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Die Bedeutung von Wissensschutz in mittelständischen Unternehmen und Wege zu seiner Verbesserung

©2005 Diplomarbeit 138 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Problemstellung:
„Wirtschaftswissenschaft ist die einzige Disziplin, in der jedes Jahr auf dieselben Fragen andere Antworten richtig sind.“ (Danny Kaye)
Was der amerikanische Schauspieler und Komiker Kaye humorvoll als Problem formuliert hat, kennen Manager und Mitarbeiter bestens aus ihrer Arbeitswelt: Das einzig Beständige ist die Unbeständigkeit. Folglich ist es für Unternehmen wichtig, auf Veränderungsprozesse einzugehen und zu reagieren, anstatt in einer erstarrten Kultur hängen zu bleiben. Im Grunde bedeutet Veränderung, neues Wissen aufzunehmen, altes Wissen teilweise zu vergessen und für den Unternehmenszweck nicht-verzichtbares Wissen zu schützen. Diese Aufgaben müssen moderne Unternehmen bewältigen können, um Wettbewerbsfähigkeit und Überleben langfristig zu sichern.
Ende des 20. Jahrhunderts wandelte sich die Informationsgesellschaft auf Grund einer beschleunigten technologischen Entwicklung zur Wissensgesellschaft mit zentralen Begriffen wie Wissensarbeiter, Wirtschaftskrieg oder Competitive Intelligence. Zu Gutenbergs drei klassischen Produktionsfaktoren Arbeit, Boden und Kapital ist in den letzten zwei Jahrzehnten zunehmend stärker ein weiterer wichtiger Faktor in den Mittelpunkt der Diskussion gerückt - der Faktor Wissen. Für Unternehmen bedeutet dies, dass (betriebliches) Wissen als Ressource immer wichtiger für die Konkurrenzfähigkeit wird und strategisch stärker in den Vordergrund tritt, denn durch einen Verlust kann gar die Funktionstüchtigkeit ganzer Unternehmensbereiche herabgesetzt werden. Fragen wie: „Wie wird Wissen gemanagt?“, „Welches Wissen macht uns aus?“ oder „Wie beschaffe ich notwendiges Wissen?“ gewinnen an Bedeutung und werden unter dem Oberbegriff Wissensmanagement derzeit in Theorie und Praxis diskutiert. Festzustellen ist aber auch, dass die Frage „Wie schütze ich mein Wissen?“ hierbei vernachlässigt wird.
Durch technologische Entwicklungen, Globalisierung und Entstehung neuer Märkte hat sich der Wettbewerb stark verschärft - mit wachsender Tendenz. Geschütztes exklusives Wissen ist ein Engpass- bzw. Erfolgsfaktor, ein key element in bezug auf aktuelle und zukünftige Wettbewerbsvorteile und „Immer häufiger erkennen […] Vorstände von Großunternehmen einen direkten strategischen Zusammenhang zwischen dem Geschäftserfolg und der Bewahrung des eigenen Know-hows.“ Dieses tritt als additiver Kostenfaktor auf, der Bestandteil der Kalkulation sein muss. „Der Wert einer Firma kann nicht allein aus der […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


ID 9368
Schubert, Benjamin/Scholz, Jan Henning: Die Bedeutung von Wissensschatz
in mittelständischen
Unternehmen und Wege zu seiner Verbesserung
Druck Diplomica GmbH, Hamburg, 2006
Zugl.: Fachhochschule Köln, Diplomarbeit, 2005
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Diplomica GmbH
http://www.diplom.de, Hamburg 2006
Printed in Germany



Inhaltsverzeichnis
Darstellungsverzeichnis ...III
Abkürzungsverzeichnis ... IV
1
Einführung ...1
1.1
Problemstellung ...1
1.2
Zielsetzung der Arbeit ...5
2
Begriffsklärungen...7
2.1
Zeichen, Daten, Information, Wissen...7
2.2
Wissen in impliziter und expliziter Form...10
2.3
Wissenskapital und Wissensbewertung...12
2.4
Sensibles Wissen...17
2.5
Wissensmanagement ...19
2.6
Wissensbewahrung und Wissensschutz...25
3
Bedeutungswandel von Wissen, Wissensmanagement und Wissensschutz...28
3.1
Technologischer Fortschritt...31
3.2
Vom Handarbeiter zum Wissensarbeiter ...36
3.3
Wissen im veränderten Wettbewerb ...44
3.4
Die entscheidende Ressource für den deutschen Mittelstand...48
4
Wissen als bedrohtes und schützenswertes Gut in Deutschland...51
4.1
Wissen verlieren ...52
4.1.1
Bewusste und unbewusste Kommunikationsfehler...52
4.1.2
Mangelhafte Dokumentation ...54
4.1.3
Verlust von Mitarbeitern ...55
4.2
Wissen nicht aufnehmen...59
4.2.1
Information Overload...60
4.2.2
Misstrauen gegenüber Veränderungen ...64
4.3
Wissen teilen...68
4.3.1
Nachteile grenzenloser Zusammenarbeit ...70
4.3.2
Competitive Intelligence ...76
4.3.3
Spionage ...86
4.4
Derzeitige Rahmenbedingungen in Deutschland...97
5
Entwicklung eines Schutzkonzeptes ...103
5.1
Entwicklungsbereiche des Schutzmanagements...104
5.1.1
Ansätze aus Wissensmanagement-Modellen...105
5.1.2
Wissensbasiertes Risikomanagement ...108
5.1.3
Gegenaufklärung...110
5.2
Der Wissensschutzring ...114
6
Fazit ...121
Literaturverzeichnis ...123
Anhang A: Anlaufstellen für Competitive Intelligence und Spionage ...128
Anhang B: CD-Rom mit Quellen-Dateien...129

Darstellungsverzeichnis
Darstellung 1: Die Wissenstreppe ...8
Darstellung 2: Komponenten des Wissenskapitals ...12
Darstellung 3: Der Wissensmanagementprozess ...20
Darstellung 4: Funktionen der Hauptakteure im Wissensmanagement ...21
Darstellung 5: Das TOM-Modell ...22
Darstellung 6: Die Hype Kurve der Gartner Group...25
Darstellung 7: Suchergebnisse ausgewählter Informationsanbieter ...27
Darstellung 8: Triebkräfte für die Bedeutung von Wissen ...30
Darstellung 9: Gefahrenbereiche der IT ...32
Darstellung 10: Entwicklung des Personalwesens...43
Darstellung 11: Beschäftigungszahlen der einzelnen Wirtschaftssektoren...47
Darstellung 12: Auslöser von Wissensmanagement-Initiativen ...63
Darstellung 13: Einflussfaktoren des Wissenszeitalters und deren Auswirkung auf
Organisations- und Kommunikationsstruktur...65
Darstellung 14: Typisches gefährdetes Unternehmenswissen ...70
Darstellung 15: Formen der Zusammenarbeit...71
Darstellung 16: Wissen teilen bei unternehmensübergreifender Zusammenarbeit ...72
Darstellung 17: Competitive Intelligence - Begriffsverständnis ...79
Darstellung 18: Möglicher Wissensabfluss durch Competitive Intelligence Methoden ...80
Darstellung 19: Spionage-Akteure in der Wirtschaft ...87
Darstellung 20: Möglicher Wissensabfluss durch Spionage Methoden ...93
Darstellung 21: Der Counter Intelligence Prozess ...111
Darstellung 22: Ablaufphasen der Personalarbeit nach Schutzkriterien ...113
Darstellung 23: Der Wissensschutzring ...115

Abkürzungsverzeichnis
Abs. Absatz
AG Aktiengesellschaft
APQC
American Productivity and Quality Center
ASW
Arbeitsgemeinschaft für Sicherheit in der Wirtschaft e.V.
Aufl. Auflage
Bek. v.
Bekanntmachung vom
BGBl. IS
Verkündungsfundstelle
BI Business
Intelligence
BITKOM
Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue
Medien e.V.
BVSW
Bayerischer Verband für Sicherheit in der Wirtschaft e.V.
BMW
Bayerische Motoren Werke
bzw. beziehungsweise
ca. circa
CD Compact
Disc
CIA
Central Intelligence Agency (Geheimdienst der USA)
CIV Calculated
Intangible
Value
Co.
Company (Gesellschaft des Handelsrechts)
COK
Community of Knowledge
DDR
Deutsche Demokratische Republik
d.h.
das heißt
DIN
Deutsches Institut für Normung e.V.
doc
Document (u.a. als Dateinamen-Erweiterung für Worddateien)
Dr. Doktor
ebd. ebendort
et al.
et altera (und weitere)
etc.
et cetera (und so weiter)
EU
Europäische Union
e.V. eingetragener
Verein
f. (ff.)
folgende Seite(n)
FAZ
Frankfurter Allgemeine Zeitung
FBI
Federal Bureau of Investigation (Hauptermittlungsbehörde des
amerikanischen Justizministeriums)
F & E
Forschung und Entwicklung
FH Fachhochschule
GenTG Gentechnikgesetz
GfdS
Gesellschaft für deutsche Sprache e.V.
ggf. gegebenenfalls
GmbH
Gesellschaft mit beschränkter Haftung
G v.
Gesetz verändert
Jhdt. Jahrhundert
jpg
Joint Photographic Expert Group (Dateinamen-Erweiterung für stark
komprimierte unbewegte Bilder)
Hrsg. Herausgeber
Hrsg. von
herausgegeben von
html
Hypertext Mark-up Language (WWW-Sprache; Untermenge von SGML)
HWWA Hamburgisches
Welt-Wirtschafts-Archiv
IAW
Institut für Angewandte Wirtschaftsforschung e.V.
IDC International
Data
Corporation
i.d.R.
in der Regel
IAI
Institut für angewandte Informationsforschung
IfeM
Institut für e-Management e.V.
Ifo
Institut für Wirtschaftsforschung e.V.
IFM
Institut für Mittelstandsforschung
IKT
Informations- und Kommunikationstechnologie(n)
in Anl. an
in Anlehnung an
Inc.
Incorporated Company (eingetragenes Unternehmen, entspricht in etwa
der AG)
IPK
Institut für Produktionsanlagen und Konstruktionstechnik

