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Dimensionen nachhaltigen Wirtschaftens

Ein Konzeptentwurf zur Implementierung der Nachhaltigkeit im Krankenhaus

©2004 Diplomarbeit 100 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Zusammenfassung:
Die ressourcenintensive Lebensweise der Industrienationen und das zunehmende Bevölkerungswachstum in den Entwicklungsländern führen zu Belastungen, die das Ökosystem der Erde nicht dauerhaft kompensieren kann. Das Bewusstsein, dass die Erde ein begrenztes System mit endlichen Ressourcen ist führte Anfang der 1970er Jahre zu einem Wandel des Bewusstseins im Umgang mit der Natur. Daraus entstand eine globale Entwicklung, die zum Ziel hat, die oben beschriebenen Problemfelder zu beheben, um so das Überleben der Menschheit auf der Erde weiterhin sicherzustellen.
Nachhaltigkeit bezeichnet eine Haltung, die vom jetzigen Handeln und Verhalten eines Individuums oder einer Institution verlangt, dass durch dieses keine Auswirkungen entstehen, die für kommende Generationen Einschränkungen für ihre Lebensentwürfe zur Folge haben. Hauptaspekt der Nachhaltigkeit ist die Gerechtigkeit, intragenerativ und intergenerativ. Dieses hehre Ziel zu erreichen, ist seit dreißig Jahren das Bestreben von internationalen Vereinigungen, Regierungen, Unternehmen, Nichtregierungsorganisationen und interessierten Menschen.
Der Leitspruch in den Hochzeiten dieser Bewegung war: “Think global – Act local“. Dies bedeutet im übertragenen Sinne, dass jedes Handeln Auswirkungen hat und dass diese Auswirkungen möglichst vorher bedacht werden sollten. Nachhaltigkeit kann nur Realität werden, wenn sie auf eine konkrete Handlungsebene heruntergebrochen und somit (be)greifbar wird.
Die Integration der Nachhaltigkeit in die Lebenswelt und das System Krankenhaus gelingt anhand der Orientierung an Prinzipien und in einem weiteren Schritte der expliziten Darstellung bedeutsamer Bereiche, die für eine Berücksichtigung nachhaltiger Kriterien entscheidend sind. Um den Erfolg der Bemühungen hin zu einem nachhaltigen Wirtschaften wahrscheinlicher zu machen ist es notwendig, möglichst alle Mitarbeiter an dem Integrationsprozess zu beteiligen und immer wieder über wichtige Meilensteine zeitnah zu informieren.
Letztendlich führt eine Orientierung des Handelns an Nachhaltigkeitskriterien nicht nur zu einer Sicherstellung der Überlebensfähigkeit des Krankenhauses. Jeder Mitarbeiter, der ein Bewusstsein über die Auswirkungen seines Handelns und Verhaltens auf seine Umwelt entwickelt hat, weiß, dass er aktiv an einer besseren Welt arbeitet.
Problemstellung:
Noch in den fünfziger und sechziger Jahren gingen die Menschen in den Industrieländern wie selbstverständlich […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


ID 9227
Müller, Marcus: Dimensionen nachhaltigen Wirtschaftens -
Ein Konzeptentwurf zur Implementierung der Nachhaltigkeit im Krankenhaus
Hamburg: Diplomica GmbH, 2006
Zugl.: Katholische Stiftungsfachhochschule München, Diplomarbeit, 2004
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Diplomica GmbH
http://www.diplom.de, Hamburg 2006
Printed in Germany

Summary
Die ressourcenintensive Lebensweise der Industrienationen und das zuneh-
mende Bevölkerungswachstum in den Entwicklungsländern führen zu Belas-
tungen, die das Ökosystem der Erde nicht dauerhaft kompensieren kann. Das
Bewusstsein, dass die Erde ein begrenztes System mit endlichen Ressourcen
ist führte Anfang der 1970er Jahre zu einem Wandel des Bewusstseins im Um-
gang mit der Natur. Daraus entstand eine globale Entwicklung, die zum Ziel hat,
die oben beschriebenen Problemfelder zu beheben, um so das Überleben der
Menschheit auf der Erde weiterhin sicherzustellen. Nachhaltigkeit bezeichnet
eine Haltung, die vom jetzigen Handeln und Verhalten eines Individuums oder
einer Institution verlangt, dass durch dieses keine Auswirkungen entstehen, die
für kommende Generationen Einschränkungen für ihre Lebensentwürfe zur Fol-
ge haben. Hauptaspekt der Nachhaltigkeit ist die Gerechtigkeit, intragenerativ
und intergenerativ. Dieses hehre Ziel zu erreichen, ist seit dreißig Jahren das
Bestreben von internationalen Vereinigungen, Regierungen, Unternehmen,
Nichtregierungsorganisationen und interessierten Menschen. Der Leitspruch in
den Hochzeiten dieser Bewegung war: "Think global ­ Act local". Dies bedeutet
im übertragenen Sinne, dass jedes Handeln Auswirkungen hat und dass diese
Auswirkungen möglichst vorher bedacht werden sollten. Nachhaltigkeit kann
nur Realität werden, wenn sie auf eine konkrete Handlungsebene heruntergeb-
rochen und somit (be)greifbar wird. Die Integration der Nachhaltigkeit in die Le-
benswelt und das System Krankenhaus gelingt anhand der Orientierung an
Prinzipien und in einem weiteren Schritte der expliziten Darstellung bedeutsa-
mer Bereiche, die für eine Berücksichtigung nachhaltiger Kriterien entscheidend
sind. Um den Erfolg der Bemühungen hin zu einem nachhaltigen Wirtschaften
wahrscheinlicher zu machen ist es notwendig, möglichst alle Mitarbeiter an dem
Integrationsprozess zu beteiligen und immer wieder über wichtige Meilensteine
zeitnah zu informieren. Letztendlich führt eine Orientierung des Handelns an
Nachhaltigkeitskriterien nicht nur zu einer Sicherstellung der Überlebensfähig-
keit des Krankenhauses. Jeder Mitarbeiter, der ein Bewusstsein über die Aus-
wirkungen seines Handelns und Verhaltens auf seine Umwelt entwickelt hat,
weiß, dass er aktiv an einer besseren Welt arbeitet.
II

