Der Richtlinienvorschlag zur Patentierbarkeit computerimplementierter Erfindungen
©2005
Magisterarbeit
105 Seiten
Zusammenfassung
Inhaltsangabe:Einleitung:
Die Diskussion um Softwarepatente ist längst nicht mehr auf einen kleinen Kreis von Wissenschaftlern, Politikern und Wirtschaftsvertretern beschränkt. In für den Bereich des Patentrechts sicherlich ungewöhnlichem Ausmaß formiert sich ein öffentlicher Widerstand gegen die geplante Richtlinie zur Patentierbarkeit computerimplementierter Erfindungen. Mit Lobbyarbeit und ungewöhnlichen Aktionen versuchen die Patentierungsgegner, auf ihre Anliegen aufmerksam zu machen. Da werden Online Petitionen unterzeichnet, Demonstrationen organisiert , mit Internet-Bannern die ablehnende Haltung zur Softwarepatentierung zum Ausdruck gebracht und Bananen zum Protest in Paketen an das Bundesjustizministerium verschickt.
Warum aber die ganze Aufregung schließlich dient die geplante Richtlinie nach Angaben der Kommission lediglich der Harmonisierung der Patentregelungen auf dem Niveau des status quo und einer Verbesserung der Rechtssicherheit. Die bei den Protestaktionen federführende Open Source Community warnt vor einer Ausweitung der Softwarepatentierung durch die Richtlinie und vor den negativen Auswirkungen, die dies mit sich bringe.
Gang der Untersuchung:
Im Rahmen dieser Arbeit soll der Richtlinienvorschlag in der Fassung des am 18.05.2004 verabschiedeten Gemeinsamen Standpunkts einer kritischen Betrachtung unterzogen werden. Im Vordergrund stehen dabei die Fragen, ob sich der Richtlinienvorschlag tatsächlich am von der Rechtsprechung entwickelten Status quo orientiert, ob die Neuregelung der Patentierbarkeit computerimplementierter Erfindungen praktikabel ist, ob Verbesserungen wünschenswert sind, und wie sich der Richtlinienvorschlag auf die kritischen Bereiche Open Source und kleinere und mittlere Unternehmen auswirkt.
Hierzu erfolgen in Kapitel 2 zunächst rechtspolitische Überlegungen zum Patentschutz auf computerimplementierte Erfindungen. Hierbei wird auf die Vor- und Nachteile am Patentsystem im Allgemeinen eingegangen, da die damit verbundene Kritik in der Diskussion um computerimplementierte Erfindungen erneut aufflammt. Sodann wird betrachtet, wie sich computerimplementierte Erfindungen in den Kontext des Patentsystems einordnen lassen und auf welche Besonderheiten hierbei Rücksicht zu nehmen sein könnte.
In Kapitel 3 werden die Schutzmöglichkeiten für Computersoftware nach derzeit geltendem Recht dargestellt. Einer kurzen Übersicht über die bestehenden Schutzinstrumente folgt eine Darstellung der […]
Die Diskussion um Softwarepatente ist längst nicht mehr auf einen kleinen Kreis von Wissenschaftlern, Politikern und Wirtschaftsvertretern beschränkt. In für den Bereich des Patentrechts sicherlich ungewöhnlichem Ausmaß formiert sich ein öffentlicher Widerstand gegen die geplante Richtlinie zur Patentierbarkeit computerimplementierter Erfindungen. Mit Lobbyarbeit und ungewöhnlichen Aktionen versuchen die Patentierungsgegner, auf ihre Anliegen aufmerksam zu machen. Da werden Online Petitionen unterzeichnet, Demonstrationen organisiert , mit Internet-Bannern die ablehnende Haltung zur Softwarepatentierung zum Ausdruck gebracht und Bananen zum Protest in Paketen an das Bundesjustizministerium verschickt.
Warum aber die ganze Aufregung schließlich dient die geplante Richtlinie nach Angaben der Kommission lediglich der Harmonisierung der Patentregelungen auf dem Niveau des status quo und einer Verbesserung der Rechtssicherheit. Die bei den Protestaktionen federführende Open Source Community warnt vor einer Ausweitung der Softwarepatentierung durch die Richtlinie und vor den negativen Auswirkungen, die dies mit sich bringe.
