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Chinesische Natursteinplatten im öffentlichen Freiraum

Dokumentation ausgewählter Projekte und aus der Schadbildanalyse resultierende Empfehlungen für künftige Baumaßnahmen

©2005 Diplomarbeit 156 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Problemstellung:
In den vergangenen Jahren wurden verstärkt repräsentative, innerstädtische Freiräume (Fußgängerzonen, Plätze, Einkaufspassagen) mit chinesischen Natursteinplattenbelägen ausgestattet. Der günstige Preis des fernöstlichen Naturwerksteins ermöglicht Planern und Bauherren eine Fülle neuer Gestaltungsmöglichkeiten: Großformatige und den Belastungssituationen entsprechend dicke Platten aus massivem Naturstein werden zunehmend großflächig als Straßenbelag eingesetzt. In der Vergangenheit kam es jedoch zu teilweise erheblichen Unzulänglichkeiten bei Baumaßnahmen mit diesem Material, ein Umstand, der dem chinesischen Naturwerkstein ein nachhaltiges Negativimage beschert hat.
Durch die im Rahmen dieser Diplomarbeit realisierte Dokumentation ausgewählter, chinesischer Natursteinplattenbeläge werden die mit diesem Material, in Abhängigkeit von Bauweise und Nutzungsansprüchen, einhergehenden Eigenschaften und Probleme analysiert und bewertet.
Ziel dieser Arbeit ist es, unter Berücksichtigung der gewonnenen Analyseergebnisse Empfehlungen und Handlungsanweisungen für künftige Projekte zu entwickeln, um Natursteinplattenflächen in Zukunft schadensfrei planen, bauen und unterhalten zu können.
„Granit aus China lässt Tiefbauer fast verzweifeln“ (Neue Osnabrücker Zeitung, 06.04.2000). „Chinesischer Granit wird zum Stein des Anstoßes“ (dpa-Meldung von Katia Rathsfeld, 21.08.2005).
Schlagzeilen wie diese enthalten zwar meistens auch einen Funken Wahrheit, werden dem Kernproblem aber selten gerecht. In der Vergangenheit ist es bei einigen Bauprojekten zu Schwierigkeiten gekommen, die, meiner Meinung nach vorschnell und weitgehend zu Unrecht, dem chinesischen Naturwerkstein angelastet wurden.
Vielmehr belegen unzählige positive Beispiele, die leider oftmals kein mediales Echo erfahren, dass chinesischer Naturwerkstein den Anforderungen nationaler und europäischer Normen und Regelwerken genügen kann. Auch für SINGEWALD (2003, S. 3) ist „die Qualität eines Natursteins […] sicherlich nicht aufgrund seiner Herkunft festmachbar“. Bei genauer Betrachtung ist es so, dass eine geologischfachliche Begleitung der gesamten Baumaßnahme, von der Besichtigung des chinesischen Steinbruchs bis hin zur Beprobung der Lieferchargen, eine ausreichende Qualität des Materials gewährleisten kann.
These 1:
Ein umfangreiches Qualitätsmanagement garantiert den Anforderungen entsprechende Materialeigenschaften des chinesischen Naturwerksteins. Wo liegen also […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


ID 9331
Knippenberg, Frank: Chinesische Natursteinplatten im öffentlichen Freiraum -
Dokumentation ausgewählter Projekte und aus der Schadbildanalyse resultierende
Empfehlungen für künftige Baumaßnahmen
Druck Diplomica GmbH, Hamburg, 2006
Zugl.: Fachhochschule Lippe und Höxter, Diplomarbeit, 2005
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Diplomica GmbH
http://www.diplom.de, Hamburg 2006
Printed in Germany

Vorwort
III
Vorwort
Die vorliegende Diplomarbeit stellt den Abschluss meines Studiums
zum Diplomingenieur im Fachgebiet Landschaftsarchitektur und Um-
weltplanung (FB 9) an der Fachhochschule Lippe und Höxter dar.
Bewusst habe ich mich für ein theoretisches Thema aus dem Bereich
Baustoffkunde entschieden. Als gelernter Gärtner in der Fachrichtung
Garten- und Landschaftsbau fasziniert mich insbesondere Naturwerk-
stein als Baumaterial seit vielen Jahren.
Darüber hinaus möchte ich dieses Vorwort nutzen, um mich bei eini-
gen Personen für die Unterstützung vor und während dieser Arbeit zu
bedanken:
In erster Linie möchte ich meiner Familie, insbesondere meiner Frau
Julia und meinem Sohn Fritz Leo für die Unterstützung, das Verständ-
nis und die Geduld während der letzten Monate danken. Meinen Eltern
und Großeltern danke ich ganz besonders für die finanzielle Unterstüt-
zung, die dieses Studium erst ermöglicht hat.
Weiter danke ich denen, die mich während der Fertigstellung dieser
Arbeit fachlich betreut haben. Meinen Betreuern , Herrn Prof. Dr.-Ing.
Jörn Pabst und Prof. Dr. Lutz Müller ebenso wie meinem ,,Drittbetreu-
er" Dipl. Ing. Jörn Buchholz, dem ich an dieser Stelle auch alles Gute
für seine Dissertation wünsche. Ich möchte ferner allen danken, die
sich die Zeit genommen haben die Fragenkataloge zu beantworten,
insbesondere danke ich Herrn Frank Dickmann, Geschäftsführer der
Fa. BESCO GmbH, Berlin und Herrn Detlef Richter, Geschäftsführer
der Fa. Steinzeit, Bonn, für ihre fachliche Unterstützung.

Inhaltsverzeichnis
IV
1 EINLEITUNG
1
1.1 T
HEMATISCHE
E
INFÜHRUNG
1
1.2 T
HESEN
2
1.3 Z
IELVERFOLGUNG
3
2
EINFÜHRUNG IN DIE GESTEINSKUNDE
5
2.1 M
INERALE UND
G
ESTEINE
5
2.2 G
ESTEINE FÜR
N
ATURSTEINPFLASTER UND
-
PLATTEN
13
2.3 G
EWINNUNG UND
B
EARBEITUNG VON
N
ATURWERKSTEIN
15
2.4 O
BERFLÄCHENBEARBEITUNG
18
3 NATURSTEINPLATTEN
21
3.1 D
EFINITION
21
3.2 DIN
EN
1341
­
G
ENÜGT DIE
E
URONORM FÜR
N
ATURSTEINPLATTEN DEN
A
NFORDERUNGEN DER
P
RAXIS
?
22
3.3 B
EANSPRUCHUNG UND
B
AUKLASSEN
27
3.4 B
AUWEISEN
31
3.5 P
HYSIKALISCHE UND CHEMISCHE
E
INFLÜSSE
38
3.6 U
NTERHALTUNG
,
R
EINIGUNG UND
P
FLEGE
40
4
NATURWERKSTEIN AUS CHINA
42
4.1 G
EOGRAPHISCHE
D
ATEN UND
Z
AHLEN ZUR
V
OLKSREPUBLIK
C
HINA
42
4.2 G
EWINNUNGSSTÄTTEN FÜR
N
ATURSTEIN
44
4.3 H
ANDEL
46
4.4 Q
UALITÄTSMANAGEMENT
50

Inhaltsverzeichnis
V
5
DOKUMENTATION UND ANALYSE
AUSGEWÄHLTER NATURSTEINPLATTENFLÄCHEN
52
5.1 A
USWAHLKRITERIEN
52
5.2 D
OKUMENTATIONSMETHODIK
52
5.3 D
OKUMENTIERTE
P
ROJEKTE
(
IN ALPHABETISCHER
R
EIHENFOLGE
)
55
5.3.1 Bielefeld, Fußgängerzone Altstadt
55
5.3.2 Binz auf Rügen
63
5.3.3 Bonn, T-Mobile Campus
69
5.3.4 Bremerhaven, Fußgängerzone
76
5.3.5 München, Marstallplatz
85
5.3.6 München, Pschorrhöfe
91
5.3.7 Wiesbaden, Fußgängerzone
96
5.4 Z
USAMMENFASSENDE
A
NALYSE UND
V
ERGLEICH DER DOKUMENTIERTEN
P
ROJEKTE
103
6
FAZIT UND ZUSAMMENFASSUNG
105
6.1 F
AZIT UND
A
USBLICK
105
6.2 Z
USAMMENFASSUNG
107
6.3 S
UMMARY
109
7 ANHANG
111
7.1 F
RAGENKATALOGE
111
7.2 L
ITERATURVERZEICHNIS
137
7.3 A
BBILDUNGSVERZEICHNIS
143
7.4 E
IDESSTATTLICHE
E
RKLÄRUNG
150

