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Die "Libau-Unternehmung"

Deutsche Waffen für den irischen Osteraufstand 1916

©2001 Magisterarbeit 82 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
„The Provisional Government of the Irish Republic to the people of Ireland. Irishman and Irishwomen: In the name of God and the deed generations from which receives her old tradition of nationhood Ireland through us, summons her children to her flag and strikes freedom for her freedom. Having organised and trained her manhood through her secret revolutionary organisation, the Irish Republican Brotherhood and through her open military organisations, the Irish Volunteer and the Irish Citizen Army, having pationiently perfected her discipline, having resolutely waited for the right moment to reveal itself, she now seizes that moment and supported by her exiled children in America and by gallant allies in Europe, but relying in the first on her own strength, she strikes in full confidence of victory".

Als diese Erklärung am 24.04.1916 von den Stufen des ‚General Post Office‘ in Dublin verlesen wurde, war der Osteraufstand gegen die englische Herrschaft in Irland bereits gescheitert. Ein wichtiger Grund hierfür war das Ausbleiben der Hilfe des einzigen existierenden ‚tapferen Verbündeten‘ in Europa: Deutschland. Die Waffenlieferung, die als ‚Libau-Unternehmung‘ nach zähen Verhandlungen auf den Weg geschickt worden war, erreichte ihr Ziel nicht. Die irischen Revolutionäre, wieder auf ihre ‚eigene Kraft‘ zurückgeworfen, wagten den Aufstand dennoch; allerdings ohne Illusionen bezüglich des Ausgangs der Kämpfe.
Das Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, erstmals eine eigenständige und – dem eingeschränkten Rahmen zum Trotz – möglichst lückenlose Darstellung der ‚Libau-Unternehmung‘ zu präsentieren.
Der erste Teil bietet eine knappe Einführung in die irische Geschichte und die Hintergründe des irischen Osteraufstandes, ohne die ein Verständnis der ‚Libau-Unternehmung‘ nicht möglich ist. Unter den beteiligten Organisationen spielen vor allem die ‚nach Amerika verbannten Kinder‘ eine besondere Rolle. Bereits kurz nach Ausbruch des Ersten Weltkrieges traten diese in Gestalt des ‚Clan na Gael‘ mit der deutschen Botschaft in Kontakt. Ihr Anliegen war die Bitte um militärische Unterstützung für einen Aufstand noch während des Krieges. Gemäß dem alten irischen Leitsatz ‚Englands Probleme sind Irlands Chance‘ war der Weltkrieg für sie der ‚richtige Moment‘, auf den sie so ‚entschlossen gewartet‘ hatten. Parallel zu den Verhandlungen in Amerika begann eine Hand voll Radikaler in Irland mit den konkreten Planungen.
Zum Abschluss der […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


ID 9154
Herrmann, Oliver: Die "Libau-Unternehmung" - Deutsche Waffen für den irischen
Osteraufstand 1916
Hamburg: Diplomica GmbH, 2005
Zugl.: Universität zu Köln, Magisterarbeit, 2001
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http://www.diplom.de, Hamburg 2005
Printed in Germany


INHALTSVERZEICHNIS
EINLEITUNG: 1
A.V
ORBEREITUNGEN ZUR
U
NTERNEHMUNG IN
I
RLAND UND
A
MERIKA
:
7
I D
ER
H
INTERGRUND
:
7
I.1 Geschichtlicher Abriss: 7
I.2 Die revolutionären Gruppierungen: 9
I.2.1 Die ,Irish Republican Brotherhood` (,IRB'): 9
I.2.2 Der ,Clan na Gael`: 10
I.2.3 Die ,Volunteers`: 11
I.2.4 Die ,Irish Citizen Army`: 12
II D
IE
A
UFSTANDS
P
LÄNE
:
13
III S
IR
R
OGER
C
ASEMENT
:
15
III.1 Sir Roger Casements Hintergrund: 15
III.2 Sir Roger Casement und Deutschland: 16
B.D
IE
F
ORTSETZUNG DER
V
ORBEREITUNGEN IN
D
EUTSCHLAND BIS O
K
TOBER
1915:17
I S
IR
R
OGER
C
ASEMENT IN
D
EUTSCHLAND
:
17
I.1 Die Propagandamaßnahmen: 17
I.2 Die Waffenlieferung: 20
C.
