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Betriebliche und private Altersvorsorge in Deutschland im internationalen Vergleich

©2005 Diplomarbeit 111 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Problemstellung:
Die Alterssicherung ist ein dynamisches System, das sich gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Veränderungen ständig anpassen muss. Diese Anpassung erfolgt Phasenweise in kleinen Schritten, dann wieder in großen Sprüngen. Das zeigt sowohl der Blick zurück in die Geschichte als auch der internationale Vergleich. Immer wieder stehen Gesellschaften vor neuen Herausforderungen.
Die Herausforderungen unserer Zeit sind in allen entwickelten Industrieländern gleich. Der alte Bevölkerungsteil nimmt aufgrund einer stetig steigernden Lebenserwartung bei rückläufigen Geburten zahlenmäßig überall zu. Zugleich werden dauerhafte Vollzeitarbeitsplätze vermehrt durch Teilzeitarbeit, geringfügige Beschäftigungsverhältnisse, befristete Tätigkeit und ähnliches ersetzt. Damit bricht das Fundament der herkömmlichen Alterssicherung, das eine Bevölkerung mit wenigen Alten und vielen Jungen sowie einem hohen Anteil dauerhaft Vollzeitbeschäftigter benötigt, zusammen.
Zwar muss die Regierung in jedem Land diese Fragen selbst beantworten und die jeweils eigene Konsequenzen ziehen, aber nicht jedes Land muss das Rad noch einmal neu erfinden. Es ist sinnvoll Vergleiche zu ziehen, Erfahrungen auszutauschen und von guten Ansätzen aus anderen Ländern zu lernen. Dabei geht es nicht darum, bei irgendjemand abzuschreiben. Ein auf Deutschland übertragbares Modell gibt es nicht. Dazu sind die demographischen und ökonomischen, vor allem aber auch die historischen und kulturellen Unterschiede zwischen den Ländern zu groß. Aber anderen über die Schulter zu schauen dürfte lohnen. Diesem Zweck dient die vorliegende Diplomarbeit.
Zwei Gründe machen einen internationalen Vergleich von Alterssicherungssystemen interessant: Erstens stehen die Alterssicherungssysteme in der EU und in den meisten OECD-Länder vor ganz ähnlich gelagerten Finanzierungsproblemen. Zweitens stehen gerade die EU-Mitgliedstaaten vor einer weiteren Herausforderung, die sich aus Koexistenz unterschiedlicher Alterssicherungs- und Steuersysteme und dem Streben größtmöglicher Freiheit des Waren-, Dienstleistungs- und Kapitalverkehrs sowie der Arbeitskräftemobilität innerhalb des EU-Binnenmarktes ergibt.
Das Hauptziel dieser Arbeit ist es, das Problem der Alterssicherung ganzheitlich und in der Ausstrahlung auf die 3 Säulen der nationalen Alterssicherungssysteme unter Berücksichtigung aller aktuellen Entwicklungen zu untersuchen. Da es nicht möglich ist, die Alterssicherungssysteme […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


ID 9173
Markus, Elena: Betriebliche und private Altersvorsorge in Deutschland im internationalen
Vergleich
Hamburg: Diplomica GmbH, 2005
Zugl.: Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen (ehemals FH
Nürtingen), Diplomarbeit, 2005
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Diplomica GmbH
http://www.diplom.de, Hamburg 2005
Printed in Germany

Inhaltsverzeichnis
I
Inhaltsverzeichnis
ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS... IV
ABBILDUNGSVERZEICHNIS... V
GLIEDERUNG
1. Einleitung... 1
1.1 Problemstellung und Zielsetzung der Arbeit...1
1.2 Methodische Vorgehensweise und Aufbau...3
2. Alterssicherung in der Bundesrepublik Deutschland...4
2.1 Überblick über die Alterssicherungssysteme in Deutschland... 4
2.1.1 Das ,,Drei-Säulen-Modell" der Altersversorgung... 5
2.1.2 Erste Säule: Gesetzliche Rentenversicherung... 6
2.1.3 Zweite Säule: Betriebliche Altersvorsorge... 11
2.1.4 Dritte Säule: Private Altersvorsorge... 12
2.2 Die Situation der gesetzlichen Rentenversicherung in Deutschland...13
2.2.1 Geschichtliche Hintergründe der Rentenversicherung... 13
2.2.1.1 Generationenvertrag...14
2.2.1.2 Weitere wichtige Rentenreformen...:15
2.2.2 Hauptprobleme der GRV... 17
2.2.2.1 Aktuelle Demographische Entwicklung... 18
2.2.2.2 Wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung... 23
2.3 Notwendigkeit der privaten und betrieblichen Altersvorsorge... 24
3. Betrieblichen Altersversorgung in Deutschland...30
3.1 Einleitung...30
3.2 Allgemeines...31
3.2.1 Begriff der betrieblichen Altersversorgung... 31
3.2.2 Geschichte der betrieblichen Altersversorgung...31
3.3 Wesensmerkmale
der
betrieblichen Altersversorgung... 33
3.4 Rechtliche Grundlagen der betrieblichen Altersversorgung...34
3.5 Versorgungsverhältnis...34
3.5.1 Versorgungszusage... 34
3.5.2 Durchführungswege der betrieblichen Altersversorgung...35
3.5.2.1 Unmittelbare Versorgungszusage (Direktzusage)... 36
3.5.2.2 Mittelbare Durchführungswege... 37
3.5.2.3 Durchführungswege im internationalen Vergleich... .39
3.5.3 Rechtsbegründungsakt... 40
3.5.4 Ausgestaltung der Versorgungszusage... 41
3.5.4.1 Beitragsorientierte Leistungszusage...41
3.5.4.2 Leistungszusage... 41
3.5.4.3 Betragszusage mit Mindestleistung... 41
3.5.4.4 Entgeltumwandlung...41
3.6 Anspruch auf BAV durch Entgeltumwandlung... 42
3.6.1 Entgeltumwandlung gemäß § 1 Absatz 2 Nr. 3 BetrAVG...42
3.6.2 Gesetzlicher Anspruch der Arbeitnehmer auf BAV...43
3.6.3 Anspruchsberechtigte... 43
3.6.4 Durchführung des Anspruchs... 44

Inhaltsverzeichnis
II
3.6.4.1 Vereinbarung... 44
3.6.4.2 Die
Durchführungswege... 45
3.6.5 Umsetzung des Anspruchs... 46
3.6.5.1 Anspruchausschluss
bei
bestehender BAV... 46
3.6.5.2 Zahlungsmodus... 47
3.6.5.3 Unverfallbarkeit... 47
3.6.5.4
Abfindung und Übertragung der unverfallbaren
Anwartschaften... 47
3.6.5.5 Entgeltumwandlung
und tarifliche Regelungen... 48
3.6.6 Fördermöglichkeiten der betrieblichen Altersvorsorge... 48
3.6.6.1 Riester-Förderung... 48
3.6.6.2 Pensionsfonds,
Pensionskasse und Direktversicherungs-
Förderung... 49
3.6.6.3 Nachgelagerte
Besteuerung... 49
3.6.7 Zwischenfazit... 51
4. Private Altersvorsorge in Deutschland... 52
4.1 Was ist systematische private Altersvorsorge?... 52
4.2 Anforderungen an die private Altersvorsorge... 52
4.2.1 Absicherung gegen biometrische Risiken... 53
4.2.2 Aufbau einer Liquiditätsreserve... .54
4.2.3 Sicherheit... 54
4.2.4 Rentabilität... .55
4.2.5 Liquidität... .55
4.3 Überblick über den Markt für Alterssicherungsprodukte in Deutschland... .57
4.3.1 Lebensversicherungen... 58
4.3.2 Spareinlagen... 58
4.3.3 Aktien... 58
4.3.4 Investmentfonds... .59
4.3.5 Immobilien... 60
4.3.6 Riester-Förderung... 61
5. Europäische Alterssicherung im Vergleich... 63
5.1 Einleitung... 63
5.2 Die Alterssicherung in der Schweiz... 63
5.2.1 Die drei Säulen der schweizerischen Alters-, Hinterlassenen- und
Invalidenvorsorge... 63
5.2.1.1 Die erste Säule: Eine gesamtschweizerische,
existenzsichernde AHV/IV, mit kantonalen
Ergänzungsleistungen im Bedarfsfall... 64
5.2.1.2 Die zweite Säule: Eine berufliche Vorsorge mit
gesetzlicher Minimalversicherung und freiwilliger
Höherversicherung... 66
5.2.1.3 Die dritte Säule: Eine individuelle, gebundene und/oder
freie Selbstvorsorge... .68
5.2.2 Fazit... 70
5.3 Die Alterssicherung in den Niederlanden... 70
5.3.1 Die drei Säulen des niederländischen Rentensystems... 70
5.3.1.1 Das staatliche Rentensystem... 71

