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Offshore Business Process Outsourcing

Indien als Standort für Global Services

©2005 Diplomarbeit 165 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
„Outsourcing is one of the most important management ideas and practices of the past 75 years.“ Das Beziehen von Dienstleistungen, welche an entfernten Standorten erbracht, und von dort via Datenleitung an die Kundenorganisation übermittelt werden, bezeichnet Gartner Group einen „irreversible megatrend“, Paul Davies nennt es eine „Global Services Revolution“. Immer mehr Firmen verlagern ehemals unternehmensinterne Geschäftsprozesse in Regionen mit vorteilhafteren Kostenstrukturen.
Die Fortschritte der Informations- und Kommunikationstechnologie (IuK) ermöglichen es Unternehmen, ihre Tätigkeiten global an jenen Standorten durchzuführen, an denen sie die günstigsten Konditionen zur Maximierung ihrer Gewinne und/oder ihres Shareholder Value vorfinden. Indien hat sich zum wichtigsten Anbieter von Offshore-Dienstleistungen entwickelt. Der indische Business Process Outsourcing Sektor erzielte zuletzt jährliche Wachstumsraten von fast 60%.
Welche rationalen Überlegungen führen zur Verlagerung von Geschäftsprozessen in Offshore-Regionen, und weshalb konnte sich Indien so eindeutig als Marktführer für Offshore Business Process Outsourcing etablieren? Wie wird sich der Trend zum Offshoring in Zukunft fortsetzen?

Gang der Untersuchung:
Bei der Recherche zur vorliegenden Arbeit bediente sich der Autor sowohl sekundärer als auch primärer Quellen. Nach dem Studium von Basisliteratur in Indien, wurden Unternehmen vor Ort besichtigt und Gespräche mit Verantwortlichen geführt. Damit soll jedoch nicht der Anspruch einer systematischen Feldforschung erhoben werden, der Praxisbezug diente vielmehr dazu, die Plausibilität der theorieorientierten Elemente abzusichern.
Die Interviews, die sich in der Case Study sowie im Expertengespräch wieder finden, wurden als persönliches Gespräch bzw. als Telefoninterview geführt, teilweise wurde auch ein Fragenkatalog beantwortet, der per E-Mail versendet wurde (die Fragenkataloge in deutscher und englischer Sprache befinden sich im Anhang 5 und 6 dieser Arbeit). Auch diese Interviews bzw. Fragebögen sichern nur den Praxisbezug einer im Grunde an der vorhandenen Literatur orientierten Arbeit. Angesichts der aktuellen Entwicklung des Forschungsgegenstandes und der geringen Tiefe der wissenschaftlichen Aufarbeitung der Thematik „Offshore-BPO“, insbesondere der Verlagerung von Geschäftsprozessen nach Indien, kommt einigen Elementen dieser Arbeit der Wert von Primärliteratur zu.
Ziel dieser Arbeit ist […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Inhaltsverzeichnis

Abstract

Abbildungsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1 Einleitung
1.1 Relevanz der Themenstellung
1.2 Forschungsfrage
1.3 Methodische Vorgangsweise
1.4 Zielsetzung
1.5 Inhaltlicher Aufbau der Arbeit

2 Grundlagen des Offshore Business Process Outsourcing
2.1 Definitionen relevanter Begriffe
2.1.1 Outsourcing
2.1.2 Offshore-, Nearshore-, Onshore- und Bestshore-Outsourcing
2.1.3 Geschäftsprozess
2.1.4 BPO, KPO und ITeS
2.2 Organisationsformen des Outsourcings
2.2.1 Interne Konzentration von Business-Aktivitäten
2.2.1.1 Konzentration im Unternehmen
2.2.1.2 Konzentration im Konzern (Spin-off)
2.2.2 Totales oder Strategisches Outsourcing
2.2.3 Partielles Outsourcing und Multi-Vendor-Outsourcing
2.2.4 Application Service Providing (ASP)
2.2.5 Business Process Outsourcing (BPO)
2.3 (Exkurs) Transaktionskostentheorie
2.3.1 Grundbegriffe und Definitionen
2.3.2 Entwicklung des Transaktionskostenansatzes
2.3.3 Transaktionskosten beim Outsourcing
2.3.3.1 Ex-ante-Transaktionskosten
2.3.3.2 Ex-post-Transaktionskosten

3 Entscheidungskriterien beim Offshore-BPO
3.1 Gründe für Offshore-BPO
3.1.1 Kostenoptimierung
3.1.2 Steigerung der Servicequalität
3.1.3 Konzentration auf Kernkompetenzen
3.1.4 Verfügbarkeit von qualifizierten Fachkräften
3.1.5 Beschleunigung der Prozesszyklen
3.2 Risiken durch Offshore-BPO
3.2.1 Abhängigkeit und mangelnde Kontrollmöglichkeit
3.2.2 Datensicherheit und Know-how-Verlust
3.2.3 Rückgang der Servicequalität
3.2.4 Kommunikationsprobleme und kulturelle Unterschiede
3.2.5 „Hidden Costs“
3.2.6 Personalpolitische und arbeitsrechtliche Probleme
3.3 Kriterien für auszulagernde Geschäftsprozesse

4 Offshore-Länder im Vergleich
4.1 Studie der attraktivsten Offshore Standorte
4.1.1 Kriterien und Methodik der Studie
4.1.2 Ergebnisse
4.1.3 Kritische Reflexion zur Studie
4.2 Süd- und Südostasien
4.3 Zentral- und Osteuropa
4.4 Lateinamerika
4.5 Englischsprachige Industrienationen

5 Der Standort Indien
5.1 Indien allgemein
5.2 Historische und politische Fakten
5.3 Indiens Wirtschaft
5.4 BPO (ITeS) in Indien
5.4.1 Entwicklung des BPO in Indien
5.4.2 BPO als strategischer und nachhaltiger Wettbewerbsvorteil Indiens
5.4.3 Der indische BPO-Markt in Zahlen
5.4.4 Bereiche ausgelagerter Geschäftsprozesse
5.4.4.1 Kundenbetreuung
5.4.4.2 Content Development
5.4.4.3 Finanzdienstleistung
5.4.4.4 Administration
5.4.4.5 Zahlungsabwicklung
5.4.4.6 Human Resources
5.4.5 Die wichtigsten BPO-Cluster Indiens
5.4.5.1 NCR (National Capital Region)
5.4.5.2 Kolkata
5.4.5.3 Mumbai und Pune
5.4.5.4 „Technologie-Dreieck“ (Bangalore – Hyderabad – Chennai)
5.4.5.5 Neue Destinationen am Subkontinent
5.4.6 Unternehmensformen der indischen BPO-Industrie und deren wichtigste Vertreter
5.4.6.1 Konzerneigene Einheiten von MNCs
5.4.6.2 Indische Start-ups
5.4.6.3 Indische IT-Service Firmen
5.4.6.4 Global Players in BPO
5.4.6.5 Internationale Service-Unternehmen mit erweitertem Angebot

6 Case Study und Expertengespräche
6.1 Evalueserve – Präsentation eines indischen BPO/KPO Anbieters
6.1.1 Das Unternehmen
6.1.2 Die Gründer
6.1.3 Die Firmengeschichte
6.1.4 Das Geschäftsmodell
6.1.5 Die Kundenstruktur
6.1.6 Projekte und Prozesse bei EVS
6.1.7 Zentral- und Osteuropa als Konkurrent
6.1.8 Die Zukunftspläne
6.2 Expertengespräche / Interviews
6.2.1 Begriffsklärungen
6.2.2 Kundenkontakt
6.2.3 Staatliche Einflussnahme
6.2.4 Auftretende Probleme in der globalen Zusammenarbeit
6.2.5 Mögliche Probleme für den Offshore-BPO Sektor in Indien
6.2.6 Deutschsprachiger Raum
6.2.7 Österreichische Firmen
6.2.8 Einsparungspotential und Transaktionskosten
6.2.9 Zukunftsaussichten

7 Zusammenfassung und Ausblick

Literaturverzeichnis

Anhang

Abstract

Offshore business process outsourcing – the transfer of IT-intensive processes to an external service provider in a remote lower-cost location – has emerged as one of the most significant management trends in the global economy these days. The continuing pressure to lower costs, improve service and build, or retain, competitive advantage has coincided with advances in telecommunication and data-communication capabilities in order to facilitate the outsourcing of a wide range of business processes to locations all over the world. Many companies are turning towards business process outsourcing to move labour-intensive activities to offshore locations where those processes are performed at the same or superior quality level but at a lower cost.

These companies are separating core operational processes from non-core support processes, and then utilising third parties in offshore destinations to perform those support processes for them. Attractive offshore candidates – besides being non-core activities – are processes that are not time sensitive, require fractional client or customer interaction, have limited reliance on intellectual capital, do not involve secure data, are large enough to produce a substantial benefit, and feature mature, standardised and repetitive processes.

India has successfully established itself as the most favoured destination for offshored business processes. The cost differentials have been an important factor, although it does not fully explain its attraction as the prime destination for global services. The combination of supportive government policies, the availability of a large, highly skilled and motivated English speaking workforce, combined with a time zone equidistant between the US and Europe explain the development of India as the global BPO market leader. The key sub-segments of the Indian BPO industry are Customer Care, Finance, Human Resource, Payment Services, Administration and Content Development.

Apart from India, a number of countries have emerged as major providers of BPO services. The countries in forefront include Australia, Brazil, Canada, China, the Czech Republic, Ireland, Malaysia, the Philippines and Singapore. The author compares these emerging offshore destinations and outlines the future potential of global sourcing, whereas he analyses and explains India’s position in this business segment in more detail.

Further inputs to this piece of work were obtained through interviews with professionals within the BPO sector and senior management of Indian operations.

Concluding, the diploma thesis states relevant success factors and projections to illustrate India’s present and future development and stable position as the leading destination for global services.