D
IE
,L
IBAU
-U
NTERNEHMUNG
`: O
KTOBER
1915
BIS ENDE APRIL
1916:
22
I D
IE
U
NTERNEHMUNG OHNE
S
IR
R
OGER
C
ASEMENT
:
22
II D
IE
U
NTERNEHMUNG MIT
S
IR
R
OGER
C
ASEMENT
:
26
III D
IE
B
ESPRECHUNG VOM
17. M
ÄRZ UND DIE
F
OLGEN
:
29
III.1 Die Besprechung und die Beschlüsse: 29
III.2 Die Folgen: 32
IV D
AS
B
RIGADEPROBLEM
:
34
V D
AS
U-B
OOT
P
ROBLEM
:
35
VI D
AS
T
ERMINPROBLEM
:
37
VII D
ER
K
APITÄN DES
U
NTERNEHMENS
: K
ARL
S
PINDLER
:
40
VII.1 Karl Spindlers Hintergund: 40
VII.2 Spindlers Bedeutung: 42
VII.3 Spindlers Bücher: 43
VIII D
IE
F
AHRT DES
W
AFFENSCHIFFES UND DES
U-B
OOTES
:
46
VIII.1 Der Befehl: 46
VIII.2 Der Blockadedurchbruch: 49
VIII.3 Am Ziel?: 51
VIII.4 Die Sprengung: 54
VIII.5 Das U-Boot: 55
IX D
IE
G
RÜNDE FÜR DEN
F
EHLSCHLAG
:
58
IX.1 Menschliches Versagen und viel Pech: 58
IX.2) Die englischen Geheimdiensterfolge: 60
D. D
ER
O
STERAUFSTAND
:
63
SCHLUSSBEMERKUNG: 66

1
I. EINLEITUNG
(...)
1
Als diese Erklärung am 24.04.1916 von den Stufen des ,General Post Office` in
Dublin verlesen wurde, war der Osteraufstand gegen die englische Herrschaft in
Irland bereits gescheitert. Ein wichtiger Grund hierfür war das Ausbleiben der
Hilfe des einzigen existierenden ,tapferen Verbündeten` in Europa: Deutschland.
Die Waffenlieferung, die als ,Libau-Unternehmung` nach zähen Verhandlungen
auf den Weg geschickt worden war, erreichte ihr Ziel nicht. Die irischen Revolu-
tionäre, wieder auf ihre ,eigene Kraft` zurückgeworfen, wagten den Aufstand
dennoch; allerdings ohne Illusionen bezüglich des Ausgangs der Kämpfe
2
.
Das Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, erstmals eine eigenständige und ­ dem
eingeschränkten Rahmen zum Trotz ­ möglichst lückenlose Darstellung der ,Li-
bau-Unternehmung` zu präsentieren.
Der erste Teil bietet eine knappe Einführung in die irische Geschichte und die
Hintergründe des irischen Osteraufstandes, ohne die ein Verständnis der ,Libau-
Unternehmung` nicht möglich ist. Unter den beteiligten Organisationen spielen
vor allem die ,nach Amerika verbannten Kinder` eine besondere Rolle. Bereits
kurz nach Ausbruch des Ersten Weltkrieges traten diese in Gestalt des ,Clan na
Gael`
3
mit der deutschen Botschaft in Kontakt. Ihr Anliegen war die Bitte um mili-
tärische Unterstützung für einen Aufstand noch während des Krieges. Gemäß
1
Aus der Unabhängigkeitserklärung der irischen Osterrevolutionäre. Zitiert nach
Carty
, J.(Hg): Ireland from
the Great Famine to the Treaty, Dublin 1966
4,
, S. 161
2
Das geht aus verschiedenen Aussagen der Beteiligten kurz vor dem Aufstand hervor. Vergl.
