Internationalisierungsstrategien von Beratungsunternehmen
Eine empirische Untersuchung
©2004
Diplomarbeit
90 Seiten
Zusammenfassung
Inhaltsangabe:Problemstellung:
Die Unternehmensberatung hat in den letzten fünfzehn Jahren eine enorme wirtschaftliche Bedeutung erlangt. Es lassen sich heute kaum Unternehmen finden, die bei der Planung und Durchführung größerer Veränderungsmaßnahmen sei es die Erarbeitung neuer Geschäftsstrategien, die Einführung moderner EDV-Systeme oder die Sanierung des gesamten Unternehmens nicht schon einmal die Dienste externer Berater in Anspruch genommen haben.
So verzeichnete der Beratungsmarkt in der ersten Hälfte der 90er Jahre eine Waschturmsrate von durchschnittlich 7,8 Prozent p.a. und in der zweiten 18,3 Prozent und lag somit um den Faktor drei bis fünf über die Zuwächse der Gesamtwirtschaft. Heute beträgt der Gesamtumsatz der Beratungsbranche weltweit rund 125 Mrd. Euro.
Zu den aktuellen Entwicklungen der Branche zählen die internationalen Konzentrationsprozesse sowie die Intensivierung der Wettbewerbsbeziehungen. Im Zuge dieser Entwicklungen ist die Internationalisierung als eine Wachstumsoption zu betrachten. Darüber hinaus machen es die zunehmenden grenzüberschreitenden Aktivitäten der Kundenunternehmen erforderlich, multinationale Präsenz zu gewinnen, um den gestiegenen Leistungsanforderungen gerecht zu werden. Denn folgt der Berater seinem Kunden nicht, so wird dieser für seinen Schritt ins Ausland einen anderen Berater suchen müssen, der die gewünschte Leistung erbringen kann. Wie schaffen es also Beratungsunternehmen in Auslandsmärkte zu expandieren und sich dort nachhaltig zu etablieren?
Das Ziel der vorliegenden Arbeit besteht in der Untersuchung der Strategien und Mechanismen von Beratungsunternehmen beim Eintritt und bei der Erschließung ausländischer Märkte, wobei im Mittelpunkt der Betrachtung der Einfluss sozialer und geschäftlicher Netzwerke steht. Dazu soll zunächst auf einige theoretische und sekundäranalytische Vorstudien zurückgegriffen werden, um anschließend die Ergebnisse einer eigenen empirischen Primärerhebung vorzustellen.
Untersucht wird dabei insbesondere unter welchen Umständen Beratungsunternehmen auf ausländische Märkte vordringen, welche organisatorische Formen sie dabei einsetzen und wie sie sich anschließend dort entwickeln und neue Kunden gewinnen. Des Weiteren soll erfasst werden, auf welche Hemmnisse und Barrieren Beratungsunternehmen im Ausland stoßen und welche Partner und Faktoren für das erfolgreiche Auslandsengagement relevant sind.
Gang der Untersuchung:
Die Arbeit gliedert sich in fünf […]
Die Unternehmensberatung hat in den letzten fünfzehn Jahren eine enorme wirtschaftliche Bedeutung erlangt. Es lassen sich heute kaum Unternehmen finden, die bei der Planung und Durchführung größerer Veränderungsmaßnahmen sei es die Erarbeitung neuer Geschäftsstrategien, die Einführung moderner EDV-Systeme oder die Sanierung des gesamten Unternehmens nicht schon einmal die Dienste externer Berater in Anspruch genommen haben.
So verzeichnete der Beratungsmarkt in der ersten Hälfte der 90er Jahre eine Waschturmsrate von durchschnittlich 7,8 Prozent p.a. und in der zweiten 18,3 Prozent und lag somit um den Faktor drei bis fünf über die Zuwächse der Gesamtwirtschaft. Heute beträgt der Gesamtumsatz der Beratungsbranche weltweit rund 125 Mrd. Euro.
Zu den aktuellen Entwicklungen der Branche zählen die internationalen Konzentrationsprozesse sowie die Intensivierung der Wettbewerbsbeziehungen. Im Zuge dieser Entwicklungen ist die Internationalisierung als eine Wachstumsoption zu betrachten. Darüber hinaus machen es die zunehmenden grenzüberschreitenden Aktivitäten der Kundenunternehmen erforderlich, multinationale Präsenz zu gewinnen, um den gestiegenen Leistungsanforderungen gerecht zu werden. Denn folgt der Berater seinem Kunden nicht, so wird dieser für seinen Schritt ins Ausland einen anderen Berater suchen müssen, der die gewünschte Leistung erbringen kann. Wie schaffen es also Beratungsunternehmen in Auslandsmärkte zu expandieren und sich dort nachhaltig zu etablieren?
Das Ziel der vorliegenden Arbeit besteht in der Untersuchung der Strategien und Mechanismen von Beratungsunternehmen beim Eintritt und bei der Erschließung ausländischer Märkte, wobei im Mittelpunkt der Betrachtung der Einfluss sozialer und geschäftlicher Netzwerke steht. Dazu soll zunächst auf einige theoretische und sekundäranalytische Vorstudien zurückgegriffen werden, um anschließend die Ergebnisse einer eigenen empirischen Primärerhebung vorzustellen.
Untersucht wird dabei insbesondere unter welchen Umständen Beratungsunternehmen auf ausländische Märkte vordringen, welche organisatorische Formen sie dabei einsetzen und wie sie sich anschließend dort entwickeln und neue Kunden gewinnen. Des Weiteren soll erfasst werden, auf welche Hemmnisse und Barrieren Beratungsunternehmen im Ausland stoßen und welche Partner und Faktoren für das erfolgreiche Auslandsengagement relevant sind.