Gang der Untersuchung:
Im Rahmen dieser Arbeit soll der Richtlinienvorschlag in der Fassung des am 18.05.2004 verabschiedeten Gemeinsamen Standpunkts einer kritischen Betrachtung unterzogen werden. Im Vordergrund stehen dabei die Fragen, ob sich der Richtlinienvorschlag tatsächlich am von der Rechtsprechung entwickelten Status quo orientiert, ob die Neuregelung der Patentierbarkeit computerimplementierter Erfindungen praktikabel ist, ob Verbesserungen wünschenswert sind, und wie sich der Richtlinienvorschlag auf die kritischen Bereiche Open Source und kleinere und mittlere Unternehmen auswirkt.
Hierzu erfolgen in Kapitel 2 zunächst rechtspolitische Überlegungen zum Patentschutz auf computerimplementierte Erfindungen. Hierbei wird auf die Vor- und Nachteile am Patentsystem im Allgemeinen eingegangen, da die damit verbundene Kritik in der Diskussion um computerimplementierte Erfindungen erneut aufflammt. Sodann wird betrachtet, wie sich computerimplementierte Erfindungen in den Kontext des Patentsystems einordnen lassen und auf welche Besonderheiten hierbei Rücksicht zu nehmen sein könnte.
In Kapitel 3 werden die Schutzmöglichkeiten für Computersoftware nach derzeit geltendem Recht dargestellt. Einer kurzen Übersicht über die bestehenden Schutzinstrumente folgt eine Darstellung der […]
Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
ID 9262
le Vrang, Martin: Der Richtlinienvorschlag zur Patentierbarkeit computerimplementierter
Erfindungen
Druck Diplomica GmbH, Hamburg, 2006
Zugl.: Bayerische Julius-Maximilians-Universität Würzburg, Magisterarbeit, 2005
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Diplomica GmbH
http://www.diplom.de, Hamburg 2006
Printed in Germany
- I -
Inhaltsverzeichnis
Literaturverzeichnis... IV
Abkürzungsverzeichnis...X
1 Einleitung ...1
1.1 Problemstellung und Zielsetzung...1
1.2 Gang der Untersuchung ...2
2 Rechtspolitische Überlegungen zu einem Patentschutz auf computerimple-
mentierte Erfindungen...3
2.1 Funktionen und Risiken eines Patentsystems ...3
2.2 Computerimplementierte Erfindungen im Kontext des Patentsystems ...7
2.2.1 Begriffsbestimmung...7
2.2.2 Besonderheiten computerimplementierter Erfindungen ...8
2.2.2.1 Innovationsgeschwindigkeit ...9
2.2.2.2 Kleine und mittlere Unternehmen...10
2.2.2.3 Trivialität ...11
2.2.2.4 Ausgeprägter Widerstand gegen eine Patentierung ...12
3 Schutzmöglichkeiten computerimplementierter Erfindungen de lege lata ...13
3.1 Schutzinstrumente bei Software-Entwicklungen...13
3.1.1 Strategische Schutzinstrumente ...13
3.1.2 Formale Schutzinstrumente...15
3.2 Patentschutz nach deutschem Recht ...16
3.2.1 Patentierungsvoraussetzungen ...16
3.2.1.1 Erfindung ...17
3.2.1.2 Neuheit...24
3.2.1.3 Erfinderische Tätigkeit ...25
3.2.1.4 Gewerbliche Anwendbarkeit ...25
3.2.2 Deutsche Rechtsprechung zur Patentierbarkeit computerimplementierter
Erfindungen...26
3.3 Patentschutz in anderen EU-Mitgliedstaaten ...31
- II -
3.4 Patentschutz in den USA ...32
3.5 Patentschutz in Japan ...34
3.6 Internationale Patentabkommen...35
3.6.1 TRIPS-Abkommen...35
3.6.2 Patentschutz nach dem Europäischen Patentübereinkommen ...36
3.6.2.1 Allgemeines ...36
3.6.2.2 Patentierungsvoraussetzungen ...37
3.6.2.3 Rechtsprechung des Europäischen Patentamtes ...38
3.6.2.4 Kongruenz mit nationalen Rechtsprechungen ...42
4 Auf dem Weg zu einer Richtlinie über computerimplementierte Erfindungen .42
4.1 Bisherige Entwicklung des Patentrechts auf Gemeinschaftsebene...43
4.2 Richtlinienvorschlag der Europäischen Kommission...45
4.3 Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses ...47
4.4 Erste Lesung des Europäischen Parlaments...48
4.5 Gemeinsamer Standpunkt des Rates...49
4.6 Weiteres Verfahren ...50
5 Die Richtlinie in der Fassung des Gemeinsamer Standpunkt ...51
5.1 Ziele des Richtlinienvorschlages ...51
5.2 Regelungssystematik...51
5.3 Bewertung der Regelungen...53
