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Alkohol-Embryopathie

©2004 Diplomarbeit 130 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Schon einmaliger exzessiver Alkohol-“Genuss“ kann erheblichen Schaden beim ungeborenen Kind anrichten. Das Kind schwimmt nicht nur im Fruchtwasser, sondern bei einer Alkohol trinkenden Frau auch in einem für das ungeschützte, noch nicht voll entwickelte Kind schädigenden „Alkoholbad“. Es kann diesem Umstand nicht entfliehen und trägt die möglichen Folgen ein Leben lang, mal mehr, mal weniger sichtbar, mit sich.
Auf der Suche nach Literatur zu dem Thema Alkohol-Embryopathie (AE) bin ich davon ausgegangen, bei Krankenkassen, Krankenhäusern, Frauenärzten, Suchtberatungsstellen, Kinderschutzbund, Jugendämtern, Frauenhäusern, Selbsthilfegruppen, Anonymen Alkoholikern, Guttempler und der Lebenshilfe Informationsmaterial über das Thema zu erhalten. Doch die häufigste Aussage, die ich erhielt, war, dass dieses Thema zu speziell sei und dass kein Material hierzu zur Verfügung stünde. Parallel dazu suchte ich in Bibliotheken und im Internet nach Literatur.
Die Veröffentlichungen in deutscher Sprache beziehen sich mehrheitlich auf amerikanische Forschungsergebnisse. Es gibt zurzeit nur wenige aktuelle Untersuchungen und Forschungen im deutschsprachigen Raum. Hier sind zum einen die Untersuchungen von Dr. med. Spohr, Chefarzt der DRK-Klinik in Berlin und zum anderen die von Professor Dr. med. Hermann Löser in Münster zu nennen.
Bei meiner Recherche wurde deutlich, dass bei den oben genannten Anlaufstellen das Thema AE kaum Beachtung findet. Nur wenige Organisationen wie die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung und die Deutsche Hauptstelle für Suchtgefahren e.V. konnten mir Informationsmaterial in Form von Broschüren sowie Kopien von verschiedenen Veröffentlichungen zusenden. Gerade weil das Thema Alkohol während der Schwangerschaft kaum Beachtung findet, ist die Zahl der durch Alkohol geschädigten Kinder nach wie vor viel zu hoch. Durch das Schreiben über dieses Thema hat sich nicht nur mein Blickwinkel weiter verändert, sondern auch Freunde und Verwandte wie auch ein paar Ärzte und Krankenkassen wurden mit dem teilweise für sie unangenehmen Thema konfrontiert und ich hoffe, dass eine Diskussion in Gang gesetzt wurde. Sozialarbeiter/- innen können in vielfältiger Weise dazu beitragen, dass das Thema AE weiter in der Öffentlichkeit verbreitet wird.
Zu Beginn meiner Arbeit führe ich die wichtigsten Fakten zu dem Suchtstoff Alkohol auf. Über die Wirkungen im Körper komme ich zu dem ersten Schwerpunkt, Frau und Sucht und […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Inhaltsverzeichnis

Einleitung

1 Nahrungs-, Genuss – und Suchtmittel Alkohol
1.1 Zahlen und Fakten zum Alkoholkonsum in Deutschland
1.2 Konsum, Missbrauch und Abhängigkeit von Alkohol
1.2.1 Konsum
1.2.2 Missbrauch
1.2.3 Abhängigkeit
1.3 Die Rolle der Gesellschaft
1.4 Bedingungsgefüge
1.5 Folgen einer Abhängigkeitserkrankung
1.6 Mehrfachabhängigkeit bei Frauen

2 Frau und Alkoholkonsum
2.1 Frau und der Konsum von Alkohol
2.1.1 Erwartungen an die Substanz
2.1.2 Unterschiede zum Mann
2.2 Schwangerschaft und Alkohol
2.2.1 In der Suchtabhängigkeit ein Kind
2.2.2 Die Rolle des Vaters
2.3 Die Rolle der Ärzte
2.4 Hilfe für alkoholabhängige Frauen

3 Alkohol-Embryopathie und Alkoholeffekte
3.1 Wirkung des Alkohols auf das ungeborene Leben im Mutterleib
3.2 Diagnose von AE und Alkohol-Effekten nach der Geburt
3.2.1 Entzugserscheinungen nach der Geburt
3.2.2 Ernährung des Säuglings nach der Geburt
3.3 Entwicklungsdefizite bei betroffenen Kindern
3.4 Eigene Suchtgefährdung bei Kindern mit AE
3.5 Fördermaßnahmen bei Kindern mit AE
3.6 Leben mit einem alkoholabhängigen Elternteil
3.7 Fremdunterbringung zum Wohle des Kindes

4 Prävention

5 Fazit und Ausblick

6 Anhang

7 Fachlexikon

8 Literaturverzeichnisse
8.1 Verwendete Literatur
8.2 Weiterführende Literatur
8.3 Internetadressen

9 Eidesstattliche Erklärung

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1 Eigenschaften von Alkohol

Abb. 2 Toxische Wirkung d es Alkohols

Abb. 3 Alkoholverbrauch je Einwohner seit 1998

Abb. 4 Verbrauch je Einwohner an Bier, Wein, Schaumwein und Spirituosen (Liter) seit 1998

Abb. 5 Konsumenten, Missbrauch, Abhängigkeit

Abb. 6 Höhe der Verbrauchssteuer je reinen Alkohol in Deutschland

Abb. 7 Problematischer Alkoholkonsum

Abb. 8 Missbrauch von Alkohol

Abb. 9 Diagnosekriterien der ICD-10

Abb. 10 Diagnosekriterien DSM-IV

Abb. 11 Typologie nach Jellinek

Abb. 12 Dreiecksmodell zur Entstehung der Abhängigkeit

Abb. 13 Trinkverhalten und körperliche, soziale, psychische Folgeschäden

Abb. 14 Schädigung der Organe nach Schneider

Abb. 15 Gesundheitliche Folgekrankheiten bei der Frau

Abb. 16 Substanz und deren schädigende Wirkung auf den Ungeborenen

Abb. 17 Beobachtungen von Voigt 1994 und Schmidt 1997

Abb. 18 Gründe für das Reduzieren des Alkoholkonsums

Abb. 19 Stufen der Verhaltensänderung nach Prochaska et al.

