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Case Management in der Sozialarbeit mit Suchtkranken unter besonderer Berücksichtigung der sozialen Netzwerkarbeit

©2005 Diplomarbeit 119 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Die vorliegende Diplomarbeit thematisiert die Methode des Case Managements in der Arbeit mit Suchtkranken unter besonderer Berücksichtigung der sozialen Netzwerkarbeit. Case Management als ein Konzept der Sozialen Arbeit, findet in vielen sozialpädagogischen Fachrichtungen Verwendung und wird auch in anderen Bereichen, wie beispielsweise im Gesundheitswesen eingesetzt. Ich stelle diese Methode in der Arbeit mit Suchtkranken vor, einem Klientel mit vielfältigen und komplexen Problemlagen. Sucht, Verlust von Wohnung oder Arbeit, Verschuldung und Krankheit sind Auswirkungen eines nicht gelingenden Lebens. Die Problemlagen dieser Klientel wirken sich in alle Lebensbereiche aus und die Selbsthilfepotenziale sowie die Ressourcen, welche ein Netzwerk zur Verfügung stellt, können von den Betroffenen nicht verwirklicht und genutzt werden. Das Ziel Sozialer Arbeit liegt in der selbstständigen Lebensführung der Betroffenen ohne institutionellen Einfluss, einem Selbstmanagement im Kontext des sozialen Netzwerkes.
Case Management dient hier als Intervention, um in die Lebensphase eines Menschen einzugreifen, welcher nicht in der Lage ist, seine Alltagsbezüge zu bewältigen. Nach dem dem ökosozialen Ansatz von Wendt werden Menschen nicht als isolierte Individuen betrachtet, sondern immer in ihrer Umgebung, dem jeweiligen sozialen Umfeld wahrgenommen. Die Wechselwirkungen zwischen Umwelt und Individuum beeinflussen die Lebenssituation eines Menschen. Soziale Probleme können dann entstehen, wenn die Bedürfnisse eines Menschen und seine soziale Umwelt schlecht aufeinander abgestimmt sind, wenn also die Bedürfnisse einer Person durch die Umwelt nicht erfüllt werden und die zur Verfügung stehenden individuellen Ressourcen nicht für die Schaffung von entsprechenden Umweltressourcen genutzt werden können. Ziel ist es, die Person so zu stärken, dass sie selbstständig Ressourcen erschließen und eigenständig die Lebensführung übernehmen kann. Mit dem Konzept des Case Managements soll durch eine effektive Hilfeleistung, durch Koordination und unter Partizipation der Betroffenen auf diesen verzweigten Hilfebedarf suchtkranker Menschen eingegangen werden.
Im ökosozialen Ansatz wird ein Individuum immer in seinen sozialen Netzwerkbezügen wahrgenommen, seinen Beziehungen und Verbindungen in unterschiedliche Lebensbereiche. Dies war für mich ausschlaggebend, Case Management unter dem Aspekt der sozialen Netzwerkarbeit zu untersuchen. Inwieweit kann […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


ID 9293
Schulz, Gerda: Case Management in der Sozialarbeit mit Suchtkranken
unter besonderer Berücksichtigung der sozialen Netzwerkarbeit
Druck Diplomica GmbH, Hamburg, 2006
Zugl.: Fachhochschule Wiesbaden, Diplomarbeit, 2005
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Diplomica GmbH
http://www.diplom.de, Hamburg 2006
Printed in Germany

Inhaltsverzeichnis:
0. Einleitung...1
1. Grundaspekte von Sucht...4
1.1 Definition von Sucht...4
1.2 Entstehung von Sucht...6
1.3 Problemlagen suchtkranker Menschen...8
2. Das Konzept von Case Management...12
2.1 Definition von Case Management...12
2.2 Entwicklung von Case Management...14
2.3 Schwerpunkte von Case Management...17
2.3.1 Klientenorientierter und Einrichtungsorientierter
Schwerpunkt...17
2.3.2 Ethische Probleme...18
2.4 Funktionen von Case Management...19
2.5 Verlaufsmodell von Case Management...21
2.6 Arbeitsschritte von Case Management...24
2.6.1 Assessment...24
2.6.2 Hilfeplanung...27
2.6.3 Intervention...30
2.6.4 Monitoring...33
2.6.5 Evaluation...35
3. Das Konzept der Sozialen Netzwerkarbeit...39
3.1 Definition eines sozialen Netzwerkes...39
3.2 Gesellschaftliche Modernisierung und soziale Netzwerke...40
3.3 Merkmale und Beschreibungsdimensionen sozialer Netzwerke
in der Netzwerkanalyse...45
3.4 Das Konzept der Sozialen Unterstützung...52
3.4.1 Definition sozialer Unterstützung...52
3.4.2 Inhaltliche Typologie sozialer Unterstützung...53

3.5 Negative Aspekte sozialer Netzwerke und
sozialer Unterstützung...57
3.5.1 Formen der belastenden Unterstützung...57
3.5.2 Belastende Aspekte in den Netzwerken von
Drogenabhängigen...59
3.6 Soziale Netzwerkarbeit in der Praxis...61
3.6.1 Netzwerkinterventionen...62
3.6.2 Praktische Techniken in der Sozialen Netzwerkarbeit...65
3.7 Prinzipien der Sozialen Netzwerkarbeit...68
4. Netzwerkorientiertes Interview...70
4.1 Theoretische Vorüberlegungen...70
4.2 Durchführung des Interviews...71
4.3 Beschreibung des sozialen Netzwerkes von Martin...73
4.3.1 Struktur und Inhale im Netzwerk von Martin...74
4.3.2 Soziale Unterstützung im Netzwerk von Martin...76
4.3.3 Gewünschtes Netzwerk von Martin...79
4.4 Netzwerkorientierte Interventionsmöglichkeiten
im Netzwerk von Martin...80
5. Schlussbetrachtung...85
6. Literaturverzeichnis...88
7. Anhang: Transkribiertes Interview ...95

1
0. Einleitung
Die vorliegende Diplomarbeit thematisiert die Methode des Case Manage-
ments in der Arbeit mit Suchtkranken unter besonderer Berücksichtigung der
sozialen Netzwerkarbeit. Case Management als ein Konzept der Sozialen
Arbeit, findet in vielen sozialpädagogischen Fachrichtungen Verwendung und
wird auch in anderen Bereichen, wie beispielsweise im Gesundheitswesen
eingesetzt. Ich stelle diese Methode in der Arbeit mit Suchtkranken vor, ei-
nem Klientel mit vielfältigen und komplexen Problemlagen. Sucht, Verlust
von Wohnung oder Arbeit, Verschuldung und Krankheit sind Auswirkungen
eines nicht gelingenden Lebens. Die Problemlagen dieser Klientel wirken
sich in alle Lebensbereiche aus und die Selbsthilfepotenziale sowie die Res-
sourcen, welche ein Netzwerk zur Verfügung stellt, können von den Betroffe-
nen nicht verwirklicht und genutzt werden. Das Ziel Sozialer Arbeit liegt in der
selbstständigen Lebensführung der Betroffenen ohne institutionellen Einfluss,
einem Selbstmanagement im Kontext des sozialen Netzwerkes. Case Mana-
gement dient hier als Intervention, um in die Lebensphase eines Menschen
einzugreifen, welcher nicht in der Lage ist, seine Alltagsbezüge zu bewälti-
gen. Nach dem dem ökosozialen Ansatz von Wendt (1991, S. 29) werden
Menschen nicht als isolierte Individuen betrachtet, sondern immer in ihrer
Umgebung, dem jeweiligen sozialen Umfeld wahrgenommen. Die Wechsel-
wirkungen zwischen Umwelt und Individuum beeinflussen die Lebenssituati-
on eines Menschen. Soziale Probleme können dann entstehen, wenn die
Bedürfnisse eines Menschen und seine soziale Umwelt schlecht aufeinander
abgestimmt sind, wenn also die Bedürfnisse einer Person durch die Umwelt
nicht erfüllt werden und die zur Verfügung stehenden individuellen Ressour-
cen nicht für die Schaffung von entsprechenden Umweltressourcen genutzt
werden können (Klug 2003, S. 18/19). Ziel ist es, die Person so zu stärken,
dass sie selbstständig Ressourcen erschließen und eigenständig die Lebens-
führung übernehmen kann. Mit dem Konzept des Case Managements soll
durch eine effektive Hilfeleistung, durch Koordination und unter Partizipation
der Betroffenen auf diesen verzweigten Hilfebedarf suchtkranker Menschen
eingegangen werden.

