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Korruption und ihre Bekämpfung - Deutschland und USA im Institutionenvergleich

©2005 Masterarbeit 74 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Problemstellung:
Mit dieser Arbeit soll die Wirkung von Institutionen auf Anreizstrukturen aufgezeigt werden. Unter Institutionen werden dabei sowohl institutionelle Rahmenbedingungen als auch die Unternehmung als Institution verstanden. Dabei handelt es sich sowohl um die formale Rahmenordnung (Gesetze, Verordnungen, Richtlinien etc.), als auch um die informelle Rahmenbedingung (Kultur). Unternehmensintern werden formale Organisation durch Unternehmensverfassung und Verträge aber auch informelle Regeln einbezogen. Es handelt sich bei den Institutionen um ein System von formalen und informellen Regeln einschließlich ihrer Garantieinstrumente, welches den Zweck verfolgt, individuelles Verhalten auf ein bestimmtes Zielbündel auszurichten.
Angelegenheiten des moralischen Verfalls oder die kriminelle Energie Einzelner als Begründung für defektierendes Verhalten sind nicht Gegenstand der Diskussion, sondern ordnungsbedingte Regeldefizite, die eigeninteressiertes Verhalten fehlsteuern. Ausgangspunkt ist damit nicht der präferenztheoretische Ansatz, der sich an Überzeugungen und Handlungen von Individuen – den individuellen Eigenschaften – orientiert, die eine für verantwortliches Verhalten intrinsische Motivation auslösen.
Dem methodologischem Ansatz der Institutionenökonomik folgend, sind jedoch auch die Präferenzen und Handlungen einzelner Akteure für die Argumentation ausschlaggebend. Gegenstand der Arbeit ist nicht die detaillierte Auseinandersetzung mit der Frage „Was ist Korruption“. Korruption wird hier als Pflichtverletzung mit dem Ziel der Erlangung ungerechtfertigter privater Vorteile verstanden. Der Bereich der situativen (Gelegenheits-)Korruption wird hier nicht betrachtet, es geht um strukturelle Korruption der 2. und 3. Stufe.
Strukturelle Korruption ist auf Wiederholung angelegt, die Akteure sind sich bekannt. Sowohl der Bereich der Ordnungswidrigkeit als auch der Straftat wird in die Betrachtung einbezogen. Gerade diese Unterscheidung steht in Deutschland Änderungen der Rahmenordnung im Wege. Ausgegangen wird bei einer institutionenökonomischen Betrachtung der Korruption von einer Verletzung des Vertrages zwischen Prinzipal und dem Agenten durch den bestechenden Klienten zu Lasten eines unbeteiligten Dritten.
Die Verbindung des Individuums zum Kollektiv, wobei hier mit Kollektiv das Unternehmen aber auch die Gesellschaft gemeint ist, wird anhand ökonomischer Theorien untersucht. Die strukturelle Verbundenheit des […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


ID 9296
Diekhaus, Berta: Korruption und ihre Bekämpfung - Deutschland und USA im
Institutionenvergleich
Druck Diplomica GmbH, Hamburg, 2006
Zugl.: Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg, MA-Thesis / Master, 2005
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Diplomica GmbH
http://www.diplom.de, Hamburg 2006
Printed in Germany


Korruption und ihre Bekämpfung
-
Deutschland und U.S.A. im Institutionenvergleich ­
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II
Inhaltsverzeichnis
INHALTSVERZEICHNIS
II
ABBILDUNGSVERZEICHNIS
IV
ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS
V
1
EINLEITUNG / VORBEMERKUNG
1
1.1
Problemstellung und Vorgehensweise
1
1.2
Korruption, ein Rationalitätskonflikt
4
2
NEUE INSTITUTIONENÖKONOMIK: ÖKONOMISCHE THEORIEN
7
2.1
Verfügungsrechte, Property-Rights
7
2.2
Prinzipal-Agent-Theorie
8
2.2.1
Informationsasymmetrie
8
2.2.2
Vertrauensmissbrauch
10
2.3
Relevanz von Transaktionskosten
14
2.4
Zwischenfazit: Ökonomische Theorien und Korruption
15
3
PRÄVENTION DURCH UNTERNEHMENSRECHT
17
3.1
Kann Corporate Governance vor Korruption schützen?
17
3.2
Verträge, Private Ordering
18
3.3
Compliance
23
3.3.1
Unternehmensethik in deutschen Unternehmen
26
3.3.2
Unternehmensethik in amerikanischen Unternehmen
29
3.4
Zwischenfazit: Wirksamkeit unternehmensinterner Maßnahmen
30

