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Die Bedeutung des Order Flow für die Wechselkursbestimmung

©2005 Diplomarbeit 80 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Der Devisenmarkt ist aufgrund seiner Umsatzstärke und der enormen Liquidität für viele Ökonomen und Anleger zweifelsohne der faszinierendste Markt der Welt. Weltweit werden rund um die Uhr auf den internationalen Devisenmärkten Währungen gehandelt, deren Wechselkursentwicklungen von immenser volkswirtschaftlicher Relevanz sind. Ein Wechselkurs definiert das Austauschverhältnis zwischen den Währungen zweier Nationen und bestimmt auf diese Weise entscheidend die internationale wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit der einzelnen Länder. Gleichzeitig werden die Devisenkurse weltweit von vielen Anlegern als Spekulationsobjekt par excellence betrachtet. Der Erklärung und der Prognose von Wechselkursschwankungen gebührt deshalb ein besonderer Stellenwert innerhalb der Ökonomie und des Asset Management.
Während die traditionellen makroökonomischen Modelle die langfristigen Wechselkursentwicklungen relativ gut beschreiben können, sehen sich die Ökonomen bei kurzfristigen Wechselkursänderungen mit erheblichen Schwierigkeiten konfrontiert. Trotz einer intensiven Forschung nach möglichen fehlenden makroökonomischen Variablen, konnten keine wesentlichen Verbesserungen bei der Erklärbarkeit und der Vorhersage kurzfristiger Wechselkursschwankungen erzielt werden. Vor dem Hintergrund dieser Schwierigkeiten entstand eine neue Forschungsrichtung, die sich mit der Mikrostruktur der Devisenmärkte auseinandersetzt. Die Mikrostrukturtheorie berücksichtigt den Einfluss von Institutionen, die Rolle der privaten Informationen und das Verhalten der Agenten bei der Wechselkursbestimmung.
Das Augenmerk dieser Arbeit richtet sich auf Order Flow, einer zentralen Variable dieses Mikrostrukturansatzes. Obwohl noch relativ neu, hat sich die Analyse des Order Flow unter den Devisenhändlern neben der fundamentalen und technischen Analyse als eine dritte Analyseform etabliert. Die Anwendung und der Nutzen des Order Flow zur Beschreibung und Prognose von Wechselkursentwicklungen sind allerdings unter den Ökonomen nicht unumstritten. Die Vorbehalte richten sich in erster Linie gegen die Funktion des Order Flow als Träger privater kursrelevanter Informationen, deren Existenz vor allem von den Vertretern der traditionellen makroökonomischen Theorie aufgrund des öffentlichen Charakters der Informationen auf den Devisenmärkten abgewiesen wird.
Sollte der Order Flow überhaupt eine Funktion erfüllen, dann die einer Implementierung der veröffentlichten […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


ID 9203
Frank, Alexander: Die Bedeutung des Order Flow für die Wechselkursbestimmung
Hamburg: Diplomica GmbH, 2006
Zugl.: Universität Hannover, Diplomarbeit, 2005
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Diplomica GmbH
http://www.diplom.de, Hamburg 2006
Printed in Germany

Inhaltsverzeichnis II
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis...II
Abkürzungsverzeichnis ... III
Abbildungsverzeichnis ... IV
Schlagwortverzeichnis ... IV
1 Einleitung und Problemstellung... 1
2 Wechselkursbestimmung und Besonderheiten der Devisenmarktstrukturen... 3
3 Evidenz für die informative Rolle des Order Flow bei der
Wechselkursbestimmung ... 11
3.1 Befragungen von Devisenhändlern ... 11
3.1.1 Theoretische Grundlagen ... 11
3.1.2 Ergebnisse der Befragungen ... 12
3.2 Bid-Ask Spreads und der Einfluss des Order Flow... 20
3.2.1 Die Hauptelemente eines Bid-Ask Spreads ... 20
3.2.2 Empirische Befunde... 22
3.3 Volatilität von Wechselkursen und die Rolle des Order Flow... 32
3.3.1 Die Bestandteile der Wechselkursvolatilität auf den
Devisenmärkten ... 33
3.3.2 Empirische Befunde... 35
3.4 Persistenz der Order Flow Effekte ... 46
3.4.1 VAR-Analyse und die Methode der zeitlichen Aggregation... 47
3.4.2 Empirische Befunde... 50
4 Zusammenfassung und Fazit... 58
Literaturverzeichnis... VI
Anhang A ... XIII

Abkürzungsverzeichnis III
Abkürzungsverzeichnis
BIZ
Bank für Internationalen Zahlungsausgleich
bspw. beispielsweise
bzw. beziehungsweise
CAD Kanadischer
Dollar
CEPR
Centre for Economic Policy Research
CHF Schweizer
Franken
DEM Deutsche
Mark
EBS
Electronic Brokered System
EFA
European Finance Association
EMH Effizienzmarkthypothese
et al.
und andere
etc. et
cetera
EUR Euro
GBP Pfund
Sterling
JPY Japanischer
Yen
Mio. Million
Mrd. Milliarde
NBER
National Bureau of Economic Research
NOK Norwegische
Krone
NYSE
New York Stock Exchange
SSRN
Social Science Research Network
USA
Vereinigte Staaten von Amerika
USD US-Dollar
VAR Vektorautoregression
VMA
Vector Moving Average
z.B. zum
Beispiel