Vorbemerkung
In der vorliegenden Diplomarbeit wird bei den geschlechtsabhängigen Worten-
dungen zur besseren Lesbarkeit ausschließlich die maskuline Form verwendet.
Selbstverständlich ist auch immer die feminine Form gemeint.
Der Verfasser hat sich bei der Niederschrift des Textes an die Regeln der neu-
en deutschen Rechtschreibung gehalten. Durch die Verwendung von Zitaten,
die sich an der alten Rechtschreibung orientieren, kann es zu inkonsistenten
Schreibweisen kommen.
III

Inhaltsverzeichnis
Seite
Summary...II
Vorbemerkung...III
Inhaltsverzeichnis...IV
Abbildungsverzeichnis...VII
Abkürzungsverzeichnis...VIII
1 Einleitung...1
2 Nachhaltigkeit...2
2.1
Globale Problemsituation...3
2.1.1
Übermäßige Ressourcennutzung...4
2.1.2
Bevölkerungswachstum...5
2.2
Entstehung und Entwicklung der Nachhaltigkeit...7
2.2.1
Etymologie des Wortes Nachhaltigkeit...8
2.2.2
Die historischen Wurzeln der Nachhaltigkeit...8
2.2.3
Ein Begriff ­ viele Deutungen...9
2.2.4
Von Stockholm nach Johannesburg:
Die inhaltliche Entwicklung der Nachhaltigkeit...12
1972 Die erste UNO Konferenz über die
menschliche Umwelt in Stockholm und der
Bericht an den Club of Rome
1987 Der Brundtland Report
1992 Rio Konferenz
2002 Johannesburg - Rio + 10
2.3
Die Dimensionen der Nachhaltigkeit...16
2.3.1
Die ökologische Dimension...18
2.3.2
Die ökonomische Dimension...20
Schwache Nachhaltigkeit
IV

Starke Nachhaltigkeit
Umweltökonomie vs. Ökologische Ökonomie
Umweltschädigung: Externer Effekt oder
Bedrohung der Lebensgrundlage
2.3.3
Die soziale Dimension...27
Die ethische Begründung der Nachhaltigkeit
anhand der ,,Theorie der Gerechtigkeit"
Die Rückkehr der sozialen Nachhaltigkeit auf
Unternehmensebene und ihre ethische Begründung
2.4
Transfer einer Idee in die Realität...33
2.4.1
Politische Ebene...34
Internationale Aktivitäten
Nationale Aktivitäten
2.4.2
Unternehmensebene...35
Wirtschaftsverbände
Unternehmen
2.4.3
Individuelle Ebene...37
2.5
Zusammenfassung...38
3 Krankenhaus und Nachhaltigkeit...40
3.1
Das Krankenhaus im Spannungsfeld von Fürsorge und Prozess-
optimierung...41
3.1.1
Kurze Darstellung der Entwicklungslinien der Krankenversor-
gung...41
3.1.2
Das Krankenhaus heute...46
3.1.3
Wirtschaften im Krankenhaus...47
3.2
Nachhaltigkeit im Krankenhaus...49
3.2.1
Das Krankenhaus im Zentrum der Anspruchsgruppen...50
Das Lenkungssystem Markt
Das Lenkungssystem Politik
V

Das Lenkungssystem Öffentlichkeit
3.2.2
Die Integration der Nachhaltigkeit ins Krankenhaus...55
3.2.2.1 Prinzipien für das nachhaltige Krankenhaus...56
3.2.2.2 Der Weg zum nachhaltigen Krankenhaus...60
Leitbild
Strategie
Strukturen
Systeme
Information und Kommunikation
Mitarbeiter
Kooperation
3.2.2.3 Der Implementierungsprozess...73
3.2.2.4 Verantwortlichkeiten und Ressourcen...75
3.3
Zusammenfassung...76
4 Fazit und Ausblick...77
Literaturverzeichnis...82
Verzeichnis der Zeitschriften und anderer Vorlagen...88
VI

Abbildungsverzeichnis
Seite
Abb. 1: Vergleich des Umweltverbrauchs der Menschen
in Deutschland und in einem Entwicklungsland...5
Abb. 2: Nachhaltige Entwicklung ­ eine Frage der Definition.
Eine Auswahl verschiedener Definitionen zum Begriff
der nachhaltigen Entwicklung...11
Abb. 3: Entwicklungen in der Krankenversorgung...43
Abb. 4: Leistungsschwerpunkte der Institutionen der
Gesundheitsversorgung...48
Abb. 5: Das zweistufige Produktionsmodell des Krankenhauses...49
Abb. 6: Nachhaltigkeitstreiber...64
Abb. 7: Aussichten der Menschheit...78
VII

Abkürzungsverzeichnis
AbwV
= Abwasserverordnung
BDI
= Bundesverband der deutschen Industrie e.V.
BimSchG
= Bundesimmissionsschutzgesetz
BMU
= Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktor-
sicherheit
ChemG
= Chemikaliengesetz
CSD
= Committee on Sustainable Development
DRG
= Diagnose related groups
EFQM
= European Foundation for Quality Management
EU
= Europäische Union
GRI
= Global Reporting Initiative
GSG
= Gerätesicherheitsgesetz
IMUG
= Institut für Markt-Umwelt-Gesellschaft
IÖW
= Institut für ökologische Wirtschaftsforschung
KrwAbfG
= Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz
LWG
= Landeswassergesetz
MIT
= Massachusetts Institute of Technology
NRO
= Nicht- Regierungs- Organisationen
OECD
= Organisation for Economic Cooperation and Development
OPEC
= Organization of the Petroleum Exporting Countries
OSZE
= Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa
TrinkwV
= Trinkwasserverordnung
UNCED
= United Nations Conference on Environment and Development
UNEP
= United Nations Environment Programme
UNO
= United Nations Organization
VBF
= Verordnung brennbarer Flüssigkeiten
WBCSD
= World Business Council for Sustainable Development
WCED
= World Commission on Enviroment and Development
VIII