Inhaltsverzeichnis
III
5.3.1.2 Betriebsrente... 72
5.3.1.3 Freiwillige Rentensparpläne... 73
5.3.2 Wechselwirkungen zwischen den drei Säulen... 73
5.3.3 Schlussfolgerungen... 75
5.4 Die Alterssicherung in Großbritannien... 75
5.4.1 Die drei Säulen des britischen Rentensystems... 75
5.4.1.1 Das staatliche Alterssicherungssystem... 75
5.4.1.2 Betriebsrenten... 77
5.4.1.3 Freiwillige Rentensparpläne... 78
5.4.2 Fazit... 78
5.5 Umlagefinanzierung versus Kapitaldeckung... 79
5.6 Koordinierung der Alterssicherung auf der EU-Ebene... 83
6. Schlussbetrachtung... 89
LITERATURVERZEICHNIS... 92
EIDESSTAATLICHE EKLÄRUNG... 100
ANHANG

Abkürzungsverzeichnis
IV
ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS
AVmG Altersvermögensgesetz
Art.
Artikel
BAFin
Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht
BAV betriebliche
Altersversorgung
BBG Beitragsbemessungsgrenze
BfA
Bundesanstalt für Angestelltenversicherung
BetrAVG Betriebsrentengesetz
bzw.
beziehungsweise
ca
circa
d.h.
das heißt
EG
Europäische
Gemeinschaft
EU
Europäische
Union
GRV
Gesetzliche
Rentenversicherung
i.H.v.
in
Höhe
von
LVA
Landesvesicherungsanstalt
z.B.
zum
Beispiel
z.T.
zum
Teil

Abbildungsverzeichnis
V
ABBILDUNGSVERZEICHNIS
Abb. 1: Drei Säulen der Altersversorgung... 5
Abb. 2: Die Dominanz der gesetzlichen Rentenversicherung... 5
Abb. 3: Altersaufbau der Bevölkerung in Deutschland... 19
Abb. 4: Fernere Lebenserwartung... 21
Abb. 5: Einnahmen und Ausgabe der GRV 2001-2003... 25
Abb. 6: Der Bundeszuschuss zur gesetzlichen Rentenversicherung in Mrd. Euro... 25
Abb. 7: Direkter und indirekter Beitragssatz zur GRV... 26
Abb. 8:
Einkommensquellen der Rentner im Vergleich ausgewählter Länder... 30
Abb. 9: Die Direktzusage dominiert... 36
Abb. 10: Das magische Dreieck der Vermögensanlage... 56
Abb. 11: Präferenzen der Bundesbürger bei privaten Altersvorsorgeprodukten... 61
Abb. 12: Das Kapitaldeckungsverfahren... 80
TABELENVERZEICHNIS
Tab. 1: Alterssicherung für verschiedene Gruppen von Erwerbstätigen in
Deutschland... 4
Tab. 2: Beispiel der Rentenbeitragsberechnung... 9
Tab. 3: Gesamtes Geldvermögen, Altersvorsorgevermögen und Pensionsfonds-
Vermögen in ausgewählten Ländern... 40

1 Einleitung
1
,,Das Sicherste an der gesetzlichen Rente
ist die Versorgungslücke"
(André Kostolany)
1. Einleitung
1.1 Problemstellung und Zielsetzung der Arbeit
Die Alterssicherung ist ein dynamisches System, das sich gesellschaftlichen
und wirtschaftlichen Veränderungen ständig anpassen muss. Diese
Anpassung erfolgt Phasenweise in kleinen Schritten, dann wieder in großen
Sprüngen. Das zeigt sowohl der Blick zurück in die Geschichte als auch der
internationale Vergleich. Immer wieder stehen Gesellschaften vor neuen
Herausforderungen.
Die Herausforderungen unserer Zeit sind in allen entwickelten
Industrieländern gleich. Der alte Bevölkerungsteil nimmt aufgrund einer stetig
steigernden Lebenserwartung bei rückläufigen Geburten zahlenmäßig überall
zu. Zugleich werden dauerhafte Vollzeitarbeitsplätze vermehrt durch
Teilzeitarbeit, geringfügige Beschäftigungsverhältnisse, befristete Tätigkeit
und ähnliches ersetzt. Damit bricht das Fundament der herkömmlichen
Alterssicherung, das eine Bevölkerung mit wenigen Alten und vielen Jungen
sowie einem hohen Anteil dauerhaft Vollzeitbeschäftigter benötigt,
zusammen.
Zwar muss die Regierung in jedem Land diese Fragen selbst beantworten
und die jeweils eigene Konsequenzen ziehen, aber nicht jedes Land muss
das Rad noch einmal neu erfinden. Es ist sinnvoll Vergleiche zu ziehen,
Erfahrungen auszutauschen und von guten Ansätzen aus anderen Ländern
zu lernen. Dabei geht es nicht darum, bei irgendjemand abzuschreiben. Ein
auf Deutschland übertragbares Modell gibt es nicht. Dazu sind die
demographischen und ökonomischen, vor allem aber auch die historischen
und kulturellen Unterschiede zwischen den Ländern zu groß. Aber anderen
über die Schulter zu schauen dürfte lohnen. Diesem Zweck dient die
vorliegende Diplomarbeit.
Zwei Gründe machen einen internationalen Vergleich von Alterssicherungs-
systemen interessant: Erstens stehen die Alterssicherungssysteme in der EU
und in den meisten OECD-Länder vor ganz ähnlich gelagerten

1 Einleitung
2
Finanzierungsproblemen. Zweitens stehen gerade die EU-Mitgliedstaaten vor
einer weiteren Herausforderung, die sich aus Koexistenz unterschiedlicher
Alterssicherungs- und Steuersysteme und dem Streben größtmöglicher
Freiheit des Waren-, Dienstleistungs- und Kapitalverkehrs sowie der
Arbeitskräftemobilität innerhalb des EU-Binnenmarktes ergibt.
Das Hauptziel dieser Arbeit ist es, das Problem der Alterssicherung
ganzheitlich und in der Ausstrahlung auf die 3 Säulen der nationalen
Alterssicherungssysteme unter Berücksichtigung aller aktuellen
Entwicklungen zu untersuchen. Da es nicht möglich ist, die
Alterssicherungssysteme aller Mitgliedsländer hier zu behandeln, habe ich
neben Deutschland unsere beiden unmittelbaren Nachbarn, die Niederlande
und die Schweiz ausgewählt. Weiterhin wird auf Großbritannien
eingegangen.
Darüber hinaus sollen die vorhandene Ähnlichkeiten und Unterschiede bei
der Ausgestaltung der nationalen Alterssicherungssysteme der hier
betrachteten Länder darauf untersucht werden, ob sich auf der Basis des
internationalen Vergleichs so etwas wie ein einheitliches Grundmuster der
Alterssicherungssysteme entwickelter Industrieländer herausschält.
1.2 Methodische Vorgehensweise und Aufbau
Um dieses Ziel zu erreichen wird zunächst im zweiten Kapitel das System
der Alterssicherung in Deutschland und deren drei Säulen kurz erklärt.
Zudem werden die Wurzeln der gesetzlichen Rentenversicherung, die immer
noch die Hauptversorgungslast tragende Säule darstellt, betrachtet. Davon
ausgehend wird dann die aktuelle Situation der Gesetzlichen
Rentenversicherung und deren Probleme näher erläutert. Diese Vorarbeit
soll den hohen Stellenwert einer betrieblichen und privaten Vorsorge
aufzeigen, denn die Gründe für die Notwendigkeit der Stärkung der beiden
anderen Säulen offenbaren sich am besten, wenn man sich den derzeitigen
Zustand der Alterssicherungssysteme in Deutschland und deren
Schwachstellen vergegenwärtigt. Im dritten Kapitel werden die Grundzüge
und Inhalte der betrieblichen Altersversorgung in Deutschland skizziert, aber
nur insoweit, als es für das Verständnis des Zusammenhangs zur