5.3.1 Patentierbarkeitsvoraussetzungen ...53
5.3.1.1 Erfindung ...53
5.3.1.2 Neuheit...54
5.3.1.3 Erfinderische Tätigkeit ...55
5.3.2 Form des Patentanspruchs...57
5.3.3 Zulässige Handlungen...58
5.3.4 Beobachtungs-, Berichts- und Korrekturpflichten ...58
6 Kritische Würdigung...59
6.1 Harmonisierung und Klarstellung Ziel erreicht? ...59
- III -
6.2 Auswirkungen auf Open Source ...61
6.3 Auswirkungen auf KMU...62
6.4 Sonderregelungen für Software ...63
6.4.1 Schutzdauer...63
6.4.2 Offenlegung ...64
6.4.3 Schutzsystem sui generis ...67
6.5 Das lange Warten auf das Gemeinschaftspatent ...67
7 Fazit ...68
Verzeichnis des Anhangs ...70
Anhang ...72
- IV -
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Abkürzungsverzeichnis
ABl. Amtsblatt
BGH Bundesgerichtshof
BGHZ
Entscheidungen des Bundesgerichtshofes in Zivilsachen
BPatG Bundespatentgericht
BPatGE
Entscheidungen des Bundespatentgerichts
CAD
Computer Aided Design
CAFC
United States Court of Appeal for the Federal Circuit
CAM
Computer Aided Manufacturing
CR
Computer und Recht
CRi
Computer Law Review International
EG Europäische
Gemeinschaft
EG
Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft
EPA Europäisches
Patentamt
EPA-E
Entscheidungen der Beschwerdekammern des Europäischen Pa-
tentamts
EPO Europäische
Patentorganisation
EPÜ Europäisches
Patentübereinkommen
EU Europäische
Union
EWG Europäische
Wirtschaftsgemeinschaft
FFII
Foundation for a Free Information Infrastructure
GD Generaldirektion
GPL
General Public License
- XI -
GRUR
Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht
GRUR Int.
Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht Internationaler Teil
IBM
International Business Machines
IFE
Informatik Forschung und Entwicklung
IIC
International Review of Intellectual Property and Competition
Law
ISI
Fraunhofer Instituts für Systemtechnik und Innovationsforschung
jPatG Japanisches
Patentgesetz
JurPC Web-Dok.
JurPC Internetzeitschrift für Rechtsinformatik
KMU
Kleinere und mittlere Unternehmen
KOM Europäische
Kommission
Mitt.
Mitteilungen der deutschen Patentanwälte
öPatG Österreichisches
Patentgesetz
PatG Deutsches
Patentgesetz
PCT
Patent Cooperation Treaty
PLT Patent
Law
Treaty
PVÜ
Pariser Verbandsübereinkunft zum Schutze des gewerblichen Ei-
gentums
RL Richtlinie
RL-EP Patentierbarkeit
computerimplementierter Erfindungen - Legislati-
ve Entschließung des Europäischen Parlaments zu dem Vorschlag
für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates
über die Patentierbarkeit computerimplementierter Erfindungen
RL-GS
Gemeinsamer Standpunkt des Rates im Hinblick auf Erlass der
Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die
- XII -
Patentierbarkeit computerimplementierter Erfindungen
RL-KE
Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und
des Rates über die Patentierbarkeit computerimplementierter Er-
findungen
sic!
Zeitschrift für Immaterialgüter-, Informations- und Wettbewerbs-
recht
TRIPS
Trade Related Aspects of Intellectual Property Rights
UrhG Urheberrechtsgesetz
WSA
Wirtschafts- und Sozialausschuss
WTO
World Trade Organisation
- 1 -
1
Einleitung
1.1
Problemstellung und Zielsetzung
Die Diskussion um Softwarepatente ist längst nicht mehr auf einen kleinen Kreis von
Wissenschaftlern, Politikern und Wirtschaftsvertretern beschränkt. In für den Bereich
des Patentrechts sicherlich ungewöhnlichem Ausmaß formiert sich ein öffentlicher Wi-
derstand gegen die geplante Richtlinie zur Patentierbarkeit computerimplementierter
Erfindungen. Mit Lobbyarbeit und ungewöhnlichen Aktionen versuchen die Patentie-
rungsgegner, auf ihre Anliegen aufmerksam zu machen (siehe Abbildung 1). Da werden
Online Petitionen unterzeichnet
1
, Demonstrationen organisiert
2
, mit Internet-Bannern
die ablehnende Haltung zur Softwarepatentierung zum Ausdruck gebracht
3
und Bana-
nen zum Protest in Paketen an das Bundesjustizministerium verschickt
4
.