Gang der Untersuchung:
Die Arbeit gliedert sich in fünf […]
Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
ID 9178
Kandrova, Daniela: Internationalisierungsstrategien von Beratungsunternehmen - Eine
empirische Untersuchung
Hamburg: Diplomica GmbH, 2005
Zugl.: Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen (RWTH), Diplomarbeit,
2004
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http://www.diplom.de, Hamburg 2005
Printed in Germany
1
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis...3
Tabellenverzeichnis...4
1
Einleitung ...5
1.1
Problemstellung und Zielsetzung ...5
1.2
Aufbau der Arbeit...6
2
Theoretischer Bezugsrahmen der Untersuchung...7
2.1
Besonderheiten des Beratungsmarktes, der Leistungen und der Profession ...7
2.1.1
Zum Begriff der Unternehmensberatung ...7
2.1.2
Charakteristika der Beratungsleistung...9
2.1.3
Institutionelle Rahmenbedingungen des Beratungsmarktes...11
2.2
Theorien der Internationalisierung von Beratungsunternehmen ...15
2.2.1
Begriffsbestimmung ...15
2.2.2
Der Transaktionskostenansatz...16
2.2.3
Die Netzwerktheorie ...19
2.2.4
Der embeddedness - Ansatz ...23
2.2.4.1
Mechanismen zur Bildung von embeddedness ...27
2.2.4.1.1
Persönliches Vertrauen ...27
2.2.4.1.2
Allgemeine Reputation am Markt...29
2.2.4.1.3
Netzwerkreputation ...31
2.2.4.2
Paradoxon der embeddedness...34
2.3
Hypothesen...39
3
Internationalisierungsstrategien von Beratungsunternehmen eine empirische
Untersuchung...42
3.1
Design und Methodik der empirischen Untersuchung ...42
3.2
Ergebnisse der empirischen Untersuchung ...44
3.2.1
Zusammensetzung des Samples ...44
3.2.2
Auslandserfahrung ...48
3.2.3
Markteintritt ...53
3.2.3.1
Geographische Lage ...53
3.2.3.2
Motive und Hemmnisse ...54
2
3.2.4
Markterschließung...58
3.2.4.1
Mechanismen der Neukundengewinnung und Kundenbasis ...58
3.2.4.2
Partner und Erfolgsfaktoren ...64
4
Zusammenfassung der Untersuchungsergebnisse...67
5
Fazit ...71
Literaturverzeichnis...73
Anhang ...80
3
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Typologie von Beratern ...8
Abbildung 2: Netzwerke zwischen Markt und Hierarchie...20
Abbildung 3: vertikale und horizontale embeddedness in Geschäftsnetzwerken...25
Abbildung 4: Die Reputation als Qualitätssubstitut...30
Abbildung 5: Koordinationsmechanismen im Beratungsmarkt...34
Abbildung 6: Strukturelle Löcher und ,,weak ties"...37
Abbildung 7: Anzahl ausländischer Märkte der befragten Unternehmen...48
Abbildung 8: Markteintrittsformen der Unternehmen in Auslandsmärkte...51
Abbildung 9: Motive des Markteintritts...55
Abbildung 10: Betriebsinterne Hemmnisse ...57
Abbildung 11: Externe Hemmnisse ...57
Abbildung 12: Mechanismen der Neukundengewinnung ...59
Abbildung 13: Anzahl der Kunden im betreffenden Auslandsmarkt ...62
Abbildung 14: Entwicklung des repeat business im betreffenden Auslandsmarkt ...63
Abbildung 15: Relevante Partner im Rahmen der Projektabwicklung ...65
Abbildung 16: Erfolgsfaktoren im Auslandsgeschäft ...66
4
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Aufteilung des Marktes für Beratungsunternehmen in Deutschland (I) ...13
Tabelle 2: Aufteilung des Marktes für Beratungsunternehmen in Deutschland (II) ...13
Tabelle 3: Rücklauf der durchgeführten Befragung...43
Tabelle 4: Internationalisierung der Unternehmen ...45
Tabelle 5: Samplestruktur nach der Anzahl der Mitarbeiter, 2003 ...46
Tabelle 6: Samplestruktur nach dem Jahresumsatz der Unternehmen, 2003 ...46
Tabelle 7: Samplestruktur nach dem Gründungsjahr der Unternehmen ...47
Tabelle 8: Samplestruktur nach dem Beratungsschwerpunkt ...48
Tabelle 9: Wichtigste Auslandsmärkte der befragten Unternehmen...50
Tabelle 10: Ausgewählter Auslandsmarkt der Unternehmen...54
Tabelle 11: Zusammenhänge in Abhängigkeit von der Anzahl der Mitarbeiter ...81
Tabelle 12: Zusammenhänge in Abhängigkeit vom Jahresumsatz...82
Tabelle 13: Zusammenhänge in Abhängigkeit vom Gründungsjahr...83
Tabelle 14: Zusammenhänge in Abhängigkeit vom Beratungsschwerpunkt...84
Tabelle 15: Zusammenhänge in Abhängigkeit von der Anzahl der Auslandsmärkte ...85
Tabelle 16: Zusammenhänge in Abhängigkeit vom ausgewählten Auslandsmarkt...86
5
1
Einleitung
1.1
Problemstellung und Zielsetzung
Die Unternehmensberatung hat in den letzten fünfzehn Jahren eine enorme wirtschaftliche
Bedeutung erlangt. Es lassen sich heute kaum Unternehmen finden, die bei der Planung und
Durchführung größerer Veränderungsmaßnahmen sei es die Erarbeitung neuer
Geschäftsstrategien, die Einführung moderner EDV-Systeme oder die Sanierung des
gesamten Unternehmens nicht schon einmal die Dienste externer Berater in Anspruch
genommen haben.
1
So verzeichnete der Beratungsmarkt in der ersten Hälfte der 90er Jahre
eine Waschturmsrate von durchschnittlich 7,8 Prozent p.a. und in der zweiten 18,3 Prozent
und lag somit um den Faktor drei bis fünf über die Zuwächse der Gesamtwirtschaft. Heute
beträgt der Gesamtumsatz der Beratungsbranche weltweit rund 125 Mrd. Euro.