1 Einleitung
Noch in den fünfziger und sechziger Jahren gingen die Menschen in den Indust-
rieländern wie selbstverständlich davon aus, dass es die zukünftigen Generati-
onen besser haben würden als die lebenden, und dass die Gesamtwohlfahrt
der Gesellschaft mit dem Wachstum der Wirtschaft mitwachsen würde. Dass
den fortschrittsoptimistischen Modellen einer kontinuierlichen Wachstumsent-
wicklung natürliche Grenzen aufgezeigt werden würden, war nur wenigen in
diesen Zeiten klar. Diese Grenzen in der Gestalt von irreversiblen Umweltschä-
digungen und nicht berechenbaren Langfristrisiken haben mittlerweile dazu ge-
führt, dass die Kinder und Kindeskinder nicht mehr nur als reiche Erben be-
zeichnet werden können, die von den Leistungen ihrer Vorfahren profitieren. Sie
sind gleichzeitig auch Betroffene, denen in ökologischer, ökonomischer und so-
zialpolitischer Hinsicht Bürden auferlegt wurden, deren Zustandekommen au-
ßerhalb ihrer eigenen Verantwortung liegt. Das Ziel, den Nachkommen etwas
Gutes zu tun und sie mit einem üppigen Erbe auszustatten, hat mittlerweile kei-
ne Priorität mehr. Ziel muss es sein, die Schädigungen und Belastungen, die
durch die Lebensweise der Vorfahren verursacht wurden, möglichst gering zu
halten. Das Bewusstsein der Dringlichkeit einer Veränderung der Konsum- und
Lebensgewohnheiten der westlichen Welt, gepaart mit der Hilfe für die noch
entwicklungsbedürftigen Länder, ist die aktuelle Ausgangssituation, von der aus
ein globaler Wandel initiiert werden muss. Die Gewissheit, dass eine ,,umwel-
tunfreundliche" Lebensweise langfristig die Ökosysteme überbeansprucht, ist
mittlerweile in nahezu allen gesellschaftlichen Gruppen verbreitet. Dies ist u.a.
eines der Ergebnisse der Entwicklung der Ökologie und eines gewissen Um-
weltbewusstseins, die sich in den letzten dreißig Jahren ausgebildet haben. Mit
Hilfe des Konzeptes der Nachhaltigkeit gilt es nun den Weg zu gehen, der s
ermöglicht, dass auch nachfolgende Generationen ihre eigenen Vorstellungen
eines selbstbestimmten freien Lebens verwirklichen können und nicht nur damit
beschäftigt sind, die Fehler ihrer Vorfahren auszubaden. In dieser Arbeit soll
nun das Konzept der Nachhaltigkeit differenziert betrachtet werden. Ziel dieser
Arbeit ist es, einen tiefergehenden Einblick in das Konzept der Nachhaltigkeit zu
geben, um dann auf dieser Grundlage einen Konzeptentwurf vorzustellen, wie
die Nachhaltigkeitskonzeption in das Unternehmen Krankenhaus integriert wer-
den kann. Kein Ziel dieser Arbeit ist es einen Leitfaden zu entwerfen, der gleich
1

einer ,,To Do" - Liste konkrete Handlungsanweisungen gibt, die, so sie denn be-
folgt werden, am Ende das Nachhaltige Krankenhaus ergeben. Im nachfolgen-
den zweiten Kapitel wird zuerst die globale Problemsituation geschildert, die
deutlich macht, welcher Handlungsdruck herrscht und warum eine Änderung
der Lebensweise unserer Gesellschaft notwendig wird. Als ein Ausweg aus die-
ser Problemsituation gilt die Nachhaltigkeitskonzeption. Die ausführliche Be-
schreibung des Konzeptes beginnt mit einem kurzen Abriss der etymologischen
Wurzeln, dem die geschichtliche Entwicklung des Konzeptes folgt. Ein weiterer
Abschnitt beschäftigt sich mit der Problematik, dem Wort ,,Nachhaltigkeit" eine
allgemein akzeptable Definition zu geben. Weiterhin wird aufgezeigt, wie sich
die Nachhaltigkeit in den letzten dreißig Jahren ausgebildet hat und welche
Eckpunkte dabei einen prägenden Einfluss hatten. Im Mittelpunkt des darauffol-
genden Abschnittes steht die theoretische Fundierung der Nachhaltigkeit. Den
Schluss des zweiten Kapitels bildet die Beschreibung der bis heute in Angriff
genommenen Bemühungen, die aus der eher abstrakten Vorstellung einer
nachhaltigen Entwicklung, realistische Konsequenzen folgen lassen. Das dritte
Kapitel beschäftigt sich mit der Zusammenführung der Nachhaltigkeitskonzepti-
on mit dem Unternehmen Krankenhaus. Dabei werden zuerst in einem kurzen
Abriss die historischen Wurzeln der stationären Krankenversorgung beschrie-
ben, um dann die aktuellen Anforderungen darzustellen, die heutzutage an Kli-
niken gestellt werden und die dazu führen, dass sich Krankenhäuser immer
mehr zu Unternehmen entwickeln. Darauf folgt eine Beschreibung der Auswir-
kungen des veränderten Umfeldes, in dem Kliniken agieren. Zum Ende des drit-
ten Kapitels erfolgt dann die Beschreibung, wie eine Integration der Nachhaltig-
keitskonzeption in das Unternehmen Krankenhaus aussehen kann, welche As-
pekte dabei zu berücksichtigen sind und wie der Prozess dazu gestaltet werden
kann.
2 Nachhaltigkeit
Auf Nachhaltigkeit stößt letztlich jeder Mensch, der sich ernsthaft mit der Zu-
kunftsfähigkeit der Lebensentwürfe der Weltbevölkerung des beginnenden 21.
Jahrhunderts auseinandersetzt. Die zentralen Problemsituationen lassen sich in
zwei grobe Bereiche teilen. Zum einen zeichnet sich der Lebensstil der westli-
chen Industrienationen, der immer noch als Vorbild für viele weniger entwickelte
2