Lee
, J.J.: Ireland
1912-1985, Cambridge 1990², S. 26. ,,The Leaders (...) were going out to be slaughtered".
3
Siehe Kapitel A.I.2.2

2
dem alten irischen Leitsatz ,Englands Probleme sind Irlands Chance`
4
war der
Weltkrieg für sie der ,richtige Moment`, auf den sie so ,entschlossen gewartet` hat-
ten. Parallel zu den Verhandlungen in Amerika begann eine Hand voll Radikaler
in Irland mit den konkreten Planungen.
Zum Abschluß der Einführung wird Sir Roger Casement vorgestellt. Der irische
Revolutionär war noch während der Julikrise 1914 nach Amerika gereist, um dort
im Auftrag der ,öffentlichen militärischen Organisation` ,Irish Volunteers` Waffen
und weitere Unterstützung zu beschaffen. Auf eigenen Wunsch wurde er als Rep-
räsentant des ,Clans` zu weiteren Verhandlungen nach Deutschland geschickt.
Die im zweiten Teil beschriebene Arbeit Casements in Deutschland bestand aus
Propagandaarbeit und der Abwicklung der Waffenlieferung. Zu den Propaganda-
maßnahmen zählt ­ neben einer auf den irischen Freiheitskampf bezogenen
Freundschaftserklärung der deutschen Regierung ­ auch die Aufstellung einer
Brigade aus irischen Kriegsgefangenen. Ein Einsatz der Brigade beim Osterauf-
stand war von vornherein eher unwahrscheinlich und wäre auch nicht militärisch
relevant gewesen. Wie sich schnell herausstellte, war sie jedoch wegen des mini-
malen Zuspruchs auch propagandistisch kaum zu verwerten. Für die ,Libau-
Unternehmung` war die Brigade und ihre Geschichte dennoch von Bedeutung, da
sich die deutsche Seite in einem zwischen Casement und den deutschen Behörden
geschlossenen Brigade-Vertrag erstmals ­ unter gewissen Voraussetzungen ­ zu
militärischer Hilfe verpflichtete. Außerdem war zeitweise im Gespräch, die Briga-
de samt den Waffen nach Irland zu transportieren.
Die Waffenlieferung war für die Auftraggeber Casements in Irland und Amerika
der eigentliche Kernpunkt der Mission, denn Waffen waren im Gegensatz zu den
Propagandamaßnahmen für den Aufstand von größter Wichtigkeit. Von den iri-
schen Aufständischen war nur jeder fünfte bewaffnet
5
.
Der dritte Teil der Arbeit beschäftigt sich mit dem Unternehmen selbst. Die zeitli-
che Einteilung richtet sich weitgehend nach dem Quellenordner mit dem Titel
,,Die Dampfer Libau Unternehmung" im Militärarchiv Freiburg
6
. Außerdem ist sie
dadurch gerechtfertigt, daß im Oktober 1915 die direkte Kommunikation zwi-
schen den deutschen Behörden und dem ,Clan na Gael` begann, die für die erste
Phase des Unternehmens prägend war. Casement wurde an den Verhandlungen
nicht mehr beteiligt und erst wieder hinzugezogen, als alle strittigen Fragen ge-
klärt waren.
4
,,England's difficulty is Ireland's opportunity". Zitiert nach
Lydon
, J.: The Making of Ireland, From Ancient
Times to the Present, London/New York 1998, S. 335.
5
Vergl.