Abb. 20 Kritische Phasen der Entwicklung

Abb. 21 Beziehung zwischen täglich getrunkener Alkoholmenge und Alkoholembryopathie

Abb. 22 Charakteristische Gesichtsveränderungen bei Kindern mit Alkoholembryopathie

Abb. 23 Klinische Symptomatik und Bewertung der Alkoholembryopathie

Abb. 24 Unausgesprochene Familienregeln

Abb. 25 Geschwisterkinder

Abb. 26 Aufklärung und Wissensvermittlung

Abb. 27 Warnhinweis auf einer Bierflasche in den USA

Einleitung

Schon einmaliger exzessiver Alkohol-„Genuss“ kann erheblichen Schaden beim ungeborenen Kind anrichten. Das Kind schwimmt nicht nur im Fruchtwasser, sondern bei einer Alkohol trinkenden Frau auch in einem für das ungeschützte, noch nicht voll entwickelte Kind schädigenden „Alkoholbad“. Es kann diesem Umstand nicht entfliehen und trägt die möglichen Folgen ein Leben lang, mal mehr, mal weniger sichtbar, mit sich.

Auf der Suche nach Literatur zu dem Thema Alkohol-Embryopathie (AE)[1] bin ich davon ausgegangen, bei Krankenkassen, Krankenhäusern, Frauenärzten, Suchtberatungsstellen, Kinderschutzbund, Jugendämtern, Frauenhäusern, Selbsthilfegruppen, Anonymen Alkoholikern, Guttempler und der Lebenshilfe Informationsmaterial über das Thema zu erhalten. Doch die häufigste Aussage, die ich erhielt, war, dass dieses Thema zu speziell sei und dass kein Material hierzu zur Verfügung stünde. Parallel dazu suchte ich in Bibliotheken und im Internet nach Literatur.

Die Veröffentlichungen in deutscher Sprache beziehen sich mehr-heitlich auf amerikanische Forschungsergebnisse. Es gibt zurzeit nur wenige aktuelle Untersuchungen und Forschungen im deutsch-sprachigen Raum. Hier sind zum einen die Untersuchungen von Dr. med. Spohr, Chefarzt der DRK-Klinik in Berlin und zum anderen die von Professor Dr. med. Hermann Löser in Münster zu nennen.

Bei meiner Recherche wurde deutlich, dass bei den oben genannten Anlaufstellen das Thema AE kaum Beachtung findet. Nur wenige Organisationen wie die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung und die Deutsche Hauptstelle für Suchtgefahren e.V. konnten mir Informationsmaterial in Form von Broschüren sowie Kopien von verschiedenen Veröffentlichungen zusenden. Gerade weil das Thema Alkohol während der Schwangerschaft kaum Beachtung findet, ist die Zahl der durch Alkohol geschädigten Kinder nach wie vor viel zu hoch. Durch das Schreiben über dieses Thema hat sich nicht nur mein Blickwinkel weiter verändert, sondern auch Freunde und Verwandte wie auch ein paar Ärzte und Krankenkassen wurden mit dem teilweise für sie unangenehmen Thema konfrontiert und ich hoffe, dass eine Diskussion in Gang gesetzt wurde. Sozialarbeiter/- innen können in vielfältiger Weise dazu beitragen, dass das Thema AE weiter in der Öffentlichkeit verbreitet wird.

Zu Beginn meiner Arbeit führe ich die wichtigsten Fakten zu dem Suchtstoff Alkohol auf. Über die Wirkungen im Körper komme ich zu dem ersten Schwerpunkt, Frau und Sucht und speziell der schwan-geren Frau. Fragen, die mich beschäftigen, sind:

Wie ist der Wunsch nach einem Kind mit dem Trinken von Alkohol zu vereinbaren?

Ist der schwangeren Frau bewusst, was der Alkohol bei ihrem Kind verursachen kann?

Warum ist es so schwer, den Alkoholkonsum einzuschränken oder einzustellen?

Welche Unterstützungen benötigt die Schwangere, um den Konsum einzuschränken oder einzustellen zu können?

Die schlichte Information: „Es darf kein Alkohol in der Schwanger-schaft getrunken werden“, ist einfach ausgesprochen. ABER für die trinkende Frau NICHT EINFACH umsetzbar! Das darf nicht ver-gessen werden, wenn über eine Alkohol trinkende schwangere Frau gesprochen wird.

Der zweite Schwerpunkt ist das Kind im Mutterleib und nach der Geburt. Fragen, die mich hier beschäftigten sind:

Wie wirkt sich der Alkohol auf die Entwicklung im Mutterleib des Kindes aus?

Mit welchen Defiziten ist beim Kind zu rechnen?

Wie kann ein betroffenes Kind geschützt werden, nicht selber Alkohol zu missbrauchen?

In dem Fazit und Ausblick fasse ich die wichtigsten Erkenntnisse aus dieser Arbeit zusammen und stelle verschieden Ansätze vor, wie auf die Gefahren von Alkohol in der Schwangerschaft aufmerksam gemacht werden kann. Wichtige Aufgabenbereiche der sozialen Arbeit führe ich am Ende meiner Arbeit auf.

Einen wichtigen Bereich, den modernen Alcopops, werde ich in der Arbeit nicht behandeln, widme ihnen jedoch im Anhang in Form von Artikeln Platz. Für Interessierte bietet das Internet eine erste Anlaufstelle, um sich über den Themenschwerpunkt weiter zu informieren.

1 Nahrungs-, Genuss – und Suchtmittel Alkohol

Das Wort Alkohol kommt aus dem arabischen Sprachraum und heißt „das Feinste“.[2] Ebenfalls aus dem Arabischen übersetzt Feuerlein das Wort Alkohol und beschreibt dies als „Feines Pulver, Augenschminke.“[3]

“Alkohol m: (engl.) alcohol; 1.(chem.) Bez. für Kohlenwasserstoffe, bei denen Wasserstoffatome durch Hydroxylgruppen ersetzt sind; 2. gängige Kurzbez. für Äthylalkohol (syn. Äthanol), C2H5OH; entsteht durch Gärung aus Mono-, Di. od. Polysacchariden u. kann aus Acetylen od. Äthylen synthetisiert werden […].“[4]

Alkohol in reiner Form ist eine Flüssigkeit, die wasserlöslich, farblos, bitter schmeckend, leichter als Wasser ist, bei ungefähr 78 Grad Celsius verdampft und mit blauer Flamme verbrennt. [5] Der Alkoholgehalt in Gramm wird wie folgt errechnet:
„Alkoholgehalt in Vol.-% x Volumen in cm3 x 0,8g / cm3“ [6]