IRB
Informationszentrum Raum und Bau
IT Informationstechnologie
IuK-
Informations- und Kommunikations-
IZB Informationszentrum
Benchmarking
Jg. Jahrgang
Kap. Kapitel
KB Kilobyte
KM Knowledge
Management
Ltd.
Limited (Gesellschaftsform im anglo-amerikanischen Sprachraum;
entspricht in etwa der GmbH)
Matr.Nr. Matrikelnummer
MCERT
Mittelstand Computer Emergency Response Team
Mrd. Milliarden
MSN Microsoft
Network
N.N.
nomen nominandum (nicht bekannt)
Nr. Nummer
NSA
National Security Agency (einer der Geheimdienste der USA)
o.A. ohne
Angaben
o.ä. oder
ähnliches
od. oder
OECD
Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung
o.J. ohne
Jahr
o.O. ohne
Ort
OPAC
online public access catalog
orig. original
PC Personal
Computer
pdf
Portable Document Format (Dateinamen-Erweiterung von Adobe zum
Dokumentenzugriff auf mehrere Plattformen)
s. siehe
S.
Seite
SCIP
Society of Competitive Intelligence Professionals
SCM Supply-Chain-Management
sic
wirklich! (lateinisch), Fehler aus Originalzitat übernommen
StGB Strafgesetzbuch
STW
Standard Thesaurus Wirtschaft
TOM
Technologie Organisation Mensch
TV Television
u. und
u.a. unter
anderem
u.E. unseres
Erachtens
u.U.
unter Umständen
u.v.a.
und viele andere
UWG
Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb
USA
United States of America
usw.
und so weiter
vgl.
vergleiche
WS Wintersemester
VW Volkswagen
z.B. zum
Beispiel
ZEW
Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung GmbH
zit. n.
zitiert nach
z.T. zum
Teil

Einführung
1
1 Einführung
1.1 Problemstellung
Wirtschaftswissenschaft ist die einzige Disziplin, in der jedes Jahr auf
dieselben Fragen andere Antworten richtig sind.
Danny Kaye
Was der amerikanische Schauspieler und Komiker Kaye humorvoll als Problem
formuliert hat, kennen Manager
1
und Mitarbeiter bestens aus ihrer Arbeitswelt:
Das einzig Beständige ist die Unbeständigkeit. Folglich ist es für Unternehmen
wichtig, auf Veränderungsprozesse einzugehen und zu reagieren, anstatt in
einer erstarrten Kultur hängen zu bleiben.
2
Im Grunde bedeutet Veränderung,
neues Wissen aufzunehmen, altes Wissen teilweise zu vergessen und für den
Unternehmenszweck nicht-verzichtbares Wissen zu schützen.
3
Diese Aufgaben
müssen moderne Unternehmen bewältigen können, um Wettbewerbsfähigkeit
und Überleben langfristig zu sichern.
Ende des 20. Jahrhunderts wandelte sich die Informationsgesellschaft auf
Grund einer beschleunigten technologischen Entwicklung zur
Wissensgesellschaft mit zentralen Begriffen wie Wissensarbeiter,
Wirtschaftskrieg oder Competitive Intelligence. Zu Gutenbergs drei klassischen
Produktionsfaktoren Arbeit, Boden und Kapital ist in den letzten zwei
Jahrzehnten zunehmend stärker ein weiterer wichtiger Faktor in den Mittelpunkt
der Diskussion gerückt - der Faktor Wissen.
4
Für Unternehmen bedeutet dies,
1
Alle personengebundenen Bezeichnungen werden aus Gründen der Leserlichkeit in der
männlichen Form geführt, gemeint sind aber immer beide Geschlechter
2
vgl. Leendertse, J.: Eine Millionen Jobs in Deutschland. McKinsey-Direktor Jürgen Meffert
über falsche Bescheidenheit im Mittelstand. In: Wirtschaftswoche Nr. 18 vom 28.04.2005, S.
80
3
vgl. Knaese 2002, S. 13
4
in Anl. an. Gutenberg 1958, S. 27, dort siehe Faktorensystem
vgl. Parsons, Julia: Information - The fourth Resource. In: Best 1996, S. 60
vgl. auch Schindler 2000, S. 35
vgl. auch Soukup 2001, S. 36
Anmerkung: Einige Experten wie Drucker, Probst, Spur, Rehäuser oder Krcmar sprechen von
fünf Produktionsfaktoren, da sie Information und Wissen als eigenständige Faktoren
betrachten. Wir lehnen diese Ansicht unter Berufung auf Kap. 2.1 ab, da nicht die reine
Information, sondern die zu Wissen verarbeitete Information als Ressource in die
Unternehmensprozesse mit einfließt.
vgl. auch Spur, G.: Unternehmensführung in der künftigen Industriegesellschaft. In: Siemens-
Zeitschrift Nr. 63/6 (1989), S. 4-8
vgl. auch Bierfelder 1999, S. 1f.
vgl. auch Warnecke, G.: Produktionsfaktor Wissen. In: VDI-Zeitschrift Nr. 130/11 (1988), S.
12-16

Einführung
2
dass (betriebliches) Wissen als Ressource immer wichtiger für die
Konkurrenzfähigkeit wird und strategisch stärker in den Vordergrund tritt, denn
durch einen Verlust kann gar die Funktionstüchtigkeit ganzer
Unternehmensbereiche herabgesetzt werden.
5
Fragen wie: ,,Wie wird Wissen
gemanagt?", ,,Welches Wissen macht uns aus?" oder ,,Wie beschaffe ich
notwendiges Wissen?" gewinnen an Bedeutung und werden unter dem
Oberbegriff Wissensmanagement derzeit in Theorie und Praxis diskutiert.
Festzustellen ist aber auch, dass die Frage ,,Wie schütze ich mein Wissen?"
hierbei vernachlässigt wird.
6
Durch technologische Entwicklungen, Globalisierung und Entstehung neuer
Märkte hat sich der Wettbewerb stark verschärft - mit wachsender Tendenz.
Geschütztes exklusives Wissen ist ein Engpass- bzw. Erfolgsfaktor, ein key
element in bezug auf aktuelle und zukünftige Wettbewerbsvorteile und ,,Immer
häufiger erkennen [...] Vorstände von Großunternehmen einen direkten
strategischen Zusammenhang zwischen dem Geschäftserfolg und der
Bewahrung des eigenen Know-hows."
7
Dieses tritt als additiver Kostenfaktor
auf, der Bestandteil der Kalkulation sein muss. ,,Der Wert einer Firma kann nicht
allein aus der Gewinn- und Verlustrechnung oder der Bilanz abgelesen werden.
Versteckte `Anlagegüter' - Kompetenz der Mitarbeiter, Software-Systeme, [...]
haben steigende Bedeutung für die Wert-Messung."
8
Weil die Generierung von Wissen kostspielig und strategisches Wissen
goldwert (und geldwert) ist, können durch einen Verlust betriebswirtschaftliche
Nachteile entstehen. Wissen als immaterielle Unternehmensressource ist
Kapital. Es müssen sowohl Strategien und Techniken entwickelt als auch
entsprechende Investitionen getätigt werden, die dem Risiko von Verlusten
5
vgl. Probst, Raub & Romhardt 1999, S. 190
vgl. auch Kloos, Michael; Kluge, Jürgen; Licht, Thomas & Stein, Wolfram: Wissen entscheidet
- Wie erfolgreiche Unternehmen ihr Know-how managen. Hrsg. von McKinsey, Redline
Wirtschaft, 2003
vgl. Parsons, Julia: Information - The fourth Resource. In: Best 1996, S. 60
6
vgl. Knaese 2002, S. 15
7
Fank, Matthias: Wissensbewahrung. Wissensverlust bedroht Geschäftserfolg. In: Insider -
Hauszeitschrift der Fachhochschule Köln Nr. 1 (2005), S. 13
vgl. Bürgel, Hans Dietmar & Zeller, Andreas: Forschung & Entwicklung als Wissenscenter. In:
Bürgel 1998, S. 54
8
Kienecker, Stefan: Retten Sie Ihr Wissenskapital. In: Versicherungswirtschaft Nr. 9 (1999), S.
622

