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Alte Marke, neuer Erfolg

Der Retro-Trend und Auswirkungen auf den Einsatz der Marketing-Instrumente

©2005 Diplomarbeit 159 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
„Retro-Trend“ oder „Retro-Welle“ sind Schlagwörter, die uns heute immer öfter begegnen. Wer hätte schon in den 70er Jahren gedacht, dass man im angebrochenen Jahrtausend wieder Schlaghosen trägt? Und wer sich das riesige Angebot in den Regalen des Einzelhandels anschaut, wird permanent auf Retro-Produkte stoßen – seien dies die Turnschuhe, die vor 30 Jahren getragen wurden, oder die Feuchtigkeitscreme, die schon unsere Mütter benutzten.
Auch die chronologische Aufarbeitung vergangener Jahrzehnte durch die Medien zeigt eine wiederkehrende Rückbesinnung der Konsumenten. Nicht ohne Grund standen Bücher wie „Die Generation Golf“ auf den Bestsellerlisten ganz oben.
Verschiedenste erfolgreiche Retro-Produkte haben bewiesen, dass dieser Trend durchaus Chancen bietet, mit alten Marken und Produkten wieder erfolgreich zu sein.
Retro-Produkte treten dabei in verschiedensten Formen auf. Zum einen können dies Waren sein, die es in der heutigen Form auch damals schon gab, zum anderen kann auch die Gestaltung allein dem Konsumenten den Eindruck vermitteln, dass ein Retro-Produkt vorliegt. Selbst innovativste Produktbereiche wie Automobile sind dabei nicht vom Retro-Design verschont geblieben.
Das Phänomen, Erinnerungen an Musik, Kleidung oder andere Güter aus vergangener Zeit wieder aufzugreifen, muss auch Beachtung bei der Planung von Marketingstrategien finden. Es bieten sich augenscheinlich große Chancen zur Vermarktung „neuer alter“ Güter.
Der Produktlebenszyklus, und der damit verbundene Kosten- und Gewinnverlauf eines Retro-Produkts, unterscheidet sich hinsichtlich der Dauer der einzelnen Phasen und der auftretenden Kosten, weil RP kürzere Entwicklungszeiten beanspruchen.
Allerdings lässt sich selbst ein national erfolgreiches Retro-Produkt nur bedingt international vermarkten, da der Retro-Trend naturgemäß eng an die Erlebnisse und Wertvorstellungen der Konsumenten und deren jeweiliger Kultur gebunden ist – hier muss schon ein gleiches oder zumindest sehr ähnliches Angebot in der Vergangenheit vorhanden gewesen sein.
Die Motive, welche zum Kauf eines Retro-Produkts verleiten, sind von entscheidender Bedeutung für die Wahl des anzubietenden Produkts, da sie sich maßgeblich von den Motiven unterscheiden, die zum Kauf eines neuartigen Artikels führen.
Die Marktsegmentierung muss auf Basis einer psychografischen Betrachtung erfolgen, da demografische Merkmale nur bedingt Aufschluss über das Konsumentenverhalten liefern […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


ID 9473
Müller, David: Alte Marke, neuer Erfolg -
Der Retro-Trend und Auswirkungen auf den Einsatz der Marketing-Instrumente
Druck Diplomica GmbH, Hamburg, 2006
Zugl.: Rheinische Fachhochschule Köln, Diplomarbeit, 2005
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Diplomica GmbH
http://www.diplom.de, Hamburg 2006
Printed in Germany



Inhaltsverzeichnis II
Vorwort
,,People are very open-minded about new things -
as long as they're exactly like the old ones.."
Charles F. Kettering, 1876-1958, Forschung & Entwicklung bei General Motors

Inhaltsverzeichnis III
Inhaltsverzeichnis
VORWORT... II
INHALTSVERZEICHNIS ... III
ABBILDUNGSVERZEICHNIS ...IV
TABELLENVERZEICHNIS...V
ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS ...VI
1.
EINLEITUNG... 1
2.
RETRO-TREND ... 3
2.1
Definition Retro-Trend ... 3
2.2
Produktklassifizierungen... 3
2.2.1
Echte Retro-Produkte ... 3
2.2.2
Unechte Retro-Produkte ... 6
2.2.3
Generische Retro-Produkte ... 7
2.2.4
Produkte im Retro-Design ... 8
3.
PRODUKTLEBENSZYKLEN ... 12
3.1
Das PLC-Modell ... 12
3.1.1
Verkürzung von Produktlebenszyklen ... 14
3.2
Besonderheiten bei Retro-Produkten ... 14
4.
KAUFENTSCHEIDUNGSPROZESS ... 17
4.1
Involvement ... 19
4.2
Motive ... 20
4.2.1
Motivstärke... 22
4.2.2
Relevante Motivkategorien ... 23
4.2.2.1
Identifikation ... 24
4.2.2.2
Orientierung ... 25
4.2.2.3
Ironie und Spiel ... 26
5.
MARKTSEGMENTIERUNG... 29
5.1
Psychografische Marktsegmentierung ... 29

Inhaltsverzeichnis III
5.2
Bestimmung der Kundengruppen nach dem Sinus-Milieu-Modell ... 33
5.2.1
Sinus-Milieus und Retro-Produkte ... 38
5.2.2
Konzentrierte Marketingstrategie... 40
6.
MARKENPOSITIONIERUNG... 48
6.1
Markenfunktionen ... 50
6.1.1
Funktionen der Marke für den Anbieter ... 50
6.1.2
Funktionen der Marke für den Nachfrager... 53
6.2
Markenstrategie... 55
6.3
Markenlizensierung ... 55
6.4
Markenerscheinung ... 58
6.4.1
Bildmarken ... 59
6.4.2
Wortmarken ... 62
6.4.3
Kombination ... 63
7.
MARKETING-MIX ... 65
7.1
Produktpolitik ... 65
7.1.1
Produktgestaltung ... 66
7.1.2
Produktliniengestaltung ... 68
7.1.3
Laterale Diversifikation ... 71
7.1.4
Produkt- und Produktliniengestaltung innerhalb des integrierten
Markenkonzepts ... 73
7.2
Preispolitik ... 74
7.2.1
Kalkulatorischer Ansatz ... 74
7.2.2
Marketingspezifischer Ansatz ... 74
7.2.2.1
Erhöhung des Nettonutzens... 76
7.2.2.2
Preisimage ... 77
7.2.2.3
Durchsetzbarkeit einer Hochpreispolitik... 78
7.2.3
Preissenkungen ... 81
7.2.4
Preisermittlung innerhalb des integrierten Markenkonzepts... 81
7.3
Distributionspolitik... 82
7.3.1
Distributionsmanagement ... 82
7.3.1.1
Vor- und Nachteile des direkten und indirekten Absatzweges ... 84

Inhaltsverzeichnis III
7.3.1.2
Einflussfaktoren bei der Wahl des Absatzsystems ... 85
7.3.2
Wahl des Distributionssystems innerhalb des integrierten Markenkonzepts
... 87
7.4
Kommunikationspolitik... 87
7.4.1
Werbung ... 88
7.4.2
Werbeträger ... 89
7.4.2.1
Print- und Außenwerbung ... 90
7.4.2.2
Fernseh- und Kinowerbung... 91
7.4.2.2.1
TV-Sponsoring ... 92
7.4.2.2.2
Product-Placement... 93
7.4.2.3
Onlinewerbung ... 95
7.4.2.4
Klassisches Sponsoring ... 96
7.4.3
Partizipation von innovativen Produkten am Retro-Trend ... 98
7.4.4
Werbemaßnahmen innerhalb des integrierten Markenkonzepts... 98
8.
FALLBEISPIEL: CREME 21... 99
8.1
Produktklasse ... 99
8.2
Relevante Kaufentscheidungsmotive ... 99
8.3
Relevante Konsumentencluster ... 99
8.4
Markenpositionierung ... 100
8.4.1
Markenlizensierung... 100
8.4.2
Markenerscheinung ... 101
8.5
Marketing-Mix ... 101
8.5.1
Produktpolitik ... 101
8.5.2
Preispolitik... 103
8.5.3
Distributionspolitik ... 104
8.5.4
Kommunikationspolitik ... 105
8.5.4.1
Print- und Außenwerbung ... 105
8.5.4.2
Fernseh- und Kinowerbung... 106
8.5.4.3
Onlinewerbung ... 107
8.5.4.4
Klassisches Sponsoring ... 107
9.
SCHLUSSBETRACHTUNG... 108