Einleitung
1
1
Einleitung
1.1
Thematische Einführung
In den vergangenen Jahren wurden verstärkt repräsentative, inner-
städtische Freiräume (Fußgängerzonen, Plätze, Einkaufspassagen)
mit chinesischen Natursteinplattenbelägen ausgestattet. Der günstige
Preis des fernöstlichen Naturwerksteins ermöglicht Planern und Bau-
herren eine Fülle neuer Gestaltungsmöglichkeiten: Großformatige und
den Belastungssituationen entsprechend dicke Platten aus massivem
Naturstein werden zunehmend großflächig als Straßenbelag einge-
setzt. In der Vergangenheit kam es jedoch zu teilweise erheblichen
Unzulänglichkeiten bei Baumaßnahmen mit diesem Material, ein Um-
stand, der dem chinesischen Naturwerkstein ein nachhaltiges Nega-
tivimage beschert hat.
Durch die im Rahmen dieser Diplomarbeit realisierte Dokumentation
ausgewählter, chinesischer Natursteinplattenbeläge werden die mit
diesem Material, in Abhängigkeit von Bauweise und Nutzungsansprü-
chen, einhergehenden Eigenschaften und Probleme analysiert und
bewertet.
Ziel dieser Arbeit ist es, unter Berücksichtigung der gewonnenen Ana-
lyseergebnisse Empfehlungen und Handlungsanweisungen für künfti-
ge Projekte zu entwickeln, um Natursteinplattenflächen in Zukunft
schadensfrei planen, bauen und unterhalten zu können.

Einleitung
2
1.2
Thesen
,,Granit aus China lässt Tiefbauer fast verzweifeln" (Neue Osnabrücker
Zeitung, 06.04.2000). ,,Chinesischer Granit wird zum Stein des An-
stoßes" (dpa-Meldung von Katia Rathsfeld, 21.08.2005).
Schlagzeilen wie diese enthalten zwar meistens auch einen Funken
Wahrheit, werden dem Kernproblem aber selten gerecht. In der Ver-
gangenheit ist es bei einigen Bauprojekten zu Schwierigkeiten ge-
kommen, die, meiner Meinung nach vorschnell und weitgehend zu
Unrecht, dem chinesischen Naturwerkstein angelastet wurden.
Vielmehr belegen unzählige positive Beispiele, die leider oftmals kein
mediales Echo erfahren, dass chinesischer Naturwerkstein den Anfor-
derungen nationaler und europäischer Normen und Regelwerken ge-
nügen kann. Auch für SINGEWALD (2003, S. 3) ist ,,die Qualität eines
Natursteins [...] sicherlich nicht aufgrund seiner Herkunft festmach-
bar". Bei genauer Betrachtung ist es so, dass eine geologisch-
fachliche Begleitung der gesamten Baumaßnahme, von der Besichti-
gung des chinesischen Steinbruchs bis hin zur Beprobung der Liefer-
chargen, eine ausreichende Qualität des Materials gewährleisten
kann.
These 1:
Ein umfangreiches Qualitätsmanagement garantiert den Anforderun-
gen entsprechende Materialeigenschaften des chinesischen Natur-
werksteins.
Wo liegen also weitere mögliche Ursachen dafür, dass viele Natur-
steinplattenflächen nicht den hohen ästhetischen Ansprüchen genü-
gen, die sicherlich zu Recht an einen Plattenbelag im urbanen
Freiraum zu stellen sind?
Viele Plattenflächen weisen signifikante Abweichungen von der Eben-
flächigkeit auf und/oder sind stark verschmutzt. Optische Mängel, die

Einleitung
3
meiner Meinung nach direkt oder indirekt auf eine der Belastungssi-
tuation nicht angemessene Bauweise zurückzuführen sind.
These 2:
Die Qualität einer Natursteinplattenfläche im urbanen Freiraum hängt
in erster Linie von einer, der geplanten Belastung und Beanspruchung
angemessenen Bauweise und den damit verbundenen Reinigungs-
und Pflegemöglichkeiten ab.
1.3
Zielverfolgung
Zur Überprüfung der beiden zuvor aufgestellten Thesen gliedert sich
die vorliegende Arbeit in folgende Abschnitte:
Die Abschnitte 2 bis 4 bilden den allgemeinen Teil dieser Arbeit. Es
erfolgt eine ausführliche Einführung in das Thema, wobei insbesonde-
re die Kernbegriffe dieser Arbeit ,,Natursteinplatte", ,,Bauweise" und
,,Qualitätsmanagement" definiert und erläutert werden. Zunächst be-
schäftigt sich Abschnitt 2 Einführung in die Gesteinskunde mit dem
Begriff Naturwerkstein: Es werden die geologischen Grundlagen hin-
sichtlich Entstehung und Zusammensetzung von Gesteinen erläutert,
anschließend die für Natursteinpflaster und -platten geeigneten Ge-
steine und ihre Eigenschaften vorgestellt. Die zwei abschließenden
Kapitel behandeln die Gewinnung und Bearbeitung von Naturwerk-
stein sowie die möglichen Oberflächenbearbeitungen. Abschnitt 3 Na-
tursteinplatten definiert vorab kurz den Begriff Natursteinplatte im
Sinne dieser Arbeit, anschließend werden die relevanten Normen und
die darin enthaltenen Anforderungen an Natursteinplatten für den
Außenbereich vorgestellt und diskutiert. Die folgenden Kapitel behan-
deln die in Abhängigkeit von der Beanspruchung relevanten Bauklas-
sen für Elementstraßenbeläge sowie die möglichen Bauweisen.
Abschließend wird die schädigende Wirkung von physikalischen und

Einleitung
4
chemischen Einflüssen auf Natursteinplatten untersucht sowie poten-
zielle Maßnahmen zur Unterhaltung, Reinigung und Pflege der Plat-
tenflächen vorgestellt.
Abschnitt 4 Naturwerkstein aus China stellt zunächst die aufstrebende
Wirtschaftsmacht China anhand der wichtigsten allgemeinen geogra-
phischen Daten und Zahlen vor, um anschließend speziell auf chinesi-
schen Naturwerkstein einzugehen. Es werden die wichtigsten
Gewinnungsstätten für Naturstein vorgestellt sowie die chinesische
Natursteinwirtschaft hinsichtlich des Handelsvolumens und -wertes
beleuchtet. Anschließend wird exemplarisch ein umfassendes Quali-
tätsmanagement für chinesischen Naturwerkstein beschrieben.
Den Schwerpunkt dieser Arbeit bildet Abschnitt 5 Dokumentation und
Analyse ausgewählter Natursteinplattenflächen. Nach einer kurzen
Beschreibung der Auswahlkriterien und Erläuterung der Dokumentati-
onsmethodik werden die sieben im Rahmen dieser Diplomarbeit do-
kumentierten chinesischen Natursteinplattenflächen vorgestellt und
insbesondere im Hinblick auf die aufgestellten Thesen analysiert und
bewertet.
Abschnitt 6 Fazit und Zusammenfassung bildet den Schluss dieser
Arbeit, die gewonnenen Ergebnisse werden zusammengefasst und in
Planungs- und Bauempfehlungen für künftige Natursteinplattenflä-
chen subsumiert. Die Zusammenfassung wird auch ins Englische ü-
bersetzt.