Länder gilt, durch seinen hohen Ressourcenverbrauch aus. Andererseits
wächst die Bevölkerungszahl jener Länder, die im westlichen Lebensstil ein er-
strebenswertes Ziel sehen, mit hoher Geschwindigkeit (Kap. 2.1). Die Gefahr,
die in solch einer Problemlage liegt, ähnelt sehr den Fragen, die die Menschen
schon seit Tausenden von Jahren beschäftigen. `Nehme ich mir heute zuviel,
habe ich vielleicht morgen nichts mehr`, so könnten die Gedanken eines Ur-
menschen ausgesehen haben, der in einer unwirtlichen Landschaft vor einem
Beerenbusch stand hat und sich seine Strategie im Umgang mit den knappen
Ressourcen überlegte. Dieses Bewusstsein der Begrenztheit der natürlichen
Ressourcen und der Umgang damit haben im Laufe der Zeit immer mehr Men-
schen beschäftigt (Kap. 2.2.1- 2.2.3). Vor dem Hintergrund der irreversiblen
Umweltzerstörung von immer mehr und immer größeren Gebieten der Erde und
der dadurch gefährdeten Überlebensfähigkeit der Menschheit wurde daraus ein
globaler Prozess, der mittlerweile über 30 Jahre andauert (Kap. 2.2.4). Die
Kraft, die in der Nachhaltigkeitsidee steckt, zeigt sich in der globalen Einigkeit
bezüglich der Bedeutung der Probleme für das weitere Leben auf dem Planeten
Erde. Um aber aus dieser Idee auch praktische Konzepte entwickeln zu können
ist es notwendig sie etwas mehr zu konkretisieren (Kap. 2.3). Der Wandel im
Denken begleitet die Idee von Anfang an. Wie sich dieser Wandel bewerkstelli-
gen lässt, wird mittlerweile auf vielen Ebenen sichtbar. So gilt es, die konzertier-
ten Aktionen auf internationaler und nationaler Ebene in die Lebenswelt der
Menschen in den verschiedenen Ländern zu tragen (Kap. 2.4).
2.1 Globale
Problemsituation
Die Menschheit hat es heutzutage mit globalen Umweltproblemen zu tun, die in
einer zunehmenden Destabilisierung der ökologischen Systeme deutlich sicht-
bar werden. Diese zunehmende Destabilisierung wird in ihrem Fortschreiten
immer mehr auch eine Gefahr für menschliche Gesellschaften, deren Interven-
tionen die Natur bedrohen. Ursachen sind einerseits die zunehmende Ausbrei-
tung der Konsumgesellschaft mit ihren ressourcenintensiven Verbrauchsformen
in den Industriestaaten (Kap. 2.1.1), andererseits das hohe Bevölkerungs-
wachstum in den Entwicklungsländern (Kap. 2.1.2).
3

2.1.1 Übermäßige Ressourcennutzung
Globale Umweltprobleme sind Veränderungen in der Atmosphäre, in den Oze-
anen und an Land, die dadurch gekennzeichnet sind, dass ihre Ursachen direkt
oder indirekt menschlichen Aktivitäten zuzuschreiben sind, und dass hierdurch
Auswirkungen auf die natürlichen Stoffwechselkreisläufe, die aquatischen und
terrestrischen Lebensgemeinschaften, sowie auf Wirtschaft und Gesellschaft
entstehen, die zu ihrer Bewältigung der internationalen Kooperation und län-
derübergreifenden Vereinbarungen bedürfen (vgl. Breuel 1999: 76). Zu den
globalen Umweltproblemen der heutigen Zeit gehört die weltweite Klimaverän-
derung, resultierend u.a. aus der Verbrennung fossiler Energieträger und den
dadurch entstehenden klimawirksamen Stoffen, die in die Atmosphäre gelan-
gen. Durch das Zusammenwirken mit den Emissionen anderer chemischer
Substanzen, wie z.B. FCKW, verändert sich die Gaszusammensetzung der At-
mosphäre und es kommt zu einer Aufheizung der Luft, die zu dem sogenannten
"Treibhauseffekt" führt, wodurch wiederum eine Erwärmung der Erdoberfläche
erfolgt. Die Ozonschicht in der Atmosphäre wird zunehmend dünner (vgl. Lei-
singer 1999: 206ff.). Der Anstieg der Schadstoffe innerhalb der Gewässer
nimmt aufgrund häuslicher und industrieller Abwässer zu, da diese mit Fäkalien,
Produktionsrückständen und anderen Schadstoffen belastet sind. Die Ver-
schmutzung der Meere und Küstengewässer erfolgt außerdem durch die Ab-
fallbeseitigung auf hoher See und Tankerunfälle. Durch die Verunreinigungen
nimmt der Sauerstoffgehalt ab, wodurch der Fischbestand dezimiert wird (vgl.
Wallacher 2001: 94). Die großräumige Luftverschmutzung durch Schadstoffe
führt neben der Zerstörung von Bauwerken zur Gefährdungen von Tieren,
Pflanzen und Menschen. Die Verursacher der verschiedenen Emissionen liegen
primär im Bereich der Kraftwerke, Industrie, Haushalte und Verkehr. Die höchs-
ten Emissionen treten in den großstädtischen Ballungsräumen, sowie den In-
dustrieregionen auf (vgl. Gmelch 2001: 129ff.). Das Müllvolumen in den Indust-
rieländern nimmt jährlich zu. Die natürliche Umwelt wird als Deponie für die Ab-
fallmengen aus Haushalten und der Industrie genutzt (vgl. Luks 2002: 40f.).
Ursachen und Wirkungen dieser Probleme sind weltweit sehr ungleich verteilt.
Um den Lebensstil der westlichen Industrieländer für die ganze Welt zu ermög-
lichen, bräuchte man drei Erdkugeln zur Deckung des Ressourcenbedarfs und
4

