Zusammenfassung
Inhaltsangabe:Problemstellung:
Die Umsatzsteuer in der Insolvenz hat im Laufe der Zeit zunehmend an Bedeutung gewonnen. So ist zu erklären, dass erst seit Anfang der 1990er Jahre viele Probleme des Rechtsgebiets der Umsatzsteuer in der Insolvenz geklärt wurden, obwohl das Umsatzsteuergesetz bereits aus dem Jahr 1967 stammt und eine Häufung von Insolvenzen schon über einen längeren Zeitraum zu beobachten ist.
Dennoch muss darauf hingewiesen werden, dass auch heute noch einzelne Grundsatzfragen unbeantwortet sind. Dies resultiert wohl aus der Unkenntnis vieler Insolvenzverwalter bezüglich ihrer Gestaltungsmöglichkeiten, da das Steuerrecht häufig nicht mit den insolvenzrechtlichen Prinzipien in Einklang zu bringen ist oder aber der Insolvenzverwalter die Auseinandersetzung mit den Finanzbehörden, aufgrund seines Haftungsrisikos, meidet.
Weil jede Insolvenz im unternehmerischen Bereich auch umsatzsteuerliche Fragestellungen aufwirft, stellt die Umsatzsteuer eines der zentralen Themen des Insolvenzrechts dar. Insbesondere die insolvenzrechtliche Zuordnung der Umsatzsteuer zu Insolvenzforderungen oder Masseverbindlichkeiten ist von hoher Relevanz.
So begründen Insolvenzforderungen nach § 38 InsO Forderungen, die lediglich der Quote entsprechend an der Verteilung der Insolvenzmasse teilnehmen, wohingegen Masseverbindlichkeiten nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO diese, aufgrund der fehlenden Verrechenbarkeit mit Verlusten, häufig in hohem Maße reduzieren. Der Insolvenzverwalter wird deshalb darauf bedacht sein, Umsatzsteuerforderungen des Finanzamts den Insolvenzforderungen zuzuordnen, um die Insolvenzmasse so wenig wie möglich zu belasten.
Die vorliegende Ausarbeitung durchleuchtet, neben den Ausführungen zur Unternehmereigenschaft in der Insolvenz, diese Zuordnung bei einzelnen, für die tägliche Arbeit der Insolvenzverwalter unverzichtbaren, Sachverhalten und die damit einhergehenden Probleme.
Aufgrund der Komplexität des Themas kann dabei dem fachkundigen Leser lediglich ein Überblick der Problematik der Umsatzsteuer in der Insolvenz verschafft werden. Dazu werden im Wesentlichen die von der höchstrichterlichen Rechtsprechung des BFH entwickelten Grundsätze herangezogen.
Wegen der Vergleichbarkeit von umsatzsteuerlichen Fragestellungen bei Insolvenz- und Konkursverfahren wird auf die Rechtsprechung zu beiden Verfahren Bezug genommen.
Die praktischen Erfahrungen sowie Eindrücke, die in diese Arbeit mit einfließen, stammen aus der […]
Die Umsatzsteuer in der Insolvenz hat im Laufe der Zeit zunehmend an Bedeutung gewonnen. So ist zu erklären, dass erst seit Anfang der 1990er Jahre viele Probleme des Rechtsgebiets der Umsatzsteuer in der Insolvenz geklärt wurden, obwohl das Umsatzsteuergesetz bereits aus dem Jahr 1967 stammt und eine Häufung von Insolvenzen schon über einen längeren Zeitraum zu beobachten ist.
Dennoch muss darauf hingewiesen werden, dass auch heute noch einzelne Grundsatzfragen unbeantwortet sind. Dies resultiert wohl aus der Unkenntnis vieler Insolvenzverwalter bezüglich ihrer Gestaltungsmöglichkeiten, da das Steuerrecht häufig nicht mit den insolvenzrechtlichen Prinzipien in Einklang zu bringen ist oder aber der Insolvenzverwalter die Auseinandersetzung mit den Finanzbehörden, aufgrund seines Haftungsrisikos, meidet.
Weil jede Insolvenz im unternehmerischen Bereich auch umsatzsteuerliche Fragestellungen aufwirft, stellt die Umsatzsteuer eines der zentralen Themen des Insolvenzrechts dar. Insbesondere die insolvenzrechtliche Zuordnung der Umsatzsteuer zu Insolvenzforderungen oder Masseverbindlichkeiten ist von hoher Relevanz.
So begründen Insolvenzforderungen nach § 38 InsO Forderungen, die lediglich der Quote entsprechend an der Verteilung der Insolvenzmasse teilnehmen, wohingegen Masseverbindlichkeiten nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO diese, aufgrund der fehlenden Verrechenbarkeit mit Verlusten, häufig in hohem Maße reduzieren. Der Insolvenzverwalter wird deshalb darauf bedacht sein, Umsatzsteuerforderungen des Finanzamts den Insolvenzforderungen zuzuordnen, um die Insolvenzmasse so wenig wie möglich zu belasten.
Die vorliegende Ausarbeitung durchleuchtet, neben den Ausführungen zur Unternehmereigenschaft in der Insolvenz, diese Zuordnung bei einzelnen, für die tägliche Arbeit der Insolvenzverwalter unverzichtbaren, Sachverhalten und die damit einhergehenden Probleme.
Aufgrund der Komplexität des Themas kann dabei dem fachkundigen Leser lediglich ein Überblick der Problematik der Umsatzsteuer in der Insolvenz verschafft werden. Dazu werden im Wesentlichen die von der höchstrichterlichen Rechtsprechung des BFH entwickelten Grundsätze herangezogen.
Wegen der Vergleichbarkeit von umsatzsteuerlichen Fragestellungen bei Insolvenz- und Konkursverfahren wird auf die Rechtsprechung zu beiden Verfahren Bezug genommen.
Die praktischen Erfahrungen sowie Eindrücke, die in diese Arbeit mit einfließen, stammen aus der […]
Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
ID 9504
Krosch, Gabriela: Umsatzsteuer in der Insolvenz
Druck Diplomica GmbH, Hamburg, 2006
Zugl.: Fachhochschule Niederrhein, Diplomarbeit, 2006
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http://www.diplom.de, Hamburg 2006
Printed in Germany
- Umsatzsteuer in der Insolvenz -
III
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis... VI
Abbildungsverzeichnis... X
1.
Einleitung ... 1
2.
Steuerrecht versus Insolvenzrecht ... 3
3.
Unternehmereigenschaft im Insolvenzverfahren ... 4
3.1.
Unternehmereigenschaft des Insolvenzschuldners... 4
3.2.
Unternehmereigenschaft des Insolvenzverwalters... 7
3.3.
Umsatzsteuerliche Organschaft... 7
3.3.1.
Grundzüge der umsatzsteuerlichen Organschaft ... 7
3.3.2.
Einfluss der Insolvenz auf bestehende Organschaften... 9
3.3.2.1.
Insolvenz der Organgesellschaft ... 9
3.3.2.2.
Insolvenz des Organträgers ...12
3.3.2.3.
Insolvenz des Organträgers und der Organgesellschaft...13
3.3.2.4.
Übersicht über die Organschaftsverhältnisse in der
...
Insolvenz...14
3.4.
Insolvenzrechtliche Einordnung der steuerlichen Pflichten bei
...
Organschaft...15
3.5.
Rechtsfolgen der unerkannten Organschaft...16
3.6.
Rechtsfolgen der Beendigung der Organschaft ...17
4.
Allgemeines zur insolvenzrechtlichen Umsatzsteuer ...18
4.1.
Zuordnung der Umsatzsteueransprüche...19
4.1.1.
,,Begründetsein" ...19
4.1.2.
Zuordnung von Lieferungen und Leistungen...20
4.1.3.
Istversteuerung von Anzahlungen...22
4.1.4.
Teilleistungen...22
4.1.5.
Besonderheiten bei der vorläufigen Insolvenzverwaltung...23
- Umsatzsteuer in der Insolvenz -
IV
4.2.