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Im ökosozialen Ansatz wird ein Individuum immer in seinen sozialen Netz-
werkbezügen wahrgenommen, seinen Beziehungen und Verbindungen in
unterschiedliche Lebensbereiche. Dies war für mich ausschlaggebend, Case
Management unter dem Aspekt der sozialen Netzwerkarbeit zu untersuchen.
Inwieweit kann das Konzept der sozialen Netzwerkarbeit für einen erfolgrei-
chen Case Management-Prozess dienlich sein und wie kann eine professio-
nelle Fachkraft beide Methoden miteinander verbinden. Wie ist es möglich,
eine Netzwerkanalyse durchzuführen und deren Ergebnisse so in den Hilfe-
prozess zu integrieren, dass die Ziele des Case Managements, eine Ablö-
sung aus den Bezügen des institutionellen Sektors und die Zurückgabe der
Rollen und Funktionen des Case Managers an das informelle Netz, ermög-
licht werden. M.E. stellt die soziale Netzwerkarbeit durch das Erschließen
des sozialen Umfeldes eines Klienten, eine effektive Möglichkeit dar, die Hil-
femaßnahmen individuell an die Problemlagen der betreffenden Person an-
zupassen und das Netzwerk so zu verändern, dass es Stabilität erhält und
soziale Unterstützung bereitstellen kann. Durch die Einbeziehung der sozia-
len Netzwerkarbeit kann meiner Ansicht nach die Effektivität des Case Ma-
nagement-Prozesses verstärkt werden. Es stellt sich die Frage, inwieweit
Case Management soziale Unterstützungsarbeit zur Verbesserung des per-
sönlichen Netzwerkes auf der einen Seite und Vernetzungsarbeit in und mit
dem professionellen Dienstleistungssystem auf der anderen Seite, erfüllen
kann.
In Kapitel eins meiner Diplomarbeit werde ich auf die Gründe und Entwick-
lung einer Suchterkrankung eingehen und die Problemlagen drogenabhängi-
ger Menschen thematisieren. Wie vielfältig die Einflüsse suchtentstehender
Komponenten sind, welche Folgen dies für die sozialen Netzwerke drogen-
abhängiger Menschen entwickelt und welche Konsequenzen für die Soziale
Arbeit entstehen, wird im ersten Kapitel erläutert.
In Kapitel zwei wird die Methode des Case Managements vorgestellt. Dabei
geben die Ausführungen einen Einblick in die historische Entwicklung sowie
in Schwerpunkte und Funktionen von Case Management. Abschließend wer-
de ich den Prozess des Case Managements aufzeigen, welcher idealtypisch

3
in fünf Schritten abläuft und skizzieren, in welchen Phasen die soziale Netz-
werkarbeit als Methode verortet werden kann.
Weiter wird in Kapitel drei das Konzept der sozialen Netzwerkarbeit vorge-
stellt. Auch hier beginne ich mit einem historischen Abriss, um die Bedeutung
sozialer Netzwerke aufzuzeigen. Im dritten Kapitel liegt der Schwerpunkt auf
den Beschreibungsmöglichkeiten sozialer Netzwerke - als Grundlage für eine
Netzwerkanalyse und für die Implementierung netzwerkorientierter Interven-
tionen. Dabei gebe ich einen Überblick über praktische Techniken in der so-
zialen Netzwerkarbeit. Weiter werde ich die Funktion von sozialen Netzwer-
ken, die soziale Unterstützung aufzeigen, da sozialpädagogische Interventio-
nen auf eine Verbesserung der sozialen Unterstützung in Netzwerken hinzie-
len. Dabei stehen auch die belastenden Aspekte sozialer Unterstützung und
sozialer Netzwerke im Vordergrund, wie sie m.E. bei drogenabhängigen
Menschen überwiegend vorzufinden sind.
Beenden werde ich meine Diplomarbeit mit einem Interview, welches ich mit
einem suchtkranken Menschen geführt habe. Schwerpunkt dieses Interviews
stellen die sozialen Netzwerkbeziehungen sowie die Bereiche, in welche die
Person involviert ist, dar. Auf Grundlage der angefertigten Netzwerkkarte ha-
be ich das Netzwerk analysiert und dessen Struktur und Funktion genauer
betrachtet. Ich habe festgestellt, inwieweit soziale Unterstützung vorhanden
ist, welche belastenden Netzwerkbeziehungen existieren und Überlegungen
angestellt, welche Möglichkeiten der Hilfemaßnahmen effektiv sein könnten
und wie im Case Management die Netzwerkstruktur des Drogenabhängigen
verbessert werden könnte.
In die Diplomarbeit fließen eigene Erfahrungen aus einem sechsmonatigen
Praktikum ein, welches ich in einer Drogenhilfeeinrichtung mit niedrigschwel-
ligem Ansatz absolvierte.

4
1. Grundaspekte von Sucht
Im Folgenden werde ich einen Einblick in den Themenkomplex der Sucht
geben und in die Problemlagen abhängiger Menschen einführen. Die meist
vielfältigen und komplexen Belastungen dieser Klientel sind besonders aus-
geprägt und erfordern adäquate und individuelle Hilfemaßnahmen. Eine Ein-
führung in die spezifischen Problembereiche von drogenabhängigen Men-
schen und ihren Besonderheiten erscheint m.E. notwendig, um das Arbeits-
spektrum für professionelle Fachkräfte aufzuzeigen und um die Vielschichtig-
keit sozialpädagogischer Interventionen einschätzen zu können. Bevor ich in
Kapitel zwei das Konzept des Case Managements als eine mögliche Metho-
de in der Arbeit mit suchtkranken Menschen vorstelle, konzentrieren sich die
folgenden Ausführungen auf das Gesamtspektrum der Abhängigkeit und auf
die multifaktoriellen Problembereiche drogenabhängiger Menschen.
1.1 Definition von Sucht
Das exzessive Verlangen nach einer Droge wird im allgemeinen Sprach-
gebrauch als Sucht bezeichnet. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO)
stellte erstmals 1957 folgende Merkmale auf, die zur Definition von Sucht
anzuführen sind (Fricke 2000, S. 4):
·
das unstillbare Verlangen nach der Droge
·
die Tendenz zur Dosissteigerung
·
physische und psychische Abhängigkeit
·
schädliche Wirkung für das Individuum und die Gesellschaft
Diese Definition wird mit der International Classification of Diseases (ICD-
10)
1
durch die Hinzunahme detaillierter Kennzeichen weiter spezifiziert. Für
die Diagnose einer Abhängigkeit müssen nicht alle sieben der folgenden Kri-
1
ICD-10 bezeichnet das Diagnosesystem der WHO, mit welchen Krankheiten international
klassifiziert werden können. 1994 trat die 10. Revision, als aktuelle Version der anfänglichen
Diagnoseeinteilung in Kraft. Diese diagnostischen Kriterien haben zum Ziel, Professionellen
einen Leitfaden zur genauen Symptomerkennung bereitzustellen. Die Kategorisierung nach
ICD-10 bildet einen Kompromiss aus unterschiedlichen kulturellen Hintergründen. Es stellt
auch ein Instrument der Gutachtenerstellung, besonders für Krankenkassen dar (Däbritz
1997, S. 558).

