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Demografischer Wandel und Wohnungsmarktentwicklung

©2006 Diplomarbeit 90 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Gang der Untersuchung:
„Demografischer Wandel“ wird oftmals als Schlagwort benutzt, das für einen gesellschaftlichen Umbruch steht und vorwiegend negative Assoziationen hervorruft. Tatsächlich bezeichnet es einen lang anhaltenden Prozess mit gravierenden Auswirkungen auf Bevölkerungszahlen und -strukturen. Wegen dauerhaft niedriger Geburtenzahlen nimmt die Zahl der jungen Menschen ab. Dagegen führt die steigende Lebenserwartung zu einem immer größeren Anteil älterer Menschen. Neben der Alterung wird die Bevölkerung auch von Schrumpfung betroffen sein, wenn nicht ausreichend Menschen geboren werden, um die Anzahl der Gestorbenen zu kompensieren. Auch mit verstärkter Zuwanderung wird der Rückgang der Einwohnerzahl langfristig nicht aufgehalten werden können.
Bereits heute macht sich der demografische Wandel in Deutschland bemerkbar und wird in den nächsten Jahrzehnten weit reichende Konsequenzen für viele Lebensbereiche haben. Inwieweit der Wohnungsmarkt davon betroffen sein wird, soll in der vorliegenden Arbeit „Demografischer Wandel und Wohnungsmarktentwicklung“ untersucht werden. Vor dem Hintergrund der zahlenmäßig abnehmenden Bevölkerung könnte man annehmen, dass die Wohnungsnachfrage in Zukunft spürbar sinken und sich Neubauinvestitionen nicht rentieren werden. Deshalb ist es das Ziel dieser Arbeit, die Zusammenhänge zwischen Demografie und Wohnungsmarkt darzustellen und künftige Tendenzen aufzuzeigen.
Dafür werden zuerst die Grundlagen des Wohnungsmarktes kurz vorgestellt. Außer den Besonderheiten dieses Marktes wird auch die Wohnungspolitik mit ihren wesentlichen Zielsetzungen beschrieben. Im Anschluss daran wird dargelegt, wie sich der Wohnungsmarkt in den vergangenen Jahrzehnten bis zum heutigen Zeitpunkt entwickelt hat, und zwar hinsichtlich der Neubauzahlen, dem Wandel der Siedlungsstrukturen und der Bedeutung des Wohneigentumsbereichs gegenüber dem Mietwohnungssektor.
Die beiden darauf folgenden Kapitel behandeln die Determinanten von Angebot und Nachfrage am Wohnungsmarkt. Der Schwerpunkt liegt dabei eindeutig auf den Bestimmungsfaktoren der Nachfrage, weil diese weitgehend die künftige Angebotsentwicklung beeinflusst. Dazu gehören neben den langfristig wirkenden demografischen Faktoren auch ökonomische und staatliche Einflussgrößen, wie z.B. Zinsen, Wohnimmobilienpreise, Haushaltseinkommen und Fördermaßnahmen.
Das sechste Kapitel behandelt die zukünftige Wohnungsmarktentwicklung und bildet damit den Kern der Arbeit. […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


ID 9587
Koop, Thomas: Demografischer Wandel und Wohnungsmarktentwicklung
Druck Diplomica GmbH, Hamburg, 2006
Zugl.: Universität Hannover, Diplomarbeit, 2006
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Diplomica GmbH
http://www.diplom.de, Hamburg 2006
Printed in Germany

II
Inhaltsverzeichnis
1
Demografischer Wandel: Weniger Menschen, weniger Wohnraum? ... 1
2
Grundlagen des Wohnungsmarktes ... 2
3
Wohnungsmarktentwicklung und aktuelle Wohnungsmarktsituation ... 4
3.1
Entwicklung des Wohnungsbestandes ...4
3.2
Wandel der Siedlungsstrukturen ...7
3.3
Bedeutung von Wohneigentum in Deutschland...10
4
Determinanten des Wohnungsangebots... 12
5
Determinanten der Wohnungsnachfrage... 14
5.1
Ökonomische Einflüsse auf die Wohnungsnachfrage...14
5.1.1
Preise am Wohnungsmarkt ...14
5.1.2
Einkommensentwicklung der privaten Haushalte...17
5.2
Staatliche Einflüsse auf die Wohnungsnachfrage ...18
5.3
Demografische Einflüsse auf die Wohnungsnachfrage ...20
5.3.1
Bevölkerungsentwicklung...20
5.3.2
Haushaltsentwicklung ...25
5.4
Auswirkungen auf die nachgefragte Wohnfläche ...30
6
Wohnungsmarktprognosen... 32
6.1
Einflussfaktoren ...32
6.2
Wohnungsmarktprognosen für Westdeutschland ...36
6.2.1
Zukünftiger Neubaubedarf ...36
6.2.2
Vergleich zwischen Neubaubedarf und tatsächlicher Neubautätigkeit...41
6.3
Wohnungsmarktprognosen für ausgewählte Bundesländer ...43
6.3.1
Niedersachsen ...43
6.3.2
Nordrhein-Westfalen...49
7
Handlungsempfehlungen für die Wohnungspolitik... 54
7.1
Neuausrichtung der Wohnraumförderung...54
7.2
Stadtentwicklung...56
8
Handlungsempfehlungen für die Wohnungswirtschaft... 58
9
Schlussbetrachtung ... 60
Literaturverzeichnis... 63
Anhangsverzeichnis ... 75
Anhang ... 76

III
Tabellen- und Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Genehmigte und fertig gestellte Wohnungen in Wohn- und
Nichtwohngebäuden im früheren Bundesgebiet 1960 bis 2002. ...6
Abbildung 2: Nachfrage am Wohnungsmarkt. ... 14
Abbildung 3: Prognostizierte Bevölkerungs- und Haushaltsentwicklung von 2003 bis
2020...24
Abbildung 4: Privathaushalte in Deutschland nach Haushaltstyp. ... 27
Tabelle 1: Entwicklung ausgewählter Haushaltstypen 2000-2015 auf der Basis 2000 =
100, Alte Länder...29
Tabelle 2: Wohnflächenzuwachs von Mietern und Selbstnutzern von 1993-2003, Alte
Länder. ...31
Abbildung 5: Struktur des Wohnungsprognosemodells des BBR. ... 35
Tabelle 3: Prognostizierter jährlicher Neubaubedarf in den alten Bundesländern bis
2015...36
Tabelle 4: Prognostizierter jährlicher Neubaubedarf in den alten Bundesländern bis
2030...39
Abbildung 6: Bevölkerungsentwicklung in Niedersachsen 2003-2020... 46
Abbildung 7: Bevölkerungsentwicklung in Nordrhein-Westfalen 2002-2020. ... 52