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III
4
INSTITUTIONELLE RAHMENORDNUNG
32
4.1
Aufbau und Ziel
32
4.2
Unterschiedliche Rechtssysteme
33
4.3
Rahmenordnung in Deutschland
34
4.3.1
Vergaberecht
34
4.3.2
Ordnungswidrigkeitenrecht
37
4.3.3
Strafrecht, Unternehmensstrafrecht in Deutschland
38
4.3.4
Zwischenfazit: Recht in Deutschland
43
4.4
Rahmenordnung der U.S.A
46
4.4.1
Foreign Corrupt Practice Act
46
4.4.2
U.S. Federal Sentencing Guidelines
47
4.4.3
Sarbanes Oxley Act
48
4.4.4
Zwischenfazit: Recht in U.S.A
50
4.5
Zwischenfazit: Wirksamkeit der institutionellen Rahmenordnung
51
5
ZUSAMMENFASSUNG
53
5.1
Beeinflussung der Anreizstrukturen durch Institutionen
53
5.2
Vorschläge für Gesetzgeber
56
5.3
Vorschläge für Unternehmen
59
LITERATURVERZEICHNIS
63

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IV
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Corporate governance nach Williamson (1996; 326)
1
Abbildung 2: Korruption als Dilemmastruktur
5
Abbildung 3: Dilemmastruktur zwischen Prinzipal und Agent, Vertrauensspiel 11
Abbildung 4: An Korruption beteiligte Akteure
12
Abbildung 5: Lösung der Probleme durch Zuordnung von Property Rights
18
Abbildung 6: Der institutionelle Rahmen
32
Abbildung 7: Organisationstrukturen Compliance der Deutschen Bahn AG
61

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V
Abkürzungsverzeichnis
AktG
Aktiengesetz
BGBl.
Bundesgesetzblatt
BMJ
Bundesministerium für Justiz
BMWA
Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit
BR-Drs.
Bundesrat-Drucksache
BT-Drs.
Bundestag-Drucksache
BVerfGE
Bundesverfassungsgerichts-Entscheidung
CEO
Chief Executive Officer
CFO
Chief Financial Officer
CalPERS
California Public Employees´ Retirement System
DCGK
Deutsche Corporate Governance Kodex
EGStGB
Einführungsgesetz zum Strafgesetzbuch
EUBestG
Europäisches Bestechungsgesetz
FCPA
Foreign Corrupt Practice Act
GWB
Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkung
HGB
Handelsgesetzbuch
ICC
International Chamber of Commerce
IntBestG
Gesetz zur Bekämpfung internationaler Bestechung
KWG
Gesetz über das Kreditwesen, Kreditwesengesetz
KonTraG
Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich
KorrBekG
Korruptionsbekämpfungsgesetz
OECD
Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung
OWiG
Gesetz über Ordnungswidrigkeiten, Ordnungswidrigkeitengesetz
PwC
Price Waterhouse Coopers
SEC
U.S. Securities and Exchange Commission
StGB
Strafgesetzbuch
TIAA-CREF Teachers Insurance and Annuity Association - College Retirement
Equity Fund
TQM
Total Quality Management
TransPublG
Transparenz- und Publizitätsgesetz
WpHG
Gesetz über den Wertpapierhandel, Wertpapierhandelsgesetz
UWG
Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb
VgV
Vergabeverordnung
VOB/A
Verdingungsordnung für Bauleistungen / Teil A
VOF
Verdingungsordnung für freiberufliche Leistungen
VOL/A
Verdingungsordnung für Leistungen / Teil A

