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Konzeption eines Modells zur Bewertung der Wirtschaftlichkeit von Virtual-Reality-Systemen in der Digitalen Fabrik

©2005 Diplomarbeit 123 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Zusammenfassung:
Produzierende Unternehmen sehen sich durch Globalisierung und zunehmenden Wettbewerb neuen Herausforderungen in der Produktion gegenübergestellt. Diesen Herausforderungen kann mit Investitionen in neue Technologien begegnet werden. Die VR-Technologie ist eine solche Technologie, die als Erweiterung von 3D-CAD Planungswerkzeugen, als spezifische VR-Anwendung und weiteren Anwendungsfeldern vielfältige Nutzenpotenziale aufweist. Die Geschichte der VR-Technologie ist von enormen Hardwarepreisen geprägt, was dazu geführt hat, dass in der Vergangenheit nur Großkonzerne, besonders der Automobilindustrie, in Forschung und Nutzung dieser Technologie investiert haben.
Für technische und kreative Profis gibt es keine bessere Alternative, Probleme und Lösungen interaktiv in Echtzeit und multidimensional zu analysieren, lösen und präsentieren. Sie können Ihre 3D-CAD-Daten realitätsgetreu in einer Art und Weise visualisieren, erforschen, verstehen und kommunizieren, die in der physischen Welt nicht möglich ist: Bessere Entscheidungen werden in kürzerer Zeit erreicht, Kosten gespart und die Produktivität der Planungsabteilungen wird erhöht. Viele Unternehmen kennen aber die Nutzenpotenziale dieser Technologie noch nicht und es mangelt an Nachweisen des wirtschaftlichen Einsatzes der VR-Technologie. Ein Nutzennachweis ist schwierig.
Aus diesen und weiteren Gründen wurde innerhalb der vorliegenden Arbeit erfolgreich ein Modell entwickelt, das die Einsatzgebiete, Kosten- und Nutzenstruktur und Bewertungsmethoden der Virtual-Reality-Technologie beinhaltet und überschaubar darstellt.
Gang der Untersuchung:
Vor dem Hintergrund der zuvor skizzierten Ausgangssituation ist es das erklärte Ziel dieser Arbeit, ein Modell zu entwickeln, das eine ganzheitliche Nutzen- und Kostenbetrachtung der VR-Technologie in der Produktionsentstehung auf industriellen Anwendermärkten beinhaltet und Methoden und Modelle bereitstellt, mit denen eine Wirtschaftlichkeitsbeurteilung der Investition mittels ganzheitlicher, mehrdimensionaler Nutzenbetrachtung und anschließender Gegenüberstellung der Kosten vorgenommen werden kann. Dabei müssen sowohl strategische und qualitative, als auch monetäre Wirkungen der Technologie in die Wirtschaftlichkeitsbetrachtung einfließen.
Da der Rahmen der Arbeit eine ex-ante Betrachtung des Investitionsobjektes „Virtual Reality in der Produktionsentstehung“ darstellt, ist das zu entwickelnde Verfahren als Konzept für eine […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


ID 9527
Kunst, Sören: Konzeption eines Modells zur Bewertung der Wirtschaftlichkeit
von Virtual-Reality-Systemen in der Digitalen Fabrik
Druck Diplomica GmbH, Hamburg, 2006
Zugl.: Hochschule Wismar, Diplomarbeit, 2005
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Haftung für evtl. verbliebene fehlerhafte Angaben und deren Folgen.
Diplomica GmbH
http://www.diplom.de, Hamburg 2006
Printed in Germany

I
Danksagung
Diese Diplomarbeit entstand am Fraunhofer Institut für Produktionstechnik und
Automatisierung (IPA) in Stuttgart. Die außerordentlich wissenschaftliche und
kreative Atmosphäre in der Abteilung Engineering-IT hat sehr zum Gelingen dieser
Arbeit beigetragen.
Mein Dank gilt allen, die mich bei dieser Arbeit unterstützt haben. Insbesondere:
·
Herrn Dipl.-Ing. Dipl.-Kfm. Christoph Runde, für die Überlassung des Themas,
sowie die tatkräftige Unterstützung, die nicht hätte besser sein können;
·
Herrn Prof. Dr. Dr Herbert Neunteufel für das Betreuen dieser Diplomarbeit
und die immer gute Hilfestellung.
Mein Dank gilt über dies allen Personen, die an dieser Arbeit mitwirkten und mich
während ihrer Entstehung mit Rat und Tat unterstützten. Für die gewissenhaften
Überprüfungen der Rechtschreibung und für die kritischen Anregungen zum
Ausdruck danke ich vor allem meiner Schwester Svea.
Ein ganz besonderer Dank gilt sowohl meiner Familie, die mir das Studium
ermöglicht und mich in jeder Hinsicht unterstützt hat, als auch meiner Freundin
Maria, die mir besonders in Stresssituationen zur Seite stand.
Weiterhin bedanke ich mich bei allen die hier nicht genannt wurden.
Stuttgart, im November 2006

II
Zusammenfassung
Produzierende Unternehmen sehen sich durch Globalisierung und zunehmenden
Wettbewerb neuen Herausforderungen in der Produktion gegenübergestellt. Diesen
Herausforderungen kann mit Investitionen in neue Technologien begegnet werden.
Die VR-Technologie ist eine solche Technologie, die als Erweiterung von 3D-CAD
Planungswerkzeugen, als spezifische VR-Anwendung und weiteren Anwendungs-
feldern vielfältige Nutzenpotenziale aufweist. Die Geschichte der VR-Technologie ist
von enormen Hardwarepreisen geprägt, was dazu geführt hat, dass in der
Vergangenheit nur Großkonzerne, besonders der Automobilindustrie, in Forschung
und Nutzung dieser Technologie investiert haben.
Für technische und kreative Profis gibt es keine bessere Alternative, Probleme und
Lösungen interaktiv in Echtzeit und multidimensional zu analysieren, lösen und
präsentieren. Sie können Ihre 3D-CAD-Daten realitätsgetreu in einer Art und Weise
visualisieren, erforschen, verstehen und kommunizieren, die in der physischen Welt
nicht möglich ist: Bessere Entscheidungen werden in kürzerer Zeit erreicht, Kosten
gespart und die Produktivität der Planungsabteilungen wird erhöht. Viele
Unternehmen kennen aber die Nutzenpotenziale dieser Technologie noch nicht und
es mangelt an Nachweisen des wirtschaftlichen Einsatzes der VR-Technologie. Ein
Nutzennachweis ist schwierig.
Aus diesen und weiteren Gründen wurde innerhalb der vorliegenden Arbeit
erfolgreich ein Modell entwickelt, das die Einsatzgebiete, Kosten- und Nutzenstruktur
und Bewertungsmethoden der Virtual-Reality-Technologie beinhaltet und
überschaubar darstellt.