IV
Abkürzungsverzeichnis
Abb.
Abbildung
Abs.
Absatz
Art.
Artikel
BBR
Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung
BMVBS
Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung
bzw.
beziehungsweise
ca.
circa
CDU
Christlich-Demokratische
Union
CSU
Christlich-Soziale
Union
d.h.
das
heißt
et al.
et altera
e.V.
eingetragener
Verein
EVS
Einkommens- und Verbrauchsstichprobe
EZB
Europäische
Zentralbank
EZFH
Ein- und Zweifamilienhäuser
GG
Grundgesetz
ggf.
gegebenenfalls
Hrsg.
Herausgeber
ies
Institut für Entwicklungsplanung und Strukturforschung
ifs
Institut für Stadtforschung und Strukturpolitik
Kap.
Kapitel
KBV
Koordinierte
Bevölkerungsvorausberechnung
KfW
Kreditanstalt
für
Wiederaufbau
LDS
Landesamt für Datenverarbeitung und Statistik Nordrhein-Westfalen
MFH
Mehrfamilienhäuser
Mio.
Millionen
NLS
Niedersächsisches Landesamt für Statistik
Nr.
Nummer
NRW
Nordrhein-Westfalen
ÖPNV
Öffentlicher Personennahverkehr
o.S.
ohne
Seite
p.a.
pro
anno

V
S. Seite
sog.
so
genannt
SPD
Sozialdemokratische Partei Deutschlands
u.a.
unter
anderem
v.a.
vor
allem
Var.
Variante
WGG
Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz
WoBauG Wohnungsbaugesetz
WoFG
Wohnraumförderungsgesetz
z.B.
zum
Beispiel
z.T.
zum
Teil

1
1
Demografischer Wandel: Weniger Menschen, weniger Wohnraum?
,,Demografischer Wandel" wird oftmals als Schlagwort benutzt, das für einen gesell-
schaftlichen Umbruch steht und vorwiegend negative Assoziationen hervorruft. Tat-
sächlich bezeichnet es einen lang anhaltenden Prozess mit gravierenden Auswirkungen
auf Bevölkerungszahlen und -strukturen. Wegen dauerhaft niedriger Geburtenzahlen
nimmt die Zahl der jungen Menschen ab. Dagegen führt die steigende Lebenserwartung
zu einem immer größeren Anteil älterer Menschen. Neben der Alterung wird die Bevöl-
kerung auch von Schrumpfung betroffen sein, wenn nicht ausreichend Menschen gebo-
ren werden, um die Anzahl der Gestorbenen zu kompensieren. Auch mit verstärkter
Zuwanderung wird der Rückgang der Einwohnerzahl langfristig nicht aufgehalten wer-
den können.
Bereits heute macht sich der demografische Wandel in Deutschland bemerkbar und
wird in den nächsten Jahrzehnten weit reichende Konsequenzen für viele Lebensberei-
che haben. Inwieweit der Wohnungsmarkt davon betroffen sein wird, soll in der vorlie-
genden Arbeit ,,Demografischer Wandel und Wohnungsmarktentwicklung" untersucht
werden. Vor dem Hintergrund der zahlenmäßig abnehmenden Bevölkerung könnte man
annehmen, dass die Wohnungsnachfrage in Zukunft spürbar sinken und sich Neubauin-
vestitionen nicht rentieren werden. Deshalb ist es das Ziel dieser Arbeit, die Zusam-
menhänge zwischen Demografie und Wohnungsmarkt darzustellen und künftige Ten-
denzen aufzuzeigen.
Dafür werden zuerst die Grundlagen des Wohnungsmarktes kurz vorgestellt. Außer den
Besonderheiten dieses Marktes wird auch die Wohnungspolitik mit ihren wesentlichen
Zielsetzungen beschrieben. Im Anschluss daran wird dargelegt, wie sich der Woh-
nungsmarkt in den vergangenen Jahrzehnten bis zum heutigen Zeitpunkt entwickelt hat,
und zwar hinsichtlich der Neubauzahlen, dem Wandel der Siedlungsstrukturen und der
Bedeutung des Wohneigentumsbereichs gegenüber dem Mietwohnungssektor. Die bei-
den darauf folgenden Kapitel behandeln die Determinanten von Angebot und Nachfrage
am Wohnungsmarkt. Der Schwerpunkt liegt dabei eindeutig auf den Bestimmungsfak-
toren der Nachfrage, weil diese weitgehend die künftige Angebotsentwicklung beein-
flusst. Dazu gehören neben den langfristig wirkenden demografischen Faktoren auch
ökonomische und staatliche Einflussgrößen, wie z.B. Zinsen, Wohnimmobilienpreise,
Haushaltseinkommen und Fördermaßnahmen.