Eigenschaften von Alkohol beschreibt Feuerlein wie folgt: [7]

Abb.1: Eigenschaften von Alkohol

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Feuerlein et al. 1998, S. 1

Die Eigenschaften als Rauschmittel, Genussmittel und Nahrungsmittel erwähnt Schneider ebenfalls und ergänzt die Verwendung des Alkohols „…als Lösungsmittel für Arzneien, als Produktionsmittel in der Industrie und als Reinigungs- und Desinfektionsmittel.“[8] Alkohol wird zur Verhinderung von Fäulnis als Konservierungsmittel verwendet.[9]

Nach dem Lebensmittelgesetz ist ein Alkoholgehalt unter 0,5 Vol. -% nicht kennzeichnungspflichtig. Dies gilt zum Beispiel für gekenn-zeichnete und so genannte alkoholfreie Biere und Malzbier.[10]

Sein Erwerb, der Besitz und der Handel sind nicht verboten, sondern legal.[11] Sein Gefährdungspotenzial liegt in der freien und unbeschränkten Verfügbarkeit.[12] Alkohol ist eine Droge,[13] die als Pharmakon die Schmerzempfindlichkeit senkt und narkotisch wirkt.[14]

Die Wirkung des Alkohols bei Menschen hängt von verschiedenen Faktoren ab:
- der Menge
- der Alkoholkonzentration und
- von den individuellen Bedingungen der trinkenden Person (körperliche Beschaffenheit, Trinkgewöhnung, seelische Verfassung und persönliche Toleranzentwicklung).[15]

Alkohol wirkt toxisch auf sämtliche inneren Organe im Körper. Dies geschieht: [16]

Abb.: 2.: Toxische Wirkung des Alkohols

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Feuerlein 1998, 31f

Alkohol beeinträchtigt das Zentralnervensystem auf morphologische, biochemische, pharmakologische, elektrophysiologische, physio-logische und psychologische Weise.[17]

Am Anfang hebt Alkohol die Stimmung, verdrängt „…Unruhe, Ängste, ungelöste Probleme. Er heitert auf und steigert das Selbstwertgefühl.“[18] Doch kann er auch zu „…verstärktem aggressiven Auftreten führen, zu Kontrollverlust und zum Nachlassen der Konzentrations- und Reaktionsfähigkeit.“[19]

Eine Veränderung des persönlichen Verhaltens findet ab ca. 0,2 Promille statt. Merkmale sind: Zwanglosigkeit und das Gefühl von Freiheit, Senkung des Widerstandes gegen weiteren Alkoholkonsum, Nachlassen der Sehfähigkeit und Bewegungskoordination, Senkung der Konzentrationsfähigkeit. Eine heitere oder depressive Stimmung wird bei der Alkoholkonzentration von ca. 1,0 Promille hervorgerufen. Gleichzeitige Merkmale hierbei sind Gleichgewichts- und Sprach-störungen. Das Betäubungsstadium setzt bei 2,0 Promille ein. Hier treten Störungen des Gedächtnisses und der Orientierung auf.[20] Es ist zu beachten, dass jeder einzelne Rausch Millionen von Gehirn-zellen zerstören kann. Zum Absterben von ganzen Hirnregionen kann es bei dauerhaftem Alkoholismus kommen.[21]

Trinken Männer und Frauen die gleiche Menge Alkohol, so ist jedoch bei den Frauen der Alkoholgehalt im Blut um ein Fünftel höher. Das liegt an dem höheren Fettgehalt und der geringeren Wasserverteilung im Körper der Frau. Ist die Person erregt, müde oder hungrig, verstärkt sich die Wirkung des Alkohols zusätzlich.[22] Bei Frauen spielen „… die hormonellen Schwankungen während des monatlichen Zyklus […]“[23] eine weitere Rolle. Der Blutalkoholspiegel steigt ein paar Tage vor der Periode schneller an und baut den Alkohol auch schneller wieder ab. Bei der Einnahme der Anti-Baby-Pille wird der Abbau des Alkohols verzögert. Der weibliche Körper ist gegenüber dem männlichen stärkeren Schwankungen im Bereich der Blutalkoholkonzentration und der Abbaugeschwindigkeit ausgesetzt.[24]

Der aufgenommene Alkohol baut sich beim Mann durchschnittlich um 0,15 Promille pro Stunde, bei Frauen nur um 0,13 Promille ab. Ein geringer Teil wird über Atem, Urin oder Haut ausgeschieden. Der Rest wird von der Leber in mehreren Schritten zu Wasser und Kohlendioxid abgebaut.[25]

1.1 Zahlen und Fakten zum Alkoholkonsum in Deutschland

Verschiedene Aspekte rund um den Alkoholkonsum werden auf den nächsten Seiten aufgeführt. Die erste Tabelle hält den reinen Alkoholverbrauch fest:

Abb. 3.: Alkoholverbrauch je Einwohner an reinem Alkohol[26]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

(keine Veränderung gegenüber dem Vorjahr)
(Quelle: Meyer, Christian, eigene Berechnungen) Quelle: Jahrbuch Sucht 2004, S. 7

Die Zahlen zeigen, dass laut Statistik der Verbrauch an reinem Alkohol pro Person in Litern von dem Jahr 1998 bis zu dem Jahr 2002 stetig leicht zurückgegangen ist.[27]

Eine Verteilung auf die verschiedenen Alkoholika zeigt die folgende Abbildung. Bier steht mit vorläufigen 121,5 Litern im Jahr 2002, trotz einem Rückgang von 5,0 Litern seit 1998 an erster Stelle. Der Weinverbrauch ist innerhalb des Zeitraumes um 2,1 Liter gestiegen. Schaumwein steigt 1999 gegenüber 1998 um 2,0 Liter und sinkt dann, mit einem kurzen Anstieg 2001, auf vorläufige 3,9 Liter im Jahr 2002. Bei dem Verbrauch der Spirituosen ist erst ein leichter Rückgang und dann ein erneuter Anstieg zu erkennen.[28]

Abb. 4.:Verbrauch je Einwohner an Bier, Wein, Schaumwein und Spirituosen (Liter) seit 1998[29]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

* Weinkonsum je Einwohner einschl. Wermut – und Kräuterwein,
Weinwirtschaftsjahr (01.09- 31.08)
** Schätzungen revidiert
*** vorläufig
(Quelle: Berechnung des ifo Instituts)