Besteuerungsverfahren ...25
4.2.1.
Voranmeldungszeitraum ...25
4.2.2.
Anrechnung der Umsatzsteuer-Sondervorauszahlung ...27
4.2.3.
Erklärungspflichten des Insolvenzverwalters...29
4.2.3.1.
Grundsätze der Erklärungspflichten ...29
4.2.3.2.
,,Elster-Verfahren" ...31
4.2.4.
Anwendung des § 17 Abs. 1 Satz 1 UStG im
...
...
Insolvenzverfahren ...32
4.3.
Allgemeine Grundsätze der Aufrechnung im Insolvenzverfahren...34
4.4.
Rechnungserteilung/Rechnungsberichtigung...35
5.
Vorsteuer im Insolvenzverfahren ...37
5.1.
Grundsätze des Vorsteuerabzugs...37
5.2.
Zuordnung der Vorsteuern in der Insolvenz ...38
5.3.
Vorsteuerabzug aus Rechnungen des (vorläufigen)
...
Insolvenzverwalters ...44
5.4.
Berichtigung des Vorsteuerabzugs nach § 17 UStG ...46
5.4.1.
Berichtigung bei unbezahlten Rechnungen...46
5.4.2.
Berichtigung bei nicht erbrachten Leistungen ...49
5.4.3.
Berichtigung bei Lieferungen unter Eigentumsvorbehalt ...50
5.5.
Berichtigung des Vorsteuerabzugs nach § 15 a UStG ...53
6.
Umsatzsteueransprüche in Einzelfällen...54
6.1.
Umsatzsteuer bei der Verwertung sicherungsübereigneter
...
Gegenstände...54
6.1.1.
Doppelumsatztheorie ...54
6.1.2.
Verwertung im eröffneten Insolvenzverfahren ...55
6.1.2.1.
Verwertung durch Insolvenzverwalter ...56
6.1.2.2.
Verwertung durch Sicherungsnehmer nach
...
§ 170 Abs. 2 InsO ...59
6.1.2.3.
Überlassung an Sicherungsnehmer ...61
6.1.2.4.
Verwertung durch Sicherungsnehmer nach
...
§ 173 Abs. 1 InsO ...62
6.1.2.5.
Nutzung des Sicherungsguts durch Insolvenzverwalter ...63
- Umsatzsteuer in der Insolvenz -
V
6.1.3.
Verwertung im vorläufigen Insolvenzverfahren...63
6.1.3.1.
Verwertung durch vorläufigen ,,starken" Verwalter...64
6.1.3.2.
Verwertung durch vorläufigen ,,schwachen" Verwalter...65
6.2.
Übersicht zur Umsatzsteuer aus der Verwertung von Sicherungsgut...66
6.3.
Umsatzsteueransprüche bei Immobiliarverwertung ...67
6.4.
Freigabe von Sicherungsgut an den Insolvenzschuldner ...68
6.5.
Umsatzsteuer aus nicht vollständig erfüllten Verträgen...70
6.5.1.
Insolvenz- und zivilrechtliche Grundlagen ...70
6.5.2.
Insolvenzschuldner als leistender Unternehmer...70
6.5.3.
Insolvenzschuldner als Leistungsbesteller ...73
6.6.
Haftungstatbestand nach § 13 c UStG...74
7.
Resümee und Ausblick ...78
Anhang ...79
Literaturverzeichnis...86
- Umsatzsteuer in der Insolvenz -
VI
Abkürzungsverzeichnis
a. A.
anderer Ansicht
a.a.O.
am angeführten Ort
Abb.
Abbildung
Abs.
Absatz
Abschn.
Abschnitt
Anm.
Anmerkung
AO
Abgabenordnung
AO-StB
Der AO-Steuer-Berater (Zs.)
Art.
Artikel
BB
Betriebs Berater (Zs.)
BFH
Bundesfinanzhof
BFH/NV
Sammlung
amtlich
nicht
veröffentlichter
Entscheidungen
BGB
Bürgerliches Gesetzbuch
BGBl.
Bundesgesetzblatt
BStBl.
Bundessteuerblatt
bzw.
beziehungsweise
DB
Der Betrieb (Zs.)
ders.
derselbe
d. h.
das heißt
DStR
Deutsches Steuerrecht (Zs.)
DStZ
Deutsche Steuer-Zeitung (Zs.)
DZWIR
Deutsche Zeitschrift für Wirtschafts- und
Insolvenzrecht (Zs.)
EFG
Entscheidungen der Finanzgerichte (Zs.)
EG
Europäische Gemeinschaft
ErgLfg.
Ergänzugslieferung
EuGH
Europäischer Gerichtshof
- Umsatzsteuer in der Insolvenz -
VII
EWiR
Entscheidungen zum Wirtschaftsrecht
f.
folgende Seite
ff.
folgende Seiten
FG
Finanzgericht
gem.
gemäß
GmbH
Gesellschaft mit beschränkter Haftung
GmbHR
GmbH-Rundschau (Zs.)
ggf.
gegebenenfalls
H.
Heft
h. M.
herrschende Meinung
HR
Handelsregister
Hrsg.
Herausgeber
i. d. R.
in der Regel
i. d. S.
in diesem Sinne
IE
Insolvenzeröffnung
i. H. v.
in Höhe von
INF
Die Information für Steuerberater und
Wirtschaftsprüfer (Zs.)
InsO
Insolvenzordnung
InVo
Insolvenz & Vollstreckung (Zs.)
InsVV
Insolvenzrechtliche Vergütungsverordnung
i. S. d.
im Sinne des
i. V. m.
in Verbindung mit
Jg.
Jahrgang
KO
Konkursordnung
Lfg.
Lieferung
- Umsatzsteuer in der Insolvenz -
VIII
m. w. N.
mit weiteren Nachweisen
n. F.
neue Fassung
Nr.
Nummer
NWB
Neue Wirtschafts-Briefe (Zs.)
NZI
Neue Zeitschrift für das Recht der Insolvenz
und Sanierung (Zs.)
OFD
Oberfinanzdirektion
OLG
Oberlandesgericht
OVS
Verlag Dr. Otto Schmidt
Rn.
Randnummer
RStBl.
Reichssteuerblatt
Rz.
Randziffer
S.
Seite
s.
siehe
SN
Sicherungsnehmer
sog.
so genannte(r, n)
StÄndG
Steueränderungsgesetz
Stbg
Die Steuerberatung (Zs.)
StGB
Strafgesetzbuch
st. Rspr.
ständige Rechtsprechung
Tz.
Textziffer
u. a.
unter anderem
UR
Umsatzsteuer-Rundschau (Zs.)
USt
Umsatzsteuer
UStB
Der-Umsatzsteuer-Berater
UStDV
Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung
UStG
Umsatzsteuergesetz
- Umsatzsteuer in der Insolvenz -
IX
UStR
Umsatzsteuer-Richtlinien
UVR
Umsatzsteuer- und Verkehrssteuer-Recht (Zs.)
v.
von/vom
v. H.
vom Hundert
Vers.-Nr.
Versionsnummer
vgl.
vergleiche
z. B.
zum Beispiel
ZInsO
Zeitschrift für das gesamte Insolvenzrecht (Zs.)
ZIP
Zeitschrift für Wirtschaftsrecht (Zs.)
Zs.
Zeitschrift
zzgl.
zuzüglich
- Umsatzsteuer in der Insolvenz -
X
Abbildungsverzeichnis
Abb. 1: Eingliederungsmerkmale der Organschaft ... 8
Abb. 2: Übersicht über Organschaftsverhältnisse in der Insolvenz ... 14
Abb. 3: Zuordnung der Umsatzsteueransprüche ... 18
Abb. 4: Begründetheit der Forderung ... 31
Abb. 5: Vorsteuerberichtigung nach § 17 UStG... 46
Abb. 6: Vorsteuerberichtigung nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 UStG ... 49
Abb. 7: Vorsteuerberichtigung nach § 17 Abs. 2 Nr. 2 UStG ... 50
Abb. 8: Vorsteuerberichtigung nach § 17 Abs. 2 Nr. 3 UStG ... 52
Abb. 9: Umsatzsteuer aus der Verwertung von Sicherungsgut ... 66
- Umsatzsteuer in der Insolvenz -
1
1. Einleitung
Die ,,Umsatzsteuer in der Insolvenz" hat im Laufe der Zeit zunehmend an
Bedeutung gewonnen. So ist zu erklären, dass erst seit Anfang der 1990er
Jahre viele Probleme des Rechtsgebiets der ,,Umsatzsteuer in der Insol-
venz" geklärt wurden,
1
obwohl das Umsatzsteuergesetz bereits aus dem
Jahr 1967 stammt und eine Häufung von Insolvenzen schon über einen
längeren Zeitraum zu beobachten ist.