2
Das sechste Kapitel behandelt die zukünftige Wohnungsmarktentwicklung und bildet
damit den Kern der Arbeit. Darin werden verschiedene Prognoseergebnisse zum erwar-
teten Neubaubedarf bis zum Jahr 2020 vorgestellt. Allerdings beschränkt sich die Dar-
stellung ausschließlich auf Westdeutschland, da in den neuen Bundesländern andere
Bedingungen vorherrschen, die maßgeblich aus der zentralen Planung des Wohnungs-
wesens in der ehemaligen DDR resultieren. Eine einheitliche Darstellung des gesamten
Bundesgebiets ist deshalb nicht sinnvoll. Allein innerhalb der alten Bundesländer sind
große Gegensätze erkennbar. Aus diesem Grund werden zusätzlich noch die Woh-
nungsmarktsituationen in Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen bis auf Kreisebene
untersucht. Beide Bundesländer weisen eine Fülle von regionalen Unterschieden auf,
die eine detaillierte Betrachtung erforderlich machen, um valide Aussagen über die je-
weiligen Wohnungsmärkte treffen zu können.
In den dann folgenden Abschnitten werden Handlungsempfehlungen für Wohnungspo-
litik und -wirtschaft ausgesprochen. Aufgrund des demografischen Wandels verändern
sich die Rahmenbedingungen für die Wohnungsmarktakteure, so dass sie ihr Handeln
darauf abstimmen müssen. Für die Wohnungspolitik geht es um das Anpassen von
Wohnraumförderung und Stadtentwicklung an die neuen Herausforderungen, während
die Wohnungswirtschaft sich auf die veränderten Nachfragegruppen und -strukturen
einstellen muss. Im letzten Kapitel werden die wichtigsten Ergebnisse noch einmal zu-
sammengefasst.
2
Grundlagen des Wohnungsmarktes
Die Wohnungswirtschaft ist ein wesentlicher Teilbereich der Bau- und Immobilienwirt-
schaft. ,,Sie umfasst im Wesentlichen die Dienstleistungsbereiche und Marktvorgänge
der wohnungswirtschaftlich ausgerichteten Immobilienentwicklung, der Errichtung von
Miet- und Eigentümerwohnungen, der Bewirtschaftung, Instandhaltung, Modernisie-
rung und Sanierung des Wohnungsbestandes."
1
Der Wohnungsmarkt ist der Ort des
Austausches von Angebot und Nachfrage für Wohnungsnutzung. Die Anbieter auf die-
sem Markt als Vertreiber von Wohnnutzung müssen von den Produzenten von Woh-
nungen unterschieden werden, die Anbieter von Bauleistungen sind. Zu den Anbietern
1
Sailer/Grabener 2004, S. 409.

3
auf dem Wohnungsmarkt gehören private Haushalte, freie und gemeinnützige Woh-
nungsunternehmen sowie sonstige Anbieter. Auf der Nachfrageseite ist die Entwicklung
der Zahl und der Struktur der Haushalte die entscheidende Bestimmungsgröße. Darauf
üben Einwohnerzahlen sowie die Altersstruktur der Bevölkerung einen wesentlichen
Einfluss aus.
2
Der Wohnungsmarkt weist im Vergleich zu anderen Märkten einige Besonderheiten
auf. Er besteht aus einer Vielzahl von Teilmärkten, die nur teilweise miteinander in Zu-
sammenhang stehen. Aufgrund der Immobilität von Wohnungen lässt sich der Woh-
nungsmarkt in räumlicher Hinsicht aufspalten. Zudem kann der Wohnungsmarkt wegen
der Heterogenität des Gutes Wohnung auch nach sachlichen Kriterien aufgegliedert
werden. Die Teilmärkte lassen sich anhand von Eigentumsformen (Miet- und Eigen-
tumswohnungen), Gebäude- und Wohnungstypen (Größe, Ausstattung, Lage im Gebäu-
de und Alter) sowie Neubau- und Gebrauchtwohnungen voneinander abgrenzen.
3
Aus dieser Aufspaltung des Marktes resultiert eine mangelnde Transparenz, die es An-
bietern und Nachfragern unmöglich macht, das ganze Marktgeschehen zu überblicken.
Die daraus entstehenden Informationsdefizite der Marktteilnehmer wirken sich auf den
Preisbildungsprozess aus. Für qualitativ gleichartige Güter könnten unterschiedliche
Preise gezahlt werden. Somit gibt der Marktpreis nicht notwendigerweise die tatsächli-
chen Knappheitsverhältnisse an, wodurch ein globaler Marktausgleich verhindert wird.
4
Eine weitere Besonderheit sind die beträchtlichen Schwankungen von Preisen und
Mengen. Die zu beobachtenden Anpassungsverzögerungen an Marktänderungen (Lags)
führen zu Ungleichgewichten von Angebot und Nachfrage. Daraus resultieren regelmä-
ßig wiederkehrende Wohnungsbauzyklen, die eine Abfolge von Wohnungsüberhängen
und Wohnungsdefiziten bewirken.
5
Ursächlich für diese Schwankungen sind im Fall
eines Nachfrageüberhangs die lange Produktionsdauer des Gutes Wohnung, die einen
kurzfristigen Marktausgleich nicht ermöglicht. Für den Fall eines Angebotsüberhangs
verhindert die Langlebigkeit des Gutes eine entsprechende Mengenanpassung, da eine
Wohnung auch bei geringerer Nachfrage am Markt verbleibt. Daher können auf Teil-
2
Vgl. Jenkis (Hrsg.) 1994, S. 22-30, die Motive der Anbieter sind in Kap. 4 aufgeführt, die Nachfragesei-
te wird in Kap. 5 dargestellt.
3
Vgl. Rady/Rußig 2004, S. 13.
4
Vgl. Mayer 1998, S. 47-48.
5
Als Wohnungsüberhänge gelten die unbelegten Bestände, die über eine Leerstandsreserve von ca. 2 %
bis 3 % hinausgehen. Eine Leerstandsreserve ist für einen funktionierenden Wohnungsmarkt notwendig,
damit Haushalte einen zügigen Wohnungswechsel vornehmen können. Ein Wohnungsdefizit hingegen
entsteht in einer Region, in der unter ausgeglichenen Bedingungen mehr Haushalte gegründet werden
als es Wohnungen gibt, vgl. Hübl/Günther 2004, S. 7.