Die Tabelle 1 im Anhang zeigt den Alkoholkonsum von Frauen und Männern im Ost-West-Vergleich auf. Im Westen trinken die Frauen insgesamt mehr Gramm Alkohol pro Tag als die Ostfrauen, jedoch in 2 von 6 Altersgruppen liegt der Alkoholkonsum der Ostfrauen über dem der Westfrauen.[30] Nach dem Beratungsmanual für die Schwangerenvorsorge von Bundesministerium:

„…wird vermutet, dass insgesamt 11,8% der Bevölkerung (5,8 Millionen Männer und Frauen) einen aus medizinischer Sicht starken bzw. riskanten Alkoholkonsum betreiben.“[31]

Das heißt auf die Geschlechter verteilt: 15,2% der Männer, das sind 3,8 Millionen, und 8,4% der Frauen das sind 2,0 Millionen.[32]

Im Vergleich zu den Männern trinken Frauen 2,5 Mal weniger Alkohol, d.h. ihr Anteil liegt etwa bei 1 zu 3.[33] Laut Statistischem Bundesamt 1998 sind ca. 1-2 % aller alkoholabhängigen Frauen im gebärfähigen Alter, überhaupt keinen Alkohol trinken nur 20% der schwangeren Frauen.[34]

Der riskante Konsum beläuft sich laut Statistik auf 7,8 Millionen bei den 18-59 jährigen und in einer Hochrechnung bei den 18-69 Jahre alten Konsumenten bei 9,3 Millionen. Nach der DSM-IV bilden sich zwei Untergruppen die sich in missbräuchlichen und abhängigen Konsum aufteilen.

Abb. 5.: Konsumenten, Missbrauch, Abhängige[35]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quellen: Alkoholkonsum und alkoholbezogene Störungen in Deutschland, Schriftenreihe des BMG. Band 128, Monos- Verlag, 2000 und Repräsentativerhebung zum Gebrauch psychoaktiver Substanzen bei Erwachsenen in Deutschland 1997, Sucht, 44J., Sonderheft 1)

Ca. 1.350 Beratungsstellen gibt es für alkoholgefährdete und süchtige Personen in Deutschland, die bei der Wahl des Therapieangebotes zur Seite stehen und über verschiedene Themenbereiche informieren. Teilweise bieten diese auch selbst ambulante Ent-wöhnungstherapien an. Einige der Beratungs- und Behandlungs-einrichtungen „…bieten Beratung und Therapie speziell für Frauen an, um ihren besonderen Erfahrungen, wie z.B. das Erleiden sexueller Übergriffe und Gewalt, angemessen Raum zu geben.“[36]

Medizinisch und sozialrechtlich ist Alkoholabhängigkeit bzw. -sucht seit 1968 [37] als Krankheit anerkannt, somit tragen die Kranken- bzw. Rentenversicherungsträger die Kosten der Behandlung. [38] Durch Alkoholismus entstehen der Volkswirtschaft erhebliche Kosten, die an vier Hauptpunkten festgehalten werden können:

1. Verluste an Produktivität
2. Der entstandene Schaden alkoholbedingter Verkehrsunfälle
3. Straftaten
4. Belastung des Gesundheitswesens.[39]

Die Kosten der anfallenden Krankenhausbehandlungen werden mit 2,7 Milliarden Euro festgehalten. Schätzungen gehen davon aus, dass 5,5% der Behandlungen im Krankenhaus auf den Konsum des Suchtstoffes Alkohol allein oder in der Kombination Alkohol und Tabak zurückgehen.[40]

Die volkswirtschaftlichen Kosten in Verbindung mit alkoholbedingten Krankheiten, werden in einem Jahr auf ca. 20,6 Milliarden Euro geschätzt. Mit ca. 7 Milliarden Euro ist der Bereich der Mortalität festgehalten.[41]

„Der Krankenhausstatistik des Jahres 1997
zufolge waren 2,0% (Frauen 0,9 %, Männer:
3,4%) der stationären Behandlungsfälle dem
Konsum von Alkohol allein und 3,5% (Frauen
1,4%, Männer: 5,7%) dem Konsum von Tabak
und Alkohol zuzuschreiben […].“[42]

Die Zahl der durch Alkohol zu Tode gekommenen Personen beläuft sich auf ca. 42.000 jährlich. Dies einmal durch den Alkoholmissbrauch direkt und zum anderen durch einen unter Alkohol stehenden Unfallverursacher.[43]

Einerseits ist Alkohol Kostenverursacher andererseits ist er ein wesentlicher Wirtschaftsfaktor in Deutschland. Im Gaststättengewerbe gibt es ca. 733.000 Beschäftigte, die mit alkoholischen Getränken wie Bier, Spirituosen und Wein einen beträchtlichen Anteil von rund 30% ihres Umsatzes erzielen.[44] Parallel zum Alkoholverbrauch ist auch der Umsatz der Alkoholwirtschaft in den letzten Jahren auf rund 15 Milliarden Euro zurückgegangen.[45] Betroffen sind 70.000 Arbeitsplätze in den etwa

- 1.280 Braustätten,
- 100 Alkoholbrennereien und Betrieben zur Spirituosenherstellung
- 20.000 Betrieben zur Weinerzeugung.[46]

Die Einnahmen des Staates aus Alkoholsteuern sind zwar von 2001 mit 3428 Millionen Euro auf 3381 Millionen Euro 2002 gesunken, aber die Gesamtsumme ist hoch.[47]

Bei den Verbrauchersteuern je Liter an reinen Alkohol kommen in Deutschland:

Abb. 6.: Höhe der Verbrauchsteuer je reinen Alkohols in Deutschland[48]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

*von den Bundesländern erhobene Steuer (Durchschnitt)
(Quelle. Bundesverband der Deutschen Spirituosen – Industrie und –Importeure e.V. 2002)

Die Steuersätze sind in Deutschland im internationalen Vergleich niedrig. Dadurch können die Bürger in Deutschland relativ günstig alkoholische Getränke erwerben.[49]

Die Werbeaufwendungen liegen laut „Jahrbuch Sucht 2004“ im zu-letzt aufgeführten Jahr 2001 bei insgesamt 575 Millionen Euro.[50] Mittels Massenmedien warb die Getränkeindustrie Ende der 90er Jahre mit ca. 0,6 Milliarden Euro. Auf Bier entfiel ca. eine 1/3 Milliarde Euro. In der deutschen Branche nahm Bier hiermit als werbestärkste Branche den achten Platz ein.[51]

