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Die Entstehung des Geldes

©2005 Diplomarbeit 94 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Gang der Untersuchung:
Seit ihren Anfängen beschäftigt sich die Ökonomie mit der Frage, wie sich in allen Kulturen ein einheitliches Tausch- und Zahlungsmittel entwickeln konnte. Auf den ersten Blick erscheinen die unmittelbaren Vorteile einleuchtend: Ohne Geld müssten sich immer zwei Personen zufällig treffen, die dann jeweils genau das besitzen, was der andere gern hätte. Offen bleiben jedoch folgende Punkte: Welches Gut entwickelt sich zum Tauschgut und unter welchen Bedingungen? Warum wird auch ein Gut, das selbst keinen intrinsischen Nutzen oder Wert besitzt, von allen als Tauschgut akzeptiert?
Die vorliegende Arbeit hat zum Ziel, Erklärungen für diese Fragestellung zu geben, die allgemein als „Hahn-Problem“ bekannt ist, und diese Ergebnisse mit Hilfe von Simulationen und ökonomischen Experimenten zu verifizieren.
In Kapitel 2 beginne ich zur Erläuterung der Problemstellung mit einer Definition von Geld und gehe näher auf das Hahn-Problem ein. Danach stelle ich zwei Modelle vor, das Overlapping Generations Model (OLG-Modell) von Paul Samuelson und das Cash-In-Advance Model (CIA-Modell) von Robert Clower, die teilweise Erklärungsansätze für das beschriebene Problem bieten. Beide Modelle haben Vorteile, aber auch bedeutende Schwächen: So lässt das OLG-Modell die Tauschfunktion des Geldes völlig außer Acht, während es dem CIA-Modell nicht gelingt, die Entstehung des Geldes endogen zu erklären.
Kiyotaki/Wright schafften es 1989 mit ihrem viel beachteten Suchkostenmodell, die meisten Schwächen der vorhandenen Theorien zu überwinden: Sie setzen den Schwerpunkt auf die Tauschfunktion des Geldes und erklären die Entstehung von Geld endogen. Kapitel 3 beschreibt ihr Modell und bildet die theoretische Grundlage für meine Arbeit. Die Autoren gehen zunächst von einer reinen Tauschwirtschaft aus und untersuchen, welches Gut im stationären Gleichgewichtszustand als Warengeld verwendet wird.
Es zeigt sich, dass nicht nur die Lagerkosten, sondern auch die Vermarktbarkeit eines Gutes entscheidend für dessen Einsatz als Tauschmittel ist. Im nächsten Schritt wird „Rechengeld“ in die Tauschwirtschaft eingeführt, dessen Lagerkosten zwar null sind, das aber auch keinen direkten Wert für die Marktteilnehmer darstellt. Wenn die Marktteilnehmer darauf vertrauen, dass die anderen das Rechengeld als Bezahlung für ein Gut annehmen, wird sich Rechengeld zum allgemein akzeptierten Tauschmittel entwickeln. Die Marktteilnehmer bewerten dann den Wert des […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


ID 9586
Steinwender, Claudia: Die Entstehung des Geldes
Druck Diplomica GmbH, Hamburg, 2006
Zugl.: Technische Universität Wien, Diplomarbeit, 2005
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Diplomica GmbH
http://www.diplom.de, Hamburg 2006
Printed in Germany


Inhaltsverzeichnis
1
Einleitung
5
2
Problemstellung: Warum gibt es Geld?
7
2.1 Funktionen von Geld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
7
2.2 Warengeld und Rechengeld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
8
2.3 Overlapping Generations Model (OLG-Modell) . . . . . . . . . . . . . .
9
2.4 Cash-In-Advance Model (CIA-Modell) . . . . . . . . . . . . . . . . . .
9
2.5 Verbesserungsansätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
10
3
Suchkostenmodell von Kiyotaki und Wright
11
3.1 Übergang zu Warengeld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
11
3.1.1
Die Wirtschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
11
3.1.2
Modellspezifikation A . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
16
3.1.3
Modellspezifikation B . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
27
3.1.4
Interpretation und Kritik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
31
3.2 Übergang zu Rechengeld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
32
3.2.1
Einführung von Rechengeld in die Wirtschaft . . . . . . . . . .
32
3.2.2
Vertrauen als notwendige Bedingung . . . . . . . . . . . . . . .
33
3.2.3
Nash-Gleichgewichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
34
3.2.4
Geldfähigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
36
3.2.5
Wohlfahrtssteigerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
40
3.2.6
Interpretation und Kritik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
40
4
Experimente mit Studenten
42
4.1 Verwendung von Experimenten in der Ökonomie . . . . . . . . . . . . .
42
4.2 Allgemeines Versuchsdesign . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
42
4.3 Veränderung des Versuchsdesigns beim zweiten Experiment . . . . . . .
44
4.3.1
Parameterwahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
44
4.3.2
Ex ante Festlegung der Strategien . . . . . . . . . . . . . . . . .
45
4.3.3
Betonung des Diskontfaktors . . . . . . . . . . . . . . . . . .
45
4.3.4
Unabhängigkeit der Experimente . . . . . . . . . . . . . . . . .
45
4.3.5
Fragebogen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
46
4.4 Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
46
4.4.1
Erstes Experiment . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
47
4.4.2
Zweites Experiment . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
48
4.4.3
Vergleich mit Experimenten von Duffy . . . . . . . . . . . . . .
49
1

INHALTSVERZEICHNIS
2
5
Simulation durch genetische Algorithmen
52
5.1 Optimierung nach dem Vorbild der biologischen Evolution . . . . . . .
52
5.2 Anwendung auf Modell von Kiyotaki und Wright . . . . . . . . . . . .
53
5.2.1
Aufbau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
54
5.2.2
Verwendete Nutzenfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
55
5.2.3
Abgeänderte Version des Programms . . . . . . . . . . . . . . .
57
5.3 Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
57
5.3.1
Modell A . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
58
5.3.2
Modell B . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
63
5.4 Weiterführende Überlegungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
65
6
Zusammenfassung
67
7
Anhang
69
7.1 Berechnung der stationären Verteilung im fundamentalen Fall mit Ma-
thematica, Modell A . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
69
7.2 Berechnung der stationären Verteilung im spekulativen Fall mit Mathe-
matica, Modell A . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
69
7.3 Berechnung der stationären Verteilung im fundamentalen Fall mit Ma-
thematica, Modell B . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
70
7.4 Berechnung der stationären Verteilung im spekulativen Fall mit Mathe-
matica, Modell B . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
70
7.5 Ein Tauschexperiment - Spielregeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
72
7.6 Tauschblatt Experiment 1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
74
7.7 Adaptiertes Pascal-Programm für Modell A . . . . . . . . . . . . . . .
75
7.8 Tauschblatt Experiment 2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
88