1 Einleitung
3
kapitalgedeckten Altersvorsorge erforderlich ist. Das vierte Kapitel soll einen
knappen Überblick über den Markt für Altersvorsorgeprodukte in Deutschland
bieten und Anforderungen an eine private Altersvorsorge definieren. Hier soll
auch deutlich gemacht werden, dass aufgrund von Zielkonflikten des
Anlegers bzw. der Produkte möglichst immer eine Kombination aus
mehreren Produkten gewählt werden sollte. Um einen Überblick über die
Systematik der Altersvorsorge in anderen Ländern zu erhalten, werden in
Kapitel 5 die Alterssicherungssysteme ausgewählter Staaten skizziert.
Ausgehend von den verschiedenen Erfahrungen und Ansätzen bezüglich der
Gestaltung von Alterssicherungssystemen wird des Weiteren die
Finanzierung der Altersvorsorge durch Kapitaldeckung einem
umlagefinanzierten System gegenübergestellt. Anschließend wird die
Koordinierung der Alterssicherung auf der EU-Ebene kurz skizziert. Das
sechste Kapitel fasst abschließend wesentliche Erkenntnisse zusammen.

2 Alterssicherung in der Bundesrepublik Deutschland
4
2.
Alterssicherung in der Bundesrepublik Deutschland
2.1 Überblick über die Alterssicherungssysteme in Deutschland
In der Bundesrepublik Deutschland besteht ein komplexes
Alterssicherungssystem, das sich durch eine Vielseitigkeit an Institutionen
und Leistungsmerkmalen auszeichnet. Auch hinsichtlich der Finanzierung
gibt es verschiedene Möglichkeiten. Ein besonderes Kennzeichen der
Alterssicherung in Deutschland ist ihre Anknüpfung an die Erwerbstätigkeit
und das Erwerbseinkommen, sowohl im Hinblick auf den
versorgungsberechtigten Personenkreis als auch auf die Berechnung von
Beiträgen und Leistungen.
1
Das heterogene Gesamtbild des Alterssicherungssystems wird durch die
berufliche Stellung der Bevölkerungsgruppen bestimmt. Die Tabelle 1 zeigt
einen Überblick der verschiedenen Erwerbstätigengruppen, die von unter-
schiedlichen gesetzlich verankerten Sicherungssystemen bedient werden.
2
Tab. 1: Alterssicherung für verschiedene Gruppen von Erwerbstätigen in Deutschland
Alterssicherung für verschiedene Gruppen von Erwerbstätigen in Deutschland
Personenkreis Sicherungssystem
Arbeiter- und Angestellte
Abhängig Beschäftigte
BfA und LVA
Seekasse
Betriebliche Altersversorgung
Selbständige
Landwirte
Freie Berufe
Handwerker
Künstler
Sonstige
Beschäftigte im Bergbau
Beamte (einschließlich Richter und
Berufssoldaten)
Altershilfe für Landwirte
Berufsständische Versorgungswerke
Handwerkversicherung (integriert in die ARV)
Künstlersozialversicherung
Freiwillige Pflichtversicherung oder auf Antrag
Knappschaftskasse
Beamtenversorgung mit Zusatzversorgung im
öffentlichen Dienst (ZöD)
Quelle: Der Verfasser, in Anlehnung an Tepper, J.: Die drei Säulen der Altersvorsorge, Wiesbaden 2003, S. 40
Neben diesen gesetzlich verankerten Systemen existieren diverse
ergänzende private Alterssicherungen in der Bevölkerung (z.B.
Lebensversicherungen, Immobilien, Ersparnisse usw.). Getragen wird die
1
vgl. Naber, K.: Reformnotwendigkeit der bedeutenden Alterssicherungssysteme in der Bundesrepublik
Deutschland, Karlsruhe 2001, S. 1
2
vgl. Tepper, J.: Die drei Säulen der Altersvorsorge. Konzepte auf dem Prüfstand, 1. Aufl., Wiesbaden 2003, S. 40

2 Alterssicherung in der Bundesrepublik Deutschland
5
Alterssicherung durch die allgemein bekannte Unterteilung in das so
genannte Drei-Säulen-Model
.3
2.1.1 Das ,,Drei-Säulen-Modell" der Altersversorgung
Das Gesamtsystem der Alterssicherung in Deutschland also ruht, wie in den
meisten anderen europäischen Ländern, auf drei Säulen. Allerdings sind
diese in Deutschland und den übrigen Vergleichsländern unterschiedlich
definiert. In Deutschland steht die erste Säule für die gesetzliche
Rentenversicherung, die zweite für die freiwillige
zusätzliche betriebliche
Altersversorgung und die dritte für individuelle bzw. private Altersvorsorge.
4
Diese drei Säulen unterscheiden sich sowohl hinsichtlich ihrer Zielsetzung
als auch bezüglich ihrer Finanzierung.
5
Innerhalb dieses Drei-Säulen-Systems der Alterssicherung ist die Bedeutung
der einzelnen Säulen, gemessen an ihrem Beitrag zum Gesamteinkommen
von Rentenhaushalten, allerdings höchst ungleich ausgestaltet. Den weitaus
größten Anteil tragen die öffentlich-rechtlichen Pflichtsysteme, insbesondere
die gesetzliche Rentenversicherung.
6
Ihre herausragende Stellung in der
Alterssicherung zeigt sich in der Höhe des Leistungsniveaus, das sie
garantiert. So machen die Leistungen der GRV durchschnittlich etwa 80
Prozent des gesamten Einkommens der Rentenhaushalte aus.
7
Laut dem
statistischen Bundesamt leistete die GRV im Jahr 2000 Ausgaben in Höhe
von 217,6 Mrd. Euro, davon entfielen ca. 180 Mrd. Euro auf
Rentenzahlungen. Allein diese Rentenzahlungen entsprechen 9,2 Prozent
des Bruttoinlandsprodukts (2000: 1962,8 Mrd. Euro).
8
Mit 220 Mrd. Euro
übertrafen die Ausgaben der öffentlichen Rentenkassen 2001 die
Leistungen der Lebensversicherer um das Vierfache und die Summe der
Betriebsrenten um das 15fache (vgl. Abbildung 2). Für den größten Teil der
Bevölkerung trägt in Deutschland die gesetzliche Rentenversicherung die
3
vgl. Tepper, J.: a.a.O., S. 40f
4
vgl. Deutsches Institut für Altersvorsorge GmbH (Hrsg.) (1999): Gesetzliche Alterssicherung. Reformerfahrungen
im Ausland. Ein systematischer Vergleich aus sechs Länder, Köln, 1999, S. 5
5
vgl. Schmeisser, W.; Bischoff, B.: Neustrukturierung der drei Säulen des Alterssicherungssystems in Deutschland
im Spiegel einer länderübergreifender Betrachtung­, 1. Aufl., Mering, München 2003, S. 9
6
vgl. Deutsches Institut für Altersvorsorge GmbH (Hrsg.) (2001): Die Deutschen und ihr Geld. Einkommen,
Vermögen und Alterssicherung, 2. völlig neu bearbeitete Auflage, Köln, 2001, S. 56f
7
vgl. Ernst & Young/VDR: Ratgeber zur Altersvorsorge. Private und betriebliche Vorsorgeformen, Bonn 2001, S. 39
8
vgl. Gigl, Markus; Wid, Bernd: Modelle der betrieblichen Altersversorgung. Ein Leitfaden für Unternehmen und
deren Berater, 4. Aufl., Stuttgart 2003, S. 5