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Beziehung zwischen Möglichkeit der Einflussnahme und Entfernung des Outsourcing-Dienstleisters

Abbildung 2: Komplexität unterschiedlicher Outsourcing-Modelle

Abbildung 3: Konzentration der IT-Service-Aktivitäten in einem Unternehmen

Abbildung 4: Konzerninternes Outsourcing von IT-Abteilungen

Abbildung 5: Totales Outsourcing der IT-Aktivitäten

Abbildung 6: Beispiel für Partielles Outsourcing (Outtasking)

Abbildung 7: Application Service Providing

Abbildung 8: Beispiele für BPO-Aktivitäten

Abbildung 9: Transaktionskosten nach Organisationsform und Spezifität

Abbildung 10: Hauptmotive für Offshoring aus der Sicht europäischer Unternehmen (Mehrfachnennung möglich)

Abbildung 11: Durchschnittliche Lohnkosten (2001) pro Stunde für Software-Entwickler

Abbildung 12: Realisierte Einsparungen durch Offshoring

Abbildung 13: Risiken durch Offshoring aus der Sicht europäischer Firmen (Mehrfachnennung)

Abbildung 14: Offshore-Tauglichkeit von Prozessen in Abhängigkeit von Kommunikationsaufwand und der strategischen Bedeutung

Abbildung 15: Prüfung der Geschäftsprozesse im Vorfeld der Offshore-Entscheidung

Abbildung 16: Bewertungsgrößen der Studie von A.T. Kearney

Abbildung 17: Ranking der Top Offshore-Standorte

Abbildung 18: Top-Standorte nach Finanzstruktur

Abbildung 19: Top-Standorte nach Geschäftsumfeld und Infrastruktur

Abbildung 20: Top-Standorte nach Qualität und Verfügbarkeit von Personal

Abbildung 21: „2003 Six-Industry Survey“ von A.T. Kearney

Abbildung 22: Offshore-Index der asiatischen Schwellenländer

Abbildung 23: Offshore-Index der Staaten Zentral- und Osteuropas

Abbildung 24: Offshore-Index lateinamerikanischer Länder

Abbildung 25: Offshore-Index der englischsprachigen Industrienationen

Abbildung 26: Politische Landkarte Indiens

Abbildung 27: Matrixdarstellung der Offshore-Standorte mit Trendlinie

Abbildung 28: Kostenvergleich eines Arbeitsplatzes in Indien und der USA

Abbildung 29: Vergleich der Kostenstruktur von Call-Center in den USA und in Indien 2004, sowie eine Prognose für Indien 2008

Abbildung 30: Exporte des indischen BPO-Sektors in US-Dollar

Abbildung 31: Umsatzerwartung der indischen BPO-Branche für die kommenden Jahre

Abbildung 32: Zielgebiete der indischen BPO-Exporte

Abbildung 33: Gliederung der indischen BPO-Dienstleistungen nach Branchen

Abbildung 34: Segmente der nach Indien ausgelagerten Geschäftsprozesse

Abbildung 35: Landkarte Indiens mit den wichtigsten BPO-Städten

Abbildung 36: Größenordnung und Aufgaben indischer „Captives“

Abbildung 37: Mitarbeiterstand indischer Niederlassungen von ausgewählten internationalen Dienstleistungsunternehmen

Abbildung 38: Standorte der Sales Agents von Evalueserve

Abbildung 39: Vergleich von Offshore-Destinationen

Abbildung 40: Indiens Bundesstaaten

Abbildung 41: Zeitungsartikel im Standard über Auslandspraktika

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1 Einleitung

1.1 Relevanz der Themenstellung

„Outsourcing is one of the most important management ideas and practices of the past 75 years.“[1] Das Beziehen von Dienstleistungen, welche an entfernten Standorten erbracht, und von dort via Datenleitung an die Kundenorganisation übermittelt werden, bezeichnet Gartner Group einen „irreversible megatrend“[2], Paul Davies nennt es eine „Global Services Revolution“.[3] Immer mehr Firmen verlagern ehemals unternehmensinterne Geschäfts­prozesse in Regionen mit vorteilhafteren Kostenstrukturen. Die Fortschritte der Informations- und Kommunikations­technologie (IuK) ermöglichen es Unternehmen, ihre Tätigkeiten global an jenen Standorten durchzuführen, an denen sie die günstigsten Konditionen zur Maximierung ihrer Gewinne und/oder ihres Shareholder Value vorfinden. Indien hat sich zum wichtigsten Anbieter von Offshore-Dienstleistungen entwickelt. Der indische Business Process Outsourcing Sektor erzielte zuletzt jährliche Wachstumsraten von fast 60%.

1.2 Forschungsfrage

Welche rationalen Überlegungen führen zur Verlagerung von Geschäftsprozessen in Offshore-Regionen, und weshalb konnte sich Indien so eindeutig als Marktführer für Offshore Business Process Outsourcing etablieren? Wie wird sich der Trend zum Offshoring in Zukunft fortsetzen?

1.3 Methodische Vorgangsweise

Bei der Recherche zur vorliegenden Arbeit bediente sich der Autor sowohl sekundärer als auch primärer Quellen. Nach dem Studium von Basis­literatur in Indien, wurden Unternehmen vor Ort besichtigt und Gespräche mit Verantwortlichen geführt. Damit soll jedoch nicht der Anspruch einer systematischen Feldforschung erhoben werden, der Praxisbezug diente vielmehr dazu, die Plausibilität der theorieorientierten Elemente abzusichern. Die Interviews, die sich in der Case Study sowie im Expertengespräch wieder finden, wurden als persönliches Gespräch bzw. als Telefoninterview geführt, teilweise wurde auch ein Fragenkatalog beantwortet, der per E-Mail versendet wurde (die Fragenkataloge in deutscher und englischer Sprache befinden sich im Anhang 5 und 6 dieser Arbeit). Auch diese Interviews bzw. Fragebögen sichern nur den Praxisbezug einer im Grunde an der vorhandenen Literatur orientierten Arbeit. Angesichts der aktuellen Entwicklung des Forschungs­gegenstandes und der geringen Tiefe der wissenschaftlichen Aufarbeitung der Thematik „Offshore-BPO“, insbesondere der Verlagerung von Geschäftsprozessen nach Indien, kommt einigen Elementen dieser Arbeit der Wert von Primärliteratur zu.

1.4 Zielsetzung

Ziel dieser Arbeit ist es, interessierten Personen und Unternehmen eine fundierte Gesamtschau in das Thema des internationalen Outsourcings von Prozessen zu bieten, Gründe für die Marktführerschaft Indiens aufzuzeigen und einen Trend für die nahe Zukunft zu präsentieren. Zusätzlich sollen aktuelle Begebenheiten und Entwicklungen im Offshoring und im Speziellen am Standort Indien einer systematischen Darstellung unterzogen werden.

1.5 Inhaltlicher Aufbau der Arbeit

Der Hauptteil der vorliegenden Arbeit ist in sechs Abschnitte gegliedert. Bei der Präsentation der Grundlagen des Offshore-BPO (Abschnitt 2) werden nach der Definition relevanter Begriffe die verschiedenen Organisationsformen des Outsourcings beschrieben. Die Transaktions­kostentheorie und ihr Bezug zum Thema wird im Anschluss als Exkurs vorgestellt. Im darauf folgenden Abschnitt Entscheidungskriterien beim Offshore-BPO (Abschnitt 3) werden Gründe und Risiken des Offshore-BPO genannt und die Kriterien auszulagernder Geschäfts­prozesse beschrieben. Nach einem Vergleich verschiedener Offshore-Länder (Abschnitt 4) wird genauer auf den Standort Indien (Abschnitt 5) eingegangen, und der indische BPO-Sektor analysiert. In einer Fallstudie und in Experteninterviews (Abschnitt 6) wird auf die Praxis des Offshore-BPO in Indien eingegangen, bevor im Schlussabschnitt in einer Zusammenfassung sowie eines Ausblicks (Abschnitt 7) die laufende und zukünftige Entwicklung des Offshore-BPO analysiert wird.

2 Grundlagen des Offshore Business Process Outsourcing

2.1 Definitionen relevanter Begriffe

2.1.1 Outsourcing

Scott Bayman, Generaldirektor von General Electric India, schreibt über Outsourcing: „It is the manifestation of Adam Smith’s classic economic theory on a wider scale.“[4] Er bezieht sich dabei auf die Theorie der Wettbewerbsvorteile, welche von Smith im Buch „The Wealth of Nations“ im Jahr 1776 propagiert wurde, und fährt fort: „Smith’s theory states that labor resources are best used when work tasks are divided among different workers to enable specialization.“[5]

Der Begriff Outsourcing stammt aus dem angelsächsischen Sprachraum und ist eine Kontraktion aus den Worten „ outside“, „ resource“ und „ using“.[6] Das Kunstwort ist aber inzwischen ein fester Bestandteil der deutschen Sprache geworden.[7] „Outsourcing bezeichnet den Übergang der Erstellung von Leistungen, welche bislang vom Unternehmen mit eigenen Mitteln erbracht wurden, an einen externen Dritten, der dafür die dauerhafte unternehmerische Verantwortung übernimmt.“[8] Im Zuge der Rationalisierung von Arbeitsprozessen werden am Unternehmensstandort ineffizient ausführbare oder zu teure Aufgaben von spezialisierten Dienstleistungsunternehmen durchgeführt. Diese Outsourcing-Anbieter erbringen die geforderte Leistung meist wirtschaftlicher oder mit höherer Servicequalität als dies in der Unternehmensstruktur des Outsourcing-Kunden der Fall ist. Die Erfahrung, dass der Fremdbezug von Gütern oder Dienstleistungen am freien Markt häufig günstiger als Eigenfertigung ist, geht auf die Transaktionskostentheorie von Ronald Coase zurück (siehe dazu Kapitel 2.3, Transaktionskostentheorie).

Der Begriff Outsourcing wird – auch wenn dies manchen Definitionen, die den Leistungsbezug von externen Zulieferern betonen, widerspricht – oft auch im Zusammenhang mit der Konzentration von Geschäftsbereichen in einer zentralen Einheit desselben Unternehmens bzw. der Unternehmens­gruppe verwendet (siehe dazu Kapitel 2.2.1, Interne Konzentration von Business-Aktivitäten)[9]. Man spricht beim internen Outsourcing von der Ausgliederung bzw. einem spin-off, einer „partiellen oder vollständigen Übertragung von Unternehmensfunktionen an rechtlich nicht eigenständige Unternehmens­einheiten (Profit Center) oder rechtlich eigenständige Unternehmen, auf die jedoch – über Kapitalbeteiligung – Einfluss genommen werden kann (z.B. Tochterunternehmen).“[10] Dem gegenüber steht der Begriff der Auslagerung oder Outsourcing an Dritte, einer „partiellen oder vollständigen Übertragung von Unternehmens­funktionen an externe, rechtlich eigenständige Unternehmen.“[11] In dieser Arbeit wird der Begriff Outsourcing sowohl für die Auslagerung als auch für die Ausgliederung verwendet.

Outsourcing kann auch die Auslagerung bzw. Ausgliederung von gesamten Wertschöpfungs­prozessen bedeuten. Die verringerte Wertschöpfungstiefe führt zu einer verstärkten Konzentration auf die Kernkompetenzen einer Organisation und steigert somit das innovative Potential des Unternehmens.

2.1.2 Offshore-, Nearshore-, Onshore- und Bestshore-Outsourcing

„Offshore outsourcing is the practice of hiring an external organization to perform some or all business functions in a country other than the one where the product will be sold or consumed.“[12] Man schließt in dieser Definition die Auslagerung/Ausgliederung der Tätigkeiten in eine Offshore-Region aufgrund einer beabsichtigten Markterschließung aus.

Unter Offshore-Outsourcing oder internationalem Outsourcing versteht man also die Verlagerung von zuvor unternehmensinternen Tätigkeiten an Auftragnehmer aus anderen Ländern, um einen Wettbewerbsvorteil zu realisieren. Dort ansässige Firmen übernehmen dabei meist Aufgaben wie Softwareentwicklung, Call-Center, Telekommunikations- und Finanz­dienstleistungen oder Projekte in Informationstechnologie (IT). Der Wettbewerbsvorteil ergibt sich meist durch Kosteneinsparung aufgrund von günstigeren Faktor­bedingungen wie billigere Rohstoffe, ein niedrigeres Lohnniveau oder eine geringere Steuerlast. Im Gegensatz zu anderen Varianten des Outsourcings steht hier der geographische Aspekt im Mittelpunkt und nicht die vertragliche Gestaltung.