Abbildungsverzeichnis
3.1 Intuitive Herleitung des Tauschgutes . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
21
3.2 Tauschmuster fundamentales Gleichgewicht, Modell A . . . . . . . . . .
23
3.3 Tauschmuster spekulatives Gleichgewicht, Modell A . . . . . . . . . . .
26
3.4 Tauschmuster fundamentales Gleichgewicht, Modell B . . . . . . . . . .
29
3.5 Tauschmuster spekulatives Gleichgewicht, Modell B . . . . . . . . . . .
31
3.6 Gleichgewichte im Parameterraum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
32
3.7 Tauschmuster fundamentales Gleichgewicht mit Rechengeld . . . . . . .
36
3.8 Bestand (gelb: Gut 0, rot: Gut 1, orange: Gut 2, blau: Gut 3) . . . . .
37
3.9 Transaktionen (gelb: Gut 0, rot: Gut 1, orange: Gut 2, blau: Gut 3) . .
38
3.10 Zirkulationsgeschwindigkeit (gelb: Gut 0, rot: Gut 1, orange: Gut 2, blau:
Gut 3) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
38
3.11 Akzeptanz (gelb: Gut 0, rot: Gut 1, orange: Gut 2, blau: Gut 3) . . . .
39
4.1 Wahrscheinlichkeit, dass Spiel in den nächsten Runden endet . . . . . .
46
5.1 Dominanz vom fundamentalen und spekulativen Gleichgewicht, Modell A 61
5.2 Dominanz vom fundamentalen und spekulativen Gleichgewicht, Modell B 65
7.1 Tauschblatt Experiment 1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
74
7.2 Tauschblatt Experiment 2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
88
3

Tabellenverzeichnis
3.1 Tauschmatrix ohne Strategien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
14
3.2 Strategiekombinationen und Nash-Gleichgewichte . . . . . . . . . . . .
15
3.3 Tauschmatrix fundamentale Strategien . . . . . . . . . . . . . . . . . .
17
3.4 Stationäres Gleichgewicht bei fundamentalen Strategien . . . . . . . . .
22
3.5 Tauschmatrix spekulative Strategien . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
24
3.6 Stationäres Gleichgewicht bei spekulativen Strategien . . . . . . . . . .
26
3.7 Tauschmatrix spekulative Strategien, Modell B . . . . . . . . . . . . . .
29
3.8 Tauschmatrix, Übergang zu Rechengeld . . . . . . . . . . . . . . . . . .
34
4.1 Eigenschaften der Spieler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
43
4.2 Lagerkosten des Experiments . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
43
4.3 Bereitschaft, Tauschgut anzunehmen, fundamentales Gleichgewicht . .
47
4.4 Verteilung der Güter in %, erstes Experiment (f=fundamental, sp=spe-
kulativ) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
48
4.5 Bereitschaft in Prozent, Tauschgut anzunehmen, spekulatives Gleichge-
wicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
48
4.6 Verteilung der Güter in %, zweites Experiment (f=fundamental, sp=spe-
kulativ) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
49
4.7 Bereitschaft in Prozent, Tauschgut anzunehmen, spekulatives Gleichge-
wicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
50
4.8 Teststatistik Ù und kritische Werte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
50
5.1 Kodierte Tauschstrategien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
54
5.2 Parameter und beobachtete Gleichgewichte der Simulationen von Mo-
dell A (Vgl. Staudinger [17]) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
59
5.3 Zusätzliche Simulationen zu Modell A (Vgl. Staudinger [17])
. . . .
60
5.4 Veränderung Simulationsdauer in Modell A (Vgl. Staudinger [17])
.
61
5.5 Veränderung Güterallokation in Modell A (Vgl. Staudinger [17])
. .
62
5.6 Simulationen im Parameterraum ohne Nash-Gleichgewicht in Modell A
(Vgl. Staudinger [17]) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
63
5.7 Parameter und beobachtete Gleichgewichte der Simulationen in Mo-
dell B (Aus Staudinger [17])
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
64
5.8 Zusätzliche Simulationen zu Modell B (Aus Staudinger [17]) . . . . .
65
4