Einführung
3
entgegenwirken. Dabei sollte auch bedacht werden, dass in bestimmten Fällen
schon das Teilen von Wissen als Verlust angesehen werden muss.
Aus unserer Sicht wird der Wissensschutz als Bestandteil des
Wissensmanagements oft unterbewertet und nicht ausreichend in die Planung
mit einbezogen. Nicht selten wird angenommen, man könne mit Hilfe von IT-
Lösungen (z.B. mit dem Erwerb eines Content-Management-Systems) das
Problem durch explizites Speichern in den Griff bekommen. ,,Große
Unternehmen, die bei ihren Wissensmanagement-Programmen anfangs die
Informationstechnologie in den Vordergrund rückten, hatten nur geringen
Erfolg."
9
44 Prozent der Befragten nannten in einer Benchmark-Studie von
Heisig und Vorbeck die Unternehmenskultur als kritischen Erfolgsfaktor für das
Wissensmanagement.
10
Und auch Bullinger, Wörns und Prieto bestätigen: ,,Zum
erfolgreichen Management des Produktionsfaktors Wissen gehört [...] mehr als
nur die Einführung von Informations- und Kommunikationstechnologien."
11
Für
die Dokumentation des Firmenwissens mag IT eine Grundvoraussetzung sein -
vorausgesetzt das System läuft, wird von allen akzeptiert, genutzt und gepflegt.
Weitaus größerer Schaden aber kann z.B. entstehen, wenn ein wichtiger
Wissensträger aus dem Betrieb ausscheidet und der Unternehmensprozess
stockt, wenn die Mitarbeiter eines Unternehmens auf Grund massiver
Informationsflut kein relevantes Wissen mehr aufnehmen können oder wenn die
Konkurrenz produktspezifisches Wissen in Folge von Spionage oder
Unachtsamkeit der Mitarbeiter erlangt. Situationen in Unternehmen wie
Umstrukturierung, Fluktuation oder Stellenabbau treten immer öfter auf und
haben oft eine Art kollektiver Amnesie zur Folge. ,,Berater nennen diese
Krankheit auch kollektives Alzheimer-Syndrom."
12
9
Heisig, Peter: Die ersten Schritte zum professionellen Wissensmanagement. In: Antoni 1999,
S. 44
10
Quelle: Heisig, Peter & Vorbeck, Jens: Benchmarking Wissensmanagement. Best Practice in
Deutschland und Europa. 1. Deutsche Konsortium-Benchmarkstudie Wissensmanagement.
Hrsg. von Fraunhofer IPK. o.O. 1998. zit. n. Heisig, Peter: Die ersten Schritte zum
professionellen Wissensmanagement. In: Antoni 1999, S. 45
11
Bullinger, Hans-Jörg; Wörns, Kai & Prieto, Juan: Wissensmanagement - Modelle und
Strategien für die Praxis. In: Bürgel 1998, S. 31
vgl. auch Dreger 1998, Kap. 17.7
12
Probst, Raub & Romhardt 1998, S. 190

Einführung
4
Ein häufig anzutreffender Umgang mit diesen Problemen sind Aussagen wie
,,Dagegen kann man nichts machen!", ,,Das kann keiner finanzieren!" oder ,,Das
funktioniert sowieso nicht!".
13
Sie führen zu einer mangelhaften Vorsorge und
sind Ausdruck einer grundsätzlichen Problematik in bezug auf die
Veränderungsfähigkeit eines Unternehmens und die Risikoscheu des
Managements. Meinungen dieser Art werden allerdings auch dadurch
begünstigt, dass bisher noch kein bereichsübergreifendes, ganzheitliches
Konzept gegen Wissensverlust existiert, jedes Unternehmen hat einen
spezifischen Informationsschutzbedarf.
14
Führungskräfte können sich dem
Problem durchaus bewusst sein, sei es durch Interesse am Thema
Wissensmanagement oder dadurch, dass sie selbst einmal zum Opfer eines
mangelhaften Wissensschutzes geworden sind. Doch so lange ihnen keine
sinnvollen Maßnahmen zur Umsetzung eines Schutzkonzeptes im Rahmen
eines effektiven praxisgerechten Wissensmanagements präsentiert werden,
kann das Thema wenig Beachtung finden und es kommt zu vermeidbaren
Verlusten. Zu selten werden angemessene Budgets zur Bekämpfung von
Wissensverlust eingeplant und zur Verfügung gestellt. Eine weitere Problematik
in der Akzeptanz von Wissensschutz sind Hemmnisse wie ,,Kostendenken statt
Investitionsdenken, fehlende Kenntnisse, fehlendes Sicherheitsbewusstsein
und Sorglosigkeit, schlechte Bedienbarkeit von Systemen und Schnittstellen
und vor allem auch die fehlende Abdeckung der gesamten Kette eines
Geschäftsprozesses [...]"
15
.
Seitdem Deutschland im zweiten Weltkrieg rohstoffreiches Terrain wie die
oberschlesischen Kohlebergbaugebiete oder die Braunkohlegebiete in der
ehemaligen DDR verloren hat, ist es stark exportabhängig. Seine
Überlebensfähigkeit ist dicht verknüpft mit der Entwicklung innovativer Produkte
sowie Herstellungsverfahren, die auf den entsprechenden Märkten im Ausland
nicht angeboten werden (können). ,,Werden diese Produkte exportiert, lassen
sich Vorsprungsgewinne und Spitzenlöhne erzielen."
16
Um solche
Wettbewerbsvorteile - und letztendlich das Überleben des Unternehmens - zu
13
vgl. Bockslaff, Klaus: Sicherheit - ein Beitrag zur Wertschöpfung im Unternehmen. In: WIK -
Zeitschrift für die Sicherheit der Wirtschaft Nr. 5 (2004), S. 27
14
vgl. BVSW - Bayerischer Verband für Sicherheit in der Wirtschaft e.V. (Hrsg.): Erfolg durch
gesicherten Vorsprung. Leitfaden zum Schutz vor illegaler Informationsbeschaffung. München
2003, S. 17
15
Eberspächer & Thielmann 2004, S. 5, Vorwort
16
Mantwill 1997, S. 7ff., Vorwort

Einführung
5
sichern, muss darauf geachtet werden, dass sensibles Unternehmenswissen
nicht an die Konkurrenz verloren geht.
Dies gilt speziell für den Mittelstand, der den größten Teil aller Betriebe in
Deutschland ausmacht. Auf Grund seiner Größen- und Hierarchiestrukturen
bieten ihm sich gute Möglichkeiten, einen effektiven Wissensschutz ein- und
konsequent durchzuführen. Dies ist von besonderer Bedeutung, da 2004 ca.
35.000 forschende Unternehmen dem innovationsabhängigen Mittelstand
zuzuordnen waren.
17
Der Mittelstand muss die Auswirkungen erkennen, die mit
einem fehlenden oder schlechten Wissensmanagement einhergehen: die
Unmöglichkeit, sein Wissen zu schützen.
1.2
Zielsetzung der Arbeit
Eine Investition in Wissen bringt noch immer die besten Zinsen.
Benjamin Franklin
Die im ersten Kapitel beschriebene Problemstellung soll verdeutlichen, dass
Wissen auf Grund des veränderten Wettbewerbs zu einer der zentralen
Ressourcen von Unternehmen geworden ist und im betrieblichen Interesse
effektiv geschützt werden muss. Ziel dieser Arbeit ist es, Handlungsbedarf zu
formulieren sowie Mitarbeitern und Führungskräften Anregungen für Methoden,
Handlungsanweisungen oder auch Techniken z.B. für Personalentwickler zu
geben, mit denen sie die negativen Effekte des Wissensverlustes erkennen,
verstehen und eindämmen können.
Aufbauend auf den notwendigen Begriffserklärungen und theoretischen
Grundlagen aus Kapitel zwei wird im folgenden Kapitel auf den
Bedeutungswandel des Wissensmanagements eingegangen und näher
erläutert, warum gerade mittelständische Unternehmen mit ihren Strukturen und
Organisationen für einen funktionsfähigen Wissensschutz geeignet sind.
Unter dem Gesichtspunkt aktueller Berichte und Ereignisse wird aufgezeigt,
dass Wissen als bedrohtes und daher schützenwertes Gut angesehen werden
muss, wie wichtig Wissensschutz für die Konkurrenzfähigkeit von Unternehmen
ist und dass seine Vernachlässigung strategische Probleme sowie vermeidbare
17
Quelle: Rammer, C.; Aschhoff, B.; Doherr, T.; Peters, B. & Schmidt, T.: Innovationsverhalten
der deutschen Wirtschaft. Indikatorenbericht zur Innovationserhebung 2004. Hrsg. von ZEW -
Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung. Mannheim. 2005. Ftp://ftp.zew.de/pub/zew-
docs/mip/04/mip_2004.pdf (09.09.2005)