Wie schon zuvor bei der Definition zu Outsourcing erwähnt, gibt es auch beim Begriff Offshore-Outsourcing bei genauerer Betrachtung mancher Definitionen den Hinweis auf die Verwendung externer Ressourcen. Oft wird auch der Anglizismus Offshoring verwendet, um Beteiligungs­gesellschaften in die Definition zu integrieren. Das US-amerikanische Consulting-Unternehmen ebs (E-Business Strategies) klärt darüber auf: “A common misconception is that all offshoring involves outsourcing. […] While outsourced processes are handed off to third-party vendors, offshored processes can be handed off to third-party vendors or remain in-house. The definition of offshoring includes organizations that build dedicated captive centers of their own in remote, lower-cost locations.”[13] In weiterer Folge wird jedoch auf die Unterscheidung der Bezeichnungen “Offshoring” und “Offshore-Outsourcing” verzichtet.

Je nach Entfernung der Länder, in denen der Outsourcing-Anbieter tätig ist, spricht man von „Offshore“ oder „Nearshore“. Irland, sowie die Staaten Zentral- und Osteuropas (CEE) sind typische Nearshore-Destinationen der europäischen Industrieländer, während Mexiko und Kanada zu den potentiellen Nearshore-Outsourcing Ländern der USA zählen. Unter Offshore werden in der Regel weiter entfernte Übersee-Regionen wie Südostasien verstanden, insbesondere China, Indien, Malaysia und die Philippinen.[14] Der Begriff stammt aus der Finanzökonomie, wo Steueroasen, die mit niedrigen Steuersätzen und striktem Bankgeheimnis ausländische Anleger locken, Offshore-Zentren genannt werden.[15]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Beziehung zwischen Möglichkeit der Einflussnahme und Entfernung des Outsourcing-Dienstleisters[16]

Abbildung 1 veranschaulicht in vereinfachter Form das Zusammenspiel der nötigen direkten Kontrolle durch das outsourcende Unternehmen mit der potentiellen physischen Entfernung des Outsourcing-Partners und den möglichen Einsparungen.

Oft fasst man in der Literatur die beiden Begriffe Nearshore und Offshore unter letzterem zusammen, da die Verwendung von Nearshore von der Perspektive des Betrachters abhängig ist und somit nicht eindeutig als solche bezeichnet werden kann.

Über die Definition des Begriffs Onshoring herrscht in der Fachliteratur Uneinigkeit. Georg Erber vom German Institute for Economic Research erklärt den Unterschied von Offshoring und Onshoring folgendermaßen: “Offshoring can be defined as relocation of business processes […] to lower-cost locations outside national borders. This term assumes the perspective of the country of origin. Onshoring is just the opposite perspective – for the destination country onshoring complement offshoring from the country of origin.”[17] Mit einer Definition, die der vorhergehenden widerspricht, erklärt das Internetportal searchCIO.com den Begriff. „Onshore outsourcing (also called domestic outsourcing) is the obtaining of services from someone outside a company but within the same country.“[18]

Das Konzept von Unternehmen, eine möglichst ideale, kostengünstige globale Verteilung der Ressourcen anzustreben, wird als Bestshore-Outsourcing bezeichnet.[19]

2.1.3 Geschäftsprozess

„Geschäftsprozesse sind funktionsübergreifende Verkettungen wertschöpfender Aktivitäten, die von Kunden erwartete Leistungen erzeugen und deren Ergebnisse strategische Bedeutung für das Unternehmen haben.“[20] Unter einem Geschäftsprozess (Business Process) wird also die Zusammenfassung von fachlich zusammen­hängenden Geschäftsaktivitäten verstanden, die notwendig sind, um einen Geschäftsfall zu bearbeiten. Die einzelnen Geschäftsaktivitäten können organisatorisch verteilt sein, stehen aber gewöhnlich in zeitlichen und logischen Abhängigkeiten zueinander. Geschäftsprozesse laufen koordiniert parallel oder nacheinander ab und dienen der Erreichung des betrieblichen Ziels.[21] Zudem können Geschäftsprozesse manuell oder IT-unterstützt ausgeführt werden. Meist finden diese Prozesse innerhalb der betrieblichen Organisationsstruktur statt, Ausnahmen bilden dabei die outgesourcten Geschäftsprozesse, welche das Thema dieser Arbeit darstellen.

Geschäftsprozesse können in unterschiedliche Typen eingeteilt werden. Osterloh/Frost unterscheiden in Kernprozesse und Supportprozesse. Ein Kernprozess erzeugt einen Wettbewerbsvorteil für das Unternehmen und ist gekennzeichnet durch wahrnehmbaren Kundennutzen, Nicht-Imitierbarkeit, Nicht-Substituierbarkeit und Spezifität. Ein Supportprozess unterstützt die Kernprozesse durch Bereitstellung der Infrastruktur. Er sichert den reibungslosen Ablauf der Geschäftstätigkeit, stellt aber selbst keinen unmittelbaren, sichtbaren Kundenvorteil dar.[22] Ein wichtiges Merkmal von Supportprozessen ist, dass sie vom Betrieb ausgelagert werden können, da sie nur indirekt zur Wertschöpfung beitragen. Besondere Beachtung finden in dieser Arbeit die IT-unterstützten Supportprozesse, diese können auch in entfernten Offshore-Regionen ohne Qualitätseinbußen erbracht werden.

2.1.4 BPO, KPO und ITeS

Die International Data Corporation (IDC) definiert Business Process Outsourcing (BPO) wie folgt: „BPO involves the transfer of management and execution of one or more complete business processes or entire business functions to an external service provider.“[23] DTZ Research nennt BPO eine strategische Entscheidung von Unternehmen, die eine Verbesserung der Dienstleistungsqualität und/oder Kostenreduktion anstreben. „This may be achieved directly by retaining control of the offshore facility, or indirectly, by outsourcing an entire business process to a third party specialist.“[24]

BPO ist kein neues Phänomen, viele Unternehmen praktizieren diese Form der Nutzung externer Ressourcen schon lange, nur wird kaum wahrgenommen, dass es sich bei Dienstleistungen wie Lohn- und Gehaltsabrechnungen, Gebäudereinigung oder EDV-Betreuung oft um diese Art des Outsourcings handelt. Mehr Details über BPO befinden sich im Abschnitt Organisationsformen des Outsourcings (Kapitel 2.2.5, Business Process Outsourcing).

Beim Offshore-BPO werden die Geschäftsprozesse über moderne Telekommunikationsnetze abgewickelt, in Indien spricht man dabei von IT-enabled Services (ITeS). Der indische Verband der Software- und Dienstleistungsfirmen NASSCOM (National Association of Software and Service Companies) definiert diese Form des Outsourcings folgendermaßen: “IT enabled Services involves outsourcing of such processes that can be enabled with information technology. This involves transfer of ownership and management of the processes from the customer to the service provider.”[25] Dies sind üblicherweise durchaus geschäftskritische Prozesse, auch wenn sie keine Kerntätigkeit der Kundenorganisation darstellen. Bei ITeS wird, zum Unterschied zu IT-Services wie Programmierarbeiten, die Informationstechnologie nur zur Kommunikation, zur Leistungserstellung und zum Datentransfer verwendet.

Das indische Consulting-Unternehmen INGRES unterscheidet BPO und ITeS folgendermaßen: ”The terms ITeS and BPO are often used interchangeably. However, ITeS involves outsourcing of business processes that can only be combined with Information Technology (IT). Such services are delivered through a telecommunication or data network or other electronic media. ITeS is therefore a subset of BPO […].”[26] Marc Vollenweider, CEO (Chief Executive Officer) eines in Indien ansässigen BPO-Unternehmens, sieht in einem Interview mit dem Autor diesen Unterschied nicht, für ihn sind die zwei Begriffe Synonyme für dasselbe Geschäftsmodell.[27] Laut Paul Davies liegt der Ursprung des Akronyms ITeS ausschließlich im indischen Steuerrecht. Viele der ersten BPO Unternehmen in Indien standen in enger Verbindung mit dem IT-Sektor. Da IT-Dienstleistungen Steuer­freiheit genossen und BPO zu einem anderen Dienstleistungszweig zählte, war das Outsourcing von Geschäftsprozessen steuerpflichtig und weit weniger attraktiv für Unternehmen. Die Annäherung an IT in der Namensgebung war Teil der Strategie, die Steuerbehörden davon zu überzeugen, dass diese Dienstleistungen durch Informationstechnologie ermöglicht werden und somit IT-Dienstleistungen im weiteren Sinne darstellen.[28] “The argument was succinct and persuasive. If these services were enabled by information technology, which they undoubtedly were, they had to be information technology services, and thererfore qualified, as of right, to be tax free.”[29] Somit wurden auch ITeS Dienstleistungen von der Steuer befreit. Um Missverständnissen vorzubeugen, werden in der vorliegenden Arbeit ab nun die Bezeichnungen Offshore-BPO und ITeS als Synonyme verwendet.

Durch den Erfolg des klassischen BPO-Sektors in Indien entsteht ein Trend zum Outsourcing von höherwertigen Dienstleistungen, dem so genannten Knowledge Process Outsourcing (KPO). Diese neue Form des Offshore-BPO ist besonders mit dem Verlagern von wissensbasierten Geschäftsprozessen verknüpft, welche erhebliche Sachkenntnissse von den Mitarbeitern des Outsourcing-Anbieters erfordern. “KPO entails the shifting from simple execution of standardized processes to carrying out processes that demand advanced analytical and technical skills as well as decisive judgment.”[30]

2.2 Organisationsformen des Outsourcings

Abhängig von der Anforderung des Kunden an ein Outsourcing-Projekt, haben sich in der Praxis unterschiedliche Organisationsformen des Outsourcings entwickelt. Das gewählte Outsourcing-Modell wird als eine auf Dauer angelegte, partnerschaftliche Beziehung betrachtet. Schon in der Vorbereitungsphase muss auf komplexe Zusammenhänge Rücksicht genommen werden, die sich über die gesamte Dauer des Outsourcing-Projekts erstrecken, wie etwa die Schnittstellen zwischen Kunden­organisation und jener des Outsourcing-Anbieters. Dies zeigt sich im Besonderen beim totalen Outsourcing und dem Business Process Outsourcing, in denen gesamte Geschäftsbereiche an den Outsourcing-Anbieter übergeben werden.[31]

Der Grad der Komplexität und der Aufwand beim Outsourcing sind je nach Art des gewählten Outsourcing-Modells unterschiedlich. Abbildung 2 zeigt diesen Zusammenhang.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Komplexität unterschiedlicher Outsourcing-Modelle[32]