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1
1 Einleitung / Vorbemerkung
1.1 Problemstellung und Vorgehensweise
Mit dieser Arbeit soll die Wirkung von Institutionen auf Anreizstrukturen aufgezeigt
werden. Unter Institutionen werden dabei sowohl institutionelle Rahmenbedingungen
als auch die Unternehmung als Institution
1
verstanden. Dabei handelt es sich sowohl
um die formale Rahmenordnung (Gesetze, Verordnungen, Richtlinien etc.), als auch um
die informelle Rahmenbedingung (Kultur). Unternehmensintern werden formale Orga-
nisation durch Unternehmensverfassung und Verträge aber auch informelle Regeln
einbezogen. Es handelt sich bei den Institutionen um ein System von formalen und in-
formellen Regeln einschließlich ihrer Garantieinstrumente, welches den Zweck verfolgt,
individuelles Verhalten auf ein bestimmtes Zielbündel auszurichten
2
.
Die Wirkung und Rückwirkung institutioneller Rahmenbedingungen, formeller (Geset-
ze etc.) und informeller Art (Kultur), Unternehmensführung (Corporate Governance)
und individueller Eigenschaften veranschaulicht die nachstehende Abbildung:
Abbildung 1: Corporate Governance nach Williamson (1996; 326)
Quelle: Wolff, 2005
1
Vgl. Bea / Göbel (2000), S. 4.
2
Vgl. Richter/Furubotn, 2003, S. 50.

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2
Angelegenheiten des moralischen Verfalls oder die kriminelle Energie Einzelner als
Begründung für defektierendes Verhalten sind nicht Gegenstand der Diskussion,
son-
dern ordnungsbedingte Regeldefizite, die eigeninteressiertes Verhalten fehlsteuern.
Ausgangspunkt ist damit nicht der präferenztheoretische Ansatz
3
, der sich an Überzeu-
gungen und Handlungen von Individuen - den individuellen Eigenschaften - orientiert,
die eine für verantwortliches Verhalten intrinsische Motivation auslösen. Dem metho-
dologischem Ansatz der Institutionenökonomik folgend, sind jedoch auch die Präferen-
zen und Handlungen einzelner Akteure für die Argumentation ausschlaggebend.
Gegenstand der Arbeit ist nicht die detaillierte Auseinandersetzung mit der Frage ,,Was
ist Korruption". Korruption wird hier als Pflichtverletzung mit dem Ziel der Erlangung
ungerechtfertigter privater Vorteile verstanden. Der Bereich der situativen (Gelegen-
heits-)Korruption wird hier nicht betrachtet, es geht um strukturelle Korruption der 2.
und 3. Stufe
4
. Strukturelle Korruption ist auf Wiederholung angelegt, die Akteure sind
sich bekannt. Sowohl der Bereich der Ordnungswidrigkeit als auch der Straftat wird in
die Betrachtung einbezogen. Gerade diese Unterscheidung steht in Deutschland Ände-
rungen der Rahmenordnung im Wege. Ausgegangen wird bei einer institutionenökono-
mischen Betrachtung der Korruption von einer Verletzung des Vertrages zwischen Prin-
zipal und dem Agenten durch den bestechenden Klienten zu Lasten eines unbeteiligten
Dritten
5
.
Die Verbindung des Individuums zum Kollektiv, wobei hier mit Kollektiv das Unter-
nehmen aber auch die Gesellschaft gemeint ist, wird anhand ökonomischer Theorien
untersucht. Die strukturelle Verbundenheit des Individuums mit dem Kollektiv Firma
wird durch governance structure abgebildet. Vor dem Hintergrund von Transaktions-
kosten ist zu fragen, was Korruption in und durch das Unternehmen für Akteure reizvoll
macht und ob es institutionelle Möglichkeiten gibt, die Korruption unattraktiv zu ma-
chen.
3
Homann / Blome-Drees (1992), S. 105.
4
Bannenberg (2002), S. 89.
5
Dietz (1998), S. 29 ff.