Einführung
6
Kosten mit sich bringt. Alle Beteiligten einer Unternehmung müssen daher
sensibler mit dem Gut Wissen umgehen und dem vierten Produktionsfaktor
einen entsprechenden Stellenwert zusprechen.
18
Mit der steigenden Bedeutung von Wissen nimmt auch die Gefahr des
Wissensverlustes zu. Es wird ersichtlich, dass effektive Schutzmaßnahmen
entwickelt und vom Management bzw. der Organisationsabteilung in die
Unternehmenskultur und -prozesse integriert werden müssen. Dies beinhaltet
nicht nur die Implementierung geeigneter Software zur Verwaltung von Inhalten
oder Abwehr von Hacking-Angriffen, sondern viel mehr Aspekte wie
Anreizsysteme für Mitarbeiter (die Wissensträger) zu schaffen, einen Beitrag
zur Verhinderung von Kommunikationsfehler zu leisten oder den Aufbau einer
entsprechenden teamfähigen und teamorientierten Unternehmenskultur zu
fördern. In Kapitel vier wird näher darauf eingegangen, wo und auf welche Art
Wissen verloren gehen kann und welche Hürden es speziell in Deutschland
gibt. Besondere Berücksichtigung kommt dabei dem deutschen Mittelstand zu.
Die wirtschaftliche Zukunft Deutschlands hängt aus unserer Sicht zu einem
großen Teil davon ab, ob seine mittelständischen Betriebe dem Thema ihre
Aufmerksamkeit schenken, Schutzmechanismen integrieren und eine
verankerte (Sicherheits-) Kultur aufbauen.
Da es unseres Erachtens mit den heutigen Möglichkeiten weder ein
technisches Problem noch eine finanzielle Frage sein darf, ein abgesichertes
System zu fahren, wird in dieser Arbeit nicht vertieft auf Themen wie Hacking,
Spyware oder Viren eingegangen.
Aufbauend auf dem gesammelten Vorwissen und weiteren Berührungspunkten
des Schutzmanagements möchten wir in Kapitel fünf ein selbst entwickeltes
Konzept zum Wissensschutz präsentieren, aus dem darauf folgend
Maßnahmen abgeleitet und zur praktischen Umsetzung angeboten werden.
Abschließend fassen wir unsere Ergebnisse in einem Fazit zusammen und
versuchen einen kurzen Ausblick auf die weitere Entwicklung des
Wissensschutzes zu geben.
18
vgl. Stewart 1998
vgl. Parsons, Julia: Information - The fourth Resource. In: Best 1996, S. 60.

Begriffsklärungen
7
2 Begriffsklärungen
Für das Verständnis dieser Arbeit ist es notwendig, einige Begriffe aus dem
normierten Vokabular des Wissensmanagements zu definieren und eindeutig
voneinander abzugrenzen. Was beispielsweise eine Information ist, wann sie zu
Wissen wird und in welcher Form dieses Wissen vorliegt sind Fragen, die einer
Klärung im Vorfeld bedürfen.
Wissen ist nicht greifbar, schwer zu bewerten, hat eine situationsabhängige
individuelle Bedeutung und entwickelt sich dynamisch.
19
Für das Unternehmen
stellt es einen immateriellen Vermögenswert
20
dar, der Einfluss auf die gesamte
Unternehmensbewertung hat.
21
All diese Eigenschaften sind nicht gerade
vorteilhaft für eine exakte Begriffsbeschreibung. Da Wissen ein theoretisches
Konstrukt ist, macht auch eine Realdefinition mit einem allgemeingültigen
Wahrheitsanspruch keinen Sinn. In der Literatur finden sich zahlreiche
Definitionen des sehr abstrakten und an sich aussagelosen Begriffs, die jeweils
kontextgebunden sind. Im folgenden Abschnitt wird der Wissensbegriff deshalb
nominal für unsere Arbeit festgelegt.
22
Dazu sollen zunächst die Begriffe
Zeichen, Daten und Informationen entwickelt werden, weil sie in einem
aufeinander aufbauenden Bezug stehen und gleichsam die Grundsteine für den
Begriff Wissen bilden.
2.1
Zeichen, Daten, Information, Wissen
Die Begriffe Zeichen, Daten, Information und Wissen werden im täglichen
Gebrauch oft synonym verwendet, wodurch Missverständnisse in der
Kommunikation auftreten können.
23
19
vgl. Howaldt, Klatt & Kopp 2004, S. 15
20
vgl. Lukas 2004, S. 140
21
vlg. Sveiby 1998, S. 20ff.
22
vgl. ,,Wikipedia", 16.10.2005. Http://de.wikipedia.org/wiki/Wissen (22.06.2005).
23
vgl. Probst, Gibbert & Raub: Wissensmanagement. In: Handwörterbuch des Personalwesens.
Hrsg. von Gaugler, Oechsler & Weber. 3. Aufl. Stuttgart 2002: Schaeffer-Poeschel, S. 2

Begriffsklärungen
8
Wissen
Information
+
Vernetzung
Daten
+
Semantik
Zeichen +
Syntax
Darstellung 1: Die Wissenstreppe
24
Auf unterster Stufe der Begriffshierarchie steht das Zeichen. Zeichen sind
Buchstaben, Ziffern oder Sonderzeichen. Nach DIN 44300
Informationsverarbeitung werden Daten durch eine oder mehrere dieser
Elementareinheiten als Code repräsentiert, stehen also in irgendeinem
sinnvollen Zusammenhang zueinander.
25
,,Zeichen bilden quasi das
Darstellungsrepertoire und werden durch Syntaxregeln bzw. Codierung zu
Daten".
26
Über Daten spricht man sowohl im Rahmen der Informations- und
Kommunikationstechnik sowie bei Kommunikation auf zwischenmenschlicher
Ebene. Nach Shannon und Weaver - den Begründern der Informationstheorie -
geht es um die technische Möglichkeit, die Nachricht eines Senders mittels Bits
und Bytes zum Empfänger zu befördern.
27
Auf zwischenmenschlicher Ebene
findet ein vergleichbarer Prozess statt, nur dass Sender und Empfänger keine
Computer sind und Signale durch Sprache, Mimik etc. anstatt durch Bits
übertragen werden.
Im Vergleich zu reinen Daten hat die Information auf Grund von Semantik und
Kontext eine inhaltliche Bedeutung. Sie ist aus mehreren Datenfragmenten
zusammengesetzt und kann direkt vom Menschen aufgenommen, verarbeitet
und gespeichert werden. Dabei werden die Daten entsprechend selektiert, denn
nicht alle sind im individuellen Kontext interessant und nutzbar.
24
in Anl. an North 2002, S. 39
25
weitere Informationen auf der Homepage des DIN - Deutsches Institut für Normung e.V.:
Http://www2.din.de
26
Götz & Schmid 2004, S. 201
27
vgl. Shannon & Weaver 1976

Begriffsklärungen
9
Erst im Kopf des Menschen wird die Information durch Erfassen, Verstehen,
Verknüpfen und Integrieren in das bestehende Informationsgeflecht in
wertvolles nützliches Wissen umgewandelt, das als Basis für Handlungen
dient. ,,Information ist `der Rohstoff', aus dem Wissen entsteht, und
Informationen bilden das Medium, als das Wissen transportiert und
kommuniziert wird."
28
Auf Grund dieser notwendigen Vernetzung von
Informationen und der Zugabe von Pragmatik ist die Bildung von Wissen immer
an Personen gebunden.
29
Da der Prozess bei jedem Informationseingang neu
gestartet wird, muss Wissen als ,,[...] fließende Mischung aus strukturierten
Erfahrungen, Wertvorstellungen, Kontextinformationen und Fachkenntnissen
[...]"
30
verstanden werden. Es ,,[...] bezeichnet die Gesamtheit der Kenntnisse
und Fähigkeiten, die Individuen zur Lösung von Problemen einsetzen. Dies
umfasst sowohl theoretische Erkenntnisse als auch praktische Alltagsregeln
und Handlungsanweisungen."
31
Wird Wissen also als ,,Fähigkeit zu handeln"
32
bzw. als ,,Fähigkeit zum sozialen
Handeln"
33
verstanden, fließt es aus betriebswirtschaftlicher Sicht wie Rohstoffe
und Arbeitskräfte als Ressource in die Unternehmensprozesse mit ein und
muss gemanagt werden.
34
Es stiftet an bestimmter Stelle einen Nutzen, dem
andererseits einplanungswürdige Investitionen gegenüber stehen. Um keine
Handlungsunfähigkeit zu provozieren, müssen Versorgung, Speicherung und
Erhaltung des Wissens sichergestellt werden. ,,Es ist daher eine
betriebswirtschaftliche Notwendigkeit, [...] [Wissen] als strategische Ressource
zu erkennen [...] [und] stärker zu berücksichtigen."
35
Wir vertreten die Meinung, dass die Ressource Wissen stark an Bedeutung
gewonnen hat und dass wir derzeit die Schwelle von der
Informationsgesellschaft zur Wissensgesellschaft überschreiten
36
. Wir befinden
28
North 1998, S. 16
29
vgl. Lux & Peske 2002, S. 18
30
Davenport & Prusak 1999, S. 32
31
Probst, Raub & Romhardt 1999, S. 44
32
Sveiby 1998, S. 65. Anmerkung: Gestützt auf Michael Polanyi und Ludwig Wittgenstein
vgl. dazu auch Roehl 2000, S. 47
33
Stehr 2001, S. 62
34
vgl. Reinhardt 2002, S. 180f.
35
Mantwill 1997, S. 8. Anmerkung: Mantwill spricht von Information in der heutigen
Informationsgesellschaft.
36
vgl. dazu auch Willke 1998, Kap. 5