Inhaltsverzeichnis III
LITERATURVERZEICHNIS ...VII
ANHANGSVERZEICHNIS ...VIII
LEBENSLAUF ...IX
ERKLÄRUNG ...X

Abbildungsverzeichnis IV
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 3-1: Phasen des Produktlebenszyklus ... 13
Abbildung 3-2: Idealtypischer Cashflow-Verlauf bei Retro-Produkten ... 15
Abbildung 4-1:Grundmodell des Kaufentscheidungsprozesses ... 17
Abbildung 4-2: Objekt-Konsument-Gesellschafts-Beziehung im S-O-R-Modell ... 18
Abbildung 4-3: Motivkategorien und Bedürfnisebenen ... 23
Abbildung 5-1: Lifestyle-Bezugsrahmen ... 31
Abbildung 5-2: Die Sinus-Mileus in Deutschland (2004)... 35
Abbildung 5-3: Lebenswelt als Mittelpunkt der Marketingstrategie... 38
Abbildung 5-4: Konsumentencluster in der Sinus-Milieu-Landschaft... 46
Abbildung 6-1: Kortikale Entlastung bei starken Marken ... 49
Abbildung 6-2: Retro-Produkte unter Nutzung von Markenlizenzen... 57
Abbildung 6-3: Beispiel interne Markendifferenzierung ... 59
Abbildung 6-4: Beispiel Bildmarken - Jägermeister/Kleiner Feigling ... 61
Abbildung 6-5: Beispiel Wortmarken - Creme 21/Nivea ... 63
Abbildung 6-6: Beispiel Kombination von Bild- und Wortmarke - afri/Pepsi ... 64
Abbildung 7-1: Integriertes Markenkonzept ... 65
Abbildung 7-2: Beispiele Merchandisingartikel ... 72
Abbildung 7-3: kalkulatorischer Ansatz vs. marketingspezifischer Ansatz der
Preispolitik ... 75
Abbildung 7-4: Phasen des Distributionsmanagements ... 83
Abbildung 7-5: Direkter Vergleich Printwerbung am Beispiel Jägermeister... 91
Abbildung 7-6: Direkter Vergleich Fernsehwerbung am Beispiel afri-Cola ... 92
Abbildung 7-7: Product-Placement am Beispiel BMW/James Bond... 94
Abbildung 7-8: Sponsoring am Beispiel VW/Jägermeister ... 97
Abbildung 8-1: Vergleich Markenerscheinung ... 101
Abbildung 8-2: Vergleich Produktangebote Creme 21... 102
Abbildung 8-3: Vergleich Produktverpackung Creme 21 Duft/andere damalige
Produkte ... 102
Abbildung 8-4: Direkter Vergleich Printwerbung am Beispiel Creme 21... 105
Abbildung 8-5: Erlebniswelten in damaligen Printwerbungen... 106
Abbildung 8-6: Fernsehwerbespots Creme 21... 106
Abbildung 8-7: Sponsoring durch Creme 21 ... 107

Tabellenverzeichnis V
Tabellenverzeichnis
Tabelle 4-1: Eigenschaften von High- und Low-Involvement-Käufen ... 19
Tabelle 5-1: Charakteristika der Sinus-Milieus... 36
Tabelle 5-2: Einstellungen zu Retro-Produkten in den Lifestyle-Segmenten... 39
Tabelle 5-3: Konsumentencluster ­ Trendige ... 41
Tabelle 5-4: Konsumentencluster ­ Mainstream... 42
Tabelle 5-5: Konsumentencluster ­ Luxus-Retros ... 43
Tabelle 5-6: Konsumentencluster ­ Ostalgiker ... 44
Tabelle 5-7: Konsumentencluster ­ Anti-Retros ... 45
Tabelle 6-1: Dominanz von Bildkommunikation ... 60
Tabelle 6-2: Retro-Marken und Farbanmutungen nach Küppers ... 62
Tabelle 7-1: Merkmale von Retro-Produkten ... 67
Tabelle 7-2: Vor- und Nachteile des direkten und indirekten Absatzweges... 85
Tabelle 7-3: Werbeträger in Deutschland ... 90
Tabelle 8-1: Preisvergleich Creme 21/Nivea Creme... 103

Abkürzungsverzeichnis VI
Abkürzungsverzeichnis
KEP ...Kaufentscheidungsprozess
S-O-R ...Stimulus-Organismus-Response
RP ... Retro-Produkt
AIO-Konzept...Activities-Interests-Opinions-Konzept
USP ... Unique Selling Proposition
SWOT... Strenghts-Weaknesses-Opportunities-Threats

Einleitung 1
1. Einleitung
,,Retro-Trend" oder ,,Retro-Welle" sind Schlagwörter, die uns heute immer öfter
begegnen. Wer hätte schon in den 70er Jahren gedacht, dass man im
angebrochenen Jahrtausend wieder Schlaghosen trägt? Und wer sich das riesige
Angebot in den Regalen des Einzelhandels anschaut, wird permanent auf Retro-
Produkte stoßen ­ seien dies die Turnschuhe, die vor 30 Jahren getragen wurden,
oder die Feuchtigkeitscreme, die schon unsere Mütter benutzten.
Auch die chronologische Aufarbeitung vergangener Jahrzehnte durch die Medien
zeigt eine wiederkehrende Rückbesinnung der Konsumenten. Nicht ohne Grund
standen Bücher wie ,,Die Generation Golf" auf den Bestsellerlisten ganz oben.
Verschiedenste erfolgreiche Retro-Produkte haben bewiesen, dass dieser Trend
durchaus Chancen bietet, mit alten Marken und Produkten wieder erfolgreich zu
sein.
Retro-Produkte treten dabei in verschiedensten Formen auf. Zum einen können
dies Waren sein, die es in der heutigen Form auch damals schon gab, zum
anderen kann auch die Gestaltung allein dem Konsumenten den Eindruck
vermitteln, dass ein Retro-Produkt vorliegt. Selbst innovativste Produktbereiche wie
Automobile sind dabei nicht vom Retro-Design verschont geblieben.
Das Phänomen, Erinnerungen an Musik, Kleidung oder andere Güter aus
vergangener Zeit wieder aufzugreifen, muss auch Beachtung bei der Planung von
Marketingstrategien finden. Es bieten sich augenscheinlich große Chancen zur
Vermarktung ,,neuer alter" Güter.
Der Produktlebenszyklus, und der damit verbundene Kosten- und Gewinnverlauf
eines Retro-Produkts, unterscheidet sich hinsichtlich der Dauer der einzelnen
Phasen und der auftretenden Kosten, weil RP kürzere Entwicklungszeiten
beanspruchen.
Allerdings lässt sich selbst ein national erfolgreiches Retro-Produkt nur bedingt
international vermarkten, da der Retro-Trend naturgemäß eng an die Erlebnisse
und Wertvorstellungen der Konsumenten und deren jeweiliger Kultur gebunden ist
­ hier muss schon ein gleiches oder zumindest sehr ähnliches Angebot in der
Vergangenheit vorhanden gewesen sein.
Die Motive, welche zum Kauf eines Retro-Produkts verleiten, sind von
entscheidender Bedeutung für die Wahl des anzubietenden Produkts, da sie sich
maßgeblich von den Motiven unterscheiden, die zum Kauf eines neuartigen Artikels
führen.