2.2.1 Interne Konzentration von Business-Aktivitäten

2.2.1.1 Konzentration im Unternehmen

Bei der Konzentration von Service-Aktivitäten im eigenen Unternehmen nimmt man zur Auslagerung nicht die Dienste eines externen Dienstleisters in Anspruch, sondern eine meist als Profit Center organisierte Fachabteilung. Aufgrund des kompletten Verbleibs aller Funktionen im Unternehmen stellt diese Form kein Outsourcing im eigentlichen Sinne dar.[33] Hierzu werden etwa die IT-Service-Aktivitäten in einem Unternehmen zu einer Fachabteilung wie etwa in der Form eines Shared Service Centers zusammengezogen. „Unter einem Shared Service Center (SSC) wird in der Regel die Zusammenfassung gleicher Prozesse mehrerer Business-Einheiten in einem wirtschaftlich und/oder rechtlich selbstständigen Verantwortungsbereich zur Unterstützung mehrerer Business-Einheiten verstanden.“[34] Die Bildung von SSC wird häufig auch als „Internes Outsourcing“ bezeichnet.[35] Abbildung 3 zeigt eine Skizze zur Veranschaulichung der internen Konzentration von Geschäftsprozessen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3: Konzentration der IT-Service-Aktivitäten in einem Unternehmen[36]

„Häufig wird die Konzentration von Business-Aktivitäten als eine gewisse Vorstufe zum Outsourcing gesehen.“[37] Die Bildung von Profit Centern ist hierbei insofern sinnvoll, da diese den Vergleich der betriebseigenen Mittel und Kosten mit den Angeboten externer Anbieter ermöglichen, um in einer späteren Make-or-Buy-Entscheidung zu prüfen, in welchen Bereichen ein Outsourcing sinnvoll ist. Dabei ist besonders auf geschäftskritische Bereiche und auf die Kernkompetenzen des Unternehmens zu achten.[38]

2.2.1.2 Konzentration im Konzern (Spin-off)

Fasst man bei der Konzentration von Service-Aktivitäten im Unternehmen diese in einer Abteilung zusammen, werden bei der Konzentration der Service-Aktivitäten im Konzern etwa alle IT-Abteilungen der Firmengruppe in einem Tochterunternehmen konzentriert. Die Unternehmen des Konzerns beauftragen nach der Ausgliederung für IT-Serviceleistungen nicht mehr die unternehmenseigenen IT-Service-Abteilungen, sondern je nach Beteiligungsverhältnissen ein Schwesterunternehmen, ein Beteiligungsunternehmen oder ein Joint Venture (JV), welches in der Form eines Shared Service Centers Leistungen für den Konzern erbringt. Durch die Zentralisierung dieser Service-Aktivitäten in einem einzigen Tochterunternehmen des Konzerns kommt es meist zu Synergieeffekten beim Einkauf, bei der Personalverwaltung und beim Auftragsmanagement. Diese Konzentration von Aktivitäten in der Firmengruppe stellt auch für die mögliche Umsetzung von konzernweit gültigen Strategien und Standards im Umfeld der Informationstechnologie eine wesentliche Vereinfachung dar und führt so zu weiteren Kosteneinsparungen.[39]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 4: Konzerninternes Outsourcing von IT-Abteilungen[40]

Abbildung 4 erklärt den Vorgang der Konzern­internen Konzentration von IT-Abteilungen. Durch die Konzentration der Service-Aktivitäten innerhalb eines Tochterunternehmens der Firmengruppe ist auch das Gewinnen von externen Kunden möglich. Somit kann die Service-Tochter auch einen eigenen Beitrag zur Profitsteigerung des Konzerns leisten. Die Leistungserbringung für den Konzern und jene für externe Kunden sollten im Idealfall, wie bei Profit-Centern üblich, für sich gesehen möglichst kostendeckend sein.[41]

2.2.2 Totales oder Strategisches Outsourcing

Nach der Bündelung der Service-Aktivitäten eines Konzerns in einer Servicetochter wäre ein möglicher weiterer Schritt das Outsourcing der gesamten Dienstleistung. „Bei einem ‚Totalen Outsourcing’ bzw. ’Strategischen Outsourcing’ wird der Großteil einer bestimmten Business-Aktivität im Sinne eines Teilbetriebs von einem Outsourcing-Anbieter ausgelagert.“[42]

Als erster Schritt der Abspaltung analysiert der Outsourcing-Anbieter in einem Due Diligence[43] die meist schon bestehende Service-Tochter des Outsourcing-Kunden. Fällt der Kaufentscheid, wird diese nach der Analyse in ein Joint Venture mit dem Outsourcing-Anbieter eingebracht. Die unternehmerische Führung der Service-Gesellschaft übernimmt zwar der Outsourcing-Anbieter, je nach Gesellschaftsvertrag hat der Outsourcing-Kunde jedoch noch Einblick und Steuerungsmöglichkeiten bei der Service-Gesellschaft. Der Outsourcing-Anbieter übernimmt dann nach einem gewissen Zeitraum das Joint Venture und die Service-Tochter wird in das Unternehmen oder in den Konzern des Outsourcing-Anbieters eingegliedert.[44] Abbildung 5 zeigt den Vorgang eines totalen Outsourcings von IT-Abteilungen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 5: Totales Outsourcing der IT-Aktivitäten[45]

2.2.3 Partielles Outsourcing und Multi-Vendor-Outsourcing

Möchte der potentielle Outsourcing-Kunde nur einen Teilbereich oder eine Teilaufgabe fremd vergeben, hat er die Möglichkeit des partiellen oder selektiven Outsourcing (Outtasking). Dabei könnte er einerseits nur einen Teilbereich einer Aktivität fremd vergeben oder auch die verschiedenen Teile derselben Aktivität gleichzeitig an verschiedene Anbieter outsourcen. Manchmal wird partielles Outsourcing als Alternative für ein gescheitertes Projekt eines totalen Outsourcings gesehen.[46] In diesem Fall entscheidet sich der Outsourcing-Kunde, verschiedene Tasks in Form eines Insourcings[47] wieder selbst zu betreiben, und andere Bereiche, in denen ein totales Outsourcing nur schwer zu revidieren ist, werden durch Outtasking gezielt fremd vergeben. Abbildung 6 zeigt ein Beispiel für partielles Outsourcing.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 6: Beispiel für Partielles Outsourcing (Outtasking)[48]

Von Multisourcing bzw. Multi-Vendor-Outsourcing spricht man, wenn der Outsourcing-Kunde zwar vorhat, einen ganzen Teilbereich auszulagern, diesen aber nicht wie beim totalen Outsourcing an einen einzigen Anbieter vergeben möchte. Beim Multisourcing werden gleichzeitig verschiedene Teilaufgaben an unterschiedliche Service Provider outgesourct. Der Outsourcing-Kunde wählt bei der Multi-Vendor-Strategie nicht einen Generalunternehmer, sondern mehrere unterschiedliche Provider, die sich meist als Einzelunternehmer auf einen besonderen Bereich spezialisiert haben.

Einen Nachteil des Multi-Vendor-Outsourcing stellen die schwer überbrückbaren Schnittstellen der einzelnen Outsourcing-Anbieter dar, wie etwa beim Anbieten von First Level Support und Second Level Support von verschiedenen Dienstleistern. Bei dieser Art des Outsourcings besteht eine wesentliche Aufgabe der beim Outsourcing-Kunden verbliebenen IT-Mitarbeiter im so genannten Vendor-Management, der Überprüfung der Leistungen der Outsourcing-Anbieter und der Steuerung derselben.[49]

2.2.4 Application Service Providing (ASP)

Der Application Service Provider bietet seinen Kunden Zugriff auf verschiedene Programme. Diese Software-Applikationen laufen auf leistungsfähigen, sicheren und allzeit verfügbaren Rechenzentren. Die Anbieter von ASP verkaufen die Anwendungen wie etwa Software für ERP (Enterprise Resource Planning), CRM (Customer Relationship Management) oder Betriebssysteme nicht an ihre Kunden, sondern stellen den Unternehmen die vereinbarten Systeme gegen eine Gebühr auf eine bestimmte Dauer zur Verfügung. Auf einem zentralen Server gespeichert, stehen die Anwendungen den Kunden wie Unternehmen oder Enduser über Local Area Networks (LAN), Wide Area Networks (WAN) oder Virtual Private Networks (VPN) zur Verfügung (siehe Abbildung 7).[50]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 7: Application Service Providing[51]

Die Unternehmensberatung ebs fasst die Ziele des ASP, auch Business Application Outsourcing genannt, folgendermaßen zusammen: „The goal is to relieve the corporation from day-to-day management and lower the total cost of ownership (TCO). The outsourcer [der Outsourcing-Anbieter] hosts the software solution ensuring a preset level of performance and reliability.“[52]

Söbbing stellt in Frage, ob es sich beim ASP um eine Form des Outsourcings handelt. Er hält aber gleichzeitig fest, dass es zwischen den beiden Praktiken eine „erhebliche Verwandtschaft“ gibt.[53]

2.2.5 Business Process Outsourcing (BPO)

Beim Business Process Outsourcing, von Mayer/Söbbing sogar die „Königsklasse des Outsourcings“[54] genannt, wird dem Outsourcing-Anbieter die Verantwortung über einen kompletten Geschäftsprozess oder eine vollständige Unternehmensfunktion übergeben. Im Gegensatz zum konventionellen Outsourcing ist der Anbieter beim BPO frei in der technischen Umsetzung. Der Kunde bezieht die Leistung, ohne in die Verantwortung und Infrastruktur der Leistungserstellung miteinbezogen zu sein. Ein besonders erfolgskritischer Faktor beim Business Process Outsourcing ist deshalb die Integration des Prozesses in den Unternehmensalltag des Outsourcing-Kunden.[55] Da der Outsourcing-Anbieter nicht nur Geschäftsprozesse übernimmt, sondern diese auch neu gestaltet, erfordert ein erfolgreiches BPO von dessen Anbieter besondere Branchenkenntnis. Nicht zuletzt deshalb muss der Kunde ein Augenmerk auf die Definition von Kennzahlen und Messmethoden legen, sowie die outgesourcten Prozesse einem kontinuierlichen Benchmarking unterwerfen.[56]

Immer mehr Geschäftsprozesse, die früher als Kernkompetenz der Unternehmen angesehen wurden, werden nun zwar als geschäftskritisch, aber „Non-Core“ und somit für Outsourcing geeignet, verstanden, und Firmen entscheiden sich für deren Auslagerung. Biswajit Nag vom Indian Institute of Foreign Trade schreibt zur kontinuierlichen Erweiterung des Portfolios der BPO-Anbieter: „[…] from offering single IT services BPO has come a long way and now covers an array of operations from finance, banking, insurance, human resources development and training to health care, mortgage and credit card services, asset management, customer care, logistics and distribution, engineering, procurement, real estate, sales and marketing, and web-related services.“[57] Abbildung 8 zeigt Beispiele für outgesourcte Dienstleistungen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 8: Beispiele für BPO-Aktivitäten[58]

Business Process Outsourcing wird oft in zwei Kategorien unterteilt. Von Back-office Outsourcing spricht man bei der Auslagerung von internen Geschäftsfunktionen wie Einkauf, Lohnverrechnung oder Buchhaltung. Dem gegenüber steht das Outsourcing von Front-office Aktivitäten, also Dienstleistungen mit Kundenkontakt wie Marketing, Telefonverkauf oder technische Hilfestellung.[59]

Eine Sonderform des Business Process Outsourcing stellt das Offshore- BPO bzw. Business Process Offshoring dar. Dabei handelt es sich um die Verlagerung von Geschäftsprozessen, meist Tätigkeiten mit einem hohen IT-Anteil, in andere Volkswirtschaften.[60]

Hinweis:

Bis hierher wurden in der vorliegenden Arbeit allgemeine Begriffe geklärt und Organisationsformen des Outsourcings präsentiert, welche entfernt im Zusammenhang mit dem zu behandelnden Thema, dem Offshore Business Process Outsourcing, stehen. Im nächsten Kapitel (Kapitel 2.3) wird die Transaktionskostentheorie erläutert, welche erstmals die Sinnhaftigkeit des Outsourcings theoretisch zusammenfasste, und ab dem Abschnitt 3 (Entscheidungskriterien beim Offshore-BPO) befasst sich die Arbeit ausschließlich mit der speziellen Form des Offshore Business Process Outsourcing, auch bei der Verwendung des generellen Begriffs „Outsourcing“ ist Offshore-BPO gemeint.