1.2 Konsum, Missbrauch und Abhängigkeit von Alkohol

Die Menschen, die Alkohol zu sich nehmen, sind in zwei Gruppen zu unterscheiden. Die einen trinken auf mehr oder weniger regelmäßige Art und Weise und nehmen damit auch entstehende Probleme in Kauf, sind aber nicht abhängig. Die andere Gruppe nimmt Alkohol zu sich, weil sie abhängig ist. Sie zu unterscheiden, kann durchaus schwierig sein, daher „…wurden standardisierte Klassifikationen entwickelt […].“[52] Zum einen

„…die „International Classification of Diseases“ der Weltgesundheitsorganisation WHO, deren zehnte Version (ICD-10) 1992 eingeführt wurde, und das „Diagnostische und Statistische Manual“ der American Psychiatric Association, dessen vierte Fassung (DSM-IV) 1994 publiziert wurde.“[53]

Der Konsum psychoaktiver Substanzen wird zusätzlich nach Habermas in drei verschiedene Formen eingeteilt, um eine Trennung zwischen Konsum, Missbrauch und Abhängigkeit sichtbarer zu machen. Im nachfolgenden Text wird auf die einzelnen Begriffe näher eingegangen.[54]

1.2.1 Konsum

Von einem problematischen Alkoholkonsum wird dann gesprochen,
„…wenn aufgrund des Alkoholkonsums Probleme in einem oder mehreren der folgenden Bereiche bestehen oder zu erwarten sind:“[55]

Abb. 7.: Problematischer Alkoholkonsum[56]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Kruse 2000, 47

Lindenmeyer grenzt ein:

„ Unter einem riskanten Alkoholkonsum versteht man,
wenn eine Person öfter als 5-mal pro Woche Alkohol
trinkt und hierbei mehr als 40g (Männer) bzw. 20g (Frauen) an reinem Alkohol pro Tag trinkt.[57]

1.2.2 Missbrauch

Missbrauch definiert Habermas folgendermaßen:

„… einen Konsum von Substanzen, der negative Auswirkungen auf das psychische, soziale und körperliche Funktionieren sowie auf die weitere persönliche Entwicklung hat. Dazu gehören beim Alkoholmissbrauch beispielsweise Konzentrationsmängel, das Vernachlässigen von Pflichten, gesteigerte Aggressivität und Autofahren unter Alkoholeinfluss.“[58]

Die Diagnose nach der DSM-IV zum Missbrauch psychotroper Substanzen benötigt „…das Vorhandensein von mindestens einem der folgenden Kriterien innerhalb desselben 12-Monats-Zeitraums […]“:[59]

Abb. 8.: Missbrauch von Alkohol[60]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Feuerlein 1998, S. 8

Von einer Abhängigkeit kann hier noch nicht gesprochen werden, hier handelt es sich um Missbrauch.[61]

1.2.3 Abhängigkeit

Laut Fachlexikon der sozialen Arbeit 2002 wird der Begriff
der Abhängigkeit im Suchtbereich „…als Standardbegriff […]“ verwendet. [62] Das Fachlexikon der sozialen Arbeit formuliert zu dem Abhängigkeitsbegriff Folgendes:

„Der Terminus „Alkoholismus“ (Huss 1852) ist seit mehr als 100 Jahren im deutschen und internationalen Sprachgebrauch eingebürgert. Inzwischen ist jedoch die Verwendung des Begriffes >>Alkoholabhängigkeit<< in Anlehnung an die Definition der à Weltgesundheitsorganisation von 1951 gebräuchlich.“[63]

Nach den Diagnosekriterien der ICD-10 besteht eine Alkohol-abhängigkeit, wenn drei oder mehr der nachfolgenden aufgeführten Merkmale, in den letzten 12 Monaten aufgetreten sind:

Abb. 9.:Diagnosekriterien der ICD-10[64]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Feuerlein 1998, S. 9

Die American Psychiatric Association verwendet teilweise andere Bewertungskriterien:

„Nach der DSM-IV gilt Abhängigkeit als ein unangepaßtes Muster von Alkoholgebrauch, das in klinisch bedeutsamer Weise zu Beeinträchtigungen oder Leiden führt, wobei sich mindestens 3 der folgenden 7 Kriterien manifestieren , die zu irgendeiner Zeit in demselben 12-Monats-Zeitraum auftreten:“[65]

Abb. 10.: DSM-IV

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Feuerlein 1998, S. 10

Eine vertiefende Gegenüberstellung und schriftliche Erarbeitung von ICD-10 und der DSM-IV wird in dieser Arbeit nicht vorgenommen, um den Schwerpunkten der Diplomarbeit ausreichend Platz zur Ver-fügung stellen zu können.

Der Begriff Abhängigkeit teilt sich in zwei Teilbereiche, den körper-lichen und der psychischen. Bei der körperlichen Abhängigkeit zeigt sich eine Gewöhnung des Organismus an das Suchtmittel. Dadurch wird eine regelmäßige Steigerung der Dosis notwendig. Körperliche Entzugserscheinungen sind: Zittern, Schweißausbrüche, Schwindel-anfälle und/oder Übelkeit.[66]

Entscheidender ist aber die psychische Abhängigkeit, die sich durch das permanente Verlangen nach Alkohol zeigt .[67] Der Suchtkranke denkt ununterbrochen an sein Suchtmittel,

„…hortet Vorräte, hat ständig Verlangen danach. Unlustgefühle, Anforderungen, Belastungen und Schmerzen werden durch den Gebrauch des Mittels vermieden. Scheinbares Wohlbefinden wird erzeugt, ohne sich anstrengen zu müssen.“[68]

In der Literatur wird Alkoholabhängigkeit in verschiedene Trinktypen eingeteilt. 1960 haben Jellinek und Analoga die erste Typologie festgehalten, die sich auch am weitesten verbreitet hat. Die nachfolgende Tabelle bezieht sich auf Jellinek.[69]

Abb. 11.: Typologie nach Jellinek[70]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Lexikon zur ICD-10 – Klassifikation psychischer Störungen. S. 73

Ebenfalls nach Jellinek werden vier Phasen der Entwicklung zur Alkoholkrankheit festgehalten: die voralkoholische Phase, Prodromalphase die, wie Jellinek formuliert, die Einleitungsphase ist, die kritische Phase und die chronische Phase.[71]

Die Motivation einer Person Alkohol zu konsumieren, kann in fünf Hauptgruppen eingeteilt werden:

„1. Soziales Trinken. Trinken als Bestandteil des Sozialverhaltens, der gewöhnlichen „Konversation“. („Milieu-Alkoholismus“, Gaststätten- und Stammtisch-Alkoholismus)
2. Gewohnheitsmäßiges, kontinuierliches Alkoholtrinken („konvivales Trinken“). Der Alkohol ist in den Alltag integriert, er gehört zum Lebensstil.
3. Zwecktrinken („utilitaristisches Trinken“) Zur Stimmungsänderung, gegen Angst, Hemmungen, Depression; Trinken zur Existenzbewältigung und zur Selbstbestätigung. (Konflikte werden „ertränkt“.), Alkohol als Problemlöser („Mut antrinken).
4. Genusstrinken („hedonistisches Trinken“). Trinken zur Erzielung eines euphorisierenden Effekts, zum Genuß, aus Lust.
5. Zur Selbstmedikation (z.B. zur Förderung der Bekömmlichkeit von Speisen und zur Verdauung, zur Stabilisierung des Kreislaufes, zur Linderung von Schmerzen).“[72]

Das Lexikon zur ICD-10 erklärt:

„Sucht ist ein Begriff, der unterschiedlich verwendet wird. Die einen betrachten Sucht als begrenztes Krankheitsbild, wobei die fortschreitende Krankheit ihre Ursache in den pharmakologischen Wirkungen der Droge hat, die bewirken, dass die Krankheit sich ständig verschlechtert. […]. Somit ist Sucht kein diagnostischer Begriff der ICD-10, wird aber auch weiterhin von Fachleuten wie auch in der allgemeinen Öffentlichkeit verwendet. Wenn der Begriff Sucht im Zusammenhang mit Alkohol verwendet wird, ist dieses gleichbedeutend mit Alkoholismus.“[73]

1.3 Die Rolle der Gesellschaft

In unserer Gesellschaft ist Alkohol die Droge Nummer 1.[74] Sie wird als solche gar nicht wahrgenommen, da sie integriert ist als ein fester Bestandteil des Lebens, der Kultur und der Wirtschaft.[75] In der breiten Öffentlichkeit besteht eine zweigeteilte Einstellung zu dem Suchtstoff. Einerseits werden Alkohol trinkende Personen als „Säufer““ bezeichnet. Andererseits wird das Konsumieren auf Festen, „…als eher „männlich“ und positiv empfunden.“[76]

„Ein „ganzer Kerl „ oder eine „patente Frau“ ist, wer möglichst viel Alkohol verträgt, ein „Schwächling“ oder „Spielverderber“ wer nichts oder nur sehr wenig trinkt.“[77]

Ungewollt fördert die breite Öffentlichkeit durch die positive Einstellung zu dem Suchtstoff Alkohol den Weg in eine Alkoholabhängigkeit. Schneider unterstreicht den Zusammenhang zwischen dem nationalen Gesamtverbrauch an Alkohol und der Anzahl von Alkoholabhängigen. Er übergibt der Gesellschaft die Verantwortung, die über längere Zeit das Verhalten eines häufig Alkohol Trinkenden nicht ernst nimmt und sogar verniedlicht.[78] Unverantwortlich beschreibt Schneider Alkohol-Werbung, die direkt auf Jugendliche und junge Erwachsene gerichtet ist und „…ihnen Reife, Spritzigkeit, Spaß und „In-Sein“ verspricht.“[79]

Die Stiftung für das behinderte Kind schreibt:

„Die Tendenzen zum Alkoholkonsum bei Frauen steigt besorgniserregend. Oftmals werden die Gefahren des Trinkens während der Schwangerschaft verharmlost, gar nicht wahrgenommen oder durch gesellschaftlichen Druck in Kauf genommen.“[80]

Die Gesellschaft verlangt von einer schwangeren Frau, dass sie den Konsum von Alkohol, Nikotin und weiteren Suchtmitteln einstellt. Schafft sie das nicht, ist sie in der Ambivalenz zwischen dem Verlangen nach dem Stoff und der Verantwortung für das Kind gefangen.[81]

Löser schreibt 1995 zu den Folgen für das Ungeborene:

„Für das Kind im Mutterleib ist Alkohol hingegen ein Teratogen und Nervengift. Dennoch ist das Problembewusstsein in der Gesellschaft zu gering entwickelt, und vor dem Hintergrund der zunehmenden Drogenprobleme und der zweifellos unermesslich hohen Folgeschäden des Alkoholismus allgemein, werden Alkoholschäden bei Kindern als randständiges Problem betrachtet und weitgehend bagatellisiert.“[82]

1.4 Bedingungsgefüge

Feuerlein schreibt zur Entstehung der Alkoholabhängigkeit, dass es sich um einen hochkomplexen Prozess handele, „… bei dem die drei Faktoren: Individuum, soziales Umfeld und Droge interaktiv zusammenwirken.“[83]

Theorien zur Erklärung der Abhängigkeitsentwicklung kommen aus den verschiedensten Bereichen wie zum Beispiel: „…der Biologie, […] der Genetik, der Psychologie (Lerntheorie, Sozialpsychologie, Tiefenpsychologie) der Soziologie und Systemtheorie.“[84] Anhand des unten aufgeführten „Dreieckmodells“ beschreibt Feuerlein die Ent-stehungsbedingungen. An den drei Spitzen des Dreiecks befinden sich die Begriffe: “… „ Droge“, „Individuum“ und „Sozialfeld“[85], diese wirken in jeweils unterschiedlichem Ausmaß. Feuerlein formuliert:[86]

-„die spezifische Wirkung der Substanz, die sich vor allem in ihrem Missbrauchs- bzw. Abhängigkeitspotential manifestiert,
- die spezifischen Eigenschaften des konsumierenden Individuums mit seinen physiologischen und psychischen Faktoren, die durch genetische wie durch lebensgeschichtliche Einflüsse (nature and nurture) bestimmt sind,
- die Besonderheiten des (sozialen) Umfeldes, die von den allgemeinen soziokulturellen und sozioökonomischen Einflüssen bis zu Besonderheiten des familiären Kleinraumes reichen.“ [87]

Abb. 12.: Dreiecksmodell zur Entstehung der Abhängigkeit[88]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Feuerlein, W., Sucht und Süchtigkeit, Münch. Med. Wschr.1 11, 2593 (1969)