2
Dennoch muss darauf hingewiesen
werden, dass auch heute noch einzelne Grundsatzfragen unbeantwortet
sind.
3
Dies resultiert wohl aus der Unkenntnis vieler Insolvenzverwalter
bezüglich ihrer Gestaltungsmöglichkeiten, da das Steuerrecht häufig nicht
mit den insolvenzrechtlichen Prinzipien in Einklang zu bringen ist
4
oder
aber der Insolvenzverwalter die Auseinandersetzung mit den Finanzbe-
hörden, aufgrund seines Haftungsrisikos, meidet.
5
Weil jede Insolvenz im unternehmerischen Bereich auch um-
satzsteuerliche Fragestellungen aufwirft, stellt die Umsatzsteuer eines der
zentralen Themen des Insolvenzrechts dar. Insbesondere die insolvenz-
rechtliche Zuordnung der Umsatzsteuer zu Insolvenzforderungen oder
Masseverbindlichkeiten ist von hoher Relevanz. So begründen In-
solvenzforderungen nach § 38 InsO Forderungen, die lediglich der Quote
entsprechend an der Verteilung der Insolvenzmasse teilnehmen, wohin-
gegen Masseverbindlichkeiten nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO diese, auf-
grund der fehlenden Verrechenbarkeit mit ,,Verlusten", häufig in hohem
1
In den 1990er Jahren wurden mehr als 40 Urteile des BFH zu dieser Thematik veröf-
fentlicht. Einen Überblick über die Entscheidungen des BFH bilden D. Onusseit/ P. Kunz
ab in: Steuern in der Insolvenz, 2. Auflage, Köln 1997, S. 245 ff., sowie H. Hess/ S. Mit-
lehner, Steuerrecht Rechnungslegung Insolvenz, Heidelberg 2001, S. 391 ff.
2
Vgl. Universität Mannheim, Eckdaten der Mittelstandsstatistik, Insolvenzen, in Internet
http://www.ifm.uni-mannheim.de/unter/fsb/eckdaten/hb1/2004/D_I_4_04.pdf
, 16.10.2005;
Statistisches Bundesamt Deutschland, Pressemitteilungen nach Sachgebieten: Gewerbe-
und Insolvenzmeldungen, in Internet
http://www.destatis.de/presse/deutsch/sach/pm13
.htm
, 16.10.2005
3
z. B. Aufrechnungsproblematik bei der Vorsteuer, Organschaft in der Insolvenz,
Be-
gründung von Masseverbindlichkeiten bei Verwertungen durch Sicherungsnehmer nach §
173 Abs.1 InsO
4
z. B. die Freigabe von Sicherungsgut, hierzu im Einzelnen K. H. Maus, Steuern im In-
solvenzverfahren, Recklinghausen 2004, S. 111 f.
5
Vgl. K. Schallehn, Umsatzsteuer in der Insolvenz Gestaltungsmöglichkeiten für den
Verwalter, in: ZIP, Jg. 19, H. 28, 1998, S. 1993
- Umsatzsteuer in der Insolvenz -
2
Maße reduzieren. Der Insolvenzverwalter wird deshalb darauf bedacht
sein Umsatzsteuerforderungen des Finanzamts den Insolvenzforderungen
zuzuordnen, um die Insolvenzmasse so wenig wie möglich zu belasten.
6
Die vorliegende Ausarbeitung durchleuchtet, neben den Ausführungen zur
Unternehmereigenschaft in der Insolvenz, diese Zuordnung bei einzelnen,
für die tägliche Arbeit der Insolvenzverwalter unverzichtbaren, Sachverhal-
ten und die damit einhergehenden Probleme. Aufgrund der Komplexität
des Themas kann dabei dem fachkundigen Leser lediglich ein Überblick
der Problematik der ,,Umsatzsteuer in der Insolvenz" verschafft werden.
Dazu werden im Wesentlichen die von der höchstrichterlichen Rechtspre-
chung des BFH entwickelten Grundsätze herangezogen. Wegen der Ver-
gleichbarkeit von umsatzsteuerlichen Fragestellungen bei Insolvenz- und
Konkursverfahren wird auf die Rechtsprechung zu beiden Verfahren Be-
zug genommen.
7
Die praktischen Erfahrungen sowie Eindrücke, die in diese Arbeit mit ein-
fließen, stammen aus der Rechtsanwaltskanzlei Klaas & Kollegen. Sie re-
sultieren, neben der Bewältigung der täglichen Arbeit, aus vielen Gesprä-
chen mit zuständigen Sachbearbeitern des Bereichs ,,Insolvenzrecht" so-
wie ausführlichen Erörterungen mit den Insolvenzverwaltern. Des Weite-
ren haben Befragungen von Fachleuten aus der Insolvenzpraxis (Richter,
Steuerberater, Finanzbeamte) Niederschlag gefunden.
6
Dieser Absatz stützt sich weitgehend auf B. Bringewat/ T. Waza, Insolvenzen und Steu-
ern, 6. Auflage, Herne/Berlin 2004, S. 295; D. Onusseit/ P. Kunz, a.a.O, S. 108
7
Vgl. W. Widmann, Insolvenz und Umsatzsteuer, in: Die Steuerberatung (Stbg), Jg. 41,
H. 12, 1998, S. 537, 543; H.-D. Rondorf, Umsatzsteuer in der Unternehmerinsolvenz, in:
Neue Wirtschafts-Briefe (NWB), Fach 7, H. 24 vom 11.06.2001, S. 5391
- Umsatzsteuer in der Insolvenz -
3
2. Steuerrecht versus Insolvenzrecht
Das Verhältnis von Steuerrecht zum Insolvenzrecht ist noch immer nicht
hinreichend geregelt.
8
Weder aus dem Einen noch aus dem Anderen geht
hervor, welche Auswirkungen die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens auf
die materielle Besteuerung und das Besteuerungsverfahren hat. Das
Steuerrecht regelt in § 251 Abs. 2 AO, dass Vollstreckungen von Verwal-
tungsakten die Insolvenzordnung weder beeinträchtigen noch einschrän-
ken.
9
Unter anderem hieraus resultiert der Grundsatz, der vom älteren
Grundsatz ,,Konkursrecht geht vor Steuerrecht"
10
abgeleitet wurde: ,,Insol-
venzrecht geht vor Steuerrecht".
11
Dabei vermag dieser Leitsatz keine
Probleme bei steuerlichen Fragestellungen zu lösen, sondern ist vielmehr
als eine Art Richtschnur zu verstehen, welches der beiden Rechtsgebiete
bzw. welche Norm für die einzelne Fragestellung maßgeblich ist.
12
Das
Steuerrecht regelt auch im Falle der Insolvenzeröffnung die Art und den
Zeitpunkt der Entstehung sowie die Höhe einer Steuerforderung. Die In-
solvenzordnung hingegen und nicht, wie sonst üblich, die Abgabenord-
nung entscheidet letztendlich über deren Durchsetzbarkeit.
13
Deshalb
kann kaum von einer Überordnung des Insolvenzrechts gegenüber dem
Steuerrecht gesprochen werden. Vielmehr handelt es sich um eine Ko-
existenz der beiden Rechtsgebiete, ohne dass eines von beiden zu bevor-
zugen ist.