zur Abfallentsorgung (vgl. Luks 2002: 38). Abbildung 2 macht die Verteilung der
Anteile an der Umweltbelastung zwischen Industrie- und Entwicklungsländern
deutlich.
Abb.1: Vergleich des Umweltverbrauchs der Menschen in Deutschland und in einem
Entwicklungsland (aus Luks 2002: 14)
2.1.2 Bevölkerungswachstum
Während die Geburtenrate in den Industrieländern stagniert bzw. zurückgeht,
steigt die Bevölkerungszahl in der Dritten Welt massiv an. Trotz erheblicher
Fortschritte und beispiellosen Anstrengungen in den Bereichen Familienge-
sundheit und Familienplanung nimmt die Weltbevölkerung jährlich um 80 Millio-
nen Menschen zu. Der Geburtstag des sechsmilliardsten Erdenbürgers wurde
von den Vereinten Nationen symbolisch auf den 12. Oktober 1999 gelegt.
Dieses Geburtstagskind kam vermutlich in Afrika oder Asien zur Welt (vgl. Leis-
inger 1999: 14). In vielen Entwicklungsländern ist das Nachwachsen erneuer-
barer Ressourcen durch eine rasche Ausdehnung der Anbauflächen und deren
intensive Nutzung gefährdet. Der Bevölkerungszuwachs übertrifft die
Steigerungsmöglichkeiten der Nahrungsmittelproduktion. So werden in vielen
Teilen der Welt die Wälder abgeholzt oder niedergebrannt, um neue Ackerflä-
chen zu gewinnen (vgl. Breuel 1999: 126 f.). Das Bevölkerungswachstum be-
5

lastet die Ressourcen auch in anderer Weise. Für ca. 1,3 Mrd. Menschen in der
Dritten Welt ist Feuerholz heute der wichtigste Brennstoff und wird es auch auf
unbestimmte Zeit bleiben. Der Bedarf an Brennholz wird mit wachsender
Bevölkerung in Zukunft noch erheblich steigen. In einigen Regionen wird auch
das Wasser knapp (vgl. Ulrich, R.E. 2001: 21 ff.). Zwischen Bevölkerungs-
wachstum und Umweltzerstörung besteht ein enger Zusammenhang. Den meis-
ten Entwicklungsländern fällt es schwer, ihre rasch wachsende Bevölkerung zu
ernähren. Die vorhandenen Wasserressourcen sind in der Regel begrenzt.
Auch chemische Dünger und Pestizide können die Erträge nicht ständig
steigern. Irgendwann stehen viele Staaten der Dritten Welt daher vor dem Prob-
lem, dass die Landwirtschaft mit dem Tempo des Bevölkerungswachstums
nicht mehr mithalten kann. Ab diesem Zeitpunkt sind diese Länder auf Importe
oder internationale Hungerhilfe angewiesen. Diese Hungerhilfe beseitigt jedoch
in vielen Fällen für die Bauern vor Ort jeden Anreiz, ihre eigene Agrarproduktion
zu steigern und den Überschuss zu verkaufen. Denn die Hilfe wird in der Regel
gratis verteilt oder zu sehr niedrigen Preisen verkauft (vgl. Ulrich, R.E. 2001: 37
f.). Es wurde in den obigen Abschnitten schon deutlich, dass die globalen Um-
weltveränderungen natürlich nicht in monokausalen Wirkzusammenhängen zu
erklären, geschweige denn zu lösen sind. Den Versuch, die unterschiedlichen
Komponenten der Umweltbelastungen darzustellen, unternahmen die beiden
Biologen Paul und Anne Ehrlich. Die nach ihnen benannte ,,Ehrlich ­ Gleichung"
besagt, dass die Umweltbelastung (IMPACT) abhängig von der Bevölkerungs-
größe (POPULATION), dem herrschenden Wohlstandsniveau (AFFLUENCE)
und der verwendeten Technologie (TECHNOLOGY) ist. Mit anderen Worten
führen unter sonst gleichen Bedingungen mehr Menschen, mehr Güter und
Dienstleistungen sowie ineffiziente Technologie zu mehr Umweltbelastung (vgl.
Breuel 1999: 77).
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die globalen Umweltprobleme, wie
die Klimaveränderung, das Biodiversitätsproblem, die Boden- Luft- und Was-
serverschmutzung sowie das Abfallproblem in sofern globale Probleme sind, als
dass sie tatsächlich von allen Menschen forciert werden und sie auch alle Men-
schen mehr oder weniger direkt betreffen. Von manchen Experten wird das ra-
sche Bevölkerungswachstum als Gefahr für den globalen Bestand an nicht er-
6