5
terien gelten. Eine Abhängigkeit liegt dann vor, wenn im Zeitraum eines Jah-
res mindestens drei der Kriterien gleichzeitig existierten.
Die Diagnosekriterien nach ICD-10 (Schmidt 1997, S. 13):
1. Die Existenz eines starken Wunsches oder eine Art Zwang ein Suchtmittel
zu konsumieren.
2. Das Vorhandensein einer verminderten Kontrollfähigkeit bzgl. des Be-
ginns, der Beendigung und der Menge des Konsums.
3. Der Drogenkonsum mit dem Ziel, Entzugssymptome zu mildern und der
entsprechenden positiven Erfahrung, dass dieses Verhalten wirkt.
4. Der Nachweis einer Toleranz und das Auftreten eines körperlichen Ent-
zugssyndroms.
5. Ein eingeengtes Verhaltensmuster im Umgang mit der Droge.
6. Eine fortschreitende Vernachlässigung des sozialen Netzwerkes und an-
derer Interessen zugunsten des Substanzkonsums sowie ein erhöhter
Zeitaufwand für den Konsum der Droge oder für die Erholung der Folgen.
7. Ein anhaltender Substanzkonsum trotz des Nachweises eindeutiger
schädlicher Folgen (körperlicher, sozialer oder psychischer Art).
1964 führte die WHO den Terminus ,,Drogenabhängigkeit" ein und bezeich-
net diesen als einen Zustand des wiederholenden Konsums einer Droge mit
periodischen oder durchgängigen Verbrauch. Dabei wurde als gemeinsames
Kennzeichen aller variierenden Abhängigkeitsformen die psychische Abhän-
gigkeit festgelegt (Solms/Steinbrecher 1975, S. 11). Der Begriff ,,Drogen-
missbrauch" wird in der Fachliteratur unterschiedlich definiert. Einige Autoren
setzen Missbrauch mit Abhängigkeit gleich oder definieren den Gebrauch
einer Droge bereits als Missbrauch. Ich orientiere mich in meinen Ausführun-
gen an der von der ICD-10 benutzten Ausdruckweise, die den schädlichen
Gebrauch eines bestimmten Stoffes als Missbrauch definiert.
Die WHO fasst die stoffgebundenen Drogen in elf Substanzgruppen zusam-
men (Fricke 2000, S. 7):
·
Schnüffelstoffe
·
Nikotin
·
Opiate
·
Cannabis

6
·
Phencyclidin (PCP) und verwandte Substanzen
·
Kokain
·
Sedativa, Hypnotika und Anxiolytika
·
Halluzinogene
·
Amphetamine und verwandte Substanzen
·
Alkohol
·
Koffein
Die Mehrzahl der drogenabhängigen Menschen ist nicht im Gebrauch einer
einzigen Droge, sondern bedient sich einem Mix unterschiedlicher Substan-
zen, um die Wirkungsweise und das Rauscherlebnis zu erhöhen. Auch das
Vorhandensein der Droge und die finanzielle Lage des Betroffenen bedingen
die Auswahl des Suchtmittels. Drogen werden auch im Wechsel eingenom-
men, wie z.B. Heroin für die Dämpfung einer Kokainwirkung (Be-
cker/Brömer/Rießelmann 1997, S. 227-232). Eine Mehrfachabhängigkeit
wiederum begünstigt die Suchtentwicklung, da die körperliche und psychi-
sche Beeinträchtigung zunimmt.
1.2 Entstehung von Sucht
Die nachfolgenden Ausführungen über die Entstehung von Sucht konzentrie-
ren sich auf das Modell des Suchtdreiecks, dass Zusammenwirken der drei
Faktoren Person, Umwelt und Droge (siehe Abbildung 1). In der Fachliteratur
wird dahingehend weiter differenziert und es sind vielfältige Theorien mit un-
terschiedlichen Ansatzpunkten (z.B. medizin-biologische, psychologische,
soziologische-psychoanalytische und politisch-ökonomische Theorien) zur
Suchtentstehung entwickelt wurden (Ramström 1984, S. 37-40). Trotz der
unterschiedlichen theoretischen Ansätze zur Suchtentstehung ist es nicht
möglich, die Entwicklung einer Suchtkarriere vorherzusagen und feste Rah-
menbedingungen zu entwickeln, die bei jedem Menschen zwangsläufig zum
Drogenkonsum führen. Das alleinige Vorhandensein einer Droge führt nicht
zur Abhängigkeit, vielmehr geht man in der Fachliteratur von einem komple-
xen und individuellen Ursachenbündel suchtfördernder Variablen aus, die
sich aus dem ausgiebigen Wechselspiel zwischen Person, Umwelt und Dro-
ge zusammensetzen. Um ein Verständnis für süchtiges Verhalten zu erlan-
gen, müssen Fachkräfte Kenntnis über diese vielfältigen Wechselbeziehun-

7
gen entwickeln (Schwehm 1994, S. 9, Christiani/Stübing 1973, S. 69). In dem
hier angeführten Bedingungsgefüge von suchtentstehenden Faktoren befin-
den sich Professionelle der Sozialen Arbeit wieder. In der Arbeit mit Sucht-
kranken werden sie mit einem Klientel verzweigter und vielschichtiger Prob-
lemlagen mit den verschiedensten Ursachen konfrontiert. Dabei ist die Ent-
wicklung einer Abhängigkeit ein individuelles Geschehen. Bei jedem Klienten
hat die Sucht individuelle und meist mehrere Ursachen. Die Autoren spre-
chen zwar von unzähligen suchfördernden Variablen, wie ,,broken-home-
Situationen", traumatischen Kindheitserlebnissen, die Einnahme weicher
Drogen u.a., jedoch bedingt keine dieser Variablen eine Abhängigkeit
(Solms/Steinbrecher 1975, S. 13).
Abbildung 1: Suchtdreieck (Drei-Faktoren-Modell der Suchtentstehung):
Droge
Person Umwelt
Quelle: Tretter/Müller 2001, S. 37
Die Faktoren, welche bei der Entstehung von Sucht mitwirken, werden meist
in Form eines Suchtdreiecks dargestellt. In diesem Entstehungsschema wird
das Zusammenwirken der drei Faktoren als multifaktorielle Ursache von
Suchtverhalten betrachtet. Zu dem Faktor Droge spielen Art der Applikation,
Dosis, Gewöhnung, Dauer der Einnahme und individuelle Reaktion auf ein
Rauscherlebnis eine Rolle. Für den Faktorenkomplex Person werden körper-
liche und seelische Dispositionen, wie Erblichkeit, Sozialisation und aktuelle
Erwartungshaltungen an die Droge gezählt. Für den Einfluss der Umwelt sind
die familiäre und berufliche Situation, Sozialstatus und allgemeine Lebens-
bedingungen aber auch sozialer Wandel, Konsumgewohnheiten, Einstellung
und Verfügbarkeit von Drogen und Werbe- und Modeeinflüsse von Bedeu-
tung (Schwehm 1994, S. 10, Ausubel 1983, S. 23).