Abbildungsverzeichnis IV
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Ebenen der Informationserfassung... 7
Schlagwortverzeichnis
Basispunkt Kleinste
Preisstufe eine Währung
Bestandseffekte Effekte, die aus kurzzeitig auftretenden
Marktungleichgewichten und der kurzfristigen
Bereitstellung von Liquidität resultieren
Bid-Ask Spread
Differenz zwischen dem An- und Verkaufskurs einer
Währung
Brokered-
interdealer Handel
Der indirekte Handel zwischen den Händlern unter
Einbeziehung von Maklern
D2000-1
Reuters Dealing 2000-1, ein elektronisches Handelssystem
für den direkten Interdealer Handel
D2000-2
Reuters Dealing 2000-2, ein elektronisches Handelssystem
für den brokered-interdealer Handel
Feedback
Trading
Reaktion der Händler auf vorhergehende
Wechselkursänderungen
FXFX
Reuters System, über welches die Handelsbanken ihren
Kunden indikative Quoten offerieren können
Innovation
Überraschungskomponente, die aus den Kursschocks
resultiert
Intervention
Durch eine aktive Handelstätigkeit oder eine verbale
Äußerung erfolgter Eingriff der Zentralbanken in den
Devisenhandel
Intraday- und
Kalendereffekte
Auf den Devisenmärkten auftretende Volatilitätsmuster, die
aus dem Wiederkehren bestimmter Ereignisse resultieren
Kausalität Beziehung
zwischen
Order Flow und den Wechselkursen,
bei der die Preise dem Order Flow folgen

Schlagwortverzeichnis V
Kointegration
Beziehung zwischen den Preisen und den bedingten
Erwartungen des Händlers
Limit Order
Ein Auftrag, bei dem der Preis und die Menge zu dem der
Auftrag ausgeführt werden soll vorgegeben sind und der
erst bei Erreichen dieses Preisniveaus zur Ausführung
gelangt
Market Order
Ein Auftrag, der einer sofortigen Ausführung bedarf
Marktmikrostruktur-
theorie
Betrachtung von Prozessen und Ergebnissen des
Tauschhandelns auf den Märkten unter der
Berücksichtigung bestimmter Spielregeln
News
Unerwartete Abweichungen von den allgemeinen
Erwartungen in den öffentlichen Bekanntmachungen
Order Flow
misst die Höhe des Kauf- und Verkaufsdruckes und ist
definiert als die Nettodifferenz zwischen den kauf- und
verkaufsinitiierten Aufträgen über eine bestimmte
Zeitperiode
Portfolio ­ Balance
Effekte
Größere Liquiditätsnachfragen nach einer Währung infolge
von Absicherungs- und grenzüberschreitenden Geschäften
Risikoneutrale
Faktoren
Makroökonomische Determinanten und die heterogenen
Erwartungshaltungen der Marktteilnehmer bezüglich dieser
Variablen
Risikorelevante
Faktoren
Effekte, die über die Risikoprämie das Verhalten der
risikoaversen Marktteilnehmer beeinflussen und dadurch zu
Preisänderungen führen können
Signal Hypothese Eine Hypothese, die besagt, dass Zentralbanken ihre
Interventionen dazu nutzen, um Informationen auf den
Devisenmärkten zu platzieren und damit die
Markterwartungen und die Wechselkurse zu beeinflussen
Volatilität beschreibt
Renditeschwankungen und dient als Maß für das
Risiko der zukünftigen Entwicklung von Wechselkursen
Wechselkurs Austauschverhältnis
zwischen zwei nationalen Währungen

Einleitung und Problemstellung
Seite 1
1
Einleitung und Problemstellung
Der Devisenmarkt ist aufgrund seiner Umsatzstärke und der enormen Liquidität
für viele Ökonomen und Anleger zweifelsohne der faszinierendste Markt der
Welt. Weltweit werden rund um die Uhr auf den internationalen Devisenmärkten
Währungen gehandelt, deren Wechselkursentwicklungen von immenser
volkswirtschaftlicher Relevanz sind. Ein Wechselkurs definiert das
Austauschverhältnis zwischen den Währungen zweier Nationen und bestimmt auf
diese Weise entscheidend die internationale wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit
der einzelnen Länder. Gleichzeitig werden die Devisenkurse weltweit von vielen
Anlegern als Spekulationsobjekt par excellence betrachtet. Der Erklärung und der
Prognose von Wechselkursschwankungen gebührt deshalb ein besonderer
Stellenwert innerhalb der Ökonomie und des Asset Management.
Während die traditionellen makroökonomischen Modelle die langfristigen
Wechselkursentwicklungen relativ gut beschreiben können, sehen sich die
Ökonomen bei kurzfristigen Wechselkursänderungen mit erheblichen
Schwierigkeiten konfrontiert. Trotz einer intensiven Forschung nach möglichen
fehlenden makroökonomischen Variablen, konnten keine wesentlichen
Verbesserungen bei der Erklärbarkeit und der Vorhersage kurzfristiger
Wechselkursschwankungen erzielt werden. Vor dem Hintergrund dieser
Schwierigkeiten entstand eine neue Forschungsrichtung, die sich mit der
Mikrostruktur der Devisenmärkte auseinandersetzt. Die Mikrostrukturtheorie
berücksichtigt den Einfluss von Institutionen, die Rolle der privaten
Informationen und das Verhalten der Agenten bei der Wechselkursbestimmung.
Das Augenmerk dieser Arbeit richtet sich auf Order Flow, einer zentralen
Variable dieses Mikrostrukturansatzes. Obwohl noch relativ neu, hat sich die
Analyse des Order Flow unter den Devisenhändlern neben der fundamentalen und
technischen Analyse als eine dritte Analyseform etabliert. Die Anwendung und
der Nutzen des Order Flow zur Beschreibung und Prognose von
Wechselkursentwicklungen sind allerdings unter den Ökonomen nicht
unumstritten. Die Vorbehalte richten sich in erster Linie gegen die Funktion des