2.3 (Exkurs) Transaktionskostentheorie

Eine Grundsatzfrage beim Outsourcing ist, welche Aufgaben sich für die Auslagerung an ein spezialisiertes Dienstleistungsunternehmen eignen, und welche das Unternehmen besser selbst durchführt, da die internen Transaktionskosten niedriger sind als jene des Marktes. Die Transaktionskostentheorie dient dabei als Entscheidungsgrundlage und versucht, eine Antwort auf die Frage zu Eigenfertigung oder Fremdbezug (Make-or-Buy-Entscheidung) zu geben.[61]

2.3.1 Grundbegriffe und Definitionen

Die Enzyklopädie Wikipedia definiert die Transaktionskostentheorie folgendermaßen: „[…] bezeichnet eine Theorie der volkswirtschaftlichen Institutionenökonomik, die davon ausgeht, dass jegliches Handeln in einer Marktwirtschaft mit verschiedenen Kosten verbunden ist.“[62] Die Theorie steht im Widerspruch zur Vorstellung eines vollkommenen Marktes[63] und besagt, dass alle Transaktionen auch Transaktionskosten verursachen. Diese Kosten können dabei sowohl monetäre als auch nicht-monetäre Aufwände darstellen.

Unter einer Transaktion versteht man den Vorgang der Übermittlung einer Ware oder einer Dienstleistung über eine technologisch abgrenzbare Schnittstelle.[64] Demnach kann eine Transaktion auch innerhalb einer Unternehmung, etwa beim Übergang eines Produktes von einem Produktionsverfahren oder Betriebsbereich zu einem anderen, erfolgen. Laut Williamson ist eine Transaktion die Übertragung von Rechten, Gütern und Leistungen zwischen Wirtschaftssubjekten.

Picot versteht unter Transaktionskosten „[…] die Kosten, die durch Organisation und Abwicklung arbeitsteiliger Aufgabenerfüllung entstehen.“[65] Deshalb bezeichnet er sie auch Koordinationskosten. Transaktionskosten sind alle Kosten, die in direktem Zusammenhang mit einer Transaktion wie dem Kauf und Verkauf von Gütern, Leistungen und Rechten entstehen, ausgenommen deren Preis. Transaktionskosten entstehen insbesondere bei Kommunikationsbedarf, und wenn es zwischen den an einer Transaktion beteiligten Personen zu Verständigungsproblemen oder Konflikten kommt. Williamson vergleicht Transaktionskosten mit dem Phänomen der Reibungsverluste in physikalischen Systemen und spricht dabei von Reibungen in sozialen Systemen, wie etwa Unternehmen.[66]

Das Ausmaß der Transaktionskosten einer bestimmten Transaktion kann deren Zustandekommen verhindern, wenn etwa die anfänglichen Informationskosten für einen potenziellen Käufer so hoch sind, dass das Kaufinteresse dementsprechend sinkt. Die Existenz von Transaktionskosten verhindert auch häufig, dass Käufer oder Verkäufer das für sie günstigste Offert finden, da die mit der Angebotssuche steigenden Transaktionskosten eventuelle Vorteile durch Berücksichtigung von weiteren Angeboten aufwiegen. Auch die technischen Rahmen­bedingungen können die Höhe der Transaktionskosten beeinflussen. Durch das Internet und die damit im Zusammenhang stehende Vereinfachung der Informationsbeschaffung wurden die Informations­kosten erheblich reduziert.

2.3.2 Entwicklung des Transaktionskostenansatzes

Die Transaktionskostenökonomik hat ihren Ursprung in der 1937 erschienenen Arbeit „The Nature of the Firm“ von Ronald Coase. Für seinen Transaktionskostenansatz, das Coase-Theorem, erhielt der in die USA emigrierte britische Ökonom 1991 den Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften. Im Rahmen seiner Untersuchungen hielt Coase fest, dass Transaktionen auf dem Markt nicht kostenlos sind, und rückte erstmals die Organisation als Koordinationsform für Transaktionen in den Mittelpunkt.[67] Der Transaktionskostenansatz beruht auf Überlegungen zur Untersuchung der verschiedenen Möglichkeiten des Leistungsbezuges, der Leistungserstellung innerhalb der hierarchisch aufgebauten Strukturen des Unternehmens, und dem Markt, also dem Leistungsbezug von externen Lieferanten.

Ausgangspunkt für seine Überlegungen war die Frage nach dem Grund für die Existenz von Unternehmen, und er beantwortete diese damit, dass Leistungen innerhalb eines Unternehmens oft billiger erstellt werden können als über Markttransaktionen. Mit zunehmender Integration steigen aber auch die Kosten der unternehmensinternen Koordination, weshalb Unternehmen Leistungen solange selbst erstellen, bis die internen Grenzkosten der Koordination die externen übersteigen. Heute besteht, bedingt durch den Wandel der wirtschaftlichen Strukturen, Grund zur Annahme, dass es zu einer Verschiebung hinsichtlich des optimalen Leistungsbezuges zugunsten des Marktes gekommen ist.

Der Transaktionskostenansatz wurde von Vertretern der neuen Institutionenökonomie[68] weiterentwickelt. Williamson verfasste eine Abhandlung zur Bildung einer zusammenfassenden und detaillierten Beschreibung der Transaktionskostentheorie. Seine Überlegungen galten der Erklärungskraft von Transaktionskosten zur Beschreibung der ökonomischen Institutionen und Phänomene in marktwirtschaftlichen Systemen. Williamson entwickelte Entscheidungskriterien, um die effizienteste Koordinationsalternative zu ermitteln, indem er Markt und Hierarchie durch hybride Zwischenformen (Kooperationen und Netzwerke) ergänzte.[69]

Die Theorie unterstellt den Transaktionspartnern bestimmte Verhaltens­weisen. Erste Prämisse für die Transaktionskostentheorie ist, dass Marktteilnehmer auf einem unvollkommenen Markt nur über eine eingeschränkte Rationalität verfügen. Die an einer Transaktion beteiligten Akteure streben zwar ein vollständig rationales Verhalten an, erreichen dieses aber aufgrund ihrer eingeschränkten Informationsbasis und Informationsverarbeitungskapazität nicht. Für Transaktionen bedeutet diese Annahme, dass nach Vertragsabschlüssen Situationen eintreten können, die im Vertrag nicht berücksichtigt wurden, weshalb sich die Notwendigkeit geeigneter Überwachungssysteme ergibt.[70] Eine weitere Verhaltensannahme stellt der Opportunismus dar, welcher den beteiligten Parteien unterstellt wird. Es wird angenommen, dass die Akteure es anstreben, ihren eigenen Nutzen zu maximieren und dabei selbst vor Hilfsmitteln wie Täuschung, List oder Manipulation und Unterdrückung von Information nicht zurückschrecken. Gemeint ist damit die Ausnutzung sämtlicher nicht vertraglich fixierter Handlungsspielräume für eigene Interessen, welche zusätzlich durch asymmetrische Informationsverteilung begünstigt wird. Statt opportunistisches Verhalten mit einem ebensolchen zu begegnen, ist es für beide Vertragspartner von Vorteil, für Transaktionen die durch Opportunismus gefährdet sind, bessere Beherrschungs- und Überwachungssysteme zu schaffen.[71]

Die Verwendung der Transaktionskostentheorie für Make-or-Buy-Entscheidungen, also die Entscheidung zwischen Fremdbezug und Eigenfertigung von Leistungen, geht auf Picot zurück. Er entwickelte, ausgehend von Williamson, einen Ansatz zur Gestaltung der unternehmerischen Leistungstiefe.[72]

Die genannten Verhaltensannahmen sind aber nur ein Grund für das Entstehen von Transaktionskosten. Als weitere Einflussgrößen gelten die Eigenschaften der Transaktionsobjekte. Es handelt sich hierbei um Faktorspezifität (asset specifity) und damit die strategische Bedeutung der Leistung, die Unsicherheit (uncertainty) und die Häufigkeit der Durchführung (frequency).[73]

Hohe Spezifität einer Leistung ist dann gegeben, wenn diese an einen bestimmten Vertragspartner gebunden ist und anderweitige Verwendung ausschließt. Bei einem hohen Maß an Spezifität entstehen gegenseitige Abhängigkeiten zwischen den Parteien, welche die Gefahr des opportunistischen Verhaltens verstärken und zu hohen Transaktions­kosten führen. Die strategische Bedeutung steht in engem Zusammen­hang mit der Faktorspezifität, durch die sich ein Anbieter am Markt von seinen Wettbewerbern unterscheidet. Eine Auslagerung solcher Leistungen ist meist nicht ratsam. Durch Unsicherheit über mögliches opportunistisches Verhalten des Vertragspartners oder über zukünftig eintretende Ereignisse im Allgemeinen gewinnt die vertragliche Absicherung an Bedeutung. Mit erhöhter Unsicherheit steigen somit auch die Transaktionskosten. Durch die Häufigkeit der Durchführung einer Transaktion sinken zwar einerseits die Transaktionskosten, andererseits vermindern sich dadurch auch die internen Produktionskosten. Die Häufigkeit darf deshalb nur im Zusammenhang mit anderen Eigenschaften bewertet werden, um nicht bei isolierter Betrachtung zur falschen Empfehlung bei der Make-or-Buy-Entscheidung zu gelangen.[74]

Zusammenfassend kann man sagen, dass bei zunehmender Ausprägung der Transaktionskosteneigenschaften zuerst eine reine Marktvariante, dann eine Markt-Hierarchie-Hybridform (Netzwerk) und bei hoher Ausprägung der Eigenschaften eine reine Hierarchiekoordination zu empfehlen ist.[75]

Abbildung 9 illustriert den Zusammenhang des Ausmaßes an Faktor­spezifität und Unsicherheit mit der Höhe der Transaktionskosten bei Leistungsbezug von externen Lieferanten (Markt), Eigenleistung (Hierarchie) und einer Zwischenform (Netzwerk).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 9: Transaktionskosten nach Organisationsform und Spezifität[76]

Zu einer praktischen Lösung der Make-or-Buy-Entscheidung anhand des Transaktionskostenansatzes kommt man mit dem Scoring-Modell von Fischer.[77] In diesem Verfahren zur Operationalisierung der Transaktions­kosten wird ein Kriterienkatalog auf einer Ratingskala bewertet. Die Kriterien für die Faktorspezifität und die Unsicherheit werden in Subkriterien unterteilt und aus den Antworten wird pro Merkmal ein gewichteter Durchschnitt gebildet. Um Make-or-Buy-Empfehlungen zu erzielen, werden die ermittelten Werte dann in ein Strategie-Portfolio eingetragen.