III
Inhaltsverzeichnis
Danksagung...I
Zusammenfassung...II
Inhaltsverzeichnis ...III
Abbildungsverzeichnis ... V
Tabellenverzeichnis ... VII
Abkürzungsverzeichnis ... VIII
1
Einleitung...1
1.1
Ausgangssituation ...2
1.2
Zielsetzung und Vorgehen...3
2
Grundlagen...5
2.1
Investitionen ...5
2.2
Wirtschaftlichkeit...7
2.2.1
Nutzen...9
2.2.2
Kosten ...15
2.3
VR-Technologie...15
2.3.1
Begriffsdefinition...16
2.3.2
Geschichte ­ Meilensteine der VR ...19
2.4
VR im Produktionsentstehungsprozess...22
3
Stand der Technik ...24
3.1
VR-Technologie...24
3.1.1
Aufbau eines VR-Systems...25
3.1.2
Heutige Anwendungen der VR-Technologie ...35
3.1.3
Barrieren der VR-Implementierung...38
3.2
Produktionsentstehung ­ Digitale Fabrik ...40
3.2.1
Industrielle VR-Anwendungen in der Digitalen Fabrik ...42
3.3
Kosten- und Nutzenbewertung ...43
3.3.1
Problematik der Nutzenbewertung bei IT-Projekten ...44
3.3.2
Diskussion ganzheitlicher Ansätze ...45
3.3.3
Ableitung des Handlungsbedarfs...48

IV
4
Lösungsansatz ­ Konzeption des Modells ... 50
4.1
Eingrenzung des Untersuchungsbereichs... 50
4.1.1
Zeitliche Einordnung des Modells ... 51
4.1.2
Einordnung im Entscheidungsprozess... 51
4.2
Anforderungen an das Modell ... 53
4.3
Darlegung des Grundkonzepts ... 55
5
Realisierung... 58
5.1
Modul 1 ­ VR- Anwendungen ... 58
5.1.1
VR-Anwendungen... 59
5.1.2
Zuordnung der Nutzenpotenziale zu VR-Anwendungen ... 65
5.2
Modul 2 ­ VR-Nutzenpotenziale ... 66
5.2.1
Nutzenpotenziale der VR-Technologie ... 67
5.2.2
Relevanz der Nutzenpotenziale in den Nutzenkategorien ... 75
5.3
Realisierung der bisherigen Ergebnisse... 76
5.4
Modul 3 ­ Bewertung ... 78
5.4.1
Anwendbarkeit von Verfahren... 79
5.4.2
Kostenerfassung ­ einmalige und laufende Kosten... 79
5.4.3
Ökonomische Bewertung ­ direkte Nutzen... 81
5.4.4
Qualitative Bewertung ­ indirekte Nutzen ... 84
5.4.5
Strategische Bewertung ­ strategischer Nutzen ... 87
5.4.6
Anwendung der Bewertungsverfahren im Modell ... 90
5.4.7
Zusammenfassung der Ergebnisse ... 91
5.5
Einführung von VR-Systemen... 92
6
Anwendung des Modells ... 94
7
Zusammenfassung und Ausblick ... 96
Literaturverzeichnis... XI
Anhang ...XXII

V
Abbildungsverzeichnis
Bild 1: Abgrenzung der Wirtschaftlichkeitsbetrachtung ...8
Bild 2: Definition der Wirtschaftlichkeit [Lehm28]...9
Bild 3: Darstellung der Nutzenkategorien ...13
Bild 4: Whirlwind-Computer 1949 ...19
Bild 5: SAGE-Computer 1952...19
Bild 6: Sensorama 1956 ...20
Bild 7: Getracktes HMD 1965 ...20
Bild 8: HMD 1961 ...20
Bild 9: Sketchpad 1965 ...20
Bild 10: Graphisch-Haptisches Display Grope III 1967...21
Bild 11: VECTA Flugsimulator 1987 ...21
Bild 12: Produktlebenszyklus (i. A. a. [Scha01]) ...22
Bild 13: Aufbau eines VR-Systems [Quelle: FhG IPA]...25
Bild 14: VR-Softwarearchitektur [i. A. a. FhG_IPA]...26
Bild 15: Desktop-VR [vgl. www_12]...28
Bild 16: Darstellung eines HeadMountedDisplay (HMD) ...28
Bild 17: HoloBench am Fraunhofer IPA...29
Bild 18: Schematische Darstellung einer Powerwall [www_14] ...29
Bild 19: Präsentation eines Flugzeuges [Qelle: Airbus]...30
Bild 20: Schematische Abbildung einer CAVE [ICA] ...31
Bild 21: Blick in die CAVE am Fraunhofer IPA [FhG IPA]...31
Bild 22: Elektromagnetisches Trackingsystem ­ [Polhemus] ...33
Bild 23: Spacemouse und ihre Freiheitsgrade [FhG IPA] ...34
Bild 24: Datenhandschuh CyberGlove [Virtex] ...34
Bild 25: Raumplanung in der Architektur [Bitmanagement] ...36
Bild 26: Abbildung einer komplexen Produktionsanlage [FhG_IPA] ...38
Bild 27: Barrieren der VR-Implementierung [vgl. www_10] ...39
Bild 28: Zielgruppen und Einsatzfelder für VR-Systeme i. Anl. [VDI3633]...42
Bild 29: Problematik der ex-ante Nutzenbewertung ...44
Bild 30: Abgrenzung der Arbeit...48
Bild 31: Einordnung im Investitionsentscheidungsprozess i. A. a. [Scha01]...52
Bild 32: Schematische Darstellung des Gesamtmodells ...56