Einleitung und Problemstellung
Seite 2
Order Flow als Träger privater kursrelevanter Informationen, deren Existenz vor
allem von den Vertretern der traditionellen makroökonomischen Theorie aufgrund
des öffentlichen Charakters der Informationen auf den Devisenmärkten
abgewiesen wird. Sollte der Order Flow überhaupt eine Funktion erfüllen, dann
die einer Implementierung der veröffentlichten makroökonomischen
Fundamentaldaten in den Wechselkursen. Insofern ist die Richtung des Order
Flow durch die fundamentalen Faktoren vorbestimmt und seine Wirkung auf sehr
kurzzeitige und vorübergehende Effekte beschränkt, weshalb er sich für eine
zukünftige Wechselkursbestimmung nicht eignet. Die Vertreter des Order Flow
Ansatzes sehen dagegen die asymmetrische Informationsverteilung auf den
Devisenmärkten als einen grundlegenden Faktor für die informative Rolle des
Order Flow, der die privaten Informationen aggregiert und dadurch eine
Bestimmung künftiger Wechselkurse ermöglicht. Eine Untersuchung der
Bedeutung des Order Flow für die Wechselkursbestimmung ist Gegenstand dieser
Arbeit.
Dabei wird zunächst auf die Wechselkursbestimmung und die Besonderheiten
der Devisenmärkte eingegangen. Dazu wird kurz die Evolution des
Marktmikrostrukturansatzes dargelegt und anschließend ausführlich seine
wesentliche Determinante, Order Flow, erläutert. Unter den Besonderheiten der
Devisenmärkte erfolgt eine Beschreibung der Marktstrukturen sowie der
teilnehmenden Akteure und der angewendeten Handelssysteme. Im Abschnitt
drei, dem Schwerpunkt der Arbeit, wird die Evidenz für die informative Rolle des
Order Flow bei der Wechselkursbestimmung beleuchtet. Dies geschieht anhand
der Darstellung von vier verschiedenen empirischen Methoden, wobei die
Reihenfolge der Betrachtung die zunehmende Evidenzstärke der jeweiligen
Herangehensweise widerspiegelt. Die behandelten empirischen Methoden nähern
sich der Frage nach Informationseffekten des Order Flow aus verschiedenen
Perspektiven an: i) durch Umfragen der Devisenhändler, ii) Wirkung der
Informationsasymmetrie auf Bid-Ask Spreads iii) Wechselwirkungen von Order
Flow und Volatilität und iv) Persistenz der Order Flow Effekte. Die Arbeit

Wechselkursbestimmung und Besonderheiten der Devisenmarktstrukturen
Seite 3
schließt mit einer Zusammenfassung der gesammelten Ergebnisse und einem
Fazit ab.
2
Wechselkursbestimmung und Besonderheiten der
Devisenmarktstrukturen
Seit den 1970ern sind viele Modelle zur Wechselkursbestimmung entwickelt
worden, die im Wesentlichen dem Finanzmarktansatz folgten. Dieser Ansatz
orientiert sich in erster Linie an den Gesetzmäßigkeiten der Finanzmärkte, welche
das Verhalten der Wechselkurse bestimmen.
1
Die Kernaussage aller dieser
Modelle lautet, dass hauptsächlich makroökonomische Variablen wie Zinssätze,
Inflationsraten, Geldangebot, Arbeitslosenzahlen und Zahlen der neu
geschaffenen Arbeitsplätze etc. für die Bestimmung von Wechselkursen
verantwortlich sind.
2
Danach stellt der aktuelle Kassakurs den erwarteten und auf
den heutigen Tag diskontierten Betrag aller zukünftigen fundamentalen Faktoren
dar. Wechselkursänderungen können nur durch News, d.h. durch unerwartete
Abweichungen von den allgemeinen Erwartungen, verursacht werden.
3
Den
empirischen Überprüfungen, insbesondere hinsichtlich des Aussagegehaltes dieser
Modelle auf kurze und mittlere Sicht, konnten alle diese Modelle jedoch nur
bedingt standhalten. Meese und Rogoff (1983) verglichen die Vorhersagefähigkeit
der makroökonomischen Modelle mit einem Random Walk Modell und stellten
fest, dass die makroökonomischen Modelle keine bessere Vorhersage für die
Dauer von bis zu zwölf Monate als ein einfaches Random Walk Modell
ermöglichten.
4
Meese (1990) erklärte nach seinen Untersuchungen
zusammenfassend: ,,My thesis is that this research has been unsuccessful. The
proportion of (monthly or quarterly) exchange rate changes that current models
can explain is essentially zero"
5
. Frankel und Rose (1995) gingen in ihrer
Beurteilung noch weiter und machten das schlechte Abschneiden der
makroökonomischen Modelle für den vorherrschenden Pessimismus gegenüber
1
Vgl. Meese, R. (1990), S. 121.
2
Vgl. Lyons, R. K. (2001a), S. 304.
3
Vgl. Meese, R. (1990), S. 122f.
4
Vgl. Meese, R. A. / Rogoff, K. (1983), S. 3f.
5
Meese, R. (1990), S. 117.