Abbildung 1: Protestaktionen gegen Softwarepatente
5
1
Petition der EuroLinux Alliance, http://petition.eurolinux.org, nach eigenen Angaben 413.488 Unter-
zeichner, Stand: 26.05.2005.
2
Z. B. Am 17.02.2005 in Brüssel.
3
FFII Webdemo, http://demo.ffii.org/webdemo.php.
4
Aktion der FFII, http://demo.ffii.org/bmjbananen050225, nach eigenen Angaben wurden 476 Bananen
in 156 Paketen verschickt.
5
Links: Werbebanner des FFII gegen Softwarepatente, ,,Keine Bananen-Union", http://demo.ffii.org/
webdemo.php, und ,,Danke, Dänemark", http://thankdenmark.info/banners.html. Dänemark hatte sich
dafür eingesetzt, die Fragen zur Richtlinie computerimplementierter Erfindungen im Rat als B-Punkt
erneut zu diskutieren. Rechts: Demonstration in Brüssel am 17.02.2005, Fotos von
http://indymedia.be/news/2005/02/92976.php und http://gallery.dhcp42.de/album02.
- 2 -
Warum aber die ganze Aufregung schließlich dient die geplante Richtlinie nach An-
gaben der Kommission lediglich der Harmonisierung der Patentregelungen auf dem
Niveau des status quo und einer Verbesserung der Rechtssicherheit. Die bei den Pro-
testaktionen federführende Open Source Community warnt vor einer Ausweitung der
Softwarepatentierung durch die Richtlinie und vor den negativen Auswirkungen, die
dies mit sich bringe.
Im Rahmen dieser Arbeit soll der Richtlinienvorschlag in der Fassung des am
18.05.2004 verabschiedeten Gemeinsamen Standpunkts einer kritischen Betrachtung
unterzogen werden. Im Vordergrund stehen dabei die Fragen, ob sich der Richtlinien-
vorschlag tatsächlich am von der Rechtsprechung entwickelten status quo orientiert, ob
die Neuregelung der Patentierbarkeit computerimplementierter Erfindungen praktikabel
ist, ob Verbesserungen wünschenswert sind, und wie sich der Richtlinienvorschlag auf
die kritischen Bereiche Open Source und kleinere und mittlere Unternehmen auswirkt.
1.2
Gang der Untersuchung
Hierzu erfolgen in Kapitel 2 zunächst rechtspolitische Überlegungen zum Patentschutz
auf computerimplementierte Erfindungen. Hierbei wird auf die Vor- und Nachteile am
Patentsystem im Allgemeinen eingegangen, da die damit verbundene Kritik in der Dis-
kussion um computerimplementierte Erfindungen erneut aufflammt. Sodann wird be-
trachtet, wie sich computerimplementierte Erfindungen in den Kontext des Patentsys-
tems einordnen lassen und auf welche Besonderheiten hierbei Rücksicht zu nehmen sein
könnte.
In Kapitel 3 werden die Schutzmöglichkeiten für Computersoftware nach derzeit gel-
tendem Recht dargestellt. Einer kurzen Übersicht über die bestehenden Schutzinstru-
mente folgt eine Darstellung der Patentierungsvoraussetzungen nach deutschem Recht
und der einschlägigen deutschen Rechtssprechung. Anschließend werden kurz die pa-
tentrechtlichen Schutzmöglichkeiten in anderen EU-Mitgliedstaaten, in den USA und in
Japan dargestellt. Schließlich erfolgt ein Blick auf internationale Patentabkommen, vor
allem auf die durch das TRIPS-Abkommen vorgegebenen Rahmenbedingungen sowie
auf die Patentierungsvoraussetzungen nach dem Europäischen Patentübereinkommen
und die dazugehörige Rechtsprechung.
- 3 -
Kapitel 4 befasst sich in chronologischer Reihenfolge mit den bisherigen Etappen zum
Zustandekommen der Richtlinie, von den ersten Überlegungen der Kommission bis hin
zum kürzlich verabschiedeten Gemeinsamen Standpunkt.