Lyons
, F. S. L.: Ireland since the famine, Fontana 1973, S. 353
6
Bundesarchiv, Abteilung Militärarchiv Freiburg [im folgenden abgekürzt mit ,BA MA`], Akten RM 5 / v. 4751;
daneben ist auch der Ordner RM 2 von Bedeutung

3
Eine Konferenz am 17.03.1916 im Admiralstab stellt einen für die ,Libau-
Unternehmung` äußerst wichtigen Abschnitt dar und wird deshalb einem eige-
nen Kapitel abgehandelt. Hier wurde die Aktion bis ins Detail geplant. Die Ver-
antwortlichen legten dabei unter anderem endgültig fest, daß die Waffenliefe-
rung mit nur einem Dampfer durchgeführt werden und die Besatzung aus Frei-
willigen der Nordseestation Wilhelmshaven bestehen sollte. Trotz der genauen
Planung offenbarten sich in der Folge mehrere Problembereiche. Am wichtigsten
war das Terminproblem, das auf generellen Kommunikationschwierigkeiten be-
ruhte. Von irischer Seite wurde der für die Landung der Waffen vorgesehene
Termin kurzfristig verschoben, und die entsprechende Nachricht erreichte
Deutschland zu spät. Desweiteren gab es ein Brigade- und ein U-Boot Problem.
Casement setzte gegen den erbitterten Widerstand der mit der Angelegenheit
betrauten Abteilung III b des Generalstabs
7
durch, daß die Brigade bis Kriegsen-
de in Deutschland bleiben durfte und auch ihm die gefährliche Fahrt auf dem
Waffenschiff erspart blieb. Stattdessen bekam er ein U-Boot zur Verfügung ge-
stellt. Da vereinbart wurde, daß U-Boot und Waffenschiff getrennt fahren, sich
aber vor der Landung treffen sollten, war bei dem ohnehin diffizilen Unterneh-
men eine weitere Fehlerquelle geschaffen.
Als Kapitän des Waffenschiffes war der Leutnant der Reserve Karl Spindler vor-
gesehen. Durch seine beiden Bücher
8
über die Fahrt hat er selbst den Grundstein
für eine in der Literatur verbreitete Verklärung seiner Person gelegt. In dieser
Arbeit wird ­ gestützt auf Ergebnisse der Konferenz vom 17.03.1916 in Verbin-
dung mit Quellen zu Spindlers Herkunft ­ eine Neubewertung seiner Bedeutung
versucht.
Das von ihm befehligte Waffenschiff sollte unter norwegischer Handelsflagge und
mit einer als Norweger verkleideten Besatzung die englische Hauptblockade zwi-
schen Island und Schottland durchbrechen. Es bekam dazu keinen Begleitschutz,
und die streng geheime Aktion stand in keiner Verbindung mit Maßnahmen der
Seekriegsführung. Dennoch gelang der Durchbruch, und Spindler erreichte die
irische Küste. Ob er sich dort aber am vereinbarten Treffpunkt befand, ist um-
stritten. Für das Scheitern des Unternehmens ­ Spindler versenkte das Schiff und
ging mit seiner Mannschaft in Kriegsgefangenschaft ­ ist diese Frage allerdings
nur von untergeordneter Bedeutung.
7
Diese kümmerte sich um Spionage und Spionageabwehr. Im folgenden wird die Behörde aus Platzgründen
nur noch als ,Generalstab` bezeichnet. Für die Abwicklung der Unternehmung war der Admiralstab zuständig,
der für Detailfragen des öfteren auf die Nordseestation Wilhelmshaven zurückgriff.
8
Spindler
, K.: Das geheimnisvolle Schiff, Berlin 1921 und
Spindler
, K.: The Mystery of the Casement Ship,
Berlin 1931 (benutzt auch im Neudruck:
Spindler
, K.: The Mystery of the Casement Ship, Tralee 1965 mit einem
Vorwort von
O'Donnoghue
).

4
Verantwortlich war vielmehr ,,eine schier unvorstellbare Kette von Fehlschlägen
und Unachtsamkeiten, von kleineren und größeren Katastrophen, von Gedanken-
losigkeit, Kurzsichtigkeit und organisatorischer Unfähigkeit"
9
. Hinzu kommen
noch die Erfolge des englischen Geheimdienstes.