Einführung in die Gesteinskunde
5
2
Einführung in die Gesteinskunde
2.1
Minerale und Gesteine
Gesteine bilden den wichtigsten Bestandteil der äußeren Erdkruste.
Sie bestehen aus einem oder mehreren Mineralen, die wiederum aus
einem oder mehreren chemischen Elementen bestehen. Daraus las-
sen sich folgende Definitionen ableiten:
· Minerale sind stofflich einheitliche (homogene), feste, anorgani-
sche, meist natürlich vorkommende Körper der Erdkruste.
· Gesteine sind monomineralische oder polymineralische Aggre-
gate von Mineralen, die selbstständige, in sich wesensgleiche
Teile der Erdkruste darstellen (ROTHE, S.14).
Ein Beispiel für ein monomineralisches Gestein ist Kalk, welches aus
dem Mineral Kalkspat besteht. Granit ist ein typischer Vertreter für
ein polymineralisches Gestein: ,,Feldspat, Quarz und Glimmer, die
drei vergess ich nimmer", lautet ein bekannter Merksatz. Minerale
lassen sich beispielsweise nach Farbe oder Härte klassifizieren.
Grundsätzlich unterscheidet man helle, felsische Minerale (z.B. Quarz,
Feldspäte) von dunklen, mafischen
1
Mineralen (z.B. Olivin, Biotit). Die
Mohs'sche Härteskala, eine von dem Mineralogen Friedrich M. Mohs
(1773-1839) aufgestellte Skala, ermöglicht eine einfache Bestim-
mung der Mineralhärte: Die Mineralien werden in zehn Härtegrade
eingeteilt, wonach jedes folgende Mineral das vorhergehende ritzt
(vgl. MEHLING (Hrsg.), S. 250). Das weichste Mineral ist hiernach
Talk mit einer Härte von 1, Diamant mit einem Wert von 10 das här-
teste.
1 mafisch: dunkel gefärbte als Mafite bezeichnete Minerale. Gegensatz ist salisch (fel-
sisch). (vgl. MEHLING (Hrsg.), S. 226)

Einführung in die Gesteinskunde
6
Die wichtigsten gesteinsbildenden Minerale mit Farbzuordnung und
Einteilung nach Härte fasst folgende Tabelle zusammen (vgl.
MENTLEIN, S. 13):
Mineral
Farbe
Härte nach Mohs
Quarz
weiß, grau
7
Orthoklas = roter Feldspat
rötlich, rot
6
Plagioklas = heller Feldspat
grau
6
Muskovit = heller Glimmer
silberweiß
2,5 ... 3
Biotit = dunkler Glimmer
schwarz
2,0 ... 3
Augit
schwarz, braun
6
Hornblende
schwarz
5,0 ... 6
Olivin
dunkelgrün
6,5 ... 7
Calzit (Kalziumkarbonat)
weiß, grau
3
Gips
weiß, grau
2
Tabelle 1
Hinsichtlich ihrer Entstehung lassen sich die Gesteine in drei Gruppen
einordnen:
1) Erstarrungsgesteine (magmatische Gesteine, Magmatite) ent-
stehen aus dem abgekühlten und kristallisierten Magma
2
des
Erdinneren.
2) Ablagerungsgesteine (Sedimentgesteine, Sedimentite) entste-
hen durch Verwitterung, Erosion, Transport, Ablagerung und
Diagenese
3
.
3) Umwandlungsgesteine (metamorphe Gesteine, Metamorphite):
Abgesunkene Sedimentite und Magmatite erfahren in größeren
Tiefen der Erdkruste (10-20 km) große Drücke und Tempera-
tureinwirkungen und bilden dadurch neue Gesteine.
2 Magma: Flüssige Masse aus teilweise oder vollkommen aufgeschmolzenem silikatischem
bzw. (wesentlich seltener) karbonatischem Material (Karbonatitschmelzen) unter Be-
teiligung größerer Mengen an gelösten Gasen (MEHLING (Hrsg.), S. 226).
3 Diagenese: Sammelbegriff für alle Vorgänge, die lockere Sedimente zu Sedimentgestei-
nen werden lassen. Neben Entwässerungs-(Kompaktions-)Lösungs- und Ausfällungs-
vorgängen spielen Druck und Temperatur eine entscheidende Rolle (MEHLING
(Hrsg.), S. 70).

Einführung in die Gesteinskunde
7
zu 1) Magmatite lassen sich nach Ort und Geschwindigkeit des Erstar-
rens wiederum untergliedern:
· Tiefengesteine (Plutonite) entstehen, wenn das empordrängen-
de Magma in größerer Tiefe (8 bis über 40 km) unter der Erd-
oberfläche langsam in Zeiträumen von Jahrmillionen erstarrt
(HUGUES, STEIGER, WEBER, S. 10). Diese Plutonite verfügen
über eine mit dem bloßen Auge sichtbare, vollständig auskris-
tallisierte
4
Mineralstruktur, und erst tektonische Hebung im er-
starrten Zustand und die verwitterungsbedingte Abtragung der
überlagernden Gesteine führen dazu, dass diese Gesteine an
der Erdoberfläche zugänglich sind (vgl. MEHLING (Hrsg.), S.
227). Bekannteste Vertreter: Granit, Diorit, Gabbro.
· Ganggesteine stellen den Übergang zwischen Plutoniten und
Vulkaniten dar (MEHLING (Hrsg.), S. 123). Wie der Name schon
sagt, erstarren kleinere Mengen Magma in oberflächennahen
Gängen und Spalten. Gesteinsarten zum Beispiel: Quarz-
porphyr, Granitporphyr
· Ergussgesteine (Vulkanite) entstehen unmittelbar unter der
Erdoberfläche oder bei Vulkanausbrüchen sogar oberirdisch.
Aufgrund dieser sehr unterschiedlichen Erstarrungsbedingungen
entstehen dichte bis poröse oder tuffartige, kristalline bis glasi-
ge
5
, richtungslose
6
Gesteine (vgl. HUGUES, STEIGER, WEBER,
S. 10), beispielsweise Basalt, Diabas, Lavagestein, vulkanische
Tuffe.
4 auskristallisiert (auch holokristallin): alle Gemengeteile sind als Kristalle ausgebildet
(vgl. MEHLING (Hrsg.), S. 159) Kristallisation: chemischer Vorgang der Kristallbil-
dung und Zeitpunkt des Kristallisierens von Stoffen. Kristalle bilden sich ausgehend
von einem Kristallisationskeim durch Stoffanlagerung (MEHLING (Hrsg.), S. 203)
5 Gesteinsglas: entsteht bei der raschen Erstarrung von Silikatschmelzen. Die Atome und
Moleküle bekommen keine ausreichende Zeit zur Bildung von Kristallen und liegen
deshalb in ungeordneter Form wie in der Schmelze vor (MEHLING (Hrsg.), S. 130).
6 richtungslos: bezeichnet die Textur, also die (im Bsp. richtungslose) räumliche Anord-
nung der Komponenten eines Gesteins (MEHLING (Hrsg.), S. 396).