2 Alterssicherung in der Bundesrepublik Deutschland
6
Hauptlast.
9
Damit dominiert die erste Säule und verdrängt fast vollständig die
beiden anderen.
10
Abb.1: Dominanz der GRV - Auszahlungen aus den drei Säulen in Mrd. Euro (Stand: 2001)
Quelle: DIA 2003, http://www.dia-vorsorge.de/df_050101.htm
Eine ähnlich hohe Abhängigkeit der Bevölkerung von den gesetzlichen
Renten besteht auch in anderen OECD-Staaten. In Spanien
11
liegt der
Leistungsanteil sogar bei 90 Prozent.
12
2.1.2 Erste Säule: Gesetzliche Rentenversicherung
Die gesetzliche Rentenversicherung ist die bedeutendste Institution im
Alterssicherungssystem in Deutschland. Dies bezieht sich sowohl auf den
Umfang der versicherten Personenkreise als auch auf den Umfang und die
Höhe der Leistungen sowie die Art und die Höhe der Finanzierung der
Rentenversicherung.
13
Sie stellt durch die Altersrente den wichtigsten Ersatz
des Erwerbseinkommens bereit, wobei dieses Basissicherugssystem der
GRV im Sinne einer Grundsicherung nicht allein die volle Absicherung des
erreichten Lebensstandards im Alter gewährleisten kann. Das
Absicherungsniveau in der GRV wird nicht in Beziehung zum eigenen
Arbeitsentgelt, sondern in Bezug auf das durchschnittliche Arbeitsentgelt
aller jeweils Beschäftigten berechnet
14
und liegt derzeit bei etwa 70 %,
wobei zukünftig eine langsame Absenkung auf 67 % erfolgen soll.
15
Ziel der
9
vgl. Deutsches Institut für Altersvorsorge GmbH (Hrsg.) (2001): a.a.O., S. 55
(aktualisiert durch den Verfasser, in Anlehnung an http://www.dia-vorsorge.de/df_050101.htm)
10
vgl. Deutsches Institut für Altersvorsorge GmbH (Hrsg.) (1999): Gesetzliche Alterssicherung. Reformerfahrungen
im Ausland. Ein systematischer Vergleich aus sechs Länder, Köln, S. 5
11
vgl. Abb. 8 unter 3.1.
12
vgl. Gigl, Markus; Wid, Bernd: a.a.O., S. 5
13
vgl. Naber, K.: a.a.O., S. 4
14
vgl. Naber, K.: a.a.O., S. 51
15
vgl. Gigl, Markus; Wid, Bernd: a.a.O., S. 6

2 Alterssicherung in der Bundesrepublik Deutschland
7
GRV ist die staatliche Absicherung der erwerbspflichtigen Personen nach
Ausscheiden aus dem aktiven Berufsleben.
16
Die Organisation der gesetzlichen Rentenversicherung (GRV) hat durch
öffentliche Institutionen zu erfolgen, die auf sechs Träger verteilt sind, von
denen sich fünf im Verband Deutscher Rentenversicherungsträger (VDR)
zusammengeschlossen haben, während die Landwirtschaftliche
Alterskassen (in 20 verschiedenen deutschen Städten) einen
Gesamtverband gebildet haben. Die Angestelltenversicherung ist von Anfang
an zentral verwaltet worden mit Sitz im Berlin. Der Name des Trägers lautet:
Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA). Träger der Arbeiter-
Rentenversicherung sind 22 Landesversicherungsanstalten (LVA). Weitere
Träger der GRV sind: die Bundesknappschaft, die Seekasse und die
Bahnversicherungsanstalt.
17
Die Trennung der GRV in Arbeiterrenten-
versicherung und Angestelltenrentenversicherung gehört aber bald der
Vergangenheit an. Ab 1. Oktober 2005 firmieren alle Träger der gesetzlichen
Rentenversicherung unter dem gemeinsamen Dach "Deutsche
Rentenversicherung"
18
(siehe Anlage 1 im Anhang)
Der Kreis der Versicherten in der GRV ist sehr umfangreich im Sechsten
Buch des Sozialgesetzbuchs (SGB VI) geregelt, das zugleich die rechtliche
Grundlage für die GRV bildet. In der GRV besteht vorrangig
Versicherungszwang. Gem. § 1 SGB VI sind in Deutschland alle Personen,
die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, also abhängig beschäftigte Arbeiter
und Angestellte sowie Auszubildende, aber auch Behinderte in anerkannten
Werkstätten und Wehr- bzw. Zivildienstleistende in der GRV grundsätzlich
pflichtversichert. Zudem unterliegen bestimmte Gruppen von Selbständigen
der Versicherungspflicht. Soweit keine Versicherungspflicht besteht, ist in der
Regel eine freiwillige Versicherung zulässig. So besteht etwa für nicht
versicherungspflichtige Selbständige die Möglichkeit der Versicherungspflicht
auf Antrag.
19
Auch andere Personengruppen wie Kindererziehende,
16
vgl. Wahl, Detlef: Handbuch der privaten Kapitalanlage. Risiken, Strategien und Kalkulationen, steuerliche
Aspekte, 2., Überarbeitete Aufl., Wiesbaden 2004, S. 87
17
vgl. Lührs, Dieter u.a.: Lebensversicherung. Unfallversicherung. Produktorientierte Qualifikationen; DVA (Hrsg.),
2. Aufl., Karlsruhe 2003, S. 21
18
vgl. http://www.lva.de
19
vgl. Pelikan, Wolfgang: Rentenversicherung SGB VI, 10. Aufl., München 2002, S. 11ff

2 Alterssicherung in der Bundesrepublik Deutschland
8
Bezieher von Lohnersatzleistungen (z.B. Arbeitslosengeld) oder oftmals
Hausfrauen unterliegen der Pflichtversicherung, wobei hier die
Versicherungsbeiträge vom Träger der jeweiligen Sozialleistung getragen
werden.
20
Ende 2002 gab es in Deutschland rd. 51 Mio. Versicherte, davon
31,5 Mio. aktiv Versicherte und etwa 19,5 Mio. Rentner. (vgl. Abbildung 2)
Abb. 2: Die Gesetzliche Rentenversicherung - Daten in der Übersicht
Quelle: Arbeitsgemeinschaft für betriebliche Altersversorgung (aba), im Internet: http://www.die-rente.info/547.php
Die gesetzliche Rentenversicherung wird im sogenannten Umlageverfahren
finanziert, d.h. durch die laufenden Einnahmen der GRV
21
. Diese Einnahmen
bestehen hauptsächlich aus den Beiträgen der Versicherten (Arbeiter und
Angestellten) und dem Zuschuss des Bundes.
22
Insgesamt verfügte die GRV
im Jahr 2002 über ein Einnahmevolumen von 223,9 Mrd. Euro. Davon
entfielen 75,2 % auf Versichertenbeiträge, 24,1 % auf Bundeszuschüsse zur
Arbeiter- / Angestelltenrentenversicherung sowie 0,7 % auf Bundeszu-
schüsse zur knappschaftlichen Rentenversicherung zusammen. Die
Ausgaben beliefen sich in diesem Zeitraum auf ca. 228 Mrd. Euro.
23
Bemessungsgrundlage für die Höhe des Rentenversichertenbeitrages sind
einerseits das Bruttoeinkommen und andererseits der Rentenbeitragssatz
(seit 1.1.2003: 19,5%), der jährlich dem Finanzbedarf der gesetzlichen
20
vgl. Pelikan, Wolfgang: Rentenversicherung SGB VI, 10. Aufl., München 2002, S. 28ff
21
vgl. hierzu ebenfalls die Ausführungen im Kapitel 2.2.1.1
22
vgl. Schmeisser, W.; Bischoff, B.: a.a.O., 2003, S. 9
23
vgl. Schmitt, H.-R.; Kunert, G.: Neue Wege der betrieblichen Altersversorgung. Ein praktischer Leitfaden für den
Arbeitgeber, 2. Aufl., München 2004, S. 37f (aktualisiert durch den Verfasser, in Anlehnung an
http://www.die-rente.info/547.php)