4
märkten Disparitäten auftreten, auch wenn der Wohnungsmarkt global insgesamt aus-
geglichen ist.
6
Angesichts der genannten Besonderheiten greift der Staat mittels wohnungspolitischer
Instrumente in die Abläufe des Wohnungsmarktes ein. Begründet werden die Regulie-
rungen zumeist mit Marktunvollkommenheiten, die auf Informations- und Anpas-
sungsmängel beruhen.
Unter Wohnungspolitik ist dabei ,,die Gesamtheit aller auf Wohnungsversorgung der
Bevölkerung ausgerichteten hoheitlichen Eingriffe zu verstehen."
7
Sie umfasst Maß-
nahmen sowohl zur Schaffung neuen Wohnraums als auch zur Erhaltung und Bewirt-
schaftung des vorhandenen Bestandes. Finanzielle Anreize zur Vergrößerung des Woh-
nungsangebotes werden gesetzt; die Wohnungsnachfrage wird, soweit die Vorausset-
zungen dafür erfüllt werden, durch Wohngeldzahlungen angeregt.
8
Zu den Zielen der Wohnungspolitik zählt eine angemessene Wohnungsversorgung, und
zwar nicht nur in quantitativer, sondern auch in qualitativer Hinsicht. Daneben wird eine
hohe Versorgung mit Wohneigentum für weite Teile der Bevölkerung angestrebt. Au-
ßerdem soll Wohnraum für solche Gruppen bereitgestellt werden, für die Marktzu-
gangsbeschränkungen bestehen und die sich daher nicht selbst ausreichend versorgen
können.
9
Da das Wohnen als unverzichtbares Grundbedürfnis eines Menschen gilt, soll
ein gewisser Mindeststandard der Wohnverhältnisse gewährleistet sein.
10
3
Wohnungsmarktentwicklung und aktuelle Wohnungsmarktsituation
3.1
Entwicklung des Wohnungsbestandes
Um Aussagen über den Wohnungsbestand treffen zu können, müssen die letzten Ge-
bäude- und Wohnungszählungen von 1987 für Westdeutschland und die amtliche Fort-
schreibung des Wohnungsbestands hinzugezogen werden. Der einst ermittelte Bestand
wird um die jährlich hinzugekommenen Wohnungen ergänzt. Hierfür werden die Brut-
6
Vgl. Kühne-Büning/Nordalm/Steveling (Hrsg.) 2005, S. 71-76.
7
Kühne-Büning/Nordalm/Steveling (Hrsg.) 2005, S. 236.
8
Die Instrumente der Wohnungspolitik werden ausführlich in Kapitel 5.2 beschrieben.
9
Als hilfsbedürftige Gruppen gelten vor allem Einkommensschwache, Empfänger von Transferleistun-
gen, Ausländer und Familien mit Kindern, vgl. Kirchhoff/Jacobs 2004, S. 8.
10
Vgl. Bucher/Kocks/Siedhoff 1998, S. 50.

5
tozugänge durch Neubau oder Bestandsmaßnahmen addiert und die physischen Abgän-
ge durch Abriss oder Wohnungszusammenlegungen entsprechend abgezogen.
11
Der Wohnungsbestand lässt sich hinsichtlich des Baualters in Alt- und Neubauten unter-
teilen. Als Altbauwohnungen gelten solche, die vor dem 20.06.1948 bezugsfertig ge-
worden sind.
12
Knapp 28 % der Wohnungen in Deutschland zählen zu dieser Kategorie.
Rund 61 % aller Gebäude sind Neubauten, die bis 1990 entstanden sind, die restlichen
11 % sind seit 1991 errichtet worden.
13
Der Gesamtbestand an Wohngebäuden betrug im Jahr 2003 in Deutschland 39,1 Mio.
Wohneinheiten.
14
Davon standen 2002 insgesamt fast 3,2 Mio. Wohnungen leer.
15
Wenn man von einer Leerstandsreserve von 2 % bis 3 % der Wohnungen ausgeht, ent-
spricht das einem Anteil von über 8 % am Wohnungsbestand. In den alten Bundeslän-
dern ist der Leerstand mit 6,5 % allerdings geringer als in den neuen Ländern.
16
Um den aktuellen Wohnungsbestand zu erreichen, war in den vergangenen Jahrzehnten
eine hohe Neubautätigkeit notwendig. Dabei kam es immer wieder zu starken Schwan-
kungen (siehe Abb. 1).
In der Wiederaufbauphase der Nachkriegszeit waren die Neubauzahlen mit jährlich
500.000 bis 600.000 Wohnungen zunächst noch relativ stabil. Zu Beginn der 1970er
Jahre gab es den ersten Wohnungsbauboom.
17
Die höchsten Fertigstellungszahlen wa-
ren im Jahr 1973 mit rund 714.000 neuen Wohnungen zu verzeichnen. Danach folgte
ein starker Rückgang der Wohnungsbauintensität. In den Folgejahren pendelten sich die
jährlichen Neubauzahlen bei 350.000 bis 400.000 fertig gestellten Wohnungen ein.
Nachdem im Jahr 1988 mit nur 208.600 Fertigstellungen ein Tiefpunkt im Wohnungs-
bau erreicht wurde, stieg die Zahl der neu errichteten Wohnungen zu Beginn der 1990er
Jahre im früheren Bundesgebiet wieder rapide an. So erhöhte sich die Zahl der fertig
gestellten Wohnungen bis auf 505.200 Einheiten im Jahr 1994.
18
Seit dem Ende der 1990er Jahre hat der Wohnungsbau einen drastischen Einbruch erle-
ben müssen. Allein im Zeitraum von 2000 bis 2003 reduzierten sich die Fertigstellungen
um 34 % in Westdeutschland. Bundesweit sank die Zahl der fertig gestellten Wohnun-
11
Vgl. Rußig/Dorffmeister 2005, S. 20.
12
Vgl. Sailer/Grabener 2004, S. 26.
13
Vgl. Statistisches Bundesamt 2004a, S. 17.
14
Ohne Wohnheime und Wohnungen in Wohnheimen, vgl. Statistisches Bundesamt 2005a, S. 282.
15
Vgl. Statistisches Bundesamt 2004a, S. 28.
16
Vgl. Rußig/Dorffmeister 2005, S. 21.
17
Vgl. Möller/Günther 2001, S. 9.
18
Vgl. Statistisches Bundesamt (Hrsg.) 2004b, S. 156-157.