Begriffsklärungen
10
uns in einem Stadium des Umdenkens und sollten beginnen, an der Stelle des
Begriffs Information besser den Begriff Wissen zu verwenden.
37
2.2
Wissen in impliziter und expliziter Form
Dass es dem durch traditionelles Denken geprägten Menschen schwer fällt,
Wissen als Ressource und Produktionsfaktor anzusehen und gleich zu stellen
mit fühlbarer Arbeitskraft oder greifbaren Gegenständen ist nicht
überraschend.
38
Es schlummert oft unsichtbar in den Köpfen der Menschen.
Diese Tatsache führt zu einer notwendigen Unterteilung der Ressource Wissen
nach dem Ort der Speicherung. Es gibt prinzipiell zwei mögliche Lagerstätten:
Datenbänke oder andere physikalische Träger und das menschliche Gehirn. In
der Literatur haben sich hierfür die Begrifflichkeiten des impliziten und des
expliziten Wissens durchgesetzt. Erste theoretische Ansätze dazu verbreitete
der Wissenschaftler und Philosoph Michael Polanyi Anfang der fünfziger Jahre.
Er betrachtet das persönliche, aus dem Leben entstandene und in der Person
inkorporierte nicht vermittelbare Wissen als implizit, alles was eindeutig (mittels
Zeichen) kommuniziert werden kann, dagegen als explizierbar - oder explizit.
39
Systemtheoretiker wie Varela, Soziologen wie Luhmann oder Willke sowie
Wirtschaftswissenschaftler wie die beiden Japaner Nonaka und Takeuchi liefern
weitere Begriffe und Kategorisierungen dazu aus der Perspektive ihrer
jeweiligen Wissenschaftsdisziplin.
40
Wir halten die Unterscheidung von Polanyi
für besonders zweckmäßig, weil in der Praxis die Teilung in implizites Wissen
(Erfahrungswissen) und explizites Wissen (Faktenwissen) von hoher Relevanz
ist.
In Organisationen geht es heutzutage darum, sowohl auf Trägern bewahrtes als
auch in Köpfen lauerndes schlummert Wissen für alle nutzbar zu machen. Die
Delphi Group wies 1998 in einer Studie nach, dass der Anteil des implizit
vorliegenden Wissens in Unternehmen bei 42 Prozent lag.
41
,,Ist es nur auf
37
in Anl. an Nefiodow 2001, Kap. 5
vgl. dazu Kap. 3
38
vgl. Soukup 2001, S. 16
39
in Anl. an Polanyi 1985
40
vgl. Varela 1988
vgl. auch Luhmann 1995
vgl. auch Nonaka & Takeuchi 1997
vgl. auch Willke 1998
41
Quelle: Delphi Group (Hrsg.): Knowledge Management Report, Boston MA 1998, S. 57. zit. n.
Habermann, Frank: Organisational-Memory-Systeme für das Management von

Begriffsklärungen
11
diese Art gespeichert, kann es für die Organisation verloren sein, sobald die
Betreffenden ausscheiden; eine Organisation kann z.B. durch den Weggang
desjenigen in größte Schwierigkeiten kommen, der als einziger wirklich über die
Finanzen Bescheid weiß".
42
Das Marktforschungsinstitut IDC ermittelte zudem,
,,dass die 500 größten Unternehmen der Welt jährlich 24 Milliarden Dollar
verlieren, weil sie das Wissen ihrer Mitarbeiter nicht optimal verwerten."
43
Erkenntnisse dieser Art veranlassten viele Unternehmen zum Umdenken. Der
Gefahr, dass Mitarbeiter samt ihrem impliziten Wissen das Unternehmen
verlassen und somit Leistungspotential unwiederbringlich mitnehmen, wurde mit
Investitionen in IT-Lösungen zur Explizierung von Wissen entgegen gewirkt. Die
Softwareschmieden entwickelten passende Lösungen und Marktforscher wie
die META Group prognostizierten, dass bald mehr als 75 Prozent der Global-
2000-Unternehmen Knowledge-Management-Prozesse und Techniken
implementiert haben werden, um intellektuelles Kapital
44
erfassbar und abrufbar
zu machen.
45
Die Umsetzung der Idee, soviel Wissen wie möglich in einem elektronischen
System abzulegen und somit unabhängig von den Mitarbeitern zu sein, erwies
sich allerdings als schwierig. Zum einen ist nicht jede Verknüpfung im
menschlichen Gehirn leicht explizier- und darstellbar, viele Dinge können nur
durch Erfahrung erlernt, also persönlich von Mensch zu Mensch vermittelt
werden. Zum anderen steht bei der Einführung eines entsprechenden Systems
oder Tools das Management in der Verantwortung, durch Anreizsysteme
Misstrauen auf Seiten der Mitarbeiter abzubauen und diese zur Nutzung zu
motivieren. Bei vielen Neuimplementierungen besteht das Problem der so
genannten Verweigerer.
46
Um diese ebenfalls zu überzeugen ist ein
Geschäftsprozesswissen. o.O. 1999. Hrsg. von August-Wilhelm Scheer: Veröffentlichungen
des Instituts für Wirtschaftsinformatik. Heft 154, S. 1
42
Argyris & Schön 1999, S. 27
43
,,Homepage der IT-Beratung Ebigo, eine Mittelstandsinitiative des Wirtschaftsministeriums
Baden-Württemberg", o.A..
Http://www.ebigo.de/unternehmensbereiche/00107/?navi_id_rechts=1&url_kat_1=/unternehm
ensbereiche/00024/index.html (12.09.2005).
44
s. Kap. 2.3
45
Quelle: Meta Group (Hrsg.): Der Markt für Knowledge Management in Deutschland, o.O.
2002,
http://www.contentmanager.de/magazin/artikel_130_markt_knowledge_management_deutsc
hland.html (02.08.2005)
46
Anmerkung: Bei der Einführung eines Systems kann hinsichtlich der Anwendertypen in drei
Kategorien unterschieden werden. Kategorie eins bilden experimentelle Mitarbeiter, bei

Begriffsklärungen
12
überdurchschnittliches Maß an Durchhaltevermögen und Überzeugungsarbeit
notwendig. Explizierung ist daher eine zeitaufwendige und kostspielige
Angelegenheit und Unternehmen sollten lernen, mit einem akzeptablen Grad an
implizit vorliegendem Wissen zu leben. Um Wissensträger im Betrieb zu halten,
sollten vielmehr organisatorische und personaltechnische Maßnahmen ergriffen
werden, auf die in Kapitel fünf dieser Arbeit näher eingegangen wird.
2.3
Wissenskapital und Wissensbewertung
Wird das gesamte betriebsbezogene im- und explizite Wissen addiert, erhält
man als Summe das Unternehmenswissen. Die Tatsache, dass damit ein Wert
dargestellt wird, der ausgedrückt werden muss, führte zur Bildung und
Etablierung des Begriffs intellektuelles Kapital
47
sowie dessen Synonym
Wissenskapital
48
.
Wissenskapital
Explizites Wissen
Implizites Wissen
Humankapital
Strukturelles Kapital
Internes
Strukturkapital
Externes
Strukturkapital
Darstellung 2: Komponenten des Wissenskapitals
49
denen die Neugierde überwiegt. Sie nutzen das System sobald es läuft. Die zweite Gruppe
schließt sich erst an, wenn eine bestimmte kritische Masse an überzeugten Nutzern
überwunden ist und positive Erfahrungsberichte vorliegen. Übrig bleiben die Verweigerer, die
das System aus Gründen wie technisches Unvermögen, Unzufriedenheit mit
Arbeitsaufgaben, generelle Angst vor Veränderungen oder Ähnlichem ablehnen.
47
vgl. Lukas 2004, S. 162
vgl. auch Reinmann-Rothmeier & Mandl 2000a, Kap. 2.3
48
vgl. Kienecker, Stefan: Retten Sie Ihr Wissenskapital. In: Versicherungswirtschaft Nr. 9 vom
01.05.1999, S. 622-625
vgl. auch North 2002, S. 3
49
in Anl. an Lukas 2004

