzw. sind
spätestens jetzt gezwungen, sich dieser zu stellen. Der Prozess der Internationalisierung hat
durch die europäische Integration 2004 einen weiteren Schub erhalten. Den Erfahrungen
vergangener Jahre nach zu urteilen, wird der Prozess der Internationalisierung auch in
Zukunft vor weiteren Ländergrenzen nicht anhalten.
Internationalisierung in einem modernen Verständnis darf nicht nur mehr auf den Warenfluss
beschränkt werden, sondern umschließt vielmehr auch den Austausch von Informationen,
Technologie und Know-How. Internationalisierung darf längst nicht mehr als voluntaristische
Option angesehen werden, sondern ist bereits Notwendigkeit ­ selbst für den Mittelstand.
Zugegebenermaßen muss hier eine Differenzierung getroffen werden, die nicht von einer
Internationalisierung der Märkte im Allgemeinen spricht. Vielmehr entscheidet die Branche
darüber, in welchem Ausmaß Unternehmungen auf den sie betreffenden Märkten von eben
dieser tangiert werden.
1
1
Vgl. Doz, Y. L., International Industries, Fragmentation versus Globalization, in: Guile, B. R., Brooke, H. (Hrsg.), Technology and
Global Industry, Washington 1987, 82 ff.

2
2
Eine von der Europäischen Union 2001 durchgeführte Studie belegt, dass weniger als 20
Prozent der europäischen Klein- und Mittelunternehmen Exportaktivitäten nachgehen. Eine
Auflösung in die Größenklassen von KMU lässt zu folgendem Ergebnis kommen:
2
19
32
46
0
10
20
30
40
50
60
70
80
90
100
Anteil von Unternehmen mit Exportaktivitäten
%
Kleinstunternehmen (0-
9 Mitarbeiter)
Kleinunternehmen (10-
49 Mitarbeiter)
Mittelunternehmen (50-
249 Mitarbeiter)
Abb. 1-1: Exportaktivitäten von KMU, aufgeteilt in Größenklassen
Während in der Industrie eine klar positive Korrelation zwischen Exportaktivität und
Unternehmensgröße erkennbar ist, kann diese Relation im Handel und Dienstleistungssektor
nicht nachvollzogen werden.
Die rund 20 Millionen Unternehmen im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) bieten
Beschäftigung für 122 Millionen Menschen. Etwa 93 % dieser Unternehmen sind Kleinst-
(0-9 Arbeitnehmer), 6 % sind kleine (10-49), weniger als 1 % sind mittlere (50-249) und nur
0,2 % sind große Unternehmen (250+). Zwei Drittel der Arbeitsplätze werden von KMU zur
Verfügung gestellt und ein Drittel entfällt auf große Unternehmen.
3
2
Vgl. European Commission, Observatory of European SMEs, 2002/No. 1, Highlights from the 2001 Survey, Luxembourg 2002
3
Vgl. Brockmann, H., KMU ­ Neudefinition kleiner und mittlerer Unternehmen der Europäischen Kommission, in: WiSt ­
Wirtschaftswissenschaftliches Studium, 34. Jg., Heft 1, 2005, 40

3
3
Abb. 1-2: Anteil der KMU mit Tochtergesellschaften/Zweigniederlassungen/Joint Ventures im Ausland
(in Prozent, nach Land)
4
Laut der 2002 in 19 europäischen Ländern durchgeführten ENSR-Studie haben 18 Prozent der
KMU ins Ausland exportiert, aber nur ca. drei Prozent davon unterhält eine Niederlassung in
dem jeweiligen Land.
5
Österreich ist nach dieser Erhebung ­ was den Exportanteil betrifft ­
neben anderen Kleinstaaten wie Liechtenstein, Dänemark und Luxemburg in der
Spitzengruppe zu finden.
Die in Abbildung 2 dargestellte Landkarte von Europa illustriert die Anteile der KMU mit
ausländischen Tochtergesellschaften, Zweigniederlassungen und/oder Joint Ventures für die
19
6
in der Erhebung erfassten Länder. Besonders bemerkenswert sind die relativ hohen
4
Vgl. Europäische Kommission, Beobachtungsnetz der Europäischen KMU, gewichtete Daten des 2002 ENSR Survey on SMEs (CD-ROM)
5
Vgl. Europäische Kommission, Beobachtungsnetz der Europäischen KMU, 2002 (CD-ROM)
6
EU-15, sowie Island, Liechtenstein, Norwegen und die Schweiz

4
4
Anteile in Island und Luxemburg mit jeweils zehn Prozent, was auf geographische
Besonderheiten und Marktgegebenheiten dieser Länder zurückzuführen ist. Generell sind in
den Niederlanden und Belgien die meisten Auslandsstandorte europäischer KMU zu finden.
Der 1988 vorgelegte Cecchini-Bericht zeigte schon damals
Grenzkontrollen, technische
Handelshemmnisse sowie administrative und steuerliche Schranken als Hauptbarrieren in der
internationalen Entwicklung auf.
7
Die von der EU im vergangenen Jahrzehnt gezogenen
Konsequenzen zur Verbesserung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit werfen jedoch vor
allem für KMU aufgrund neuer Marktgegebenheiten neue Fragestellungen auf. Gerade aus
diesem Grund liest sich der Bericht aktueller denn je.
7
Vgl. Cecchini, P., Europa '92 - der Vorteil des Binnenmarktes, Baden-Baden 1988, 22 ff.

5
5
1.2. Problemstellung
Auf dem Gebiet der klein- und mittelständischen Unternehmen ist heute zunehmend der
Trend zu Internationalisierungsaktivitäten festzustellen, der sich bei KMU
8
früher nicht in
diesem Ausmaß beobachten ließ.
9
Ein Grund mag im konsequenten Abbau von
Handelsbarrieren mit dem Ziel einer allgemeinen Marktharmonisierung durch die
Europäische Union zu finden sein.
Obwohl die Anzahl der durchgeführten Studien zu mittelständischen Unternehmen seit Mitte
der 90er Jahre vor allem Dank einer ganzheitlicheren Erhebung durch die seit 1993 jährlich
veröffentlichte ENSR-Studie
10
erfolgt, bleibt deren Umfang im Vergleich zu entsprechenden
Untersuchungen mit Fokus auf Großunternehmen gering. Bislang wurde in der
wirtschaftswissenschaftlichen Literatur hauptsächlich der Internationalisierungsgang und das
Investmentmuster von Großunternehmen beleuchtet und detailliert analysiert, die Prozesse bei
Klein- und Mittelunternehmen und im speziellen deren beeinflussende und interagierende
Faktoren, wie dies in der vorliegenden Arbeit durch die Implementierung der
Innovationskultur, Netzwerkperspektive und des Know-How-Transfers untersucht werden
soll, wurde noch nicht ausreichend erforscht.
Weitere Zusatzfaktoren werden in das bestehende und anerkannte Uppsala-Modell von
Johanson und Vahlne mit aufgenommen, um eventuelle Schwächen von KMU aufzuzeigen
und dem sensibleren, da ressourcenmäßig gratwandernden Internationalisierungsweg dieser
Unternehmungen genüge zu leisten.
Die Begründung für die Wahl des Uppsala-Modells zur Auseinandersetzung mit dem Konzept
auf theoretischer Ebene und somit als Basis für die vorliegende Arbeit stützt sich auf dem
Internationalisierungsmuster, der im Uppsala-Modell für Unternehmungen angenommen wird
und sich in empirischen Studien als typisch für den Internationalisierungsverlauf vor allem
von KMU herausstellte. Zudem waren die heute sehr aktuellen Faktoren Wissen, Lernen und
Erfahrung bereits in den 70er Jahren Bestandteil des Modells.
8
Die Begriffe Klein- und Mittelunternehmen (KMU), klein- und mittelständische Unternehmen, Mittelständler, mittelständische
Unternehmen etc. werden in der Folge synonym und gemäß der quantitativen Begriffsdefinition in Punkt 2.1. verwendet
9
Vgl. Cummins, D., Gilmore, A., Carson, D., O'Donnell, A., Innovative marketing in SMEs: a conceptual and de-scriptive framework, in:
New Product Development and Innovation Management, Vol. 2(3), 2000 sowie McAuley, A., Entrepreneurial instant exporters in the
Scottish arts and crafts sector, in: Journal of International Marketing, Vol. 7(4), 1999, 67
10
Vgl. The Observatory of European SMEs
http://www.europa.eu.int/comm/enterprise/enterprise_policy/analysis/observatory_en.htm