2.3.3 Transaktionskosten beim Outsourcing

Anbieter von Outsourcing-Dienstleistungen vergessen bei Präsentationen und Verhandlungen mit potentiellen Kunden gerne den Hinweis auf monetäre und nicht-monetäre Transaktionskosten. Vielmehr betonen sie die hohe Qualität der erbrachten Leistung bei gleichzeitiger Kosten­ersparnis, welche durch Spezialisierung und Verwendung günstigerer Ressourcen erreicht wird. Beim Offshore-Outsourcing machen Einsparungen alleine durch das niedrigere Lohnniveau oft bis zu 80% aus, jedoch sind die durch den entfernten Standort zusätzlich anfallenden Transaktionskosten ein nicht zu unterschätzender Faktor. Dazu Thondavadi/Albert: „[…] there is more to offshoring than labor arbitrage. Companies should calculate the total cost of offshoring, including vendor selection expenses, management time devoted to vendor management, loss of goodwill, and the risk of handling over critical processes to an offshore vendor.“[78] Jedoch auch nach Abzug der zusätzlichen Kosten kommt es bei der Verlagerung von Prozessen in Offshore-Regionen, verglichen mit der hierarchischen Eigenleistung am Unternehmens­standort, immer noch zu einer erheblichen Ersparnis.

Die Transaktionskostentheorie gibt wichtige Anhaltspunkte für die Leistungstiefenoptimierung eines Unternehmens. Sie zielt darauf ab, die Leistungen, welche ein Unternehmen zur Erfüllung seiner Gesamtaufgabe benötigt, so mit der Einbindungsform des jeweiligen Dienstleisters zu kombinieren, dass die Summe der Transaktionskosten minimiert wird. Der Grad der Einbindung externer Dienstleister gehört zu den wichtigsten Entscheidungstatbeständen beim Outsourcing. Spricht man sich für das Outsourcing von Geschäftsprozessen aus, entstehen jedoch Abhängigkeiten, welche im Falle vertraglicher Unzulänglichkeiten opportunistischem Verhalten ausgesetzt sind. Die Bestimmung der Höhe der Transaktionskosten bei der Outsourcing-Entscheidung stellt eine bedeutende Herausforderung für das Management dar, da diese nicht nur monetäre Kosten beinhalten, sondern auch Arbeits- oder Zeitaufwand und somit eine zusätzliche Bindung von Ressourcen.[79]

Williamson unterscheidet die Transaktionskosten, je nachdem ob diese vor oder nach dem Vertragsabschluss auftreten, in ex-ante- und ex-post-Transaktionskosten.[80] Auf einige Beispiele dieser Transaktionskostenarten wird im Folgenden genauer eingegangen.[81]

2.3.3.1 Ex-ante-Transaktionskosten

Im Vorfeld zu einer möglichen Ausgliederung von Unternehmens­aktivitäten fallen so genannte Suchkosten an. Diese sind meist Beratungskosten zur Findung eines geeigneten Anbieters sowie der bestmöglichen Lösung des Outsourcing-Projekts und Kosten des betriebsinternen Managements. Ebenso fallen Informationskosten an, etwa für den Vergleich der beiden Optionen Eigenbetrieb und Fremdbezug, für das Due Diligence und für diverse Auskunftsersuchen, sogenannte Requests for Information (RFI). Unter Verhandlungskosten versteht man die Kosten der Besprechung von Rahmenbedingungen spezifischer Leistungen, aber auch den enormen Aufwand, der entstehen kann, wenn sich die Teams der Vertragspartner, oft mit Einbeziehung der Bereiche Top Management, Recht, Technik, Human Resource (HR) und Finanz, zusammenfinden und wertvolle Zeit von hoch bezahlten Managern in Verhandlungen investieren. Bei größeren Organisationen geht man dabei von höheren Transaktionskosten aus, da der Schnittstellenaufwand mit der Unternehmensgröße wächst.

2.3.3.2 Ex-post-Transaktionskosten

Ex-post-Transaktionskosten bestehen unter anderem aus den Kosten des Tausches, Absicherungskosten, Kontrollkosten, sowie Kosten durch Nachverhandlungen. Unter Kosten des Tausches versteht man den physischen Transport von transaktionsrelevanten Elementen oder von Infrastruktur an den Ort des zukünftigen Bedarfes. Diese Kosten sind umso höher, je weiter der Dienstleistungsanbieter von seinem Kunden entfernt ist. Zu den Absicherungskosten zählt, neben Versicherungs­prämien als Schadensbegrenzung für die Nicht-Erfüllung, etwa ein System, welches einen monetären Anreiz im Sinne eines Bonus/Malus für Übererfüllung oder Schlechtleistung beinhaltet. Dieses System setzt die permanente Kontrolle der gebotenen Leistung voraus. Die Entwicklung eines Reportingsystems und das laufende Monitoring zählen, ebenso wie periodische Meetings zu Fragen der Qualitätssicherung, zu den Kontrollkosten. Kosten für Nachverhandlungen entstehen, wenn sich etwa äußere Rahmenbedingungen, denen der Vertrag zu Grunde liegt, ändern (z.B. Änderung des Beteiligungsverhältnisses eines Vertragspartners), oder wenn der vorliegende Vertrag Spielraum für opportunistisches Nachverhandeln eines Vertragspartners lässt.

Wegen der größeren Unsicherheit bzw. durch mangelhaft aufgesetzte Verträge und die Wahrscheinlichkeit von Vertragsanpassungen sind die ex-post-Transaktionskosten von besonderer Bedeutung.[82] Deshalb sollte vor Vertragsabschluss intensiv an der Aufbereitung von Informationen und am gemeinsamen Verständnis der Prozesse gearbeitet werden, um etwaige Nachverhandlungskosten schon im Vorfeld zu vermeiden.

3 Entscheidungskriterien beim Offshore-BPO

Das wichtigste Ziel, welches beim Outsourcing verfolgt wird, ist die Erhaltung bzw. Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens. Das kann grundsätzlich auf zwei Arten erreicht werden: Durch die Steigerung der Effektivität und durch die Erhöhung der Effizienz des Unternehmens.[83] Um neue Wettbewerbsvorteile zu generieren oder bestehende zu sichern, bedarf es eines wohlüberlegten und systematischen Vorgehens. Am Beginn steht unverzichtbar das ausführliche Abwägen der potentiellen Chancen und Risiken dieser besonderen Art der internationalen Arbeitsteilung.

3.1 Gründe für Offshore-BPO

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Abbildung 10: Hauptmotive für Offshoring aus der Sicht europäischer Unternehmen (Mehrfachnennung möglich)[84]

Die Rezession bzw. stagnierende wirtschaftliche Tendenz in vielen Industrienationen zwingt Unternehmen vermehrt zu Kostensenkung und Konzentration auf ihre Kernkompetenzen. Abbildung 10 zeigt eine Umfrage der Unternehmensberatung Roland Berger Strategy Consultants unter 100 führenden europäischen Unternehmen. Das Diagramm illustriert, dass die Offshoring-Motive der Unternehmen großteils, aber nicht ausschließlich, in Kostensenkung liegen.

3.1.1 Kostenoptimierung

Ein wesentlicher Grund für Outsourcing-Projekte in Offshore-Länder ist die Reduzierung der operativen Kosten. Das Ziel, arbeitsintensive Tätigkeiten in Länder mit geringeren Lohn- und Lohnnebenkosten zu verlagern, steht dabei im Mittelpunkt. Die niedrigen Lohnkosten der Schwellenländer erscheinen dabei so attraktiv, dass es trotz distanzbedingten erhöhten Kontroll- und Anbahnungskosten wirtschaftlich ist, arbeitsintensive Prozesse nach Übersee zu verlagern.

So kostet die Arbeitsstunde eines deutschen Software-Entwicklers laut einer Studie von Deutsche Bank Research mehr als 56 EUR und die seines US-amerikanischen Kollegen über 52 EUR. In Österreich liegen diese Kosten vergleichbar günstig, aber immer noch bei etwa 42 EUR. Im Vergleich dazu kostet die Arbeitsstunde eines rumänischen Mitarbeiters mit derselben Qualifikation etwas über 9 EUR. Die Inder sind laut Studie unschlagbar billig, die Arbeit eines indischen Software-Entwicklers kostet nur knapp 7 EUR die Stunde.[85] Abbildung 11 zeigt diesen Kosten­vergleich aus dem Jahre 2001.

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Abbildung 11: Durchschnittliche Lohnkosten (2001) pro Stunde für Software-Entwickler[86]

Die Unterschiede in den Lohnkosten dürfen aber nicht als das ausschlaggebende Argument gesehen werden. Oft mindern die mit dem Offshoring einhergehenden Zusatzkosten das Einsparpotential erheblich (siehe dazu Kapitel 2.3, Transaktionskostentheorie). Die Arbeitskosten betragen bei Offshore-Projekten üblicherweise nur 15 bis 50% der Gesamtkosten, in Industrieländern machen diese etwa 75% aus. Dazu kommen zusätzliche, offshore-bedingte Betriebskosten und Kosten für das Vendor-Management. Insgesamt ergibt sich dabei ein realistisches Einsparpotential von 20 bis 30%.[87]

Die indische NASSCOM wiederum bezeichnet die Lohnkosten als wichtigsten Faktor bei den erzielten Einsparungen durch Offshore-BPO und spricht sogar von der Halbierung der Prozesskosten: „The primary driver of cost savings is labour cost arbitrage. The differential in wages between the parent location in the US or UK and India is more than 70-80 percent for offshorable processes. However, interaction costs increase by 10-20 percent because India is a remote location, resulting in net savings of 40-60 percent for the offshored processes.“[88]

Neben den geringen Lohnkosten tragen auch Synergieeffekte und Skalenerträge (Economies of scale), welche der Outsourcing-Anbieter durch seine Spezialisierung nutzt, erheblich dazu bei, die Einsparungsziele zu erreichen. Ein externer Anbieter kann aufgrund von Größenvorteilen seine Fixkosten auf einen breiteren Nutzerstamm verteilen.[89] Hinzu kommen noch Effekte der günstigen Steuer- und Regulierungssysteme. So bietet etwa die indische Regierung BPO-Firmen in speziellen Technology Parks Steuervergünstigungen (z.B. tax holidays) an.[90]

Durch Fremdleistung werden ehemalige Fixkosten zu bedarfsabhängigen variablen Kosten, was bedeutet, dass der Kunde nur noch für tatsächlich erbrachte Leistungen in Form eines Entgelts bezahlt. Dies ermöglicht dem Outsourcing-Kunden das Freiwerden von Kapital für Investitionen, eine erhöhte Liquidität, sowie eine transparentere und besser kalkulierbare Kostenkontrolle.[91] Aus finanztechnischer Sicht stellen diese Punkte die Hauptargumente für die Outsourcing-Entscheidung dar.