Einführung in die Gesteinskunde
8
Die folgende Übersicht zeigt den Zusammenhang zwischen Magmabe-
reich, Tiefen- und Ergussform (vgl. SCHEGK, S. 1 von 7 von Kapitel
3.1, Magmatite):
zu 2) Sedimentite entstehen durch mechanische, chemische oder bio-
logische Zerstörung bereits vorhandener Gesteine und deren an-
schließender erdoberflächennahen Wiederverfestigung. Hierbei kann
es sich sowohl um Magmatite, Metamorphite als auch um ältere Se-
dimentite handeln. Die durch die Zerstörung entstehenden Sedimente
erodieren und lagern sich an anderen Stellen wieder ab. An diesen
Ablagerungsstellen können unter bestimmten Umständen gesteinsbil-
dende Prozesse ( Diagenese) einsetzen. Man unterscheidet nach
ihrer Entstehung:
· Klastische Sedimentite oder Trümmergesteine sind Ablagerun-
gen von Gesteinsteilen, die nur auf mechanischem Weg gebil-
det, transportiert und verfestigt werden. Die klastischen
Sedimente werden nach ihrer Größe gegliedert in:
Abbildung 1

Einführung in die Gesteinskunde
9
- Brockengesteine (> 2 mm), z.B. Konglomerat
7
, Brekzie
8
- Sandgesteine (2 ­ 0,02 mm), z.B. Sandstein
9
, Grauwa-
cke
10
, Kalksandstein
11
- Tongesteine (< 0,02 mm), z.B. Tonstein
12
, Tonschiefer
13
(vgl. HUGUES, STEIGER, WEBER , S. 11)
· Chemische Sedimentite entstehen durch die Verfestigung von
aus übersättigten Lösungen ausgefällter Kristalle. Gesteinsbei-
spiele: Kalkstein
14
, Travertin
15
, Dolomit
16
· Biogene Sedimentite bestehen ausschließlich aus organischen
Sedimenten: z.B. Braunkohle, Steinkohle etc.
7
Konglomerat: Ablagerungsgestein. Diagenetisch verfestigter Kies, aus gerundeten Ge-
röllkomponenten der gleichen Gesteinsart (mono- oder oligomiktes K.) oder verschie-
denartiger Gesteine (polymiktes K.) bestehend (MEHLING (Hrsg.), S. 193).
8
Brekzie: Ablagerungsgestein aus eckigen Gesteinstrümmern jeglicher Herkunft.
(MEHLING (Hrsg.), S. 53)
9
Sandstein: Bezeichnung für (klastische) Ablagerungsgesteine mit einer Korngröße von
0,0625 bis 2 mm. (MEHLING (Hrsg.), S. 329)
10
Grauwacke: Klastisches Sedimentgestein, eine Sonderausbildung von Sandsteinen.
(MEHLING (Hrsg.), S. 144)
11
Kalksandstein: ein Sandstein mit einem Sandanteil von 50-75 Vol.-%, der Rest besteht
aus Karbonat (MEHLING (Hrsg.), S. 174)
12
Tonstein: unter Druck erfolgt eine Kompaktion des abgelagerten Tonsediments, Ton
wird zu Tonstein. (vgl. MEHLING (Hrsg.), S. 399)
13
Tonschiefer: siehe Tonstein, die Schiefrigkeit ist auf tektonische Einengung im Rahmen
von intensiver Faltung des Gesteins zurückzuführen. (vgl. MEHLING (Hrsg.), S. 399)
14
Kalkstein: Kalksteine bestehen überwiegend aus Calcit oder Kalkspat und entstehen
durch Verfestigung von chemisch gefälltem Kalkschlamm. Kalksteine können aber
auch fast ausschließliche aus Schalenresten von fossilen Meerestieren bestehen
(Schill- oder Muschelkalke) (MEHLING (Hrsg.), S. 174).
15
Travertin: poröses Kalkgestein, das sich in den jüngeren Epochen der Erdgeschichte im
kontinentalen Bereich immer dann bildet, wenn kalkreiche Wässer nach dem Quell-
austritt ihren Lösungsinhalt verlieren und ausscheiden (MEHLING (Hrsg.), S. 404).
16
Dolomit: Sedimentgestein, zu 90-100 % aus dem Mineral Dolomit bestehend. Meistens
sekundär durch Magnesium-Zufuhr aus Kalkstein gebildet. (MEHLING (Hrsg.), S. 81)

Einführung in die Gesteinskunde
10
Zusammenfassend veranschaulicht Tabelle 3 die Entstehung der Se-
dimentite
(vgl.
SCHEGK, S. 1 von 9 von Kapitel 3.2, Sedimentite):
Abbildung 2

Einführung in die Gesteinskunde
11
zu 3) Metamorphite entstehen unter sich ändernden physikalischen
und chemischen Bedingungen in einem Zeitraum von Jahrmillionen
durch Umwandlung sowohl magmatischer, sedimentärer oder bereits
metamorpher Gesteine (HUGUES, STEIGER, WEBER, S. 11). Dabei
spielen in der Regel großgeologische Vorgänge eine Rolle, bei denen
ganze Gesteinskomplexe in tiefere Erdschichten versinken, hier unter
großen Druck bei sehr hohen Temperaturen geraten und in neue Ge-
steine umgewandelt werden (vgl. ROTHE, S. 107). In Bezug auf das
umgewandelte Ausgangsgestein werden Metamorphite unterschieden
in Orthogesteine (aus Magmatiten hervorgegangen) und Paragesteine
(aus Sedimentiten entstanden). Der namhafteste Metamorphit ist der
Marmor, der aus einem umgewandelten Kalkstein hervorgeht. Die
folgende Grafik illustriert den Prozess der Gesteinsmetamorphose
(vgl. SCHEGK, S. 1 von 4 von Kapitel 3.3, Metamorphite):
Abbildung 3

Einführung in die Gesteinskunde
12
Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass keine der drei Ge-
steinsgruppen ausschließlich isoliert betrachtet werden kann, viel-
mehr stehen Sie über einen Kreislauf (siehe Abbildung 4) miteinander
in Verbindung. Dieser in seinen Details noch wenig erforschte Zyklus,
geht auf die Theorie von James Hutton (1726-1797) zurück und be-
steht im Prinzip aus einer Reihe von Teilkreisläufen:
· Beim exogenen Kreislauf verwittern die magmatischen Gestei-
ne, die dabei entstehenden Sedimente werden durch den Pro-
zess der Diagenese zu Sedimentgesteinen, die wiederum
verwittern und erodieren.
· Der endogene Kreislauf besagt, dass Magmatite oder Sedimen-
tite in tieferen Bereichen der Erdkruste zu Metamorphiten um-
gewandelt werden, die dann entweder in den exogenen
Kreislauf gelangen können oder in noch größeren Tiefen zu
Schmelzen werden, die beim Wiederaufstieg zu Magmatiten er-
starren (vgl. ROTHE, S. 13).
Abbildung 4

Einführung in die Gesteinskunde
13
2.2
Gesteine für Natursteinpflaster und -platten
Die drei in Kapitel 2.1 vorgestellten großen Gesteinsfamilien (Magma-
tite, Sedimentite, Metamorphite) lassen sich in etwa 30 verschiedene
Gesteinsarten
17
unterteilen, aus denen wiederum weltweit ca. 4.500 ­
5.000 Natursteinsorten
18
hervorgehen (vgl. HUGUES, STEIGER,
WEBER, S. 10). In diesem Kapitel werden Natursteinarten für im Frei-
raum verwendbare Pflaster- und Plattenbeläge vorgestellt und hin-
sichtlich ihrer Bestandteile, Farbe, Rohdichte und
Verwendungsmöglichkeiten tabellarisch dargestellt (vgl. MENTLEIN,
S.15; HUGUES, STEIGER, WEBER, S. 12-22; sowie SCHEGK):
Gestein
Bestandteile
Farbe
Rohdichte¹
(g/cm³)
Druckfestigkeit
(N/mm²)
Verwendung
Granit
Feldspat,
Quarz und
Glimmer
weißlich-
gelblich-
grau-rötlich-
schwarz
gesprenkelt
2,6 ... 2,8
160 ... 240
Pflaster, Bordstei-
ne, Fassaden,
Bodenbeläge
innen/außen,
große Platten,
Stufen, Mauer-
steine
Syenit
roter Feldspat,
Hornblende,
Quarz
dunkelgrau-
rötlich-
gelblich ge-
sprenkelt
2,6 ... 2,8
160 ... 240
ähnlich Granit,
etwas einge-
schränkter
Diorit
heller Feld-
spat, Horn-
blende, Quarz
dunkelgrau-
schwarz
gesprenkelt
2,6 ... 2,9
170 ... 300
ähnlich Granit,
etwas einge-
schränkter
Gabbro
verschiedene
dunkle Mine-
rale, Olivin,
heller Feldspat
dunkelgrau,
schwarz,
grünlich
2,8 ... 3,1
170 ... 350
ähnlich Granit
17
Gesteinsart: Als Gesteinsarten bezeichnet man Varietäten von Gesteinen, die einen de-
finierbaren, relativ homogenen Mineralbestand aufweisen und durch eine
petrographische Bezeichnung gekennzeichnet sind (MEHLING (Hrsg.), S. 130).
18
Natursteinsorte: Viele Gesteinsarten (z.B. Granit) treten in zahlreichen Vorkommen
auf, die sich hinsichtlich ihrer Farbe, der Struktur, Textur oder der technischen Güte
wesentlich unterscheiden. Werden sie als Naturwerkstein genutzt, so erfolgt die Be-
nennung dieser "Sorten" außerhalb der Wissenschaft, mitunter sogar gegen deren
Prinzipien. Bei einigen Natursteinsorten wird der Name des Fundorts als Handelsname
angegeben, oft in Verbindung mit der Farbe des Gesteins. Vielfach handelt es sich
aber um reine Fantasiebezeichnungen. So trägt ein Disthen-Quarzit aus Schweden
die Bezeichnung Caribbean Blue. Oft gibt es für Varietäten aus einem Vorkommen
auch mehrere Handelsnamen (vgl. MEHLING (Hrsg.), S. 131).