14
8
Vgl. C. Farr, Die Reichweite rechtsfehlerhafter Feststellungsbescheide, in: Deutsche
Steuer-Zeitung (DStZ), Jg. 91, H. 10, 2003, S. 345;
ders., Der Fiskus als Steuer- und In-
solvenzgläubiger im Restschuldbefreiungsverfahren, in: Betriebs Berater (BB), Jg. 58, H.
44, 2003, S. 2324
9
Vgl. G. Frotscher, Besteuerung bei Insolvenz, 6. Auflage, Frankfurt am Main 2005, S. 17
f.
10
Vgl. RFH, Großer Senat, Urteil vom 25.10.1926, GrS 1/26 S, RStBl. 1926, S. 337
11
Vgl. BFH-Urteil vom 18.12.2002, I R 33/01, BStBl. 2003 II, S. 630; K. H. Maus, Steuern
im Insolvenzverfahren, a.a.O., S. 1
12
Vgl. B. Bringewat/ T. Waza, a.a.O., S. 75
13
Vgl. D. Onusseit, Die ,,Kollision" von Insolvenz- und Steuerrecht unter besonderer Be-
rücksichtigung der umsatzsteuerlichen Zwangsverrechnung, in: Finanzwirtschaft, Jg. 50,
H. 7, 2000, S. 158 f.; vgl. ferner M. Loose in: K. Tipke/ H. W. Kruse, Kommentar zur Ab-
gabenordnung und Finanzgerichtsordnung, § 251 AO Vollstreckbare Verwaltungsakte,
Tz. 5
14
Vgl. G. Frotscher, a.a.O., S. 20; D. Onusseit, Finanzwirtschaft, a.a.O., S. 158 f.
- Umsatzsteuer in der Insolvenz -
4
Dieses Nebeneinander von Insolvenz- und Steuerrecht wird im Allgemei-
nen nicht durch Eingriffe der Insolvenzordnung in das Steuerrecht beglei-
tet. Der Gesetzgeber greift jedoch immer wieder zum Vorteil der Finanz-
verwaltung und zum Nachteil der übrigen Gläubiger über das Steuerrecht
in das Insolvenzrecht ein. So hat z. B. mit dem Inkrafttreten des § 13 b
UStG eine massive Beeinflussung der Insolvenzordnung stattgefunden.
Die aktuelle Fassung des Paragraphen beinhaltet unter anderem eine
Neuregelung der Steuerschuldnerschaft der Umsatzsteuer für alle unter
das Grunderwerbsteuergesetz fallenden und nach dem 31.03.2004 be-
wirkten Umsätze. Die Steuerschuldnerschaft liegt nicht mehr wie bisher
beim Verkäufer, sondern beim Käufer. Durch diese Gesetzesänderung soll
verhindert werden, dass es, wie in der Vergangenheit, zu einem Ausfall
von Umsatzsteuerforderungen aufgrund von Masseunzulänglichkeit
15
kommen kann. Aufgrund dieses Wechsels der Steuerschuldnerschaft stellt
die Umsatzsteuer keine Masseverbindlichkeit gem. § 55 Abs.1 InsO mehr
dar und wird zukünftig stets durch den Erwerber, auch und gerade bei
Masseunzulänglichkeit, an die Finanzverwaltung geleistet. Die Neurege-
lung des § 13 b UStG bewirkt eine deutliche Bevorteilung des Fiskus ge-
genüber den weiteren (Masse-)Gläubigern, die dem geltenden Grundsatz
der Gläubigergleichbehandlung des Insolvenzrechts widerspricht. Des-
gleichen zielen die §§ 13 c und d UStG darauf ab dem Fiskus eine Bes-
serstellung bei Insolvenzschuldnern zu verschaffen.
16
3. Unternehmereigenschaft im Insolvenzverfahren
3.1. Unternehmereigenschaft des Insolvenzschuldners
Unternehmer im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 UStG ist, wer eine gewerbli-
che oder berufliche Tätigkeit selbstständig ausübt. Wird über das Vermö-
gen des Unternehmers das Insolvenzverfahren aufgrund eines der Eröff-
nungsgründe des § 16 InsO, nämlich
15
Zur Erläuterung siehe § 208 Abs. 1 InsO
16
Vgl. K. H. Maus, Wechsel der Steuerschuldnerschaft und verschärfte Haftung als Aus-
gleich für den Fortfall des Fiskalvorrechts gem. § 61 Abs. 1 Nr. 2 KO, in: Zeitschrift für
Wirtschaftsrecht (ZIP), Jg. 25, H. 34, 2004, S. 1580 ff.
- Umsatzsteuer in der Insolvenz -
5
Zahlungsunfähigkeit (§ 17 InsO)
drohende Zahlungsunfähigkeit (§ 18 InsO) bzw.
Überschuldung (§ 19 InsO)
eröffnet, unterliegt der Unternehmer den Verfügungsbeschränkungen des
§ 80 InsO. Obwohl mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Verwal-
tungs- und Verfügungsmacht auf den Insolvenzverwalter übergeht, verliert
der Insolvenzschuldner seine umsatzsteuerliche Unternehmereigenschaft
nicht.
17
Die Insolvenzmasse gem. § 22 Abs. 1 und Abs. 2 InsO wird somit
nicht zum selbstständig zu besteuernden Steuersubjekt. Im Gegenteil: Alle
Umsätze, die der vorläufige Insolvenzverwalter,
18
der Insolvenzverwalter
bzw. der Treuhänder
19
im Rahmen seiner Tätigkeit ausführen, werden
weiterhin dem insolventen Unternehmen zugerechnet.
20
Dies können im
Einzelnen sein:
mit der Insolvenzmasse bewirkte Umsätze,
nachträgliche Vereinnahmung von Entgelten sowie
Verfolgung von Schadenersatzansprüchen.
21
Im Rahmen seiner Pflichten muss der Insolvenzverwalter für den Insol-
venzschuldner die Erklärung dieser Umsätze vornehmen. Hierfür wird dem
Insolvenzverwalter für den Zeitraum ab Insolvenzeröffnung eine weitere
neue ,,Insolvenz-Steuernummer" zugeteilt.
22
Die Erteilung der zweiten
Steuernummer erfolgt ausschließlich unter dem Aspekt der unterschiedli-
chen Geltendmachung und Qualität der Steuerforderungen in der Insol-
17
Vgl. st. Rspr.: für das Konkursverfahren s. BFH-Urteil vom 20.02.1986, V R 16/81,
BStBl. 1986 II, S. 579; zum Insolvenzverfahren s. BFH-Urteil vom 15.06.1999, VIII R
3/97, BStBl. 2000 II, S. 46; BFH-Urteil vom 28.06.2000, V R 87/99, BStBl. 2000 II, S. 639;
BFH-Urteil vom 06.11.2002, V R 21/02, BStBl. 2003 II, S. 39; aus der Literatur u. a.: H.
Stadie in Rau/Dürrwächter, Kommentar zum UStG, 8. Auflage, Lfg. 11/1999, § 18 Anm.
1174; K.-H. Eckert, Umsatzsteuer im Insolvenzverfahren I, II, in: Umsatzsteuer- und Ver-
kehrssteuer-Recht (UVR), Jg. 85, H. 8, 9, 1999, S. 265 ff., 305 ff.
18
§ 22 Abs. 1 und Abs. 2 InsO
19
§ 313 InsO
20
Vgl. Abschn. 16 Abs. 7, Satz 1 UStR 2005
21
Vgl. H.-D. Rondorf, NWB, a.a.O., S. 5402
22
Vgl. OFD Frankfurt am Main vom 01.10.1998, S 7340 A- 85 St IV 10, Umsatzsteuer:
Auswirkungen der Neugestaltung des Insolvenzrechts zum 1.1.1999, in: Umsatzsteuer-
Rundschau (UR), Jg. 48, H. 7, 1999, S. 297 ff., Rz. 84
- Umsatzsteuer in der Insolvenz -
6
venz und der damit einhergehenden verfahrensrechtlichen Konsequenz
der Festsetzung und Bekanntgabe.