VI
Bild 33: Modul 1 ­ Einordnung und Darstellung im Gesamtkonzept ... 59
Bild 34: Materialflussplanung mit VR am Beispiel eines Lagers [Virtex] ... 62
Bild 35: Zuordnung der Nutzenpotenziale zu den VR-Anwendungen ... 65
Bild 36: Modul 2 ­ Einordnung im Gesamtkonzept ... 67
Bild 37: Fabrikplanungstisch [FhG IPA] ... 74
Bild 38: Relevanz der Nutzenpotenziale in den Nutzenkategorien ... 75
Bild 39: Zusammenfassung der bisherigen Ergebnisse... 77
Bild 40: Modul 3 ­ Einordnung im Gesamtkonzept ... 78
Bild 41: Abbildung der klassischen Investitionsrechenverfahren ... 82
Bild 42: Kapitalwertberechnung [VDI2216] ... 83
Bild 43: Quellen des Unternehmenserfolgs i. A. a. [Port91] ... 88
Bild 44: Einordnung der Verfahren im Modell ... 91
Bild 45: Zusammenfassung und Einordnung der Bewertungsverfahren ... 92

VII
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Analyse der Nutzenkategorien (i. A. a. [Nage88])...11
Tabelle 2: Menschliche Sinne für die Wahrnehmung der Umgebung [www_16] ...16
Tabelle 3: Zusammenfassung der wichtigsten VR-Hardwarekomponenten ...35
Tabelle 4: VR-Nutzenpotenziale für Unternehmen XY ...94
Tabelle 5: Bewertungsverfahren für Unternehmen XY ...95

VIII
Abkürzungsverzeichnis
PC
Personal
Computer
VR
Virtual
Reality
HMD
Head Mounted Display
IT Informationstechnologie
MMS
Mensch-Maschine-Schnittstelle
VU
Virtuelle
Umgebung
VE
Virtual
Environment
WIMP
Windows Icon Menue Pointer
TCO
Total Cost of Ownership
DF
Digitale
Fabrik
KMU
Kleine und Mittelständische Unternehmen
CAD
Computer Aided Design
3D
Dreidimensional
EDM
Engineering Data Management
PDM
Product Data Management
BSC
Balanced
Scorecard
KWM
Kapitalwertmethode
FMEA
Failure Mode and Effects Analysis
QFD
Quality Function Deployment
o.g.
oben
genannt
vgl.
verglichen
z.B.
zum
Beispiel
s.
siehe
i. A. a.
in Anlehnung an

IX
,,Handle so,
dass sich das nachhaltig
1
günstigste Verhältnis
zwischen Kosten und Nutzen ergibt."
Nolan/Kaplan
1
Nachhaltigkeit: allgemein Dauerhaftigkeit, langfristig stabil, weil ohne Überlastung, unter Schonung
der Ressourcen und im Einklang mit dem Umfeld/der Umwelt betrieben [www_17]

1
1
Einleitung
Der Computer hat in den letzten Jahren Einzug in nahezu alle gesellschaftlichen
Bereiche gehalten. Als Schnittstelle zum Menschen werden dabei üblicherweise ein
Bildschirm, eine Tastatur und eine Maus benötigt. Diese Form der Interaktion hat
sich in den letzten Jahrzehnten entwickelt und gehört mittlerweile zur
Standardausstattung eines PCs. Die weitgehende Verbreitung dieser Mensch-
Maschine-Schnittstelle (MMS) lässt vermuten, dass es sich dabei um die optimale
Kommunikationsform zwischen Mensch und Computer handelt. Dies ist jedoch nicht
der Fall, wenn man diese MMS mit der Wahrnehmung des Menschen vergleicht. Es
lassen sich zwei wesentliche Nachteile erkennen:
·
die Darstellung erfolgt im Gegensatz zur menschlichen Wahrnehmung
zweidimensional;
·
Objekte können nur indirekt mit Maus oder Tastatur manipuliert werden.
Auf industriellen Anwendermärkten hat die CAD-Technologie in den Planungs-
prozessen weite Verbreitung gefunden. Diese Technologie hat sich von 2D-CAD zu
3D-CAD weiterentwickelt, wodurch neue Interaktionsparadigmen erforderlich
geworden sind, um effizient mit den generierten 3D-Daten zu interagieren.
Die Virtuelle Realität (engl. Virtual Reality Abk. VR) ist eine neuartige MMS, die den
natürlichen Wahrnehmungskanälen des Menschen entgegenkommt und somit als
bessere MMS verstanden werden kann.
Die Vorteile der VR-Technologie wurden in unterschiedlichsten Studien bewiesen
und lassen enorme Potenziale erkennen. Diese haben viele produzierende
Unternehmen - insbesondere der Automobilindustrie - erkannt und in VR-Forschung
und Entwicklung investiert. Mit heutigen VR-Systemen lassen sich die allgemeinen
Anforderungen an die Produktion Kosten senken, Qualität erhöhen und Zeit
verkürzen erfüllen [Berg02], [Fahl01].

2
1 Einleitung
1.1 Ausgangssituation
Um die Vorteile und Potenziale der VR-Technologie nutzen zu können, müssen
Investitionen in Ein- und Ausgabegeräte erfolgen. Im Normalfall gehen solchen
Investitionsentscheidungen Wirtschaftlichkeitsberechnungen voraus, die als
Grundlage für die zu treffende Entscheidung gelten. Investitionsentscheidungen sind
wegen ihrer Zukunftswirkung die wichtigsten und schwierigsten Entscheidungen, die
ein Unternehmen zu fällen hat. Zur Unterstützung der Investitionsentscheidungen
sind im Zuge der Industrialisierung Verfahren entwickelt worden, die unter dem
Begriff der ,,Investitionsrechnungen" bekannt sind. Diese ermitteln die Vorteilhaftigkeit
einer Investition auf Grund der von ihr bewirkten Ein- und Auszahlungsströme
[Nage88], [Piet03].
Die oftmals alleinige Anwendung dieser traditionellen Investitionsrechenverfahren für
die Wirtschaftlichkeitsbeurteilung von IT-Technologien ist in mehrfacher Hinsicht
problematisch, da die Verfahren eine rein monetäre Betrachtung der Investition zum
Inhalt haben. Diese Betrachtungen können bei Investitionen in IT-Technologien
aufgrund folgender Eigenschaften nur teilweise herangezogen werden [Sing90]:
·
Mit dem Einsatz von IT-Technologien können langfristig strategische
Nutzenpotenziale wie Wettbewerbsvorteile aufgebaut werden, deren
Wirkungen weit über die eigentliche Anlagennutzung hinausgehen. Solch
strategische Überlegungen können nicht in die Investitionsrechnungen
einbezogen werden.
·
Qualitative und kurz- bis mittelfristige Wirkungen von Investitionen in IT-
Technologien wie Qualitäts- und Flexibilitätssteigerungen, verbessertes
Unternehmensimage sowie die Verbesserung anderer ,,weicher Faktoren"
können mit dem Einsatz konventioneller Investitionsrechnungen nicht
befriedigend berücksichtigt werden.
·
Die Bewertung von IT-Technologien mittels der klassischen Verfahren führt zu
mehrheitlich negativen Ergebnissen, die zur Folge hätten, dass die Investition
nicht getätigt werden darf.