Einleitung 2
Die Marktsegmentierung muss auf Basis einer psychografischen Betrachtung
erfolgen, da demografische Merkmale nur bedingt Aufschluss über das
Konsumentenverhalten liefern können.
Eine Markenpositionierung ist im Hinblick auf das Erscheinungsbild der Marke und
des Retro-Produkts zwangsläufig beizubehalten, um die Emotionen und die
verbundenen Werte beim Kunden wieder in Erinnerung zu rufen.
Die Vermarktung ,,unmoderner" Produkte kann nicht mit dem üblichen Mitteleinsatz
erfolgreich sein, da neuere Produkte im Hinblick auf technische Lösung,
Handhabbarkeit und Design in der Regel innovativer oder zumindest ausgereifter
sind.
Im Rahmen des Marketing-Mix muss insbesondere die Kommunikationspolitik
einen Bezug zu den Motiven, Einstellungen und Werten des Konsumenten
herstellen, weil genau in diesen die Kaufgründe für Retro-Produkte liegen.
Die Produktpolitik muss die Chance zur Erweiterung der Produktpalette sorgsam
bedenken, um den Trend nicht frühzeitig auszureizen und ihn damit unattraktiv zu
machen.
Strategische Marketingplanung sowie operative Zielumsetzung müssen demnach
auf die Besonderheiten von Retro-Produkten und die sich von modernen Produkten
unterscheidenden Käufersegmente und Kaufmotive abgestimmt werden.
Bei allen Vorteilen, die sich bieten, birgt der Retro-Trend durch seine wellenförmig
auftretende Ausprägung aber auch Risiken beim ,,Aufsprung auf die Welle". Der
richtige Zeitpunkt muss somit gut gewählt sein.

Retro-Trend 3
2. Retro-Trend
2.1 Definition
Retro-Trend
Die lateinische Vorsilbe ,,retro" steht für rück bzw. rückwärts. ,,Trend" stammt aus
dem Englischen und wird nach Brockhaus allgemein mit ,,Entwicklungsrichtung"
oder ,,Grundrichtung" übersetzt.
Retro-Trend kann somit auch als ,,rückwärts gerichtet" verstanden werden und
bezeichnet die gesellschaftliche Entwicklung, kulturelle Erinnerungen an
zurückliegende Zeiten in unterschiedlichen Lebensbereichen wieder auf- und
anzunehmen.
Nach dem Motto ,,keine Zukunft ohne Vergangenheit" macht es auch durchaus
Sinn, die Werte und Normen, Handlungsweisen und das Konsumverhalten aus
vergangenen Tagen neu zu überdenken und das, was uns positiv in Erinnerung
geblieben ist, wieder aufleben zu lassen.
2.2 Produktklassifizierungen
Die in dieser Arbeit untersuchten Produkte müssen in drei sich unterscheidende
Gruppen eingeteilt werden: echte Retro-Produkte, unechte Retro-Produkte,
generische Produkte und Produkte im Retro-Design. Von größtem Interesse sind
hierbei natürlich die echten Retro-Produkte, wobei sich ähnliche
Vermarktungsstrategien auch bei den anderen Gruppen anwenden lassen und
bereits angewendet werden.
2.2.1 Echte
Retro-Produkte
Als echte Retro-Produkte sind Güter zu bezeichnen, wenn diese ,,reaktiviert"
worden sind ­ also Produkte, die einst mehr oder weniger erfolgreich waren, im
Laufe der Zeit vom Markt zurückgezogen wurden und nun eine Art
Wiederauferstehen erfahren. Beweggründe zur Wiedereinführung solcher Produkte
können vielfältig sein: Seien es Ergebnisse von Marktforschung, Prognosen von
Trendscouts, die zukünftige Trends frühzeitig erkennen sollen, oder einfach vom
Erfolg der Produkte überzeugte Gründer, die alte Lizenzen vom ehemaligen
Lizenzeigner erwerben. Auch schlichte Nachahmung und Übernahme von Ideen
der Wiedereinführung können die Vermarktung von Retro-Produkten veranlassen,
um den Trend nicht zu verpassen.

Retro-Trend 4
Der Retro-Trend nimmt zuweilen aber auch sehr obskure Formen an. Selbst
innovativste Branchen wie etwa die IT-Industrie profitieren von Fangemeinden, die
ihren alten Geräten nachtrauern. Hier wird Klassikern wie dem Commodore 64
oder dem Apple Macintosh neues Leben eingehaucht ­ und echte Liebhaber
zahlen horrende Preise.
1
Beispiele für echte Retro-Produkte (Abbildungen siehe Anhang):
adidas Originals
Die adidas-Salomon AG vertreibt unter dieser Marke die adidas Sport
Heritage-Kollektionen, bestehend aus ,,authentischen Lifestyle-Schuhen,
-Bekleidung und -Accessoires"
2
. Das Produktportfolio umfasst dabei sowohl
Artikel, die exakt den damaligen Waren entsprechen und unter Kategorien
wie ,,80´s Running" oder ,,Trim Trab" angeboten werden, als auch neuartige
Waren, die von früheren Stilen inspiriert wurden.
3
PUMA Originals
Unter der Modelinie PUMA Originals bietet PUMA verschiedene
Sportkollektionen, die ,,modern wirken und trotzdem die Geschichte der
Marke nicht vergessen lassen"
4
. Artikel, wie beispielsweise Trainingsjacken
aus den 60er und 70er Jahren, werden so hergestellt, wie sie schon damals
in Erscheinung getreten sind.
Creme 21
Die Marke Creme 21, eines der Körperpflegeprodukte der Henkel KgaA,
verschwand Mitte der 80er Jahre aus dem deutschen Markt. Knapp 20
Jahre später wurde die Creme 21 GmbH durch den Kauf der Markenrechte
von der Unternehmerin Antje Stickel gegründet. Die Hautpflegeartikel sowie
eine Erweiterung der Produktpalette durch einen Creme 21 Duft wurden
zwar marginal durch neu angepasste Rezepturen verbessert, werden aber
dennoch in ursprünglicher Form und Erscheinung angeboten.
5
Die
1
Vgl. Schormann, Tobias, DPA: Retro-Fans bleiben ihren Kult-Rechnern treu, 16.03.2005. http://www.ngi-
net.de/computer-technik/computer-berichte/berichte-artikel/article/33258/269/
2
adidas-Salomon AG, 13.03.2005. http://www.adidas-salomon.com/de/overview/brands/default.asp
3
adidas-Salomon AG, 13.03.2005. http://www.adidas.com/de/heritage/
4
PUMA AG, 13.03.2005. http://www.puma.com/?country=DE
5
Creme 21 GmbH, 13.03.2005. http://www.creme21.de/

Retro-Trend 5
Herstellung der Retro-Produkte erfolgt dabei noch immer bei der Henkel
KGaA.
1
TRi TOP
Das 1964 in Großbritannien eingeführte Fruchtsaftkonzentrat Tree Top
wurde drei Jahre später von der Unilever Deutschland GmbH unter dem
Markennamen TRi TOP in Deutschland vermarktet. Unilever nahm die
Marke nach stetig rückläufigen Umsatzzahlen 1978 aus dem Handel. Nach
25 Jahren Stille wurden die Rechte an TRi TOP im Mai 2003 von der eigens
dafür gegründeten TRi TOP GmbH erworben.
2
Die Markenbekanntheit von
TRi TOP soll im Jahr 2002 nach eigenen Angaben bei 76 % der deutschen
Bevölkerung gelegen haben. Verpackungsform, Markenerscheinung und
Geschmack wurden bei der Wiedereinführung weitgehend beibehalten. Die
Produktpalette ist nach dem erfolgreichen Wiedereintritt in den Markt um
weitere Geschmacksrichtungen und ein Getränkepulver erweitert worden.
3
Bosch Classic Edition
Die Robert Bosch GmbH legt mit der Classic Edition einen Kühlschrank mit
dem klassischen Gehäuse der 50er Jahre wieder auf. Das Gerät ist dem
damals hergestellten äußerlich gleich, nur die Technik hat sich aufgrund
gesetzlicher Bestimmungen und technischer Möglichkeiten geändert.
max bill by junghans
Obwohl die Junghans Uhren GmbH eher durch technische Innovationen,
wie beispielsweise Uhren mit Solarbetrieb und Funkuhren, bekannt
geworden ist, besinnt man sich auch hier auf Produkte aus der eigenen
Vergangenheit. Junghans bietet mit der Reedition max bill by junghans eine
Kollektion von Armband- und Wanduhren an, die der Schweizer Designer
Max Bill zwischen 1957 und 1962 für das deutsche Unternehmen gestaltet
hat.
4
Sowohl Design als auch Technik entsprechen dabei den damals
verkauften Produkten.
1
Vgl. Guerilla-Marketing-Portal, 21.04.2005. http://www.guerilla-marketing-portal.de/body.cfm?id=287
2
Holleschovsky, Reinhard: TRi TOP Markenpräsentation, TRi TOP GmbH, 2003
3
TRi TOP GmbH, 13.03.2005. http://tritop.tv/
4
Junghans Uhren GmbH, 20.03.2005. http://www.junghansgermany.com/wdeutsch/maxbill/index.shtml