Einführung in die Gesteinskunde
14
Gestein
Bestandteile
Farbe
Rohdichte¹
(g/cm³)
Druckfestigkeit
(N/mm²)
Verwendung
Rhyolith
(Porphyr)
Feldspat,
Quarz, Glim-
mer
grau, rot,
gelbbraun
2,6 ... 2,8
150 ... 240
Bodenbelag,
Pflaster, Platten
(besonders poly-
gonal), Stufen,
Fassaden, Wand-
bekleidun-gen
Basalt
verschiedene
dunkle Mine-
rale, Plagi-
oklas,
Hornblende,
Olivin
blaugrau,
schwarz
2,8 ... 3,0
250 ... 440
Bodenbelag, Plat-
ten, Pflasterstei-
ne, Schotter und
Splitt
Diabas
wie Basalt,
Diabas ist
geologisch
älter
dunkelgrau,
schwarz
2,8 ... 3,0
180 ... 250
wie Basalt
Sandstein
Quarzkörner
mit kalkigem
oder tonigem
Bindemittel
hellgrau,
braun, rot,
gelbbraun
2,0 ... 2,6
30 ... 180
Bodenbeläge,
Pflaster, Platten,
Mauersteine,
Fassaden
Grauwacke
Quarz, Feld-
spat, Muskovit
und andere
grau, dun-
kelgrau
(grünlich,
rötlich)
2,6 ... 2,7
120 ... 250
wie Sandstein
Travertin
Calzit mit
Beimengungen
weiß, grau,
gelblich,
Verfärbungen
2,4 ... 2,6
30 ... 80
Fassadenverklei-
dungen, Bodenbe-
läge, Treppen,
Mauern, Einfas-
sungen
Gneis
wie Granit,
Syenit oder
Diorit
weißlich-
grau-rötlich-
schwarz
2,6 ... 2,9
160 ... 260
wie Granit
Marmor
Calzit
weiß, grau
mit streifigen
Verfärbungen
2,7 ... 2,9
140 ... 180
Bodenbeläge,
Wandbekleidun-
gen, Treppen,
Fassaden
Muschelkalk
Muschel-,
Tierreste,
Kalk, Kalkmat-
rix
hellbraun-
graublau
2,6 ... 2,9
80 ... 180
Treppen, Mauern,
Platten, auch
Pflaster
¹ Die Rohdichte ist der Quotient aus der Masse und dem Volumen einschließlich der vom Gestein
umschlossenen Poren.
Tabelle 2

Einführung in die Gesteinskunde
15
Abbildung 5: Die Mauern in Sacsayhu-
aman, Peru
2.3
Gewinnung und Bearbeitung von Naturwerkstein
Die Natursteingewinnung und -bearbeitung hat eine jahrtausendealte
Historie. Die wohl bekanntesten monumentalen Naturstein-Bauwerke
sind die Pyramiden in Ägypten, für deren Errichtung bereits vor 5.000
Jahren ausgefeilte, heute zum Teil nicht mehr nachvollziehbare Tech-
niken der Natursteingewinnung
und -bearbeitung angewandt
wurden. Auch die Inka waren
Meister im Umgang mit dem
Baustoff Naturstein (vgl.
SINGEWALD, 2004, S.1). Die
Passgenauigkeit der tonnen-
schweren Steinblöcke (siehe
Abb. 5) ist äußerst beeindruckend.
Heute erfolgt die Gewinnung und Bearbeitung von Naturstein mit Hilfe
modernster Technologien und Maschinenkraft. Naturstein wird über-
wiegend in offenen Steinbrüchen (Übertagebetriebe) abgebaut.
Man unterscheidet nach Steinbrüchen für die Massengewinnung von
z.B. Schotter, Steinbrüchen für den Abbau von Rohmaterialien für
z.B. die Zementindustrie sowie Steinbrüchen für die Pflaster- und
(Natur-)Werksteingewinnung (vgl. MEHLING (Hrsg.), S. 374). Die Na-
turwerkstein
19
-Gewinnung unterscheidet sich von den anderen Zwei-
gen des Steine- und Erden-Bergbaus durch den möglichst
schonenden Abbau des Gesteins (SINGEWALD, 2003, S. 7). Bei den
erstgenannten Steinbrüchen ist der Einsatz von Sprengmitteln durch-
aus üblich, Zielprodukt sind hier große Mengen bereits zerkleinerten
Materials. Naturwerkstein wird hingegen als ein ,,möglichst quader-
förmiger Block von mehreren Kubikmetern Rauminhalt und bestimm-
19
Naturwerkstein: Def. nach DIN EN 12670 Naturstein-Terminologie (DIN, 2002): ein be-
arbeitetes Stück aus natürlich vorkommendem Gestein, das im Bauwesen und für
Denkmäler verwendet wird

Einführung in die Gesteinskunde
16
ten Abmessungen von einem unverwitterten, festen, rissfreien und
beständigen Gestein" (DNV (Hrsg.), 1996, S. 11) gewonnen. Die Ge-
winnungsmethoden für die Gesteinsblöcke richten sich nach der Härte
des Gesteins. Aus weicheren Gesteinen (z.B. Kalkstein) können die
Blöcke herausgesägt werden, bei Hartgesteinen (z.B. Granit) werden
senkrecht in einer Reihe Löcher gebohrt und der Block anschließend
mit Keilen oder Sprengschnüren aus dem Gesteinsverband gelöst.
Verstärkt zur Anwendung kommen heute auch Flammen- und Was-
serschneidverfahren. Für eine detaillierte Beschreibung der verschie-
denen Gewinnungsverfahren und ihrer Anwendungsbereiche sei hier
auf SINGEWALD (1992) oder MEHLING (Hrsg.) verwiesen.
Die im Steinbruch gewonnenen Rohblöcke werden an Naturstein-
Verarbeitungsbetriebe geliefert, in einem Blocklager beschriftet, re-
gistriert und nach Sorten getrennt gelagert. Nach der DIN EN 1467:
Naturstein-Rohblöcke-Anforderungen (DIN, 2004) unterscheidet man
für die Blöcke drei verschiedene Größen:
· Die Bruttogröße bezeichnet den aus dem Steinbruch geliefer-
ten, unbearbeiteten, in etwa quaderförmigen Rohblock,
· die Nettogröße ergibt sich nach der Begradigung der Außenkan-
ten zu einem rechtwinkligen Rohblock, der keine Bohrlöcher
etc. enthalten darf,
· die Handelsgröße eines Rohblocks erhält man durch die Redu-
zierung jedes Nettomaßes um 0,05 m.