Im vierten und letzten Teil der Arbeit wird der Osteraufstand als das Ziel der Be-
mühungen beschrieben. Ohne die deutschen Waffen war die Erhebung von vorn-
herein zum Scheitern verurteilt. Ein mit der Sprengung des Waffenschiffs zu-
sammenhängendes Chaos von sich widersprechenden Befehlen am Tag vor dem
Aufstand und am Aufstandstag selbst machte dann auch die letzten Hoffnungen
der Aufständischen zunichte. Die Kampfhandlungen blieben, von wenigen Aus-
nahmen abgesehen, auf Dublin beschränkt und wurden innerhalb weniger Tage
zugunsten der englischen Truppen entschieden.
Die wichtigsten Quellen zum Thema sind im bereits erwähnten Ordner im Mili-
tärarchiv Freiburg zusammengefaßt
10
, der in erster Linie den Schriftverkehr des
Admiralstabs enthält. Ein kleiner Teil der Dokumente findet sich ­ ins Englische
übersetzt ­ im Anhang zu
Spindlers
zweitem, 1931 erschienenen Werk. Allerdings
genügt diese Edition nicht wissenschaftlichen Ansprüchen, denn Spindler unter-
liefen mehrere Fehler
11
. Außerdem verzichtete er bei seiner Auswahl auf einige
wichtige Dokumente, und den wenigen ­ meist unvollständig ­ wiedergegebenen
wurde mehrfach durch eine falsche chronologische Reihenfolge ein anderer Sinn
gegeben.
Zusätzlich zu den Quellen des Militärarchivs sind ­ besonders für die Vorge-
schichte der Unternehmung ­ Dokumente aus dem Auswärtigen Amt in Berlin
von Bedeutung
12
. Unter den ,,Akten betreffend den Krieg 1914" finden sich in ers-
ter Linie Dokumente zu den Aktivitäten Casements; darunter auch einige Quellen
zur Waffenlieferung. Zum Teil sind diese in einem 1999 erschienenen, umfangrei-
chen Werk von
Doerries
ediert
13
. Wie aus dem Titel des Buches hervorgeht, ist
dessen Auswahl allerdings sehr an Casement orientiert und für eine Darstellung
der ,Libau-Unternehmung' nicht ausreichend.
Darüber hinaus sind die Erinnerungen der beteiligten Personen von großer Wich-
tigkeit. Außer
Spindler
haben
Casement
, sein Helfer
Monteith
und der Chef des
,Clan na Gael` ,
Devoy
, Aufzeichnungen hintterlassen
14
, die sich zum Teil sehr de-
9
Gundelach,
T: Die irische Unabhängkeitsbewegung 1916-1922 (Europäische Hochschulschriften, Reihe 3,
Band 91/I), Frankfurt 1977,
S.
204
10
BA MA, RM 5 / v. 4751
11
Siehe Kapitel C.VII.3
12
Auswärtiges Amt Berlin, Politisches Archiv, Akten betreffend den Krieg 1914, Unternehmungen und Aufwie-
gelungen gegen unsere Feinde, Bd. 1-14 [im folgenden abgekürzt mit ,AA PA, Akten Krieg 1914`]
13
Doerries
, R.: Prelude to the Easter Rising, Sir Roger Casement in Germany, London 2000. Doerries hat dar-
über hinaus vor allem einige Akten aus der ,New York Public Library` aufgenommen. Auch sein Vorwort ist sehr
gut und wird im folgenden des öfteren zitiert.
14
Die Namen werden im folgenden
kursiv
gesetzt, wenn die Personen als Autoren in Erscheinung treten.

5
tailliert mit dem Unternehmen befassen
15
. Für die Recherchen zum Werdegang
von Karl Spindler war außerdem das Archiv des Heimatvereins Siebengebirge e.
V. in Königswinter von Bedeutung. Dort haben sich Ansgar Klein und Frieder
Berres ausführlich mit der Familie und dem weiteren Lebensweg des aus Königs-
winter stammenden Spindler beschäftigt.