6
6
Ein genauere Ausführung und Begründung für die Auswahl soll aber an späterer Stelle, in
Kapitel 3.1., stattfinden.
1.3. Forschungsfragen
Die Forschungsfragen stellen sich für diese Arbeit wie folgt dar:
· Welche Faktoren sind es, die den Internationalisierungsprozess der Unternehmung auf
Basis des Uppsala-Modells an sich beeinflussen und wie sieht das Zusammenspiel der
Faktoren untereinander aus?
· Inwieweit
wirken
zusätzliche
Größen,
wie
z.
B.
Innovationskultur,
Netzwerkperspektive und Know-How-Transfer, auf das Uppsala-Modell ein, um
diesen Internationalisierungsprozess für KMU umfassender erklären zu können?
· Wie wirken sich die additiven Faktoren Innovationskultur, Netzwerkperspektive und
Know-How-Transfer
auf
KMU
­
vor
allem
im
Bereich
der
Internationalisierungsmotive, der Stärken und Schwächen, sowie der Besonderheiten
von KMU im Internationalisierungsprozess ­ im Modell aus?

7
7
1.4. Zieldefinition
Die Zielsetzung der Arbeit stellt sich damit folgendermaßen dar:
Das erste Ziel
umfasst die Entwicklung von weiteren Einflussfaktoren für das Uppsala-
Modell im Bezug auf KMU und deren Implementierung. Der Ausbau des Modells soll zu
einer erschöpfenderen, theoretischen Interpretation des Internationalisierungsprozesses von
Klein- und Mittelunternehmen führen und dem Leser einen tieferen Einblick in das komplexe
wechselseitige Geflecht der einflussnehmenden Faktoren bei der Internationalisierung
eröffnen.
Das zweite Ziel
besteht in einer Analyse der Motive für die Internationalisierung, der
Besonderheiten der KMU bei einer Expansion ins Ausland, sowie der Stärken und Schwächen
von Klein- und Mittelunternehmen beim Internationalisierungsprozess. Diese werden auf
Basis des erweiterten Modells herausgearbeitet.
Das dritte Ziel
enthält abschließend einen Diskurs über die Typologien der
Internationalisierungsstrategien nach dem EPRG-Konzept von Perlmutter, welche auf das
erweiterte Uppsala-Modell übertragen werden. Eine Herausarbeitung der besten Eignung für
einen Internationalisierungsprozess nach Uppsala schließt die Arbeit ab.
,,Das Ziel der Diplomarbeit besteht darin, das Wechselspiel von Innovationskultur,
Netzwerkperspektive und Know-How-Transfer im Uppsala-Internationalisierungsmodell
aufzuzeigen und zu erklären."

8
8
2. Begriffsdefinition
2.1. Quantitative Eingrenzung KMU
Per 1. Januar 2005 ließ die Europäische Kommission die Erfahrungen im Bereich KMU und
die wirtschaftlichen Entwicklungen in der Union in eine neue Definition einfließen. Mit der
neuen KMU-Definition wird eine detailliertere Erfassung des Unternehmenssektors in der
Europäischen Union ermöglicht. So werden zukünftig ,,eigenständige Unternehmen" von
,,Partnerunternehmen" unterschieden. Als ,,eigenständig" gelten Unternehmen dabei ­ wie
bereits bisher ­, wenn andere Unternehmen nicht mit mehr als 25 % am Eigentum beteiligt
sind.
Dennoch
kann
in
Ausnahmefällen
­
etwa
bei
Beteiligungs-
oder
Risikokapitalgesellschaften oder institutionellen Anlegern ­ der Beteiligungsgrad höher
sein.
11
Abb. 2-3: Alte und neue Verordnung zur Definition von KMU
12
Als drittes, in der Tabelle nicht erwähntes, Kriterium gilt für alle drei angesprochenen Klassen
die Eigenschaft der Unabhängigkeit. Es müssen sich ,,weniger als 25 % des Kapitals oder der
Stimmanteile im Besitz von Unternehmen befinden, die nicht unter die Definition der KMU
fallen".
13
11
Vgl. Europäische Kommission, Empfehlung der Kommission vom 6. Mai 2003 betreffend die Definition der Kleinstunternehmen sowie
der kleinen und mittleren Unternehmen, K(2003) 1422, Brüssel 6. Mai 2003
12
Alte und neue Verordnung zur Definition von KMU
http://europa.eu.int/comm/enterprise/library/enterprise-europe/issue8/pdf/8_072002_en.pdf
13
Vgl. KMU-Definition, Europäische Union, 2005-03-15
http://europa.eu.int/comm/enterprise/enterprise_policy/sme_definition/index_de.htm

9
9
Die Beschäftigungsgrenze wird als Muss-Kriterium verstanden, während Umsatz- und
Bilanzkennzahlen während zwei nachfolgender Wirtschaftsjahre ohne Konsequenzen
überschritten werden dürfen. Erst im dritten Jahr fällt das Unternehmen in die entsprechend
andere Definitionsklasse.
Diese Klasseneinteilung hat für die Mitgliedsländer nur Empfehlungscharakter und dient zur
Harmonisierung und Vereinheitlichung auf einen EU-Standard. Obligatorisch wird die
Klassifizierung jedoch dann, wenn es um Förderung aus den EU-Fördertöpfen geht. Hier
müssen die Unternehmen in das vorgegebene Schema eingeteilt werden.
14
Nach der neuen
Definition der Europäischen Kommission entsprechen 99,8 % der Unternehmen den KMU-
Kriterien.
2.2. Qualitative Eingrenzung KMU
Die qualitative Merkmalsbestimmung von Klein- und Mittelunternehmen orientiert sich an
sogenannten ,,soft facts", die eine Charakterisierung erheblich erschweren. Qualitative
Merkmale umfassen das Vorhandensein eines Eigentümer-Unternehmers, die Art des
Führungsstils, unterteilt in autoritär, patriarchalisch, kooperativ und demokratisch,
Organisationsstrukturtypen mit Einliniensystem, Mehrliniensystem, Stabliniensystem,
Matrixorganisation und die Struktur der Besitzverhältnisse.
15
Probleme liegen in der schwierigen Messbarkeit und Beurteilung der ,,soft facts", die nicht
immer und vollständig existent sein müssen, um eine Unternehmung als KMU
charakterisieren zu können. Folgende Darstellung zeigt einige der wesentlichen
Merkmalskriterien, die auf Klein- und Mittelunternehmen im Allgemeinen zutreffen:
14
Vgl. Zum Begriff ,,Mittelstand", 2005-03-15
http://www.hk24.de/HK24/HK24/produktmarken/index.jsp?url=http%3A//www.hk24.de/HK24/HK24/produktmarken/standortpolitik/mitt
elstandspolitik/mittelstand_definitionen.jsp
15
Vgl. Pfohl, H.-Chr., Abgrenzung der Klein- und Mittelbetriebe von Großbetrieben, in: Pfohl et al. (Hrsg), Betriebswirtschaftslehre der
Mittel- und Kleinbetriebe - größenspezifische Probleme und Möglichkeiten zu ihrer Lösung, 3. Auflage, Berlin 1997, 5