1.2 Zielsetzung und Vorgehen
3
Die Bekanntheit dieser Schwachstellen der Investitionsrechnungen hat vielerlei
Methoden und Modelle hervorgebracht, die in ihrer Mehrheit Versuche darstellen, die
quantitativ schwer oder nicht fassbaren Wirkungen der IT- Technologien in die
,,Monetarisierung" mit einzubeziehen oder eine rein qualitative Beurteilung der
Investition zum Inhalt haben.
Hieraus ergibt sich, dass ein Ansatz vonnöten ist, der die Wirtschaftlichkeit von
Investitionen in IT-Technologien unter sowohl quantitativen als auch qualitativ-
strategischen Gesichtspunkten untersucht. Zur ganzheitlichen Bewertung muss
dabei eine Kombination der vorhandenen Ansätze durchgeführt werden, wobei die
eben diskutierten klassischen Investitionsrechenverfahren zur Berechnung der
monetären Größen herangezogen werden können.
1.2 Zielsetzung und Vorgehen
Vor dem Hintergrund der zuvor skizzierten Ausgangssituation ist es das erklärte Ziel
dieser Arbeit, ein Modell zu entwickeln, das eine ganzheitliche Nutzen- und
Kostenbetrachtung der VR-Technologie in der Produktionsentstehung auf
industriellen Anwendermärkten beinhaltet und Methoden und Modelle bereitstellt, mit
denen eine Wirtschaftlichkeitsbeurteilung der Investition mittels ganzheitlicher,
mehrdimensionaler Nutzenbetrachtung und anschließender Gegenüberstellung der
Kosten vorgenommen werden kann. Dabei müssen sowohl strategische und
qualitative, als auch monetäre Wirkungen der Technologie in die
Wirtschaftlichkeitsbetrachtung einfließen. Da der Rahmen der Arbeit eine ex-ante
Betrachtung des Investitionsobjektes ,,Virtual Reality in der Produktionsentstehung"
darstellt, ist das zu entwickelnde Verfahren als Konzept für eine zukünftige
Anwendung bei Investitionsentscheidungen für oder gegen die VR-Technologie im
Unternehmen zu sehen.
Zum Erreichen dieser Zielstellung werden im Kapitel 2 notwendige Begrifflichkeiten
erläutert, der Begriff der Wirtschaftlichkeit dem Bewertungsgegenstand angepasst,
und Bewertungsdimensionen zur Nutzenbewertung festgelegt, sowie weitere
notwendige Begrifflichkeiten erläutert. Um die Notwendigkeit der vorliegenden Arbeit
zu unterstreichen, werden in Kapitel 3 vorliegende Ansätze und Methoden zu
Bewertung der Wirtschaftlichkeit von IT-Technologien einer kritischen Würdigung
unterzogen und damit ein Handlungsbedarf abgeleitet.

4
1 Einleitung
Das konzeptionelle Grundmodell wird in Kapitel 4 erarbeitet, nachfolgend in Kapitel 5
wird dieses realisiert, was einer Bereitstellung zur Anwendung gleichkommt.
Schließlich wird in Kapitel 6 ein Anwendungsszenario entworfen und das Modell
angewendet.

5
2
Grundlagen
Aufbauend auf der in Kapitel 1 erfolgten Herleitung und Darstellung der Zielsetzung,
werden im Weiteren zunächst die Grundlagen der weiteren konzeptionellen
Tätigkeiten vorgestellt.
Mit dem angestrebten Modell zur Bewertung der Wirtschaftlichkeit von VR-Systemen
im Prozess der Produktionsentstehung soll die Entscheidung für eine Investition in
solche Systeme unterstützt werden. Zum detaillierten Verständnis dieser Zielsetzung
ist eine Betrachtung der grundlegenden Begriffe und Zusammenhänge notwendig.
2.1 Investitionen
Begriffsdefinition
Eine Grundlage für diese Arbeit bildet der Begriff ,,Investition", der als eine
,,zielgerichtete, in der Regel langfristige Kapitalbindung zur Erwirtschaftung
zukünftiger autonomer Erträge" definiert wird [Gabl97]. Investitionen stellen damit die
entscheidende Basis für die zukünftige Ertragskraft eines Unternehmens dar.
Motive oder Gründe für Investitionen sind nach Heitsch [Heit00]:
·
Rationalisierung;
·
Umstellung;
·
Erweiterung;
·
Ersatz.
Diese verfolgen immer das Ziel, die Ertragskraft des Unternehmens nachhaltig zu
erhöhen oder zu sichern. Eine Verdeutlichung von Herkunft und Ausrichtung
möglicher Motive gelingt anhand einer Betrachtung der Investitionsplanung [vgl.
Heit00].
Investitionen gliedern sich in Sachinvestitionen, Finanzinvestitionen und immaterielle
Investitionen. Unter Sachinvestitionen werden z.B. Anlagen, Maschinen, Vorräte oder
Transportmittel verstanden und dienen zur Ersatz-, Erweiterungs- oder
Rationalisierungsinvestition.