2 Alterssicherung in der Bundesrepublik Deutschland
9
Rentenversicherung angepasst wird und je zur Hälfte vom Arbeitgeber und
vom Arbeitnehmer zu tragen ist. Die Höhe des Rentenbeitrages ist jedoch
durch die Beitragsbemessungsgrenze (2005: 5.200 Euro/Monat (62.400
Euro/Jahr) (West)
24
) nach oben beschränkt. Sie bildet die Obergrenze des
Bruttoverdienstes, bis zu der Rentenversicherungsbeiträge zu leisten sind.
25
Tab. 2: Beispiel der Rentenbeitragsberechnung
Beitragsbemessungsgrenze 2005: 5.200 Euro
Rentenbeitragssatz 2005: 19,5 %
Bruttoeinkommen
Bemessungsgrundlage
Rentenbeitrag
3.000 Euro
3.000 Euro
585,00 Euro
4.000 Euro
4.000 Euro
780,00 Euro
4.500 Euro
4.500 Euro
877,50 Euro
6.000 Euro
5.200 Euro
1014,00 Euro
Quelle: Der Verfasser, in Anlehnung an
Wahl, D.: a.a.O., S. 89
Einkommensbestandteile oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze werden
bei der Beitragspflicht somit nicht berücksichtigt. Dies hat naturgemäß zur
Folge, dass auch die Rentenansprüche nach oben limitiert sind.
26
Bei den
höheren Einkommen genügen die Leistungen aus GRV nicht, um die
gewohnte Lebenshaltung zu finanzieren. Je höher das Einkommen ist, desto
größer wird die Vorsorgelücke
27
, da der maximal mögliche Anspruch durch
die Beitragsbemessungsgrenze limitiert ist.
28
Als Gegenleistung zur Versicherungspflicht hat der Beitragsleistende einen
Anspruch auf die Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherungen, die
vielfältig sind und neben der Zahlung von Altersrenten auch eine Rente
wegen teilweiser oder voller Erwerbsminderung sowie die Hinter-
bliebenenrente beinhalten,
29
wobei im Rahmen dieser Arbeit nur die
Altersrente behandelt wird. ,,Ein Rechtsanspruch auf eine bestimmte
Rentenhöhe kann und wird NICHT begründet".
30
Der Rentenanspruch
24
Ab 2005 gilt eine Beitragsbemessungsgrenze von 5.200 Euro/Monat (62.400 Euro/Jahr) (West) bzw. 4.400
Euro/Monat (Ost). Der Rentenbeitragssatz bleibt unverändert. Vgl. Bundesministerium für Gesundheit und Soziale
Sicherheit: Pressemitteilung von 05.05.2005: Das ändert sich zum 1. Januar 2005 auf den Seiten von
http://www.die-rente.info/49_734.php
25
vgl. Wahl, Detlef: Handbuch der privaten Kapitalanlage. Risiken, Strategien und Kalkulationen, steuerliche
Aspekte, 2. Aufl., Wiesbaden 2004, S. 89, aktualisiert durch den Verfasser in Anlehnung an Bundesministerium
für Gesundheit und Soziale Sicherheit, Pressemitteilung: Das ändert sich zum 1. Januar 2005, a.a.O.
26
Gigl, Markus; Wid, Bernd: a.a.O., S. 8
27
Die Versorgungslücke = Differenz zwischen Nettoverdienst und gesetzlicher Nettorente, vgl. Pelikan, Wolfgang:
Altersvorsorge: private Altersvorsorge, betriebliche Altersversorgung, gesetzliche Altersrente, Altersteilzeit,
bedarfsorientierte Grundsicherung, München 2002 (Altersvorsorge), S 10
28
vgl. Wahl, Detlef: a.a.O., S. 93
29
vgl. Wahl, Detlef: a.a.O., S. 89f
30
vgl. Schmeisser, W.; Bischoff, B.: a.a.O., S. 10

2 Alterssicherung in der Bundesrepublik Deutschland
10
besteht allerdings nur dann, wenn der Versicherte bestimmte persönliche
sowie versicherungsrechtliche Voraussetzungen (z.B. das Erreichen
bestimmter Altersgrenze, Versicherungsstatus etc.) erfühlt und eine
bestimmte Zeit (Wartezeit) der Versicherung angehört hat
31
. Das individuelle
Ausmaß des Rentenanspruchs wird dabei mit Hilfe der Rentenformel
bestimmt, die das Leistungsniveau der GRV und den Beitragssatz
miteinander verknüpft.
32
Die Multiplikation verschiedener individueller und
gesamtwirtschaftlicher Faktoren ergibt die Monatsrente.
33
Mit der
Rentenreform 2001 wurde in diesem Zusammenhang die mit dem
Rentenreformgesetz 1992 eingeführte Kopplung der Rentenanpassung an
die Entwicklung der Nettolöhne aufgegeben. Seit 2001 orientiert sich der
Rentenanstieg an der Entwicklung der Bruttolöhne. Die neue Rentenformel
berücksichtigt neben Veränderungen der Bruttoentgelte auch die
Veränderung des Beitragssatzes zu GRV. Auf diese Weise dämpft ein
Anstieg des Beitragssatzes zur GRV die Rentenanpassung. Des Weiteren
hängt die Rentenanpassung auch von der stufenweisen Anhebung des
Altersvorsorgeanteils
34
ab, der sich in der Rentenformel zusätzlich mindernd
auswirkt. Dabei kommt es nicht auf die tatsächlich bezahlte Beiträge zur
zusätzlichen Altersvorsorge an, da der Altersvorsorgeanteil vielmehr ein
fiktiver Beitragssatz ist, der bei der Ermittlung des jährlichen Rentenanstiegs
herausgerechnet wird. Der Altersvorsorgeanteil wird von 0,5 Prozent im Jahr
2002 auf 4 Prozent im Jahr 2008 ansteigen.
35
Mit dem RV ­
Nachhaltigkeitsgesetz vom Juni 2004 wurde in die Rentenformel ein so
genannter Nachhaltigkeitsfaktor eingeführt, der die Rentenhöhe an die
Bevölkerungsentwicklung koppelt und den Anstieg des Beitragssatzes weiter
dämpft.
36
Weniger Beitragszahler bedeuten daher weniger jährliche
Rentenerhöhung - dies gilt für die aktuellen Rentenbezüge.
37
31
Die Versicherte haben z.B. einen Anspruch auf Regelaltersrente (§ 35 SGB VI), wenn sie das 65. Lebensjahr
vollendet und die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Allgemeine Wartezeit beträgt gem. § 50 SGB VI fünf Jahren.
32
vgl. Ernst & Young/VDR: a.a.O., S. 42ff
33
vgl. Gigl, Markus; Wid, Bernd: a.a.O., S. 8
34
Anteil für die staatlich geförderte private Altersvorsorge (Riester-Rente)
35
vgl. Ernst & Young/VDR: a.a.O., S. 58
36
vgl. Kerschbaumer, J.; Perreng, M.: Die neue betriebliche Altersvorsorge, 2. Aufl., Frankfurt am Main 2005, S. 13
37
Pohl, Detlef: Aktionsplan Altersvorsorge, Stuttgart 2004, S. 7