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3
Das Netz von Unternehmensbeziehungen ist eingebettet in eine institutionelle Rahmen-
ordnung (Umwelt). Homann erklärt die Rahmenordnung als systematische Verortung
der Moral und unterscheidet zwischen der Rahmenordnung (Spielregeln) und dem Han-
deln in der Rahmenordnung (Spielzügen)
6
. Die Spielzüge der Akteure seien nach den
Spielregeln auszurichten.
Zunächst wird untersucht, welche ökonomischen Theorien passende Lösungsansätze
für das Phänomen Korruption ergeben und welche Instrumente Möglichkeiten der Prä-
vention und damit der Vermeidung von Korruption bewirken können.
Im Zentrum der Untersuchung stehen Handlungsrestriktionen in Form von institutionel-
len Regeln, die mit Sanktionen und / oder Anreizen versehen, für eine extrinsische Mo-
tivation sorgen und damit die Handlungsakteure zu einem kollektiv wünschenswerten
Verhalten bewegen
7
.
Kernfrage: Wie beeinflussen die (straf-)rechtlichen Regeln in Deutschland und den
U.S.A. die Anreizstrukturen in den Unternehmen?
6
Homann / Blome-Drees, (1992), S.23ff.
7
Palazzo, (2000), S.23.

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4
1.2 Korruption, ein Rationalitätskonflikt
Nach dem ökonomischen Ansatz haben alle Individuen Präferenzen der Befriedigung
der Maslowschen Bedürfnisse: Physiologische Grundbedürfnisse, Sicherheit, soziale
Beziehungen, soziale Anerkennung, Selbstverwirklichung. Das Individuum handelt, um
diese Bedürfnisse zu befriedigen
8
.
Es wird von der Annahme ausgegangen, das Individuum handelt - eingeschränkt -
rational, d.h. es bringt seine Präferenzen in eine Reihenfolge mit dem Ziel, knappe Res-
sourcen so auf die präferierten Güter zu verteilen, dass der Grenznutzen möglichst
gleich hoch ist. Bei nur begrenzt vorhandenen Ressourcen kann ein höheres Nutzenni-
veau nur durch die Zusammenarbeit mit anderen, durch Tausch realisiert werden.
Da das Individuum seine eigenen Interessen verfolgt, wird es defektieren, es sei denn,
Kooperation bringt den größeren Vorteil.
Korruption ist ein Mittel der Akteure, einen persönlichen Vorteil, materieller oder im-
materieller Art zu erlangen. Der Schaden entsteht einem unbeteiligten, häufig auch nicht
näher zu konkretisierenden Dritten. Deshalb wird auch von einem opferlosen Delikt
gesprochen. Tatsächlich ist die Allgemeinheit, die Firma, andere im Verfahren unterle-
gene Unternehmen, regelmäßig aber der Prinzipal der Geschädigte.
Würden sich die Beteiligten an die vereinbarten Regeln, die Verträge, halten, würde
kein Schaden für das Kollektiv eintreten, langfristig wäre dies für alle Beteiligten bes-
ser. Zumindest kurzfristig erlangt jedoch der defektierende Akteur einen persönlichen
Vorteil. Korruption stellt sich somit als ein Rationalitätskonflikt zwischen Individuum
und Kollektiv dar.
Die einzelnen Akteure befinden sich einem Gefangenendilemma. Es wäre zwar kollek-
tiv gesehen besser, nicht zu korrumpieren. Wenn aber alle anderen nicht korrumpieren,
8
Vgl. Suchanek (2001), S. 36.