Kapitel 1
Einleitung
Von Muscheln über Salz bis hin zu bedruckten Papierscheinen: In allen Kulturen konnte
man früher oder später die Entwicklung eines einheitlichen Tausch- und Zahlungsmit-
tels beobachten, das für sich genommen keinen Wert oder Nutzen hat. Warum jedoch
akzeptieren wir im Alltag jederzeit dieses Geld als Gegenleistung, wenn es wert- und
nutzlos ist und nicht einmal eine Deckung besitzt?
Die vorliegende Arbeit hat zum Ziel, Erklärungen für dieses Phänomen zu geben,
das allgemein als Hahn-Problem bekannt ist, und diese Ergebnisse mit Hilfe von Simu-
lationen und ökonomischen Experimenten zu verifizieren.
In Kapitel 2 beginne ich zur Erläuterung der Problemstellung mit einer Definition
von Geld und gehe nochmals näher auf das Hahn-Problem ein. Danach stelle ich zwei
Modelle vor, das Overlapping Generations Model (OLG-Modell) von Paul Samuelson
und das Cash-In-Advance Model (CIA-Modell) von Robert Clower, die teilweise Er-
klärungsansätze für das beschriebene Problem bieten. Beide Modelle haben Vorteile,
aber auch bedeutende Schwächen: So lässt das OLG-Modell die Tauschfunktion des
Geldes völlig außer Acht, während es dem CIA-Modell nicht gelingt, die Entstehung
des Geldes endogen zu erklären.
Kiyotaki/Wright [11] schafften es 1989 mit ihrem viel beachteten Suchkosten-
modell, die meisten Schwächen der vorhandenen Theorien zu überwinden: Sie setzen
den Schwerpunkt auf die Tauschfunktion des Geldes und erklären die Entstehung von
Geld endogen. Kapitel 3 beschreibt ihr Modell und bildet die theoretische Grundla-
ge für meine Arbeit. Dabei beginne ich mit einer reinen Warenwirtschaft, in der sich
ein oder mehrere Güter zum Tauschgut entwickeln. Später führe ich Rechengeld ein,
das keinen intrinsischen Wert hat, und charakterisiere Gleichgewichte, in denen dieses
Rechengeld als Tauschmittel verwendet wird.
In ihren Arbeiten behandeln Kiyotaki und Wright nur den stationären Gleichge-
wichtszustand, gehen aber nicht darauf ein, ob und wie dieses Gleichgewicht tatsäch-
lich erreicht wird. Mit meiner Arbeit habe ich versucht, diesen Fragestellungen auf
den Grund zu gehen und dazu zwei verschiedene Methoden verwendet: ökonomische
Experimente mit Studenten und Computersimulationen mit genetischen Algorithmen.
In Kapitel 4 simuliere ich die Voraussetzungen des theoretischen Modells in einem
ökonomischen Laborexperiment und beobachte, wie sich Studenten in der Umwelt von
Kiyotaki und Wright verhalten. Die Ergebnisse überraschen, denn die zwei durchge-
führten Experimente können das Modell nur teilweise unterstützen: Unter Laborbedin-
gungen wählen die Spieler auch nicht rationale Strategien.
5

KAPITEL 1. EINLEITUNG
6
Für die zweite Methode gebe ich die Annahme von rationalen Erwartungen auf und
simuliere in Kapitel 5 nach Staudinger [17] genetische Algorithmen, um zu testen,
wie sich nicht rationale Individuen in der Umwelt von Kiyotaki und Wright verhalten.
Es zeigt sich, dass die Individuen stark zur Annahme des theoretischen Gleichgewichts
tendieren.
Abschließend fasse ich in Kapitel 6 die Ergebnisse der Arbeit zusammen.

Kapitel 2
Problemstellung: Warum gibt es Geld?
Bereits Adam Smith hat sich in seinem Werk ,,Der Wohlstand der Nationen" die Frage
,,Warum gibt es Geld?" gestellt:
1
,,In den Anfängen der Arbeitsteilung muss der Tausch häufig noch sehr
schleppend und stockend vor sich gegangen sein. Nehmen wir an, jemand
habe von einer Ware mehr als er selbst braucht, ein anderer dagegen zu we-
nig davon. Dann würde der erste froh sein, wenn er von dem überschüssigen
etwas abgeben, der zweite etwas davon kaufen könnte. Hat dieser aber ge-
rade nichts zur Hand, was der erste braucht, kann kein Tausch unter ihnen
zustande kommen. [...]
Um nun solche misslichen Situationen zu vermeiden, musste eigentlich
jeder vernünftige Mensch auf jeder Entwicklungsstufe seit dem Aufkommen
der Arbeitsteilung bestrebt gewesen sein, es so einzurichten, dass er ständig
außer dem Produkt seiner eigenen Arbeit einen kleinen Vorrat der einen
oder anderen Ware bereit hatte, von der er annehmen konnte, dass andere
sie im Tausch gegen eigene Erzeugnisse annehmen werden."
Smith beschreibt die Entwicklung von Warengeld über dessen Funktion als Tausch-
mittel. Später ist es jedoch dazu gekommen, nicht nur Waren als Tauschgüter zu ver-
wenden, sondern auch sogenanntes Rechengeld, das selbst keinen intrinsischen direkten
Nutzen hat.
Im Folgenden gebe ich zunächst eine Definition von Geld über dessen Funktionen,
wie sie in der heutigen Literatur allgemein verwendet wird. Anschließend beschreibe
ich zwei wichtige Modelle zur Erklärung der Entstehung von Geld, das Overlapping
Generations Model sowie das Cash-In-Advance Modell, und gehe auf dessen Vorteile
und Schwächen ein.
2.1 Funktionen von Geld
Geld wird in der heutigen Literatur über seine drei charakteristischen Funktionen de-
finiert (vgl. z.B. Mankiw [12], S. 147-148):
· Tausch- und Zahlungsmittelfunktion: Bereits Adam Smith sah das wichtigste Pro-
blem beim Warentausch in der doppelten Übereinstimmung der Bedürfnisse: Es
1
Smith
[15], S. 23-24.
7