8
Die Entstehung einer Suchterkrankung erfolgt nach Tretter und Müller (2001,
S. 23) in einem fließenden Übergang von einem gelegentlichen Konsum über
einen Missbrauch des Rauschmittels zum schädlichen Gebrauch bis hin zur
Abhängigkeit. Ein gelegentlicher, episodischer Konsum hat nicht unmittelbar
eine Suchtkarriere zur Konsequenz und der Prozess kann in dieser Probier-
phase zum Stillstand gelangen. Der Übergang von einem dauernden Ge-
wohnheitskonsum bis zum riskanten Konsum, den Missbrauch von Suchtmit-
teln, sind schädigende Wirkungen und negative Folgen, wie gesundheitliche
Probleme, Verlust von Arbeit und sozialem Umfeld, Begleiterscheinungen
dieses Stadiums. Der schädliche und exzessive Gebrauch einer Droge, ein-
hergehend mit Kontrollverlust, bildet das letzte Stadium bei der Entstehung
einer Sucht und es entwickeln sich soziale, psychische und physische Beein-
trächtigungen. Obwohl auch in diesem Stadium die Möglichkeit des Aus-
stiegs besteht, gelingt dies nur in geringen Fällen (Dijk 1983, S. 176/177).
Menschen im Stadium des exzessiven Konsums gehören zu dem Klientel,
die in dieser Arbeit beschrieben werden und an die sich das Konzept des
Case Managements richtet.
1.3 Problemlagen suchtkranker Menschen
Die Problemlagen suchtkranker Menschen sind komplex gestaltet und ihre
Lebenssituation ist von unterschiedlichsten Belastungen geprägt. Dies stellt
einen hohen Anspruch an die Arbeit professioneller Fachkräfte dar, da Men-
schen mit Abhängigkeitsproblematik durch ihren verzweigten Hilfebedarf eine
umfassende und komplexe Betreuung erfordern. Die Lebenssituationen und
Problemlagen der Betroffenen müssen für eine adäquate Hilfe erkannt und
analysiert werden. Oftmals beschränken sich die Belastungen der Klientel
nicht nur auf den Faktor Droge, sondern sind in alle Lebensbereiche des
Menschen eingegliedert.
Nach Wendt (1997, S.191) spiegelt die Sucht kein isoliertes Symptom wie-
der, sondern ist eingebunden in verzweigte und unterschiedliche Problembe-
reiche. Die sozialen Lebensumstände drogenabhängiger Menschen sind

9
aufgrund des Suchtverhaltens sehr prekär. Wohnungs- und Arbeitslosigkeit,
psychisch und physisch erkrankt, meist mehrfachabhängig und ohne sozia-
len Anschluss können Merkmale sein, mit denen die Lebenssituation der
Klienten adäquat zu beschreiben ist. Die Folgen des Drogenkonsums weiten
sich in alle Lebensbereiche eines Menschen aus und lassen sich differenzie-
ren in soziale, psychische und physische Folgen. Dabei stehen sie in Wech-
selbeziehung zueinander, psychische Erkrankungen wie Depressionen kön-
nen die Ursache physischer und sozialer Folgen, z.B. von chronischen Er-
krankungen und sozialer Isolation sein. Der soziale Abstieg kann sich aber
auch als Konsequenz von seelischen und körperlichen Beeinträchtigungen
entwickeln.
Physische Folgen
Alle Drogen erzeugen mehr oder weniger eine Schädigung des Immunsys-
tems. Durch die Einnahme von Drogen wird das Krankheitsrisiko erhöht und
die Lebenserwartung verkürzt. Auch die Beimischung von Streckmitteln, die
in illegalen Drogen enthalten sind, kann ebenfalls zu erheblichen körperli-
chen Folgen führen. Durch die intravenöse Einnahme der Drogen erhöht sich
das Risiko einer Hepatitis -und H.I.V ­ Infektion und die Gefahr, sich an an-
deren übertragbaren Krankheiten anzustecken. Die Liste möglicher körperli-
cher Folgen bei Drogenkonsum ist lang. Zu vernachlässigen sind auch nicht
die körperlichen Schäden, die durch den sozialen Lebensstandard hervorge-
rufen werden. Nicht nur die primäre Einnahme einer Droge, auch Obdachlo-
sigkeit, geringe Nahrungszufuhr und unhygienische Lebensbedingungen ha-
ben physische Konsequenzen.
Psychische Folgen
Depressive Störungen treten bei drogenabhängigen Menschen deutlich häu-
figer auf, als bei Menschen ohne Suchtproblematik (BMG 1996, S. 27). Im
ICD-10 werden die verschiedenen Persönlichkeitsbilder, die der Sucht
zugrunde liegen können, benannt. Dabei wird zwischen paranoiden, schizoi-
den, dissozialen, emotional instabilen, infantilen und hysterischen Persön-
lichkeitsstörungen unterschieden. Die Borderline-Störung ist bei Menschen

10
mit Suchtproblematik, besonders bei opiatabhängigen Menschen, ein häufig
anzutreffendes Persönlichkeitsmerkmal (Brömer 1994, S. 108).
Soziale Folgen
Die Lebenssituation drogenabhängiger Menschen ist oft gekennzeichnet
durch Wohnungs- und Arbeitslosigkeit, hohe Verschuldung und soziale Isola-
tion aus der gewohnten Umgebung. Der soziale Abstieg ist als deutliches
Merkmal einer Abhängigkeit festzuhalten. Auch die Kriminalitätsrate ist unter
drogenabhängigen Menschen, aufgrund von Beschaffungskriminalität oder
Prostitution, deutlich erhöht. Drogenabhängige Menschen befinden sich in
einem Kreislauf, aus dem es mit der Dauer der Sucht immer schwieriger
wird auszubrechen. Die Folgen des sinkenden Lebensstandards sind nicht
mehr zu kompensieren. Durch die veränderte Lebenssituation in der Abhän-
gigkeit befinden sich die Betroffenen in anderen, neuen sozialen Netzwerken
wieder. Alte soziale Kontakte, wie zu Arbeitskollegen, drogenfreien Freunden
oder in die Nachbarschaft gehen verloren oder werden durch andere, dro-
genabhängige Menschen ersetzt. Oftmals sehen sich suchtkranke Personen
immer mehr der Isolation ausgesetzt, da sich aufgrund des süchtigen Verhal-
tens die Mitglieder des sozialen Netzwerkes abwenden. Die Beziehungen
Abhängiger sind dementsprechend gering oder von negativer Art (Dealer -
Klient) geprägt (Feineis 1998, S. 127). Auf die Besonderheiten der sozialen
Netzwerke, deren Struktur und inhaltliche Bedeutung für drogenabhängige
Menschen, werde ich in Kapitel 3.5.2 meiner Diplomarbeit zurückkommen
und an dieser Stelle differenzierter beleuchten.
Je länger sich eine Person in dem Kreislauf der Abhängigkeit befindet und
die Folgen der Sucht immer gravierender werden, desto schwieriger wird es
für Professionelle geeignete Hilfemaßnahmen zu entwickeln und den Aus-
stieg zu bewirken. Sie benötigen ein umfassendes Wissen über die Schwie-
rigkeiten der Klientel sowie über die Merkmale und Folgen einer Abhängig-
keit. Suchtkranke benötigen in den verschiedensten Bereichen Unterstüt-
zung, wie z.B. im medizinischen, psychologischen, juristischen, finanziellen
und sozialpädagogischen Sektor. Als eine Methode, um dem verzweigten
und komplexen Hilfebedarf suchtkranker Menschen entgegen zu kommen,