Retro-Trend 6
2.2.2 Unechte
Retro-Produkte
Unechte Retro-Produkte sind Produkte, die es in jetziger oder in ähnlicher Form
schon gab, bevor sie als dem Trend zugehörig wahrgenommen wurden. Dabei ist
es nicht von Bedeutung, ob ein Produkt durch geplante Marketingaktivitäten oder
einfach durch die veränderte Wahrnehmung der Konsumenten als Retro-Artikel
erkannt wird. Allein die Überzeugung der Interessenten, es handele sich um ein
Retro-Produkt, lässt es dazu werden.
Beispiele für unechte Retro-Produkte (Abbildungen siehe Anhang):
Adidas Originals
Unter dieser Marke bietet Adidas echte, aber auch unechte Retro-Produkte
an. Die Artikel entsprechen dabei in Form, Farbe, Design und Funktionalität
so genau den Vorbildern aus der Vergangenheit, denen sie nachempfunden
wurden, dass eine Verwechslung mit echten Retro-Produkten gewollt
herbeigeführt erscheint.
PUMA Originals
Auch bei PUMA beschränkt man sich nicht nur auf die Herstellung von
echten Retro-Produkten. Wie die adidas Originals-Kollektionen bieten die
PUMA Originals ebenfalls Artikel, die von damaligen Waren inspiriert und
heute neu interpretiert wurden. Besonders im Laufschuhbereich will man
hier wohl eine Kombination aus Retro-Design und modernem Produktnutzen
schaffen.
Jägermeister
Der Kräuterlikör Jägermeister wird bereits seit 1935 von der Firma Mast-
Jägermeister AG hergestellt und als einziges Produkt der Marke
Jägermeister vertrieben.
1
Durch die lange Präsenz am Markt und die nach
wie vor unveränderte Markenerscheinung und Rezeptur des Produkts
erscheint es vielen Konsumenten als Klassiker. Dennoch wird es durch die
jüngeren Käuferschichten, auf welche die aktuellen Werbeaktionen gerichtet
sind, als Retro-Produkt bezeichnet. Der Markenerfolg ist dabei nicht
unwesentlich diesem für das Produkt eigentlich untypischen Käufersegment
zu verdanken.
1
Mast-Jägermeister AG, 13.03.2005. http://www.jaegermeister.de/

Retro-Trend 7
afri-Cola
afri-Cola wurde bereits 1931 als Warenzeichen von der F. Blumhoffer
Nachfolger GmbH international registriert. Im Jahr 1952 folgte mit Bluna ein
weiteres Erfrischungsgetränk, welches mit gleichnamiger Marke erfasst
wurde. Durch eine Restrukturierung der Herstell- und Vertriebswege wurde
1996 die dezentrale Produktion bei Lizenznehmern zurück in das eigene
Unternehmen geholt ­ afri-Cola erscheint wieder ausschließlich in der
original Flaschenform und mit dem ursprünglichen Logo. Seit 1999 werden
afri-Cola und Bluna als internationale Lizenzmarke der Mineralbrunnen AG
vertrieben.
1
Das Portfolio besteht aus der original Abfüllung in einer
außergewöhnlich geformten Flasche sowie der relativ neuen PET-
Mehrwegflasche. Eine afri-Cola Light ergänzt dabei als neue, kalorienarme
Alternative das Originalprodukt.
2.2.3 Generische
Retro-Produkte
Unter generischen Retro-Produkten versteht man Waren, die in der Regel von
unbekannten Herstellern unter Nutzung von Lizenzrechten namhafter Unternehmen
produziert und vertrieben werden (siehe auch 6.3 Markenlizensierung).
Diese Unternehmen machen sich den Markennamen und die damit verbundenen
positiven Erinnerungen an ein damaliges Produkt zunutze. Aber auch der
Lizenzgeber profitiert von der Steigerung und Verkultung der eigenen Marke.
Zu unterscheiden sind solche Produkte nur durch die verschiedenen Aufdrucke
oder farblichen Gestaltungen, bei gleich bleibender technischer Ausführung. Zu
einem Retro-Produkt werden diese Waren erst durch den Gebrauch von Symbolen
oder Markennamen aus der Vergangenheit, die dem Konsumenten den Eindruck
vermitteln, es handele sich um Produkte aus dieser Zeit.
Beispiele für generische Retro-Produkte (Abbildungen siehe Anhang):
Oberbekleidung/Accessoires mit Aufdruck
T-Shirts, Sweatshirts und Modeaccessoires mit Aufdrucken von Logos
bekannter und vergangener Marken überschwemmen geradezu den Markt.
Mittlerweile findet man Internetshops, die sich speziell auf solche Artikel
1
Mineralbrunnen Überkingen-Teinach AG, 13.03.2005. http://afri.de/

Retro-Trend 8
spezialisiert haben.
1
Selbst bekannte Versandhäuser werben schon mit
ihren eigenen Markenerscheinungsbildern vergangener Zeiten.
2
Es bietet
sich geradezu an, den Retro-Trend zu nutzen, mit Produkten dieser Gattung
die Marke bekannter zu machen und gleichzeitig Umsatz aus
vergleichsweise einfach herzustellenden Waren zu generieren.
2.2.4
Produkte im Retro-Design
Auch moderne, neue Produkte beinhalten immer öfter gestalterische Elemente
vergangener Produkte. Ob dies nun aufgrund ästhetischen Empfindens oder
bewusst geschieht, um am Rückwärtstrend teilzuhaben, ist bei der Betrachtung
unerheblich.
Beispiele hierfür finden sich im Automobilbereich, bei Einrichtungsgegenständen,
aber auch bei Verbrauchsgütern (z. B. Keksdosen aus Blech), die durch klassische
Gestaltung oder Verpackung verstärkt die Aufmerksamkeit des Konsumenten auf
sich ziehen sollen.
Grundsätzlich gab es diesen ,,Stilraub" allerdings schon immer, und somit stellt
diese Produktkategorie keine Ausprägung dar, die allein auf den heutigen Retro-
Trend zurückzuführen wäre. Modetrends, die derzeit die 60er-Jahre wieder
aufgreifen, seien hier nur als Beispiel genannt. Auch in der Geschichte gab es
immer wieder Zeitabschnitte, in denen die Stillage anderer Epochen mit
moderneren Gestaltungstechniken gemischt wurden. Dies ist am Ende des letzten
Jahrhunderts am Historismus deutlich zu erkennen ­ in bildender Kunst,
Kunsthandwerk und Architektur wurden Formen des Barocks, der Renaissance und
der Gotik verwendet, um eine neue Stilrichtung daraus zu kreieren.
3
Auffällig hingegen ist der anhaltende Trend zum Retro-Design in der
Automobilindustrie. Hier gibt es ,,Chefdesigner, die seit Jahren im Retrostil arbeiten
und so schon lange nichts wirklich Neues mehr entwickelt haben ..."
4
Dies scheint
1
Vgl. Nastrovje Potsdam GmbH & Co. KG, 16.03.2005. http://www.naposhop.de/
Vgl. Theladen, 15.03.2005. http://www3.websale.net/cgi/websale6.cgi?shopid=theladen
2
Vgl. Otto GmbH & Co. KG, 16.05.2003. http://www.otto.de/is-
bin/INTERSHOP.enfinity/WFS/OttoDe/de_DE/-/EUR/OV_DisplayProductInformation-
ProductRef;sid=D7UbXA-XZNkZXE2g-
_E3fBQ7H6r4wQWoKMogizJ115ACkwqdH_I=?ls=0&ProductRef=4683468-XS-39837%40OttoDe
3
Vgl. Scholz, Kai-Uwe: Rolle rückwärts: Die Retro-Masche, in: Design-Report, Heft 6, 1999, S. 16-31
4
Patrick le Quément, in: Borowski, Thomas: Design oder nicht sein, 09.04.2005.
http://www.blick.ch/auto/autosalon/artikel18184