neuerbaren Ressourcen gesehen. Bisher ist dies nicht der Fall. Der Pro-Kopf-
Verbrauch von Energie und Rohstoffen ist in den meisten Entwicklungsländern
sehr gering. Rund 70% des Energieverbrauchs gehen heute auf das Konto je-
ner 25% der Menschheit, die in den OECD ­ Ländern (Organisation for Econo-
mic Cooperation and Development) leben. An der Spitze stehen die USA, wo
nicht einmal 4% der Weltbevölkerung Jahr für Jahr 20% der Weltenergie bean-
spruchen. Umgekehrt verbrauchen 75% der Weltbevölkerung in den ärmeren
Regionen der Erde nur etwa 30% der Weltenergie (vgl. Ziesing 2001: 103 ff.).
Heute trägt das Bevölkerungswachstum in der Dritten Welt weniger zum
Verbrauch von nicht erneuerbaren Ressourcen bei, als die Konsumgewohnhei-
ten des Westens. In Zukunft werden jedoch viele Menschen in der südlichen
Hemisphäre den westlichen Lebensstil übernehmen. Mit der Industrialisierung
und mit dem wirtschaftlichen Wachstum steigt auch in Asien, Afrika und Latein-
amerika der Pro-Kopf-Verbrauch von Energie und Rohstoffen. Damit ist das
öko-soziale Dilemma vorprogrammiert. Denn selbst eine bescheidene
Erhöhung des Pro-Kopf-Verbrauchs in der Dritten Welt führt sehr rasch zu
einem sehr viel größeren Weltenergiebedarf und zu mehr Emissionen.
2.2
Entstehung und Entwicklung der Nachhaltigkeit
Das Thema Nachhaltigkeit hat in den letzten Jahren enorm an Bedeutung ge-
wonnen. Der Grund liegt in der übermäßigen Nutzung von Ressourcen in den
Industrieländern auf Kosten der Bevölkerung in der Dritten Welt und zukünftiger
Generationen. Es hat sich herausgestellt, dass die vorherrschenden Produkti-
ons- und Konsummuster der Industrieregionen aus ökologischer Sicht fatale
Konsequenzen nach sich gezogen haben. Das Prinzip Nachhaltigkeit gibt es al-
lerdings nicht erst seit dem Menschen bewusst wird, dass das System Erde
nicht unbegrenzt belastbar ist. Im Begriff selbst wird schon deutlich, was zu den
ureigenen Inhalten von Nachhaltigkeit gehört (Kap. 2.2.1). Die historischen
Wurzeln belegen, dass sich der Mensch schon sehr lange mit den Folgen sei-
nes Umgangs mit der natürlichen Umwelt auseinandersetzt (Kap. 2.2.2). Trotz
oder vielleicht gerade wegen der großen Bedeutung der Nachhaltigkeit für das
Fortbestehen der Menschheit in einer intakten Umwelt ist es bis heute noch
nicht gelungen, eine konkrete allgemeingültige Definition zu finden (Kap. 2.2.3).
Dadurch hat die Nachhaltigkeitsdebatte aber keinerlei Schaden genommen, es
7

verhält sich mit ihr eher so, dass nichts so mächtig ist, wie eine Idee, deren Zeit
gekommen ist (frei nach Victor Hugo). Dieser Idee ein Profil zu geben und sie in
die Realität umzusetzen, versuchen nun schon seit mehr als 30 Jahren Regie-
rungen, Nichtregierungsorganisationen, Wissenschaftler, Kommunen, Umwelt-
verbände, sowie viele andere gesellschaftliche Gruppen und Einzelpersonen
(Kap. 2.2.4).
2.2.1 Etymologie des Wortes Nachhaltigkeit
Das Wort ,,nachhalt" konnte bisher im Mittelhochdeutschen nicht gefunden wer-
den. Untersucht man andere Wörter, die mit der Vorsilbe ,,nach" beginnen, so
findet man folgende Einträge: ,,nacherbe, nachsippe, nachkomme", verstanden
als Nachkommenschaft. Die Idee, noch einen Vorrat zu behalten, kommt im Le-
xikoneintrag ,,nachvaz" zum Ausdruck. Das Wort ,,nach" enthält die Komponen-
ten von ,,Beständig" und ,,Dauer" (vgl. Bächthold 1998: 4). Der Wortteil ,,halten"
beinhaltet aus wortgeschichtlicher Sicht die Bedeutung ,,hüten, schützen und
bewahren". ,,Haltig" bedeutet soviel wie, ,,etwas Besonderes" enthaltend, wie
beispielsweise in ,,goldhaltig" oder ,,erzhaltig". Unter dem Stichwort ,,nachhalten"
findet man in den Erstbelegen des ,,Deutschen Wörterbuchs" der Gebrüder
Grimm aus dem 18. Jahrhundert folgende Begriffe: ,,zurückhalten, reservieren,
anhalten, nachhaltig sein oder wirken" (vgl. Bächthold 1998: 4 f.).
2.2.2 Die historischen Wurzeln der Nachhaltigkeit
Der Nachweis, dass der Mensch sein Handeln in seiner natürlichen Umwelt re-
flektiert, findet sich schon sehr früh in der Menschheitsgeschichte. Die ersten
Umsetzungen der Idee einer nachhaltigen Entwicklung finden sich bereits im
Jahre 1144 in einer Forstordnung des Klosters Mauermünster im Elsass (vgl.
Günther 2000: 10). Der Ursprung des Nachhaltigkeitsprinzips lag aber nicht, wie
sehr häufig angenommen wird, in der Forstwirtschaft, sondern im Jagdwesen.
Für Jäger und Sammler war es überlebensnotwendig, dass sie ihre Lebens-
grundlage über einen längeren Zeitraum aufrechterhalten konnten. Es war für
sie selbstverständlich, einen gewissen Teil des Wildes zu verschonen, um nicht
Gefahr zu laufen, die Herde auszurotten. Die Verbreitung der Nachhaltigkeits-
idee ist hingegen Verdienst der Wald- und Forstwirtschaft. Wälder wurden
schon seit jeher als Schutz (Lawinen und Steinschlag) und Holzlieferanten ge-
8