Im darauf folgenden Kapitel 5 wird die Richtlinie in ihrer aktuellsten Fassung einer nä-
heren Betrachtung unterzogen. Es werden die Ziele des Richtlinienvorschlags erörtert
und die Regelungssystematik zusammengefasst, die sodann einer kritischen Bewertung
unterzogen wird.
Die kritische Würdigung schließlich erfolgt in Kapitel 6. Dabei wird erörtert inwieweit
die Richtlinie geeignet ist, die verfolgten Ziele zu erreichen. Ferner wird diskutiert wel-
che Auswirkungen auf die Open Source Community und auf kleinere und mittlere Un-
ternehmen zu erwarten sind, ob weitere Sonderregelungen für die Patentierung von
Software wünschenswert sind und welche Rolle das erwartete Gemeinschaftspatent bei
der Patentierung von Computerprogrammen spielen könnte.
Eine kurze Zusammenfassung erfolgt in der Schlussbetrachtung in Kapitel 7 dieser Ar-
beit.
2
Rechtspolitische Überlegungen zu einem Patentschutz auf
computerimplementierte Erfindungen
2.1
Funktionen und Risiken eines Patentsystems
Bevor in Kapitel 2.2 erörtert wird, ob aufgrund spezieller Charakteristika der software-
entwickelnden Industrie eine abweichende Ausgestaltung des Patentsystems für diesen
Bereich geboten ist, sollen im Folgenden Pro und Contra des Patentschutzes im Allge-
meinen dargestellt werden.
Das rechtspolitische Instrument des Patents ist im Kontext der gesamten historischen
Rechtsentwicklung noch sehr jung. In Deutschland gibt es Patente erst seit etwa 125
Jahren.
6
Seit Beginn der Diskussion um ein Patentwesen ist sein Nutzen stark umstrit-
ten
7
, und daran hat sich bis heute nichts geändert. Dabei ist gerade die im Zusammen-
6
Vgl. Nack, GRUR Int. 2004, 771 (773 f.); Lenz, S. 35.
7
Vgl. etwa zur Patentkontroverse 1850-1873: Perlzweig, S. 115-117.
- 4 -
hang mit der Patentierung von Software geäußerte Kritik nicht selten auch eine grund-
legende Kritik am Patentsystem als solches.
8
Ein Patent als ein zeitlich begrenztes ausschließliches Recht zur Nutzung der eigenen
Erfindung dient dem Schutz des Einzelinteresses des Erfinders sowie der im Allgemein-
interesse liegenden Intensivierung des technischen Fortschritts und der Innovation.
9
Ob
sich diese Ziele durch den Patentschutz sicherstellen lassen, ist jedoch fraglich. Der
Fortschritt kann durch die Gewährung eines zeitlich begrenzten Monopols auf eine Er-
findung sowohl begünstigt als auch behindert werden.
Das wichtigste Argument für die positive Wirkung eines Patentschutzes liefert die sog.
Belohnungs- bzw. Anreiztheorie. Grundidee ist hierbei, dass von einem Unternehmen in
einem Monopol höhere Gewinne realisiert werden können, als in einer Situation bei der
das Unternehmen einem Wettbewerb ausgesetzt ist. Die durch das zeitlich begrenzte
Monopol zusätzlich erzielten Gewinne sollen dann die zuvor angefallenen Forschungs-
und Entwicklungsaufwendungen ausgleichen. Durch diesen Investitionsschutz werden
manche Innovationen erst möglich, denn nur die Gelegenheit zur Amortisation und zur
Überamortisation
10
regt ein Unternehmen zu erfinderischer Tätigkeit an. Wäre ein
Schutz der Erfindungen nicht möglich und könnten diese von jedem Wettbewerber be-
liebig imitiert werden, würden Unternehmen keine Finanzierungsmöglichkeiten für die
hohen Kosten der Forschungs- und Entwicklungstätigkeit zur Verfügung stehen, und es
bestünde auch kein Anreiz diese Aufwendungen zu leisten.
11
Die Monopolgewinne, welche durch die ausschließliche Nutzung der Erfindung durch
den Patentinhaber erzielt werden bzw. bei Verzicht auf die ausschließliche Nutzung
durch Lizenzeinnahmen, gehen dabei zu Lasten der Wettbewerber einerseits, die vom
Wettbewerb ausgeschlossen bzw. im Wettbewerb benachteiligt werden und zu Lasten
der Konsumenten andererseits, die für die Güter einen höheren Preis bezahlen müssen
als in einer Situation ohne Monopol. Dagegen lässt sich einwenden, dass die Produktion
8
Vgl. Nack, GRUR Int. 2004, 771 (774 f.).