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ist es besser zu korrumpieren. Die nachstehende Abbildung zeigt, dass individuell gese-
hen, Defektion die bessere Strategie ist:
i, j = Akteure
S
1
= Verzicht auf Korruption
S
2
= Nutzung von Korruption
Abbildung 2: Korruption als Dilemmastruktur
Quelle: eigene Darstellung
Aus individueller Sicht dominiert die nicht-kooperative Strategie. Es besteht daher ein
Anreiz zur Defektion.
Bei der Korruption im Unternehmen liegt der Anreiz zur Defektion des Individuums in
seiner Beziehung zum Unternehmen. Es besteht der Zugang zu Kollektivgütern des Un-
ternehmens. Ursache der Defektion können nicht ausreichend klare institutionelle Nut-
zungsregeln oder die Verletzung bestehender Regeln sein. Korruption stellt insoweit ein
strukturelles Unternehmensproblem dar.
Für das Unternehmen bzw. den Prinzipal als Unternehmenseigner, stellt Korruption in
mehrfacher Hinsicht ein Problem dar:
-
es ist illegal und damit grundsätzlich strafbar,
-
es ist schädlich für die Reputation,
j
S
1 j
S
2 j
i
S
1 i
2, 2
0, 5
S
2 i
5, 0
4, 4

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6
-
Korruption und ihre Folgen sind unberechenbar und erhöhen die Transaktions-
kosten,
-
es stellt für die Mitarbeiter eine Belastung dar,
-
es folgt ein fehlender Rechtsschutz bei illegalen Geschäften.
Neben dem Schaden für den Prinzipal können weitere Schäden entstehen zu Lasten von
Konkurrenten, die wegen der Korruption, z.B. bei Auftragsvergaben, nicht zum Zuge
kommen. Die Dilemmastruktur wie sie in Abbildung 2 dargestellt ist, gilt auch hier.
Auf dem ,,Spielfeld" Markt befinden sich Unternehmen in einer ähnlichen Situation, die
Spielregeln gibt der Wettbewerb. Kein Akteur kann sich darauf verlassen, dass die Mit-
bewerber fair sind, d.h. auf Korruption verzichten. Die Konsequenz ist, dass in der Fol-
ge alle selbst unfair handeln. Es kann zu einem Korruptionswettlauf, einem Wettlauf
um Aufträge kommen.
Unternehmen, die sich moralisch korrekt verhalten, werden bestraft
9
, weil sie durch
Konkurrenten ausgebeutet werden, die sich nicht an die Spielregeln halten. Das Problem
der Korruption liegt in den bestehenden und von ihr verursachten Dilemmastrukturen.
Appelle an das Gewissen sind in solchen Dilemmastrukturen wirkungslos, es gilt:
Conscience is self-eliminating. Es kann keine ethische Begründung für Normen geben,
die ständige wirtschaftliche Benachteiligung nach sich ziehen
10
. Homann et al. schluss-
folgern: Der systematische Ort der Moral in einer Marktwirtschaft ist die Rahmenord-
nung
11
.
9
Homann/Blome-Drees, (1992) S. 34.
10
Ebenda, S. 146.
11
Ebenda, S. 43.

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7
2 Neue Institutionenökonomik: Ökonomische Theorien
2.1 Verfügungsrechte, Property-Rights
Die Property-Rights-Theorie beschreibt, wie bestimmte Verfügungsrechte an Ressour-
cen, rechtlich und ökonomisch institutionalisiert werden, d.h. sie gibt an, in wie weit
verschiedene Akteure Handlungsrechte und Handlungsmöglichkeiten bzgl. der vorhan-
denen Ressourcen besitzen. Diese Rechte resultieren aus der allgemeinen Rechtsord-
nung und aus Verträgen, die bei der Verfügbarmachung dieser Güter geschlossen wor-
den sind: Recht zu Nutzung, zur Veränderung, zur Aneignung des Gewinnes aus dem
Gut und zur Veräußerung des Gutes.
Ein Unternehmen nimmt das Institut Vertrag in Anspruch, um langfristig Produktions-
faktoren zu binden und im Vergleich zu Marktbeziehungen ­ mit kurzfristigen, voll-
ständigen Verträgen - die notwendige Anzahl von Verträgen zu minimieren (Allokati-
onsmechanismus). Williamson stellt die Unterschiede zwischen den beiden institutionel-
len Arrangements heraus
12
. Das Recht an Verfügungsrechten hat Einfluss auf die Moti-
vation von Akteuren und hat damit Bedeutung für die Koordination von Leistungen.
Das Problem liegt darin, dass die Rechte am Inputfaktor Mitarbeiter trotz Vertrag nicht
vollständig in der Vertragsgewalt des Unternehmens sind. Das Recht zur Disposition
über ,,human assets" im Unternehmen funktioniert nicht wirksam, wird nicht akzeptiert
oder die Einhaltung kann nicht wirksam überwacht/kontrolliert werden. Das bewusste
Vorenthalten von Inputfaktoren (Arbeitsleistung) wird auch als shirking bezeichnet, der
(hinterhältige) Betrug als cheating. Korruption kommt empirisch vor, daher sind Eigen-
tumsverhältnisse und Nutzungsrechte, Property-Rights, von Interesse.
12
Bea/Göbel (2002), S. 128.