1.5 Folgen einer Abhängigkeitserkrankung

Seit Jahrtausenden sind die negativen Folgen des Alkoholkonsums bekannt. Schon in der Antike wurde vor den Gefahren übermäßigen Genusses alkoholischer Getränke gewarnt, aber Versuche, den Konsum einzuschränken, blieben „…ohne nachhaltigen Erfolg.“[89] Die Tabelle von Lindenmeyer gibt einen kurzen Einblick in das Trink-verhalten und in die Vielfältigkeit der körperlichen, sozialen und psychischen Folgeschäden.[90]

Abb. 13.: Trinkverhalten und körperliche, soziale und psychische Folgeschäden[91]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Alkoholabhängigkeit Lindenmeyer, S. 2

Auf den Verlauf der Schädigung geht Schneider näher ein:

Abb. 14.: Schädigung der Organe nach Schneider[92]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Schneider 1998, S.124

Die speziellen körperlichen Folgen des Alkoholkonsums bei der Frau werden im Folgenden erläutert. Der Körper der Frau reagiert im Unterschied zu dem männlichem Geschlecht auf den Konsum bereits geringer Mengen Alkohol mit Intoxikationsmerkmalen.[93]

Die Krankengeschichte weiblicher Alkoholabhängiger zeigte in Untersuchungen, dass körperliche Schäden früher eintraten, obwohl diese weniger Alkohol als männliche Konsumenten zu sich genommen hatten.[94]

„Die negativen Folgeerscheinungen pathologischen Alkoholkonsums scheinen bei der Frau „teleskop“-artig beschleunigt aufzutreten.“[95]

Gesundheitliche Folgeschäden, die ausschließlich und in gehäufter Art und Weise bei Frauen vorkommen, führt die nachfolgende Tabelle von Sinha auf.[96] Diese zeigt dass im Verhältnis von Frau zu Mann eine erhöhte Sterberate besteht und hält fest, dass daran „…vor allem der vergleichsweise höhere Anteil von Suiziden, alkoholbedingten Unfällen, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und zirrhotischen Lebererkrankungen […]“ verantwortlich zu machen ist.[97] Des Weiteren wird ein steigendes Risiko für Brustkrebs in Verbindung mit dem chronischen Alkoholkonsum gesetzt.[98] Eine weit verbreitete Folge chronischen Konsums sind Mestruationsbeschwerden, die zu Störungen der Fruchtbarkeit führen können. Allgemeine Beschwerden reichen von „…Unterbauchschmerzen, verstärkten Blutungen, starken prämenstruellen Beschwerden und Zyklusunregelmäßigkeiten bis hin zu einer verfrüht einsetzenden Menopause […].“[99]

Durch das übermäßige Trinken von Alkohol kann sich die Regel-blutung verschieben, so dass eine Schwangerschaft oft erst zu einem späteren Zeitpunkt wahrgenommen oder erkannt wird.[100]

[...]


[1] Der Begriff Alkohol-Embryopathie wird für die Embryonal- und für die Fetalperiode verwendet.

[2] Vgl. hierzu Schneider, S. 21

[3] Vgl. hierzu Feuerlein et al. 1998, S. 1

[4] Vgl. hierzu Klinischen Wörterbuch Pschyrembel, S. 39 unter dem Namen: Helmut Hildebrandt im Literaturverzeichnis zu finden

[5] Vgl. hierzu Schneider, S.21

[6] Vgl. hierzu Deutsche Hauptstelle für Suchtgefahren (DHS) Broschüre: Alkohol Basisinfo, S. 4

[7] Vgl. hierzu Feuerlein et al. 1998, S. 1.

[8] Vgl. hierzu Schneider, S. 27

[9] Vgl. hierzu DHS Broschüre: Basisinformation Alkohol, S.4

[10] ebd., S. 4

[11] Vgl. hierzu DHS Faltblatt Nr. 5: Alkohol. Die Sucht und ihre Stoffe, S. 1

[12] ebd., S. 2

[13] Vgl. hierzu Schneider S. 21

[14] Vgl. hierzu BZgA Band 17, S. 27

[15] Vgl. hierzu DHS Faltblatt Nr.5, S. 3

[16] Vgl. hierzu Feuerlein et al. 1998, S.31f

[17] ebd., S. 32

[18] Zitiert DAK Broschüre: Was suchen Frauen in der Sucht ?, S. 9

[19] ebd., S. 9

[20] Vgl. hierzu DHS Broschüre: Basisinformation Alkohol, S. 8

[21] Vgl. hierzu Informationsheft der BZgA: Suchtmittel, Behandlungsmöglichkeiten, Beratungsstellen. S. 5

[22] Vgl. hierzu DHS Broschüre: Basisinformation Alkohol, S. 8. Weiterführende Information Handbuch Alkoholismus, S. 178

[23] Zitiert DHS Broschüre: Frau SUCHT Gesundheit, S.15

[24] ebd.

[25] Vgl. hierzu DHS Broschüre: Basisinformation Alkohol, S. 8

[26] Vgl. hierzu Jahrbuch Sucht 2004, S. 7

[27] ebd.

[28] ebd., S. 8

[29] ebd.

[30] Vgl. hierzu BZgA Band 17, S. 18

[31] Zitiert Beratungsmanual für die Schwangerenvorsorge: Alkoholfrei durch die Schwangerschaft , S. 5

[32] ebd. , S. 5 in Anlehnung an Kraus & Bauernfeindt

[33] Vgl. hierzu Gastpar et al. 1999, S. 144

[34] Vgl. hierzu Beratungsmanual für die Schwangerenvorsorge: Alkoholfrei durch die Schwangerschaft , S. 5 in Anlehnung an das statistische Bundesamt, 1998; Wiesner, 1995

[35] Vgl. hierzu Jahrbuch Sucht, S. 8f

[36] Vgl. hierzu DHS Broschüre: Basisinformation Alkohol , S. 19

[37] Vgl. hierzu Lindenmeyer 1999, S. 1 und vgl. Handbuch Alkohol, S. 59

[38] Vgl. hierzu DHS Broschüre: Basisinformation Alkohol, S. 18. Weitere Informationen stehen im Positionspapier „Krankenhausbehandlung Alkoholiker“ in Zeitschrift Sucht 48 (6) 2002, S. 462-475

[39] ebd., S. 34

[40] Vgl. hierzu Jahrbuch Sucht 2004, S. 20

[41] ebd., S. 9 ohne den Bereich der Kriminalität und die intangiblen Kosten mit einzubeziehen

[42] Zitiert Jahrbuch Sucht 2004, S. 9 in Anlehnung an Hanke und John 2003

[43] Vgl. hierzu Jahrbuch Sucht 2004, S. 9

[44] Vgl. hierzu DHS Broschüre: Basisinformation, S. 34

[45] ebd.