Begriffsklärungen
13
Intellektuelles Kapital ist der Besitz von Wissen, angewandter Erfahrung,
organisationaler Technologie, Kundenbeziehungen und professionellem
Können, der ein Unternehmen mit einem Wettbewerbsvorteil im Markt
versieht."
50
Neben diesen Faktoren kommen weitere dazu, wie
,,Technologieführerschaft, Mitarbeiterschulungen oder z.B. die Geschwindigkeit
[...], mit der Kundenanrufe bei der Service Hotline beantwortet werden"
51
. Um
sich dem Begriff des Wissenskapitals nähern zu können, ist es Voraussetzung,
das im- und explizit vorliegende immaterielle Gut Wissen als Kapital zu
betrachten. Die beiden Wissensmanagement-,,Gurus" Lars Edvinsson und
Gisela Brühning vertreten die Meinung, dass Wissenskapital durch Investitionen
in Humankapital (implizites Wissen) sowie Strukturkapital (explizites Wissen)
entsteht und bewusst gemanagt werden sollte. Sie betonen, dass es mit den
immateriellen Vermögenswerten gleichgesetzt werden sollte.
52
Strukturkapital ist dabei alles das, was an Organisationsmitteln im Unternehmen
bleibt, wenn alle Mitarbeiter nach Hause gegangen sind. Es muss
unterschieden werden zwischen dem internen und dem externen strukturellen
Kapital. Als internes strukturelles Kapital sind z.B. Infrastruktur,
Arbeitsablaufbeschreibungen und Arbeitsanwendungen, IT-Systeme oder
Unternehmenskultur zu nennen. Mit externem strukturellen Kapital sind z.B.
Beziehungen zu Kunden, Lieferanten etc., Markennamen oder Image gemeint.
53
Der Begriff Humankapital bietet Anlass zu Missverständnissen. Als er 2004 von
der Gesellschaft für deutsche Sprache e.V. zum Unwort des Jahres gewählt
wurde
54
, begann eine intensive Diskussion um die Rechtfertigung dieser
,,Auszeichnung".
55
Die kontroversen Debatten um diesen Begriff zeigen, dass es
zum Teil erhebliche Abweichungen im Begriffsverständnis gibt.
vgl. auch Probst & Knaese 1998, S. 26
vgl. auch Kienecker, Stefan: Retten Sie Ihr Wissenskapital. In: Versicherungswirtschaft Nr. 9
vom 01.05.1999, S. 622-625, hier S. 622
50
Edvinsson & Malone 1997, S. 44
51
Lukas 2004, S. 145-46
52
in Anl. an Edvinsson & Brühning 2000, S. 27
53
vgl. Sveiby 1998, S. 29
54
,,Homepage der GfdS", o.A.. Http://www.gfds.de/woerter2.html (02.08.2005).
55
Anmerkung: Der zweifelnde Leser möge an dieser Stelle zur Veranschaulichung die Begriffe
,,Humankapital" und ,,Diskussion 2004" bzw. ,,Unwort des Jahres 2004" bei Google, MSN,
Yahoo oder Fireball eingeben.

Begriffsklärungen
14
Für die buchhalterische Bewertung dieses Kapitals konnte in der
Betriebswirtschaftslehre noch kein eindeutiges Verfahren festgelegt werden.
Humankapital müsste nach der betriebswirtschaftlichen Definition als Kapitalart
auf der Passivseite der Bilanz unter Eigen- und Fremdkapital stehen. Die
Passivseite der Bilanz ,,gibt Auskunft über die Kapitalherkunft, [...] und
beantwortet die Fragen, [...], aus welchen Quellen [...] das Gesamtkapital, [das
in der Unternehmung vorhanden ist], stammt, [und] wer [...] in welchem Umfang
Ansprüche an das Gesamtkapital der Unternehmung [hat]."
56
Das hieße, dass
der Arbeiter degradiert wird und als Besitz des Unternehmens gilt. Diese
Sichtweise ist durchaus Kritik berechtigt und mittlerweile veraltet.
Die Faktorenlehre von Erich Gutenberg deklariert Humankapital ebenso als
Produktionsfaktor wie physisches Kapital.
57
Demnach müsste es auf der Aktiva
Seite der Bilanz unter Umlaufvermögen stehen. Diese Ansicht wurde in der
neuen Managementliteratur revidiert und moderne Management-Experten wie
Fredmund Malik, Leiter des Management Zentrums St. Gallen, sehen den
Mitarbeiter mit seinem individuellem Wissen als ,,Kopf- und Wissensarbeiter"
58
im Zentrum der betrieblichen Wertschöpfungsfähigkeit. Der Wissensarbeiter ist
Produzent und Besitzer des Humankapitals. Er verkörpert Fertigkeiten,
Fähigkeiten, Wissen, Erfahrung, Motivation und Innovationsfähigkeit und stellt
somit eines der wichtigsten Güter im Unternehmen.
59
,,Das betriebliche
Humankapital ist Teil des betrieblichen immateriellen Vermögens und trägt
wesentlich zum langfristigen Unternehmenserfolg und damit zur nachhaltigen
Unternehmenssicherung bei."
60
Humankapital als Bestandteil von Wissenskapital stellt nach diesen Aussage
buchhalterisch einen Vermögenswert dar, und müsste demnach auf der
Aktivseite der Bilanz unter Anlagevermögen stehen. Aus diesem Grund ,,passt
56
Ahlert, Franz und Kaefer 1991, S. 11
57
in Anl. an Gutenberg 1958; S. 27. Anmerkung: Gutenberg bezeichnet die drei
Elementarfaktoren zur betrieblichen Leistungserstellung konkret als Arbeitsleistung,
Betriebsmittel und Werkstoffe.
58
Malik, Fredmund: Wissensmanagement - auch dieser Kaiser ist nackt. In: Manager Magazin
Online vom 27.11.2001. Http://www.manager-
magazin.de/koepfe/mzsg/0,2828,169723,00.html (03.08.2005).
59
vgl. Lukas 2004, S. 163
60
,,Wikipedia", 25.10.2005. Http://de.wikipedia.org/wiki/Humankapital (02.08.2005).
vgl. Maier 1994, S. 43ff.
vgl. auch Schultz, Theodore William: Investitionen in Humankapital. In: Politische Ökonomie
des Bildungswesens. Hrsg. von Mehdi Tohidipur. Weinheim, Basel 1974, S. 53-71

Begriffsklärungen
15
der Begriff nicht [...] in die herkömmliche betriebswirtschaftliche
Kapitaldefinition."
61
In bezug auf die Sicherung dieses Kapitals muss gesagt werden, dass
immaterielle Werte in Unternehmen durch Patente, markenrechtliche
Bestimmungen oder bestimmte Verträge abgesichert sind. Das Wissenskapital
ist damit noch nicht ausreichend erfasst, da dieser Begriff noch weiter gefasst
werden muss.
62
Eine Absicherung von Expertenwissen, das auch
Betriebsgeheimnisse beinhaltet, ist aus unserer Sicht nahezu unmöglich. Durch
Arbeitsverträge kann Expertenwissen zwar lange an ein Unternehmen
gebunden werden bzw. den Experten dazu verpflichten, Betriebsgeheimnisse
nach einem Wechsel nicht weiterzugeben. Es ist aber doch sehr fragwürdig, wie
sehr sich Mitarbeiter nach Ausscheiden aus dem Unternehmen an diese
Klauseln gebunden fühlen und ob ein Vertragsbruch überhaupt nachzuweisen
ist.
63
Ein Problem, vor dem heutzutage noch viele Unternehmen stehen ist: wie
bewertet man sinnvoll Wissen. Es existieren noch keine konkreten Werkzeuge
oder Methoden, mit denen der Wert von Wissen exakt (in Euro) gemessen und
quantifiziert werden kann. Zu schwierig ist die Erfassung von nicht-greifbarem
Wissen in absolute Zahlen, mit denen gerechnet wird und zu groß die
Unschärfe, die durch Schätzen, Annehmen und Interpretieren entsteht.
Ein Ansatz der Wissensbewertung liegt in der Bewertung des immateriellen
Vermögens. Dieses wird neben ,,der organisationalen Wissensbasis zusätzlich
bestimmt durch u.a. Marktwert, Image, Kundenstamm. Kunden sind nicht
61
Lukas 2004, S. 146
62
vgl. Lukas 2004, S. 145
63
Anmerkung: Die so genannte López-Affäre aus dem Frühjahr 1993, bei der der Top Manager
von General Motors José Ignacio López mit drei seiner Mitarbeiter von VW abgeworben
wurde, soll diese Problematik verdeutlichen. Bei diesem Fall wurde versucht nachzuweisen,
dass Betriebsgeheimnisse in Form von Dokumenten von General Motors mit zu VW
genommen und benutzt worden sind. Ein eindeutiger Nachweis konnte aber nicht erbracht
werden und das Verfahren wurde eingestellt. Auch wenn keine geheimen Dokumente
entwendet wurden, stand General Motors vor dem Problem, dass geheimes Wissen durch die
Abwanderung zur Konkurrenz gelangte, ohne dass etwas dagegen unternommen werden
konnte.
vgl. dazu Blüthmann, Heinz: Die López-Affäre steht vor einem neuem Höhepunkt: In
Deutschland droht eine Anklage wegen Industriespionage. Im Streit mit General Motors muss
der Volkswagen-Konzern mit einem schweren Imageschaden rechnen. In: Die Zeit Nr. 47
vom 15.11.1996. Http://www.zeit.de/archiv/1996/47/vw.txt.19961115.xml?page=all,
http://rhein-zeitung.de/on/96/12/01/topnews/lopez.html (26.10.2005)
vgl. dazu Nathusius 2001, S. 4ff.