KAPITEL 2. PROBLEMSTELLUNG: WARUM GIBT ES GELD?
8
müssen sich zwei Marktteilnehmer finden, die jeweils besitzen, was der ande-
re möchte. Diese Anforderung für einen erfolgreichen Tausch wird auch ,,Double
Coincidence of Wants" genannt. Die Einführung von Geld als Tauschmittel führt
dazu, dass statt einer doppelten nur mehr eine einfache Übereinstimmung der Be-
dürfnisse notwendig ist: Ein Marktteilnehmer muss besitzen, was ein anderer will
und ist dazu bereit, Geld als Gegenleistung zu akzeptieren. Die Wahrscheinlich-
keit, dass es zu erfolgreichen Tauschgeschäften kommt, wird durch die Einführung
von Geld also erhöht. Dabei fallen für die Marktteilnehmer weniger Suchkosten
an, sei es in Form von Zeit oder anderen Ressourcen (vgl. Walsh [20], S. 93).
· Wertaufbewahrungsfunktion: Geld ermöglicht es, den Wert eines Gutes von der
Gegenwart in die Zukunft zu übertragen, da Geld nicht verderblich ist. Diese
Funktion bildet die Grundlage für die Geldvermehrung durch Zinsen, wodurch
jedoch Deflation und Inflation entstehen können.
· Wertmessfunktion: Die Wertangabe in Einheiten von Geld erleichtert die Ver-
gleichbarkeit von Gütern. In einer Wirtschaft mit n Gütern müssen sich die
Marktteilnehmer ohne Geld insgesamt
n
(n-1)
2
relative Preise merken. Verwendet
man Geld, sind es nur noch n Preise.
2.2 Warengeld und Rechengeld
Wenn das Geld für sich genommen einen direkten Nutzen hat, bezeichnet man es als
,,Warengeld", andernfalls wird es ,,Rechengeld" genannt. Historisch können wir zuerst
einen Übergang vom direkten Gütertausch zu Warengeld und anschließend zu Rechen-
geld beobachten. Diese Trennung in zwei Phasen verwenden wir auch in der theoreti-
schen Modellierung:
· Übergang von Gütertausch zu Warengeld: Wenn eine Ware nicht mehr für den
Konsum, sondern allein wegen der besseren Eintauschbarkeit gehalten wird, be-
zeichnet man dieses Gut als Warengeld. Als Beispiel dafür kann man Metalle
anführen, aber auch Zigaretten in einem Kriegsgefangenenlager der Nazis
2
, Salz
in Abessinien, Muscheln in Indien, Tabak in Virginia oder Nägel in Schottland
3
.
· Übergang von Warengeld zu Rechengeld, ,,Fiat Money": Im Unterschied zum Wa-
rengeld hat Rechengeld, auch als ,,Fiat Money" bezeichnet, die folgenden zwei
Eigenschaften (vgl. Wallace [19]):
­
Intrinsische Wertlosigkeit: Das Rechengeld selbst ist wertlos, d.h. es kommt
in keiner Nutzen- oder Produktionsfunktion vor.
­
Nicht-Konvertierbarkeit: Der Inhaber hat keinen Anspruch darauf, das Geld
in etwas mit Wert umzuwandeln.
Unsere heutigen Währungen sind Rechengeld, also Geld ohne Warendeckung (vgl.
Mankiw [12], S. 148). Beim Übergang zu Rechengeld spielt das Vertrauen der
2
Vgl. Radford, R. (1945). Zitiert in: Mankiw [12], S. 149.
3
Vgl. Smith [15], S. 23.

KAPITEL 2. PROBLEMSTELLUNG: WARUM GIBT ES GELD?
9
Marktteilnehmer in den Wert des Geldes eine wichtige Rolle. Darauf werde ich
in Kapitel 3.2.2 noch näher eingehen.
Besonders die zweite Phase, der Übergang zu Rechengeld, beschäftigt die Ökonomen:
Warum tauschen wir etwas mit Wert gegen etwas anderes, das für sich genommen
keinen Wert hat und auch keinerlei Nutzen stiftet? Diese Frage wird auch als ,,Hahn-
Problem" bezeichnet.
Im Folgenden skizziere ich mehrere Ansätze zur Lösung des Hahn-Problems: Das
,,Overlapping Generations Model" von Paul Samuelson (vgl. Wallace [19]), das sich
auf die Wertaufbewahrungsfunktion von Geld konzentriert, aber dessen Tauschfunk-
tion außer Acht lässt, sowie das ,,Cash-In-Advance Model" von Robert Clower (vgl.
Walsh [20], S. 98-115). In Kapitel 3 stelle ich das Modell von Kiyotaki und Wright
(vgl. Kiyotaki/Wright [11]) vor, das die Schwächen der anderen beiden Ansätze
vermeidet.
2.3 Overlapping Generations Model (OLG-Modell)
Im Overlapping Generations Model von Samuelson (vgl. Wallace [19]) leben die
Marktteilnehmer jeweils zwei Perioden lang, sodass es in jeder Periode immer eine jun-
ge und eine alte Generation gibt. Außerdem wird angenommen, dass die Bevölkerung
mit der Rate n wächst. Die Marktteilnehmer jeder Generation werden jeweils am An-
fang der Periode mit einem Gut ausgestattet, das sie konsumieren können, ansonsten
verdirbt es am Ende der Periode. Die junge Generation hat auch noch die Möglich-
keit, das Gut gegen Geldscheine an die alte Generation zu verkaufen, was sie in einem
gewissen Ausmaß auch tut, um sich besser zu stellen.
Es gelingt in diesem Modell, die Entstehung des Geldes endogen zu erklären, da die
Einführung von Geld zu einer Wohlfahrtssteigerung führt. Außerdem wird Vertrauen
in den Wert des Geldes konstruiert, was eine wesentliche Bedingung für das Funktio-
nieren von Rechengeld ist. Als Kritik sei jedoch angemerkt, dass nur die Wertaufbe-
wahrungsfunktion modelliert, die wesentliche Tauschfunktion des Geldes aber außer
Acht gelassen wird. Das führt dazu, dass das Modell nur funktioniert, wenn es kein
anderes Gut mit einer höheren Rendite als Geld gibt - eine nicht haltbare Annahme in
der Realität.
2.4 Cash-In-Advance Model (CIA-Modell)
Im Cash-In-Advance Model (vgl. Walsh [20], S. 98-115) wird mehr Wert auf die
Tauschfunktion des Geldes gelegt: Wegen der Cash-In-Advance-Restriktion muss das
konsumierte Gut durch zuvor gehaltenes Geld bezahlt werden. Unterstellt man Sicher-
heit und perfekte Voraussicht, wird jeder Marktteilnehmer immer genau so viel Geld
halten, wie er in der nächsten Periode für seinen Konsum benötigt. Lässt man Unsi-
cherheit zu, muss der Marktteilnehmer abwägen zwischen der Gefahr, zu wenig Geld für
den Konsum zu halten, und den entgangenen Zinsen im Fall von zu großem Geldbesitz.
Obwohl in diesem Modell die Tauschfunktion des Geldes in den Vordergrund gestellt
wird, ist es nicht dazu geeignet, die Entstehung von Geld endogen zu erklären. Vielmehr