2
Zu den aktuellen Entwicklungen der Branche zählen die internationalen Konzentrations-
prozesse sowie die Intensivierung der Wettbewerbsbeziehungen. Im Zuge dieser
Entwicklungen ist die Internationalisierung als eine Wachstumsoption zu betrachten. Darüber
hinaus machen es die zunehmenden grenzüberschreitenden Aktivitäten der Kunden-
unternehmen erforderlich, multinationale Präsenz zu gewinnen, um den gestiegenen
Leistungsanforderungen gerecht zu werden.
3
Denn folgt der Berater seinem Kunden nicht, so
wird dieser für seinen Schritt ins Ausland einen anderen Berater suchen müssen, der die
gewünschte Leistung erbringen kann.
4
Wie schaffen es also Beratungsunternehmen in
Auslandsmärkte zu expandieren und sich dort nachhaltig zu etablieren?
Das Ziel der vorliegenden Arbeit besteht in der Untersuchung der Strategien und
Mechanismen von Beratungsunternehmen beim Eintritt und bei der Erschließung
ausländischer Märkte, wobei im Mittelpunkt der Betrachtung der Einfluss sozialer und
geschäftlicher Netzwerke steht. Dazu soll zunächst auf einige theoretische und
sekundäranalytische Vorstudien zurückgegriffen werden, um anschließend die Ergebnisse
einer eigenen empirischen Primärerhebung vorzustellen. Untersucht wird dabei insbesondere
unter welchen Umständen Beratungsunternehmen auf ausländische Märkte vordringen,
1
Vgl. Walger, G., Scheller, C., 2000, S. 2.
2
Vgl. Berger, R., 2003, S. 5.
3
Vgl. Kutschker, M., Mößlang, A., 1996, S. 319ff.; Glückler, J., Schmidt, N., 2002, S. 3.
4
Vgl. Schruff, L., 1991, S. 80.
6
welche organisatorische Formen sie dabei einsetzen und wie sie sich anschließend dort
entwickeln und neue Kunden gewinnen. Des Weiteren soll erfasst werden, auf welche
Hemmnisse und Barrieren Beratungsunternehmen im Ausland stoßen und welche Partner und
Faktoren für das erfolgreiche Auslandsengagement relevant sind.
1.2
Aufbau der Arbeit
Die Arbeit gliedert sich in fünf Kapitel. Das zweite Kapitel stellt einen theoretischen Bezugs-
rahmen zur Betrachtung des Untersuchungsobjektes. Hierbei wird zunächst der Begriff
Unternehmensberatung definiert, um dann auf den spezifischen Charakter der Beratungs-
leistung und den vorherrschenden institutionellen Rahmenbedingungen des Beratungsmarktes
einzugehen. Zudem werden nach einer Auseinandersetzung mit einigen relevanten Ansätzen
zur Erklärung der Internationalisierung von Beratungsunternehmen, Hypothesen für die
anschließende empirische Untersuchung aufgestellt.
Gegenstand des dritten Kapitels ist die Untersuchung der Internationalisierungsstrategien von
Beratungsunternehmen anhand einer eigenen empirischen Erhebung. Dargelegt werden dabei
zunächst das Design und die Methodik der empirischen Untersuchung, um danach die
Ergebnisse im Einzelnen vorzustellen. In einem abschließenden vierten Kapitel werden dann
die wichtigsten Ergebnisse der empirischen Untersuchung zusammengefasst.
7
2
Theoretischer Bezugsrahmen der Untersuchung
2.1
Besonderheiten des Beratungsmarktes, der Leistungen und der Profession
2.1.1
Zum Begriff der Unternehmensberatung
Obwohl heutzutage kaum ein tiefgreifender Veränderungsprozess in großen und
mittelständischen Unternehmen ohne die Einbindung eines Unternehmensberaters erfolgt, hat
sich bislang keine allgemein anerkannte Begriffsbestimmung und Abgrenzung etabliert.
Vielmehr wird man mit einer Vielzahl unterschiedlicher Bezeichnungen konfrontiert, die
recht unpräzise und inkonsistent sind. Recht häufig sind Begriffe wie Management-
Consulting, Business-Consulting, Management-Engineering, Wirtschaftsberatung,
Managementberatung, Unternehmensführungsberatung und Betriebsberatung vorzufinden, die
jeweils bei den verschiedenen Autoren oft auch anders definiert werden.
5
Zudem wird die Abgrenzung des Begriffs durch eine Vielzahl an möglichen Rollen bzw.
Aufgaben des Beraters erschwert. So werden Berater z.B. als ,,Mitdenker", ,,Seelsorger",
,,Moderator", ,,Trainer", ,,Katalysator", ,,Change Agent" und ,,Prozessberater" bezeichnet.
Ferner finden sich Bezeichnungen wie ,,Promoter", ,,Krisenmanager," ,,Inventionist" und
,,neutraler Dritter".
6
Die Typologie des European Handbook of Management Consultancy
basiert beispielsweise auf einer Differenzierung nach Breite des Tätigkeitsspektrums und nach
Abhängigkeit des Beraters vom Kunden. Daraus ergibt sich eine Klassifizierung in
professionelle Beratungen, beratungsnahe Aktivitäten und zusätzliche Leistungen (Abbildung
1).
7
Es ist also erstaunlich, wie unterschiedlich, die durch Beratungsunternehmen ausgeübten
Funktionen sind, und es ist daher keinesfalls einfach zu einer ,,ausreichenden wissen-
schaftlichen Absicherung des (...) Beratungsbegriffes und seiner wesentlichen Inhalte" zu
gelangen.
8
5
Vgl. Stutz, H. R., 1988, S. 89.; Schade, C., 1996, S. 9f.
6
Vgl. Schade, C., 1996, S. 9f.; Steyrer, J., 1991, S. 7ff.; Meffert, H., 1990, S. 182.
7
Vgl. Titscher, S., 1997, S. 33f.
8
Vgl. Enke, M., Geigenmüller, A., 2001, S. 4.