23
Die bisherige ,,alte" Steuernummer
des insolventen Unternehmers erfasst die Insolvenzforderungen nach § 38
InsO, die zur Tabelle anzumelden sind. Die neue ,,Insolvenz-Steu-
ernummer" dient der Erfassung von Umsatzsteuern, die auf Masseforde-
rungen gem. § 55 InsO entfallen.
24
Die Aufteilung der Umsatzsteuer auf
die zwei Steuernummern bewirkt lediglich eine technische Trennung eines
ansonsten einheitlichen Unternehmens.
25
War der Insolvenzschuldner vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens im
umsatzsteuerlichen Sinne kein Unternehmer, begründet der Insolvenz-
verwalter mit Verwertungshandlungen von Gegenständen der privaten Le-
bensführung des Insolvenzschuldners in aller Regel keine Unternehmerei-
genschaft. Nach der BFH-Rechtsprechung wird diese nur vorausgesetzt,
wenn dem Veräußerer ein ,,Händlerverhalten" unterstellt werden kann.
26
Das Insolvenzverfahren umfasst prinzipiell das gesamte Vermögen, das
dem Schuldner zur Zeit der Eröffnung des Verfahrens gehört und das er
während des Verfahrens erlangt.
27
Ausnahmsweise kann aber auch insol-
venzfreies Vermögen vorliegen, welches vom insolvenzrechtlichen Be-
schlag nicht erfasst wird. Hierbei handelt es sich um sog. unpfändbare
Gegenstände nach § 36 InsO.
28
Sofern der Insolvenzschuldner mit insol-
venzfreien Vermögen, das nach Verfahrenseröffnung erworben wurde,
neben der Masse unternehmerisch tätig wird, ist die daraus resultierende
Umsatzsteuer weder eine Insolvenzforderung noch eine Masseforderung
i. S. d. § 55 InsO. In diesem Fall sind zwei getrennte Umsatzsteuerbe-
23
Vgl. K.-H. Eckert, Umsatzsteuer im Insolvenzverfahren I, II, a.a.O., S. 306
24
Ebenda: S. 306
25
Vgl. H.-D. Rondorf, NWB, a.a.O., S. 5402
26
Dieser Absatz basiert auf BFH-Urteil vom 29.06.1987, X R 23/82, BStBl. 1987 II, S.
744; BFH-Urteil vom 16.07.1987, X R 48/82, BStBl. 1987 II, S. 752; genauso G. Frot-
scher, a.a.O., S. 26 f.; D. Onusseit/ P. Kunz, a.a.O., S. 6 f.
27
Vgl. § 35 InsO
28
Vgl. B. Bringewat/ T. Waza, a.a.O., S. 297
- Umsatzsteuer in der Insolvenz -
7
scheide festzusetzen, deren Summe die Umsatzsteuer des gesamten Un-
ternehmens ergeben.
29
3.2. Unternehmereigenschaft des Insolvenzverwalters
Der Insolvenzverwalter, respektive der vorläufige Verwalter, erbringt zum
einen Leistungen für und gegen die Insolvenzmasse und zum anderen
Leistungen an die Insolvenzmasse. Er führt die Abwicklung von Insolvenz-
verfahren berufsmäßig durch und ist damit, bezogen auf diese Tätigkeit,
Unternehmer gem. § 2 Abs. 1 Satz 1 UStG.
30
Mit Abwicklung der Insol-
venz erbringt er gegenüber dem Insolvenzschuldner eine steuerbare sons-
tige Leistung gem. § 3 Abs. 9 UStG, welche ihn berechtigt eine Rechnung
mit gesondertem Steuerausweis zu erteilen. Die Umsatzsteuerpflicht des
Insolvenzverwalters ermöglicht auf Seiten der Insolvenzmasse den Vor-
steuerabzug nach § 15 UStG,
31
sofern das Insolvenzverfahren noch nicht
mit dem Schlusstermin
32
vollzogen oder im Schlusstermin eine Nachtrags-
verteilung
33
vorbehalten ist.
34
3.3. Umsatzsteuerliche Organschaft
3.3.1. Grundzüge der umsatzsteuerlichen Organschaft
Eine Organschaft nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG liegt vor, wenn eine juristi-
sche Person nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse finan-
ziell, wirtschaftlich und organisatorisch in das Unternehmen des Organträ-
29
Vgl. BFH-Urteil vom 28.06.2000, a.a.O., S. 639; D. Onusseit, Umsatzsteuerliche Auf-
rechnungslagen und Vorsteuer in der Insolvenz, in: ZIP, Jg. 23, H. 1, 2002, S. 23; H.
Hess/ S. Mitlehner, a.a.O., S. 262, 298; K. Schmidt, § 34 Abs. 3 AO und Umsatzsteuer:
Separationsinsolvenz der Unternehmen eines Einzelunternehmers?, in: W. Drenseck/ R.
Seer (Hrsg.), Festschrift für Heinrich Wilhelm Kruse zum 70. Geburtstag, Köln 2001, S.
671 ff.
30
Vgl. BFH-Urteil vom 20.02.1986, a.a.O., S. 579
31
Ebenda: S. 579
32
Zur Erläuterung siehe § 197 InsO
33
Zur Erläuterung siehe § 203 InsO
34
Vgl. zu diesem Abschnitt H. Hess/ S. Mitlehner, a.a.O., S. 265; a. A. D. Onusseit, wo-
nach der Insolvenzschuldner den Vorsteuerabzug selbst auch nach dem Schlusstermin
geltend machen kann, sollte der Verwalter im Schlusstermin keine Nachtragsverteilung
vorbehalten haben. Bei Kapitalgesellschaften ist diese Vorgehensweise jedoch nur bis
zur Löschung im HR zulässig, Interview mit D. Onusseit am 10.12.2005
- Umsatzsteuer in der Insolvenz -
8
gers eingegliedert ist. Sind diese Voraussetzungen erfüllt, ist die Organ-
gesellschaft als nicht selbstständig anzusehen.
35
Eingliederungsmerkmale
Finanzielle
Eingliederung
Besitz der entscheidenden Anteilsmehrheit durch den
Organträger, wobei ein Anteilsbesitz von 51 % in der
Regel ausreicht.
36
Wirtschaftliche
Eingliederung
Orientierung an den ökonomischen Interessen des Or-
ganträgers.
37
Organisatorische
Eingliederung
Durchsetzung des Willens des Organträgers über orga-
nisatorische Maßnahmen, z. B. Personalunion.
38
Abb. 1: Eingliederungsmerkmale der Organschaft
Eine einheitliche Ausprägung aller drei Merkmale ist für das Vorliegen ei-
ner Organschaft nicht erforderlich. Tritt ein Eingliederungskriterium schwä-
cher in Erscheinung, so reicht es aus, wenn die beiden anderen Merkmale
um so deutlicher hervortreten. Fehlt jedoch eine Eigenschaft, liegt keine
Organschaft vor.
39
Zu den Beteiligten eines Organkreises zählen demnach der Organträger
sowie eine oder mehrere Organgesellschaften:
Organträger kann jeder sein, der eine umsatzsteuerliche Unterneh-
merfähigkeit besitzt, also natürliche Personen, Personenzusam-
menschlüsse oder juristische Personen. Eine eigene unternehmeri-
sche Tätigkeit des Organträgers ist nicht notwendig.
40
35
Vgl. Abschn. 21 Abs. 1 UStR 2005
36
Vgl. Abschn. 21 Abs. 4 UStR 2005
37
Vgl. Abschn. 21 Abs. 5 UStR 2005
38
Vgl. Abschn. 21 Abs. 6 UStR 2005
39
Vgl. BFH-Urteil vom 23.04.1964, V 184/61 U, BStBl. 1964 III, S. 346; BFH-Urteil vom
22.06.1967, V R 89/66, BStBl. 1967 III, S. 715
40
Vgl. Abschn. 21 Abs. 2 Satz 2 UStR 2005; BFH-Urteil vom 17.04.1969, V 44/65, BStBl.