Retro-Trend 9
nicht zuletzt auch durch emotionale Anregung des Kunden beim Kauf eines
Fahrzeuges bedingt zu sein.
Beispiele für Produkte im Retro-Design (Abbildungen siehe Anhang):
VW New Beetle
Volkswagen lässt mit dem New Beetle seit 1998 die Erinnerungen an den
VW Käfer neu aufleben. Man nutzt dabei die eiförmig geschwungene
Karosserieform des wohl berühmtesten Automobils der Geschichte, um
starke Emotionen, die mit der Erfolgsgeschichte des Käfers verbunden sind,
bei den Konsumenten zu erwecken. Mit Werbeslogans wie ,,Form und
Funktion"
1
knüpft Volkswagen dabei an die Designrichtlinie ,,form follows
function" an und verbindet das Retro-Design mit moderner Technik, die im
Automobilbau nicht mehr wegzudenken ist.
Chrysler PT Cruiser
Chrysler selbst beschreibt das Design des Fahrzeugs PT Cruiser als
,,charakterstarkes Profil, das einer Epoche von Innovation, Mut und
Veränderung entspringt und mit seinem Design für den Stil und die
Schönheit dieser Zeit steht"
2
. Das Retro-Design erinnert dabei an ein
englisches Taxi oder an eine altmodische Reisekutsche.
3
Unweigerlich wird
auch ein Stillaie erkennen, dass die Gestaltung des Chrysler PT Cruiser
nicht auf modernen Designelementen beruht.
Ford Living Legends
Ford praktiziert die Anwendung des Retro-Trends in der Automobilindustrie
mit ihrer Produktlinie Living Legends
4
am konsequentesten. Mit dem Ford
Mustang, dem Ford Thunderbird und dem Ford GT hat man gleich drei
Fahrzeuge, die am Design ihrer bekannten Vorfahren festhalten und die
ursprünglichen Klassiker mit innovativer Technik neu aufleben lassen. Der
1
Volkswagen AG, 15.03.2005.
http://showrooms.volkswagen.de/vwcms_publish/vwcms/master_public/showrooms/de/new_beetle/new_
beetle/highlights/design.frameset_outer.html
2
DaimlerChrysler AG, 15.03.2005.
http://www.chrysler.de/content/chrysler/de/modelle/ptcruiser/exterieur/design.html
3
Vgl. Niederberghaus, Thomas: Im Wohnzimmer ins Grüne, Die Zeit, 15.03.2005.
http://www.zeit.de/archiv/2001/43/200143_autotest_kolumne.xml
4
Ford Motor Company, 09.04.2005.
http://www.ford.com/en/innovation/design/designers/livingLegendsStudio.htm

Retro-Trend 10
Ford GT ist die Reinkarnation der 60er-Jahre-Motorsportlegende GT40 und
gilt in der jetzigen Form als ein Sportwagen der Superlative.
1
Mit Preisen,
die nur auf Anfrage mitgeteilt werden, und einer Auflage von nur 101 Stück
für Europa stellt er das Topmodell des Portfolios dar.
Im Gegensatz zu diesem Supersportwagen hat Ford mit den neuen 2005er
Modellen des Thunderbirds und des Mustangs Fahrzeuge wieder
auferstehen lassen, die optisch dem Urahnen von 1964 ähneln und dennoch
zu einem günstigen Preis angeboten werden.
2
Mini
Der neue Mini, der seit 2001 von BMW vertrieben wird, löste den englischen
Ur-Mini nach über 40 Jahren ab. Auch wenn Torsten Müller-Ötvös,
Marketing-Chef von Mini, 2003 als ,,nicht nur Retrofake, sondern ein völlig
neues Auto" bezeichnete, haben sich die Designer doch wohl aus Gründen
der Emotionalität stark am Vorgänger orientiert.
3
BMW Z3, BMW Z8
Die BMW AG hatten neben dem Mini noch zwei andere Fahrzeuge im
Retro-Design im Portfolio. Der BMW Z8, der auch als Klassiker der Zukunft
bekannt wurde
4
, war nur in einer limitierten Auflage von 5700 Stück in drei
Produktionsjahren gebaut worden. Das Edelcabrio gleicht in allen
markanten Designelementen dem BMW 507 Cabrio, das zwischen 1955
und 1959 gefertigt wurde. Der BMW Z3 Roadster hingegen wurde als
Massenprodukt mit verschiedensten Motorenvarianten seit dem Jahr 1995
verkauft.
5
Retro-Möbel
In der Möbelindustrie findet sich eine Vielzahl von
Einrichtungsgegenständen im Retro-Design. Die Sehnsucht nach Sicherheit
1
Vgl. Ford-Werke GmbH, 15.03.2005. http://www.ford.de/ie/gt/-/-
2
Vgl. Ford Motor Company, 15.03.2005. http://www.fordvehicles.com/cars/mustang/
3
Thunig, Christian: Wie der Mini ganz groß wiederkam, in: Absatzwirtschaft, Sonderheft Marken, 2003,
S. 90 ff.
4
Vgl. Spiegel Online: Sag zum Abschied leise wroooammm!, 14.04.2005.
http://www.spiegel.de/auto/aktuell/0,1518,245730,00.html
5
Vgl. Wikimedia Foundation Inc., 14.04.2005. http://de.wikipedia.org/wiki/BMW_Z3

Retro-Trend 11
in den eigenen vier Wänden wird hier auch als ,,Cocooning" beschrieben
1
.
Von der Tapete im Stil der 70er Jahre über Stoffe und Bezugsmuster bis hin
zum legendären ,,Ballchair" des Designers Eero Aarnio wird fast alles
kopiert, was die Konsumenten in die vergangenen Epochen zurückversetzt.
2
Bekleidung
Auch dem nicht modebewussten Konsumenten kann die Vielfalt an
Stilelementen aus der Vergangenheit nicht entgehen. Waren es Mitte der
90er Jahre Jeanshosen mit Schlag, sind es heute die 50er- und 60er-Jahre,
die eine Wiederkehr in der Modewelt erleben.
1
Vgl. Focus MediaLine, FOCUS Magazin Verlag; Das Haus: Der Markt der modernen Wohnkultur ­
Daten, Fakten, Trends, Studie, München, September 2001
2
Vgl. Verband der deutschen Möbelindustrie e.V.: Retro-Möbel faszinieren Möbelkäufer, 14.07.2003.
http://www.wohninformation.de/presse/german/news.html?NID=21