6
2 Grundlagen
Bei Finanzinvestition wird das zur Verfügung stehende Kapital in Beteiligungen, Kauf
von Wertpapieren, Grundstücken und Immobilien etc. angelegt. Zu immateriellen
Investitionen gehören Investitionen wie z.B. für Forschung, Entwicklung und
Ausbildung.
Ein Investitionsprojekt bzw. Investitionsobjekt ist ein wirtschaftliches Gut, das durch
Kauf oder Miete/Leasing zum Zweck der Nutzung vom Unternehmen beschafft wird.
Investitionsprojekte können alle wirtschaftlichen Güter sein, z.B. Grundstücke,
Anlagen, Wertpapiere, Patente, Güter des Umlaufvermögens oder Investitionen in
neue Technologien. Über die Anschaffung eines solchen Gutes entscheiden die
Investitionsplanung sowie das Ergebnis einer Wirtschaftlichkeitsrechnung [Gabl97].
Investitionsplanung
Die Investitionsplanung ist ein Bestandteil der Unternehmensplanung (vgl. [Gabl97]).
Die Charakterisierung des Investitionsbegriffs offenbart seine enge Verbindung mit
den Begriffen ,,Betrieb" und ,,Unternehmen". Diese werden in der Betriebswirtschaft
unterschiedlich definiert. In dieser Arbeit soll ein Betrieb organisatorisch als der
technisch-produktionswirtschaftliche Teilbereich eines Unternehmens, welches als
Wirtschaftseinheit definiert ist, verstanden werden. Inhaltlich wird er als eine
Kombination von Produktionsfaktoren aufgefasst, welche nach Gutenberg in
Elementarfaktoren und den dispositiven Faktor unterschieden werden können [vgl.
Gute83]. Die Kombination der einzelnen Produktionsfaktoren erfolgt nach dem
Wirtschaftlichkeitsprinzip, welches nach dem Maximal-, Minimal- oder Optimalprinzip
unterschieden werden kann. Auf diese Prinzipien wird in dieser Arbeit jedoch nicht
weiter eingegangen, es wird auf weiterführende Literatur von Gabler und Heitsch
verwiesen (vgl. [Gabl97], [Heit00]).
Als Elementarfaktoren können die ausführende menschliche Arbeitsleistung,
Betriebsmittel, Werkstoffe und extern bezogene Dienstleistungen eingesetzt werden.
Als dispositiven Faktor stehen die Geschäfts- und Betriebsleitung" und die ,,Planung"
und ,,Organisation" zur Verfügung. Die Planung beinhaltet dabei die Festlegung des
zukünftigen Betriebsablaufs als Ganzes und in allen seinen Teilbereichen. Die
Organisation realisiert den von der Planung vorgegebenen Ablauf [vgl. Habe88].

2.2 Wirtschaftlichkeit
7
Investitionsrisiko
Das Investitionsrisiko oder auch finanzielles Risiko, beschreibt, inwieweit die
monetäre Vorteilhaftigkeit des Investitionsvorhabens mit Unsicherheit behaftet ist
[Schi03].
2.2 Wirtschaftlichkeit
Bevor auf die Wirtschaftlichkeit von VR-Systemen eingegangen werden kann, ist es
erforderlich, den Begriff ,,Wirtschaftlichkeit" und die zugehörigen Komponenten zu
definieren. Es folgt eine Auseinandersetzung mit diesem Thema.
Begriffsdefinition
Vor jeder Investition steht die Frage nach der betriebswirtschaftlichen Sinnhaftigkeit.
Im ökonomischen Sinn bedeutet Wirtschaftlichkeit das Verhältnis aus monetär
quantifizierbaren Kosten und Leistung. Damit ist eine Maßnahme wirtschaftlich, wenn
die Leistung innerhalb eines bestimmten Betrachtungszeitraums höher ist als die
Kosten.
In der Literatur wird der Begriff der Wirtschaftlichkeit und der darauf aufbauenden
Wirtschaftlichkeitsbewertung unterschiedlich und nicht einheitlich definiert [Wöhe93],
[Gute83], [Olfe01], [Brie02]. Die vorhandenen Definitionen unterscheiden sich dabei
insbesondere in Bezug auf das von ihnen betrachtete Bewertungsobjekt und die
damit zusammenhängenden Bewertungsgrößen.
Somit kann der Begriff der Wirtschaftlichkeit nicht einheitlich definiert werden,
sondern steht in enger Abhängigkeit mit dem gewählten Bewertungsobjekt (z.B. eine
Investition, ein Bereich) und den zugrunde liegenden Bewertungsgrößen. Von Briel
nennt als Anforderungen an die Bewertungsgrößen der ökonomischen
Wirtschaftlichkeit, deren Fähigkeit eine monetäre Mitteleinsatz-/Ergebnisrelation
abbilden zu können [Brie02]. Mögliche Bewertungsgrößen sind demzufolge:
·
Einzahlungen und Auszahlungen;
·
Aufwendungen und Erträge;
·
Kosten und Leistungen.
Daraus ergeben sich nach von Briel verschiedene Definitionen des ökonomischen
Wirtschaftlichkeitsbegriffs:

8
2 Grundlagen
W = Erträge / Aufwendungen
W = Leistungen / Kosten
W = Einzahlungen / Auszahlungen
W= Sollkosten / Istkosten
Diese Bewertungsgrößen stellen genau quantifizierbare Werte dar, die mit
klassischen Investitionsrechenverfahren erfasst werden können. Nimmt man nun
jedoch an, dass eine Investition weiterführende positive Wirkungen hat, muss
festgestellt werden, dass diese Wirkungen nicht in die ökonomische
Wirtschaftlichkeitsbewertung einfließen und nicht von dem betriebswirtschaftlichen
Wirtschaftlichkeitsbegriff erfasst werden. Dies ist in besonderem Maße bei neuen
Technologien und in noch besonderem Maße bei jungen Technologien wie der VR-
Technologie der Fall.
Bild 1: Abgrenzung der Wirtschaftlichkeitsbetrachtung
Heutige Informationssysteme dienen häufig der Unterstützung qualitativer und
strategischer Zielrichtungen, die nicht monetär bewertet und somit auch nicht in ein
Quantifizierungsverfahren eingeschlossen werden können [Nage88], [Wild87].
Für eine ganzheitliche, wirtschaftliche Bewertung der VR-Technologie folgt daraus
die Anforderung, dass auch die nichtquantifizierbaren Wirkungen der Investition in
eine Wirtschaftlichkeitsbetrachtung einfließen müssen. Die Abgrenzung des dieser
Arbeit zugrunde liegenden Wirtschaftlichkeitsbegriffs ist in Bild 1 dargestellt.