Abbildung 12 zeigt das Resultat einer Umfrage der Unternehmens­beratung Roland Berger Strategy Consultants zum Ausmaß der tatsächlich realisierten Einsparungen durch Offshoring.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 12: Realisierte Einsparungen durch Offshoring[92]

3.1.2 Steigerung der Servicequalität

Manchmal ist Outsourcing nicht automatisch mit einer Kosteneinsparung verbunden, sogar eine Steigerung der Kosten ist möglich. Diese Mehrkosten führen dann aber meist zu einem erhöhten Qualitätsstandard oder Kundenservice, und dies in weiterer Folge zu einer Verringerung der Gesamtkosten, dem TCO.[93]

Die Qualität der Fachkräfte spielt beim Offshore-Outsourcing eine zentrale Rolle. Es ist schwierig, Studienabschlüsse bzw. Arbeitskräfte international zu vergleichen, jedoch international anerkannte Standards sind aussagekräftige Merkmale, welche die Qualität von Prozessen in Unternehmen und damit den effektiven Einsatz der Fachkräfte objektiv messen und bewerten. In so genannten Service Level Agreements (SLA) werden Qualitätsstandards vereinbart, um eine entsprechende Prozessoptimierung zu erreichen. Viele Anbieter von Offshore-Dienstleistungen, allen voran jene am indischen Markt, haben sich einem strikten Qualitätsmanagement unterzogen und dies auch entsprechend dokumentiert. Sie können mit objektiven Prozessbewertungen, wie dem Capability Maturity Model (CMM), ISO 9000 oder Six Sigma, einen Standard vorweisen, welcher höchsten internationalen Ansprüchen gerecht wird.[94] Viele indische Anbieter besitzen etwa eine CMM Level 5 Zertifizierung[95], nur wenige europäische Unternehmen erfüllen diesen Standard.[96]

Schneller Wandel und segmentierte Märkte machen zunehmend mehr Fachwissen notwendig, welches intern oft nicht verfügbar ist. Der Aufbau dieser Kompetenzen aus eigener Kraft ist zeitaufwändig und erfordert den Einsatz von teuren Ressourcen. Professionelle Dienstleister übernehmen diese Tätigkeiten und sichern den Unternehmen so das Bestehen im Wettbewerb. Die spezialisierten Outsourcing-Anbieter, besonders jene in Offshore-Regionen, können die Ressourcen rationeller einsetzen, was sich in einer höheren Qualität der Leistung bei gleichen oder geringeren Kosten niederschlägt.[97] Weiters sind die Angestellten in Niedrig­lohnländern höher motiviert, wenn sie einfache Dienstleistungen erbringen, welche in Europa oder den USA als wenig prestigeträchtig gelten.[98] Ein allfälliger Nachteil durch die Zeitdifferenz wird durch die Bereitstellung von Personal rund um die Uhr und sieben Tage pro Woche (24x7 Service) mehr als kompensiert.[99]

3.1.3 Konzentration auf Kernkompetenzen

Der Einsatz, den Unternehmen beim Betreiben von Nicht-Kernkompetenzen aufwenden müssen, ist in den letzten Jahren so erheblich geworden, dass es Unternehmen nur mehr schwer schaffen, mit der Entwicklung in diesen Bereichen Schritt zu halten. Besonders die rasante Entwicklung im Bereich IuK zeigt dies auf. Das sich ständig ändernde Geschäfts­umfeld zwingt Firmen dazu, ihre Produkte schneller als je zuvor auf den Markt zu bringen. Deshalb konzentrieren sich diese Unternehmen vermehrt auf Marktpräsenz und ihr Kerngeschäft, und sie lagern unterstützende Funktionen aus. Das Management verbringt so weniger Zeit mit Verwaltungsaufgaben und kann sich auf die Hauptaufgaben, die Kernkompetenzen des Unternehmens konzentrieren. Dies führt gewöhnlich auch zu einer Reduktion des allgemeinen Geschäftsrisikos.[100]

Vor dem Hintergrund des steigenden technologischen Konkurrenzdrucks, der zunehmenden Dynamik und Komplexität der Rahmen­bedingungen, sehen sich viele Unternehmen neuen Herausforderungen an die Gestaltung ihrer Leistungstiefe gegenüber, um ihre Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern. In diesem Zusammenhang stellt sich die Kernfrage, ob ein Dritter bzw. Outsourcing-Anbieter bei gleicher oder besserer Qualität, durch Skaleneffekte und Verwendung von billigeren Ressourcen, die Dienstleistung günstiger anbieten kann als dies bei interner Leistungserstellung möglich ist. Bei Geschäftsprozessen, welche nicht zu den Kernkompetenzen eines Unternehmens zählen, ist diese Frage meist mit Ja zu beantworten. „In today’s competitive marketplace, no company can afford to divert resources to non-core processes. Also moving non-core processes offshore gives these functions the attention a core process should get because the non-core processes are actually core for the offshore vendor.“[101]

Am besten lässt sich dieses Kapitel mit einem Zitat des US-amerikanischen Unternehmensberaters und Management Gurus Tom Peters zusammenfassen: „Do what you do best and outsource the rest.“

3.1.4 Verfügbarkeit von qualifizierten Fachkräften

Auch Beschaffungsmotive können Grund für die Auslagerung von Geschäftsprozessen sein. Aus Mangel an gut ausgebildeten Fachkräften in westlichen Ländern werden speziell IT-Aktivitäten oft in Offshore-Regionen, welche reichlich über die benötigten Experten verfügen, outgesourct.[102]

Laut einer Studie von Deutsche Bank Research ist Humankapital der knappe "Rohstoff" der Wissensgesellschaft. Die starke Nachfrage an gebildeten Fachkräften aus den Ingenieurwissenschaften kann mit den etwa 5.000 jährlichen IT-Absolventen in Deutschland und 25.000 in den USA nicht gänzlich gedeckt werden. Im Vergleich dazu gibt es in Indien 120.000 und in China sogar 250.000 Absolventen von Universitäten dieser Studienrichtungen pro Jahr.[103] Dies ist auch der Grund dafür, dass das deutsche Bundeskabinett die Verordnung über die Arbeitsgenehmigung für hoch qualifizierte ausländische Fachkräfte der IuK, die sogenannte „Green Card-Regelung“, verlängert hat.[104]

3.1.5 Beschleunigung der Prozesszyklen

Das Offshore-Outsourcing von Geschäftsprozessen beschleunigt die Leistungserstellung und die Produktentwicklung, einerseits durch die in Kapitel 3.1.4 erwähnte hohe Verfügbarkeit von Experten und den damit verbundenen Wegfall von Kapazitätsengpässen, andererseits durch die Zeitverschiebung.[105] Die in Kapitel 3.1.2 als eventuelle Beeinträchtigung erwähnte Zeitdifferenz zwischen westlichen Ländern und asiatischen Offshore-Regionen stellt für viele outsourcende Unternehmen einen erheblichen Vorteil dar, auch ohne „24x7 Service“. Sie ermöglicht einen beschleunigten Ablauf von Entwicklungen und somit schnellere Produkt­einführungen bei Software-Projekten und Projekten in F&E (Forschung und Entwicklung).[106]

Ist der Arbeitstag im Offshore-Entwicklungszentrum vorüber, wird der Entwicklungscode an Programmierer oder Forscher in einer anderen Zeitzone übergeben. Globale Multinational Companies (MNCs) wie General Electric praktizieren diese Art von zeitzonenübergreifender Zusammenarbeit bereits erfolgreich. „This allows companies to run 16 or 24 hours of programming a day without paying overtime.“[107]

Auch bei einfacheren Tätigkeiten kann die Zeitverschiebung ein großer Vorteil sein, beispielsweise verfügen Büros im Westen am Morgen schon über die erledigte Arbeit, etwa digitalisierte Daten, welche erst am Abend zuvor in Auftrag gegeben wurde. „While it’s nighttime in Silicon Valley, it’s daytime in New Delhi. Two teams based in different parts of the world can work on the same project, in turns. This makes for speedier progress, and less chances of fatigue and overwork on the part of either team.“[108]

3.2 Risiken durch Offshore-BPO

Den Vorteilen des Offshoring stehen aber auch einige Gefahren gegenüber. Die Hindernisse, die sich in der Praxis ergeben, hat die Unternehmens­beratung Roland Berger Strategy Consultants in einer Umfrage erhoben. Abbildung 13 listet die Haupt­sorgen der europäischen Unternehmen beim Offshore-BPO.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 13: Risiken durch Offshoring aus der Sicht europäischer Firmen (Mehrfachnennung)[109]

3.2.1 Abhängigkeit und mangelnde Kontrollmöglichkeit

Durch die schwere Umkehrbarkeit der Maßnahme gerät der Outsourcing-Kunde in eine große Abhängigkeit, da die durch das Outsourcing deinvestierten Ressourcen bei einem Scheitern des Projekts mit wesentlich höherem Investitionsaufwand neu bereitgestellt werden müssten. Beim Offshore-BPO verstärkt sich dieser Effekt durch den höheren Aufwand im Vorfeld der Vertragsunterzeichnung. Der Kunde und der Outsourcing-Anbieter sind durch das Projekt eng miteinander verbunden. Sobald der Auslagerungsprozess durchgeführt wurde, fehlen dem Unternehmen meist die Voraussetzungen, die Leistung kurzfristig wieder selbst zu erstellen. Der Outsourcing-Kunde begibt sich so in eine Abhängigkeit, die auch bei einer möglichen Insolvenz des Anbieters schwerwiegende Folgen auf die Arbeitsprozesse des Unternehmens haben kann.[110]

Auch Entscheidungsspielräume des Outsourcing-Kunden, sowie der Einfluss auf Projektablauf und die Qualitätskontrolle gehen nach der Auslagerung weitgehend verloren, besonders wenn es sich beim Outsourcing-Unternehmen um einen Dritten, und nicht um ein Joint Venture oder eine Tochtergesellschaft, handelt. Kleine und mittelständische Unternehmen (KMUs) mit geringerer Bedeutung für den Anbieter haben hier einen Wettbewerbsnachteil.[111] Da für Entscheidungen über die Art der Prozessabwicklung nach der Ausgliederung der Offshore-Dienstleister veranwortlich ist, und dieser oft nur zu schriftlich fixierten Leistungen bereit ist, haben die vertraglich festgelegten SLAs in diesem Zusammenhang besondere Bedeutung. Nachträgliche vertragliche Änderungen sind, nicht zuletzt durch die Abhängigkeit vom Dienstleister, mit hohem finanziellem Aufwand für den Kunden verbunden.[112]

3.2.2 Datensicherheit und Know-how-Verlust

Die Abhängigkeit vom Dienstleistungsunternehmen verstärkt sich zusätzlich dadurch, dass das Know-how für die ausgelagerten Tätigkeiten nicht mehr, oder nur mehr rudimentär, im Unternehmen vorhanden ist.[113] Während dies für standardisierte Prozesse nicht allzu kritisch ist, kann es bei individuellen Leistungen zu einem Problem für den Kunden werden. In typischen Offshore-Regionen wie Indien hat die große Nachfrage zu einer boomartigen Entwicklung bei Outsourcing-Anbietern geführt, und als Folge darauf zu einer erhöhten Personalfluktuation. Da Spezialisten oft von anderen Unternehmen abgeworben werden, muss auch offshore mit fluktuationsbedingtem Know-how Verlust gerechnet werden.