Einführung in die Gesteinskunde
17
Abbildung 7: Blockkreissäge
Abbildung 8: Stahlsandgattersäge
Wie auf Abb. 6 zu sehen ist, kann das Volumen zwischen Brutto- und
Handelsgröße stark schwanken. Ziel der Gewinnung sollte also ein
möglichst rechtwinkliger Block mit glatten Oberflächen sein, der op-
timal für das Sägegatter vorbereitet ist und bei dessen Weiterverar-
beitung möglichst wenig Rauhabfall anfällt (vgl. SINGEWALD, 2003,
S. 8-9). Die Weiterverarbeitung, d.h. das Aufsägen der Blöcke, meist
für konkrete Aufträge in dickere Tranchen oder dünnere Platten, er-
folgt dann mit Stahlsandgatter- oder Blockkreissägen.
Die Blockkreissäge (siehe Abb. 7) durchtrennt mit einem bis zu drei
Abbildung 6:
Brutto-, Netto- und Handelsgröße für Rohblöcke nach DIN EN 1467

Einführung in die Gesteinskunde
18
Meter Durchmesser großem Diamantsägeblatt die Blöcke in die ge-
wünschten Größen. Die Gattersägen (siehe Abb. 8) sind im Aufbau
und ihrer Funktionsweise etwas komplizierter: 60-100 Sägeblätter
werden in einen Rahmen gespannt, der in einer horizontalen Pendel-
bewegung unter Zugabe von Wasser und Schleifmittel die Blöcke zer-
teilt.
Die abschließende Weiterverarbeitung der Platten oder Tranchen er-
folgt dann in einer Fertigungsstraße. In der Regel erfolgt hier maschi-
nell die Formatierung sowie die Kanten- und Oberflächenbearbeitung
der Werkstücke (vgl. DNV (Hrsg.), 1996, S. 12).
2.4
Oberflächenbearbeitung
Durch die verschiedenen Techniken der Oberflächenbearbeitung kann
das jeweilige Gestein optisch sehr unterschiedlich akzentuiert werden.
Hieraus ergeben sich für den Planer mannigfaltige Möglichkeiten der
Natursteinnutzung. Nach der Art der Bearbeitung lassen sich die O-
berflächen laut DIN EN 1468: Naturstein-Rohplatten-Anforderungen
(DIN, 2004) in drei Kategorien einteilen:
durch Schleifen entstanden
(abhängig von der Körnung der
Schleifscheibe)
durch Stoßwerkzeuge ent-
standen
durch Sonderbearbeitung ent-
standen
grobgeschliffene Oberflächen
gestockte Oberflächen
beflammte Oberflächen
mittelgeschiffenen Oberflächen
gespitzte Oberflächen
sandgestrahlte Oberflächen
feingeschliffene Oberflächen
scharrierte Oberflächen
wassergestrahlte Oberflächen
mattglänzende Oberflächen
maschinell bearbeitete Oberfl.
hochglanzpolierte Oberflächen
spaltraue Oberflächen
Tabelle 3

Einführung in die Gesteinskunde
19
Abbildung 9: Oberflä-
che fein bossiert
Die bruchraue Fläche wird
mit einem Flacheisen in
unterschiedlicher Schlag-
richtung und ­tiefe fein
abgearbeitet.
Abbildung 10: Oberflä-
che Gestockt
Maschinell mit Stock-
hammer (2 x 2 Zähne)
bearbeitet.
Abbildung 11: Oberflä-
che fein gestockt
Maschinell mit Stock-
hammer (5 x 5 Zähne)
bearbeitet.
Abbildung 12: Oberflä-
che in Bahnen geriffelt
Ähnlich dem Stocken,
aber mit parallel verlau-
fenden, sattelförmigen
Bahnen
Abbildung 13: Oberflä-
che Sandgestrahlt
Unter hohem Druck wird
Stahlsand auf die sä-
geraue Oberfläche ge-
strahlt
Abbildung 14: Oberflä-
che Beflammt
Durch eine außerordent-
lich heiße Flamme wird
die Steinoberfläche kurz-
zeitig so erhitzt, dass
Steinpartikel abgesprengt
werden.
Vor allem bei den traditionellen von Steinmetzen durch Stoß- und
Schlagwerkzeuge erzeugten Oberflächen gibt es noch zahlreiche wei-
tere Arten, Unterteilungen und Kombinationen der Oberflächengestal-
tung. Gespitzte Oberflächen lassen sich beispielsweise weiter
unterscheiden in grob gespitzt, punktgespitzt, bahnengespitzt oder
sogar bahnengespitzt im Fischgrätmuster (vgl. HUGUES, STEIGER,
WEBER , S. 75). Für Natursteinplatten im Außenbereich beschränkt
sich die Oberflächenbearbeitung aufgrund bestimmter Anforderungen
an die Rutschsicherheit auf die eher grob texturierten, durch Sonder-
behandlung (siehe Tab. 3) entstandenen Oberflächen. Die Abbildun-

Einführung in die Gesteinskunde
20
gen 9 bis 14 mit Kurzerläuterungen (vgl. HUGUES, STEIGER, WEBER,
S. 79) auf der vorangegangenen Seite verdeutlichen die unterschied-
liche optische Wirkung verschiedener für Natursteinplatten als Bo-
denbelag im Außenbereich verwendbarer Oberflächen am gleichen
Gestein.

Natursteinplatten
21
3
Natursteinplatten
3.1
Definition
Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit großformatigen Natur-
steinplatten, die im öffentlichen Freiraum als Elementstraßenbelag
verlegt werden und somit vielfältigen Nutzungs- und Belastungsan-
sprüchen unterliegen. Durch die bereits in der Einleitung erwähnte
Wirtschaftlichkeit des asiati-
schen Natursteins kommt es
erst in den letzten Jahren zu ei-
nem großflächigen Einsatz die-
ser Belagsart. So gab es in
Deutschland bis zum Jahr 2000
keine normative Regelung expli-
zit für Natursteinplatten im Au-
ßenbereich. Just mit Einführung
der DIN EN 1341: Platten aus
Naturstein für Außenbereiche Anforderungen und Prüfverfahren
(DIN, 2002) im März 2000 und deren Aktualisierung im April 2002
wurden erstmalig auch Natursteinplatten für den Bodenbelag im Au-
ßenbereich europaweit genormt. Aus dieser Norm geht auch die Defi-
nition von Natursteinplatten im Sinne dieser Arbeit hervor:
Natursteinplatten sind Platten, die als verkehrsbelasteter
Bodenbelag im öffentlichen Freiraum eingesetzt werden,
bei denen die Nennbreite 150 mm und im Allgemeinen auch
das Zweifache der Dicke überschreitet.
Abbildung 15

Natursteinplatten
22
3.2
DIN EN 1341 ­ Genügt die Euronorm für Natur-
steinplatten den Anforderungen der Praxis?
Für Pflastersteine aus Naturstein für Außenbereiche empfehlen die
Experten recht einhellig eine Ausschreibung nach der alten DIN
18502: Pflastersteine - Natursteine, da die erlaubten Maßtoleranzen
in der neuen DIN EN 1342: Pflastersteine aus Naturstein für Außen-
bereiche ­ Anforderungen und Prüfverfahren (DIN, 2002) einfach zu
groß sind (vgl. z.B. SINGEWALD, 2003; DNV (Hrsg.), 2002). Für im
Außenbereich als Bodenbelag verlegte Natursteinplatten nach DIN EN
1341 fehlen hingegen, wie im vorangegangenen Kapitel bereits er-
wähnt, normative Vergleichsmöglichkeiten. Im Folgenden sollen da-
her die wichtigsten Angaben der Euronorm hinsichtlich erlaubter
Maßtoleranzen und Materialeigenschaften der Natursteinplatten vor-
gestellt, analysiert und bezüglich einer praxisgerechten Anwendbar-
keit bewertet werden. Als Diskussionsgrundlage für dieses Kapitel und
zum besseren Verständnis der in Kapitel 5.3 Dokumentierte Projekte
genannten Verweise auf diese Norm werden hier zunächst die wich-
tigsten Angaben der DIN EN 1341 bezüglich der erlaubten Maßtole-
ranzen in tabellarischer Form wiedergegeben:
Klasse 1
Klasse 2
Kennzeichnung
P1
P2
Gesägte Kanten 700 mm
± 4 mm
± 2 mm
Gesägte Kanten > 700 mm
± 5 mm
± 3 mm
Gespaltene Kanten
± 10 mm
±10 mm
Tabelle 4: zulässige Abweichungen der Plattenmaße
Klasse
Diagonale
Unterschied
Kennzeichnung
D1
D2
1
< 700 mm
6 mm
700 mm
8 mm
2
< 700 mm
3 mm
700 mm
6 mm
Tabelle 5: zulässige Abweichungen von den Diagonalen