9
Dabei wird im Rahmen dieser Arbeit vorausgesetzt, dass technischer Fortschritt erwünscht ist und die
Wohlfahrt steigert. Zu dieser Diskussion vgl. vertiefend: Lenz, S. 10-13.
10
Dabei sei darauf hingewiesen, dass es im Patentrecht keinen wirksamen Mechanismus gibt, der für eine
angemessene Höhe der Amortisation sorgt. Diese kann die Entwicklungskosten um ein vielfaches
über- oder unterschreiten. Vgl. Lenz, S. 28.
11
Vgl. Haase, S. 10 und 16; Fees, S. 461 f.
- 5 -
innovativer Güter erst durch die zu erwartenden Monopolgewinne möglich ist und diese
Produkte den Konsumenten ansonsten gar nicht angeboten werden könnten.
Als zweite wesentliche Triebkraft für mehr Innovation durch das Patentsystem wird die
Offenbarung im Rahmen der Patentanmeldung genannt. Bei der Anmeldung müssen
Erfindungen vollständig offenbart werden, sodass allen Wirtschaftsteilnehmern das neu
generierte Wissen kostenlos zur Verfügung steht. Dieses kann zwar nicht in der durch
das Patent geschützten Weise eingesetzt werden, wohl aber als Produktionsfaktor bei
der innovativen Tätigkeit, also um neues Wissen zu generieren. Damit spielt die Offen-
barung bei der Patentanmeldung eine entscheidende Rolle bei der Diffusion neuer tech-
nischer Entwicklungen.
12
Die Alternative zu einer Offenbarung im Rahmen der Patent-
erteilung besteht im Geheimnisschutz, also darin, dass die Erfinder versuchen, ihre Er-
findungen vor der Öffentlichkeit und der Konkurrenz zu verbergen. Dies sucht das
Patentsystem zu verhindern. Eine Bereitschaft zur Offenbarung gibt es allerdings nur,
wenn dem Erfinder bei Offenbarung eine Gegenleistung, nämlich das durch das Patent
begründete ausschließliche Recht, gewährt wird.
Diese Anreize für Innovation, die durch das Patentsystem geschaffen werden, sind al-
lerdings mit gravierenden Nachteilen verbunden. Zum einen fördert die vorübergehende
Entstehung von Monopolen auf die Nutzung einer Erfindung eine Konzentration auf
dem entsprechenden Marktsegment und verringert somit die Wettbewerbsintensität. Die
Beschränkung des Wettbewerbs führt dann zu einem gesamtwirtschaftlichen Wohl-
fahrtsverlust
13
. Hinzu kommt, dass in einem ,,Patentrennen" mehrere Wettbewerber
Ausgaben für Forschung und Entwicklung im selben Bereich leisten, jedoch kann nur
das schnellste dieser Unternehmen tatsächlich ein Patent erwerben. So kommt es zu
unnötigen Doppelinvestitionen für Parallelentwicklungen.
14
Dabei ist allerdings umstritten, ob diese Betrachtungsweise mit Blick auf das Wesen der
heutigen Patente noch gerechtfertigt ist. Heute werden kaum noch Patente von einer
solchen Tragweite angemeldet, dass sie für ein bestimmtes Produkt oder sogar eine gan-
ze Branche von fundamentaler Wichtigkeit sind. Zudem sind wissenschaftliche Entde-
12
Vgl. Pretnar, GRUR Int. 2004, 776 (778).
13
Die Wohlfahrt als Summe des Nutzens aller Wirtschaftsteilnehmer (Konsumenten und Produzenten)
liegt in monopolistischen Marktstrukturen niedriger als bei vollständiger Konkurrenz; vgl. vertiefend
z. B.: Fees, S. 330-332.
14
Vgl. Fees, S. 465-467.
- 6 -
ckungen und Naturgesetze vom Patentschutz ausgenommen. In der ökonomischen Leh-
re setzt sich daher die Ansicht durch, dass es nicht mehr zutreffend ist, Patente als Mo-
nopole zu betrachten. Patente beschreiben vielmehr marginale technische Fortschritte in
einem Bereich, welche meist auch durch eine andere technische Lösung umgangen
werden können, d. h. sie sind unvollkommen substituierbar. Dabei hat jede technische
Lösung ihre eigenen Vor- und Nachteile, sodass die Menge der Patente, welche die
Wettbewerber in einem Marktsegment erworben haben, einen zusätzlichen Wettbe-
werbsparameter darstellen.