8
Abbildung 1: Typologie von Beratern
Quelle: Titscher, S.: Professionelle Beratung. Was beide Seiten vorher wissen sollten, 2. Aufl., 1997, S. 34.
Um die weitere Vorgehensweise nachvollziehen zu können, wird im Folgenden eine
Definition aufgeführt, die insbesondere Prozess und Nutzen der Unternehmensberatung im
Vordergrund stellt und dem Kontext dieser Arbeit am nächsten kommt:
,,Unternehmensberatung ist ein projektbezogener Interaktionsprozess zwischen Personen
eines Klientensystems und eines Beratersystems. Das Beratersystem ist unabhängig, hilft
professionell und mit ganzheitlicher Problemsicht das Erfolgspotential des Klientensystems
zu optimieren."
9
Die in dieser Definition ,,ganzheitliche Problemsicht" bezieht sich auf die Notwendigkeit
einer Berücksichtigung von Interdependenzen und ganzheitlicher Zweckmäßigkeit auch bei
sehr spezifischen Problemstellungen. Diese Beratungsart wird als ,,klassische" Unternehmens-
beratung bezeichnet. Im Vordergrund steht dabei eine maßgeschneiderte Lösung für einen
spezifischen Kunden und nicht eine standardisierte Beratungsleistung und ist meistens eng mit
Fragen der Unternehmensführung verknüpft.
10
Ferner unterscheidet die European Federation
of Management Consulting Associations (FEACO) bei der ,,klassischen" Unternehmens-
9
Vgl. Wohlgemuth, A., 1995, S. 15.
10
Vgl. Wohlgemuth, A., 1995, S. 15f.
9
beratung grundsätzlich die Sparten: Strategie, Organisation, Personal und Informations-
technologie.
11
2.1.2
Charakteristika der Beratungsleistung
Zu einem besseren Verständnis des Beratungsmarktes ist es auch notwendig, die spezifischen
Charakteristika der Dienstleistung ,,Unternehmensberatung" zu illustrieren. Dazu werden im
Folgenden zunächst die Unterschiede zwischen Sachgütern und Dienstleistungen
systematisiert und anschließend die Besonderheiten der Beratungsleistung aufgezeigt
.
Im Vergleich zu materiellen Produkten bzw. Sachgütern zeichnen sich Dienstleistungen durch
besondere Eigenschaften aus, die den Interaktionsprozess zwischen Anbieter und Nachfrager
in hohem Maße beeinflussen. Eine eindeutige und trennscharfe Abgrenzung zwischen
Sachgütern und Dienstleistungen kann nicht vorgenommen werden, vielmehr besteht ein
breiter Übergangsbereich.
12
Nichtsdestotrotz werden in der Literatur unter anderem folgende
Differenzierungsmerkmale von Dienstleistungen aufgeführt:
-
Die Immaterialität des ,,Gutes" Dienstleistung ist ein Hauptmerkmal, das im
Vergleich zu Sachgütern einen wesentlichen Einfluss auf die Tauschbeziehungen
zwischen Anbieter und Nachfrager hat. Die Immaterialität bewirkt, dass die
auszutauschende Leistung bzw. deren Qualität vor der Nutzung häufig nicht genau
konkretisiert und begutachtet (Intangibilität) werden kann.
13
-
Die Qualität der Dienstleistung variiert mit der zu erbringenden Person
(Heterogenität), da sich die Leistungserstellung oft nicht von den Fähigkeiten und
dem Wissen der leistungserbringenden Person trennen lässt (Untrennbarkeit).
14
In
Verbindung mit diesen Eigenschaften stehen auch die Individualisierung und die
begrenzte Standardisierbarkeit von Dienstleistungen.
15
-
Die Vergänglichkeit bzw. Nichtlagerbarkeit sind insbesondere für Dienstleistungen
charakteristisch, die unter Kundenbeteiligung und unter direktem Kontakt erbracht
11
Vgl. Glückler, J., 2004, S. 23.
12
Vgl. Strambach, S., 1995, S. 88.
13
Vgl. Müller, S., Kornmeier, M., 2001, S. 17.; Strambach, S., 1995, S. 88.
14
Vgl. Glückler, J., 2004, S. 25.
15
Vgl. Strambach, S., 1995, S. 88.
10
werden. Dienstleistungen dieser Art sind nicht auf Vorrat produzierbar, sondern
zeit- oder ortsgebunden.
16
Somit ist der Prozesscharakter der Dienstleistung als ein
weiteres Merkmal von Dienstleistungen hervorzuheben.
17
Diese Merkmale lassen sich weitgehend auf die Leistungen von Beratungsunternehmen
übertragen.
18
Darüber hinaus wird die Beratungsleistung als Kontraktgut charakterisiert, d.h.
als ein Leistungsversprechen, das spezifisch, komplex und hochwertig ist.
19
,,(...) a contract promises future performance, typically because one party makes an
investment, the profitability of which depends on the other's party future behaviour."
20
Kontraktgüter haben die Eigenschaft, dass sich die Kunden ex ante kein Qualitätsurteil bilden
können. Weil das Kontraktgut ,,Beratungsleistung" im Moment des Kaufes nicht existiert,
kann dessen Qualität vor Projektbeginn aber häufig auch danach nur unzureichend
eingeschätzt werden.
21
Dies verursacht sowohl für die Berater als auch für die Kunden
erhebliche Informations- und Unsicherheitsprobleme.
22
Einerseits kennen die Berater die
Qualität ihrer Leistung, können diese aber aufgrund deren Eigenart als Erfahrungsgut nicht in
beliebigem Umfang kommunizieren.
23
Andererseits weiß der Kunde, dass sich die Leistungen
der verschiedenen Unternehmensberater in ihrer Qualität erheblich unterscheiden, kann aber
nicht abschätzen, welche Qualität der Leistung von einem spezifischen
Beratungsunternehmen zu erwarten ist,
24
so dass sich für ihn ein
Qualitätsbeurteilungsproblem ergibt. Eine weitere Unsicherheit für den Kunden entsteht auch
dadurch, dass er aufgrund des Prozesscharakters der Beratungsleistung weder die
Bedarfsgerechtigkeit noch die angemessene Preisfestsetzung auf der Beraterseite beurteilen
kann. Diese fehlenden Kriterien, machen es dem potentiellen Kunden besonders schwierig,
den adäquaten Berater für die Lösung des vorhandenen Problems zu finden.