nutzt (vgl. Birnbacher 2001: 25). Mit Beginn der Industrialisierung begann aller-
dings auch die Ausbeutung des natürlichen Holzbestandes durch Bergwerke
und frühindustrielle Anlagen. In der Folge des daraus entstandenen Baumman-
gels kam es zu Erosionen und Überschwemmungen. Gegen Ende des Mittelal-
ters hatten Holzverarbeitung, Metallverhüttung und Salzgewinnung dazu ge-
führt, dass in weiten Teilen Deutschlands keine Waldbestände mehr vorhanden
waren. Dies führte dazu, dass Verordnungen erlassen wurden, die denjenigen,
die von den Baumbeständen profitierten, auferlegten, für jeden abgeholzten
Baum einen neuen Baum zu pflanzen (vgl. Birnbacher 2001: 25). Im Jahre 1713
war es der sächsische Oberberghauptmann Carlo von Carlowitz, der in seinem
Buch ,,Sylvicultura Oeconomica" verlangte, dass die Nutzung eines Waldes nur
dann zulässig sei, wenn dadurch seine Produktionsfähigkeit nicht negativ beein-
flusst
würde (vgl. Renn 1999: 17f.). 1795 wurde von Hartwig gefordert, Wälder
nur so stark zu nutzen, dass die Nachkommen die Möglichkeit hätten, einen
genauso großen Nutzen aus dem Wald ziehen zu können, wie die Generatio-
nen vor ihnen. Diese Forderung kann als ,,Generationenvertrag" bezeichnet
werden (vgl. Birnbacher 2001: 25). Formuliert man diesen Generationenvertrag
auf ökonomische Weise, so stellt der Wald das Kapital dar, das durch den stän-
digen Zuwachs Zinsen abwirft. Folgt man nun dem Nachhaltigkeitsprinzip, so
gilt es nur von diesen Zinsen zu leben, um den Kapitalbestand nicht zu verrin-
gern und damit gleichbleibende Erträge zu erwirtschaften. Allerdings hat es die
Forstwirtschaft nicht verstanden, das Prinzip der Nachhaltigkeit im weiteren ge-
schichtlichen Verlauf zu achten. Weltweit sind mehr als 24% der im Jahr 1700
existierenden Waldgebiete verschwunden. Laut der Organisation für Ernährung
und Landwirtschaft sind zwischen 1980 und 1995 180 Millionen Hektar Wald,
der Rodung zum Opfer gefallen. Dies ist eine Fläche, die fünfmal so groß ist wie
das wiedervereinte Deutschland (vgl. Renn 1999: 17 f.).
2.2.3 Ein Begriff ­ viele Deutungen
Nachhaltigkeit und nachhaltige Entwicklung sind Übersetzungen der englischen
Wörter ,,sustainability" und ,,sustainable development". Allerdings ist zu konsta-
tieren, dass dies keine gleichwertigen Entsprechungen darstellen. Die Verwen-
dung der Begriffe ,,Nachhaltigkeit" und ,,nachhaltige Entwicklung" ist in der ge-
sellschaftlichen und politisch- wissenschaftlichen Diskussion als quellenabhän-
9