1
1
0
0
Klein- und Mittelbetriebe
Großbetriebe
Unternehmensführung
Eigentümer-Unternehmer
Geschäftsführer/Manager
Geringe Professionalisierung
Fundierte Unternehmensführungskenntnisse
Patriarchalische Führung
Führung nach Management-by-Prinzipien
Kaum Teamentscheidungen
Häufig Teamentscheidungen
Improvisation und Intuition tonangebend
Intuition und Improvisation haben geringe
Bedeutung
Planung wenig ausgereift
Hohe Zahl an Planungsmechanismen
Unmittelbare Teilnahme am
Betriebsgeschehen
Teilweise große Ferne zum
Betriebsgeschehen
Durch Funktionshäufung meist überlastet
Hochgradig sachbezogene Arbeitsteilung
Personal
Geringe Zahl an Beschäftigten
Hohe Zahl an Beschäftigten
Kleinerer Anteil an ungelernten und
angelernten Arbeitskräften
Größerer Anteil an ungelernten und
angelernten Arbeitskräften
Breites Fachwissen vorhanden
Starke Tendenz zur Spezialisierung
Organisation
An den Unternehmer ausgerichtetes
Einliniensystem
Personenunabhängige, sachlich orientierte
komplexe Organisationsstruktur
Funktionshäufung
Arbeitsteilung
Kurze direkte Informationswege
Vorgeschriebene Informationswege
Starke persönliche Bindungen
Geringe persönliche Bindungen
Geringer Formalisierungsgrad
Hoher Formalisierungsgrad
Hohe Flexibilität
Geringe Flexibilität
Produktion/Dienstleistung
Arbeitsintensiv
Kapitalintensiv
Geringe Arbeitsteilung
Hohe Arbeitsteilung
Langfristige Bindung an Basisinnovationen
Kürzere Bindungsdauer an Basisinnovationen
Geringe Diversifikation
Hohe Diversifikation
Individuelles Dienstleistungsangebot
Höherer Grad der Standardisierung

1
1
1
1
Forschung und Entwicklung
Keine dauernd institutionalisierte FE-
Abteilung
(insbesondere bei produzierendem Gewerbe)
dauernd institutionalisierte FE-Abteilung
Intuitive Forschung
Systematische Forschung
Geringe Grundlagenforschung ­
bedarfsorientierte Forschung
Forschung in engem Zusammenhang mit
Grundlagenforschung
Kurzfristige Markteinführungsdauer
Längerfristige Markteinführungsdauer
Tabelle 2-1: Besondere Merkmalskriterien von KMU
16
Wie vorhin bereits erwähnt und aus der Tabelle ersichtlich, ist für die Klassifizierung als
KMU eine Fülle an qualitativen Kriterien verantwortlich. Dennoch wird allgemein davon
ausgegangen, dass nicht alle diese Merkmale zutreffen müssen, sondern das Gesamtbild der
Merkmale für die Entscheidung maßgeblich ist, so Mugler.
17
Der Vorteil dieser Abgrenzung
liegt darin, dass der Einblick in das Wesen der Betriebe erleichtert wird. Der Nachteil dieser
Abgrenzung liegt darin, dass eine exakte Zuordnung nicht möglich ist.
18
Eine tiefergehende Betrachtung der qualitativen Kriterien von Klein- und Mittelunternehmen
soll im Kontext dieser Arbeit nicht geschehen, da diese den Rahmen der vorliegenden Arbeit
sprengen würde. Für weiterführende, vertiefende Literatur sei an dieser Stelle auf Mugler
19
und Pfohl
20
verwiesen.
16
Vgl. in Anlehnung an Mugler 1993/1995/1998, Pfohl 1997, Peters 2001
17
Vgl. Mugler, J., Betriebswirtschaftslehre der Klein- und Mittelbetriebe, Wien 1993, 16
18
Vgl. Mugler, J., Betriebswirtschaftslehre der Klein- und Mittelbetriebe, 2. Auflage, Wien 1995, 17
19
Vgl. Mugler, J., Betriebswirtschaftslehre der Klein- und Mittelbetriebe, 3. Auflage, Band 1, Wien 1998
20
Vgl. Pfohl, H.-Chr., 1997, a.a.O.

1
1
2
2
2.3. Definition einer internationalen Unternehmung
Gleich zu Beginn soll an dieser Stelle festgestellt werden, dass keineswegs eine einheitliche
Abgrenzung der internationalen Unternehmung existiert. Eine Vielzahl an Autoren und
Wissenschafter ­ hier seien unter anderem Kormann
21
, Dunning
22
, Pausenberger
23
,
Vernon/Wells/Rangan
24
, Glaum
25
und Mucchielli
26
genannt ­ haben es sich zur Aufgabe
gemacht, eindeutige Definitionen dazu aufzustellen und schufen somit auch eine Fülle
unterschiedlichster Begriffsdefinitionen. Ferner soll darauf aufmerksam gemacht werden, dass
sich eine Internationalisierung einer Unternehmung nicht nur auf einen physischen
Warenfluss beschränkt, sondern als grundsätzliche Auslegung im Kontext dieser Arbeit als
Informations-, Technologie-, Know-How-Fluss und das Eingehen von Geschäftsbeziehungen
in ausländischen Märkten verstanden werden darf.
Um einen Einblick über die Bandbreite der in der Literatur vorherrschenden Definitionen zu
geben, folgend zwei exemplarische Ansätze von Sieber und Sundaram/Black:
,,Multinationale Unternehmungen sind dadurch gekennzeichnet, dass sie in mehreren Ländern
in einem substantiellen Umfange Güter oder Dienstleistungen aller Art produzieren und auf
den Markt bringen, sich dazu also auf Dauer angelegter Betriebsstätten in diesen Ländern
bedienen. Sie müssen in mindestens sechs Ländern Produktionsbetriebe unterhalten und
wenigstens 25 % ihrer Gesamtinvestitionen im Ausland tätigen. Als international (im Sinne
einer Steigerung von multinational) soll eine Unternehmung dann gelten, wenn mehr als die
Hälfte des Kapitals im Ausland investiert wurde (50% - 75%)."
27
Diese bereits sehr exakte und beträchtlich eingeengte Beschreibung einer internationalen
Unternehmung von Sieber setzt für eine Charakterisierung unter anderem eine produzierende
Tätigkeit im Ausland voraus. Eine in seinen Grundzügen ähnliche, in der strikten
Kategorisierung jedoch gegensätzliche Erklärung liefern Sundaram/Black
28
:
21
Vgl. Kormann, H., Die Steuerpolitik der internationalen Unternehmung, 2. Auflage, Düsseldorf 1970, 8
22
Vgl. Dunning, J. H., The Distinctive Nature of the Multinational Enterprise, in: Dunning, J. H. (Hrsg.), Economic Analysis and the
Multinational Enterprise, London 1974, 13
23
Vgl. Pausenberger, E., Die internationale Unternehmung: Begriff, Bedeutung und Entstehungsgründe, in: WISU ­ Das
Wirtschaftsstudium, 11. Jg., Nr. 3, 1982a, 119
24
Vgl. Vernon, R., Wells, L. T., Rangan, S., The manager in the International Economy, 7. Auflage, London 1996, 28
25
Vgl. Glaum, M., Internationalisierung und Unternehmenserfolg, Wiesbaden 1996, 10
26
Vgl. Mucchielli, J.-L., Multinationales et. Mondialisation. Inédit Economie, Editions du Seuil, Paris 1998, 18 f.
27
Sieber, Eugen H., Die multinationale Unternehmung, der Unternehmenstyp der Zukunft?, in: Zeitschrift für betriebswirtschaftliche
Forschung, 22. Jg., o. Nr., 1970, 415 ff.
28
Sundaram, Anant K./Black, J. Stewart, The Environment and Internal Organization of Multinational Enterprises, in: Academy of
Management Review, 17. Jg., Nr. 4, 1992, 729-757