11
wird im folgenden Kapitel das Konzept des Case Management vorgestellt.
Case Management wurde u.a. vor dem Hintergrund eingeführt, für Menschen
mit vielschichtigen und komplizierten Problemlagen individuelle Dienstleis-
tungspakete zu entwickeln und ein adäquates, leicht zugängliches Hilfesys-
tem zur Verfügung zu stellen (Wendt 1991, S. 11). Im Mittelpunkt von Case
Management steht die Verknüpfung von professionellen und informellen Hil-
fen, um die selbstständige Lebensführung der Person zu erlangen. Komplexe
Probleme behindern oftmals ein Selbstmanagement von Menschen. Wenn
das Alltagsmanagement misslingt und die Problemlagen von Betroffenen
vielfältige und aufeinander abgestimmte Hilfemaßnahmen erfordern, stellt
das Case Management eine Methode dar, um diesem umfassenden Hilfebe-
darf adäquat zu begegnen.

12
2. Das Konzept von Case Management
2.1 Definition von Case Management
Da sich das Konzept des Case Managements von verschiedenen Sichtwei-
sen aus betrachten lässt, werde ich in den folgenden Ausführungen einige
unterschiedliche Definitionen von Case Management aufzeigen. Dabei möch-
te ich vorweg nehmen, dass bislang keine allgemein gültige Definition von
Case Management existiert. Obwohl sich Case Management aus der Sozia-
len Arbeit heraus entwickelt hat (Raiff/Shore 1997, S. 22), bedienen sich
auch andere Berufsgruppen dieser Anwendung. Allerdings nehmen sich die-
se gegenseitig nur bedingt wahr und setzen ihre eigenen Akzente in der De-
finition von Case Management (Wendt 1997, S. 20). Nach Riet/Wouters
(2003, S. 38) kann sich somit die Definition von Case Management nur aus
den Aufgaben der spezifischen Arbeitsfelder erklären, in welchen mit dieser
Methode gearbeitet wird. Dabei orientiert sich Case Management an den je-
weiligen organisatorischen Rahmenbedingungen und im Kontext der gege-
benen Umgebung (Raiff/Shore 1997, S.14). Mit welchen Case Management
Modellen gearbeitet und welche Funktion ihnen zugeschrieben wird, ist oft
von der Struktur und der Arbeitsweise der jeweiligen Institution abhängig.
Im Allgemeinen ist festzuhalten, dass Case Management als eine Verfah-
rensweise in Sozial- und Gesundheitsdiensten eingesetzt wird, mit der auf
den Einzelfall bezogen die nötige Unterstützung sowie Behandlung und Ver-
sorgung von Personen geleistet wird. Es wird als eine Prozesslenkung für
Sozialdienste angesehen, mit der Vorgänge transparent, handhabbar, kon-
trollierbar, bewertbar und abrechbar gemacht werden sollen (Wendt 1997, S.
28) und in welcher der individuelle Hilfebedarf eines Menschen mithilfe der
verfügbaren Ressourcen abgedeckt wird, indem eine Planung, Koordinie-
rung, Überwachung und Evaluation der Dienstleistungen erfolgt (Ewers
2002c, S. 56). Dabei kommt dem Case Management eine Verknüpfungsauf-
gabe zwischen dem Bewältigungssystem des Klienten und dem formalen
Ressourcensystem zu (siehe Abbildung 2).

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Abbildung 2: Die Verknüpfungsaufgabe des Case Managements
Wie können diese beiden Systeme
(zeitlich, räumlich, kompetent)
bestmöglich zusammengebracht werden?
Quelle: Wendt 1997, S. 30
Green legt in seiner, speziell auf die Sozialarbeit bezogene Definition beson-
deren Wert darauf, dass Case Management ein Prozess ist, der auf einer
Beziehung zwischen dem Case Manager und einem Klienten basiert und
welcher den Aufbau von Unterstützungsnetzwerken beinhaltet. Einerseits soll
die Koordination von Dienstleistungen auf der Klientenebene erfolgen und
anderseits soll die Effektivität auf der Organisationsebene realisiert werden
(Ewers 2002c, S. 56). Dabei geht es im Case Management um eine kontinu-
ierliche und integrative Versorgung mit einer ganzheitlichen Sichtweise auf
eine bestimmte Klientenproblemlage sowie um das gemeinsame Aushandeln
der für den Klienten benötigten und gewünschten Dienstleistungen
(Riet/Wouters 2003, S. 55). Mit einer ganzheitlichen Ausrichtung verfolgt das
Konzept des Case Managements die Theorie des ökosozialen Ansatzes, in
welchem Menschen immer in ihrer Lebensumgebung und nicht als isolierte
Wesen betrachtet werden (Klug 2003, S. 18). Nach Ballew und Mink (1991,
S. 56) weist Case Management zwei weitere Akzente auf. Einerseits die
Entwicklung oder Verbesserung eines Ressourcen Netzwerkes, anderseits
die Stärkung der Fähigkeiten des Klienten, diese Netzwerke auch intensiv zu
nutzen (Gögercin 1997, S.102). Case Management wird als das Verbin-
dungsglied zwischen formellen und informellen Hilfen angesehen (Wendt
1995, S. 102). Einem Case Manager kommt dabei die Aufgabe zu, ein Netz-
Klient-(Patient) System
Einzelne Menschen und Grup-
pen mit Problem / in Notlagen /
Belastungen
Was soll erreicht werden?
Ressourcen-(Hilfe-) System
Soziale Umwelt, Mitmen-
schen (Familie, Freunde,
u.s.w.), natürliches Netzwerk
und professionelle Einrich-
tungen (institutionelles Netz-
werk)
Was haben sie zu bieten?