KAPITEL 2. PROBLEMSTELLUNG: WARUM GIBT ES GELD?
10
wird sie durch die CIA-Bedingung vorgeschrieben. Außerdem ist durch die Benützung
von Geld keine Wohlfahrtssteigerung erkennbar.
2.5 Verbesserungsansätze
Zusammenfassend ist keines der beiden vorgestellten Modelle zufrieden stellend, da es
nicht gelingt, die Tauschfunktion als Erklärung für die endogene Entstehung von Geld
zu verwenden.
Um die Tauschfunktion als wesentliche Funktion des Geldes in ein Modell zu inte-
grieren, ist es notwendig, sich von der traditionellen allgemeinen Gleichgewichtstheorie
zu lösen: In dieser Theorie gibt es einen zentralen Markt, wo ein ,,walrasianischer Auk-
tionator" die Preise so bestimmt, dass Angebot und Nachfrage zu einem Gleichgewicht
finden. Definitionsgemäß herrscht daher gar keine Notwendigkeit zur Einführung von
Geld. Die zentrale Funktion des Geldes, die Tauschfunktion, wird durch den Auktio-
nator übernommen (vgl. Varian [18], S. 499).
In Anbetracht dieser Tatsache wurden daher dezentrale Tauschmodelle entwickelt,
bei denen sich die Marktteilnehmer zufällig treffen und bilateral verhandeln. Ein be-
deutendes Modell dieser Klasse ist das Modell von Kiyotaki und Wright (vgl. Kiyo-
taki/Wright [11]). Dieses Transaktionskostenmodell bildet den Schwerpunkt von
Kapitel 3.

Kapitel 3
Suchkostenmodell von Kiyotaki und
Wright
Kiyotaki/Wright [11] gehen von einem dezentralen Modell aus, in dem die Markt-
teilnehmer bilateral tauschen können. Sie konzentrieren sich auf die Tauschfunktion
des Geldes und behaupten, dass Geld entsteht, weil es die Transaktionskosten senkt.
Die Autoren modellieren dabei die in Abschnitt 2.2 skizzierten Phasen: In der ersten
Phase werden ein oder mehrere Güter als Warengeld verwendet. In der zweiten Phase
erklären sie die Entstehung von Rechengeld.
3.1 Übergang zu Warengeld
Warum sollte jemand ein Gut haben wollen, das er nicht konsumieren kann? In diesem
Abschnitt zeige ich, dass dieses Verhalten nur auf den ersten Blick sinnlos erscheint, in
Wahrheit aber durchaus indirekten Nutzen stiften kann.
Zuerst soll die Wirtschaft dargestellt werden, in der die Marktteilnehmer von Kiyo-
taki und Wright leben. Danach gehe ich auf zwei verschiedene Spezifikationen des
Modells ein, um anschließend die Ergebnisse zu interpretieren.
3.1.1
Die Wirtschaft
In einer Ökonomie mit diskreter Zeit agieren Marktteilnehmer, die unendlich lang leben
und rationale Erwartungen haben. Sie spezialisieren sich sowohl in Produktion als auch
in Konsum und werden zu drei verschiedenen Typen zusammengefasst, die jeweils gleich
häufig vorkommen. Ein Marktteilnehmer vom Typ i kann nur Gut i konsumieren und
ein anderes Gut j = i produzieren. Daraus ergeben sich zwei Modellvarianten:
· Modellspezifikation A: Marktteilnehmer i produziert das Gut i + 1 mod 3.
· Modellspezifikation B: Marktteilnehmer i produziert das Gut i - 1 mod 3.
In jeder Periode treffen sich zwei Marktteilnehmer zufällig und können bilateral tau-
schen. Jeder Marktteilnehmer vom Typ i zieht nur aus dem Konsum von Gut i einen
Nettonutzen in der Höhe von u
i
, der sich aus dem Bruttonutzen U
i
abzüglich der Pro-
duktionskosten D
i
ergibt. Die anderen Güter j, j = i, kann er nicht konsumieren und
11

KAPITEL 3. SUCHKOSTENMODELL VON KIYOTAKI UND WRIGHT
12
muss sie daher lagern, wobei Lagerkosten in der Höhe von c
ij
anfallen. O.B.d.A. gelte
für die Lagerkosten
c
i
3
> c
i
2
> c
i
1
> 0
für alle i.
(3.1)
Aus dem Modellaufbau wird sofort klar, dass kein direkter Tausch möglich ist und sich
daher mindestens ein Gut zum Tauschmittel entwickeln muss, soll überhaupt jemals
Konsum stattfinden.
Die Marktdynamik
Wenn der Nutzen aus dem Konsum nicht groß genug ist, könnten sich die Marktteil-
nehmer auch damit zufrieden geben, ihr produziertes Gut für immer zu lagern und so
aus der Wirtschaft auszuscheiden. Damit das nicht passiert, legen wir fest: Der Nut-
zen aus dem Konsum von Gut i abzüglich der diskontierten Lagerkosten c
ij
, falls der
Marktteilnehmer im schlimmsten Fall sein Produktionsgut j für immer lagert, muss
größer sein als die Lagerkosten vom bereits gehaltenen Gut k, für alle k = i.
u
i
-
t
=0
t
· c
ij
> -
t
=0
t
· c
ik
u
i
>
t
=0
t
(-c
ik
+ c
ij
)
u
i
>
(c
ij
- c
ik
)
1 -
für (0,1), für alle i,kmitk = i. (3.2)
Die letzte Ungleichung bezeichnen wir als Bedingung zur Teilnahme an der Tausch-
wirtschaft.
Jeder Marktteilnehmer bestimmt nun eine Entscheidungsregel, die festlegt, wann er
sein Gut gegen ein anderes tauscht - sei es gegen sein Konsumgut oder ein ,,Zwischen-
gut". Formal wird die Regel durch die Funktion
i
(j, k) ausgedrückt: Wenn Marktteil-
nehmer i Gut j hält und sein Tauschpartner Gut k besitzt, kann
i
die Werte 1 oder 0
annehmen:
i
(j, k) =
1 Gut j gegen Gut k tauschen
0 nicht tauschen
.
Der Tausch findet klarerweise nur dann statt, wenn beide Marktteilnehmer tauschen
wollen, was als Double Coincidence of Wants bzw. doppelte Übereinstimmung der
Bedürfnisse bezeichnet wird und mit der folgenden Bedingung formal beschrieben wird:
i
(j, k) ·
h
(k, j) = 1.
Die Zielfunktionen der Marktteilnehmer
Gesucht ist jene Entscheidungsregel, die den Gesamtnutzen über die Lebensdauer des
Marktteilnehmers maximiert. Der Gesamtnutzen J ist also die unendliche Summe der
erwarteten Periodengewinne/-verluste G mit Diskontfaktor (0,1).
J(j, ) = E
t
=0
t
· G(j,)