gig anzusehen (vgl. Weissenberger- Eibl 2004: 87). Dies ist zum einen Aus-
druck unterschiedlicher Vorstellungen der anzustrebenden gesellschaftlichen,
politischen und wirtschaftlichen Veränderungen, zum anderen hängt es mit der
unscharfen Formulierung der Brundtland Kommission zusammen. Einer breite-
ren Öffentlichkeit wurden "sustainability" und "sustainable development" 1987
von eben dieser Brundtland Kommission, auf die im weiteren Verlauf noch diffe-
renzierter eingegangen wird, präsentiert: ,,sustainable development meets the
needs of the present without compromising the ability of future generations to
meet their own needs." (World Commission on Enviroment and Development
1987: 43) In seiner deutschen Übersetzung kommt Hauff zu folgender Formulie-
rung: "Dauerhafte Entwicklung ist eine Entwicklung, welche die Bedürfnisse der
Gegenwart befriedigt, ohne die Möglichkeiten zukünftiger Generationen zu be-
schneiden, ihre eigenen Bedürfnisse zu befriedigen." (Hauff 1987: 46) Simonis
verwendet den Begriff ,,Zukunftsfähigkeit" und stellt dabei die Gesellschaft in
den Mittelpunkt der Betrachtung, wobei er auf die Wandlungsfähigkeit der Ge-
sellschaft abzielt (vgl. Weissenberger- Eibl 2004: 88). Der Sachverständigenrat
für Umweltfragen plädiert in seinem Gutachten 1994 für eine ,,dauerhafte ­ um-
weltgerechte" Entwicklung (vgl. Luks 2002: 7). In der wissenschaftlichen Dis-
kussion wird auch zwischen ,,Nachhaltigkeit" und ,,nachhaltiger Entwicklung" un-
terschieden. Dabei geht man davon aus, dass nachhaltige Entwicklung das um-
fassendere Konzept ist und Nachhaltigkeit, als Teil dieses Konzepts, sich vor
allem auf die ökologische ,,Aufrechterhaltbarkeit" von Entwicklung bezieht und
somit Bedingung für eine nachhaltige Entwicklung ist. Ergänzt mit sozialen und
ökonomischen Zielsetzungen ergibt sich dann das Zieldreieck ,,nachhaltige
Entwicklung". Diese Differenzierung ist manchmal sinnvoll, aber nicht unbedingt
notwendig. Auch der Begriff Nachhaltigkeit kann auf ökologische, ökonomische
und soziale Zusammenhänge angewandt werden
1
(vgl. Luks 2002: 10 f.). In der
Literatur sind zu ,,nachhaltige Entwicklung" mehr als 70 Definitionen zu finden
(vgl. Fichter, Clausen 1998: VI).
1
In dieser Arbeit werden Nachhaltigkeit und nachhaltige Entwicklung synonym verwendet.
(Anm. des Verf.)
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Abb. 2: Nachhaltige Entwicklung ­ eine Frage der Definition. Eine Auswahl verschie-
dener Definitionen zum Begriff der nachhaltigen Entwicklung (aus Renn 1999:
20)
Es bleibt festzuhalten, dass ,,sustainability" im Deutschen unterschiedlich über-
setzt wird und sich keine dieser Übersetzungen eindeutig hat durchsetzen kön-
nen. Der Begriff, ehemals in der Forstwirtschaft klar definiert, verliert seine ori-
ginäre Bedeutung durch seine Verwendung in den verschiedenen Gegens-
tandsbereichen (vgl. Diefenbacher 2001: 65). Den vielen Definitionen gemein
ist, dass gesellschaftliche Entwicklung nicht auf Kosten zukünftiger Generatio-
nen gehen darf. Dies ist die Kernaussage aller Variationen der Nachhaltigkeit:
die Zukunft offen halten und kommende Entwicklungsmöglichkeiten sichern.
Dass in diesen Grundaussagen eine allgemeine Konsensfähigkeit besteht,
macht die Idee der Nachhaltigkeit so stark. Die unzähligen Auslegungen zeigen
aber auch die Schwäche, nämlich die mannigfaltigen Verwendungen des Beg-
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riffes. Um die Zukunft aller Menschen wirklich zu sichern, ist es daher notwen-
dig Nachhaltigkeit konkret werden zu lassen (vgl. Luks 2002: 9). Obwohl von
einigen Kritikern als zu anthropozentrisch abgelehnt, kann die Definition der
Brundtland Kommission für sich reklamieren, in der Literatur als diejenige zu
gelten, auf die sich am häufigsten bezogen wird (vgl. Diefenbacher 2001: 66).
2.2.4 Von Stockholm nach Johannesburg: Die inhaltliche Entwicklung
der Nachhaltigkeit
Die jüngeren Wurzeln der Nachhaltigkeit liegen in der beginnenden Beachtung
der Auswirkungen der globalen Umweltveränderungen. Das wachsende Inte-
resse der nördlichen Länder für das Umweltthema und die Erkenntnis, dass
Umweltprobleme nicht im nationalen Rahmen gelöst werden können, führte
1972 zur ersten Weltumweltkonferenz in Stockholm. Zeitgleich veröffentlichten
Forscher des ,,Massachusetts Institute of Technology" (MIT), beauftragt durch
den ,,Club of Rome", ihre erschütternde Prognose zur Zukunft der Welt. Ein Er-
gebnis der Weltumweltkonferenz war die Gründung des Umweltprogramms der
Vereinten Nationen (UNEP) mit Sitz in Nairobi. Hier wurde, nachdem auch die
Entwicklungsländer die Bedeutung des Umweltproblems offiziell anerkannten,
im Jahr 1982 beschlossen, eine ,,World Commission on Environment and Deve-
lopment" (WCED) einzurichten. Deren Vorsitzende, die norwegische Minister-
präsidentin Gro Harlem Brundtland, legte 1987 einen nach ihr benannten Be-
richt vor, der u.a. dazu führte, dass 1992 in Rio de Janeiro die ,,United Nations
Conference on Environment and Development" (UNCED) stattfand und Nach-
haltigkeit als eines der weltweit wichtigsten Ziele definiert wurde. Auf der Rio-
Konferenz wurde deutlich, dass eine nachhaltige Entwicklung nur durch ein
weltweites Aktionsprogramm erreicht werden kann. Mit der Agenda 21 wurde
ein Programm formuliert, dass in 40 Kapiteln Handlungsfelder einer globalen
nachhaltigen Entwicklung absteckt. Zehn Jahre nach Rio traf sich die Weltge-
meinschaft in Johannesburg wieder, um zu überprüfen, in wie weit die begon-
nenen Projekte gediehen waren, aber auch um konkrete Ziele zu formulieren,
die von den Unterzeichnerstaaten erreicht werden sollen.
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1972 Die erste UNO Konferenz über die menschliche Umwelt in Stockholm
und der Bericht an den Club of Rome
Die UNO Weltkonferenz über die menschliche Umwelt im Juni 1972 in Stock-
holm war die erste UNO Weltkonferenz zum Thema Umwelt überhaupt und gilt
als der eigentliche Beginn der internationalen Umweltpolitik. Mehr als 1.200
Vertreter aus 112 Staaten nahmen daran teil. Der Beginn dieser Konferenz, der
5. Juni, ist heute noch der internationale
Tag der Umwelt. Die ,,Deklaration von
Stockholm", die von Industrie- und Entwicklungsstaaten gemeinsam erarbeitet
wurde, enthält einen Teil, in dem 26 Prinzipien für Umwelt und Entwicklung
festgeschrieben sind. Ein weiterer Teil beinhaltet 109 Handlungsempfehlungen
zur Umsetzung dieser Prinzipien und einen dazugehörigen Aktionsplan (vgl.
www.unep.org, 2004). In der ,,Stockholm Deklaration" bekennt sich die Weltge-
meinschaft in Form der Teilnehmerstaaten erstmals zur grenzüberschreitenden
Zusammenarbeit im Umweltschutz. Dem Recht der Staaten auf Ausbeutung der
eigenen Ressourcen wird die Pflicht gegenüber gestellt, dafür zu sorgen, dass
durch Tätigkeiten innerhalb des eigenen Hoheitsgebietes anderen Staaten kein
Schaden zugefügt wird. Auf Vorschlag der Stockholmer Konferenz wurde im
gleichen Jahr durch die UN-Vollversammlung das UN-Umweltprogramm mit
Sitz in Nairobi/Kenia gegründet
(vgl. Diefenbacher 2001: 62). Im gleichen Jahr
erregte eine Gruppe von Wissenschaftlern des MIT in Cambridge/USA mit ihrer
Veröffentlichung ,,Limits to growth" weltweit große Aufmerksamkeit. In der Ar-
beit, die von dem kurz zuvor gegründeten ,,Club of Rome" in Auftrag gegeben
und von der Stiftung Volkswagenwerk in Hannover finanziert wurde, stellten die
Wissenschaftler um Dennis Meadows dar, wie das geschlossene System Erde
in nur hundert Jahren an seine natürlichen Grenzen stoßen würde. Zentrale
Entwicklungen, die dieses Szenario vorantreiben, waren: die beschleunigte In-
dustrialisierung, die Ausbeutung der Rohstoffreserven, die Zerstörung des Le-
bensraums, das rapide Bevölkerungswachstum und die weltweite Unterernäh-
rung (vgl. Meadows et. al. 1972: 164). Die Forscher zeigten in ihrem Buch auch
Lösungsmöglichkeiten auf, wie diese Entwicklung zu verhindern sei. Sie plädier-
ten für einen ökologischen und wirtschaftlichen Gleichgewichtszustand. Konkret
war damit gemeint, dass die materiellen Lebensgrundlagen für jeden Menschen
sicher zu stellen seien.
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Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2004
ISBN (eBook)
9783832492274
ISBN (Paperback)
9783838692272
DOI
10.3239/9783832492274
Dateigröße
3.2 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Katholische Stiftungsfachhochschule München – Studiengang Pflegemanagement
Erscheinungsdatum
2006 (Januar)
Note
1,0
Schlagworte
stakeholder management gesundheitswesen klinik zukunftsfähigkeit
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Titel: Dimensionen nachhaltigen Wirtschaftens
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