15
Eine solche Sichtweise auf den Patentschutz stellt die klas-
sische ökonomische Theorie infrage, nach der die durch das Patent zu erwartenden
Monopolgewinne die einzigen Innovationsanreize darstellen. Als Alternative bietet sich
etwa ein Modell eines konkurrenzbetonten Innovationsanreizes bei dem Unternehmen
einen unausweichlichen Innovationsdruck innerhalb einer Branche ausgesetzt sind und
Patente primär die Funktion erfüllen, ein Trittbrettfahrerverhalten nicht-innovativer
Unternehmen zu verhindern.
16
Dass Patente als Wettbewerbsinstrumente an Bedeutung gewinnen, zeigt sich auch dar-
an, dass die Motive für Patentanmeldungen heute mehr umfassen als den reinen Imitati-
onsschutz.
17
Eine mögliche Intention kann es etwa sein, technische Entwicklungen der
Konkurrenz zu blockieren. Auch für die technologische Reputation einer Firma kann es
vorteilhaft sein, eine große Anzahl an Patenten zu erwerben.
18
Ein weiterer Grund für
ein Unternehmen, einen großen Patent-Pool zu erwerben, ist auch die beabsichtigte Nut-
zung von Patenten als Tauschwährung im Rahmen von Lizenzierungen über Kreuz
(,,cross-licensing"), oder, rein defensiv, die abschreckende Wirkung einer großen Men-
ge von Patenten.
Auch dem positiven Effekt der Diffusion neuen Wissens durch die Offenbarung der
Erfindungen steht ein gegenteiliger Effekt entgegen. Durch das zeitlich begrenzte, aus-
schließliche Nutzungsrecht des Erfinders wird die Ausbreitung neuer Innovationen ver-
15
Vgl. Pretnar, GRUR Int. 2004, 776 (776-779).
16
Vgl. Pretnar, GRUR Int. 2004, 776 (779-782).
17
Vgl. Zypries, GRUR 2004, 977 (978); Lenz, S. 97-99.
18
So nutzt etwa Siemens seine Patentstatistik um seinen Anspruch als innovatives Unternehmen zu
untermauern, http://siemens.com/index.jsp?sdc_p=t4cz3s7u20o1182516pFEnf64l0mi1182510, Abruf-
datum: 02.06.2005.
- 7 -
langsamt. Die Diffusion der neuen Technik wird durch Kosten für Recherche und Li-
zenzen zusätzlich behindert.
19
Bei der Beurteilung der Sinnhaftigkeit des Patentwesens gilt es daher, Nutzen und Kos-
ten des Patentsystems gegeneinander abzuwägen. Leider ist dies eine nahezu unmögli-
che Aufgabe. Dies nicht zuletzt auch deshalb, weil die Vergleichsmöglichkeit mit einer
entwickelten Volkswirtschaft ohne Patentsystem fehlt, denn alle ökonomisch bedeuten-
den Länder haben Patentsysteme, auch wenn diese unterschiedlich ausgestaltet sein mö-
gen. Daher gibt es bis heute keine gesicherten, empirischen Erkenntnisse, die eindeutig
beweisen oder widerlegen, dass Patente sich positiv auf die Geschwindigkeit des techni-
schen Fortschritts auswirken. Vor diesem Hintergrund bleibt letztlich nichts anderes, als
die bereits von zahlreichen Autoren
20
getroffene, unbefriedigende Feststellung, dass
sich eine eindeutige Aussage über den tatsächlichen Nutzen des Patentsystems nicht
treffen lässt.
2.2
Computerimplementierte Erfindungen im Kontext des Patentsys-
tems
2.2.1
Begriffsbestimmung
Im Folgenden werden zunächst die wichtigsten, im Rahmen dieser Arbeit verwendeten
Begrifflichkeiten erläutert.
Ein Algorithmus ist eine Folge von Handlungsanweisungen zur Lösung eines Problems.
In der Informatik dient der Algorithmus als eine Darstellung der dem Programm
zugrunde liegenden Idee, wobei er unabhängig von der Programmiersprache oder der
Datenverarbeitungsanlage ist, mit deren Hilfen er realisiert wird.