Wechselkursbestimmung und Besonderheiten der Devisenmarktstrukturen
Seite 4
der Wechselkursforschung verantwortlich.
6
Andere Ökonomen führten die
schlechten Resultate auf möglicherweise nicht berücksichtigte Determinanten des
gleichgewichtigen Wechselkurses oder der Risikoprämie zurück.
7
Eine
Weiterentwicklung bzw. Ergänzung des traditionellen Finanzmarktansatzes, der
langfristig gesehen gute Ergebnisse generierte, war wünschenswert. Vor diesem
Hintergrund entstand eine neue Forschungsrichtung, die sich mit der
Mikrostruktur der Devisenmärkte befasst und den Mikrostrukturansatz verfolgt.
Die Marktmikrostrukturanalyse untersucht Prozesse und Ergebnisse des
Tauschhandelns auf Märkten unter der Berücksichtigung bestimmter Spielregeln.
8
Die Grundpfeiler dieses Ansatzes sind die gelockerten Prämissen
makroökonomischer Modelle bezüglich Informationen, der Rolle der
Marktteilnehmer und des Stellenwertes von Institutionen. Auf diese Weise wird in
den Mikrostrukturmodellen der Tatsache Rechnung getragen, dass sich
verschiedene Handelsmechanismen und einzelne mit heterogenen
Nutzenfunktionen und Erwartungen ausgestattete Marktteilnehmer in ihrem
Einfluss auf die Kurse unterscheiden können. Die wichtigste Erkenntnis dieses
Ansatzes ist aber die Anerkennung von nichtöffentlichen Informationen, die auf
den Märkten asymmetrisch verteilt und für die Bestimmung von Wechselkursen
unverzichtbar sind.
9
Einen zentralen Stellenwert im Mikrostrukturansatz zur Bestimmung von
Wechselkursen nimmt die Analysemethode des Order Flow ein. Der Order Flow
misst die Höhe des Kauf- und Verkaufsdruckes und ist definiert als die
Nettodifferenz zwischen den kauf- und verkaufsinitiierten Aufträgen über eine
bestimmte Zeitperiode. Mit Order Flow wird dabei das mit einem Vorzeichen
versehene Transaktionsvolumen bezeichnet, welches nicht mit dem gewöhnlichen
Handelsvolumen verwechselt werden darf. Je nach Basishandelstyp erfolgt die
Messung des signierten Order Flow unterschiedlich. Werden beispielsweise von
einem Händler 50 Einheiten direkt an einen anderen Händler verkauft, beträgt das
6
Vgl. Frankel, J. A. / Rose, A. K. (1995), S. 1709.
7
Vgl. Taylor, M. P. (1995), S. 29.
8
Vgl. O`Hara, M. (1999), S. 1.
9
Vgl. Lyons, R. K. (2001b), S. 4.