KAPITEL 3. SUCHKOSTENMODELL VON KIYOTAKI UND WRIGHT
13
Die Funktion G ist abhängig vom Gut j, das der Marktteilnehmer am Anfang der Peri-
ode hält, sowie seiner Tauschentscheidung . Sie setzt sich zusammen aus dem Nutzen
aus Konsum und den Lagerkosten. In jeder Periode fallen Lagerkosten an: Selbst wenn
der Marktteilnehmer aus einem Tausch mit seinem Konsumgut hervorgeht, produziert
er nach dem Konsum sofort wieder sein Produktionsgut, wofür er Lagerkosten zahlen
muss.
J(j, ) = E
t
=0
t
· I
u
i
· u
i
-
j
=i
I
c
ij
· c
ij
max
Die Indikatorfunktionen I
u
i
und I
c
ij
nehmen den Wert 1 an, wenn Gut i konsumiert
bzw. Gut j, j = i, gelagert wird.
Formulierung des Problems mit Hilfe der Bellman-Gleichung
Da jede Tauschentscheidung nicht nur den momentanen Periodengewinn (direkte Wir-
kung), sondern auch die Gewinne aller folgenden Perioden (indirekte Wirkung) be-
einflusst und außerdem ein Zufallseinfluss die Zusammentreffen bestimmt, müssen wir
zur Lösung des Maximierungsproblems Konzepte aus der stochastischen dynamischen
Programmierung (DP) anwenden (vgl. Bertsekas [1], Kap. 6 und Haunschmied [7]).
Als Zustand fungiert dabei das jeweilige Gut j, das Agent i am Beginn der Pe-
riode hält. Er kann dieses Gut entweder selbst produziert oder durch Tausch in der
Vorperiode erhalten haben.
Die Wertfunktion V misst den Wert der Zielfunktion, wenn sich der Marktteilneh-
mer in Zustand j befindet und sich in Folge bis Prozessende optimal verhält:
V (j) = max
J(j, )
Eine Entscheidungsregel heißt optimal, wenn das Maximum erreicht wird, d.h. die
Wertfunktion selbst optimal ist. Aus der DP wissen wir, dass die Lösung des Pro-
blems äquivalent zur Lösung der sogenannten Bellman-Gleichung ist (vgl. Haun-
schmied [7]), die in unserem Fall wie folgt lautet:
V (j) = max
E G(j, ) +
· V (f(j,)) .
(3.3)
Die Funktion f beschreibt die Systemdynamik, d.h. sie ordnet einem Zustand und einer
Entscheidung einen Folgezustand zu.
Die Bellman-Gleichung besagt, dass zur Optimierung des Gesamtnutzens im Zu-
stand j eine Strategie so gewählt werden muss, dass die Summe des momentanen
Gewinns G(j, ) und die des einmal diskontierten maximal möglichen Folgenutzens
V (f (j, )) maximal wird. Dabei bedeutet der maximal mögliche Folgenutzen, dass sich
der Marktteilnehmer am Beginn der nächsten Periode im Zustand f(j, ) befindet und
sich auf den weiteren Stufen optimal verhält.
Kiyotaki und Wright interpretieren die Bellman-Gleichung so, dass als Momentan-
verlust die Lagerkosten zu verstehen sind, d.h. die Funktion G nur von j und nicht von
abhängig ist. Der Nutzen aus Konsum geht in den Nutzen des Folgezustandes ein.
Bezeichnen wir die Wertfunktion von Marktteilnehmer i mit V
i
(j) bzw. kurz mit
V
ij
. Da G nur mehr von j abhängt, kann man den Term aus dem Maximums-Operator

KAPITEL 3. SUCHKOSTENMODELL VON KIYOTAKI UND WRIGHT
14
I
II
III
1
2
3
1
2
3
1
2
3
1
I
2
K K T
?
?
K
3
K
?
K T
?
1
K
K K
?
II
2
3
K
?
T
1
K K
III 2
K
3
Tabelle 3.1: Tauschmatrix ohne Strategien
herausziehen sowie für G
i
(j) gleich die Lagerkosten einsetzen und erhält:
V
ij
= V
i
(j) = max
i
G
i
(j) + · EV
i
(f (j,
i
))
= G
i
(j) + · max
i
EV
i,f
(j,
i
)
= -c
ij
+ · max
i
EV
i,f
(j,
i
)
.
(3.4)
Kiyotaki und Wright bezeichnen Gleichung 3.4 als Bellman-Gleichung des Modells.
Die Strategien der Marktteilnehmer
Einige Entscheidungsregeln ergeben sich sofort aus den bisherigen Annahmen:
·
i
(j, k) = 1 V
ik
> V
ij
: Marktteilnehmer i tauscht immer dann, wenn die
Wertfunktion seines eingehandelten Gutes k größer ist als die des gehaltenen
Gutes j.
·
i
(j, j) = 0: Ein Tausch gegen dasselbe Gut bringt nichts und ist daher irrelevant.
·
i
(j, k) = 1
i
(k, j) = 0 für j = k: Marktteilnehmer desselben Typs handeln
nie, da sie dasselbe Gut bevorzugen.
· max
j
V
ij
= V
ii
für alle i: Jeder Marktteilnehmer wird sein Konsumgut jederzeit
eintauschen und konsumieren. Das folgt aus der Bedingung zur Teilnahme an der
Tauschwirtschaft 3.2.
Mit den oben genannten Entscheidungsregeln sind von 21 möglichen Treffen - je nach
Typ des Marktteilnehmers und Güterausstattung - bereits die Ausgänge von 15 Treffen
bestimmt. Das habe ich in Tabelle 3.1 als Tauschmatrix dargestellt.
1
In den verbleibenden sechs Situationen können die Marktteilnehmer je nach ihrer
bevorzugten Strategie handeln: Wenn zum Beispiel Marktteilnehmer I mit Gut 3 einen
Marktteilnehmer vom Typ II mit Gut 1 trifft, würde Marktteilnehmer I in dieser Si-
tuation zwar gern tauschen um sein Konsumgut zu erhalten, aber Marktteilnehmer II
1
Der Typ des Marktteilnehmers wird dabei mit einer römischen Ziffer bezeichnet, der Typ des
Gutes mit einer arabischen. T bedeutet ,,Tausch", K ,,kein Tausch", ? ,,offene Situation".