2.2 Wirtschaftlichkeit
9
Das dieser Arbeit zugrunde liegende Bewertungsobjekt ist die VR-Technologie in der
Produktionsentstehung, die zugehörigen Bewertungsgrößen werden als Nutzen in
Relation zu den Kosten verstanden.
Um die Begriffsdefinition der Wirtschaftlichkeit abzuschließen, wird im Folgenden der
Begriff der Wirtschaftlichkeit nach Lehmann als Verhältnis von ,,Nutzen" zu ,,Aufwand"
zu Grunde gelegt, wobei unter Aufwand die anfallenden Kosten verstanden werden
[Lehm28]. Daraus ergibt sich die Formel:
Kosten
Nutzen
lichkeit
Wirtschaft
=
Bild 2: Definition der Wirtschaftlichkeit [Lehm28]
Legt man diese Definition den weiteren Betrachtungen zugrunde, muss im
Folgenden auf die Bewertungsgrößen ,,Nutzen" und ,,Kosten" genauer eingegangen
werden.
2.2.1 Nutzen
In den Wirtschaftswissenschaften wird zwischen zwei Nutzenbegriffen unter-
schieden. Es gibt zum einen den volkswirtschaftlichen und zum anderen einen
betriebswirtschaftlichen Nutzenbegriff.
Nutzen in der Volkswirtschaftslehre
Die moderne Nutzentheorie stammt aus dem Utilitarismus (lateinisch utilis: nützlich),
eine Theorie der Ethik, des Rechtes und der Sozialphilosophie. Nach der Lehre des
Utilitarismus kann eine Handlung dann als ethisch gut beurteilt werden, wenn sie für
das Glück der meisten Menschen förderlich oder nützlich ist. Der Begriff des Nutzens
entstand schon um 1700, zu jener Zeit, als auch die mathematische
Wahrscheinlichkeitsrechnung entwickelt wurde.
Daniel Bernoulli, Mitglied einer Schweitzer Mathematikerfamilie, erkannte 1738, dass
sich der Einzelne verhält, als wäre der Dollar, den er in einer fairen Wette gewinnen
könnte, weniger wert als jener Dollar, den er selbst verliert. Dies bedeutet, dass der
Mensch eine Aversion gegen jedes Risiko hat und dass jeder zusätzliche Dollar an
Reichtum ihm immer weniger zusätzlichen Nutzen beschert [Samu99].

10
2 Grundlagen
Unter dem Einfluss von Adam Smith (1723 - 1790, schottischer Moralphilosoph und
Nationalökonom, Begründer der klassischen Nationalökonomie) wandte sich der
englische Philosoph Jeremy Bentham (1748 - 1831) dem Studium jener Prinzipien
zu, welche für die Entstehung der sozialen Gesetzgebung maßgebend waren.
Bentham schlug vor, die Gesellschaft nach dem ,,Prinzip des Nutzens" zu
organisieren. Alle Gesetze sollten dem Utilitarismus folgen, um ,,das größte Glück für
die größtmögliche Anzahl" zu fördern [Samu99].
Eine Gruppe der neoklassischen Ökonomen, unter ihnen William Stanley Jevons
(1835 - 1882), erweiterte das Nutzenkonzept von Bentham und definierte das
Konsumverhalten. Ihrer Ansicht nach handelt die Wirtschaftstheorie vom ,,Kalkül von
Freude und Schmerz" und zeigt, wie rational handelnde Menschen ihre
Konsumentscheidungen auf Grund des zusätzlichen Nutzens oder Grenznutzens
eines jeden Gutes treffen.
Heute wird der Begriff des Nutzens mit dem Begriff der Bedürfnisbefriedigung
gleichgesetzt und besagt, wie sehr Güter und Dienstleistungen bevorzugt werden.
Die Menschheit trachtet danach, ihren Nutzen stets zu maximieren, was bedeutet,
dass sie jene Güterbündel auswählt, welche den größten Nutzen bringen. Weiterhin
ist in der Volkswirtschaftslehre der Begriff des Grenznutzens von großer Bedeutung -
dies ist der Nutzenzuwachs durch eine zusätzliche Einheit eines Gutes. Das Gesetz
des abnehmenden Grenznutzens besagt, dass dieser zusätzliche Nutzen immer
mehr abnimmt, je mehr von einem Gut konsumiert wird.
Nutzen in der Betriebswirtschaftslehre
Im Gegensatz zur Volkswirtschaftslehre wird in der Betriebswirtschaftslehre der
Nutzen anhand der Wirtschaftlichkeitsanalyse gemessen; hierbei wird auf Methoden
und Verfahren der klassischen Investitionsrechnung zurückgegriffen, in Kapitel 5.4
wird auf diese Verfahren genauer eingegangen.
Der Nutzenbegriff ist definiert als das Maß für die Bedürfnisbefriedigung, die ein
Konsument durch den Konsum von Gütern erzielt [Gabl97]. Bedürfnisbefriedigung
muss dabei vor dem Hintergrund des jeweiligen Zielsystems betrachtet werden.
Hinsichtlich der Bewertung kann der Nutzen in einen quantifizierbaren und einen
nicht quantifizierbaren Bereich unterteilt werden.