1969 II, S. 413
- Umsatzsteuer in der Insolvenz -
9
Als Organgesellschaften kommen nur juristische Personen des Pri-
vatrechts in Betracht. Eine Personengesellschaft (z. B. GmbH & Co.
KG) kann nicht Organgesellschaft sein. Des Weiteren kann auf-
grund fehlender Eingliederungsvoraussetzungen eine Komple-
mentär-GmbH einer GmbH & Co. KG nicht Organgesellschaft die-
ser Kommanditgesellschaft sein.
41
Die umsatzsteuerliche Organschaft hat im Grunde ausschließlich Vorteile
für den Fiskus, der nach § 73 AO durch zwei Schuldner Befriedigung er-
langen kann. Einerseits durch den Organträger als Steuerpflichtigen bzw.
Steuerschuldner und andererseits durch die Organgesellschaft als Haf-
tungsschuldner.
42
3.3.2. Einfluss der Insolvenz auf bestehende Organschaften
3.3.2.1. Insolvenz der Organgesellschaft
Bei der Insolvenz der Organgesellschaft ist zwischen der Beantragung des
Insolvenzverfahrens und der damit einhergehenden Bestellung des vor-
läufigen Verwalters und der Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu diffe-
renzieren.
43
Im Rahmen der vorläufigen Insolvenzverwaltung ist zu prüfen, welche Be-
fugnisse das Insolvenzgericht dem vorläufigen Insolvenzverwalter über-
tragen hat. Sofern das Gericht einen vorläufigen ,,starken" Insolvenz-
verwalter gem. § 22 Abs. 1 InsO über das Vermögen der Organgesell-
schaft bestellt, geht die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis auf den
vorläufigen Insolvenzverwalter über. Zu diesem Zeitpunkt endet die Ein-
41
Vgl. BFH-Urteil vom 20.12.1973, V R 87/70, BStBl. 1974 II, S. 311; BFH-Urteil vom
14.12.1978, V R 85/74, BStBl. 1979 II, S. 288; K. H. Maus, Die umsatzsteuerliche Organ-
schaft in Liquidation und Insolvenz, in: GmbH-Rundschau (GmbHR), Jg. 96, H. 13, 2005,
S. 860 f.
42
Vgl. D. Onusseit, Die umsatzsteuerliche Organschaft in der Insolvenz, in: ZIP, Jg. 24,
H. 17, 2003, S. 744
43
Vgl. B. Bringewat/ T. Waza, a.a.O., S. 300
- Umsatzsteuer in der Insolvenz -
10
gliederung in das Unternehmen des Organträgers und damit die Organ-
schaft, weil der Organträger keine Möglichkeit mehr hat seinen Willen in
der Organschaft durchzusetzen.
44
Wird der Organgesellschaft kein allgemeines Verfügungsverbot auferlegt
und bestellt das Gericht einen vorläufigen ,,schwachen" Insolvenzverwalter
nach § 22 Abs. 2 InsO, tritt regelmäßig bis zur Eröffnung des Insolvenz-
verfahrens keine Beendigung der Organschaft ein.
45
Dem Fortbestand der
Organschaft steht selbst dann nichts entgegen, wenn das Gericht anord-
net, dass Verfügungen des Schuldners nur mit Zustimmung des ,,schwa-
chen" vorläufigen Insolvenzverwalters wirksam sind.
46
Bei dieser Sachlage
können weder der Organträger noch der vorläufige ,,schwache" Insolvenz-
verwalter alleine wirksame Verfügungen über die Organgesellschaft tref-
fen. Die Rechtsstellung des Organträgers und des vorläufigen Insolvenz-
verwalters ist demnach vergleichbar.
47
Einem weiteren Bestehen der or-
ganisatorischen Eingliederung widerspricht dabei, dass der Organträger in
der Organgesellschaft seinen Willen nicht mehr alleine durchsetzen kann.
Der
BFH vertritt allerdings die Auffassung,
48
dass von einer organisatori-
schen Eingliederung weiterhin auszugehen ist, sofern der ,,schwache" vor-
läufige Insolvenzverwalter seinen Willen in der Organgesellschaft nicht
gegen den Willen des Organträgers durchzusetzen vermag.
Diese Grundsatzentscheidung wird in der Literatur
49
kontrovers gesehen.
Kritisiert wird vornehmlich, dass die Verhältnisse der Wirklichkeit nicht tref-
fend widergespiegelt werden. In der Realität ist es dem ,,schwa-
chen/halbstarken" vorläufigen Insolvenzverwalter häufig durchaus möglich
weitreichende Verfügungsbefugnis zu erlangen. Weil der BFH diese
Tat-
44
Vgl. zu diesem Absatz H.-D. Rondorf, Auswirkungen der Insolvenz auf die umsatzsteu-
erliche Organschaft, in: Die Information über Steuer und Wirtschaft (INF), Jg. 57, H. 12,
2003, S. 466
45
Vgl. FG Münster, Urteil vom 01.04.2003, 15 K 2679/02 U, EFG 2004, S. 612
46
Vgl. FG Nürnberg, Beschluss vom 09.08.2001, II 287/01, EWiR 2002, S. 361;
FG
Schleswig-Holstein, Urteil vom 24.09.2002, IV 174/01, EFG 2003, S. 1582
47
Vgl. BFH-Urteil vom 01.04.2004, V R 24/03, DStR 2004, S. 951
48
Ebenda: S. 951
49
Vgl. D. Onusseit, Praktikabilität gegen Gesetzeskonformität oder: das Umsatzsteuer-
aufkommen ist gesichert, in: ZInsO, Jg. 7, H. 21, 2004, S. 1182 ff.; K. H. Maus, GmbHR,
a.a.O., S. 862
- Umsatzsteuer in der Insolvenz -
11
sache jedoch ignoriert, kann die Finanzverwaltung, sofern kein starker vor-
läufiger Insolvenzverwalter bestellt wird (was in der Praxis bei ca. 90% al-
ler Insolvenzverfahren der Fall ist) und der Organträger über ausreichend
Liquidität verfügt, Umsatzsteuerforderungen vollständig vereinnahmen.
Andernfalls bliebe dem Finanzamt lediglich die Insolvenzquote. Positiv zu
vermerken ist indessen, dass das Urteil eine gewisse (Rechts-)Sicherheit
schafft, die für die Praxis durchaus von Bedeutung ist.
50
Bemerkenswert bleibt jedoch, dass das BFH-Urteil
51
in den Umsatzsteuer-
richtlinien 2005 keinen Niederschlag gefunden hat, obwohl es zweifelsfrei
vor deren Verfassung veröffentlicht wurde. Dementsprechend wird es
auch zukünftig diesbezüglich zu divergenten Auffassungen kommen, so
dass den Insolvenzverwaltern letztlich nur durch weitere Gerichtsent-
scheide Klarheit verschafft werden kann.
52
Spätestens jedoch mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Ver-
mögen der Organgesellschaft endet die Organschaft. Im Augeblick der In-
solvenzeröffnung verliert der Organträger den wesentlichen Einfluss auf
die Organgesellschaft, weil die Verwaltungs- und Verfügungsmacht auf
den Insolvenzverwalter übergeht.