Produktlebenszyklen 12
3. Produktlebenszyklen
Grundsätzlich ist jedes Retro-Produkt eine Art Kultprodukt. Dieser Kult kommt
durch das ,,Eigenleben", welches diese Produkte entwickeln und welches auch bei
den Kaufmotiven wiederzufinden ist, zustande. Kultprodukte sind in der Regel viel
mehr durch ihr Design als durch ihre produkttechnischen Nutzeneigenschaften von
anderen Waren zu unterscheiden. Ein Kult entsteht per Definition durch
ritualisierende Handlungen an einem Objekt durch eine Gruppe von Individuen.
1
Gerade diese Ritualisierung und der Überhang von Designeigenschaften eines
Kultobjektes spricht für ein dauerhaft gleichartiges Erscheinungsbild und gleiche
Produkteigenschaften. Innovative oder moderne Produkte unterliegen dagegen
durch ihre stark technische oder modische Ausprägung einem schnelleren
Neuerungszyklus ­ ,,alle Produkte sind klassisch in dem Sinne, dass sie kurze
Lebenszyklen durch modischen Verschleiß oder technische Innovationen nicht zu
fürchten haben"
2
.
Der Lebenszyklus eines Kult- bzw. Retro-Produktes muss also zwangsläufig länger
sein als der eines andersartigen Artikels (siehe auch 3.2 Besonderheiten bei Retro-
Produkten).
Vor der Entscheidung zur Einführung eines Retro-Produktes lohnt neben dem
Verständnis dafür, dass ein solches Produkt grundsätzlich ein längerer
Lebenszyklus erwartet, ein allgemeiner kosten- und ertragswirtschaftlicher
Vergleich solcher Waren zu anderen Produkten.
Hierzu empfiehlt es sich, die Produktlebenszyklusanalyse, eigentlich ein Instrument
des produktpolitischen Marketing-Mix, vorwegzunehmen.
3.1 Das
PLC-Modell
Das Modell des Product-Life-Cycle veranschaulicht praxisnah den idealtypischen
Kosten- und Gewinnverlauf eines Produktes von der Idee bis zur
Produktionseinstellung.
3
Diese Theorie kann klären, ob es grundsätzlich überhaupt
sinnvoll erscheint, Retro-Waren herzustellen und zu vermarkten.
1
Vgl. Wikimedia Foundation Inc., 19.03.2005. http://de.wikipedia.org/wiki/Kult
2
Breuer, Gerda: Die Erfindung des modernen Klassikers, Ostfildern-Ruit, 2002, S. 178
3
Vgl. Kotler, Philip; Bliemel, Friedhelm: Marketing-Management, 10. Auflage, Ulm, 2001, S. 571 ff.

Produktlebenszyklen 13
Grundlage des Modells ist dabei die Einteilung des Lebenszyklus in die sechs
Phasen: Forschung und Entwicklung, Einführung, Wachstum, Reife, Sättigung und
Degeneration.
Abbildung 3-1: Phasen des Produktlebenszyklus
1
Ein negativer Cashflow während der Vormarktphase ist auf anfallende Kosten
während Forschung & Entwicklung sowie Marktforschung und Werbemaßnahmen
zurückzuführen. Eine Deckung dieser Kosten ist nur bei erfolgreicher
Markteinführung möglich und wird frühestens während der Wachstumsphase
erzielt.
Der Kurvenverlauf in der Einführungsphase ist durch Umsätze erster Verkäufe bei
gleichzeitiger Kostenentstehung durch Marketingaktivitäten gekennzeichnet.
Während der Reifephase entstehen erfahrungsgemäß die höchsten
Deckungsbeiträge, deshalb gilt es, diesen Zeitraum möglichst lange zu erhalten.
Eine spätere Sättigung des Marktes durch das Produkt kann nur durch
Produktmodifikationen (beispielsweise ein Facelift bei Automobilen) verhindert
werden
2
­ hier bietet sich die Chance auf eine zeitliche Ausdehnung der
Reifephase. Ist es nicht gewünscht oder nicht möglich, die Ware den
Kundenbedürfnissen anzupassen, verfällt der Cashflow in die Degenerationsphase.
1
Eigene Darstellung
2
Vgl. Meffert, Heribert: Marketing, Wiesbaden, 9. Auflage, 2000, S. 438
Zeit, t
Cashflow
Vormarkt-
phase
Einführung Wachstum
Reife
Sättigung
Degeneration
Markteinführung
Produktmodifikation

Produktlebenszyklen 14
Wird das Angebot dann nicht eingestellt, kann im weiteren Verlauf wieder ein
negativer Cashflow entstehen.
3.1.1
Verkürzung von Produktlebenszyklen
,,Die [stetige] Verkürzung der Produktlebenszyklen [auf nahezu allen Märkten] bei
gleichzeitiger Verlängerung der Produktentstehungsphasen [durch immer weniger
Innovationsspielräume] hat das erfolgreiche Management des Zeitfaktors zu einem
entscheidenden Wettbewerbsfaktor werden lassen."
1
Der in den letzten Jahrzehnten entstandene Wettbewerb, die eigenen Produkte vor
denen der Konkurrenz auf dem Markt verfügbar zu machen und gleichzeitig einen
Wettbewerbsvorsprung durch höheren Kundennutzen zu erzielen, treibt die
Produzenten zu einem immer bedeutsamer werdenden Innovationswettbewerb an.
Wer auf Märkten mit starkem Wettbewerb aktiv ist, befindet sich zwangsläufig in
einem Wettlauf um neue, bessere Produkte und kürzere Entwicklungsphasen. Hier
entsteht ein Kampf, der durch hohe Kosten in Forschung & Entwicklung (ohne
gleichzeitige Kostendeckung), abseits der eigentlichen Verbrauchermärkte schon
vielen Unternehmen die Luft zum Atmen genommen hat. Noch bevor die eigenen,
neuen Waren eingeführt werden, muss schon antizyklisch am nächsten Modell
gearbeitet werden, um den andauernd steigenden Kundenerwartungen dauerhaft
gerecht zu werden.
3.2
Besonderheiten bei Retro-Produkten
Dieser Innovationswettbewerb und damit das Ringen um den früheren Markteintritt
ist bei der Entwicklung und Vermarktung von Retro-Produkten nicht zwangsläufig
gegeben. Hier bietet sich eine Möglichkeit, dem immensen Verlangen nach
Neuheiten und den damit verbundenen Entwicklungskosten auszuweichen.
1
Trinkfass, Gabriele: The Innovation Spiral: launching new products in shorter time intervals, Wiesbaden,
1997

Produktlebenszyklen 15
Abbildung 3-2: Idealtypischer Cashflow-Verlauf bei Retro-Produkten
1
Einige wirtschaftliche Vorteile, die sich bei der Einführung von echten Retro-Artikeln
bieten, stellen sich wie folgt dar:
Durch eine verkürzte Vormarktphase, die auf kürzeren Entwicklungszeiten beruht,
sind eine Kostenersparnis und ein schnellerer Markteintritt als bei innovativ neuen
Produkten möglich. Die während dieser Phase entstehenden Kosten kommen im
Wesentlichen durch Lizenzkosten, Marktforschung und Werbemaßnahmen vor der
Produkteinführung zustande (siehe 6.3 Markenlizensierung).
Die mögliche raschere Markteinführung bei Retro-Produkten lässt eine schnellere
Deckung der Vormarktkosten und damit höhere Cashflows als bei Produkten
anderer Art zu ­ Degressions- und Lernkurveneffekte treten früher ein.
In der Einführungsphase ist bei Retro-Artikeln eine minimierte Kostenentstehung zu
vermuten, wenn Lernkurveneffekte aus der damaligen Produktion der Waren noch
vorhanden sind. Nötige Ausbesserung von Kinderkrankheiten werden vermieden.
Sollten die Rechte am Produkt im Unternehmen schon vorhanden sein und im
besten Fall sogar die nötige Infrastruktur in Form von Produktionsressourcen zur
Verfügung stehen, lassen sich Verluste durch drohende Flops zwar nicht gänzlich
ausschließen, aber dennoch extrem minimieren.
1
Eigene Darstellung
Vormarkt-Phase Retro-Produkt
Markteinführung Standard-Produkt
Markteinführung Retro-Produkt
Vormarkt-Phase Standard-Produkt
Cashflow
Zeit, t

Produktlebenszyklen 16
Zusätzlich zu dieser Möglichkeit, schneller und kostengünstiger am Markt agieren
zu können, ist davon auszugehen, dass Retro-Produkte relativ unabhängig von
Produktneuheiten anderer Hersteller sind, da der Kundennutzen schließlich darin
liegt, nicht neu und innovativ zu sein. Somit können Produktänderungen in Form
von Facelifts hinausgezögert bzw. ganz vermieden werden.
Durch die Gewinnoptimierung bei höheren Cashflows stehen dem Unternehmen in
anderen Bereichen Mittel zur Verfügung, die beispielsweise in Neuentwicklungen
bei horizontaler und/oder vertikaler Diversifikation (siehe 7.1 Produktpolitik)
investiert werden können.
Für unechte Retro-Produkte gelten diese Vorteile teilweise sogar in verschärfter
Form, da eine Entwicklung in der Regel gänzlich wegfällt, sich das Produkt schon
auf dem Markt befindet und Kosten lediglich durch andere Marketingaktivitäten
anfallen. Eine Art Facelift findet hier beispielsweise in Form einer neuen, ,,auf alt
getrimmten" Verpackungsgestaltung statt.
Bei Produkten im Retro-Design gelten die oben genannten Vorteile nicht oder nur
bedingt, da hier wirklich neue Produkte geschaffen werden, die einer zeit- und
kostenintensiven Forschungs-, Entwicklungs- und Anlaufphase bedürfen.