2 Alterssicherung in der Bundesrepublik Deutschland
11
Zweite Säule: Betriebliche Altersvorsorge
Die zweite Säule stellt die betriebliche Altersversorgung dar. Hierbei ist
zwischen der Altersversorgung der Privatwirtschaft und der
Zusatzversorgung von Arbeitern und Angestellten im öffentlichen Dienst
38
zu
unterscheiden. Während im Bereich des öffentlichen Dienstes weitgehend
einheitliche und tarifvertraglich fixierte Altersvorsorgebestimmungen gelten,
kann die Privatwirtschaft verschiedene und vielfältige Konstrukte zur
Altersversorgung ihrer Mitarbeiter treffen.
39
Betriebliche Altersvorsorge in der Privatwirtschaft, kurz BAV ist eine an den
Arbeitsvertrag gebundene, freiwillige Sozialleistung der privaten
Unternehmen. Ebenso wie die GRV umfasst die BAV Komponenten der
Alters-, Hinterbliebenen- und Invaliditätsversorgung.
40
Hierbei handelt es sich
aber nicht nur um arbeitgeberfinanzierte Leistungen, sondern ebenso um
arbeitnehmerfinanzierte Leistungen durch Entgeltumwandlung, die
steuerliche Fördermöglichkeiten nutzen.
41
Die BAV in Deutschland ist sowohl im Verhältnis zu den Auszahlungen der
GRV und den privaten Lebensversicherer als auch im internationale
Vergleich relativ schwach entwickelt.
42
Momentan aber erlebt die BAV auch
in Deutschland eine Renaissance
43
. Die Rahmenbedingungen für die
betriebliche Altersvorsorge, die innerhalb der Zusatzsysteme der
Alterssicherung in Deutschland einzuordnen ist, wurden erheblich verbessert.
Dadurch soll die Absenkung des Rentenniveaus ausgeglichen werden.
44
Aufgrund ihres ­ im Vergleich zur Privatversorgung ­ deutlich höheren
Fördervolumens steht die BAV sogar im Mittelpunkt. Die grundlegenden
arbeitsrechtlichen Vorschriften zur BAV sind im Betriebsrentengesetz
(BetrAVG) geregelt.
45
Demnach handelt es sich um eine betriebliche
Altersvorsorge vor, wenn einem Arbeitnehmer Leistungen der Alters-,
Invaliditäts-, oder Hinterbliebenenversorgung aus Anlass eines
Arbeitsverhältnisses vom Arbeitgeber zugesagt worden sind.
46
Insgesamt
38
vgl. auch Tabelle 1
39
vgl. Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (Hrsg.): Altersvorsorge ­ gesetzliche Rentenversicherung,
betriebliche Rentenversicherung, private Altersvorsorge, 4. Aufl., Berlin 2001, S. 13ff
40
vgl. Tepper, J.: a.a.O., S. 45
41
vgl. Schmitt, H.-R.; Kunert, G.: a.a.O., S. 39
42
vgl. Deutsches Institut für Altersvorsorge GmbH (Hrsg.) (2001):
Die Deutschen und ihr Geld, S. 75
43
vgl. Willberger, B.: Aktive Altersvorsorge, Würzburg 2003, S. 50
44
vgl. Kerschbaumer, J.; Perreng, M.: a.a.O., S. 18
45
vgl. Dommermuth, Thomas; Hauer, Michael: Die neue Rente, Freiburg im Breisgau 2002, S. 60
46
vgl. § 1 Satz 1 BetrAVG

2 Alterssicherung in der Bundesrepublik Deutschland
12
kommen dabei vier verschiedene Zusagearten in Betracht: Klassische
Leistungszusage, beitragsorientierte Leistungszusage, die Beitragszusage
mit Mindestleistung und Entgeltumwandlung. Außerdem liegt ebenfalls eine
Betriebliche Altersversorgung vor, wenn Personen, die nicht Arbeitnehmer
sind (freiberuflich für ein Unternehmen Tätige, z.B. Steuerberater), solche
Leistungen aus Anlass ihrer Tätigkeit für ein Unternehmen zugesagt worden
sind. Die Durchführung der Betrieblichen Altersversorgung kann unmittelbar
über den Arbeitgeber oder über eine Direktversicherung, eine
Pensionskasse, einen Pensionsfonds oder über eine Unterstützungskasse
erfolgen.
47
Im Kapitel 3 wird auf die BAV in Deutschland näher eingegangen.
2.1.3 Dritte Säule: Private Altersvorsorge
Eine weitere Möglichkeit, eine zusätzliche Altersvorsorge aufzubauen,
besteht in einer privaten Vorsorge. Diese stellt eine weitere Komponente des
Alterssicherungssystems in Deutschland dar.
48
Die Dritte Säule, die private
Altersvorsorge (aber auch die zweite Säule), wird im Kapitaldeckungsverfah-
ren finanziert. Dabei werden die eingehenden Zahlungen nicht unmittelbar
als Renten wieder ausgezahlt, sondern zunächst in einem Kapitalstock
angespart und angelegt.
49
Die private Altersvorsorge ist eine ergänzende, in jedem Fall aber freiwillige
Vorsorge außerhalb der staatlichen Alterssicherungssysteme und der
betriebliche Altersversorgung, die in der Praxis sehr unterschiedliche Formen
annehmen kann. Eine klare sachliche Abgrenzung der privaten
Altersvorsorge gegenüber anderen Formen der privaten Vermögensbildung
lässt sich dabei im Grunde überhaupt nicht vornehmen.
50
Privates
Altersvermögen, sei es in Form von Aktien, Renten- bzw.
Kapitallebensversicherungen, durch einfaches Sparen oder durch den
Erwerb von Immobilien wurde in Deutschland bereits vor der Rentenreform
2001 angesammelt. Viele Bürger sind sich mittlerweile bewusst, dass sie sich
in Zukunft selbst verstärkt um ihre Altersvorsorge kümmern müssen.
51
Das
47
vgl. Schmitt, H.-R.; Kunert, G.: a.a.O., S. 39f
48
vgl. Schmitt, H.-R.; Kunert, G.: a.a.O., S. 38
49
vgl. Kerschbaumer, J.; Perreng, M.: a.a.O., S. 18
50
vgl. Fenge, Robert u.a.: Alterssicherungssysteme im internationalen Vergleich:
Finanzierung, Leistungen,
Besteuerung, München 2003, S. 122
51
Laut Meinungsumfragen des Deutschen Instituts für Altersvorsorge bei verschiedenen Bevölkerungsgruppen
zum Thema Altersvorsorge, vgl. vgl. Schmitt, H.-R.; Kunert, G.: a.a.O., S. 39