53
Die Anordnung einer Eigenverwaltung gem. §§ 270 ff. InsO hat regelmä-
ßig keine Auswirkung auf das Fortbestehen der Organschaft. Die Verwer-
50
Vgl. D. Onusseit, Praktikabilität gegen Gesetzeskonformität oder: das Umsatzsteuer-
aufkommen ist gesichert, in: ZInsO, Jg. 7, H. 21, 2004, S. 1182 ff.; K. H. Maus, GmbHR,
a.a.O., S. 862; Dieser Argumentation folgend gehen J. Roth und U. Germer noch einen
Schritt weiter. Ihrer Meinung nach erfolgt eine Beendigung der Organschaft nicht erst im
Falle der vorläufigen Insolvenzverwaltung bzw. der Insolvenzeröffnung, ,,sondern bereits
bei Eintritt der Krise im strafrechtlichen Sinne". Ihre Ansicht begründen sie mit der fehlen-
den Möglichkeit des Organträgers bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 283 StGB
auf die Organgesellschaft entscheidenden Einfluss auszuüben, nachzulesen in: Umsatz-
steuerliche Organschaft, Wegfall schon bei Eintritt der Krise der Organgesellschaft?, in:
NWB, Fach 7, H. 39 vom 26.09.2005, S. 6544
51
Vgl. BFH-Urteil vom 01.04.2004, a.a.O., S. 951
52
Interview mit D. Onusseit am 10.12.2005
53
Vgl. st. Rspr. zum Konkurs: BFH-Beschluss vom 27.09.1991, V B 78/91, BFH/NV 1992,
S. 346; BFH-Urteil vom 19.10.1995, V R 128/93, BFH/NV 1996, S. 275; BFH-Urteil vom
13.03.1997, V R 96/96, BStBl. 1997 II, S. 580; BFH-Urteil vom 28.01.1999, V R 32/98,
BStBl. 1999 II, S. 258; zum Insolvenzverfahren s. OFD Hannover vom 03.07.2002, S
7105-101-StH 442/S 7105 49 StO 351, Beendigung der Organschaft: Rechtsfolgen,
in: Haufe Steuer Office, Vers.-Nr. 9.5, Haufe-Index: 841155, Tz. 1.2.1.
- Umsatzsteuer in der Insolvenz -
12
tungs- und Verfügungsmacht über das Vermögen der Organgesellschaft
verbleibt im Wesentlichen beim Insolvenzschuldner und damit beim Or-
ganträger.
54
Dadurch ist gewährleistet, dass der wesentliche Einfluss des
Organträgers erhalten bleibt. Sollten jedoch dem Sachwalter derart weit-
reichende Verwaltungs- und Verfügungsbefugnisse bewilligt werden, dass
ihm eine vom Willen des Organträgers abweichende Willensbildung mög-
lich ist, führt dies ausnahmsweise auch in Fällen der Eigenverwaltung zur
Beendigung der Organschaft.
55
3.3.2.2. Insolvenz des Organträgers
Die Beantragung sowie die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das
Vermögen des Organträgers führt prinzipiell nicht zur Beendigung der um-
satzsteuerlichen Organschaft, weil sie keine Veränderung des Abhängig-
keitsverhältnisses zur Organgesellschaft beinhaltet. Mit der Insolvenzer-
öffnung geht lediglich die personelle Zuständigkeit für die Willensbildung
auf den Insolvenzverwalter über.
56
Nach der Rechtsprechung des BFH
57
kann allerdings die Organschaft
ausnahmsweise enden, wenn sich das Insolvenzverfahren nicht auf die
Organgesellschaft erstreckt und der Insolvenzverwalter auf die laufende
Geschäftsbeziehung keinen Einfluss nimmt. In diesem Fall übt der Insol-
venzverwalter des Organträgers keine beherrschende Stellung in der Or-
gangesellschaft aus, was ein Fehlen, der für die Organschaft notwendi-
gen, organisatorischen Eingliederung nach sich zieht.
54
Vgl. § 270 Abs. 1 InsO
55
Vgl. K. H. Maus, Steuern im Insolvenzverfahren, a.a.O., S. 128 f.
56
Vgl. W. Widmann, a.a.O., S. 539; O. Schiffer, Beendigung der umsatzsteuerlichen Or-
ganschaft Abgrenzungsfragen bei ihrer Beendigung durch Eröffnung des Konkursver-
fahrens, Anordnung der Sequestration und Bestellung eines vorläufigen Vergleichsver-
walters -, in: Deutsches Steuerrecht (DStR), Jg. 36, H. 51-52, 1998, S. 1991; H. Stadie in
Rau/Dürrwächter, Lfg. 02/2003, a.a.O., § 2 Anm. 719; H.-D. Rondorf, INF, a.a.O., S. 465
57
Vgl. Abschn. 21 Abs. 7 UStR 2005 mit Hinweis auf BFH-Urteil vom 28.01.1999, a.a.O.,
S. 258
- Umsatzsteuer in der Insolvenz -
13
3.3.2.3. Insolvenz des Organträgers und der Organgesellschaft
Wird sowohl über das Vermögen des Organträgers als auch der Organge-
sellschaft das Insolvenzverfahren eröffnet, ist das Fortbestehen der Or-
ganschaft nach h. M.
58
davon abhängig, ob für den Organträger und die
Organgesellschaft derselbe Insolvenzverwalter bestellt wird. Ist diese Be-
dingung erfüllt, kann eine einheitliche Willensbildung auch weiterhin ge-
währleistet werden. Demzufolge bleibt die organisatorische Eingliederung
und damit die umsatzsteuerliche Organschaft bestehen.
59
Diese Einschätzung findet jedoch nicht uneingeschränkten Zuspruch.
60
Sofern zwar derselbe Insolvenzverwalter für Organträger und Organge-
sellschaft bestellt ist, die Insolvenzverfahren aber zu unterschiedlichen
Zeitpunkten eröffnet werden, endet die Organschaft regelmäßig. Das für
die Organschaft notwendige Merkmal der Personalunion ist mit der ersten
Verfahrenseröffnung nicht mehr gegeben.
In der Literatur stößt das Fortbestehen der Organschaft bei gleichem In-
solvenzverwalter vereinzelt auf Kritik.
61
Sie begründet sich hauptsächlich
darin, dass der Insolvenzverwalter ausschließlich der jeweiligen Masse
verpflichtet ist und sich deshalb Interessenkonflikte für ihn ergeben kön-
nen.
62
Auch die Bestellung eines Sonderinsolvenzverwalters für Sachver-
halte, die die Beziehungen zwischen dem Organträger und der Organge-
sellschaft betreffen, kann diesen Konflikt nicht lösen. Mit dessen
Bestel-
lung würde die organisatorische Eingliederung entfallen, was folglich eine
Beendigung der Organschaft nach sich ziehen würde.
63
Gänzlich auszu-
58
Vgl. C. Farr, Die Besteuerung in der Insolvenz, München 2005, S. 197; B. Bringewat/
T. Waza, a.a.O., S. 302 f.; O. Schiffer, a.a.O., S. 1991; H.-D. Rondorf, NWB, a.a.O., S.
5404 f.
59
Vgl. C. Farr, a.a.O., S. 197
60
Interview mit T. Ruhnau am 28.10.2005; Interview mit I. Thal/ J. Pau am 09.12.2005;
Interview mit D. Onusseit am 10.12.2005
61
Vgl. D. Onusseit, Die umsatzsteuerliche Organschaft in der Insolvenz, a.a.O., S. 752;
H. Hess/ S. Mitlehner, a.a.O., S. 260
62
Vgl. D. Onusseit, Die umsatzsteuerliche Organschaft in der Insolvenz, a.a.O., S. 752;
H. Hess/ S. Mitlehner, a.a.O., S. 260
63
Vgl. D. Onusseit, Die umsatzsteuerliche Organschaft in der Insolvenz, a.a.O., S. 752;
H. Hess/ S. Mitlehner, a.a.O., S. 260
- Umsatzsteuer in der Insolvenz -
14
schließen ist die Fortdauer der Organschaft bei gleichem Insolvenzverwal-
ter dennoch nicht. Sollte der Verwalter glaubhaft darlegen, dass er allen
Insolvenzmassen gleichermaßen nach besten Möglichkeiten dient, ist eine
Beibehaltung der Organschaft vorstellbar. Dies erfordert aber zumindest
die konzeptionelle Darstellung der Unternehmensfortführung gegenüber
dem Finanzamt sowie ggf. das Vorlegen von Insolvenzplänen für alle Ge-
sellschaften durch den Insolvenzverwalter.
64
Werden für Organträger und Organgesellschaft verschiedene Insolvenz-
verwalter bestellt, hat der Organträger aufgrund des Verfügungs- und
Verwaltungsrechts des Insolvenzverwalters innerhalb der Organschaft
nicht mehr die Möglichkeit seinen Willen durchzusetzen. In diesem Fall
endet die organisatorische Eingliederung und damit die umsatzsteuerliche
Organschaft.