6
gen in diesen vier Jahren von 473.000 auf nur noch 268.100 Wohneinheiten.
19
Gegen-
über dem Vorjahr verringerte sich die Fertigstellungszahl im Jahr 2003 damit um 7,4 %.
Die seit Jahren bestehende Abwärtstendenz im Wohnungsbau konnte seitdem nicht auf-
gehalten werden. Der enorme Rückgang ist vor allem durch den schrumpfenden Ge-
schosswohnungsmarkt begründet, der zumeist Mietwohnungen bereitstellt.
20
Abbildung 1: Genehmigte und fertig gestellte Wohnungen in Wohn- und Nichtwohngebäuden
21
im früheren Bundesgebiet von 1960 bis 2002.
Quelle: Statistisches Bundesamt (Hrsg.) 2004b, S. 156.
Ein Ende dieser Entwicklung ist noch nicht absehbar. Im ersten Halbjahr 2005 wurden
von den Behörden lediglich 118.000 Baugenehmigungen ­ ein Frühindikator für die
Wohnungsbautätigkeit der nächsten Jahre ­ erteilt; das sind 23 % weniger als im glei-
chen Zeitraum des Vorjahres. Für das gesamte Jahr 2005 wird die Zahl der Genehmi-
gungen mit geschätzten 230.000 einen neuen Tiefstand erreichen.
22
Quantitativ hat der Wohnungsbestand durch den Zubau ein hohes Niveau erreicht. Da-
durch hat sich der Wohnungsmarkt von einem Verkäufermarkt hin zu einem Käufer-
19
Vgl. Gluch 2004, S. 11.
20
Vgl. Behring 2005, S. 34.
21
Nichtwohngebäude sind Gebäude, die zum überwiegenden Teil für Nichtwohnzwecke verwendet wer-
den. Dazu gehören u.a. Anstaltsgebäude, Büro- und Verwaltungsgebäude sowie Hotels, vgl. Statisti-
sches Bundesamt 2005a, S. 278.
22
Vgl. Institut der deutschen Wirtschaft Köln 2005a, S. 1.

7
markt gewandelt. Der Kunde hat an Nachfragemacht hinzugewonnen. Dementsprechend
wählt er, anders als in Zeiten akuten Wohnungsmangels, aus einer Vielzahl von Alterna-
tiven. Das hat zur Folge, dass sich manche Wohnobjekte nicht mehr vermarkten lassen.
Aus diesem Prozess resultieren in einigen Teilmärkten steigende Leerstandsquoten so-
wie ein mäßiges Mietpreisniveau mit zum Teil sinkenden Mieten.
23
Die Ausdifferenzierung des Wohnungsmarktes hat dazu geführt, dass man nicht mehr
von nur ,,einem" Markt sprechen kann, der in sich homogenen ist. Stattdessen ist eine
Vielzahl von regionalen und sektoralen Teilmärkten erkennbar, die sich grundlegend
voneinander unterscheiden. Selbst innerhalb dieser Teilmärkte entwickeln sich vermehrt
gegenläufige Tendenzen wie Wohnungsüberhänge und Wohnungsdefizite.
24
Bei einem Vergleich zwischen regionalen Haushalts- und Wohnungszahlen sind Woh-
nungsüberhänge in zahlreichen Landesteilen auszumachen. Betroffen sind vor allem der
nordwestliche, der nordöstliche und der schwäbische Teil Bayerns, das südliche Rhein-
land-Pfalz, das Saarland, die zentralen Gegenden des Ruhrgebiets und der nördliche
Teil Nordrhein-Westfalens, Nordhessen sowie einige Gebiete in Niedersachsen und
Schleswig-Holstein. Wohnungsdefizite sind insbesondere in Bereichen von Großstädten
mitsamt ihren Ballungsräumen zu beobachten. Dabei handelt es sich um die Räume um
München, Karlsruhe und Stuttgart, Frankfurt, Köln sowie um die Stadt Hamburg. In
einigen Regionen, wie z.B. in den Regierungsbezirken Stuttgart, Karlsruhe, Freiburg
und Gießen, sind beide Ausprägungen ­ sowohl Wohnungsüberhänge als auch Woh-
nungsdefizite ­ anzutreffen. Alles in allem kann man für Westdeutschland von etwa
300.000 überzähligen Wohnungen ausgehen, während in manchen Gebieten fast
100.000 Wohnungen fehlen.
25
3.2
Wandel der Siedlungsstrukturen
Bei einer tiefer gehenden Analyse wird ersichtlich, dass der gegenwärtige Zustand der
regionalen Wohnungsmärkte stark mit den jeweiligen Siedlungsstrukturen zusammen-
hängt. Unterscheidet man zwischen Kernstädten, ihrem verdichteten Umland und länd-
lichen Räumen, so wird ersichtlich, dass die Siedlungsstruktur nachhaltig von einer
23
Vgl. Eichener/Schauerte/Klein 2002, S. 181.
24
Vgl. Krämer 2005, S. 42.
25
Vgl. Hübl/Günther 2004, S. 7.