Eigenständige Forschungsbeiträge zur ,Libau-Unternehmung` liegen bis jetzt
nicht vor. Das Thema wird allerdings in den meisten Überblicksdarstellungen zur
irischen Geschichte angesprochen und vor allem in der umfangreichen Literatur
rund um den Osteraufstand mehr oder weniger ausführlich mitbehandelt. Der
Großteil der irischen und englischen Werke untersucht jedoch in erster Linie die
Vorgänge in Irland und Amerika. Die Darstellungen der Vorgeschichte in
Deutschland fallen meist sehr kurz aus und stützen sich fast ausnahmslos auf die
Aufzeichnungen
Casements
und
Monteiths
sowie auf die von
Spindler
edierten
Quellen in Verbindung mit seiner Beschreibung der Fahrt. Ein Grund hierfür war
sicherlich das Fehlen von umfassenden Quelleneditionen; eine Lücke, die mit der
Arbeit von
Doerries
nur teilweise geschlossen wurde. Beginnend mit
O'Higgins
von 1917 bis zu
Jeffery
im Jahr 2000
16
finden sich so zahlreiche, jedoch größten-
teils ungenaue Schilderungen der ,Libau-Unternehmung`. Eine Sonderstellung
nimmt das Vorwort von
O'Donnoghue
in einer 1965 in Irland veröffentlichten
Ausgabe von
Spindlers
zweitem Werk ein
17
. Er zählt eine Reihe von
Spindlers
Irr-
tümern auf und versucht in der Folge eine vollständige Darstellung der Unter-
nehmung. Sehr genau untersucht er dabei die Planungen in Irland und die Kom-
munikation zwischen Irland und Amerika, doch durch den fehlenden Einblick in
deutsche Quellen ist seine Darstellung der deutschen Seite ungenügend. Der ein-
zige Versuch, die Fahrt des Waffenschiffs als einen Teilaspekt des Unternehmens
näher zu beleuchten, stammt von
Ireland
18
. Auch hier ist jedoch die mangelnde
Kenntnis der deutschen Quellen der Grund für teilweise zweifelhafte Ergebnisse.
Eine besondere Rolle in der Literatur spielen die zahlreichen Casement-
Biographien. Sie widmen Casements Aufenthalt in Deutschland fast ausnahmslos
viel Raum und beschäftigen sich meist auch ausführlich mit der Waffenlieferung.
Allerdings wird der tatsächliche Einfluß Casements auf die Lieferung oft überbe-
wertet.
15
Monteith
, R.: Casement's Last Adventure, Dublin 1953.
Devoy
, J.: Recollections of an Irish Rebell, New York
1929. Casements Schriften z. B. bei
Mackey
, H.O.(Hg): The Crime against Europe, the writings and poetry of
Roger Casement, Dubin 1958. Seine Tagebücher auszugsweise bei
Curry
, Ch.E.: Sir Roger Casement's Diaries,
His Mission to Germany an the Findlay Affair, München 1922;
McHugh
, R.(Hg): Dublin 1916, London 1966, S.
4-16.
16
O'Higgins
, B.: Easter 1916, The Story of the Rising, Dublin 1917.
Jefferey
, K.: Ireland and the Great War,
Cambridge 2000
17
O'Donnoghue
, F.: Foreword, in:
Spindler
: Mystery Ship 1965, S. 7-27.
18
I
Ireland
Courcy, J. de: The Sea and the Easter Rising, Dublin 1996³

6
Die bahnbrechenden Veränderungen bei der Erforschung des Osteraufstandes
während der letzten 60 Jahre führten zu der Einbeziehung bisher vernachlässig-
ter Bereiche, haben sich jedoch nicht auf die Darstellung der ,Libau-
Unternehmung` ausgewirkt
19
.
Deutsche Werke, die sich mit der ,Libau-Unternehmung` beschäftigen, sind sel-
ten. In der Weltkriegsliteratur ist das Thema fast gar nicht zu finden
20
, und auch
die wenigen Autoren, die sich mit Irland in der Zeit des ersten Weltkrieges befaßt
haben, behandeln die Waffenlieferung nur am Rande. Ausnahmen wie der bereits
zitierte
Gundelach
bestätigen die Regel. Er hat die gesamte irische Unabhängig-
keitsbewegung von 1916 bis 1922 so ausführlich dargestellt, daß auch der ,Libau-
Unternehmung` ein zumindest annähernd gebührender Platz zukommt. Aller-
dings stützt er sich fast ausschließlich auf die Quellen des Auswärtigen Amtes.