1
1
3
3
,,An Multi-National Enterprise (MNE) is any enterprise that carries out transactions in or
between two sovereign entities, operating under a system of decision making that permits
influence over resources and capabilities, where the transactions are subject to influence by
factors exogenous to the home country environment of the enterprise."
Bei dieser Abgrenzung wird sehr gut die offene Auslegung einer internationalen
Unternehmung ersichtlich. Die Autoren schreiben keine besondere Form der
Auslandstätigkeit vor, keinen bestimmten Prozentsatz der Investitionshöhe und keine
Mindestanzahl an Ländern, in denen eine operative Geschäftstätigkeit ausgeführt werden soll.
Für die meisten gilt jedoch eine grundsätzliche Bedingung ­ die Existenz einer
Auslandsgesellschaft. Eine zweite Eigenschaft konnte beim Studium der Literatur ebenfalls
festgestellt werden. Unabdingbar ist die Dauerhaftigkeit des Engagements. Eine gewisse
Regelmäßigkeit der internationalen Geschäftstätigkeit ist Voraussetzung zur
Charakterisierung als solche. Da eine Kategorisierung für den Großteil der hier thematisierten
Klein- und Mittelunternehmen zutreffend ist, wird diese im Rahmen der vorliegenden Arbeit
auch angewendet.
2.4. Globalisierung vs. Internationalisierung
Um den begrifflichen Missbrauch der inflationär verwendeten Modewörter Globalisierung
und Internationalisierung in die Schranken zu weisen, soll an dieser Stelle ein kurzer Exkurs
in die Begriffswelt stattfinden:
Der Begriff der Globalisierung stammt ursprünglich aus dem Kontext der Ökonomie und
Soziologie. In den 90er Jahren Gegenstand sämtlicher Diskussionen um Pro und Kontra
bezeichnet es die Zunahme nationenübergreifender wirtschaftlicher und sozialer Beziehungen.
Im Gegensatz zum Begriff der Globalisierung steht die Internationalisierung. Eine
fortschreitende Vernetzung internationaler Wirtschaftsprozesse reicht nicht als allgemein
gültige Begriffsabgrenzung. Vielmehr ist Internationalisierung eine genauere Beschreibung,

1
1
4
4
da der bei weitem überwiegende Teil der Globalisierung/Internationalisierung zwischen den
industrialisierten Nationen vonstatten geht.
In der wirtschaftswissenschaftlichen Literaturwelt stellt der Begriff Internationalisierung
einen Sammelbegriff für eine Vielzahl von Aktivitäten und Prozessen dar und soll mit einer
nachhaltigen und für das Unternehmen insgesamt bedeutsamen Auslandstätigkeit
gleichgesetzt werden. ,,Internationalisierung ist ein Phänomen, das ­ zumindest konzeptionell
­ das Unternehmen als Ganzes erfasst."
29
Für den Zweck dieser Arbeit bedeutet dies alle Facetten der internationalen
Geschäftsaktivitäten ­ von ersten Exporten bis hin zu einem weltumspannenden Netz von
Direktinvestitionen
mit
Tochtergesellschaften,
eigenen
Produktionsstätten
und
Allianzpartnern in sämtlichen Regionen der Welt.
Doch eine Begriffsbeschränkung allein auf ökonomische Aktivitäten scheint in diesem
Zusammenhang der Thematik der Internationalisierung nur ungenügend Aufmerksamkeit zu
schenken, denn eine Internationalisierung von Unternehmen drückt sich auch in deren Kultur,
Zielsetzung, Strategien sowie Denk- und Handlungsweisen des Managements aus. Aus
diesem Betrachtungswinkel heraus ist eine Internationalisierung zugleich eine mentale
Unternehmensphilosophie, die eine geistige Öffnung gegenüber anderen Ländern und
Kulturen erlaubt.
30
Die inhaltliche Definition einer globalen Aktivität ist umstritten, einerseits wird von einer
Homogenisierung der Märkte
31
, andererseits von einer dadurch hervorgerufenen
Gegentendenz gesprochen.
32
Ein zunehmender Zwang für eine Unternehmung zur
internationalen Standardisierung ihrer Aktivitäten
33
als zweckmäßige Arbeitsdefinition
scheint an dieser Stelle jedoch opportun.
Unbestritten ist die mit der Globalisierung der Märkte einhergehende Entgrenzung der
Nationalstaaten
34
und Entbettung aus gesellschaftlichen und sozialräumlichen Bindungen.
35
29
Perlitz, M., Internationales Management, 2. Auflage, Stuttgart 1995, 9
30
Vgl. Simon, H., Die rigorose Globalisierung ist der einzige Weg, in: Welt am Sonntag, Nr. 29, 21. 7. 1996, 32
31
Vgl. Levitt, T., The globalization of markets, in: Harvard Business Review, Nr. 3, 1983, 92 ff.
32
Vgl. Kotler, P., Globalization ­ Realities and Strategies, in: Die Unternehmung, 44. Jg., Nr. 2, Bern 1990, 87
33
Vgl. Lehmann, R., Reiners, H., Die Globalisierung als Einflußgröße auf die Leitungsorganisation, in: Die Unternehmung, Jg. 45(6), 414
34
Vgl. Schorb, H., Globalisierung - Entgrenzung von Politik? - Politische Anpassung an ökonomische Globalisierung, Stuttgart 2001, 40 f.
35
Vgl. Altvater, E., Mahnkopf, B., Grenzen der Globalisierung - Ökonomie, Ökologie und Politik in der Weltgesellschaft, 2. Auflage,
Münster 1997, 133 ff.