8
Stadt-Umland-Wanderung, dem sog. Suburbanisierungsprozess, geprägt wurde. Zwecks
angestrebter Verbesserung des Lebensumfelds haben vor allem junge Familien die
Kernstädte verlassen, um sich in deren Umkreis anzusiedeln. Dabei wurde in den meis-
ten Fällen Wohneigentum in Form von Ein- oder Zweifamilienhäusern erworben.
26
Die Folge des Suburbanisierungsprozesses ist eine Konzentration der Bevölkerung in
den verdichteten Räumen und in ländlichen Gebieten, während die Kernstädte beträcht-
liche Wanderungsverluste aufweisen.
27
Dennoch lebt weiterhin der größte Teil der
Menschen in westdeutschen Ballungsräumen in Kernstädten (44 %). Auf das hochver-
dichtete Umland entfallen mittlerweile schon 36 %, auf das verdichtete Umland 15 %
und auf das sonstige Umland 5 %.
28
Begleitet wird diese Entwicklung von einer Selektion der Bevölkerung. Durch den Fort-
zug junger Familien weisen die einzelnen Räume unterschiedliche Altersstrukturen auf.
In den Kernstädten verbleibt ein relativ hoher Anteil älterer Menschen sowie Sozialhil-
feempfänger und Immigranten, denen eine Abwanderung aus den Städten aus verschie-
denen Gründen häufig nicht möglich ist. Ältere sind beispielsweise z.T. darauf ange-
wiesen, dass die für sie wichtigen Einrichtungen, wie Ärzte und Einkaufsmöglichkeiten,
wohnortnah gelegen sind.
29
Wegen der Suburbanisierung verlieren die Kernstädte
,,Kaufkraft, Steuerkraft, ökonomisches, gesellschaftliches und demografisches Potenzi-
al."
30
Der Grund für diesen dauerhaften Wanderungsprozess liegt einerseits darin, dass jünge-
re und einkommensschwächere Haushalte aus den Stadtgebieten ins Umland verdrängt
werden, weil die Mietpreise dort geringer sind. Andererseits ziehen Familien mit ausrei-
chendem Einkommen ein Einfamilienhaus im Grünen einem Leben in der Stadt vor.
31
Dieses typische Bild in westdeutschen Ballungsgebieten trifft allerdings nur für eine
kleine Gruppe der Abwanderer zu. Die Ursachen der Stadt-Umland-Wanderungen sind
weitaus komplexer als zumeist angenommen wird. Nicht nur die Attraktivität der
Wohnstandorte sprechen demnach für das Umland; auch die Wohnungsmärkte stellen
ein umfassendes Immobilienangebot bereit. Vielfach lassen sich auch hier
26
Vgl. Kühne-Büning/Nordalm/Steveling (Hrsg.) 2005, S. 167.
27
Vgl. Eichener/Schauerte/Klein 2002, S. 49.
28
Vgl. Kühne-Büning/Nordalm/Steveling (Hrsg.) 2005, S. 167; zur Abgrenzung der siedlungsstrukturel-
len Kreistypen siehe Anhang 1.
29
Vgl. Eichener/Schauerte/Klein 2002, S. 49.
30
Eichener 2005, S.68.
31
Vgl. Kühne-Büning/Nordalm/Steveling (Hrsg.) 2005, S. 167.

9
Gebrauchtimmobilien, Mehrfamilienhäuser und Mietwohnungen finden, die sonst eher
für Kernstädte charakteristisch sind.
32
Die Abwanderung ist daher nicht notwendigerweise mit dem Wechsel vom Wohnen zur
Miete hin zum selbst genutzten Eigentum verbunden. So zog der überwiegende Teil der
ins Umland wandernden Haushalte in Mietwohnungen. Da durch den Alterungsprozess
der ersten Suburbanisierungsgeneration unweigerlich weiter Wohnraum frei wird, bleibt
das niedrigere Preisniveau ein Vorteil gegenüber den Kernstädten.
33
Zwar ist die Umlandwanderung weiterhin der bestimmende Trend, seit einigen Jahren
ist allerdings in vielen Städten wieder eine Bevölkerungszunahme zu beobachten.
Scheinbar schätzen wieder mehr Menschen die Vielfalt in den Städten höher ein. Die
Lebensbereiche Wohnen, Arbeit und Freizeit können dort sehr viel einfacher miteinan-
der kombiniert werden. Gerade die zunehmende Freizeitorientierung ist es, die eine be-
sondere Anziehungskraft der Städte gegenüber der Einfalt des Wohnens am Stadtrand
oder in ländlichen Regionen ausübt.
34
Freizeitaktivitäten im unmittelbaren Umfeld ge-
winnen auch hinsichtlich der älter werdenden Gesellschaft an Bedeutung. Es sind insbe-
sondere Personen über 50 Jahren, die es wieder mehr in die Städte zieht. Bei den Um-
land-Stadt-Wanderern handelt es sich häufig um ältere Haushalte, die vormals ins Um-
land gezogen sind und dann im Rentenalter ihr Eigenheim verkaufen, um wieder im
Stadtzentrum zu leben.
35
Außerdem findet ein grundsätzliches Umdenken in Bezug auf Familien statt. Galten die
Innenstädte mit ihren überwiegend auf Singles und Zweipersonenhaushalte zugeschnit-
tenen Wohnungen einst als kinderfeindlich, so entstehen nunmehr vielerorts durch
Wohnungszusammenlegungen auch größere Wohnungen. Familien, die in ihrem Stadt-
viertel verbleiben möchten, müssen deshalb nicht zwingend ins Umland abwandern, um
eine ihren Bedürfnissen genügende Wohnung zu finden.
36
Vorerst bleibt jedoch abzuwarten, ob dieser Trend von Dauer ist und zu einer umfassen-
den Umkehr des Suburbanisierungsprozesses führt oder nur vorübergehend und auf ei-
nige Regionen beschränkt ist.
32
Vgl. Ismaier 2002, S. 26-27.
33
Vgl. Droß 2004, S. 23.
34
Vgl. Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (Hrsg.) 2004, S. 15.
35
Vgl. Gewos 2004, S. 12.
36
Vgl. Brühl et al. 2005, S. 61-63.