Wechselkursbestimmung und Besonderheiten der Devisenmarktstrukturen
Seite 5
Handelsvolumen 50, der Order Flow ist dagegen -50. Der Order Flow bekommt
hier ein negatives Vorzeichen, weil der Initiator dieser Transaktion auf der
Verkaufsseite tätig war. Der quotierende Händler stellt die passive Seite dieser
Transaktion dar. Bei Geschäften, die über einen elektronischen Broker ausgeführt
werden, repräsentieren die jeweils besten limitierten Aufträge
10
im Orderbuch die
geltenden Kauf- und Verkaufskurse. Beim Messen des Order Flow bilden diese
die passive Seite. Die eingehenden Market Orders, die einer sofortigen
Ausführung bedürfen, stellen die aktive Seite der Transaktion dar und generieren
den Order Flow.
11
Die Idee, den Order Flow zu beobachten und für die Bestimmung der
Wechselkurse zu nutzen, basiert auf der Annahme, dass Order Flow
Informationen befördert und deshalb für Preisänderungen ursächlich sein kann.
Die Begründung dieser Annahme erfordert eine Lockerung der traditionellen
makroökonomischen Sichtweise, dass i) alle Informationen, die von Bedeutung
für das Zustandekommen von Währungskursen sind, öffentlich bekannt sein
müssen und dass ii) der Pfad, auf dem diese Informationen ihre Berücksichtigung
in den Kursen finden, ebenfalls öffentlich bekannt ist.
12
Insbesondere die
Revision des zweiten Standpunktes dürfte bei den Ökonomen aufgrund der
geringen Kenntnisse über genaue Wechselwirkungen zwischen den
makroökonomischen Variablen und den Gleichgewichtskursen auf nur wenig
Widerstand treffen.
13
Aus praktischer Sicht ermöglicht diese Relaxation, dass die
Händler die Interpretationen und die Reaktionen anderer Händler bezüglich der
veröffentlichten Informationen aus dem Order Flow ersehen und diese bei ihrem
Handel berücksichtigen können.
14
Die Lockerung der ersten Annahme bedarf dagegen einer näheren Erläuterung.
Viele Ökonomen gehen davon aus, dass private Informationen wegen der
10
Aufträge, bei denen die Menge und der Preis zu dem gekauft oder verkauft werden soll
festgelegt sind und die erst nach Erreichen dieses Preises zur Ausführung gelangen.
11
Vgl. Lyons, R. K. (2001b), S. 6.
12
Vgl. Lyons, R. K. (2001b), S. 20f.
13
Vgl. Isard, P. (1995), S. 182f.
14
Vgl. Lyons, R. K. (2001b), S. 21.

Wechselkursbestimmung und Besonderheiten der Devisenmarktstrukturen
Seite 6
bestehenden Marktstrukturen auf den Devisenmärkten nicht vorhanden sein
dürfen. Dies erscheint insoweit plausibel, wenn es sich um exakte
Insiderinformationen über bestimmte zukünftige makroökonomische Variablen
15
handelt, die generell den Zentralbanken und anderen Regierungsstellen
vorbehalten sind.
16
Eine genauere Definition wie sie Lyons verwendet, weist den
privaten Informationen und damit auch dem Order Flow als ihrem
Übertragungsmechanismus einen beträchtlichen Stellenwert zu. Demnach handelt
es sich bei den privaten Informationen um solche Informationen, die nicht
allgemein bekannt sind und die eine bessere Vorhersage von Devisenkursen
erlauben, als es nur unter der ausschließlichen Beachtung von öffentlichen
Informationen möglich wäre.
17
Grundsätzlich wird zwischen zwei Grundarten von
privaten Informationen, die via Order Flow übertragen werden können,
unterschieden: Informationen über i) risikoneutrale und ii) risikorelevante
fundamentale Faktoren.
18
Der Begriff der risikoneutralen fundamentalen Faktoren umfasst alle
makroökonomischen Determinanten, wie z.B. Inflation, Geldmenge, Zinssätze
etc., die sogar in einer risikoneutralen Welt Wechselkursänderungen herbeiführen
können
19
sowie heterogene Erwartungshaltungen der Marktteilnehmer
20
im
Hinblick auf diese Variablen. Indirekte Beobachtung von Zentralbankaktivitäten
21
aus dem Order Flow ermöglicht es den Händlern, frühzeitig eventuelle
Signaleffekte über diese Veränderungen in den makroökonomischen Daten bei
ihrer Preissetzung zu berücksichtigen. Die heterogenen Erwartungshaltungen
bezüglich der makroökonomischen Variablen sind vor allem auf unterschiedliche
Informationssets und Ausstattungsmerkmale der einzelnen Marktteilnehmer
zurückzuführen.
15
z.B. die Höhe der Zinsanpassung, Anzahl der neu geschaffenen Arbeitsplätze etc..
16
Vgl. Lyons, R. K. (2002), S. 2.
17
Vgl. Lyons, R. K. (2001b), S. 26.
18
Vgl. Lyons, R. K. (2003), S. 111.
19
Vgl. Lyons, R. K. (2003), S. 111.
20
Vgl. Frankel, J. A. / Rose, A. K. (1995), S. 1712.
21
z.B. Interventionen, die über die elektronischen Brokersysteme oder bestimmte Großbanken
durchgeführt werden.