KAPITEL 3. SUCHKOSTENMODELL VON KIYOTAKI UND WRIGHT
15
Fall Typ I Typ II Typ III Modell A
Modell B
1
a
a
a
,,Fundamentales GGW" ,,Fundamentales GGW"
2
a
b
a
3
a
a
b
4
a
b
b
,,Spekulatives GGW"
5
b
a
a
,,Spekulatives GGW"
6
b
b
a
7
b
a
b
8
b
b
b
Tabelle 3.2: Strategiekombinationen und Nash-Gleichgewichte
muss sich erst entscheiden, ob er statt Gut 1 lieber Gut 3 hätte - beide Güter sind
nicht seine Konsumgüter.
Jeder Marktteilnehmer kann zwischen den folgenden beiden Strategien wählen:
a) Fundamentale Strategie: Der Marktteilnehmer bevorzugt das Gut mit den geringe-
ren Lagerkosten.
b) Spekulative Strategie: Der Marktteilnehmer bevorzugt das Gut mit den höheren
Lagerkosten, weil es unter Umständen eine bessere Vermarktbarkeit hat.
Wir nehmen an, dass sich alle Marktteilnehmer desselben Typs für dieselbe Strate-
gie entscheiden. Abhängig davon gibt es acht spieltheoretische Szenarien, dargestellt
in Tabelle 3.2. Dabei bedeutet a, dass die Marktteilnehmer des jeweiligen Typs eine
fundamentale Strategie wählen, während sie bei b eine spekulative Strategie anwenden.
Da ein Marktteilnehmer nicht weiß, welche Strategien die anderen wählen, handelt
es sich hierbei um ein nicht-kooperatives Spiel. Zur Lösung des Spiels ziehen wir das
Konzept des Nash-Gleichgewichts aus der Spieltheorie heran. In Tabelle 3.2 habe ich
bereits vorweggenommen, wo die Gleichgewichte des Spiels bei den beiden Modellspe-
zifikationen liegen.
Bestimmung der Nash-Gleichgewichte
Wir beginnen mit der Definition des Nash-Gleichgewichts (vgl. Binmore [3], S. 47,
und Holler [9], S. 56).
Definition 3.1.
Als Nash-Gleichgewicht wird in Spielen ein Zustand eines strategi-
schen Gleichgewichts bezeichnet, von dem ausgehend kein einzelner Spieler für sich
einen Vorteil erzielen kann, indem er allein seine Strategie verändert.
Kiyotaki und Wright verwenden den folgenden Algorithmus, um die Nash-Gleich-
gewichte zu identifizieren:
· Wähle eine der acht Strategiekombinationen in Tabelle 3.2.
· Ersetze die ,,?" in der Tauschmatrix durch die Entscheidungen, die aufgrund der
gewählten Strategiekombination getroffen werden.

KAPITEL 3. SUCHKOSTENMODELL VON KIYOTAKI UND WRIGHT
16
· Stellt die Strategiekombination tatsächlich ein Nash-Gleichgewicht dar? Nach
Binmore [3], S. 56, gilt im Nash-Gleichgewicht, dass die ,,Auszahlung" (in unse-
rem Fall der Gesamtnutzen J) der gewählten Strategie größer ist als die Auszah-
lungen der anderen Strategien, gegeben die Strategien der anderen Marktteilneh-
mer. Wenn sich der Marktteilnehmer beispielsweise für Strategie a entscheidet,
dann weil der Nutzen der fundamentalen Strategie größer ist. Wir müssen aber
nur die Wertfunktionen vergleichen, wenn wir die Bellman-Gleichung 3.3 verwen-
den:
J(j, a) > J(j, b)
-c
ij
+ · max
a,b
EV
i,f
(j,a)
> -c
ij
+ · max
a,b
EV
i,f
(j,b)
V
i,f
(j,a)
> V
i,f
(j,b)
(3.5)
Es genügt also zu überprüfen, wie die Wertfunktionen zueinander in Relation
stehen.
· Um festzustellen, welche Güter als Warengeld verwendet werden, beobachte ich,
wie sich die anfängliche Verteilung der Güter (alle Marktteilnehmer haben ihr
Konsumgut produziert; es gibt von jedem Typ gleich viele Marktteilnehmer) ent-
wickelt und bestimme die Verteilung im Gleichgewicht (stationäre Verteilung).
Die Verteilung der Marktteilnehmer und Güter wird abhängig vom Zeitpunkt als
Vektor
p(t) = p
ij
(t)
ij
{12,13,21,23,31,32}
dargestellt. Dieser Vektor hat sechs Einträge, wobei p
ij
der Anteil der Markt-
teilnehmer vom Typ i ist, die zum Zeitpunkt t Gut j besitzen (bezogen auf die
Marktteilnehmer vom Typ i).
Definition 3.2.
Als stationäre Verteilung wird jener Vektor p bezeichnet, für
den gilt:
p(t) = p für alle t.
3.1.2
Modellspezifikation A
Wie schon erwähnt, produzieren in Modellspezifikation A die Marktteilnehmer vom
Typ i das Gut i + 1 mod 3: Marktteilnehmer I produziert Gut 2, während Marktteil-
nehmer II Gut 3 und Marktteilnehmer III Gut 1 herstellt.
Wie wir bereits in Tabelle 3.2 vorweggenommen haben, rufen nur zwei der acht
Strategiekombinationen ein Gleichgewicht hervor, das sind Fall 1 und Fall 5, die im
Folgenden als ,,fundamentales Gleichgewicht" (da alle Marktteilnehmer fundamental
spielen) und ,,spekulatives Gleichgewicht" (da Marktteilnehmer I die spekulative Stra-
tegie wählt) bezeichnet werden.
Ich wende nun den oben beschriebenen Algorithmus auf diese beiden Strategiekom-
binationen an.
Strategiekombination 1: ,,Fundamentales Gleichgewicht"
In dieser Strategiekombination wählen alle Marktteilnehmer die fundamentale Strate-
gie, d.h. falls sie nicht ihr Konsumgut eintauschen können, wählen sie jenes mit den