25
16
Vgl. Stauss, B., 1995, 453.
17
Vgl. Strambach, S., 1995, S. 88.
18
Vgl. Strambach, S., 1995, S. 88f.; Glückler, J., 2004, S. 25.
19
Vgl. Kaas, K. P., Schade, C., 1995, S. 1071.
20
Vgl. Grund, M., 1998, S. 91.
21
Vgl. Kaas, K. P., 1992a, S. 887.
22
Vgl. Becker, U., Schade, C., 1995, S. 327f.
23
diese Situation wird auch als ,,Dilemma der Leistungsbegründung bei Kontraktgütern" bezeichnet; Vgl. Becker, U.,
Schade, C., 1995, S. 328.
24
Vgl. Becker, U., Schade, C., 1995, S. 328.; Glückler, J., 2004, S. 25.
25
Vgl. Strambach, S., 1995, S. 96, 101.
11
2.1.3
Institutionelle Rahmenbedingungen des Beratungsmarktes
Neben den spezifischen Charakteristika der Beratungsleistung wird die Interaktion zwischen
Beratern und Kunden in hohem Maße durch die in diesem Teilbereich der Wirtschaft
vorherrschenden institutionellen Rahmenbedingungen stark beeinflusst. Das Segment der
Beratungsunternehmen ist in seiner institutionellen Zusammensetzung äußerst heterogen,
intransparent und komplex.
Die Grenzen zwischen freiberuflicher Tätigkeit und gewerblicher Unternehmung liegen in
keinem anderen Wirtschaftsbereich so nahe zusammen wie in diesem.
26
Weder ist der Markt
für Beratungsunternehmen in irgendeiner Weise reguliert bzw. formalisiert, noch gibt es ein
eindeutiges Berufsbild und schon gar kein entsprechendes Qualifikationsprofil eines
Beraters.
27
Manche große Strategieberatungsunternehmen beispielsweise rekrutieren eher
Physiker und Theologen als Absolventen wirtschaftsnaher Studiengänge. Erforderliche
Kriterien sind dabei vielmehr allgemeine intellektuelle Fähigkeiten, wie analytisches
Denkvermögen und Problemlösefähigkeiten, sowie Eigenschaften wie Kommunikations-
kompetenz, Flexibilität und Lernbereitschaft.
28
Ferner existieren im Segment der Beratungs-
unternehmen keine einheitlichen Qualitätsstandards bezüglich der Leistungsbewertung,
29
keine Honoraranordnungen und keine staatliche Berufsaufsicht. Es wird lediglich über sehr
allgemeine Anforderungen an Beratern wie die Einhaltung bestimmter Grundsätze und
Berufsprinzipien
das Bestreben unternommen einen Schutz der Berufsbezeichnung zu
erreichen.
30
Diese sind jedoch nur empfehlender Natur, eine gesetzlich vorgeschriebene
,,Verkammerung"
31
des Berufszweiges oder einheitliche Gebührenanordnung besteht bislang
nicht.
32
Aufgrund der niedrigen institutionellen Markteintrittsbarrieren herrscht neben der hohen
Heterogenität von Beratungsunternehmen auch eine hohe Volatilität von Marktein- und
austritten
33
sowie eine zunehmende Übernahme von Beratungsfunktionen durch Wirtschafts-
26
Vgl. Strambach, S., 1995, S. 89f.
27
Vgl. Perkuhl, U., 1998, S. 9.
28
Vgl. Ringsletter, M., Kaiser, S., Bürger, B., 2004, S. 52.
29
Vgl. Glückler, J., 2001a, S. 14.
30
Vgl. Ringsletter, M., Kaiser, S., Bürger, B., 2004, S. 52.; Strambach, S., 1993, S. 94.
31
Von ,,Verkammerung" wird gesprochen, wenn die Berufskammer eine Körperschaft öffentlichen Rechts ist und nicht
,,bloß" in der Rechtsform privatwirtschaftlicher Vereine organisiert ist.; Vgl. Strambach, S., 1995, S. 93.
32
Vgl. Ittermann, P., Sperling, H., 1998, S. 30.
33
Vgl. Glückler, J., 2004, S. 20.
12
prüfungsgesellschaften, Banken und Industrieunternehmen.
34
Große Wirtschaftsprüfungs-
gesellschaften erweitern beispielweise ihre Leistungsportfolios schon seit den 1970er Jahren
in den lukrativen jungen Beratungsmarkt mit IT- und Managementberatung.
35
Auch viele
Finanzdienstleister und Banken weiten ihre Beratungsaktivitäten durch Beteiligungs-
übernahmen oder durch die Gründung eigener Tochtergesellschaften (z.B. die Deutsche
Industrie Consult durch die Westdeutsche Landesbank) erheblich aus. Zudem positionieren
sich viele große Industrieunternehmen zunehmend auf dem Beratungsmarkt, indem sie interne
Beratungsstellen, Projektteams oder Abteilungen aufbauen und diese rechtlich
verselbständigen (z.B. Porsche, Volkswagen, Siemens) und mit der Reputation eigener
realisierter Restrukturierungen ihre Kompetenzen anbieten.
36
Das breite Problemspektrum wird ebenfalls in der nahezu unüberschaubaren Vielfalt
unterschiedlicher Beartungsschwerpunkte und Produkte deutlich.