Wechselkursbestimmung und Besonderheiten der Devisenmarktstrukturen
Seite 7
Nondealers learn
about fundamentals from
direct sources
Dealers learn
about fundamentals
from order flow
Price
Order
Flow
Nondealers learn
about fundamentals from
direct sources
Dealers learn
about fundamentals
from order flow
Price
Order
Flow
Stage
1
Stage
2
Abbildung 1: Ebenen der Informationserfassung
Quelle: Lyons, R. K. (2001b), S. 8.
Die Abbildung verdeutlicht die Ebenen der Informationserfassung. Auf der
ersten Ebene leiten Marktteilnehmer, die keine Devisenhändler sind
22
, ihre
Einschätzungen aus eigenen Analysen oder aus anderen Quellen ab und möchten
dieses Wissen gewinnbringend einsetzen. Durch das Lernen aus dem Order Flow
dieser Marktteilnehmer können die Händler auf der zweiten Ebene dieses Wissen
zur Anpassung eigener Erwartungen nutzen.
23
Die Informationen zu risikorelevanten Faktoren beinhalten zwei Effekte,
welche über die Risikoprämie das Verhalten der risikoaversen Marktteilnehmer
beeinflussen und dadurch Preisänderungen verursachen können. Die Wirkung des
Bestandseffektes auf den Kurs ist oft nur transitorisch und resultiert aus der
Tatsache heraus, dass die Risiken aus den zeitweise kurz auftretenden
Marktungleichgewichten und der Bereitstellung von Liquidität nur durch die
Gewährung einer Risikoprämie diversifiziert werden können. Größere
Liquiditätsnachfragen nach einer Währung infolge von Absicherungs- oder
grenzüberschreitenden Geschäften führen zu Portfolio-Balance Effekten. In
diesem Fall können die Risiken größerer Positionsverschiebungen nicht
vollständig und innerhalb kurzer Zeit unter den Händlern aufgeteilt werden. Sie
bleiben über mehrere Perioden bestehen und wirken sich deshalb permanent auf
den Wechselkurs aus.
24
22
z.B. Hedge Fonds, Investmentfonds, Versicherungsgesellschaften, private Spekulanten etc..
23
Vgl. Lyons, R. K. (2001b), S. 8.
24
Vgl. Lyons, R. K. (2001b), S. 30-33.

Wechselkursbestimmung und Besonderheiten der Devisenmarktstrukturen
Seite 8
Die Meinungen zur Rolle des Order Flow für die Wechselkursbestimmung
divergieren stark zwischen den Vertretern der traditionellen makroökonomisch
basierten Ansätze und den Verfechtern des Mikrostrukturansatzes. Die ersteren
akzeptieren zwar das Vorhandensein von Mikrostruktureffekten, sehen sie aber
gleichzeitig als hauptsächlich durch makroökonomische fundamentale Faktoren
initiierte, jedoch nur sehr kurzfristige und flüchtige Effekte an, die für eine mittel-
bis langfristige Wechselkursbestimmung nicht geeignet sind. Die Rolle des Order
Flow erschöpft sich in diesem Fall lediglich darin, die Implementierung relevanter
makroökonomischer Fundamentaldaten im Wechselkurs zu beschleunigen. Die
Vertreter des Mikrostrukturansatzes heben hingegen den hybriden Charakter, d.h.
die Beförderung sowohl öffentlicher als auch privater Informationen, des Order
Flow hervor und sehen in ihm eine der bedeutendsten Wechselkursdeterminanten,
die eine Wechselkursbestimmung sowohl auf kurze und mittlere als auch auf
lange Sicht ermöglicht.
Die traditionellen Devisenmärkte haben seit dem Zeitpunkt der letzten
Erhebung durch die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) im April
2001 starke Umsatzzuwächse zu verzeichnen. Der globale tägliche
Devisenumsatz im Devisenkassa- und Devisenterminhandel (Outright Forwards
und Devisenswaps
25
) betrug im April 2004 durchschnittlich rund $1,9 Billionen.
Die Steigerung zu April 2001 beträgt 57 Prozent zu laufenden und 36 Prozent zu
konstanten US-Dollarkursen.
26
Der Devisenhandel verteilt sich weltweit auf Finanzzentren in verschiedenen
Zeitzonen und ermöglicht auf diese Weise einen Handel rund um die Uhr. Die
umsatzstärksten Regionen sind Großbritannien (31,3 Prozent), USA (19,2
Prozent), Fernost (Japan, Singapur und Hong Kong mit 17,7 Prozent) und
Deutschland (4,9 Prozent), in denen 73,1 Prozent des gesamten weltweiten
25
Devisenswaps haben keine Bedeutung für die Berechnung von Order Flow. Der Grund dafür
liegt in ihrer Funktionsweise. Ein Devisenswap ist eine Vereinbarung zwischen zwei Parteien
über eine Kassatransaktion und eine Gegentransaktion mittels eines Termingeschäfts über den
normalerweise selben Betrag in der quotierten Währung. Somit neutralisieren sich die beiden
Transaktionen gegenseitig und der daraus resultierende Order Flow hat einen Wert von Null.
26
Vgl. BIS (2005), S. 5.