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8
2.2 Prinzipal-Agent-Theorie
Die dieser Theorie zugrunde liegende Institution ist der bilaterale Vertrag zwischen dem
Prinzipal und dem Agenten. Dabei handelt es sich bei Unternehmen typischerweise um
langfristige und unvollständige Verträge, in denen sich der Arbeitnehmer verpflichtet,
den jeweils situativ durch den Vorgesetzten erteilten Anweisungen Folge zu leisten. Der
Vorteil des Prinzipals liegt darin, dass er den spezifischen Informationsvorsprung des
Agenten für sich /für sein Unternehmen nutzen kann. Der Vorteil des Agenten liegt in
der materiellen und immateriellen Kompensation für seine Arbeit. Diese Chance und die
ihm zugerechnete Neigung, risikoavers zu sein, lassen ihn eine vertragliche Beziehung
zu einem eher risikoneutralen Prinzipal eingehen. Diese Informationsasymmetrien sind
Ursache der vertraglichen Beziehung.
Sowohl der Prinzipal als auch der Agent versuchen ihren eigenen Nutzen zu mehren.
Dabei sind sie gegenseitig aufeinander angewiesen. Der Prinzipal stellt Ressourcen zur
Verfügung, die er selbst nicht nutzen kann, weil seine Kapazität erschöpft ist, während
der Agent freie Kapazitäten hat, aber nicht über die Ressourcen verfügt. Die Situation
von Prinzipal und Agent lässt sich als Gefangenendilemma beschreiben. Beide können
ihren Nutzen maximieren, wenn sie sich nicht an getroffene Vereinbarungen über Leis-
tungen und Gegenleistungen halten. An diesem Punkt werden die ökonomischen Gren-
zen der Kontrolle und das Problem der Informationsasymmetrie relevant.
2.2.1 Informationsasymmetrie
Bei der Analyse von Transaktionsbeziehungen mit dem Agency-Ansatz bildet die In-
formationsasymmetrie den Ausgangspunkt der Überlegungen.
Die o.g. erwünschten Informationsasymmetrien, die zu vertraglichen Beziehungen füh-
ren sind es auch, die die - nicht erwünschten - Probleme begründen. ,,Sie bergen die
Gefahr der Ausbeutung des schlechter informierten Akteurs (Prinzipal) durch den besser
informierten (Agent) in sich"
13
. Die wahren Handlungsmotive (Leistungsfähigkeit, Inte-
13
Wolff (1999), S. 122.