2 Alterssicherung in der Bundesrepublik Deutschland
13
Ergebnis einer Umfrage der Allianz in den
Jahre 1997 und 2000 ergab, dass
immer mehr Bürger bereit sind, zu Gunsten der Altersvorsorge auf Konsum
zu verzichten. Während bei der ersten Befragung des Versicherers 56%
bereit waren, ihre Verbraucherausgaben für die Vorsorge einzuschränken,
belegen zwischenzeitlich weitere Umfragen, dass 91 Prozent der
Bevölkerung bereits der Überzeugung sind, dass sie ihren Lebensstandard
ohne zusätzliche Vorsorge im Alter nicht halten können. Die wichtigsten
Instrumente der privaten Alterssicherung in Deutschland sind
Lebensversicherungen und Immobilien. Die private Altersvorsorge besteht
also darin, Vermögen zu schaffen. Dies wird jedoch durch die Besteuerung in
der Regel stark reduziert.
52
2.2 Die Situation der gesetzlichen Rentenversicherung in Deutschland
2.2.1 Geschichtliche Hintergründe der Rentenversicherung
Seit über 100 Jahren gehört die soziale Absicherung zu den besonderen
Leistungen in Deutschland. Die deutsche gesetzliche Rentenversicherung
wurde als erstes staatliches Rentensystem der Welt eingeführt und diente
vielen Rentensystemen der Welt als Vorbild.
53
Der Grundstein für das
deutsche Rentenversicherungssystem wurde am 17. November 1881 durch
die Kaiserische Botschaft, die als ,Magna Charta der deutschen
Sozialversicherung' bezeichnet wird, gelegt. In dieser Rede zur Eröffnung
des Reichstags kündigte Wilhelm I. auf Druck des Reichskanzlers Otto von
Bismarck Gesetzesinitiativen zur Arbeiterversicherung an.
54
Hintergrund war
die Angst vor sozialen Unruhen. In einem geschickten Schachzug kam
Bismarck Forderungen der sozialdemokratischen Bewegung zuvor, indem er
ein umfassendes Sozialversicherungssystem schuf, dass alle Leistungen
eines modernen Wohlfahrtsstaates bot.
55
In dieser Zeit wurden, entsprechend der Ankündigung in der Kaiserischen
Botschaft, dem Reichstag Gesetzesentwürfe ,,zur Sicherung eines
menschenwürdigen Daseins bei Eintritt typischer Wechselfälle des Lebens"
unterbreitet. Innerhalb von den nächsten zehn Jahren verabschiedete der
52
vgl. Schmitt, H.-R.; Kunert, G.: a.a.O., S. 38f
53
vgl. Börsch-Supan, Axel (1999a): Das deutsche Rentenversicherungssystem, in: Deutsches Institut für
Altersvorsorge(Hrsg.): Reformerfahrungen im Ausland, Köln 1999, S. 9
54
vgl. Frerich, Johannes; Frey, Martin: Handbuch der Geschichte der Sozialpolitik in Deutschland, Band 1: Von der
vorindustriellen Zeit bis zum Ende des Dritten Reiches, München 1993, S. 90

2 Alterssicherung in der Bundesrepublik Deutschland
14
Reichstag die bis heute bewährten Sozialversicherungsgesetze, mit denen
der arbeitenden Bevölkerung erstmals ein staatlich gesichertes Recht auf
Leistungen im Fall von Krankheit, Unfall, Invalidität und Alter zugestanden
wurde:
·
1883 das Krankenversicherungsgesetz
·
1884 das Unfallversicherungsgesetz sowie
·
1889 das Invaliditäts- und Altersversicherungsgesetz
56
Schon bald wurde das Rentenversicherungssystem zu einer umfassenden
Rentenversicherung ausgebaut, das praktisch alle abhängig Beschäftigten im
Alter sowie bei Arbeitsunfähigkeit und die Hinterbliebene nach ihrem Tod
absicherte.
57
Die Beiträge, die durch Versicherte und Arbeitgeber in jeweils
gleicher Höhe sowie einem relativ hohen Staatszuschuss aufgebracht
wurden, wurden auf ein persönliches Rentenkonto des jeweiligen
Versicherten eingezahlt. Diese Finanzierungsform, bei der jeder Versicherter
sein eigenes Kapital für die persönliche Altersvorsorge einspart, wird als
Kapitaldeckungsverfahren bezeichnet.
58
Dahinter steckt die Idee, dass
während des gesamten Erwerbslebens ein Kapitalstock angesammelt wird,
der dann nach Eintritt des Leistungsfalles im Alter nach und nach aufgezehrt
wird.
59
Die Beitragssätze waren anfangs äußerst gering; ebenso die
Rentenleistungen, die bei weitem nicht zur Deckung des Lebensunterhalts
ausreichten. Durch die Weltwirtschaftskrise und zwei Weltkriege mit stark
rückläufigen Beiträgen auf der einen Seite und zunehmenden Invaliden- und
Kriegerwitwenansprüchen auf der anderen Seite wurde der Kapitalstock aber
drastisch reduziert.
60
Hyperinflation und Geldentwertung haben gezeigt, dass
ein Kapitalstock keineswegs eine verlässliche Sicherheit bietet.
61
2.2.1.1 Generationenvertrag
Grundlegende Änderungen erfuhr das ursprüngliche System erst nach
Gründung der Bundesrepublik Deutschland im Rahmen der grundsätzlichen
55
vgl. Börsch-Supan, Axel (1999a): a.a.O., S. 9
56
vgl. Frerich, Johannes; Frey, Martin: a.a.O., S. 95 ff
57
vgl. Börsch-Supan, Axel (1999a): a.a.O., S. 9
58
vgl. Justen, Klaus: Meine Rente, 1. Aufl., Freiburg im Breisgau 2001, S. 9 f.
59
vgl. Kreikebohm, Ralf (Hrsg.): Sozialgesetzbuch. Gesetzliche Rentenversicherung ­ SGB VI ­ Kommentar; 2.
Aufl., München 2003, S. 13
60
vgl. Justen, Klaus: a.a.O., S. 9 f
61
vgl. Kreikebohm, Ralf (Hrsg.): a.a.O., S. 13

2 Alterssicherung in der Bundesrepublik Deutschland
15
Rentenreform von 1957, die den schrittweisen Übergang
62
vom
Kapitaldeckungsverfahren zum Umlageverfahren als Finanzierungsform
einleitete. Die Idee ist faszinierend und simpel zugleich:
63
Nicht mehr länger
spart jeder seine eigene Rente an, sondern die junge, erwerbstätige
Generation finanziert mit ihren Beiträgen in die gesetzliche
Rentenversicherung die laufenden Zahlungen an die jeweiligen
Rentengenerationen. Ihrerseits erwartete sie, dass ihre Renten später durch
die Beiträge der dann nachgewachsenen Generation bezahlt werden.
So war
der ,,Generationsvertrag" geboren.
Ein Kapitalstock wird hierbei, mit
Ausnahme einer Beitragsreserve in Höhe einer Monatsrentenzahlung, nicht
aufgebaut: Die Einnahmen aus den Beitragszahlungen werden umgehend
wieder für die Rentenzahlungen ausgegeben. Zudem wurde durch die
Anpassung der Rentenhöhe an die Bruttolohnentwicklung der
Grundversorgungscharakter der Rentenversicherung aufgehoben. Die
lohnbezogene und somit dynamische Rente war von nun an als Lohnersatz
gedacht und sollte den im Berufsleben erarbeiteten Lebensstandard der
Rentner im Ruhestand sichern.
Der andauernde wirtschaftliche Aufschwung, der für Vollbeschäftigung sorgte
und steigende Geburtenraten führten dazu, dass sich die Finanzlage dieses
umlagefinanzierten Rentensystems sehr gut entwickelte und das System
immer weiter sowohl im Hinblick auf den einbezogenen Personenkreis
64
als
auch hinsichtlich Leistungsniveau und Leistungsspektrum ausgebaut
wurde.
65
2.2.1.2 Weitere wichtige Rentenreformen
Nach 1957 und in den siebzigen Jahren wurden die Renten stark erhöht, und
das deutsche Rentensystem entwickelte sich zu einem der großzügigsten
der Welt. Dabei hatte die Reform von 1957 die Renten an die Bruttolöhne
gekoppelt so dass in der zweiten wichtigen Reform von 1972 die Möglichkeit
zur Frühverrentung gegeben wurde, ohne dass dieses sich direkt auf die
Rentenansprüche auswirkte.
66
So wurde 1972 die sogenannte ,,flexible
62
Der verbleibende Kapitalstock war bis 1967 ausgegeben. Seitdem ist die deutsche Rentenversicherung
ausschließlich umlagefinanziert. Vgl. Börsch-Supan, Axel (1999a): a.a.O., S. 10f
63
vgl. Kreikebohm, Ralf (Hrsg.): a.a.O., S. 1 f und S. 12
64
So wurde die Rentenversicherung im Laufe der Zeit für immer größere Personenkreise, beispielweise
Selbständige oder nicht erwerbstätige Hausfrauen geöffnet; Vgl. Justen, Klaus: a.a.O.; S. 11f
65
vgl. Justen, Klaus: a.a.O.; S. 10 f
66
vgl. Börsch-Supan, Axel (1999a): a.a.O., S. 11