KAPITEL 3. SUCHKOSTENMODELL VON KIYOTAKI UND WRIGHT
17
I
II
III
1
2
3
1
2
3
1
2
3
1
I
2
K K T
K K K
3
K K
K T T
1
K
K K T
II
2
3
K T T
1
K K
III 2
K
3
Tabelle 3.3: Tauschmatrix fundamentale Strategien
geringsten Lagerkosten. Wegen Annahme 3.1, die die Höhe der Lagerkosten bestimmt,
lauten die Entscheidungsregeln vollständig:
1. Alle Marktteilnehmer ziehen ihr Konsumgut allen anderen Gütern vor.
2. Danach gelten folgende Präferenzen aufgrund der fundamentalen Strategien nach
Höhe der Lagerkosten:
· Marktteilnehmer I: Gut 2 vor Gut 3
· Marktteilnehmer II: Gut 1 vor Gut 3
· Marktteilnehmer III: Gut 1 vor Gut 2
Die sich daraus ergebende vollständige Tauschmatrix habe ich in Tabelle 3.3 dargestellt.
Ich überprüfe nun, ob diese Strategiekombination tatsächlich zu einem Nash-Gleich-
gewicht führt. Dazu berechne ich die beiden Wertfunktionen wie in Ungleichung 3.5
angegeben und verwende dabei die Bellman-Gleichung 3.4.
Betrachten wir beispielsweise Marktteilnehmer I: Wegen Ungleichung 3.5 müssen
wir zeigen, dass V
12
> V
13
. Ich illustriere am Beispiel von V
12
, wie dieser Ausdruck mit
Hilfe der Bellman-Gleichung berechnet wird. Da Marktteilnehmer I am Anfang der
Periode Gut 2 besitzt, betragen die Lagerkosten c
12
. Nun trifft er entweder Marktteil-
nehmer I, II oder III, jeweils mit den Wahrscheinlichkeiten 1/3.
· Trifft er Marktteilnehmer I, wird er nicht handeln, da Marktteilnehmer gleichen
Typs nie tauschen. Der Folgenutzen beträgt demnach V
12
.
· Trifft er Marktteilnehmer II, hat dieser mit Wahrscheinlichkeit p
21
das Gut 1 und
mit Wahrscheinlichkeit p
23
das Gut 3.
­
Besitzt Marktteilnehmer II das Gut 1, kommt es zu einer doppelten Über-
einstimmung der Bedürfnisse und die beiden Marktteilnehmer tauschen. Es
ergibt sich ein Folgenutzen von u
1
+ V
12
, da er konsumieren und danach
gleich wieder sein Produktionsgut produzieren wird.
­
Besitzt Marktteilnehmer II das Gut 3, hängt es von seiner Strategie ab, ob
er mit Folgenutzen V
12
oder V
13
aussteigt. Denn Marktteilnehmer II wird

KAPITEL 3. SUCHKOSTENMODELL VON KIYOTAKI UND WRIGHT
18
jedenfalls Gut 2 haben wollen. Ob eine doppelte Übereinstimmung der Be-
dürfnisse vorliegt, hängt also allein von Marktteilnehmer I ab.
· Trifft er Marktteilnehmer III, wird es nie zu einer doppelten Übereinstimmung der
Bedürfnisse kommen, da Marktteilnehmer III, gegeben dass er eine fundamentale
Strategie spielt, nie tauschen wird. Marktteilnehmer I wird daher auf jeden Fall
mit Folgenutzen V
12
aus der Situation aussteigen.
Diese Überlegungen führen zu der folgenden Bellman-Gleichung:
V
12
= -c
12
+
1
3
V
12
+
1
3
p
21
(u
1
+ V
12
) + p
23
max
a,b
(V
12
, V
13
) +
1
3
V
12
= -c
12
+ /3 · V
12
+ p
21
(u
1
+ V
12
) + p
23
max
a,b
(V
12
, V
13
) + V
12
(3.6)
Völlig analog überlegt man sich die Bellman-Gleichung für V
13
:
V
13
= -c
13
+ /3 · V
13
+ V
13
+ p
31
(u
1
+ V
12
) + p
32
max
a,b
(V
12
, V
13
)
(3.7)
Welche Strategie Marktteilnehmer I also tatsächlich wählt, hängt davon ab, ob V
12
größer oder kleiner ist als V
13
, was äquivalent dazu ist, ob er Gut 2 (fundamentale
Strategie) oder Gut 3 (spekulative Strategie) bevorzugt.
Satz 3.3.
Es gilt:
V
12
> V
13
c
13
- c
12
> (p
31
- p
21
)bu
1
(3.8)
Beweis.
,,": Setze b = /3 in Gleichung 3.6 und löse den Maximums-Operator
gemäß der Annahme V
12
> V
13
auf.
V
12
= -c
12
+ b · (2V
12
+ p
21
u
1
+ p
21
V
12
+ p
23
V
12
)
Da Marktteilnehmer II entweder Gut 1 oder 3 hält, gilt p
21
+ p
23
= 1 und daher
V
12
= -c
12
+ b · (3V
12
+ p
21
u
1
).
Löse auf für V
12
.
(1 - 3b) · V
12
= -c
12
+ bp
21
u
1
V
12
=
-c
12
+ bp
21
u
1
1 - 3b
Durch analoge Überlegungen lässt sich Gleichung 3.7 umformen zu
V
13
=
-c
13
+ bp
31
u
1
1 - 3b
.
Ich setze nun die umgeformten Gleichungen in die Annahme V
12
> V
13
ein:
-c
12
+ bp
21
u
1
1 - 3b
>
-c
13
+ bp
31
u
1
1 - 3b

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Erscheinungsjahr
2005
ISBN (eBook)
9783832495862
ISBN (Paperback)
9783838695860
DOI
10.3239/9783832495862
Dateigröße
1.1 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Technische Universität Wien – Fakultät für Mathematik und Geoinformation, Wirtschaftsmathematik
Erscheinungsdatum
2006 (Mai)
Note
1,0
Schlagworte
kiyotaki wright suchkostenmodell warengeld algorithmus
Produktsicherheit
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