14
werk aus formellen und informellen Unterstützungen zu organisieren, koordi-
nieren und zu unterhalten (Wendt 1991, S. 23).
2.2. Entwicklung von Case Management
In den folgenden Ausführungen werde ich die historischen Entwicklungen
des Case Management Konzeptes beschreiben, um die Ausbildungen der
differenzierten Ansatzpunkte dieses Konzeptes herauszuarbeiten. Dabei be-
fasse ich mich vorwiegend mit der US-amerikanischen Entstehungsgeschich-
te, da dort die Konzeption des Case Managements ihren Anfang nahm und
Amerika als ,,Ursprungsland des modernen Case Managements" (Ewers
2002b, S. 30) bezeichnet wird. Im Laufe der Entwicklung verbreitete sich das
Case Management im angelsächsischen Raum bis hin nach Deutschland.
Auf eine detaillierte Beschreibung der Entstehungsgeschichte in den europä-
ischen Staaten werde ich nur bedingt eingehen.
Obwohl bereits 1863 im Rahmen der US-amerikanischen Siedlungsbewe-
gung und den damit verbundenen koordinierten sozialpflegerischen Diensten
der Charity Organisation Societies (COS) die Rede von einer Frühform des
Case Managements war (Ewers 2002b, S. 41), lässt sich die Entstehung des
modernen Case Managements in den USA als Konsequenz auf die Deinstitu-
tionalisierungsdebatte Mitte der 70er Jahre zurückführen. Psychisch Kranke,
geistig Behinderte und pflegebedürftige Menschen wurden aus Heimen und
Anstalten entlassen, da man es nicht mehr mit den Menschenrechten verein-
bar ansah, diese Personen in stationären Einrichtungen festzuhalten. Ebenso
ist man zu der Erkenntnis gekommen, dass Klinikaufenthalte kostenintensiv
sind und den betroffenen Menschen eher schaden sowie zur Lebensuntüch-
tigkeit beitragen (Wendt 1997, S. 14). Die stationären Angebote wurden re-
duziert, der Trend ging in Richtung offene Hilfen. Es musste nun für eine aus-
reichend ambulante Versorgung durch soziale und medizinische Dienste ge-
sorgt werden, um eine hinreichende Betreuung der o.g. Personengruppen zu
gewährleisten. Doch der Sektor der ambulanten Dienste war ein unkoordi-
niertes, nicht aufeinander abgestimmtes Nebeneinander von verschiedenen

15
Hilfeangeboten. Die sozialen Dienste wurden im Laufe der Zeit immer diffe-
renzierter und spezialisierter, sodass das tatsächlich vorhandene Hilfsange-
bot für viele Betroffene unübersichtlich und somit der Zugang zu diesem er-
schwert wurde (Klug 2002, S. 64). Dieser Prozess erzwang eine Neugestal-
tung ambulanter Betreuungsmöglichkeiten und die Ausbildung eines Unter-
stützungsmanagements (Wendt 1991, S. 18). Case Management, welches
seine Wurzeln in der Gemeinwesenarbeit hat und sich an der klassischen
Einzellfallhilfe (case work) orientiert (Neuffer 1990, S. 467), sollte als sinnvol-
les Vernetzungskonzept diesem Problem entgegenwirken.
In den USA gab es mehrere Versuche, durch die Förderung von Modellpro-
grammen die verschiedenen Hilfsangebote zu integrieren, die sozialen
Dienste auf kommunaler Ebene zu vernetzen und somit ein erschließbares
Dienstleistungssystem aufzubauen. Mit Hilfe von Case Management sollte
der Zugang zu staatlichen Programmen gefördert werden. Die Akteure der
Regierung sahen sich einem starken Innovations- und Handlungsdruck aus-
gesetzt, da sie vor steigenden Versorgungsproblemen und Zugangsbarrieren
der sozialen Dienste sowie einer hohen Kostenexplosion standen (Ewers
2002a, S. 10). 1977 spielte Case Management im ,,Community Support Pro-
gramm" welches das National Institute of Mental Health festlegte, erstmals
eine zentrale Rolle (Wendt 1997, S. 15). Dieses Programm wurde entwickelt,
um für psychische Kranke die Dienste im Gemeinwesen zu erschließen und
diese zu koordinieren. Daneben gab es eine Reihe von Bundesgesetzen,
welche für bestimmte Personengruppen Case Management als adäquate
Hilfe anbot.
Nach Moxley (Klug 2002, S. 37ff.) gab es weitere Faktoren, die bei der Ent-
stehung des Case Managements von entscheidender Bedeutung waren - der
zunehmende Wettbewerb im Gesundheitswesen, die Dezentralisierung so-
wie Kostenexplosion der sozialen Dienste, schwerfällige Zugangsbarrieren
zu sozialen Einrichtungen, immer komplexere Problemlagen der Klientel so-
wie deren fehlenden sozialen Netzwerke. Es wurde die Forderung nach Ef-
fektivität und Effizienz laut, wie könnte mit dem geringsten Kostenaufwand
die bestmögliche Hilfe gewährt werden. Ziel sollte es sein, Kosten einzu-

16
dämmen und gleichzeitig die Wirksamkeit der Dienstleistungen zu steigern
(Klug 2002, S. 39). Dies war auch zentraler Punkt der Debatte in Großbritan-
nien unter der Regierung Thatchers, welche die Reform der öffentlichen
Dienste an der freien Marktwirtschaft orientierte. Dabei sollte Case Manage-
ment im Rahmen von Rationalisierungsmaßnahmen eine zentrale Rolle zu-
kommen (Wendt 1997, S. 16ff).
Remmel-Faßbender (2002, S. 72) thematisiert einen weiteren Aspekt, der für
die Einführung des Case Managements, vor allem in Deutschland, Bedeu-
tung zukam. Die gesellschaftlichen und sozialpolitischen Veränderungen und
deren Auswirkungen, wie Arbeitslosigkeit, Strukturreformen, veränderte Le-
benslagen, wirtschaftliche Veränderungen u.a., bedeuteten eine neue Her-
ausforderung für die Soziale Arbeit. Immer neue Problemlagen der Klientel
erforderten neue, umfassende Konzepte und Unterstützungssysteme, um
eine hinreichende Betreuung zu erreichen und Personen mit vielschichtigem
und verzweigtem Unterstützungsbedarf vor Ausgrenzung zu schützen. Unter
Beachtung der Kosten-Nutzen-Relation erforderten Menschen mit komplexen
Problemlagen ein individuell zugeschnittenes Angebot und unterstützende
Begleitung bei der Schaffung eines sozialen Netzwerkes und deren Nutzung
(Remmel-Faßbender 2002, S. 75).
Case Management wurde eingeführt, um Versorgungs- und Betreuungsleis-
tungen für das Klientel effektiver zu gestalten und die Wirksamkeit einzelner
Hilfemaßnahmen zu erhöhen. Das Hilfesystem sollte auf den Klienten abge-
stimmt werden und durch sinnvolle Koordination den Zugang erleichtern. Die
Case Management Konzepte, welche im 19. Jahrhundert in den USA entwi-
ckelt worden, verfolgen diesen Ansatz. Case Management wurde aber auch
vor dem Hintergrund der steigenden Ökonomisierung eingeführt, wie bei-
spielsweise in England oder später auch in den USA, in welcher die Effizienz
und die Kosten der Dienstleistungen im Vordergrund stehen. Nach welchem
Case Management Ansatz gearbeitet wird, hängt von der Definition der ein-
zelnen Einrichtung ab (vgl. Kapitel 2.1). M.E. lassen sich in der Sozialen Ar-
beit beide Ansätze schlecht voneinander trennen und finden sich in der Pra-
xis zu beiden Teilen wieder.