So ging die Entwicklung
von der technischen Betriebsberatung, Revision und Treuhand um die Jahrhundertwende hin
zu der Rationalisierungs-, Organisations-, Beschaffungs- und Personalberatung. Heute stehen
nunmehr die Strategie-, Technologie- und Kulturberatung sowie die Unternehmens-
entwicklung im Mittelpunkt. Damit zeichnet sich der Trend zu einer alle Unternehmens-
bereiche umfassenden Beratung. Insbesondere große Beratungsunternehmen versuchen sich
als Generalisten bzw. Multispezialisten zu positionieren, indem sie ihren Kunden alle
möglichen Beratungsleistungen aus einer Hand anbieten. Auf diese Weise versuchen sie vor
allem Cross-Selling-Potentiale zu erschließen und eine stärkere Kundenbindung zu
erreichen.
37
Der Bundesverband Deutscher Beratungsunternehmen (BDU) e.V. spezifiziert
allein in Deutschland über 300 Beratungsthemen und 200 Beratungsbranchen.
38
Die beschriebenen institutionellen Rahmenbedingungen stellen mit ein Grund dafür dar, dass
Informationen über die Entwicklung von Beratungsunternehmen anhand amtlicher
statistischer Daten nicht vorhanden sind
39
bzw. die wenigen vorhandenen äußert
unterschiedlich sind. Folgende Tabellen 1 und 2 veranschaulichen beispielsweise, wie der
34
Vgl. Kaas, K. P., Schade, C., 1995, S. 1068.
35
Vgl. Glückler, J., 2004, S. 21.
36
Vgl. Ittermann, P., Sperling, H., 1998, S. 25.
37
Vgl. Meffert, H., 1990, S. 182.
38
Vgl. BDU, 1999, S. 5.
39
Vgl. Strambach, S., 1995, S. 94.
13
Markt für Beratungsunternehmen in den einzelnen Beratungsbereichen von dem BDU e. V.
und anschließend von der Lünendonk Consultancy + Research unterschiedlich eingeteilt wird.
Tabelle 1: Aufteilung des Marktes für Beratungsunternehmen in Deutschland (I)
Beratungsbereich Marktanteil
Managementberatung
Strategieberatung
- Unternehmensführung/ -organisation
11,7%
- Marketing
2,4%
- Controlling/Finanz- und Rechnungswesen
15,9%
Operations-Management
- Projektmanagement
6,8%
- Logistik
5,3%
- Technik
3,0%
- Qualitätsmanagement
2,3%
- Umweltmanagement
1,5%
IT-Beratung
- SAP-Implementierung, Electronic Commerce
42,0%
Human-Resource-Management
- Suche und Auswahl von Führungskräften
7,2%
- Personalentwicklung
1,7%
- Outplacement
0,1%
Quelle: nach BDU e.V., 1998, in: Enke, M., Geigenmüller, E.: Entwicklungstendenzen deutscher Unternehmens-
beratungen, Freiberger Arbeitspapiere, Nr. 7, 2001, S. 3.
Tabelle 2: Aufteilung des Marktes für Beratungsunternehmen in Deutschland (II)
Beratungsbereich Marktanteil
Organisations- und Führungsberatung
26,3%
"klassische" Managementberatung
23,7%
Logistik-Beratung
8,3%
Marketing-Beratung
6,6%
Finanz-Beratung/Merger & Akquisition
4,1%
Technologie-Beratung
3,3%
Weiterbildung/Training
1,8%
Quelle: nach Steiner/Lünendonk, 2000, S. 23, in: Enke, M., Geigenmüller, E.: Entwicklungstendenzen deutscher
Unternehmensberatungen, Freiberger Arbeitspapiere, Nr. 7, 2001, S. 3.
Als Zwischenfazit kann festhalten werden, dass im Segment der Beratungsunternehmen
äußerst gering regulierte rechtliche, organisatorische und qualifikationsspezifische
Rahmenbedingungen vorherrschen. Die geringe Institutionalisierung und Regulierung
impliziert auf der Beraterseite einen schnellen Marktzutritt, führt aber zugleich aufgrund der
14
großen Beraterheterogenität zu einem starken Wettbewerbsdruck.
40
Denn ,,(...) je leichter der
Eintritt neuer Konkurrenten, je größer die Markt- und Verhandlungsmacht von Abnehmern
und Lieferanten, je wahrscheinlicher das Auftreten von Substitutionsprodukten und je stärker
die Rivalität zwischen vorhandenen Wettbewerbern ist, desto größer der
Wettbewerbsdruck."
41
Auf Seite des Kunden bedingt die institutionelle Intransparenz und die
Beraterheterogenität eine hohe Leistungs- und Qualitätsunsicherheit, sogenanntes
,,performance risk", die die Auswahl des adäquaten Beraters und den gesamten
Interaktionsprozess erheblich erschwert.
42
Nun stellt sich die Frage, wie Beratungsunternehmen vor dem Hintergrund der
vorherrschenden institutionellen Rahmenbedingungen und der besonderen Eigenschaften der
Beratungsleistung es dennoch schaffen können in ausländische Zielmärkte einzutreten und
sich dort dauerhaft zu etablieren? Hierfür werden im nachfolgenden Kapitel einige gängige
Theorien herangezogen und auf ihre Relevanz zur Erklärung des Internationalisierungs-
prozesses von Beratungsunternehmen geprüft.
40
Vgl. Strambach, S., 1995, S. 95.; Glückler, J., 2004, S. 24.
41
Vgl. Picot, A., 1990, S. 120.
42
Vgl. Strambach, S., 1995, S. 95.; Glückler, J., 2004, S. 24.
15
2.2
Theorien der Internationalisierung von Beratungsunternehmen
2.2.1
Begriffsbestimmung
Unter Internationalisierung soll im Folgenden ,,jede Art der Aufnahme erstmaliger oder
zusätzlicher grenzüberschreitender Aktivitäten"
43
seitens des (Beratungs-)Unternehmens
verstanden werden, d.h. ,,(..) alle Formen grenzüberschreitender Tätigkeit, bei denen
mindestens eine Wertschöpfungsaktivität bzw. ein Wertschöpfungsprozess in mindestens
einem ausländischen Staat realisiert wird."