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ressen etc.) sind abschließend ex ante nicht bekannt. Das Problem liegt also darin, dass
ex-ante nicht alles vollständig bekannt ist, was während eines i.d.R. langfristigen Ver-
tragsverhältnisses relevant werden kann.
Daraus entstehen Delegationsrisiken für den Prinzipal:
-
Adverse selektion, Probleme asymmetrischer Information vor Vertragsschluss.
Die Eigenschaften des Vertragspartners sind nicht umfassend bekannt. Dieser
Typ der Informationsasymmetrie wird hidden characteristics genannt. Es be-
steht die Gefahr, den falschen, weil ungeeigneten Agenten auszuwählen.
-
Moral hazard, Probleme asymmetrischer Information nach Vertragsschluss.
Ein Agent kann über Informationen verfügen, die für den Prinzipal bedeutend
sind und in die Entscheidungen des Agenten einfließen. Der Prinzipal kann aber
nicht beurteilen, ob der Agent sie in seinem Sinne nutzt (hidden information).
Auch kann der Prinzipal das Aktionsniveau des Agenten nicht hinreichend beo-
bachten. Der Prinzipal weiß also nicht, ob sich der Agent genügend anstrengt,
um alle relevanten Informationen zu beschaffen (hidden action).
-
Hold-up, Problem tritt nach Vertragsschluss auf, ist aber kein Problem asymmet-
rischer Information.
Dem Prinzipal bleiben die Absichten des Agenten verborgen (hidden intention).
Die Trennung zwischen verborgenen Absichten und den unter Adverse Selekti-
on beschriebenen nicht bekannten Eigenschaften ist nicht problemlos zu vollzie-
hen. Verhaltensmerkmale wie Kulanz, Fairness, Ehrlichkeit usw. können auch
unter Eigenschaften von Personen subsumiert werden.
Auch Korruption ist ein Problem der bestehenden Informationsasymmetrien. Ohne sie
wäre Korruption nicht existent. Der Möglichkeit der Ausbeutung des Prinzipals, als der
schlechter Informierte wird nachfolgend näher analysiert.

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10
2.2.2 Vertrauensmissbrauch
Der Prinzipal vertraut in die Fähigkeiten des Agenten, eine bestimmte Leistung zu
erbringen und den Willen, die Motivation, dieses auch zu tun. Ursache dieses Vertrauen
ist die Erwartung des Prinzipals, die er in das Verhalten des Agenten setzt. Vertrauen im
Rahmen der interaktiven Entscheidungstheorie nimmt die Reaktion des Interaktions-
partners vorweg
14
.
Die Vorleistung des Prinzipals kann als Vertrauensinvestition ausgelegt werden, die
irreversibel ist. Sie kann nicht mehr rückgängig gemacht werden. Damit gewinnt sie den
Charakter einer spezifischen Ressource, die auf diese konkrete Transaktion zugeschnit-
ten ist. Eine spezifische Ressource verliert aber an Wert, wenn sie außerhalb der ur-
sprünglichen Beziehung eingesetzt wird. Dies ist aber gerade bei Korruption der Fall.
Die Delegation von Befugnissen durch den Prinzipal an den Agenten kann von diesem
zum eigenen Vorteil ausgenutzt werden. Durch die erbrachte Vertrauensinvestition gerät
der Prinzipal in eine Abhängigkeit zum Agenten, die dieser zum Schaden des Prinzipals
ausnutzen kann.
Dieses Verhalten wird in der Neuen Institutionenökonomik als opportunistisches Ver-
halten bezeichnet, es kann sich explizit um geschickte Täuschungen handeln (Opportu-
nismus). Nach Richter/Furubotn werden Leute unaufrichtig sein in dem Sinne, dass sie
ihre wahren Präferenzen verbergen, Daten verfälschen, vorsätzlich Verwirrung stiften
usw.
15
.
Die Gefahr opportunistischen Verhaltens besteht sowohl vor der Entscheidung,
eine Kooperation einzugehen als auch nach der Entscheidung. In beiden Fällen, adverse
selection
und moral hazard handelt es sich auch hier um Informationsasymmetrien.
14
Vgl. Dixit / Nalebuff (1997), S. 58.
15
Richter/Furubotn (2003), S. 5.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2005
ISBN (eBook)
9783832492960
ISBN (Paperback)
9783838692968
DOI
10.3239/9783832492960
Dateigröße
932 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg – Wirtschaftswissenschaften
Erscheinungsdatum
2006 (Februar)
Note
1,3
Schlagworte
rationalitätskonflikt corporate governance compliance rahmenordnung
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