2.2 Wirtschaftlichkeit
11
Der quantifizierbare Nutzen kann weiterhin monetär bewertbar oder nicht monetär
bewertbar, sondern nur quantifizierbar sein. Es ergibt sich somit eine Differenzierung
des Nutzens in drei Nutzenkategorien (vgl. [Nage88], [Sing90], [Wild87], [Piet03]).
Nutzenkategorien
Als Nutzenkategorien wird im Folgenden die Aufteilung des Nutzens, gemäß seiner
Wirkungen in bestimmten Entscheidungs- und Organisationsebenen oder auch
Wirkungsdimensionen verstanden.
Nutzenkategorien
.
Kriterien
Direkter Nutzen
Indirekter Nutzen
Strategischer Nutzen
Zuordnung zu Unternehmens-
ebenen
operative Ebene
taktische Ebene -
Abteilungsleiter
strategische Ebene -
oberes Management
Quantifizierbarkeit
monetär bewertbar
quantifizierbar, nicht
monetär bewertbar
nicht quantifizierbar
Bewertbarkeit
rechenbar
kalkulierbar
entscheidbar
Zeithorizont
kurzfristig
mittelfristig
langfrisitig
Tabelle 1: Analyse der Nutzenkategorien (i. A. a. [Nage88])
Tabelle 1 zeigt eine Analyse der Nutzenkategorien, diese werden nach den Kriterien
ihrer Zuordnung zu Unternehmensebenen, Quantifizierbarkeit, Bewertbarkeit und
dem Zeithorizont ihrer Wirkungen dargestellt.
Wie in Tabelle 1 ersichtlich wird, ist nur der direkte Nutzen monetär bewertbar und
auf direkte Kosteneinsparungen zurückzuführen und somit eindeutig Kostenstellen
zuzuweisen. Indirekte Nutzen sind als zukünftige Kosteneinsparungen zu verstehen
und können somit nicht eindeutig monetär bewertet werden. Die Eigenschaft der
Schätzbarkeit oder Kalkulierbarkeit kann nach Nagel aber zugewiesen werden (vgl.
[Nage88]). Durch Qualitätsverbesserungen werden beispielsweise Fehlerreduzierung
und höhere Kundenzufriedenheit als Nutzen gesehen, die direkten Auswirkungen
des Nutzens treten zeitverzögert auf.
Strategischer Nutzen ist nicht monetär bewertbar oder quantifizierbar. Quantifizierbar
wird der Strategische Nutzen durch seine Wirkungen, die sich langfristig in Direkten
Nutzen verwandeln [Scha01]:
Nutzenwirkungskette: Strategischer Nutzen Indirekter Nutzen Direkter Nutzen

12
2 Grundlagen
Die Nutzenkategorien werden als Gesamt- oder Unternehmensnutzen definiert.
Nachfolgend eine genauere Beschreibung dieser Kategorien (vgl. [Schi03]):
·
Mittelfreisetzender Nutzen ­ Nutzen des Vorhabens, der dadurch entsteht,
dass zusätzliche Erträge erwirtschaftet werden und der sich demnach direkt in
der Gewinn- und Verlustrechnung eines Unternehmens niederschlägt.
Realisiert werden kann ein mittelfreisetzender Nutzen durch
Kosteneinsparungen, -vermeidung oder Einkommenssteigerungen. Beim
mittelfreisetzenden Nutzen handelt es sich um einen Nutzenaspekt, der bei
der Kapitalwert Kalkulation berücksichtigt wird Direkter Nutzen
·
Finanzieller Nutzen, der keine Mittel freisetzt ­ Nutzen des Vorhabens, der
sich zwar monetär ausdrücken lässt, sich jedoch nicht direkt in der Gewinn-
und Verlustrechnung des Unternehmens niederschlägt. Der Nutzen drückt ein
finanzielles Potenzial aus und ist damit mehr oder weniger theoretischer
Natur. Typischerweise handelt es sich dabei um Nutzenaspekte wie
beispielsweise die Zeitersparnis durch Prozessoptimierungen: Einerseits kann
durch eine Prozesskostenrechnung aufgezeigt werden, wie viel Zeit die
betroffenen Mitarbeiter durch das Vorhaben unmittelbar einsparen und wie
sich dies theoretisch in Geldeinheiten ausdrückt (z.B. eine Zeitersparnis von
100h entspricht bei einer Lohnpauschale von 40 /h genau 4000 ).
Andererseits kann jedoch nicht aufgezeigt werden, wie sich dies in
zusätzlichen Erträgen für das Unternehmen auswirkt (z.B. kann die
eingesparte Zeit zum Verkauf genutzt werden, führt direkt zu einer Erhöhung
des Abverkaufs und damit zu einer Einkommenssteigerung; das Unternehmen
kann Kosten sparen, da Mitarbeiter freigesetzt werden können). Beim
finanziellen Nutzen, der keine Mittel freisetzt, handelt es sich um den
Nutzenaspekt, der im Rahmen der Kapitalwert-Kalkulation keine
Berücksichtigung finden darf. Indirekter Nutzen
·
Nicht-quantifizierbarer Nutzen ­ Nutzen des Vorhabens, der nicht
hinsichtlich seiner Größen gemessen werden kann bzw. sich nicht in
Mengenbegriffen darstellen lässt. Die Eigenschaften solcher Effekte variieren
in stärkerem Maße nach Art, Beschaffenheit oder Qualität. Häufig wird dieser

2.2 Wirtschaftlichkeit
13
Nutzentyp auch als qualitativer oder ,,intangibler" Nutzen beschrieben, da er
auf ,,soft facts" beruht. Strategischer Nutzen
Gerade die letzte Kategorie stellt den ausschlaggebenden Punkt im Rahmen der
Nutzenkategorien oder ­dimensionen dar. Dieser Nutzen sind am schwierigsten zu
messen und nicht in Metriken zu fassen. Bei diesen Nutzenaspekten handelt es sich
jedoch häufig um die bedeutendsten Nutzenargumente im Rahmen von Investitionen
in Informationstechnologie, denn zu ihnen können in der Regel strategische
Argumente zugerechnet werden (vgl. [Schi03]).
Bild 1 stellt die Nutzenkategorien abschließend vereinfacht dar:
Bild 3: Darstellung der Nutzenkategorien