21
Unter einem Computerprogramm ist im Rahmen dieser Arbeit ein in eine maschinen-
verständliche Form umgesetzter (implementierter) Algorithmus zu verstehen. Unter den
Begriff fallen sowohl der vom Menschen geschriebene Quellcode wie auch der kompi-
lierte, maschinenlesbare Binärcode. Die Bezeichnung Software ist umfassender als die
des Computerprogramms und umfasst schlicht alle nicht-physischen Bestandteile beim
19
Vgl. Lenz, S. 16.
20
Vgl. etwa Nack, in: Ann/Anders/Dreiss/Jestaedt/Stauder, S. 359 (360); Lenz S. 25 f.; Blind/Edler/Nack/
Straus S. 30-34 und 103; Wiebe, CR 2004, 881 (882).
21
Vgl. Haase S. 19-21.
- 8 -
Betrieb einer Datenverarbeitungsanlage. Dazu gehören neben den Computerprogram-
men auch die zu deren Betrieb verwendeten Daten, integrierte Betriebsprogramme so-
wie Dokumentationsmaterial.
22
Im allgemeinen Sprachgebrauch, wie auch im Rahmen
dieser Arbeit, wird der Ausdruck Software allerdings synonym mit dem Begriff Compu-
terprogramm verstanden.
Der Begriff der computerimplementierten Erfindung wird in der Richtlinie, die im
Blickpunkt dieser Arbeit steht, definiert als ,,eine Erfindung
23
, zu deren Ausführung ein
Computer, ein Computernetz oder eine sonstige programmierbare Vorrichtung einge-
setzt wird und die mindestens ein Merkmal aufweist, das ganz oder teilweise mit einem
oder mehreren Computerprogrammen realisiert wird" (Art. 2 lit. a des Richtlinienvor-
schlags in der Fassung des Gemeinsamen Standpunkts, im Folgenden: RL-GS
24
). In
gleicher Weise werden in dieser Arbeit die Bezeichnungen computerimplementierbare,
softwareimplementierte und softwareimplementierbare Erfindung verwendet.
In der öffentlichen Diskussion hat sich das Schlagwort Softwarepatent herausgebildet.
Diese Bezeichnung ist zwar problembehaftet, denn sie ist ein ungenauer Sammelbegriff
für eine Vielzahl von unterschiedlichsten Erfindungen
25
und darüber hinaus missver-
ständlich, da Software ,,als solche" nicht eine Erfindung begründen kann und daher
auch nicht patentiert wird
26
. Da sich dieser überaus griffige Ausdruck inzwischen aller-
dings weitgehend durchgesetzt hat, wird er in dieser Arbeit synonym mit dem Begriff
der computerimplementierten Erfindung gebraucht.
2.2.2
Besonderheiten computerimplementierter Erfindungen
Auch wenn die Frage ungeklärt bleibt, ob das Patentsystem an sich einen positiven Ef-
fekt auf die Innovationstätigkeit hat, soll hier die Folgefrage erörtert werden, ob es gute
Gründe für eine Andersbehandlung des Software-Sektors gibt. Dies wäre der Fall, wenn
anzunehmen ist, dass die positiven Effekte des Patentsystems bei Software geringer
oder die negativen Effekte stärker ausfallen. Insbesondere von Kritikern eines Patent-
22
Vgl. Haase S. 23-27.
23
Der Begriff der ,,Erfindung" wird an dieser Stelle nicht näher bestimmt. Im PatG ist er nicht definiert,
jedoch wurden verschiedene Voraussetzungen für das Vorliegen einer Erfindung von der Rechtspre-
chung entwickelt; vgl. dazu Kapitel 3.2.1.1; Sedlmaier, S. 14-23.
24
Abgedruckt in Anhang 3.
25
Vgl. Pfeiffer, GRUR 2003, 581 (583 f.).
26
Vgl. Kapitel 3.2.1.1.1 und 3.6.2.2.
Details
- Seiten
- Erscheinungsform
- Originalausgabe
- Jahr
- 2005
- ISBN (eBook)
- 9783832492625
- ISBN (Paperback)
- 9783838692623
- DOI
- 10.3239/9783832492625
- Dateigröße
- 1.4 MB
- Sprache
- Deutsch
- Institution / Hochschule
- Bayerische Julius-Maximilians-Universität Würzburg – Juristische Fakultät
- Erscheinungsdatum
- 2006 (Januar)
- Note
- 1,0
- Schlagworte
- patent software computerprogramm open source richtlinie