[...]


[1] O.V., Harvard Business Review, in: Report on BPO in the Financial Sector (2003), S. 4.

[2] Gartner Inc., http://www.gartner.com/5_about/press_releases/pr23june2003b.jsp [02.05.2005].

[3] Davies (2004), S. 40.

[4] Bayman, in: Thondavadi, Albert (2004), S. xi.

[5] Ebenda.

[6] Barth (2003), S. 6, Mayer, Söbbing (2004), S. 9.

[7] Mayer, Söbbing (2004), S. 9.

[8] Barth (2003), S. 9.

[9] Vgl. Kobayashi-Hillary (2004), S. 97.

[10] Riedl (2003), S. 7.

[11] Ebenda.

[12] Laborlawtalk, http://encyclopedia.laborlawtalk.com/Offshore_outsourcing [17.04.2005].

[13] Ebs, http://www.ebstrategy.com/outsourcing/basics/definition.htm [23.03.2005].

[14] Vgl. Mayer, Söbbing (2004), S. 90.

[15] Vgl. Schaaf (2004), S. 1.

[16] Giga Research, http://www.infoedge.com/product_detail.asp?sku1=1085702&sku2=1085703& [23.03.2005].

[17] Erber (2004), S. 4.

[18] SearchCIO, http://searchcio.techtarget.com/sDefinition/0,,sid19_gci927957,00.html [22.04.2005].

[19] Vgl. Dittrich, Braun (2004), S. 44 f.

[20] Schmelzer, Sesselmann (2004), S. 46.

[21] Vgl. Schulte-Zurhausen (2002), S. 54.

[22] Vgl. Osterloh, Frost (1996), S. 71.

[23] Rishi, Singh (2004), S. 37.

[24] O.V., Business Process Outsourcing, DTZ Research (2003), S. 2.

[25] O.V., NASSCOM Strategic Review, 2003, S. 57.

[26] O.V., Information Technology, The Indian BPO Industry, INGRES (2004), S. 1.

[27] Siehe dazu auch Kapitel 6.2.1.

[28] Vgl. Davies (2004), S. 45f.

[29] Davies (2004), S. 46.

[30] Aggarwal, Pandey (2004), S. 2.

[31] Vgl. Söbbing (2002), S. 25 f.

[32] Vgl. Mayer, Söbbing (2004), S. 16.

[33] Vgl. Kobayashi-Hillary (2004), S. 97, Mayer, Söbbing (2004), S. 16.

[34] Mayer, Söbbing (2004), S. 16 f.

[35] Vgl. ebenda, S. 17.

[36] Söbbing (2002), S. 27.

[37] Mayer, Söbbing (2004), S. 16.

[38] Vgl. Söbbing (2002), S. 27 f.

[39] Vgl. Söbbing (2002), S. 29.

[40] Ebenda, S. 28.

[41] Vgl. Mayer, Söbbing (2004), S. 19.

[42] Ebenda, S. 20.

[43] Due Diligence bezeichnet die "gebotene Sorgfalt", mit der beim Kauf oder Verkauf von Unternehmensbeteiligungen das Vertragsobjekt im Vorfeld der Akquisition geprüft wird.

[44] Vgl. Mayer, Söbbing (2004), S. 25.

[45] Söbbing (2002), S. 44.

[46] Vgl. ebenda, S. 47.

[47] Unter Insourcing versteht man die Revidierung des Outsourcing-Prozesses im Falle eines gescheiterten Outsourcing-Projekts. Dies ist oft nur mit erheblichem Aufwand möglich.

[48] Söbbing (2002), S. 48.

[49] Vgl. Ebenda, S. 46 ff.

[50] Vgl. Mayer, Söbbing (2004), S. 32ff.

[51] Söbbing (2002), S. 51.

[52] Ebs, http://www.ebstrategy.com/bpo/basics/terminology.htm [12.02.2005].

[53] Vgl. Söbbing (2002), S. 51.

[54] Vgl. Mayer, Söbbing (2004), S. 29.

[55] Vgl. Söbbing (2002), S. 49 f.

[56] Vgl. Mayer, Söbbing (2004), S. 30 f.

[57] Nag (2004), S. 60 f.

[58] Ebs, http://www.ebstrategy.com/BPO/basics/default.htm [11.03.2005].

[59] SearchCIO, http://searchcio.techtarget.com/sDefinition/0,,sid19_gci928308,00.html [11.03.2005].

[60] Vgl. Mayer, Söbbing (2004), S. 90.

[61] Vgl. Williamson (1996), S. 27 f.

[62] Voigt, in: Wikipedia, http://de.wikipedia.org/wiki/Transaktionskostentheorie [03.03.2005].

[63] Der vollkommene Markt ist eine Modellannahme in der Volkswirtschaftslehre zur Untersuchung komplizierter Zusammenhänge. Er zeichnet sich durch einige Bedingungen aus, darunter die vollkommene Markttransparenz, das Fehlen von Präferenzen, die Homogenität der Güter, die unbegrenzt schnelle Reaktionsfähigkeit von Anbietern und Nachfragern, und das Zusammentreffen von Anbieter und Nachfrager am gleichen Ort und zur selben Zeit.

[64] Vgl. Gabler Wirtschaftslexikon, 14. Auflage (1997), S. 3803.

[65] Picot (1991), S. 344.

[66] Vgl. Williamson (1996), S. 75.

[67] Vgl. Schmechta (2002), S. 80.

[68] Die anderen beiden Teilgebiete der Neuen Institutionenökonomie sind die Property-Rights-Theorie und die Principal-Agent-Theorie.

[69] Vgl. Williamson (1990), S. 42.

[70] Vgl. Williamson (1990), S. 52.

[71] Vgl. ebenda, S. 55.

[72] Vgl. Picot (1992), S. 105.

[73] Vgl. Picot (1991), S. 344.

[74] Vgl. ebenda, S. 347.

[75] Vgl. Fischer (1993), S. 112, Smalla (1998), S. 9.

[76] Vgl. Williamson (1996), S. 108.

[77] Vgl. Fischer (1993), S. 240 ff.

[78] Thondavadi, Albert (2004), S. 23.

[79] Barth (2003), S. 95 f.

[80] Vgl. Williamson (1990), S. 20ff.

[81] Vgl. Mayer, Söbbing (2004), S. 55 ff.

[82] Vgl. Nienhüser/Jans (2004), S. 2.

[83] Vgl. Zahn, Barth (2001), S. 562.

[84] Vgl. Roland Berger Strategy Consultants und UNCTAD (2004), in: Schaaf (2004), S. 6.

[85] Vgl. Schaaf (2004), S. 4.

[86] Vgl. Erber, German Institute for Economic Research (2004).

[87] Vgl. Schaaf (2004), S. 4.

[88] Vgl. o.V., NASSCOM Strategic Review (2003), S. 65.

[89] Vgl. Mayer, Söbbing (2004), S. 12.

[90] Vgl. Davies (2004), S. 46.

[91] Vgl. Barth (2003), S. 16 f.

[92] Vgl. Roland Berger Strategy Consultants und UNCTAD, in: Lamberti (2004), S. 4.

[93] Vgl. Mayer und Söbbing, 2004, S. 11.

[94] Vgl. Schaaf (2004), S. 7.

[95] Das 5-stufige Capability Maturity Modell (CMM) vom Software Engineering Institute (SEI) an der Carnegie Mellon University ist ein internationales Benchmark, das den höchsten Standard an Verfahrenswissen, Mitarbeiterqualifikation, Effizienz und Qualität bescheinigt, das ein Unternehmen dauerhaft gewährleisten kann. Es dient zur Beurteilung und Verbesserung der Qualität von Produkt-Entwicklungsprozessen in Organisationen.

[96] Vgl. The Economic Times [27.08.2004], Vgl. http://www.nasscom.org/artdisplay.asp?Art_id=3212 [07.05.2005].

[97] Vgl. Barth (2003), S. 15.

[98] Vgl. Allweyer, Besthorn, Schaaf (2004), S. 8.

[99] Vgl. ebenda.

[100] Vgl. Barth (2003), S. 14.

[101] Thondavadi, Albert (2004), S. 19.

[102] Vgl. Schaaf (2004), S. 6.

[103] Vgl. ebenda.

[104] Deutsches Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit, Pressemitteilung, Green Card für IuK-Branche wird verlängert (09.07.2003), http://www.bmwa.bund.de/bmwa/Navigation/Arbeit/auslaenderbeschaeftigung,did=20638.html [13.12.2004].

[105] Vgl. Thondavadi, Albert (2004), S. 17.

[106] Vgl. ebenda, S. 17 f.

[107] Thondavadi, Albert (2004), S. 18.

[108] Offshoring Digest, http://www.offshoring-digest.com/outsourcing/60.html [13.03.2005].

[109] Vgl. Roland Berger Strategy Consultants und UNCTAD (2004).

[110] Vgl. 4managers, http://www.4managers.de/01-Themen/..%5C10-Inhalte%5Casp%5Coutsourcing.asp?hm=1&um=O [13.03.2005].

[111] Vgl. Computerwoche, http://www.cowo.de/index.cfm?type=detail&artid=61381&category=162&Pageid=256 [13.03.2005].

[112] Vgl. Allweyer, Besthorn, Schaaf (2004), S. 16.

[113] Vgl. ebenda.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2005
ISBN (eBook)
9783832491680
ISBN (Paperback)
9783838691688
DOI
10.3239/9783832491680
Dateigröße
2.3 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Fachhochschule des bfi Wien GmbH – Sozialwissenschaften
Erscheinungsdatum
2005 (Dezember)
Note
1,0
Schlagworte
auslagerung geschäftsprozess billiglohnland asien
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Titel: Offshore Business Process Outsourcing
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