Kaufentscheidungsprozess
17
4. Kaufentscheidungsprozess
Die Bedeutung der Motive für eine Kaufentscheidung werden durch das Modell der
Kaufentscheidungsprozess verdeutlicht. Das in Abbildung 4-1 gezeigte
Grundmodell zeigt den Ablauf von der Problem- oder Bedürfniserkennung bis zur
Nachkaufevaluierung. Der Verlauf muss dabei allerdings nicht zwangsläufig alle
Phasen beinhalten. Einzelne Teilabschnitte können übersprungen werden und
auch ein Rückschritt, beispielsweise durch neu erlangte Erkenntnisse, in eine
bereits durchlaufene Phase ist möglich.
Abbildung 4-1:Grundmodell des Kaufentscheidungsprozesses
1
Informationssuche und die Alternativenevaluierung können dabei nicht alleine beim
Konsumenten stattfinden, sondern beziehen auch seine Umwelt mit in den Prozess
ein. Modelltheoretische Ansätze, die einen rein autonom rational handelnden
Konsumenten (Homo oeconomicus) proklamieren, werden schon alleine durch die
natürliche Einbettung eines Individuums in seine soziale Welt ungültig.
2
Durch die im weiteren bestimmten Motivkategorien, welchen bei der späteren
Ermittlung der Einstellung gegenüber Retro-Produkten eine wesentliche Rolle
zukommt, wird somit die einfache Objekt-Konsument-Beziehung des Grundmodells
zu einer Objekt-Konsument-Gesellschafts-Beziehung erweitert. Dies geschiet
aufgrund der genannten wechselseitigen Beziehung zwischen dem Konsumenten
und seiner Umwelt. Zum einen bestimmen sich Wissens- und Erfahrungsebene
durch eine Internalisierung des gesellschaftlichen Erfahrungsschatzes, zum
anderen prägt er selbst seine Umwelt durch Externalisierung seines eigenen
Wissens und seiner eigenen Erfahrungen.
1
Engel, James F.; Blackwell, Roger D.; Miniard, Paul W.: Consumer behaviour, Fort Worth, 2001
2
Vgl. Hillmann, Karl-Heinz: Allgemeine Wirtschaftssoziologie, München, 1988, S. 123
Problem-
erkennung
Informations-
suche
Alternativen-
evaluierung
Kauf-
entscheidung
Nachkauf-
evaluierung
Ablauf der Kaufentscheidung

Kaufentscheidungsprozess
18
Das Stimulus-Organismus-Response-Modell erklärt den erweiterten
Kaufentscheidungsprozess per Zuhilfenahme der psychologischen und der
sozialen Faktoren. Im Gegensatz zu dem Stimulus-Response-Modell sind dabei die
nicht zu beobachtenden Variablen des Organismus von entscheidender Relevanz
für das Kaufverhalten. Stimuli führen nicht unmittelbar zu Entscheinungen, sondern
durchlaufen zuerst ein komplexes Konstrukt an intervenierenden Variablen
(Blackbox).
Abbildung 4-2: Objekt-Konsument-Gesellschafts-Beziehung im S-O-R-Modell
1
Innerhalb dieser hypothetischen Blackbox ist zu erkennen, dass die sozialen,
gesellschaftlichen Kontakte mit den Familienmitgliedern (insbesondere durch
Erziehung geprägt) und Meinungsführern (insbesondere jenen, die der Konsument
als Vorbilder versteht) einen starken Einfluss auf die Kaufentscheidung haben.
Weitere Bezugsgruppen, die eine starke Wirkung auf den KEP haben, bestehen in
der Regel aus informellen Gruppen, die die gleichen Interessen, die gleiche
Altersstruktur oder gleiche Einstellungen aufweisen und denen sich der Kunde
1
Eigene Darstellung, in Anlehnung an: Howard, J.; Sheth, J.: The Theory of Buying Behaviour, New York,
1969, nach: Freter, Hermann, Marktsegmentierung, Stuttgart, 1983, S. 31
Meinungsführer/
Trendsetter
Bezugsgruppen
Familie
Kauf
Gesellschaft
soziale Faktoren
psychologische Faktoren
Bedürfnis
Stimulus Organismus
Konsument
Objekt
Kunde
emotionales Involvement
Emotionen
Motive
Einstellungen
Response
Blackbox
kognitives Involvement
Wahrnehmung
Erfahrung
Entscheidungen

Kaufentscheidungsprozess
19
freiwillig anschließt.
1
Diese Primärgruppen finden sich auch innerhalb der
psychografischen Marktsegmentierung wieder.
Der Prozess läuft dabei nicht immer nur vom Bedürfnis über den Konsumenten
zum Kauf. Er kann auch von den Sozialkontakten an den Entscheider
herangetragen werden. Auf dem gleichen Weg ist aber auch der Konsument selbst
für seine Umwelt ein sozialer Faktor und beeinflusst die Entscheidungen anderer.
Die Interaktion zwischen den Gesellschaftsmitgliedern sorgt für eine stetige
Dynamik in der Kommunikation und der daraus generierten Meinungsbildung der
Gruppenmitglieder sowie der Gruppe selbst.
Diese Gruppendynamik unter den Primärgruppen muss auch bei der Betrachtung
von Kaufmotiven Beachtung finden und ist einem schlichten Objekt-Konsument-
Bezug bei der Konzeption des Marketing-Mix überlegen.
4.1 Involvement
Die zwei Faktoren emotionales und kognitives Involvement splitten das Kaufmotiv
in eine Gefühls- und eine Wissensebene. Man unterscheidet bei der Analyse des
Kaufverhaltens dabei in High-Involvement- und Low-Involvement-Käufen, die sich
wie folgt beschreiben:
Phase des KEP
High-Involvement-Kauf
Low-Involvement-Kauf
Informationssuche bewusst
zufällig
Informationsverarbeitung umfassend
,,Lernen"
nach
Wiederholung von
Botschaft
Alternativenevaluierung Suche
nach
bestmöglicher Alternative
Auswahl einer zufrieden
stellenden Alternative
Beziehung zum Produkt
starke Beziehung
zwischen Produkt und
Persönlichkeit, Lebensstil,
etc.
Beziehung zwischen
Produkt und
Persönlichkeit, Lebensstil,
etc. unwichtig
Einfluss durch
Bezugsgruppen
starker Einfluss von
Bezugsgruppen auf
Kaufentscheidungen
geringer Einfluss von
Bezugsgruppen auf
Kaufentscheidungen
Typische Güter
Automobile, Hobbyartikel,
Mode, ...
Glühbirnen, Mehl,
Haushaltsreiniger, ...
Tabelle 4-1: Eigenschaften von High- und Low-Involvement-Käufen
2
1
Vgl. Hillmann, Karl-Heinz: Allgemeine Wirtschaftssoziologie, München, 1988, S. 134
2
Vgl. Kuß, Alfred; Tomczak, Torsten: Käuferverhalten, 2. Auflage, Stuttgart, 2000, S. 67