Natursteinplatten
23
Bearbeitete Platten
Klasse 0
Klasse 1
Klasse 2
Kennzeichnung
T0
T1
T2
30 mm dick
± 3 mm
± 10 %
> 30 mm 60 mm
± 4 mm
± 3 mm
> 60 mm dick
Bei gespaltenen
(bruchrauen) Platten
keine Anforderung an
die Dickenmessung
± 5 mm
± 4 mm
Tabelle 6: zulässige Abweichungen für die Dicke
Längste gerade Prüfkante
0,5 m
1 m
1,5 m
Fein bearbeitete Sichtfläche
± 2 mm
± 3 mm
± 4 mm
Grob bearbeitete Sichtfläche
± 3 mm
± 4 mm
± 6 mm
Tabelle 7: zulässige Ebenheitsabweichungen längs der Kanten
Messlänge (mm)
konvexe Abweichung (mm)
konkave Abweichung (mm)
300
3,0
2,0
500
4,0
3,0
800
5,0
4,0
1000
8,0
6,0
Tabelle 8: zulässige Ebenheitsabweichungen der Sichtflächen; im Sinne dieser Ar-
beit werden nur die grob bearbeiteten (mehr als 0,5 mm Abstand zwischen Schei-
telpunkt und tiefstem Punkt der Oberfläche, bei feiner Bearbeitung < 0,5 mm)
Oberflächen (z.B. gestockt, geflammt) dargestellt
Auf den ersten Blick wird deutlich, dass die zulässigen Toleranzen ü-
berwiegend im Bereich von einem halben Zentimeter liegen, teilweise
sogar deutlich darüber. Bildlich veranschaulichen lassen sich die Zah-
len am besten, wenn man sich die Platten im verlegten Zustand vor-
stellt: Aus einer geplanten Fugenbreite von 8 mm kann bei der
Verlegung von (normgerechten!) Platten, welche die Maßtoleranzen
voll ausnutzen, schnell eine Fugenbreite von fast 2 Zentimetern ent-
stehen. Ebenso bei den zulässigen Höhenunterschieden: Werden sie
voll ausgeschöpft, wird es schwierig bis unmöglich eine ebene Natur-
steinplattenfläche zu erstellen. Die erlaubten Abweichungen sind mei-
ner Meinung nach, insbesondere bei der ,,2. Klasse" als zu hoch
anzusehen. Planer und Bauherren sind gut beraten, jeweils mindes-
tens die beste Klasse auszuschreiben. Aber auch hier sind nach der
Norm, besonders für die großformatigen, dicken Platten, noch hohe
Toleranzwerte erlaubt, so dass auch eine gegenüber der Norm stren-

Natursteinplatten
24
gere Vorgabe bezüglich zulässiger Abweichungen bei der Ausschrei-
bung empfehlenswert scheint.
Außer den genannten Toleranzwerten für die Plattenmaße macht die
DIN EN 1341 auch Angaben zu den Prüfverfahren für bestimmte Ma-
terialwerte. Grundsätzlich ist es begrüßenswert, diese europaweit
einheitlich zu regeln. Zu Recht weist jedoch der Deutsche Naturwerk-
stein-Verband e.V. (DNV) darauf hin, dass es für all diese Verfahren
bereits Normen oder Normentwürfe gibt und empfiehlt, um eine ,,un-
zweckmäßige Doppelregelung" (DNV (Hrsg.), 2002, S. 6) zu vermei-
den, die einheitliche Prüfung von Naturstein nach CEN/TC 246
20
durchzuführen.
Tabelle 9 nennt die Vorgaben zu den Materialprüfungen nach DIN EN
1341 und die teilweise abweichenden Empfehlungen des DNV (vgl.
(DNV (Hrsg.), 2002, S.9-10) zu den Prüfverfahren:
Prüfung
Angabe der DIN EN 1341
Empfehlung des DNV
Widerstandsfähigkeit
gegen Frost-Tau-
Wechsel
ist nach DIN EN 12371 mit 48 Frost-
Tau-Wechseln und anschließender
Prüfung der Biegefestigkeit nach DIN
EN 12372 durchzuführen; Einteilung
der Platten in zwei Klassen:
Klasse F0: keine Anforderungen
Klasse F1: widerstandfähig
Prüfung der Frostbeständigkeit nach
DIN 52104 Verfahren B
Biegefestigkeit
der Hersteller muss einen Mindest-
wert (in MPa) angeben, der für ein-
zelne Probekörper zu erwarten ist,
Prüfung nach DIN EN 12372
Abriebwiderstand
der Hersteller muss den Widerstand
gegen Abrieb (Länge der Schleifspur
in mm) angeben, der für einzelne
Probekörper zu erwarten ist, wenn
eine Prüfung nach dem normativen
Anhang C der Norm erfolgt
Prüfung des Abriebwiderstandes nach
DIN 52108
20
CEN/TC 246 Natural stones: Auf europäischer Ebene ist das Normungsgremium CEN
(Comité Européen de Normalisation) mit Sitz in Brüssel aktiv. CEN vereint Nor-
mungsorganisationen der EU und EFTA, andere Länder sind teilweise assoziiert. Die
Festsetzungen von CEN orientieren sich i.d.R. an ISO. CEN gründet so genannte
Technical Committees (TC) und verabschiedet Normen. 3 Unterscheidungen sind zu
treffen: EN (European Norm, eine strenge Norm),
ENV (European Pre Standard mit 3-jähriger Experimentierphase) und das
HD (Harmonisation Document als schwache Vereinbarung) (BILL, 1999).

Natursteinplatten
25
Prüfung
Angabe der DIN EN 1341
Empfehlung des DNV
Gleit-
/Rutschwiderstand
bei gespaltenen und grob bearbeite-
ten Natursteinen wird eine ausrei-
chende Griffigkeit vorausgesetzt
d.h. keine Prüfung für die in dieser
Arbeit untersuchten Platten (Anm. d.
Autors);
fein bearbeitete Platten werden mit
dem Pendelgerät nach Anhang D
geprüft
Prüfung des Gleit-
/Rutschwiderstandes nach DIN
51130
Aussehen und Ober-
flächenbeschaffen-
heit
Farbunterschiede, Aderungen und
der Strukturcharakter sollen mit
mehreren Mustersteinen demonst-
riert werden
Vergleichsmuster
(Mustersteine)
muss aus einer notwendigen Anzahl
von Steinen bestehen um die endgül-
tige Verlegearbeit beurteilen zu kön-
nen
Wasseraufnahme
der Hersteller muss, falls erforder-
lich, den Höchstwert nach DIN EN
13755 für die Wasseraufnahme an-
geben
Petrographische
Beschreibung
der Hersteller muss den petrographi-
schen Namen nach DIN EN 12407
angeben
Anhang B: Bruch-
lastberechnung für
Platten
Berechnung des Mindestwertes für
die Bruchlast;
Empfohlene Bruchlasten für unter-
schiedliche Anwendungsklasse
Die Angabe der Bruchlast ist von
untergeordneter Bedeutung, da im
Versuch die Platte an zwei Seiten auf
einer Unterstützung aufliegt, bei der
Verlegung aber üblicherweise in eine
vollflächige Bettung verlegt wird und
somit ein völlig anderes Tragverhal-
ten aufweist.
Tabelle 9
Der DNV begründet seine Empfehlungen für die von der DIN EN 1341
abweichenden Prüfverfahren nach den alten DIN-Normen mit man-
gelnden Erfahrungswerten bezüglich der neuen Euronorm. Dadurch
widerspricht er sich aber auch selber in Bezug auf die o.g. Forderung,
,,unzweckmäßige Doppelregelungen" zu vermeiden. Ähnlich wie bei
den Maßtoleranzen bleibt es also auch in Bezug auf die Materialprü-
fungen letztendlich Planern und Bauherren überlassen, nach welchen
Kriterien sie ausschreiben. Die DIN EN 1341 schafft es nicht, europa-
weit einheitliche und vor allem praxisgerechte Vorgaben zu machen,
letztendlich liefert sie nur Anhaltspunkte. So regelt beispielsweise erst
ein nur in Deutschland gültiger Nationaler Anhang einige für die Pra-
xis wichtige Details. Ein sehr bedeutsamer Punkt hinsichtlich einer
funktionalen Plattenfläche, die zulässige Unterwinkelung der Platten