17
2.3. Schwerpunkte von Case Management
2.3.1 Klientenorientierter und Einrichtungsorientierter Schwerpunkt
Wie bereits erwähnt, ist bei der Entstehung des Case Managements die
Entwicklung von einem weiteren Faktor wesentlich beeinflusst worden, der
Frage nach Effektivität und Effizienz. In diesem Kapitel möchte ich die zwei
Schwerpunkte beschreiben, nach denen das Case Management ausgerichtet
wird, um das Spannungsgefüge aufzuzeigen, in welchem sich professionelle
Fachkräfte der Sozialen Arbeit befinden. In der Literatur wird dies häufig im
Zusammenhang mit der Ethik des Case Managements diskutiert und mit un-
terschiedlichen Begriffen belegt. Klug (2002, S. 45) bezeichnet die zwei Ty-
pen als ,,consumer-driven-system" und "system-driven-system", bei Riet und
Wouters (2003, S. 50) wird es als ,,Klientenorientiertes vs. Einrichtungsorien-
tiertes" Vorgehen bezeichnet und Löcherbach (2002, S. 202) redet von ,,Fall-
und Systemmanagement". Alle Begriffe beinhalten jedoch die gleiche Vor-
stellung, auf der einen Seite werden die Bedürfnisse und Ziele des Klienten
in den Vordergrund gestellt, auf der anderen Seite der Wunsch nach Effekti-
vität und Effizienz, der optimalen interorganisatorischen Organisation einer
Einrichtung (Klug 2002, S. 46).
Im Mittelpunkt der kundenorientierten Variante von Case Management ste-
hen nach Moxley die Bedürfnisse des Klienten und im Sinne einer anwalt-
schaftlichen Funktion tritt der Case Manager für die Belange des Klienten ein
(Klug 2002, S. 46). Dabei werden die betroffenen Personen aktiv in den Hil-
feprozess integriert, sie bestimmen selber über die Art, den Umfang sowie
den Inhalt der Dienstleistung und erhalten die ungeteilte Loyalität des Case
Managers. Der Klient wird während des gesamten Case Management-
Prozesses als Subjekt wahrgenommen und bestimmt dessen Richtung
(Wendt 1997, S. 65). Als zentrales Anliegen geht es in solchen Modellen um
die Selbstverfügung und -bestimmung eines Klienten, seiner Teilnahme an
der Definition von Zielen und Bedürfnissen sowie der gemeinsamen Ausfor-
mulierung eines geeigneten Hilfeplans (Riet/Wouters 2003, S. 50). Ins Zent-
rum der Arbeit werden der Klient und die konkrete Unterstützungsarbeit zur

18
Verbesserung der persönlichen Netzwerke gestellt (Löcherbach 2002, S.
202).
Dagegen hat der Typ des Systemmanagements andere Zielperspektiven im
Blick. Ausschlaggebend sind eine bessere Koordination von sozialen Dienst-
leistungen, dass Vermeiden von Überschneidungen und somit eine optimale
Nutzung der Ressourcen, immer im Hinblick auf Rationalisierung und Kos-
tenmanagement. Teure Dienstleistungen sollen durch preiswertere, oft auch
durch informelle Angebote, ersetzt werden. Nicht der Klient bestimmt seine
Bedürfnisse, sondern der Case Manager wählt die für die Einrichtung effi-
zientesten Möglichkeiten heraus und bestimmt weitestgehend die Ziele und
den Hilfebedarf des Klienten (Klug 2002, S. 46). Dem Klienten wird ein vor-
programmiertes Hilfsangebot der jeweiligen Einrichtung präsentiert, welchem
er sich anzupassen hat. Dabei wird er als Objekt des Dienstes und des pro-
fessionellen Handelns wahrgenommen (Wendt 1997, S. 65) und seinen Be-
dürfnissen wird wenig bis gar keine Aufmerksamkeit geschenkt (Riet/Wouters
2003, S. 50). Im Vordergrund des system-driven-Modells stehen die Organi-
sationsstruktur, finanzielle und personelle Ausstattung der Einrichtung sowie
das Umfeld der Dienste. Leistungen werden im Hinblick auf Wirtschaftlichkeit
und Ökonomie erbracht (Riet/Wouters 2003, S. 27).
2.3.2 Ethische Probleme
Als Antwort auf sich immer weiter entwickelnde managed care systeme
2
for-
mulierte 1992 die National Association of Social Work (NASW)
3
ethische
Standards für die Arbeit mit Case Management. Deren klare Prinzipien ver-
folgen einen kundenorientierten Ansatz und die Bedürfnisse des Klienten
sollen, auch gegenüber der eigenen Organisation, in den Mittelpunkt gestellt
werden (Klug 2002, S. 48). Diese Haltung birgt Konflikte im Zusammenhang
mit den Zielen des einrichtungsorientierten Ansatzes. Case Management hat
2
Managed Care Systeme verfolgen das Ziel, durch eine rigorose Kontrolle der Hilfsangebote
sowie durch Kosteneinsparung die Effizienz zu erhöhen und die Qualität zu steigern (Wendt
1997, S. 22).
3
Berufsvereinigung der Sozialarbeiter

19
daher ein Problem des doppelten Mandates bzw. der doppelten Loyalität.
Einerseits loyal gegenüber seinem Klienten (umfassende, ganzheitliche Hil-
fe), anderseits loyal gegenüber dem Dienstleistungssystem (effiziente, kos-
tengünstige Versorgung) (Klug 2002, S. 57). Der Case Manager gerät somit
in Widersprüche. Wem soll er sich gegenüber solidarisch verhalten? Nach
Powell (Klug 2002, S. 48) gibt es für dieses Spannungsfeld keine klare Me-
thode. Im Wesentlichen bestimmt der Auftraggeber den Schwerpunkt des
Case Managements. Es ist entscheidend, ob der Case Manager bei einer
privaten Profit- Organisation (z.B. Versicherung) oder bei einer öffentlichen
oder privaten Non-Profit-Organisation angestellt ist.
Die weiteren Ausführungen beziehen sich ausschließlich auf öffentliche Ein-
richtungen. Daher steht für mich im Case Management der kundenorientierte
Ansatz im Vordergrund und er ist Ausgangspunkt für meine weiteren Überle-
gungen. Die o.g. Ausführungen lassen erahnen, in welchem Spannungsge-
füge sich Case Management befindet und welche grundlegenden Fragen
sich daraus ergeben. Die Frage der ethischen Verpflichtung gegenüber dem
Klienten und der Wirtschaftlichkeit ist allerdings nicht Thema meiner Diplom-
arbeit. Wenn Professionelle jedoch mit dem Konzept des Case Manage-
ments arbeiten, sollten sie sich dieser Situation bewusst sein.
2.4. Funktionen von Case Management
Um ein umfassendes Unterstützungsnetzwerk zu akquirieren, sind im Case
Management verschiedenste Funktionen verortet. Dabei kristallisieren sich
drei Kernfunktionen heraus. Die Advocacy-, die Broker- und die Gate-
Keeper-Funktion (Neuffer 1997, S. 186; Ewers 2002c, S. 63). Je nach Ar-
beitsbereich konzentrieren sich Professionelle auf eine der drei genannten
Funktionen.
1. Advocacy oder die anwaltschaftliche Funktion
Im Allgemeinen versteht man im Case Management unter ,,Anwaltschaft"
eine zielorientierte, methodische Vorgehensweise zur Durchsetzung von