Wechselkursbestimmung und Besonderheiten der Devisenmarktstrukturen
Seite 9
Umsatzes getätigt wird.
27
Diese dezentralisierte Struktur, bei der die
Marktteilnehmer generell physisch voneinander getrennt sind und ihre
Transaktionen via Telefon, Telex oder Computernetzwerke ausführen
28
, hat zur
Folge, dass praktisch keine einheitlichen Regeln für das Funktionieren der
Finanzzentren und das Verhalten der Marktteilnehmer festgelegt werden können.
Insofern stellt der aktuelle Zustand der globalen Devisenmärkte keine durch
Autoritäten festgelegte, sondern über die Zeit natürlich evolvierten
Organisationsstrukturen und Verhaltensweisen dar.
29
Die teilnehmenden Akteure am Devisenmarkt können in drei Gruppen
eingeteilt werden: Devisenhändler (Dealer), Devisenmakler (Broker) und Kunden
(Customer).
30
Als Angestellte größerer Handelsbanken übernehmen die
Devisenhändler die Rolle eines Market Maker. Durch das stetige Stellen von
Kauf- und Verkaufskursen für bestimmte Devisen ermöglichen sie einen
ununterbrochenen und liquiden Handel
31
unter den Devisenhändlern und mit
externen Kunden, zu denen große Unternehmen und andere Finanzinstitutionen
gehören.
32
Broker handeln nicht auf eigene Rechnung und dienen den
Devisenhändlern als Unterstützung bei der Ausführung ihrer Transaktionen.
33
Den weitaus größten Anteil im intermediären Handel stellen die elektronischen
Broker dar. Die Anzahl der früher weit verbreiteten stimmbasierten Broker (Voice
Broker), die in einzelnen Fällen auch heute noch zur Auftragsvergabe benutzt
werden können, hat sich dagegen stark reduziert.
34
Aus diesen Teilnehmerkategorien resultieren drei mögliche Basishandelstypen:
der Handel zwischen Kunden und Händlern (customer dealer trading), der direkte
bilaterale Handel zwischen den Händlern (direct interdealer trading) und der
indirekte Handel zwischen den Händlern unter Einbeziehung von Maklern
27
Vgl. BIS (2005), S. 11f.
28
Vgl. Sarno, L. / Taylor, M. P. (2002), S. 266.
29
Vgl. Vitale, P. (2004), S. 4.
30
Vgl. Vitale, P. (2004), S. 4.
31
Vgl. Sarno, L. / Taylor, M. P. (2002), S. 266.
32
Vgl. Vitale, P. (2004), S. 4.
33
Vgl. Lyons, R. K. (2001b), S. 42.
34
Vgl. Bjønnes, G. H. / Rime, D. (2003), S. 4.

Wechselkursbestimmung und Besonderheiten der Devisenmarktstrukturen
Seite 10
(brokered-interdealer trading).
35
Das Interdealer Segment ist für schätzungsweise
50 bis 60 Prozent des gesamten Handelsvolumens verantwortlich, wobei bereits
rund die Hälfte dieser Transaktionen über die elektronischen Brokersysteme
abgewickelt wird.
36
Kennzeichnend für den Interdealer Markt ist somit die
Option, Handelsaufträge über zwei etablierte, jedoch unterschiedliche Kanäle
durchführen zu können. Während der direkte Handel nicht-anonym abläuft und
der Händler die Identität seines Kontrahenten von Anfang an kennt, wird beim
indirekten Handel über einen Broker die Identität der Gegenpartei erst nach
Abschluss des Geschäfts offenbart.
37
Weiterhin ist es üblich, den direkten Handel
als ,,quote-driven" und den indirekten Handel als ,,order-driven" zu beschreiben.
Der Grund für diese Unterscheidung liegt darin, dass im direkten Handel die
Quote-Setzung, zu der ein Market Maker verpflichtet ist, und somit der erste
Schritt der Transaktion erst auf die Nachfrage eines anderen Händlers, welcher als
Initiator dieses Geschäftes bezeichnet wird, erfolgt. Der Initiator entscheidet
schließlich auch über das Zustandekommen, den Umfang und die Richtung des
Geschäfts. Der direkte Handel wird oft als dezentralisiert, bruchstückhaft und
undurchsichtig bezeichnet, weil die Ergebnisse der bilateralen Geschäfte aufgrund
fehlender gesetzlicher Vorschriften nicht öffentlich gemacht werden.
38
In dem auf
freiwilliger Teilnahme beruhenden und von den Brokern vermittelten indirekten
Handel hingegen wird die Transaktion durch limitierte Aufträge (Limit Orders)
der Händler, welche in einem elektronischen Orderbuch öffentlich gemacht
werden, initialisiert. Eine Limit Order legt die Menge der bestimmten Währung,
die der Händler zu kaufen (verkaufen) wünscht und den minimalen (maximalen)
Kurs, den er dafür zu akzeptieren bereit ist, fest.
39
Trotz der Anonymität der
Händler, die hinter den ausgeführten Aufträgen stehen, kann der indirekte Handel
aufgrund seiner zentralisierten Mechanismen, seinem öffentlichen Orderbuch und
der intermediären Handelsweise als quasi-zentralisiert angesehen werden.
40
35
Vgl. Lyons, R. K. (2001b), S. 43.
36
Vgl. BIS (2005), S. 2; Vitale, P. (2004), S. 4.
37
Vgl. Bjønnes, G. H. / Rime, D. (2003), S. 4.
38
Vgl. Vitale, P. (2004), S. 4f.
39
Vgl. Vitale, P. (2004), S. 5.
40
Vgl. Vitale, P. (2004), S. 5.