2 Alterssicherung in der Bundesrepublik Deutschland
16
Altersgrenze" eingeführt, die es weiten Bevölkerungskreisen ermöglichte
unter bestimmten Voraussetzungen bereits mit 63 Jahren in den Ruhestand
zu wechseln, ohne Abschläge in der Rentenhöhe hinnehmen zu müssen
67
Ursprünglich waren die Beiträge zur GRV sehr niedrig, stiegen dann aber
aus mehreren Gründen. Zunächst wurde das Rentenniveau erhöht, während
der übriggebliebene Kapitalstock endgültig aufgezehrt wurde. Dann sank
dramatisch die Erwerbsbeteiligung, insbesondere der Älteren. Sie fiel
zwischen 1970 und 1995 von 75 auf 33 Prozent für Männer im Alter
zwischen 60 und 64 Jahren. Schließlich stieg ab 1980 die Arbeitslosigkeit,
die für eine schrumpfende Bemessungsgrundlage sorgte. Ende der 80er
Jahre begannen Politiker zu erkennen, dass ein Ende des Ansteigens der
Beiträge nicht erwarten werden konnte. Es war absehbar, dass die
demographische Entwicklung der Bevölkerung den Druck auf die Beiträge
erhöhen wird. Dies führte zu der dritten wichtigen Rentenreform 1992. Die
wichtigsten Maßnahmen dieser Reform waren der Übergang von der Brutto-
zur Nettoanpassung der Renten, was bei steigenden Sozialversicherungs-
beiträgen die Rentenerhöhungen dämpft. Außerdem müssen Frührentner
nun einen Abschlag ihrer Rente in Kauf nehmen, denn die Altersgrenze
wurde stufenweise von 60 und 63 Jahren auf die Regelaltersrente von 65
Jahren angehoben. Um die Beitragssätze zu stabilisieren, erwies sich die
Rentenreform von 1992 jedoch als unzureichend,. Seitdem wurden eine
ganze Reihe von kleineren Reformen verabschiedet. Im Rentenreformgesetz
von 1999 wurde versucht, das Rentenniveau in Zukunft deutlich zu senken,
indem es von der Lebenserwartung abhängig gemacht werden sollte. Diese
Regelung wurde jedoch nach der Bundestagswahl Ende 1998
zurückgezogen.
68
Stattdessen beschloss die neue Bundesregierung die
Nettolohnanpassung für die Jahre 2000 und 2001 auszusetzen und die
Renten entsprechend der allgemeinen Preissteigerungsrate zu erhöhen.
Im November 2000 stellte die Bundesregierung ihren Entwurf für ein neues
"Altersvermögensgesetz" vor. 2001 verabschiedete der Bundestag das
Altersvermögensgesetz und stimmte damit der Rentenreform der Regierung
zu.
69
Mit der Rentenreform 2001, der sogenannten ,,Riesterreform", mit dem
67
vgl. Justen, Klaus: a.a.O.; S. 10 f
68
Vgl. Börsch-Supan, Axel (1999a): a.a.O., S. 11f
69
vgl. http://www.dia-vorsorge.de/df_050102.htm

2 Alterssicherung in der Bundesrepublik Deutschland
17
Ziel, den Anstieg des Beitragssatzes zu dämpfen und das Niveau der
umlagefinanzierten Renten allmählich zurückzufahren, wurde ein
Richtungswechsel in der GRV eingeleitet. Die Reform sieht den Aufbau
einer kapitalgedeckten, freiwilligen privaten Zusatzrente vor, die zukünftige
Lücken bei der Umlagerente kompensieren soll. Die Riesterreform reichte
aber zur Bewältigung der demographischen Probleme nicht aus. Daher
präsentierte im Herbst 2003 die ,Rürup-Kommission' weiterg
ehende
Reformvorschläge, die im wesentlichen auf eine weitere Senkung des
Niveaus der umlagefinanzierten Renten hinauslaufen'.
70
Nach heftigen
Diskussionen in Bundestag und Bundesrat verabschiedete der Gesetzgeber
im Juni 11.6.2004 das "Gesetz zur Sicherung der nachhaltigen
Finanzierungsgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung (RV-
Nachhaltigkeitsgesetz)" und das Alterseinkünftegesetz. Kernpunkt des
Nachhaltigkeitsgesetzes ist die Einführung eines Nachhaltigkeitsfaktors in die
Rentenformel
71
, der den Rentenanstieg dämpft. Auf diesem Wege soll der
Beitragssatz langfristig stabilisiert werden.
Mit dem Alterseinkünftegesetz
72
,
das am 1.1.2005 in Kraft getreten ist, beginnt eine neue Zeitrechnung für die
gesetzliche Rentenversicherung, da zu diesem Stichtag die nachgelagerte
Besteuerung der Renten eingeführt wurde. Der stufenweise Übergang ist im
Jahr 2040 mit dem Erreichen der vollen Steuerpflicht abgeschlossen.
73
In den nachfolgenden Kapiteln werden die Probleme der Bevölkerungs-
entwicklung sowie die Finanzierung der GRV näher erläutert.
2.2.2 Hauptprobleme der gesetzlichen Rentenversicherung
Wie in anderen entwickelten Volkswirtschaften ist auch in Deutschland die
GRV in Schwierigkeiten. Die Hauptprobleme der GRV sind in der
Überalterung und dem Geburtenrückgang der Wohnbevölkerung sowie in
der seit Jahren hohen Arbeitslosigkeit begründet, die
zu einem stetigen und
steilen Anstieg der Ausgabenlast bei gleichzeitigem Absinken des
70
vgl. Schnabel, Reinhold (2003b): Die neue Rentenreform: Die Nettorenten sinken, Deutsches Institut für
Altersvorsorge GmbH (Hrsg.), Köln 2003, S. 3
71
Siehe hierzu auch Kapitel 2.1.2
72
Mit dem Alterseinkünftegesetz reagiert der Gesetzgeber auf ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts, in dem die
Unvereinbarkeit der unterschiedlichen Besteuerung der Beamtenpensionen und der Renten aus der gesetzlichen
Rentenversicherung mit dem Gleichheitssatz des Grundgesetzes festgestellt wurde, vgl. im Internet;
http://www.dia-vorsorge.de/df_050102.htm
73
vgl.
http://www.dia-vorsorge.de/df_050102.htm

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2005
ISBN (eBook)
9783832491734
ISBN (Paperback)
9783838691732
DOI
10.3239/9783832491734
Dateigröße
1 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen; Standort Nürtingen – Fakultät III
Erscheinungsdatum
2005 (Dezember)
Note
2,0
Schlagworte
drei-säulen-modell entgeltumwandlung durchführungsweg kapitaldeckung arbeitnehmerfreizügigkeit
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