Kaufentscheidungsprozess
20
Retro-Produkte sind nach diesen Eigenschaften durch ihre starke Gebundenheit an
Persönlichkeit und Lebensstil grundsätzlich unter den High-Involvement-Käufen
anzusiedeln. Eine hohe Bedeutung von emotional ausgelegten Kaufmotiven ist
damit unbestreitbar. Auch bestätigt sich der starke Einfluss, den die sozialen
Bezugsgruppen auf die Kaufentscheidung haben (siehe 4.2.2 Relevante
Motivkategorien). Die Alternativenevaluierung darf in diesem Zusammenhang nicht
falsch verstanden werden ­ bei der Entscheidung zugunsten eines Retro-
Produktes spielen nicht nur objektive Größen, wie Technik und Preis-Leistungs-
Verhältnis, eine Rolle, sondern vielmehr die emotionale Bedürfnisbefriedigung.
Produkte, deren Käufe eigentlich durch ein geringes Involvement gekennzeichnet
sind, lassen sich durch gezielte Produktdifferenzierung, Werbung und
Marktsegmentierung in High-Involvement-Käufe integrieren.
1
Bei der Vermarktung
von Retro-Artikeln wird genau dort angesetzt: Sind alltägliche Gebrauchsgüter wie
Lebensmittel oder Pflegemittel doch in ihrer Beschaffenheit sehr ähnlich, so
unterscheidet sich die Vermarktung von TRi Top oder Creme 21 wesentlich von
anderen Produkten dieser Gattung (siehe 7. Marketing-Mix).
Kognitives und emotionales Involvement interagieren.
2
Eine positive
Kaufentscheidung, die aufgrund eines Überhangs an emotionalem Involvement
getroffen wurde und die den Konsumenten zufrieden gestellt hat, fließt bei einem
Wiederkauf durch die guten Erfahrungen in das kognitive Involvement mit ein.
Ebenso kann eine Nachkauferfahrung die emotionale Einstellung des Kunden
dauerhaft prägen.
4.2 Motive
Um die Entscheidung eines Kunden für oder gegen ein Produkt zu verstehen,
bedarf es zunächst des Verständnisses der Motive. Die Einsicht ,,in die Köpfe" der
Verbraucher bestimmt dann in der weiteren Planung die anzuwendenden Mittel.
Psychologisch betrachtet bestehen auch die Motive selbst aus zwei Komponenten:
einer Gefühlsebene, die den Auslöser einer Handlung darstellt, und einer
Wissensebene, die diese Handlung zielgerichtet ablaufen lässt.
3
Die kognitive
Komponente des Motivationsbegriffs deckt sich oft mit dem Einstellungsbegriff, der
1
Vgl. Kuß, Alfred; Tomczak, Torsten: Käuferverhalten, 2. Auflage, Stuttgart, 2000, S. 70 f.
2
Vgl. Arora, Raj: Validation of an S-O-R Model for Situtation, Enduring, and Response Components of
Involvement, in: Journal of marketing research, Heft 19, 1982, S. 505-516
3
Trommsdorff, Volker: Konsumentenverhalten, 5. Auflage, Stuttgart, 2003, S. 114

Kaufentscheidungsprozess
21
innerhalb der Marktsegmentierung von Bedeutung sein wird (siehe 5.
Marktsegmentierung).
1
Zur Erweckung eines Bedürfnisses nach einer bestimmten Ware müssen demnach
zuerst die Gefühle des Konsumenten angesprochen werden. Dies gilt
insbesondere bei Kaufentscheidungen, die einem kurzen und kognitiv
eingeschränkten Entscheidungsablauf unterliegen. Dagegen läuft die Entscheidung
zum Kauf einer teuren Ware in der Regel über einen längeren und rationaleren
Prozess ab, bei dem Waren auf ihre Eigenschaften und Preise verglichen werden.
Eine Ausnahme bildet hier allerdings der Automobilkauf, der, zumindest
hierzulande, noch stark von Emotionen und Image des Herstellers geprägt ist.
Dass die Markentreue in der Automobilindustrie in jüngster Vergangenheit immer
weiter abnimmt
2
, lässt die Bedeutung von Motiven und Einstellungen umso stärker
zur Geltung kommen.
Je stärker ein Mangelzustand von der Zielgruppe empfunden wird, desto weniger
spielen Merkmale wie Preis oder technische Produkteigenschaften eine Rolle im
Entscheidungsprozess ­ ein entscheidender Faktor bei der Vermarktung von
Retro-Produkten, da diese naturgemäß nicht die neuesten physikalisch-
funktionellen Eigenschaften aufweisen und auch selten einem Preis-Nutzen-
Vergleich mit modernen Artikeln standhalten. Hier können kognitive Dissonanzen
entstehen ­ beispielsweise zwischen der Kenntnis, dass aktuelle Produkte
wahrscheinlich bessere Eigenschaften aufweisen, und den Werten, die alte Marken
und Produkte vermitteln. Diese Motivkonflikte können instrumentalisiert werden und
mit einer geeigneten Kommunikationspolitik als Rahmenbedingung für eine
Beeinflussung zugunsten des beworbenen Produktes dienen.
3
Die Wissensebene soll also möglichst der Gefühlsebene weichen, wobei sich
allerdings positive Erfahrungen, die sich auf der kognitiven Wissensebene
wiederfinden, zusätzlich und verstärkend auf die Kaufentscheidung auswirken
können.
Ziel einer geeigneten Marketingstrategie muss es somit sein, Gefühle und
Verbundenheit mit der Marke oder dem Produkt zu erwecken bzw. zu verstärken,
1
Kroeber-Riel, Werner; Weinberg, Peter: Konsumentenverhalten, 8. Auflage, München, 2003, S. 145
2
Vgl. Gottschalk, Bernd; Kalmbach, Ralf: Management in der Automobilindustrie, Wiesbaden, 2003, S. 91
ff.
3
Vgl. Kroeber-Riel, W.; Behrens, G.; Dombrowski, I.: Kommunikative Beeinflussung in der Gesellschaft,
Wiesbaden, 1998, S. 22

Kaufentscheidungsprozess
22
um einen technisch-innovativen Nutzen einem emotional-involvierten Nutzen zu
unterstellen und gleichzeitig die gespeicherten Positiverfahrungen aus den
Gedächtnissen wieder abzurufen.
Grundsätzlich haben sich drei Arten Motivtheorien, die den Zusammenhang unter
den Motiven erklären, herausgestellt
1
:
Monothematische Motivtheorien machen das Verhalten einer Person strikt
an nur einem Motiv bzw. Grundtrieb fest ­ ein so stark eingeschränkter
Erklärungsversuch kann aufgrund der Komplexität des menschlichen
Handelns nach heutigen Erkenntnissen keine Gültigkeit für das
Konsumverhalten mehr haben.
Polythematische Ansätze gehen von einem allumfassenden Katalog an
Motivarten aus, bei dem die Antriebskräfte eines Individuums so vielfältig
sind, dass eine marketingbezogene Deutung kaum noch möglich ist.
Athematische Motivtheorien sind die Schlussfolgerung aus der Kritik, die an
mono- und polythematischen Ansätzen geübt wird. Sie erklären das
Kaufverhalten anhand des jeweiligen Käufers zu einem bestimmten
Zeitpunkt und ohne Allgemeingültigkeit.
Durch die Bedeutung, die Erfahrungen aus vergangener Zeit und jeweiliger
Lebensstil der Konsumenten von Retro-Produkten mit sich bringen, wird der
athematische Ansatz auch bei der Ermittlung von Motiven, die zum Kauf von Retro-
Waren führen, Verwendung finden.
4.2.1 Motivstärke
Neben den Erkenntnissen über den Ablauf einer Kaufentscheidung und die
Einbindung der Motive in diesen Prozess ist eine Zuordnung der Motivkategorien
zu den korrespondierenden Ebenen der Maslow´schen Bedürfnispyramide für das
Verständnis der Motive notwendig. Auch wenn diese hierarchische Darstellung
eigentlich ein komprimierter Ansatz der polythematischen Motivtheorie ist
2
, kann er
dennoch innerhalb eines athematischen Erklärungsversuchs zur Verdeutlichung
1
Vgl. Bänsch, Axel: Käuferverhalten, 9. Auflage, München, 2002, S. 21 ff.
2
Vgl. Bänsch, Axel: Käuferverhalten, 9. Auflage, München, 2002, S. 22

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2005
ISBN (eBook)
9783832494735
ISBN (Paperback)
9783838694733
DOI
10.3239/9783832494735
Dateigröße
7.5 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Rheinische Fachhochschule Köln – Wirtschaft und Recht
Erscheinungsdatum
2006 (März)
Note
1,0
Schlagworte
retro marketing-mix instrument marktsegmentierung markenpositionierung
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