Evidenz für die informative Rolle des Order Flow bei der Wechselkursbestimmung
Seite 11
Die Differenzierung der beiden Interdealer Segmente setzt sich in der Auswahl
und der Anwendung der Handelssysteme fort. Beim direkten bilateralen Handel
hat sich mit etwa 90 Prozent des weltweit abgewickelten Volumens das Reuters
Dealing 2000-1 (D2000-1) etabliert. Die wichtigsten elektronischen
Handelssysteme im brokered-interdealer Handel sind Electronic Broking System
(EBS) und Reuters Dealing 2000-2 (D2000-2). Der Vorteil der elektronischen
Broker offenbart sich in der Darstellung von Aktivitäten mehrerer simultan
agierenden Händler. Als Nachteil für die Untersuchung und Beobachtung des
gesamten indirekten Handels erweist sich jedoch die Tatsache, dass das
erhältliche Datenmaterial nicht das gesamte indirekte Interdealer Segment
umfasst, sondern die Daten der jeweiligen Handelsplattform reflektiert.
41
3
Evidenz für die informative Rolle des Order Flow bei der
Wechselkursbestimmung
3.1
Befragungen von Devisenhändlern
3.1.1
Theoretische Grundlagen
Bei der Frage nach der Bedeutung des Order Flow für die Bestimmung von
Währungskursen ist es zunächst nahe liegend, professionelle Akteure, die sich
unmittelbar mit dem Handel der Devisen befassen, direkt zu diesem Thema zu
befragen.
42
Diese Herangehensweise unterscheidet sich von der sonst in der
Wissenschaft üblichen Methode bei der im ersten Schritt das zu untersuchende
Phänomen als theoretisches Modell entwickelt und dieses dann in einem zweiten
Schritt mit Hilfe aktueller Daten empirisch auf seine Aussagefähigkeit überprüft
wird.
43
Die speziell unter den Ökonomen weit verbreitete Ansicht, nur aus den
Handlungen und nicht aus den Aussagen der Marktsubjekte Schlussfolgerungen
und Erklärungen ableiten zu können, führt dazu, dass viele Ökonomen Bedenken
gegenüber Umfragen haben. Als Hauptargument wird oft die Gefahr einer
unüberdachten oder strategischen Beantwortung der Fragen gesehen, wenn einige
41
Vgl. Lyons, R. K. (2001b), S. 116f.
42
Vgl. Lyons, R. K. (2001b), S. 25.
43
Vgl. Cheung, Y.-W. / Wong, C. (2000), S. 402; Blinder, A. S. (1991), S. 2.

Evidenz für die informative Rolle des Order Flow bei der Wechselkursbestimmung
Seite 12
Individuen versuchen, sich auf diese Weise Vorteile zu verschaffen. Diese
Verhaltensweisen seitens der Befragten können zu einer starken Verzerrung und
sogar Unbrauchbarkeit der Daten führen. Ebenso wurde die Relevanz der auf der
individuellen Ebene erhaltenen Umfrageergebnisse im Vergleich mit dem Einfluss
makroökonomischer Fundamentaldaten über lange Zeit von den Ökonomen als
unbedeutend eingestuft. Mit der Wandlung dieser Einstellung fanden auch die
Vorteile von Umfragen Beachtung. Korrekt durchgeführte Umfragen lassen
Erhebungen von Daten und Erforschung von Zusammenhängen zu, die über die
Möglichkeiten der standardmäßigen ökonomischen Modelle hinausgehen und
dienen damit als Ergänzung der traditionellen Herangehensweise.
44
Von besonderem Interesse aus dem Blickwinkel des
Marktmikrostrukturansatzes sind generell Erkenntnisse bezüglich der
Heterogenität der Erwartungen, des Verhaltens der Marktteilnehmer, der
Preissetzung und Einzelheiten zu Marktstrukturen. Hinsichtlich des Order Flow
sind speziell Hinweise zum Stellenwert dieser Analyseform im Vergleich zu den
anderen Analysemethoden, ihren Anwendern, der Art der Informationen, die der
Order Flow aus der Sicht der Marktteilnehmer befördert und die
Prognosenzeiträume, für die diese Analyseform überwiegend eingesetzt wird,
interessant.
3.1.2
Ergebnisse der Befragungen
Um Erkenntnisse zum Preissetzungsverhalten der Devisenhändler zu gewinnen,
befragten Cheung und Chinn (2001)
45
die US Händler zu ihren Strategien und
Verhaltensweisen bei der Festsetzung von Bid-Ask Spreads
46
im
Interbankenhandel. Übereinstimmend gaben die Händler an, den größten Anteil
ihrer Quoten entsprechend der konventionellen Spannbreite bereitzustellen und
dass die stattfindenden Abweichungen von den allgemein üblichen Quoten
44
Vgl. Blinder, A. S. (1991), S. 5-7.
45
Der Fragebogen von Cheung und Chinn ist im Anhang als Beispiel für einen Händlerfragebogen
aufgeführt.
46
Eine nähere Erklärung zu den Bid-Ask Spreads, ihrer Bedeutung in der Mikrostrukturtheorie
und zum Einfluss des Order Flow erfolgt in Kap. 3.2.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Erscheinungsjahr
2005
ISBN (eBook)
9783832492038
ISBN (Paperback)
9783838692036
DOI
10.3239/9783832492038
Dateigröße
743 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Gottfried Wilhelm Leibniz Universität Hannover – Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät
Erscheinungsdatum
2005 (Dezember)
Note
1,7
Schlagworte
marktmikrostruktur devisenmärkte finanzmärkte analyse informationen
Produktsicherheit
Diplom.de
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Titel: Die Bedeutung des Order Flow für die Wechselkursbestimmung
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