10
3.3
Bedeutung von Wohneigentum in Deutschland
Die derzeit in Deutschland lebenden 82,9 Mio. Menschen verteilen sich bundesweit auf
39,1 Mio. Haushalte.
37
Anhand von Eigentümerquoten kann der Anteil der vom Eigen-
tümer selbst bewohnten Wohneinheiten an allen bewohnten Wohneinheiten gemessen
werden. Diese Quote stieg von 39,1 % im Jahr 1950 auf 44,6 % im Jahr 2002 in West-
deutschland an. Im gesamten Bundesgebiet beträgt der Anteil 42,6 %.
38
Zwar konnte
der Wohneigentumssektor in den vergangenen Jahrzehnten ausgebaut werden, aber dem
Mietwohnungsmarkt kommt gegenüber dem selbst genutzten Wohneigentum nach wie
vor das größere Gewicht zu.
Vergleicht man die Wohneigentumsquoten der westeuropäischen Staaten, so wird deut-
lich, dass Wohneigentum zur Selbstnutzung in anderen Ländern wesentlich stärker ver-
breitet ist als in Deutschland. Einzig die Schweiz weist mit 36 % einen noch niedrigeren
Wert auf. Die Mehrzahl der westeuropäischen Staaten bewegt sich bei der Wohneigen-
tumsquote privater Haushalte in einem Korridor zwischen 50 % und 60 %. Spitzenwerte
werden von Irland (82 %), Norwegen (85 %) und Spanien (86 %) erreicht.
39
Hohe Eigentümerquoten sind tendenziell eher in ärmeren Ländern anzutreffen, während
wohlhabende Staaten eher geringe Quoten aufweisen. Wirtschaftliche Faktoren allein
reichen daher für die Erklärung nicht aus. An welchen Einflüssen die große Streuung
festzumachen ist, hat das ifo Institut für Wirtschaftsforschung in Kooperation mit dem
Geographischen Institut der Technischen Universität München untersucht.
40
Sie haben
in ihre Analyse sowohl ökonomische als auch demografische und politische Größen
einfließen lassen. Des Weiteren wird mit einer Dummyvariable ,,Neue Bundesländer"
die besondere Situation Ostdeutschlands wegen der zu DDR-Zeiten geltenden Restrikti-
onen mitberücksichtigt.
Diese Hilfsvariable ist es, die den größten Einfluss auf die Verteilung der Wohneigen-
tumsquoten ausübt. Dieses Ergebnis könnte damit erklärt werden, dass politische Fakto-
ren allgemein ­ nicht nur die Beschränkungen der Wohneigentumsbildung, sondern
auch die positive Einflussnahme wie etwa die Bereitstellung von Wohnungen ­ am be-
deutendsten sind.
37
Vgl. Statistisches Bundesamt 2005b (Hrsg.), S. 11.
38
Vgl. Statistisches Bundesamt 2005a, S. 285.
39
Vgl. Rußig 2003, S. 17.
40
Vgl. Behring/Helbrecht 2003.

11
Der relative Eigentumspreis wirkt stark dämpfend auf die Nachfrage nach selbst genutz-
tem Wohneigentum. Dieser gibt die Zahl der Jahresnettoeinkommen an, die ein durch-
schnittlicher privater Haushalt für den Eigentumserwerb von Wohnraum aufbringen
muss. Je mehr Jahresnettoeinkommen aufgebracht werden müssen, desto weniger sind
Haushalte dazu bereit, Wohneigentum nachzufragen.
Eine ebenfalls negative Wirkung auf die Höhe der Wohneigentumsquote geht vom An-
teil der im Land lebenden Ausländer aus. Ausländische Mitbürger wohnen im Vergleich
zu Deutschen häufiger zur Miete. Grund dafür könnte zum Einen die Planung eines nur
vorübergehenden Aufenthalts sein und zum Anderen könnten soziale oder gesetzliche
Hemmnisse gegen den Eigentumserwerb sprechen.
Die durchschnittliche Haushaltsgröße trägt weniger als die anderen Faktoren zu der Er-
klärung der Wohneigentumsnachfrage bei. Hiervon geht jedoch ein signifikant positiver
Einfluss aus. Größere Haushalte tendieren eher als kleinere dazu, in selbst genutztem
Wohneigentum zu leben.
41
Aus der Untersuchung wird insgesamt deutlich, dass die Ursachen für die breite Streu-
ung der Eigentümerquoten Europas vielschichtig sind und nicht nur von rein quantitati-
ven Einflüssen abhängen. Zahlreiche nicht beobachtbare Einflüsse, wie historisch ge-
wachsene Traditionen, Werte und Lebensstile müssen daher für eine hinreichende Er-
klärung mit in die Betrachtung einbezogen werden.
42
Die Wohneigentumsquote ist in Deutschland vergleichsweise gering, obwohl der Träger
der Wohnungspolitik dem Wohnen im selbst genutzten Eigentum einen hohen Stellen-
wert beimisst. Nach § 1 Abs. 2 Satz 1 II. WoBauG soll Wohneigentum für weite Teile
der Bevölkerung geschaffen werden. Begründet wird die Förderung damit, dass diese
Wohnform insbesondere aus vermögens- und gesellschaftspolitischen Gründen wün-
schenswert sei. Selbst genutztes Eigentum trägt zur Vermögensbildung und zur allge-
meinen Risikovorsorge bei. Darüber hinaus entsteht ein höheres Maß an Sicherheit und
Identifikation sowie mehr Unabhängigkeit bei Einkommens- und Arbeitsplatzverlust.
Die Erhöhung der Sparquote wird ebenfalls beabsichtigt.
43
Mit Hinblick auf den demografischen Wandel ist absehbar, dass sich die Bedeutung von
selbst genutztem Wohneigentum weiter erhöhen wird. Mietfreies Wohnen in entschul-
41
Vgl. Behring/Helbrecht 2003, S. 346.
42
Vgl. Behring/Helbrecht 2003, S. 352.
43
Vgl. Expertenkommission Wohnungspolitik 1995, S. 56.

12
detem Eigentum kann einen wichtigen Beitrag zur finanziellen Absicherung im Alter
leisten.
44
Daneben können auch der Verkauf oder die Vermietung der Immobilie sowie
eine Leibrente mit Wohnrecht für zusätzliches Einkommen im Alter sorgen.
45
Künftig werden immer weniger junge Menschen immer mehr Ältere zu versorgen ha-
ben. Dadurch wird ein Anstieg der Sozialversicherungsbeiträge sehr wahrscheinlich.
Das verfügbare Einkommen der jüngeren Generation würde absinken, so dass ein erheb-
licher finanzieller Druck entstünde. Das Vererben von Immobilien könnte hier eine we-
sentliche Entlastung bedeuten.
46
Indem die Zahl der jüngeren Haushalte in Zukunft sinken und es gleichzeitig mehr älte-
re Haushalte geben wird, die stärker zur Bildung von Wohneigentum neigen, wird sich
die Eigentümerquote weiter erhöhen. Der Anteil selbst genutzten Wohneigentums wird
ungefähr den gleichen Stellenwert erreichen wie der Anteil des Mietwohnungssektors.
Für das Jahr 2015 wird mit einer Eigentümerquote in Westdeutschland von rund 50 %
gerechnet. Somit wird sich der Trend der vergangenen Jahrzehnte fortsetzen und zu
einer höheren Bedeutung von selbst genutztem Wohneigentum führen.
47
4
Determinanten des Wohnungsangebots
Als Anbieter am Wohnungsmarkt gelten private oder juristische Personen, die Wohn-
nutzungen anbieten. Davon abzugrenzen sind sowohl die Produzenten von Wohnungen
als auch die Anbieter an sonstigen vorgelagerten Märkten wie Kapital und Boden.
48
Die
Seite der Anbieter kann in vier Investoren- und Eigentümergruppen unterteilt werden,
die sich hinsichtlich ihres Verhaltens und ihrer Professionalität voneinander unterschei-
den. Dazu gehören private Haushalte, gemeinnützige und freie Wohnungsunternehmen
sowie sonstige Anbieter.
49
44
Vgl. Waltersbacher 2005, S. 108.
45
Vgl. Raffelhüschen/Schoder 2004, S. 6.
46
Vgl. Raffelhüschen/Schoder 2004, S. 3.
47
Vgl. Waltersbacher 2004, S. 110.
48
Vgl. Mayer 1998, S. 50.
49
Vgl. Jenkis (Hrsg.) 1994, S.27-29.