44
Internationalisierungsstrategien sind wiederum ,,längerfristige, bedingte Verhaltenspläne zur
Erreichung unternehmerischer Zielsetzungen auf Auslandsmärkten". Die Formulierung
solcher Strategien beruht auf subjektiven oder wissenschaftlich begründeten Wahrnehmungen
darüber, welche Faktoren die Internationalisierung bewirken und aus welchen Gründen sie
sich in bestimmten Formen, wie beispielsweise Kooperationen oder Direktinvestitionen
vollzieht. Daher ist es sinnvoll auf wissenschaftliche Erklärungsansätze zurückzugreifen, die
in einzelnen Problembereichen zum besseren Verständnis der Konzipierung von
Internationalisierungsstrategien helfen können.
45
Die einschlägige Literatur weist eine Vielzahl von wissenschaftlichen Erklärungsansätzen
vor, in denen die Frage nach den Motiven, Umständen und Formen der Internationalisierung
von Beratungsunternehmen behandelt wird. Die Kriterien, die dabei zur Charakterisierung
von internationalen Beratungsunternehmen herangezogen werden, sind sehr zahlreich und
werden teilweise kontrovers diskutiert.
46
In den nachfolgenden Abschnitten wird auf drei
Konzepte eingegangen, die besondere Bedeutung und häufige Anwendung in der empirischen
Forschung genießen: der Transaktionskostenansatz, die Netzwerktheorie und der
embeddedness-Ansatz.
43
Vgl. Reineke, R. D., 1992, S. 139.
44
Vgl. Zentes, J., Morschett, D., 2003, S. 52.
45
Vgl. Schoppe, S., 1990, S. 153.
46
Vgl. Reineke, R. D., 1992, S. 135.
16
2.2.2
Der Transaktionskostenansatz
Viele ökonomische Analysen zur Internationalisierung befassen sich mit der Frage, warum
Unternehmen zur Ausweitung ihrer Geschäftaktivitäten auf ausländische Märkte Direkt-
investitionen tätigen, anstatt mit ausländischen Partnern zu kooperieren oder ihre Leistungen
zu exportieren. Eine Erklärung dafür liefert den Transaktionskostenansatz.
Dem Transaktionskostenansatz liegt der Annahme zugrunde, dass auf den Märkten
Wettbewerb und verschiedene Formen von Marktunvollkommenheiten herrschen, die in erster
Linie aus Informationsasymmetrien und opportunistischem Handeln
47
der Akteure erwachsen.
Diese Marktunvollkommenheiten und Unsicherheiten beeinflussen auch die Internationalisie-
rungsentscheidung von Unternehmen. So ist es für die Unternehmen rational, ihre Auslands-
aktivitäten unter ihrer eigenen Kontrolle zu bringen bzw. zu internalisieren,
48
wenn sie damit
Transaktionskosten
49
minimieren können, die bei einer unternehmensexternen Durchführung
entstehen würden.
50
Die ökonomischen Gründe im Transaktionskostenansatz liegen somit in
der Minimierung von Transaktionskosten.
51
Williamson, der wohl bekannteste Vertreter des Transaktionskostenansatzes, differenziert
zwischen Markt (market governance) und Hierarchie
52
(unified governance) als alternative
Koordinationsformen. Im Mittelpunkt wird die Frage des ,,make or buy" gestellt, also
inwiefern Transaktionen innerhalb des Unternehmens oder über den Markt erfolgen sollen.
53
Dabei gilt die ,,efficient boundary" als die Grenze, bis zu der Transaktionen unternehmens-
intern effizienter als unternehmensextern durchgeführt werden können. Der Markt (z.B. in
Form von Export) ist nur dann die beste Koordinationsform, wenn Transaktionskosten durch
spezifische Investitionen nicht gesenkt und Transaktionserlöse nicht gesteigert werden
können. Marktartige Transaktionen zwischen den Akteuren sind dabei kurzfristiger Natur und
47
Das opportunistische Handeln ist eine Grundannahme von Williamson, die bei der Bestimmung von Transaktionskosten
einfließt und bezeichnet, dass die Akteure im Rahmen gegebener Handlungsspielräume eigene Interessen verfolgen. Sie
neigen somit, sobald sie die Möglichkeit haben, zu opportunistischem Handeln, indem sie die Handlungsspielräume
entsprechend ihrer eigenen Interessen nutzen, gegebenenfalls auch zum Nachteil anderer.; Vgl. Picot., A., Dietl., H.,
1990, S. 178.; Strambach, S., 1995, S. 97.
48
Der Begriff der Internalisierung bezieht sich auf die horizontale und vertikale Integration von Arbeit, Kapital und
Technologie in das Unternehmen.; Vgl. Sydow, J., 1992, S. 105.
49
,,Transaktionskosten umfassen die ex ante- und ex post-Kosten für Informationsbeschaffung, Verhandlung,
Vertragsgestaltung, Überwachung, Absicherung und nachträgliche Vertragsanpassung bei Wahl einer hybriden
Organisationsform." Vgl. Kutschker, M., Mößlang, A., 1996, S. 330.
50
Vgl. O'Farrell, P., Scheuer, M., Schmidt, E., 1999, S. 19ff.
51
Vgl. Williamason, O. E., 1985, S. 52.
52
Aus der Perspektive des Transaktionskostenansatzes können Hierarchien jedoch nicht nur auf Unternehmen reduziert
werden.; Vgl. Strambach, S., 1995, S. 86.
17
werden insbesondere über den Preis und den Wettbewerb koordiniert. ,,The stereotypical
competitive market is the paradigm of individually self-interested, noncooperative,
unconstrained social interaction."
54
Die Hierarchie (z.B. in Form von Direktinvestitionen) ist
die überlegene Koordinationsform, wenn in einer Geschäftsbeziehung hohe spezifische
Investitionen bei hoher Unsicherheit und häufig wiederholten Transaktionen erforderlich
sind.