Begriffsklärungen
16
automatisch Teil der organisationalen Wissensbasis, sondern nur dann, wenn
das Wissen der Kunden oder über Kunden den Organisationen verfügbar
gemacht wird."
64
Beispiele zur Bewertung sind die deduktiv summarischen
Ansätze wie z.B. Marktwert-Buchwert-Relation, Tobin´s q oder Calculated
Intangible Value (CIV). Des Weiteren existieren noch zwei induktiv-analytische
Ansätze. Der erste Ansatz ist eine analytische Beschreibung und Bewertung
unterschiedlicher Komponenten der organisationalen Wissensbasis sowie
weiterer Bestandteile des immateriellen Vermögens.
65
Der zweite Ansatz
besteht darin, sowohl die finanziellen als auch die nicht-finanziellen Indikatoren
zu einem Gesamtsystem zur operativen und strategischen Steuerung von
Unternehmen zu integrieren. Dies kann durch Nutzung einer Balanced
Scorecard von Kaplan und Norton bzw. dem daran angelegten Skandia
Navigator der schwedischen Versicherungsgruppe Skandia geschehen. Ein
weiterer Lösungsvorschlag liegt in der Vergabe von Schulnoten nach
bestimmten vorgegebenen Kriterien. Alle Ansätze sind eher experimenteller Art
und haben bisher nicht zu den gewünschten Ergebnissen geführt.
66
Sie werden
in Literatur und Praxis noch nicht als wirklich überzeugend angesehen, da sie
sich noch in der Entwicklungsphase befinden und einige Schwachstellen
enthalten. Eine genaue Bewertung von Wissen ist daher noch nicht eindeutig
möglich. Deshalb und auf Grund der Komplexität des Themas
Wissensbewertung, die den Rahmen dieser Arbeit sprengen würde, wird hierauf
nicht weiter eingegangen.
67
Wir sind vielmehr der Meinung, dass das exakte Beziffern von Wissen nicht
möglich bzw. nicht wirtschaftlich zweckmäßig erscheint. So ist es doch sehr
fraglich, wie sinnvoll eine angemessene Bewertung sein kann, wenn Wissen
vielleicht erst einige Zeit nach seiner Speicherung eine hohe Wichtigkeit für das
Unternehmen erlangt oder auf Grund von Innovationen schnell an Wert verliert.
Des Weiteren ist im Vorfeld einer Bewertung zu klären, welche Personen diese
64
North 2002, S. 225
65
Anmerkung: Zu nennen sind hier der Intangible Assets Monitor von Sveiby, der Intellectual
Capital Navigator von Steward und der IC Index von Roos
66
vgl. Aussagen der Diskussionsrunde "Wohin geht die Reise des Wissensmanagements?" im
Rahmen der CeBIT 2005 im Forum BI & KM, ab 44:00. ,,Homepage des Forums",
o.A..Http://www.forum-bi-km.com. Download Audiostream: Http://www.wissensmanagement-
competence-
center.de/wissensmanagement.nsf/12b19b642c468c68c1256918003764b7/c1fd6f4a8439ea7
ec1256fd4002afede!OpenDocument (11.11.2005)
67
Anmerkung: Weitere Informationen zum Thema Wissensbewertung finden sich in Sveiby
1998, S. 207ff. sowie in North 2002, S. 219ff. und Lukas 2004, S. 163ff.

Begriffsklärungen
17
vornehmen, um eine gute Qualität zu garantieren. Wer hat also in einer
Organisation nach welchen Kriterien wie und warum bewertet?
68
Die
Problematik der Wissensbewertung soll im folgenden Beispiel exemplarisch
vorgestellt werden.
Ein Mitarbeiter des Außendienstes sucht das Gespräch mit einem bestimmten
potentiellen Kunden. Die Dauer bis zu einem effektiven Kontakt würde sich
inklusive diverser gescheiterter Telefonate und Telefonaten mit dem Vorzimmer
auf eine Zeitspanne von mehreren Tagen ausdehnen. Trifft er nun zufällig einen
Kollegen, der persönlichen Kontakt zu der Zielperson hat und ihm innerhalb
kurzer Zeit die Verbindung vermitteln kann, was ist diese Information dann
wert? Wie viel ist das Wissen des Mitarbeiters mit dem Kontakt wert und wie
groß ist der Wert der Tatsache, dass nun eine andere Person ebenfalls diesen
Kontakt hält? Birgt das Wissen Potential für die Zukunft? Könnte die
Buchhaltung den Wert mit einer Bezugsrechung von Gehalt und Zeitersparnis
ausdrücken? Muss dann mit dem Gehalt einer Person oder mehreren
gerechnet werden, da andere möglicherweise durch diese Information auch
Arbeitszeit einsparen könnte? Wird der Kontakt völlig wertlos, wenn der
Außendienstler das Unternehmen verlässt? Und wie viel Fragen kommen noch
auf?
Eindeutige Antworten auf diese Fragestellungen zu finden ist nahezu unmöglich
und die Suche nach Lösungen ist zeitraubend. Wir halten es daher für
praktikabler und zweckmäßiger, den Wissensbegriff im Rahmen des
Wissensschutzes in die beiden Dimensionen sensibles Wissen und nicht-
sensibles Wissen zu differenzieren. Dies soll im folgenden Kapitel erfolgen.
2.4 Sensibles
Wissen
Diese Arbeit legt den Schwerpunkt auf den Schutz von Wissen und betrachtet
daher lediglich das Wissen, das ausschlaggebend für die Stellung im
Wettbewerb bzw. für die Macht eines Unternehmens, ist. Es hat die
Besonderheit, dass es bei Verlust in der Regel nur schwierig bis gar nicht
68
vgl. Aussage von Dr. Roland bei der Diskussionsrunde "Wohin geht die Reise des
Wissensmanagements?" im Rahmen der CeBIT 2005 im Forum BI & KM, ab 49:00.
,,Homepage des Forums", o.A.. Http://www.forum-bi-km.com. Download Audiostream:
Http://www.wissensmanagement-competence-
center.de/wissensmanagement.nsf/12b19b642c468c68c1256918003764b7/c1fd6f4a8439ea7
ec1256fd4002afede!OpenDocument (11.11.2005)

Begriffsklärungen
18
wieder beschafft werden kann. ,,Sein Handelswert [...] [ist hoch] und genügend
Anreize (seitens der Konkurrenz - Anmerkung der Autoren) bestehen, es sich
anzueignen."
69
Eine allgemeingültige, branchenübergreifende Kategorisierung
ist dabei allerdings nicht möglich, denn die Identifizierung von entscheidendem
Wissen ist betriebsspezifisch und situationsbezogen. Vielmehr müssen alle
Teilnehmer des Unternehmens ein Gespür dafür entwickeln, welches Wissen
wertschöpfend und welches wertlos ist. Wertschöpfendes Wissen sollte äußerst
sensibel gehandhabt werden, denn Generierung und Beschaffung sind
kostspielig und zeitaufwendig.
Da nicht alles Wissen im Unternehmen relevant, zweckdienlich oder wichtig ist,
sollte wertschöpfendes Wissen von nicht-wertschöpfendem Wissen getrennt
werden. Das nicht-wertschöpfende Wissen wird vergessen. Vergessen kann
bedeuten, Daten aus Datenbanken zu löschen, greifbare Gegenstände zu
vernichten oder implizites Wissen nicht mehr zu nutzen. Es ist aus
wirtschaftlicher Sicht unverzichtbar, um den Wissensmanagementprozess auf
ein hohes Rentabilitätsniveau zu heben und nicht unwirtschaftlich zu arbeiten.
Auf seine bedeutende Rolle bei Veränderungsprozessen wird in Kapitel 4.2.2
eingegangen.
Sensibles Wissen kann auch mit ,,überlebenswichtiges" oder ,,strategisches"
Wissen beschrieben werden. Es sichert die Produktivität, schafft einen
grundlegenden Vorsprung im Wettbewerb und wird zur ,,ersten" Ressource.
70
Es
generiert einen Mehrwert bzw. einen Wettbewerbsvorteil und somit muss die
zentrale Aufgabe des Wissensmanagements sein, das relevante und
erfolgskritische sensible Wissen zu identifizieren, zu verwerten und seine
Vergeudung zu vermeiden.
71
Eine Unterteilung des Begriffs wertschöpfendes
Wissen in individuelles, kollektives und organisatorisches Wissen ist für diese
Arbeit nicht relevant, da sich diese Wissensarten nur indirekt auf die Schaffung
von neuem intellektuellen Wissen bezieht.
Jede Unternehmung muss sensibles Wissen nach ihren internen (Fachkräfte,
IT-Abhängigkeit) und externen (Marktposition, Konkurrenz) Bedingungen
ausfindig machen, um konkrete Schutzmaßnahmen zu implementieren.
Unternehmen müssen sich außerdem bewusst machen, dass das Nicht-Teilen
69
Badaracco 1991, S. 95
70
Parsons, Julia: Information - The fourth Resource. In: The fourth Resource - Information and
its Management. Hrsg. von David P. Best. o.O.. 1996, S. 61
71
vgl. Lukas 2004, S. 162