1
1
5
5
Die Internationalisierung als Schlagwort für sämtliche Formen internationaler
Unternehmenstätigkeit umfasst ­ wie bereits erwähnt ­ Globalisierung als die extensivste
Form unternehmerischer Tätigkeit auf den weltweiten Märkten.
36
Andererseits ist gerade die Bildung von Ländergruppen wie EU, EFTA, NAFTA, ASEAN,
APEC oder OPEC Ausdruck einer zunehmenden Blockbildung und ein eventuelles Anzeichen
für eine Regionalisierung statt einer Globalisierung. Für eine Auseinandersetzung mit diesem
Thema sei jedoch an eine andere Stelle
37
verwiesen, da diese den Rahmen dieser Arbeit
sprengen würde.
Internationalisierung hat sich als schillernder und übergeordneter Begriff in journalistischen
und populärwissenschaftlichen Werken etabliert und geht zusehends mit dem Aufkommen
einer Hybridbildung einher, unter der man eine Loslösung der Sitten und Gebräuche von
existierenden Praktiken versteht, um sich mit neuen Sitten zu neuen Praktiken zu verbinden.
38
Für Unternehmen auf dem Weg zur Internationalisierung bedeutet dies eine Adaptierung ihrer
Produkte und Dienstleistungen an die Gegebenheiten der regionalen bzw. sogar lokalen
Märkte.
Unter Globalisierung versteht man einen rein theoretischen Zustand, dessen Endzustand nie
erreicht werden kann, gekennzeichnet durch einen ständig andauernden Prozess, da nie alle
Länder der Erde und deren Märkte von einer wirtschaftlichen Verflechtung erfasst werden
können.
39
So gesehen kann man Globalisierung nur als die ,,geographisch weitreichendste
Form internationalen Marktengagements im Sinne einer ganzheitlichen Betrachtung des
Weltmarkts"
40
sehen. Aus diesem Aspekt heraus ist es für betriebswirtschaftliche Zwecke
zielführender von einer Internationalisierung zu sprechen; außerdem scheint die Möglichkeit
der aktiven Lenkung der Prozesse viel eher dem Weltbild der Wirtschaft zu entsprechen:
36
Vgl. Koch, E., Globalisierung der Wirtschaft, München 2000
37
Vgl. Schneider, G., Regionalisierung - Ausweg aus der Globalisierungsfalle?, Forum der Weiterbildung in Ökologie, Chur 2001
38
Vgl. Beck, U., Perspektiven der Weltgesellschaft, Frankfurt/Main 1998, 94
39
Vgl. Steger, U., Globalisierung der Wirtschaft, Konsequenzen für Arbeit, Technik und Umwelt, Heidelberg 1996, 24
40
Welge, M. K., Böttcher, R., Paul, T., Das Management globaler Geschäfte, Grundlagen, Analysen, Handlungsempfehlungen,
München 1998, 1

1
1
6
6
,,Der Unterschied zwischen Internationalisierung und Globalisierung liegt darin, ob es sich
um Prozesse handelt, die sich zwischen Nationalstaaten abspielen und auch zwischenstaatlich
oder von der Gesamtheit der Nationalstaaten kontrolliert werden können (international), oder
um Prozesse, die weder in einzelnen Nationalstaaten verankert noch von diesen oder dem
internationalen Staatensystem gesteuert werden können (global)".
41
Die aktive Steuerung der Internationalisierungsprozesse entspricht ferner in diesem Kontext
eher dem Internationalisierungskonzept nach Uppsala, daher soll der Begriff
,,Internationalisierung" im Verlauf dieser Arbeit nach obiger Definition verstanden werden.
3. Das Uppsala-Modell
Das nun folgende Kapitel soll die Funktion und Bedeutung des Konzepts aufzeigen, weiteres
Potential aufdecken und Überlegungen zur Weiterentwicklung mit Hilfe von Zusatzfaktoren
anstellen.
3.1. Begründung für die Wahl des Uppsala-Modells
Die prominente Theorie wurde im Wesentlichen in den 70er Jahren entwickelt und prägt
seitdem neben Dunnings ,,eklektischem Paradigma" die wissenschaftliche Anschauung
hinsichtlich Internationalisierungstheorien von Unternehmungen.
Bevor im Folgenden eine Begründung für die Wahl des Uppsala-Modells für eine theoretische
Ausarbeitung im Rahmen dieser Arbeit dargelegt wird, soll noch erwähnt werden, dass seit
den letzten Jahren vermehrt Studien vorliegen, die einen holistischen Ansatz zur Vereinigung
beider Konzepte in eine Theoriefamilie anstreben.
42
41
Strohmer, M. F., Lutzenberger, G., Globalisierung, Die Chance für das 3. Jahrtausend, Sichtweisen der Wirtschaft, Wissenschaft und
Politik, Linz 2002, 125
42
Vgl. Coviello, N., McAuley, A., Internationalisation Processes and the Smaller Firm: A Review of Contemporary Empirical Research, in:
Management International Review, Vol. 39(3), 1999, 223-256
sowie Coviello, N., Martin, K., Internationalization of Service SMEs: An Integrated Perspective from the Engineering Consulting Sector,
in: Journal of International Marketing, Vol. 7(4), 42-66
sowie O'Farrel, P. N., Wood, P.A., Zheng, J., Internationalization of Business Services: An Interregional Analysis, Regional Studies,
Vol. 30, 1996

1
1
7
7
Beiden ist eine grundsätzliche Eignung zur Analyse der Internationalisierung
mittelständischer Unternehmen nicht abzusprechen, eine Integration in eine übergeordnete
und umfassende Theorie erscheint jedoch aus Gründen der fundamental differierenden
Anschauungen wenig überzeugend. Eine tiefergehende Diskussion an dieser Stelle würde den
konzeptuellen Rahmen dieser Arbeit sprengen, die Diskussion könnte beispielsweise im
Rahmen einer Dissertation ihren Platz finden.
Dass das Uppsala-Modell aufgrund wesentlicher Defizite bezüglich einer umfassenden
Erklärung des Internationalisierungsprozesses ­ berechtigterweise ­ inhaltlicher Kritik
ausgesetzt ist, wird in Kapitel 3.4. ausführlicher dargelegt.
Ein Grund das Modell als Basis anzusehen, liegt in der in Studien
43
ermittelten Tatsache, dass
der Großteil der Klein- und Mittelunternehmen gemäß Uppsala einem inkrementellen
Internationalisierungsmuster folgen und innerhalb dieses sich zunächst auf vertraute,
psychisch nahe Ländermärkte wagen. Diese konzentrische Vorgehensweise trifft mit
Ausnahme von so genannten ,,Born Globals" und High-Tech-KMU auf die meisten
traditionellen klein- und mittelstrukturierten Unternehmungen zu.
Zudem wurde von Johanson und Vahlne bereits zu dieser Zeit die Wichtigkeit der Faktoren
Wissen, Lernen und Erfahrung betont, die in der heutigen Zeit immer mehr an Bedeutung für
einen erfolgreichen Internationalisierungsprozess gewinnen.
Ein weiterer Ansatzpunkt zur Anwendung in dieser Arbeit findet sich in der Annahme
begründet, dass der Internationalisierungsprozess insbesondere für Klein- und
Mittelunternehmen aus kleineren Ursprungsländern von Relevanz ist. Diese sind aus Gründen
der
Kleinstrukturiertheit
ihrer
Märkte
viel
eher
dazu
gezwungen
Internationalisierungsgedanken zu hegen und diese entsprechend zu verfolgen. Dieser Ansatz
wird auch in einer Abhandlung von Petersen und Pedersen bestätigt.
44
43
Vgl. Engelhard, J., Blei, C., Markteintrittsstrategien deutscher Unternehmen in der ehemaligen UdSSR, in: Welge, M. K., Holtbrügge, D.
(Hrsg.), Wirtschaftspartner Russland. Rahmenbedingungen ­ Kooperationsstrategien ­ Erfahrungsberichte. Wiesbaden 1996, 181 ff.
44
Vgl. Petersen, B., Pedersen, T., Twenty Years After: Support and Critique of the Uppsala Internationalization Model, Workshop-Papier
präsentiert auf der 22. EIBA-Konferenz, Stockholm 1996