65
3.3.2.4. Übersicht über die Organschaftsverhältnisse in der Insolvenz
Organschaft
Insolvenz
der
Organgesellschaft
Insolvenz
des
Organträgers
Insolvenz des
Organträgers
und der
Organgesellschaft
vorläufiger
Insolvenzverwalter
Insolvenzverwalter
gleicher
Insolvenzverwalter
verschiedene
Insolvenzverwalter
Ende der
Organschaft
,,starker" vorläufiger
Insolvenzverwalter
,,halbstarker" vorläufiger
Insolvenzverwalter*
,,schwacher" vorläufiger
Insolvenzverwalter
Kein Ende
der
Organschaft
Organschaft endet
Organschaft i.d.R.
nicht beendet
Organschaft besteht fort
Organschaft
endet
Organschaft
besteht fort
*,,halbstarker" vorläufiger Insolvenzverwalter
66
Abb. 2: Übersicht über Organschaftsverhältnisse in der Insolvenz
Quelle: angelehnt an B. Bringewat/ T. Waza, a.a.O., S. 305
64
Vgl. D. Onusseit, Die umsatzsteuerliche Organschaft in der Insolvenz, a.a.O., S. 752
65
Vgl. B. Bringewat/ T. Waza, a.a.O., S. 303
66
Vgl. F. Rothenberger, Beendigung der Organschaft bei vorläufiger Insolvenzverwal-
tung, in: Der Umsatz-Steuer-Berater (UStB), Jg. 5,
H. 1, 2004, S. 9
- Umsatzsteuer in der Insolvenz -
15
3.4. Insolvenzrechtliche Einordnung der steuerlichen Pflichten bei
Organschaft
Bei Insolvenz der Organgesellschaft besteht die Organschaft bis zur Er-
öffnung des Insolvenzverfahrens weiter fort. Demgemäß bleibt der Organ-
träger umsatzsteuerlicher Unternehmer und somit Schuldner der Umsatz-
steuer aus allen von der Organgesellschaft bewirkten Umsätzen.
67
Dazu
gehören u. a. Vorsteuerrückforderungsansprüche des Finanzamts aus Lie-
ferantenrechnungen gem. § 17 Abs. 2 Nr. 2 UStG, für die die Organge-
sellschaft keine Zahlung mehr leisten konnte.
68
Sollte der Organträger
diesbezüglich auf dem zivilrechtlichen Weg Ansprüche auf Steuererstat-
tungen an die Organgesellschaft stellen, so sind diese Insolvenzforderun-
gen gem. § 38 InsO. Eine Besserstellung des Organträgers gegenüber
den anderen Insolvenzgläubigern wegen steuerlicher Verpflichtungen aus
der Organschaft bis zur Insolvenzeröffnung hält der BFH,
69
aufgrund des
Grundsatzes der Gläubigergleichbehandlung, für nicht opportun.
70
Sollte das Organschaftsverhältnis bei Insolvenz des Organträgers weiter-
hin Bestand haben, stellen die nach Insolvenzeröffnung durch die Organ-
gesellschaft begründeten Umsatzsteuern Masseverbindlichkeiten des Or-
ganträgers dar. Hierfür ist unerheblich, ob über das Vermögen der Organ-
gesellschaft selbst das Insolvenzverfahren eröffnet ist oder nicht. Zugleich
kann der Organträger Vorsteuern aus Lieferungen und Leistungen, die an
die Organgesellschaft ausgeführt werden, geltend machen. Angefallene
Umsatzsteuern aus Geschäften der Organgesellschaft während des An-
tragsverfahrens des Organträgers stellen nach Eröffnung des Insolvenz-
verfahrens über das Vermögen des Organträgers Insolvenzforderungen
dar.
71
67
Vgl. K. H. Maus, GmbHR, a.a.O., S. 863
68
Vgl. D. Onusseit, Die umsatzsteuerliche Organschaft in der Insolvenz, a.a.O., S. 753
m. w. N.
69
Vgl. BFH-Urteil vom 01.04.2004, a.a.O., S. 951
70
Vgl. K. H. Maus, GmbHR, a.a.O., S. 863; K. H. Maus, Steuern im Insolvenzverfahren,
a.a.O., S. 131
71
Vgl. K. H. Maus, GmbHR, a.a.O., S. 863
- Umsatzsteuer in der Insolvenz -
16
Insoweit sowohl der Organträger als auch die Organgesellschaft gleich-
zeitig insolvent sind und für beide derselbe Insolvenzverwalter bestellt
wird, besteht die Organschaft nach herrschender Meinung fort. Deshalb
stellen die nach Insolvenzeröffnung über die Organgesellschaft entste-
henden Ausgleichsansprüche des Organträgers eine Masseforderung ge-
gen die Organgesellschaft dar.
72
Des Weiteren haftet die Organgesellschaft gem. § 73 AO für Steuerforde-
rungen gegen den Organträger, welche durch die Organschaft steuerlich
bedingt sind. Im Fall der Insolvenz der Organgesellschaft stellt dieser Haf-
tungsanspruch eine Insolvenzforderung dar.
73
3.5. Rechtsfolgen der unerkannten Organschaft
Befindet sich eine Gesellschaft in einem Organschaftsverhältnis ohne da-
von Kenntnis zu haben, so handelt es sich um eine unerkannte Organ-
schaft. In der Praxis kommt dies z. B. bei Betriebsaufspaltungen vor.
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Auf
Umsatzsteuerzahlungen, die diese (Organ-)Gesellschaft geleistet hat, be-
steht ein Rückzahlungsanspruch, sobald das fälschlicherweise angenom-
mene Steuerschuldverhältnis formell beendet wurde.
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An wen diese
Rückzahlung zu erfolgen hat, ist umstritten. So geht der V. Senat des
Bundesfinanzhofs davon aus, dass die Rückzahlung dem Organträger zu-
steht, sobald die Steuerbescheide gegen die Organgesellschaft aufgeho-
ben sind.
76
Dem widerspricht der VII. Senat des Bundesfinanzhofs, der
den Anspruch auf Rückzahlung der gezahlten Umsatzsteuer bei der Or-
gangesellschaft sieht.
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Insolvenzverwalter nutzen die Rechtsprechung
des VII. Senats, indem sie Umsatzsteuerrückforderungen mit Hilfe einer
berichtigten Umsatzsteuererklärung in die Insolvenzmasse der Organge-
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Vgl. K. H. Maus, GmbHR, a.a.O., S. 863; K. H. Maus, Steuern im Insolvenzverfahren,
a.a.O., S. 132
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Vgl. K. H. Maus, GmbHR, a.a.O., S. 863; K. H. Maus, Steuern im Insolvenzverfahren,
a.a.O., S. 132
74
Vgl. A.-G. Nickert/ C. Nickert, Die unberücksichtigte USt-Organschaft in der Insolvenz
der Organgesellschaft (Teil I), in: ZInsO, Jg. 7, H. 9, 2004, S. 479
75
Vgl. K. H. Maus, GmbHR, a.a.O., S. 864
76
Vgl. BFH-Urteil vom 07.07.1966, V 20/64, BStBl. 1966 III, S. 613
77
Vgl. BFH-Urteil vom 23.08.2001, VII R 94/99, BStBl. 2002 II, S. 330
Details
- Seiten
- Erscheinungsform
- Originalausgabe
- Erscheinungsjahr
- 2006
- ISBN (eBook)
- 9783832495046
- ISBN (Paperback)
- 9783838695044
- DOI
- 10.3239/9783832495046
- Dateigröße
- 665 KB
- Sprache
- Deutsch
- Institution / Hochschule
- Hochschule Niederrhein in Krefeld – Wirtschaftswissenschaften, Studiengang Betriebswirtschaftliches externes Studium mit Präsenzphase
- Erscheinungsdatum
- 2006 (April)
- Note
- 1,3
- Schlagworte
- organschaft doppelumsatz steuer abgabenordnung maßverbindlichkeit