55
Kennzeichnend für hierarchisch organisierte Beziehungen ist, dass sie auf Dauer
angelegt und formalisiert sind, was vor allem Stabilität und Kontinuität bei der Interaktion der
Akteure ermöglicht. Zentrale Steuerungs- und Koordinationsmechanismen hierbei sind
Weisungen,
56
insbesondere die der Unternehmensleitung gegenüber einer begrenzten Zahl
von Organisationsmitgliedern.
57
Casson erweitert diese Überlegungen durch die Feststellung, dass eine Internalisierung
besonders dann wichtig ist, wenn die Anbieter-Nachfrager-Kommunikation und die Qualitäts-
kontrolle von besonderer Bedeutung sind was gerade für die Leistungen von Beratungs-
unternehmen der Fall ist.
58
Der hohe Informationsgehalt in Transaktionen von Beratungs-
leistungen verbunden mit dem Bedürfnis nach einem engen Kundenkontakt, erfordert also
nach dem Transaktionskostenansatz die Einrichtung von Tochtergesellschaften und eigener
Niederlassungen vor Ort, um die Leistungsqualität auch im Ausland sicherstellen zu können.
59
Darüber hinaus ermöglicht die vertikale Integration eines Beratungsunternehmens eine
Vermeidung opportunistischer Handlungen und Sicherstellung der nötigen Kontrolle und
Steuerung von spezifischen, häufigen und unsicheren Transaktionen,
60
ohne den direkten
Kontakt mit den Kunden zu vernachlässigen.
61
Es lässt sich festhalten, dass der Transaktionskostenansatz einen erkenntnistheoretisch
wertvollen Beitrag für das Verständnis der Herausbildung sozioökonomischer Koordinations-
formen leistet und ein theoretisch fundierter Bezugsrahmen für die Gestaltung wirtschaftlicher
Aktivitäten zur Verfügung stellt.
62
Dennoch gerät das Modell des Transaktionskostenansatzes
53
Vgl. Söllner, A., 1993, S. 151f.
54
Vgl. Strambach, S., 1995, S. 84ff.
55
Vgl. Kaas, K. P., 1992b, S. 49.
56
Vgl. Strambach, S., 1995, S. 86.
57
Vgl. Sydow, J., 1992, S. 98.
58
Vgl. Köhler, L., 1995, S. 76.
59
Vgl. O'Farrell, P., Scheuer, M., Schmidt, E., 1999, S. 20.
60
Vgl. Glückler, J., 2004, S. 56.
61
Vgl. O'Farrell, P., Scheuer, M., Schmidt, E., 1999, S. 21.
62
Vgl. Picot, A., Dietl, H., 1990, S. 182f.
18
häufig in die Kritik. Einige der in der Literatur aufgeführten Kritikpunkte sind auch für die
Erklärung der Internationalisierung von Beratungsunternehmen relevant.
Ein häufig geäußerter Kritikpunkt am Transaktionskostenansatz ist, dass
sich dessen
Argumentation zumeist nur zur Erklärung der Internationalisierung großer multinationaler
Beratungsunternehmen eignet. Für die Erklärung des Internationalisierungsverhaltens von
kleinen und mittleren Beratungsunternehmen wird der Transaktionskostenansatz als ein-
geschränkt eingeschätzt. Den Ergebnissen einer britischen Studie zufolge erfolgt die
Vermarktung der Beratungsleistungen von kleinen und mittleren Unternehmen auf
ausländischen Märkten hauptsächlich durch den Austausch auf dem Markt und weniger durch
das Tätigen von Direktinvestitionen. Einer der Gründe hierfür besteht darin, dass die
Beratungsleistungen ,,joint products" sind, also meistens im Zusammenarbeit zwischen
Berater und Kunden erstellt werden, so dass bei deren Export den Unsicherheitsproblemen,
die für den Transaktionskostenansatz von zentraler Bedeutung sind, eine untergeordnete Rolle
zukommt.
63
Ein weiterer Grund liegt daran, dass die erforderlichen Investitionen bei kleinen
und mittleren Beratungsunternehmen relativ zu den verfügbaren Unternehmensressourcen
meistens größer sind als bei Großunternehmen. Darüber hinaus verfügen kleine und mittlere
Beratungsunternehmen über begrenzte Kapital- und Managementressourcen, was dazu führen
kann, dass ,,weniger optimale" Organisationsformen eingesetzt werden.
Ferner verfahren
Unternehmen mit eingeschränkten Managementkapazitäten häufig spontaner in ihren
Entscheidungsprozessen und neigen eher zu kurzfristigeren Zielsetzungen.
64
Am Transaktionskostenansatz wird darüber hinaus kritisiert, dass Unternehmen häufig andere
Motive für ihre internationalen Aktivitäten haben als eine Minimierung von Transaktions-
kosten.
65
Ein weiterer Kritikpunkt bezieht sich darauf, dass die Wahl der Organisationsform
für den internationalen Markteintritt im Rahmen des Transaktionskostenansatzes allein auf
unternehmensinternen Bedingungen basiert, so dass externe Kontextbedingungen nicht
explizit berücksichtigt bzw. vernachlässigt werden.
66
Schließlich wird am Transaktions-
63
Vgl. O'Farrell, P., Scheuer, M., Schmidt, E., 1999, S. 21.
64
Vgl. Glückler, J., 2004, S. 43.
65
Vgl. O'Farrell, P., Scheuer, M., Schmidt, E., 1999, S. 21.
66
Vgl. Köhler, L., 1995, S. 77.
Details
- Seiten
- Erscheinungsform
- Originalausgabe
- Erscheinungsjahr
- 2004
- ISBN (eBook)
- 9783832491789
- ISBN (Paperback)
- 9783838691787
- DOI
- 10.3239/9783832491789
- Dateigröße
- 829 KB
- Sprache
- Deutsch
- Institution / Hochschule
- Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen – Wirtschaftswissenschaften
- Erscheinungsdatum
- 2005 (Dezember)
- Note
- 1,3
- Schlagworte
- internationalisierung beratungsunternehmen netzwerkansätze
- Produktsicherheit
- Diplom.de