1
1
8
8
Unternehmungen in großen Volkswirtschaften haben hingegen viel länger damit zu tun ihren
heimischen Markt zu penetrieren bevor ein erster Anreiz zu einer Internationalisierung
entsteht. Große Unternehmungen haben aufgrund ihrer Größe umfangreichere Ressourcen, die
eine Internationalisierung in entsprechend anderen Dimensionen mit größeren bzw.
Überspringen von Entwicklungsschritten mit sich bringen.
Damit ist der grundsätzliche Gedanke des Uppsala-Modells mit seinem inkrementellen
Internationalisierungsprozess ad absurdum geführt. Müller-Stewens und Lechner bestätigen
dies, indem sie konstatieren, dass ,,... kleine und mittelständische Unternehmen eher
inkrementelle Markteintritte bevorzugen, während Großunternehmen aufgrund ihres höheren
Erfahrungsschatzes bzw. einer stärkeren finanziellen Absorptionsfähigkeit häufiger direkt mit
ressourcenintensiven Formen internationalisieren."
45
Die über fünf Jahre geführte europäische Interstratos-Studie, die 1700 klein- und
mittelstrukturierte
Produktionsbetriebe
in
jährlichen
Abständen
zu
ihren
Internationalisierungsstrategien interviewte, kam in ihren Ergebnissen zu keinem
signifikanten Unterschied zwischen Unternehmen mit einer unregelmäßigen und unkonkreten
Internationalisierungsstrategie und jenen mit entsprechenden Planungsanspruch.
46
Dennoch
wird das Modell angewendet, da einem inkrementellen Wachstumsmuster mit stabiler
Vorgehensweise größeres Erfolgspotential innewohnt.
Die angeführten Argumente brachten die Überzeugung zur Implementierung des Uppsala-
Modells in die theoretischen Überlegungen zum Internationalisierungsprozess von Klein- und
Mittelunternehmen. Die Eignung des Uppsala-Modells ist für die Zwecke dieser Arbeit
gegeben. Trotz seiner durchaus berechtigten Kritikpunkte bietet dieses eine gute Basis zur
weiteren Entwicklung und Implementierung im internationalen Management aktuell
vorherrschender Einflussfaktoren.
45
Müller-Stewens, G., Lechner, C., Unternehmensindividuelle und gastlandbezogene Einflussfaktoren der Markteintrittsform, in:
Macharzina, K., Oesterle, M.-J. (Hrsg.), Handbuch Internationales Management, Wiesbaden 1997, 249
46
Vgl. Haahti, A. J., Interstratos Internationalization of strategic orientations of European small and medium enterprises, Institute Report
95-01, European Institute for Advanced Studies in Management, Brussels 1995

1
1
9
9
Abschließend soll eine kleine Auswahl empirischer Studien zur Internationalisierung
mittelständischer Unternehmen die Zustimmung zum Modell an sich und vor allem die
Relevanz für eine Bereicherung der inkrementellen Schule um zusätzliche Größen
bekräftigen:
Coviello/McAuley
47
weisen insbesondere auf die Relevanz des implementierten
Netzwerkansatzes hin sowie auf eine abnehmende Bedeutung der ,,psychic distance" als
Erklärungsvariable. In Zusammenarbeit mit Munro zeigte Coviello bereits in einer früheren
Studie
48
die grundsätzliche Bedeutung der inkrementellen Schule von Uppsala auf, unterstrich
aber die Wichtigkeit der Einführung einer weiteren Variablen ­ der Netzwerkperspektive.
Bei über 400 Dienstleistungsunternehmen konnte in einer Untersuchung von
O'Farrell/Wood/Zheng
49
das Format der Netzwerkbeziehungen für die Internationalisierung
mittelständischer Unternehmen nachgewiesen werden.
Die Analyse des Internationalisierungsverlaufs von neuen, technologiebasierten Unternehmen
aus
Portugal
50
weist
sowohl
auf
eine
Bewährung
des
inkrementellen
Internationalisierungsverhaltens, als auch auf ein internationales Wachstum durch
Netzwerkbeziehungen hin. Diese dienen insbesondere der Kompensation von Schwächen
sowie zur Komplementation eigenen Wissens.
Eine branchenübergreifende Studie von Bodur/Madsen
51
sah in internationalen
Kooperationsbeziehungen eine Chance zur Wissens- und Erfahrungsgewinnung in Bezug auf
unternehmensinterne Fähigkeiten, die in weiterer Folge im Sinne des Uppsala-Modells zu
einer Erhöhung des Commitments bei der Internationalisierung führen.
47
Vgl. Coviello, N., McAuley, A., 1999, a.a.O.
48
Vgl. Coviello, N., Munro, H., Network Relationships and the Internationalisation Process of the Small Software Firm, in: International
Business Review, Vol. 6(4), 1997, 361-386
49
Vgl. O'Farrell, P. N., Wood, P. A., Zheng, J., Internationalisation of Business Service SMEs: An Inter Industry Analysis, in: International
Small Business Journal, Vol. 16(2), 1998, 13-33
50
Vgl. Fontes, M., Coombs, R., The Coincidence of Technology and Market Objectives in the Internationalisation of New Technology
Based Firms, in: International Small Business Journal, Vol. 15(4), 1997, 14-35
51
Vgl. Bodur, M., Madsen, T. K., Danish Foreign Direct Investments in Turkey, in: European Business Review, Vol. 93(5), 1993, 28­43

2
2
0
0
3.2. Dem Uppsala-Modell zugrunde liegende Theorien
Der inkrementelle Lernprozess, den das Uppsala-Modell beschreibt, beruht im Grunde auf
den verhaltensorientierten Theorien des Unternehmenswachstums von Penrose, der
behavioristischen Theorie der Unternehmung von Cyert und March sowie der Theorie der
Direktinvestition von Aharoni. Diese sollen, um einen kurzen historischen
Evolutionsüberblick zu erhalten, im folgenden Exkurs komprimiert erläutert werden.
3.2.1. Penrose ­ ,,The theory of the growth of the firm"
Penrose
erläuterte bereits 1959 in seiner Theorie des Unternehmenswachstums die Existenz
von objektivem Wissen, welches übertragbar und erlernbar ist, sowie von Erfahrungswissen,
das sich nur durch persönliche Erfahrungen aneignen lässt. Der entscheidende Faktor, das
Wachstum einer Unternehmung, ist demnach die Erfahrung und das Marktwissen.
52
Dies war zugleich auch Basis für das Marktwissen im statischen Teil des
Internationalisierungsprozessmodells von Johanson/Vahlne. Die treibende Kraft der
Internationalisierung stellt demnach das Erfahrungswissen dar, das durch ,,current activities"
erworben wird und Möglichkeiten für weitere Aktivitäten generiert. Dieses Erfahrungswissen
als Teil des Marktwissens ist jedoch zum Großteil länderspezifisch in einer
Unternehmensorganisation integriert und nur eingeschränkt auf den weiteren
Internationalisierungsprozess übertragbar.
Das Problem der Umsetzung des generierten Wissens innerhalb der akteurorientierten
Organisationen wurde in der Folge von den verhaltensorientierten Theorien von Cyert/March
und Aharoni behandelt, welche ebenfalls Eingang in das Uppsala-Konzept fanden.
52
Vgl. Penrose, E., The Theory of the Growth of the Firm, Oxford 1959