[46] ebd., S. 34f

[47] Vgl. hierzu Jahrbuch Sucht 2004, S. 7. Quelle: Statistisches Bundesamt

[48] ebd.

[49] Vgl. hierzu DHS Broschüre: Basisinformation Alkohol, S 34

[50] Vgl. hierzu Jahrbuch Sucht 2004, S. 8

[51] Vgl. hierzu DHS Broschüre: Basisinformation Alkohol, S. 34f

[52] Vgl. hierzu Soyka, S. 11 letzter Teil zitiert

[53] Zitiert Soyka, S. 11

[54] Vgl. hierzu Oerter + Montada , S. 847

[55] Zitiert Kruse et al.2000, S. 47

[56] Vgl. hierzu Kruse 2000, S. 47

[57] Zitiert Lindenmeyer 2004, S. 12

[58] Zitiert Oerter und Montada 2002 S. 847

[59] Vgl. hierzu Feuerlein et al. 1998, S. 8

[60] ebd.

[61] ebd. und vgl. Kruse et al. 2000, S. 45

[62] Vgl. hierzu Fachlexikon der Sozialen Arbeit S. 1

[63] Zitiert ebd., S. 13. Die Jahreszahl der Erstverwendung des Begriffs „Alkoholismus“ ist im Lexikon der ICD-10 mit 1849 festgehalten. Der Name stimmt überein. S. 9. Das Lexikon zur ICD-10 gibt 1964 in dem die WHO den Begriff änderte.

[64] Vgl. hierzu Feuerlein et al. 1998, S. 9

[65] Zitiert ebd., S. 10

[66] Vgl. hierzu DAK/DHS Broschüre: Was suchen Frauen in der Sucht?, S. 16

[67] Vgl. hierzu Feuerlein et al. 1998, S. 5

[68] Zitiert DAK/DHS Broschüre: Was suchen Frauen in der Sucht?, S.16

[69] Vgl. hierzu Feuerlein et al. 1998, S. 205 ff. und vgl. BZgA Band 17, S. 20

[70] Vgl. hierzu Lexikon zur IDC-10. ,S. 73. Die Typologien sind zur besseren Übersicht in Tabellenform festgehalten.

[71] Vgl. hierzu Löser 1995, S. 102f

[72] Zitiert Löser 1995, S. 106

[73] Zitiert Lexikon zur ICD-10, S. 129. Schräggestellt waren die Begriffe Alkohol und Alkoholismus im laufenden Text.

[74] Vgl. hierzu Löser 1995, S. 140

[75] Vgl. hierzu Schneider, S. 27

[76] ebd. 75. „Säufer“ und den Rest des Satzes zitiert. Zur Einstellung der Bevölkerung zu Alkoholkranken schrieben Angermeyer, Matschinger und Grobel in der Zeitschrift Sucht 41 (4) 1995, S. 232-244 zwei Artikel (Teil 1+2).

[77] Zitiert Schneider, S. 75.

[78] ebd.. Die Einstellung der Bevölkerung zu Alkoholkranken Teil 1: Soziale Distanz und Teil 2: Stereotyp und Stigmatisierung greift die Zeitschrift Sucht 41 (4) 1995, 232- 244 auf

[79] ebd. Letzter Teil zitiert

[80] Zitiert Broschüre: Stiftung für das behinderte Kind. Broschüre: „Er ist 270 … Tage ohne Alkohol wert“., S. 2

[81] Vgl. hierzu Gastpar et al. 1999, S. 154

[82] Zitiert Löser 1995, S. 140

[83] Vgl. hierzu Feuerlein et al. 1998, S. 16 in Anlehnung an Tretter und Küfner 1991

[84] Vgl. hierzu Seitz et al., S. 55

[85] ebd., S. 61

[86] Vgl. hierzu Feuerlein et al. 1998 in Anlehnung an Feuerlein 1969, Kielholz u. Ladewig 1972

[87] Zitiert Feuerlein et al 1998, S. 16 .Feuerlein verwendet die Abbildung aus der Münch. Med. Wschr. 111 von 1969. Zum Vertiefen eignen sich die Seiten 61ff des Handbuch Alkohol, Alkoholismus, alkoholbedingte Organschäden.

[88] Vgl. hierzu Seitz et al., S. 61

[89] Vgl. hierzu Feuerlein et al. 1998, S.3

[90] Vgl. hierzu Lindenmeyer 1999, S. 2. Zur besseren Übersicht in Tabellenform eingefügt, der Inhalt ist wörtlich übernommen.

[91] ebd.

[92] Vgl. hierzu Schneider 1998, S. 124. Zur besseren Lesbarkeit in Tabellenform verfasst, Text wörtlich übernommen.

[93] Vgl. hierzu Zernig et al. 2000, S. 178. Folgeerkrankungen allgemein sind im Buch von Fengler 2002 Handbuch der Suchtbehandlung, S. 155ff zu finden

[94] ebd. , S. 178. Sinha in Anlehnung an Hill, in Wilsnack und Beckmann 1984

[95] Zitiert Zernig et al., S. 178

[96] ebd.

[97] ebd., S. 178. Sinha in Anlehnung an Ninth Special Report to the U.S. Congress on Alcohol an Health 1997. Kernaussage des Satzes zitiert

[98] ebd. ,. 178. Sinha in Anlehnung an Longnecker et al. 1988 und Katsouyanni et al. 1994

[99] Vgl. hierzu Zernig et al., S. 178. Sinha in Anlehnung an Ninth Special Report to the U.S. Congress on Alcohol an Health 1997. Kernaussage des Satzes zitiert

[100] Vgl. hierzu Zeitschrift Sucht 44 (1) 1998, S. 444

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2004
ISBN (eBook)
9783832495244
ISBN (Paperback)
9783838695242
DOI
10.3239/9783832495244
Dateigröße
30.8 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Ostfalia Hochschule für angewandte Wissenschaften Fachhochschule Braunschweig/Wolfenbüttel – Sozialwesen
Erscheinungsdatum
2006 (April)
Note
2,3
Schlagworte
schwangerschaft co-abhängigkeit risikoschwangerschaft sucht
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Titel: Alkohol-Embryopathie
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