13
Für die größte Gruppe der privaten Haushalte spielt vor allem das Motiv der Selbstver-
sorgung eine Rolle. Dementsprechend werden die Wohnobjekte von selbst nutzenden
Eigentümern nicht am Mietwohnungsmarkt angeboten. In diesem Fall sind die Anbieter
des Gutes Wohnungsnutzung zugleich auch deren Nachfrager. Darüber hinaus erwerben
private Haushalte Wohneigentum mit der Absicht, Altersvorsorge zu betreiben oder
Kapitalanlagen zu tätigen. Investitionen in Wohnimmobilien sind wertbeständig und
bieten durch staatliche Förderung Steuerersparnisse.
50
Die gemeinnützige Wohnungswirtschaft verfolgt neben der Gewinnerzielung auch sozi-
ale Ziele, wie die Bereitstellung von Wohnraum für besondere Bedarfsgruppen. Bis zur
Abschaffung des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes (WGG) im Jahr 1990 war diese
Unternehmensgruppe von Körperschaft-, Vermögen- und Gewerbesteuer befreit. Den-
noch binden sich insbesondere die öffentlichen Unternehmen auch weiterhin an ihre
gemeinnützigen Motive.
51
Freie Wohnungsunternehmen sind dagegen nicht durch ge-
setzliche Regelungen in ihrer Gewinnerzielungsabsicht beschränkt. Das Maximierungs-
ziel liegt dabei in der Erzielung hoher Mieterträge sowie hoher Wiederverkaufswerte,
die abgezinst mindestens so hoch sein müssen wie die Investitionen und Instandhal-
tungskosten abzüglich der bis zum Verkauf angefallenen Erträge.
52
Die sonstigen Anbieter sind zum einen öffentliche Bauherren. Diese Anbietergruppe ist
prinzipiell nur auf die Selbstversorgung ihrer Bediensteten ausgerichtet. Zum anderen
gehören sonstige Erwerbsunternehmen dazu, bei denen die Erbringung von Wohnungs-
bauleistungen nur Nebenzweck ist oder der Kapitalanlage für Dritte dient, wie z.B. bei
Immobilienfonds.
53
Die Anbieter, die eine dauerhafte Vermietung von Neubauobjekten beabsichtigen, müs-
sen ihre Wohnungsbauentscheidungen wegen hoher Anfangsinvestitionen und langer
Nutzungsdauer von Wohnungen zwangsläufig langfristig ausrichten. Dabei müssen sie
in ihre Planung neben dem übrigen Angebot und den Preisen besonders die künftige
Entwicklung der Wohnungsnachfrage mit einbeziehen, die im Folgenden dargestellt
wird.
54
50
Vgl. Kofner 2004, S. 26.
51
Vgl. Duvigneau 2001, o.S.
52
Vgl. Kühne-Büning/Nordalm/Steveling (Hrsg.) 2005, S. 105.
53
Vgl. Jenkis (Hrsg.) 1994, S. 29.
54
Vgl. Mayer 1998, S. 74.

14
5
Determinanten der Wohnungsnachfrage
Die Nachfrage nach Wohnraum wird von einer Vielzahl von Faktoren beeinflusst. Ab-
bildung 2 zeigt die Wirkungszusammenhänge der ökonomischen, staatlichen und de-
mografischen Komponenten, die in den nachfolgenden Abschnitten ausführlich be-
schrieben werden.
Abbildung 2: Nachfrage am Wohnungsmarkt.
Quelle: Deutsche Bank Research 2003a, S. 7.
5.1
Ökonomische Einflüsse auf die Wohnungsnachfrage
5.1.1 Preise
am
Wohnungsmarkt
Die in Abschnitt 3.1 gezeigten Schwankungen in der Wohnungsbautätigkeit können
dadurch erklärt werden, dass auf starke Nachfrageveränderungen nur mit zeitlicher Ver-
zögerung reagiert werden konnte. Solche Veränderungen können von demografischen
Einflüssen ausgehen, auf die später eingegangen wird. Darüber hinaus wird die Woh-
nungsnachfrage auch von einer Reihe ökonomischer Determinanten beeinflusst. Dazu
zählen neben Baulandpreisen, Wohnimmobilien- und Mietpreisen auch die Entwicklung
der Zinsen.
Wegen des erforderlichen hohen Kapitaleinsatzes im Wohnungsbau wird ein großer Teil
der Finanzierung üblicherweise durch Fremdmittel abgedeckt. Deshalb kommt dem

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2006
ISBN (eBook)
9783832495879
ISBN (Paperback)
9783838695877
Dateigröße
975 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Gottfried Wilhelm Leibniz Universität Hannover – Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät, Konjunktur- und Strukturpolitik
Note
2,0
Schlagworte
demographie wohnungsnachfrage wohnungspolitik haushalt stadt-umland-wanderung
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Titel: Demografischer Wandel und Wohnungsmarktentwicklung
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