20
Klienteninteressen (Ewers 2002c, S. 63). Wenn Klientengruppen nicht in der
Lage sind, ihre persönlichen Interessen aufgrund individueller Problemlagen
wie Armut, mangelnde Bildung, Behinderung, Unfall oder Arbeitslosigkeit u.a.
vorzubringen und somit potenzielle Hilfsquellen in Anspruch zu nehmen, tritt
der Case Manager als Anwalt für ihre Belange ein. Er hilft ihnen, Zugang zu
allen Leistungen zu finden, auf diese sie per Gesetz Anspruch haben. Nach
Raiff und Shore (1997, S. 82) gehören folgende Schritte dazu:
1. den Klienten über seinen Anspruch auf sozialstaatliche Leistungen
aufklären
2. bestehende Hilfemaßnahmen auf den Bedarf des Klienten abstimmen
3. neue Dienste entwickeln, um Klientenbedürfnisse zu befriedigen
Dabei geht das anwaltschaftliche Handeln im Case Management allerdings
über den individuellen Einzelfall hinaus. Ziel ist es außerdem, Lücken, die
das Versorgungssystem hervorbringt, aufzudecken und die Informationen an
politisch, institutionelle Instanzen bzw. Entscheidungsebenen weiterzuleiten
(Ewers 2002c, S. 65). Die Funktion der Anwaltschaft gehört zu den heraus-
fordernsten Aufgaben des Case Managements (Raiff/Shore 1997, S. 81). Der
Case Manager benötigt ein hohes Maß an Fallverständnis und soziale Kom-
petenzen. Weiter muss er mit dem vorhandenen Hilfesystem vertraut sein,
um Ressourcen optimal nutzen zu können (Ewers 2002c, S. 65). Abschlie-
ßend bleibt anzumerken, dass die anwaltschaftliche Funktion als die ur-
sprünglichste Funktion im Case Management bezeichnet wird und vor allem
für stark benachteiligte Personengruppen, wie Wohnungslose und Sucht-
kranke von Bedeutung ist. Drogenabhängige Menschen benötigen ein stär-
keres Engagement, da sie aufgrund ihrer problematischen Lebenslage oft
nicht selbst tätig werden können. Eine bloße Vermittlung an andere Einrich-
tungen wäre oftmals zu wenig.
2. Broker oder die vermittelnde Funktion
Die Broker- oder Makler Funktion im Case Management ist die neutrale Ver-
mittlung zwischen Nutzern und Anbietern sozialer Dienstleistungen mit dem
Ziel, ein unüberschaubares und zerstreutes Versorgungssystem so zu nut-
zen, dass für den individuellen Problemfall die bestmögliche Versorgung ge-
währleistet wird (Ewers 2002c, S. 68). Dabei ist der Case Manager kein Mit-

21
glied des Behandlungsteams, sondern lediglich die vermittelnde Instanz
(Riet/Wouters 2003, S. 53), die auch als Form der Betreuung ohne administ-
rative Eingriffsmöglichkeit bezeichnet werden kann (Ewers 2002c, S. 69).
Dies sei auch ein Nachteil der Funktion, da keine Qualitätsveränderung oder
Erneuerung der Leistungsangebote erreicht werden könnte.
3. Gate-Keeper oder selektierende Funktion
Die dritte Kernfunktion des ,,Türwächters" hat im Zusammenhang mit wach-
senden Kosten für soziale Dienstleistungen bei begrenzten finanziellen Mög-
lichkeiten an Bedeutung gewonnen. Bei der Gate-Keeper Funktion stehen
Selektion und Zugangssteuerung im Vordergrund (Ewers 2002c, S. 69). Bei
dieser Funktion handelt der Case Manager weder auf der Seite des Klienten
noch auf der Seite des Versorgungssystems. Vielmehr hat er die Aufgabe,
einer verschwenderischen und unangemessenen Verwendung der vorhan-
denen Ressourcen im Versorgungssystem entgegenzuwirken (Ewers 2002c,
S. 71). Dazu gehören u.a. eine gezielte Selektion, ein kontinuierliches Moni-
toring sowie eine Budgetkontrolle und die Akquirierung kostengünstiger
Hilfsangebote.
Abschließend ist anzumerken, dass keine dieser drei Funktionen so idealty-
pisch in Erscheinung tritt, wie sie hier skizziert sind. In der Praxis werden sie
in vielfältiger Art und Weise miteinander verknüpft und sind in ihrer Verwen-
dung auf die spezifischen Arbeitsfelder abgestimmt.
2.5. Verlaufsmodell von Case Management
In den nächsten Kapiteln möchte ich genauer die Verfahrensweise und den
Ablauf eines Case Management-Prozesses darstellen. Das Vorgehen im Ca-
se Management gliedert sich in eine Reihe von Schritten oder Phasen. Die
Verfahrensweise des Case Managements ist strukturiert und der Hilfepro-
zess läuft in einzelnen Schritten nacheinander ab. Wenn professionelle
Fachkräfte erfolgreich mit dem Konzept des Case Managements arbeiten
möchten, erfordert dies eine genaue Kenntnis über den Verlauf und die Ziele

22
der einzelnen Phasen. Die methodische Reihenfolge des Konzeptes dient
m.E. der ganzheitlichen Erfassung des Klienten, um danach den individuellen
Hilfebedarf auszurichten, die vorgesehenen Institutionen sinnvoll zu vernet-
zen und das informelle Helfernetz zu akquirieren. Gerade für das Klientel der
Suchtkranken ist das strukturierte Verfahren für einen erfolgreichen Hilfepro-
zess von entscheidender Bedeutung, da die Belastungen von Menschen mit
Abhängigkeitsproblematik in alle Lebensbereiche Einfluss nehmen und somit
die unterschiedlichsten Personen und Institutionen am Hilfeprozess beteiligt
sein können. Diese erfolgreich zu koordinieren, die Leistungen auf den Be-
darf des Klienten abzustimmen sowie die informellen Hilfemöglichkeiten und
Ressourcen optimal zu nutzen, erfordert ein strukturelles Vorgehen.
Auch wenn man nicht zu einer einheitlichen Definition von Case Manage-
ment kommt, so besteht Einigkeit über die fünf Basisfunktionen, welche in
der Literatur mal enger und mal weiter gefasst werden (Ewers 2002c, S. 72;
Lowy 1988, S. 32). Ich werde mich in den folgenden Ausführungen auf die
fünf Schritte des Case Management-Prozesses konzentrieren und auf eine
stärkere Differenzierungen der einzelnen Phasen, wie sie andere Autoren
vorgenommen haben, nur am Rande eingehen.
Die Kernfunktionen eines Case Management-Prozesses beschreibt Moxley
(Neuffer 2002, S. 49) wie folgt:
·
Assessment (Einschätzung)
·
Planning (Hilfeplanung)
·
Intervention (Durchführung)
·
Monitoring (Überwachung)
·
Evaluation (Auswertung)
Diese Phasen sollen in allen Schritten vom Assessment bis zur Evaluation
zum Aufbau und zur Stärkung persönlicher, informeller Netzwerke beitragen.
Die Bedeutung egozentrierter Netzwerke, vor allem für drogenabhängige
Menschen, welche in einem Case Management-Prozess gestärkt werden
sollen, werden in Kapitel drei vertieft.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2005
ISBN (eBook)
9783832492939
ISBN (Paperback)
9783838692937
DOI
10.3239/9783832492939
Dateigröße
571 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Hochschule RheinMain – Sozialwesen
Erscheinungsdatum
2006 (Januar)
Note
1,7
Schlagworte
netzwerkkarte interview unterstützung hilfeplanung droge
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Titel: Case Management in der Sozialarbeit mit Suchtkranken unter besonderer Berücksichtigung der sozialen Netzwerkarbeit
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