2
2
1
1
3.2.2. Cyert und March ­ ,,A Behavioral Theory of the Firm"
Die Ansicht der als "Homo Oeconomicus" handelnden Personen wird von Cyert und March
53
in Frage gestellt. Vielmehr werden die Entscheidungsträger als irrational agierende Individuen
und Gruppen dargestellt, die Organisationen durch ihre Entscheidungen nach eigenen
Vorstellungen und Idealen beeinflussen und folglich damit Konflikte innerhalb der
Unternehmung heraufbeschwören. Das 1963 verfasste Modell der Behavioristischen Theorie
der Unternehmung legt den Konfliktlösungsprozess und den sequentiellen Prozess der
Problemlösung dar.
Im Prozess der Entscheidungsphase einer Internationalisierung wird dieser als politischer Akt
zwischen konkurrierenden Interessensgruppen innerhalb der Organisation aufzeigt, was im
Uppsala-Modell als ,,loose coupling", einer Unternehmung als lose Verknüpfung von
Interessensgemeinschaften interpretiert wird.
3.2.3. Aharoni ­ ,,The Foreign Investment Process"
Das aus politischen Koalitionen und verschiedenen Interessensgruppen bestehende
Konglomerat einer Unternehmung war auch die Basis für die Theorie der Direktinvestitionen
von Aharoni aus 1966.
54
Die Entscheidung einer Direktinvestition beruht demzufolge auf
eingeschränkter Rationalität, Unsicherheit und verschiedenartig gelagerten Interessen.
Der Internationalisierungsprozess einer Unternehmung wird daher nicht nur vom Ideal der
Maximallösung beeinflusst, sondern auch von der Befriedigung von Einzel- und
Eigeninteressen.
55
In Zeiten des Wandels und der Anpassung an neue ökonomische
Gegebenheiten wird die Unternehmung diesem Wandel mittels der von Individuen und
Gruppen getätigten Entscheidungen langsam, stufenweise und inkrementell entsprochen.
53
Vgl. Cyert, R., March, J. G., A Behavioral Theory of the Firm, New Jersey 1963
54
Vgl. Aharoni, Y., The Foreign Investment Process, Boston 1966
55
Vgl. Welge, M. K., Borghoff, T., Globalization: The Evolution of Enterprises in the Global Network Competition, in: Organizações
Sociedade. 8(22), 2001, 146

2
2
2
2
Johanson
und Vahlne nehmen in ihrem Modell insofern darauf Bezug, als dass die
Internationalisierung ,,the consequence of a process of incremental adjustments to changing
conditions of the firm and ist environment"
56
ist.
3.2.4. Vernon ­ "Product Lifecycle Theory"
Der erste Ansatz, dynamische Aspekte in die bisher statischen Theorien zu bringen, darf
Vernon
verdankt werden. Die Produkt-Lebenszyklus Theorie von 1966 beschreibt die vier
Hauptstadien, die ein Produkt während seines Lebenszyklus durchläuft: Einführung,
Wachstum, Sättigung und Rückgang.
Die Internationalisierung in dieser Theorie wird dabei als inkrementeller bzw. gradueller
Prozess der vom Unternehmen gewählten Produktionsstandorte und der bearbeiteten
Absatzmärkte betrachtet. Daher stammt auch der Anstoß für das Uppsala-Modell, das in
seinem Konzept jedoch die Betrachtungsweise im Gegensatz zum Produkt auf das
Unternehmen im Allgemeinen lenkt, und welches mit seiner graduellen geographischen
Expansion die Vorgehensweise der Internationalisierung vom heimischen über einen nahen zu
einem kulturell entfernten Markt beschreibt.
57
56
Johanson, J., Vahlne, J.-E., The Internationalization Process of the Firm ­ a Model of Knowledge Development and Increasing
Foreign Market Commitments, in : Journal of International Business Studies, Vol. 8(1), 1977, 23-32
57
Vgl. Pedersen, T., The Internationalization Process of Danish Firms ­ gradual learning or discrete rational choices?, Copenhagen 1999, 4

2
2
3
3
3.3. Das Uppsala-Modell
Abb. 3-4: Das Uppsala-Modell, im Original
58
In der wirtschaftswissenschaftlichen Literatur liegt eine Vielzahl an Theorien vor, die die
Internationalisierung von Unternehmungen zu ergründen versuchen. Eine der wenigen, die
den Prozess der Internationalisierung in den Mittelpunkt des Interesses rückt, ist der Ansatz
der schwedischen Uppsala-Schule. Dabei wird nicht nur ausschließlich Fokus auf den Zustand
der Internationalität gerichtet, sondern ­ und hier hat sich das Modell Anerkennung
geschaffen ­ auch der Prozess der Internationalisierung beleuchtet. Die empirische
Untersuchung der Universität von Uppsala umfasste die vier schwedischen Firmen Sandvik
AB, Atlas Copco, Facit und Volvo.
59
58
Vgl. Johanson, J., Vahlne, J.-E., a.a.O., 1977, 26
59
Vgl. Johanson, J., Wiedersheim-Paul, F., The Internationalization of the Firm ­ Four Swedish Cases, in: Johanson, J. And Associates
(Hrsg.), Internationalization, Relationships and Networks, Uppsala 1994, 36 ff.

2
2
4
4
Der Uppsala-Ansatz lässt sich in zwei grundlegende Bestandteile gliedern, in das
Internationalisierungsmuster einerseits, und das Internationalisierungsmodell andererseits. Der
Schwerpunkt der Arbeit wird auf den theoretischen Überlegungen des ,,model of
internationalization"
basieren,
während
die
empirisch
belegten
,,patterns
of
internationalization" nur im Zuge dieses Kapitels erläutert werden. Der Grund liegt in der
allgemeinen theoretischen Auslegung dieser Arbeit und der damit besser geeigneten
Eingliederung in das Gesamtkonzept.
3.3.1. Das Internationalisierungsmuster
Im ersten Teil des Modells lässt sich der graduelle bzw. inkrementelle
Internationalisierungsprozess sowohl auf die ,,Establishment Chain", als auch auf die
,,Psychic Distance Chain" umlegen. Unter der Establishment Chain wird ein zeitliches Muster
bezüglich der gewählten Markteintritts- und Marktbearbeitungsform verstanden. Das in dem
Stufenmodell propagierte inkrementelle Wachstum folgt in der Regel einem typischen
Verlaufsmuster. Zuerst wird mit der Aufnahme von Exportaktivitäten begonnen, dann werden
Auslandsvertriebsstellen aufgebaut, und erst am Ende steht der Aufbau einer eigenen
Auslandsproduktion.
60
Demnach ist es für das Unternehmen am günstigsten, zuerst mittels
Export international tätig zu werden, da die Ressourcenbindung sich dabei noch in Grenzen
hält. Erst später entwickelt sich das Engagement, ,,market commitment", über komplexere
Formen wie Joint Ventures oder Vertriebs- und Produktionsniederlassungen.
61
Der Aspekt der ,,Psychic Distance Chain" als Bestandteil der ,,patterns of internationalization"
zeigte im Rahmen der Studien eine Reihenfolge der bearbeiteten Ländermärkte in dem Sinn,
dass Unternehmungen zunächst nur in vertrauten und somit psychisch nahen Ländermärkten
aktiv werden. In einer Grafik festgehalten gleicht dies einem konzentrischen Muster. Eine
graphische Illustration des Internationalisierungsverlaufs ist aufgrund der besseren
Eingliederung in die Thematik im nächsten Kapitel, 3.3.2., zu finden.
60
Vgl. UNCTAD (United Nations Conference on Trade and Development), Small and Medium-sized Transnational Corporations ­ Role,
Impact and Policy Implications, New York 1993, 38 f.
61
Vgl. Fueglistaller, U., Müller, C., Volery, T., Entrepreneurship, Modelle ­ Umsetzung ­ Perspektiven, mit Fallbeispielen aus Deutschland,
Österreich und der Schweiz, Wiesbaden 2004, 418