Natursteinplatten
26
an den Seitenflächen, wird in der Euronorm überhaupt nicht behan-
delt: Durch Ansägen und anschließendes Brechen der Platten entste-
hen an den Seitenflächen z.T. starke Unterkantungen. Diese aus
Kostengründen übliche Seitenflächenbearbeitung wirkt sich negativ
auf die statischen Eigenschaften der Platte im Belagsverbund aus
(siehe Kapitel 3.4 Bauweisen und 5.3 Dokumentierte Projekte). Erst
der Nationale Anhang macht hier Vorgaben für erlaubte Toleranzen:
die Abweichung von der Rechtwinkligkeit darf an den Seitenflächen
von Platten bis 80 mm Dicke nicht mehr als -12 mm, bei dickeren
Platten nicht mehr als -15 mm betragen. Weiterhin enthält der Natio-
nale Anhang wichtige Mindestwerte für Werkstoffeigenschaften, zu
denen die Norm ebenfalls keine Angaben macht:
Bauklasse
nach RStO*
Frostbeständigkeit
nach prEN 12371
Druckfestigkeit**
nach DIN EN
1926
MPa
Biegefestigkeit
nach DIN EN
12372
MPa
Abrieb nach
DIN 52108
cm³/50cm²
RStO 5 und 6
gefordert
60
5
15
RStO 4
gefordert
80
8
15
RStO 3
gefordert
100
10
12
* Richtlinien für die Standardisierung des Oberbaues von Verkehrsflächen
** Nach der Frostbeständigkeitsprüfung
Tabelle 10
Zusammenfassend betrachtet ist es einerseits sehr begrüßenswert,
dass durch die DIN EN 1341 erstmalig und vor allem europaweit ein-
heitlich eine normative Richtlinie für Natursteinplatten als Bodenbelag
im Außenbereich besteht. Planern und Bauherren sei jedoch nach-
drücklich empfohlen, die Norm nicht blindlings als Ausschreibungs-
grundlage zu verwenden. Eine kritische Betrachtung insbesondere der
überwiegend als praxisuntauglich zu beurteilenden erlaubten Maßtole-
ranzen ist meiner Meinung nach dringend geboten.

Natursteinplatten
27
3.3
Beanspruchung und Bauklassen
Natursteinplatten als Straßenbelag im Sinne dieser Arbeit unterliegen
einer sehr hohen Belastung. Anders als herkömmliche Straßenbeläge
aus Asphalt oder Beton bilden sie keine geschlossene, wasserdichte
Decke, sondern bestehen vielmehr aus Einzelelementen und unterlie-
gen somit der ,,Lastphysik des Elementstraßenbaues" (BECKER,
S.459). Die durch Verkehrsbelastung oder sonstige Einwirkungen ent-
stehenden Kräfte müssen von einem der Belastungsart angemesse-
nen und sorgfältig aufeinander abgestimmten Schichtenaufbau
aufgenommen und an den Untergrund abgegeben werden. Neben der
statischen, vertikal wirkenden Belastung, die z.B. ein parkendes Auto
auf die Plattenfläche ausübt, sind vor allem die dynamischen, vertikal
und horizontal wirkenden Kräfte beim Anfahren oder Bremsen eines
Fahrzeuges für den Belag sehr belastend. Die genauen (Aus-) Wir-
kungen der agierenden Kräfte auf die Plattenfläche und die einzelne
Platten hängen stark von dem ,,System Element-Bettung-Fuge"
(BECKER, S.459) und damit von der Bauweise des Belags (gebunden
oder ungebunden) ab. Das folgenden Kapitel 3.4 Bauweisen erläutert
in Abhängigkeit von der Bauweise detailliert die Möglichkeiten eines
Plattenbelags, auftretende Verkehrslasten kraftschlüssig aufzuneh-
men.
Außer den bereits genannten durch statische oder dynamische Ver-
kehrsbelastung auftretenden Kräften, ist der Natursteinplattenbelag
weiteren Beanspruchungen ausgesetzt:
· Temperaturbeanspruchung: Bei Erwärmung denen sich die Plat-
ten aus, bei Kälte ziehen sie sich zusammen abhängig auch
von der Farbe des Gesteins.
· Verformung der Unterlage: Ungenügend dimensionierte Trag-
schichten oder unzureichend tragfähiger Untergrund verformen
sich unter Belastung; besonders problematisch sind Tragschich-
ten mit einem nicht ausreichenden Wasserdurchgangswert (k
f
<

Natursteinplatten
28
10
-5
)
21
: Bei einem erhöhten Wassergehalt kann es zu Kornum-
lagerungen oder Kornzerkleinerungen kommen, so entsteht ei-
ne Kette von Ursachen ständig fortschreitender Zerstörung (vgl.
BECKER, S. 459).
· Frosthebungen: Wasser, das während der Frostperiode kapillar
angesaugt wird oder durch die Fugen in den Aufbau sickert,
kann zu Eislinsenbildung und damit zu Hebungen des Belags
führen.
· Einwirkung von Pflanzen und Tieren: Hebungen des Belags
durch Baumwurzeln beispielsweise (vgl. MENTLEIN, S.31-33).
Die mögliche Schädigung eines Natursteinplattenbelags durch Pflan-
zen und Tiere kann man als höhere Gewalt betrachten, die anderen
Beanspruchungen und möglichen Schadensursachen sind jedoch in
die Planung einzubeziehen, um ihnen so rechtzeitig entgegenzuwir-
ken. Der richtige Tragschichtenaufbau und die gemäß der erwarteten
Verkehrsbelastung bemessene Dimensionierung der einzelnen Schich-
ten sind von elementarer Bedeutung. Um Missverständnissen bezüg-
lich der Benennung der einzelnen Schichten des Oberbaus
vorzubeugen, erfolgt die Begriffsbestimmung für den Aufbau von
Elementstraßenbelägen im Sinne dieser Arbeit nach den Vorgaben der
Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen (FGSV) (in:
ZTV P-StB 2000, S. 6) und ist in Abbildung 16 definiert:
21
Der Durchlässigkeitsbeiwert (k
f
­Wert) bezeichnet die Fließgeschwindigkeit im gesättig-
ten Zustand von Wasser im Boden. Ein k
f
­Wert von >10
-2
gilt bereits als sehr stark
durchlässig. (vgl. LEHR, S.137,138)

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2005
ISBN (eBook)
9783832493318
ISBN (Paperback)
9783838693316
DOI
10.3239/9783832493318
Dateigröße
6.3 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Fachhochschule Lippe und Höxter in Lemgo – Landschaftsarchitektur und Umweltplanung, Landschaftsbau und Vegetationstechnik
Erscheinungsdatum
2006 (Februar)
Note
1,3
Schlagworte
naturwerkstein bauweise qualitätsmanagement gestein china
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Titel: Chinesische Natursteinplatten im öffentlichen Freiraum
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