Begriffsklärungen
19
von sensiblem Wissen der Mitarbeiter untereinander (intern) sowie das Teilen
von sensiblem Wissen mit Konkurrenzunternehmen (extern) in vielen Fällen als
Verlust angesehen werden muss.
2.5 Wissensmanagement
,,Von Wissensmanagement zu reden ist ungefähr so aussagekräftig, wie im
Zusammenhang mit der Entstehung oder auch Aufführung einer Beethoven-
Symphonie von Sound-Management zu reden oder die Kunst Claude Monets
als Pinsel-Management zu bezeichnen. Das würde ebenso deprimierend wenig
über Beethoven und Monet, über Musik und Malerei sagen, als es beschämend
viel über den Benutzer solcher Begriffe sagte."
72
Malik betont berechtigterweise die Gefahr der Aussage- und Inhaltslosigkeit des
Begriffs ,,managen" - zu Zeiten, in denen ein Hausmeister den Titel ,,facility
manager", eine Empfangsdame den Titel ,,front office manager" und ein
Müllmann den Titel ,,executive waste-manager" trägt. Selbst der Duden gibt mit
,,handhaben u. bewerkstelligen od. bewältigen"
73
nur eine umgangssprachliche,
weit gefasste Begriffsdefinition. Demnach sind wir alle Wissensmanager, denn
wir alle gehen jeden Tag mit unserem Wissen um und benutzen es, um
Situationen zu bewältigen.
In der Literatur findet man kulturelle
74
, technologische
75
, pädagogisch-
psychologische
76
, betriebswirtschaftliche
77
, ökologische
78
und sogar teilweise
philosophische
79
Definitionen vor. North stellt die Ressource Wissen ins
Zentrum des Geschehens und schlägt vor, statt des expansiven und inflationär
verwendeten Begriffs Wissensmanagement die ,,wissensorientierte
Unternehmensführung"
80
zu wählen. Er legt Wert darauf, dass das Gestalten,
Lenken und Entwickeln einer organisationalen Wissensbasis der Erreichung
72
Malik, Fredmund: Wissensmanagement - auch dieser Kaiser ist nackt. In: Manager Magazin
Online vom 27.11.2001. Http://www.manager-
magazin.de/koepfe/mzsg/0,2828,169723,00.html (03.08.2005)
73
Duden. Deutsches Universalwörterbuch. 4. Auflage. Mannheim, Leipzig, Wien, Zürich.
Bibliographisches Institut & F.A. Brockhaus AG 2001, S. 1045
74
vgl. Nonaka & Takeuchi 1997
75
vgl. Maier 2004
76
vgl. Reinmann-Rothmeier & Mandl 2004
77
vgl. Götz & Schmid 2004
78
vgl. Willke 1998
79
vgl. Schütt 2000
80
North 2002, Titel

Begriffsklärungen
20
von Unternehmenszielen dient.
81
Nach Willke sollte das oberste Ziel von
Wissensmanagement die ,,Schaffung einer intelligenten Organisation"
82
sein, die
flexibel auf Veränderungsprozesse reagieren kann. Ergänzt man diese
Auffassung von Wissensmanagement um den Aspekt des impliziten und
expliziten Wissens, dann halten wir den von Schindler vorgeschlagenen Ansatz
für besonders tragfähig. Er definiert: ,,Unter Wissensmanagement wird der
systematische Ansatz verstanden, die Prozesse zum Management des für das
Unternehmen relevanten impliziten und expliziten Wissens durch Interventionen
und Maßnahmen zu fördern."
83
Allen Konzepten gemein ist die Formulierung eines Grundprozesses, der die
Schrittfolge vom Eingang einer Information bis zum Ausgang von Wissen
abbildet. Dabei sind Anzahl und Bezeichnungen der Schritte ähnlich und
können wie in Abbildung drei zusammengesetzt werden.
Informationsaufnahme
bzw. Neugenerierung
Bewertung
Filterung und Selektion
Löschung oder
Weitergabe
Einarbeitung in Prozesse
und Generierung eines
Mehrwertes
Schutz
Ausgang und Verwertung
Darstellung 3: Der Wissensmanagementprozess
Zusammen gefasst ist Wissensmanagement also eine Führungsmethode, die
sich an der Ressource Wissen orientiert und diese in den Mittelpunkt aller
Unternehmensprozesse stellt. Entscheidend ist, welches Wissen an welcher
Stelle in den Prozess einfließt und ob es implizit oder explizit vorliegt. Das
81
vgl. ebd., S. 181
82
Willke 1998, S. 1
83
Schindler 2000, S. 38

Begriffsklärungen
21
Hauptziel ist dabei, das System so flexibel zu halten, dass es auf
Veränderungen aller Art intelligent reagieren kann. Intelligent bedeutet zum
einen, notwendiges Wissen zügig beschaffen und zielgerichtet weiterleiten zu
können sowie nicht relevantes Wissen zu vergessen, damit der Wissensfluss
nicht blockiert oder ausgebremst wird. Zum anderen muss das eingesetzte
Wissen gesichert werden, um einen reibungslosen und vor ,,Nachahmern"
geschützten Prozessablauf auf Dauer zu garantieren. Die Hauptrollen spielen
dabei die drei Funktionsbereiche Personal, Informations- und
Kommunikationstechnik sowie ins Besondere die Organisation, die die
Methoden und Werkzeuge des Wissensmanagement erlernen und anwenden
müssen. Die Organisation ist dabei verantwortlich für eine moderne
wissensorientierte Ausrichtung von Betriebsstruktur und -prozessen. Die
Personalarbeit erfüllt die Aufgaben der Beschaffung, der angemessenen
Behandlung und der Sicherung von Wissensträgern, während die IT-Abteilung
die benötigte Infrastruktur zur Wissensexplizierung, -verteilung und -
speicherung bereitstellt. Alle Bereiche sind angesprochen in bezug auf den
Wissensschutz und sollten entsprechende Maßnahmen kennen und
standardisieren.
Personal
Beschafft,
Motiviert und
Sichert
Wissensträger
IT
Stellt Infrastruktur und
Kommunikationswerkzeuge
Sichert explizites Wissen
Organisation
Richtet Betriebsstruktur und
­prozesse wissensorientiert
aus
Darstellung 4: Funktionen der Hauptakteure im Wissensmanagement

Begriffsklärungen
22
Das technische orientierte Verständnis von Wissensmanagement entwickelte
sich Anfang der 90er Jahre auf Grund des Fortschritts im Informations- und
Kommunikationsbereich.
84
Es ist mittlerweile aber deutlich überholt, ,,die
Herausforderung liegt [...] vielmehr in der Balance zwischen IT, Mitarbeitern
und Organisation"
85
bzw. Technologie, Mensch und Organisation.
86
Es ist u.E.
evident, dass nicht nur technische Systeme sondern vor allem die Firmenkultur
eine entscheidende Rolle bei der Umsetzung von Maßnahmen spielt.
Barrieren:
· Inkonsistente Daten
· Starre Wissensaufbereitung
· Mangelhafte Informations- und
Kommunikationsflüsse
Barrieren:
· Wissensverlust durch
Personalfluktuation
· Wissen als persönliches Eigentum
· Ungeeignete Unternehmenskultur
Barrieren:
· Fehlender Wissensaustausch inner- und
unterhalb Unternehmen
· Fehlende Mechanismen zur Wissensakquisition, -
speicherung und -transfer
· Ungeeignete Unternehmenskultur
Wissensmanagement
O
rg
an
is
ati
on
Te
ch
no
lo
gi
e
Mensch
Darstellung 5: Das TOM-Modell
87
Eingesetzt durch seine Wissensträger kommt Wissen eine entscheidende
Steuerungsfunktion im Betrieb zu, es führt quasi den Betrieb. Dafür muss
ermittelt werden, wo sich welches Wissen befindet, in welcher Form es vorliegt
und wie es eingesetzt werden kann, um die gesetzten Ziele zu erreichen. Sollte
84
vgl. Howald, Klatt & Kopp 2004, S. 1
85
PA Consulting Group (Hrsg.): Wissen - ein Potenzial für Unternehmen? Zwischenbilanz nach
einer Dekade Wissensmanagement. Ergebnisse einer deutschlandweiten Studie 2004.
Frankfurt. S. 5. Http://paconsulting.com/home/default3%28de%29.htm (21.07.05)
86
vgl. Reinmann-Rothmeier & Mandl 2000a, S. 7
vgl. auch Reinmann-Rothmeier & Mandl 2000b; Kap 1.2.1
87
in Anl. an Fraunhofer-Wissensmanagement Community (Hrsg.): Wissen und Information
2005. Stuttgart: Fraunhofer IRB Verlag, S. 18. Http://www.irb.fraunhofer.de (10.07.2005)

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2005
ISBN (eBook)
9783832493684
ISBN (Paperback)
9783838693682
DOI
10.3239/9783832493684
Dateigröße
2.1 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Technische Hochschule Köln, ehem. Fachhochschule Köln – Fakultät für Informations- und Kommunikationswissenschaften
Erscheinungsdatum
2006 (Februar)
Note
1,3
Schlagworte
wissensmanagment know-how-schutz competitive intelligence spionage schutzkonzept
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Titel: Die Bedeutung von Wissensschutz in mittelständischen Unternehmen und Wege zu seiner Verbesserung
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