2
2
5
5
Die im vorhergehenden Absatz erwähnte Vorgehensweise kann unter anderem darauf
zurückgeführt werden, dass Unterschiede zu einer Störung des Informationsflusses zwischen
den Unternehmungen und Märkten führen, die erst durch den Aufbau des ,,experiential
knowledge" minimiert bzw. beseitigt werden kann. Vahlne und Nordström konkretisierten
dies, indem sie von ,,factors preventing or disturbing firms' learning about and understanding
of a foreign environment" sprachen.
62
O'Grady und Lane sprechen von ,,... a firm's degree of
uncertainty about a foreign market resulting from cultural differences and other business
difficulties that present barriers to learning about the market and operating there."
63
Die
,,Psychic Distance" wird durch Unterschiede in Kultur, Sprache, Ausbildung,
Managementverhalten und industrieller Entwicklung bestimmt.
64
3.3.2. Das Internationalisierungsmodell
Der zweite große Bestandteil des theoretischen Konzepts, das Internationalisierungsmodell,
umfasst statische und dynamische Elemente. Das statische Element beinhaltet die Faktoren
Marktverbundenheit, ,,market commitment", sowie Marktwissen, ,,market knowledge".
Beim ,,market commitment" geht das Modell von der Annahme aus, Unternehmungen seien
in irgendeiner Art und Weise den ausländischen Märkten verbunden in denen sie aktiv tätig
sind. Der Transfer von Ressourcen wie Kapital, Produkte, Technologien, Personal oder
Wissen in diese Märkte vertieft die Marktverbundenheit, deren Rücknahme sich mit der Tiefe
des ,,commitments" als immer schwieriger gestaltet.
Mittels Marktanalysen haben Unternehmungen bereits im Vorfeld einer Auslandstätigkeit
bestimmtes Marktwissen, ,,objective knowledge" über den Zielmarkt. Im Gegensatz zum
,,objective knowledge" kann ,,experiential knowledge" erst im Verlauf der Tätigkeit am Markt
erworben werden. Das Uppsala-Modell betrachtet die Internationalisierung von
Unternehmungen als einen inkrementellen Prozess der Aneignung, Integration und Nutzung
von Wissen über Auslandsmärkte und eine damit verbundene fortschreitende Bindung,
62
Vahlne, J.-E., Nordström, K. A., Is the Globe Shrinking? Psychic Distance and the Establishment of Swedish Sales Subsidiaries
During the Last 100 Years, Paper presented at the Annual Conference of the International Trade and Finance Association, 22.-25. April
1992, Laredo
63
O'Grady, S., Lane, H. W., The Psychic Distance Paradox, Journal of International Business Studies, Vol. 27(2), 1996, 330
64
Vgl. Schmid, S., Die Internationalisierung von Unternehmungen aus der Perspektive der Uppsala-Schule, in: Wirtschaftswissenschaftliches
Studium, Heft 7, 2002, 388

2
2
6
6
,,commitment", der Unternehmungen an diese Märkte.
65
Je weiter die ,,Psychic Distance
Chain" entwickelt ist, desto größer ist auch das ,,experiential knowledge", das
Erfahrungswissen über Auslandsmärkte und ­aktivitäten.
Dynamische
Aspekte
im
Modell
sind
die
Entscheidungen
über
weitere
Internationalisierungsschritte,
,,commitment
decisions",
sowie
die
laufenden
Geschäftsaktivitäten, ,,current activities".
Die laufenden Tätigkeiten am Markt und die in der Folge getroffenen Entscheidungen führen
zu einer Veränderung des ,,market commitments" und des Marktwissens. Das Modell ist
durch einen ständigen interdependenten und zirkulären Wirkungszusammenhang von
statischen
und
dynamischen
Elementen
geprägt,
durch
welchen
der
Internationalisierungsprozess von Unternehmungen erklärt werden kann.
Mit jedem getätigten Internationalisierungsschritt erhöht sich auch das ,,commitment" am
Markt, eine weitere Akkumulation von Wissen über den ausländischen Markt ist die Folge,
was wiederum ein Auslöser für einen weiteren Internationalisierungsschritt ist. Die Spirale im
Uppsala-Modell steht für diese Höherentwicklung, die in Folge der vorliegenden Arbeit als
Know-How-Transfer zwischen Markt, Unternehmen und eventueller Niederlassung im
Ausland dargestellt wird.
Laut Johanson und Vahlne sind Markt-Know-How und die Wahrnehmung von Marktchancen
im Wesentlichen durch die Erfahrung von derzeitigen oder vergangenen Geschäftsaktivitäten
bestimmt und der Motor für das weitere internationale Wachstum.
Insbesondere ,,experiential knowledge", welches nur durch selbsterworbene Erfahrungen bei
der Internationalisierung gewonnen werden kann, hilft die Unsicherheit des Unternehmens
über ausländische Märkte zu verringern.
66
Durch ein inkrementelles Vorgehen kann das
Management zudem den Faktor Unsicherheit besser handhaben. Das Erreichen der
nächsthöheren Stufe bedeutet eine Intensivierung und weitere Akkumulation von Information,
Erfahrung und Wissen. Das gewonnene Erfahrungswissen führt im Zeitverlauf zu einem
verstärkten Ressourceneinsatz und zur Änderung der Marktform im Sinne eines Aufsteigens
im Stufenmodell.
65
Vgl. Kabst, R., Internationalisierung mittelständischer Unternehmen, München 2004, 13
66
Vgl. Johanson, J., Vahlne, J. E., The Mechanism of Internationalization, in : International Marketing Review, Vol. 7(4), 1990, 12

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2005
ISBN (eBook)
9783956360114
ISBN (Paperback)
9783832496166
Dateigröße
1.6 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Johannes Kepler Universität Linz – Sozial- und Wirtschaftswissenschaften, Unternehmensgründung und Unternehemensentwicklung
Erscheinungsdatum
2006 (Juni)
Note
1,0
Schlagworte
johanson eprg entrepreneurship expansion ausland
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Titel: Innovationskultur, Netzwerkperspektive und Know-How-Transfer im Uppsala-Modell
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