14
2 Grundlagen
Dimensionen der Wirtschaftlichkeit
Aus den Nutzenkategorien gehen gemäß dem zuvor abgeleiteten Wirtschaftlichkeits-
begriff drei Dimensionen der Wirtschaftlichkeit hervor. Wir unterscheiden nach
Heitsche zwischen [Heit00]:
·
Ökonomische
Wirtschaftlichkeitsdimension
·
Qualitative
Wirtschaftlichkeitsdimension
·
Strategische
Wirtschaftlichkeitsdimension
Die Strategische Wirtschaftlichkeit bezieht sich dabei auf die Erfüllung der Investition
im Hinblick auf strategische Zielrichtungen. Eine Messung oder Monetarisierung
dieser Wirtschaftlichkeitsdimension ist nicht sinnvoll möglich. Unter taktischer oder
indirekter Wirtschaftlichkeit können zukünftige Kosteneinsparungen verstanden
werden, sie entzieht sich dabei einer monetären Bewertbarkeit. Im Hinblick auf eine
Quantifizierung ist die Zuordnung von Schätzwerten möglich. Die operative oder
ökonomische Wirtschaftlichkeit bezieht sich auf monetär messbare und
quantifizierbare Kosteneinsparungen, die mit herkömmlichen Investitionsrechnungen
ermittelt werden können.
Nutzenpotenziale
Nutzenpotenziale ist Nutzen, der aufgrund der Eigenschaften des Bewertungs-
objektes realisiert werden kann. Die Nutzenpotenziale der VR-Technologie werden in
Kapitel 5.2 gesondert betrachtet.

2.3 VR-Technologie
15
2.2.2 Kosten
Die Kosten einer Investition lassen sich besonders gut ermitteln und unterliegen nicht
der Bewertungsschwierigkeit des Nutzens (vgl. [Piet03], [Nage88]). Die
Kostenerfassung wird aus diesem Grunde nur rudimentär behandelt.
Begriff
Kosten sind definiert als ein bewerteter Verzehr von wirtschaftlichen Gütern
materieller und immaterieller Art zur Erstellung und zum Absatz von Sach- und/oder
Dienstleistungen sowie zur Schaffung und Aufrechterhaltung der dafür notwendigen
Teilkapazitäten. Kosten werden üblicherweise aus dem Aufwand hergeleitet
[Gabl97].
Gesamtkosten
Kosten sind mit den direkten Nutzen zu vergleichen, weil sie gleiche Eigenschaften
besitzen: Zuweisung zu Entstehung (Kostenstellen), monetär bewertbar und
quantifizierbar. Nach Pietsch und der VDI-Richtlinie 2216 werden unter dem
Gesamtkostenbegriff einmalige und laufende Kosten verstanden (vgl. [Piet03],
[VDI2216]).
Nachdem nun der Nutzen- und Kostenbegriff erläutert wurde, werden im Anschluss
die Grundlagen der VR-Technologie dargelegt.
2.3 VR-Technologie
VR ist eine neue Mensch-Maschine-Schnittstelle (MMS), die es dem Benutzer
erlaubt, sich der menschlichen Wahrnehmung entsprechend in drei Dimensionen
2
zu
bewegen und bei geeigneter Hardware vollständig in eine künstliche Welt
einzutauchen. Wesentlich für diese MMS ist es je nach Anwendung, auf möglichst
natürliche Art und Weise mit der Umgebung zu kommunizieren und zu interagieren.
Dazu gehören das Stereosehen, Hören, Sprechen und Fühlen [Fahl00], [Deck02].
2
Höhe, Breite, Tiefe (x-, y-, z-Achse)

16
2 Grundlagen
Das Ziel von VR ist es, dem Benutzer eine Virtuelle Umgebung (VU, engl. Virtual
Environment VE) möglichst realitätsnah zu vermitteln.
Der Mensch nimmt seine Umwelt über Sinne auf. Jeder Sinn entspricht dem Reiz
eines Sinnesorgans. Die gemeinsame Verarbeitung aller Reize im Gehirn ergibt das
Bewusstsein für die Umgebung. Werden durch ein VR-System möglichst viele
Sinnesorgane entsprechend stimuliert, entsteht ein realistisches Gefühl für die
künstliche Umgebung. Dabei haben die unterschiedlichen Sinne unterschiedlichen
Einfluss auf die Wahrnehmung. Tabelle 2 zeigt die menschlichen Sinne, ihre
allgemeine Gewichtung im menschlichen Wahrnehmungssystem und Nutzen.
Sinn mit Sinnesorgan
Gewichtung Nutzen
Visueller Sinn und Augen
70% Räumliches Denken, Informationsaustausch
Akustischer Sinn und Ohren
20% Orten von unsichtbaren Objekten, Informationsaustausch
Geruchssinn und Nase
5% Kategorisieren von Objekten nach Geruch
Tastsinn mit Haut
4% Fühlen von Oberflächenstrukturen und Temperaturen
Geschmackssinn mit Zunge
1% Zur Nahrungsaufnahme
Tabelle 2: Menschliche Sinne für die Wahrnehmung der Umgebung [www_16]
Der wesentliche Inhalt der VR-Technologie ist die Simulation der Realität und die
virtuelle Darstellung der menschlichen Sinne.
Der große Vorteil von VR ist die Nähe zur menschlichen Wahrnehmung. Vorhandene
Computersysteme bauen auf zweidimensionaler Fenstertechnik auf, die mit
zweidimensionalen Interaktionsparadigmen bedient werden können.
2.3.1 Begriffsdefinition
Bis zum heutigen Stand der Technik konnte sich keine einheitliche und
allgemeingültige Definition für VR durchsetzen. Einige der vielen Definitionen sind
jedoch nützlich, um diesen wesentlichen Bestandteil der vorliegenden Arbeit dem
allgemeinen Verständnis näher zu bringen und eine der Arbeit angepasste Definition
zu erarbeiten:
·
,,Virtual Reality is a high-end user interface that involves real-time simulation
and interactions through multiple sensorial channels. These sensorial
modalities are visual, auditory, tactile, smell, taste, etc." [Burd94]
·
"Eine Technologie, die Echtzeit-Interaktion mit dreidimensionalen
Computerdaten ermöglicht und durch Techniken der Immersion das subjektive

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2005
ISBN (eBook)
9783832495275
ISBN (Paperback)
9783838695273
DOI
10.3239/9783832495275
Dateigröße
3.3 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Hochschule Wismar – Elektrotechnik und Informatik
Erscheinungsdatum
2006 (April)
Note
1,0
Schlagworte
nutzenpotentiale bewertungsmethoden produktion investition strategie
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Titel: Konzeption eines Modells zur Bewertung der Wirtschaftlichkeit von Virtual-Reality-Systemen in der Digitalen Fabrik
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