Aus dem Militärarchiv hat er zwar die Logbücher des U-Bootes, nicht aber den
unverzichtbaren Ordner zur ,Libau-Unternehmung` benutzt. Damit ist er nicht
allein. Außer in dem genannten Marine-Archiv, das die Quellen 1925 für eine
knappe Darstellung des Unternehmens innerhalb der voluminösen ,,Krieg in der
Nordsee"-Reihe heranzog, und bei
Spindler
ist ein Verweis auf die Akten nur bei
Kluge
zu finden
21
. Allerdings widmet er der Unternehmung nur wenig Aufmerk-
samkeit und zitiert lediglich einen Bruchteil der wichtigen Dokumente.
Spindler
und
Kluge
sind auch die einzigen Autoren, die näher auf die Konferenz vom
17.03.1916 eingehen. Ihrer Bedeutung zum Trotz wurde die Besprechung selbst
von Autoren, die sich näher mit der Unternehmung befassen, kaum erwähnt. Das
könnte daran liegen, daß die einzige detaillierte Quelle ein mehrseitiges hand-
schriftliches Memorandum im genannten Ordner im Militärarchiv ist. Auch
Spindler
und
Kluge
zitieren diesen Text jedoch nur ungenau und bruchstückhaft,
ohne ihm den Wert beizumessen, den er tatsächlich hat.
An deutschen Autoren sind desweiteren
Hünseler
,
Doerries
und
Wolf
zu nennen.
Hünseler
hat im Rahmen seiner Arbeit vor allem in Bezug auf die Vorgeschichte
des Unternehmens wertvolle Erkenntnisse geliefert
22
. Von
Doerries
stammt außer
seiner Quellenedition ein sehr guter Artikel in der Historischen Zeitschrift, der
19
Vergl.
Boyce
: 1916, Interpreting the Rising, in:
Boyce
, D.G.,
O'Day
, A. (Hgg): The Making of Modern Irish
History, Revisionism and the revisionist controversy, London 1996, S.163-188
20
Ausnahmen sind
Frost
, H. H.: Grand Fleet und Hochseeflotte im Weltkrieg, Berlin 1938 und Marine
Archiv
(Hg): Der Krieg in der Nordsee von Januar bis Juni 1916, bearb. von D. Groos (Der Krieg zur See 1914 ­ 1918,
Der Krieg in der Nordsee, Bd. 5), Berlin 1925; sowie: Marine
Archiv (Hg): Der Handelskrieg mit U-Booten von
Oktober 1915 bis Januar 1917, bearbeitet von A. Spindler (Der Krieg zur See 1914 ­ 1918, Der Handelskrieg mit
U-Booten, Bd. 3), Berlin 1934
21
Kluge
, H.D.: Irland in der deutschen Geschichtswissenschaft, Politik und Propaganda vor 1914 und im Ersten
Weltkrieg (Europäische Hochschulschriften, Reihe 3, Geschichte und ihre Hilfswissenschaften, Band 268),
Frankfurt am Main 1985
22
Hünseler
, W.: Das Deutsche Kaiserreich und die Irische Frage 1900 ­ 1914 (Europäische Hochschulschriften,
Reihe III, Bd. 106), Frankfurt a. M. 1978

7
sich allerdings ­ wie die Dissertation von
Wolf
­ in erster Linie mit Casement
befaßt und die ,Libau-Unternehmung` nur am Rande behandelt
23
.
A. VORBEREITUNGEN ZUR UNTERNEHMUNG IN IR-
LAND UND AMERIKA
I D
ER
H
INTERGRUND
I.1 GESCHICHTLICHER ABRISS
In Irland ist die Ansicht, der Großteil der Geschichte des Landes sei von dem
Kampf gegen fremde Herrscher geprägt gewesen, sehr verbreitet. Tatsächlich war
Irland seit dem Einfall der Kelten im ersten vorchristlichen Jahrtausend ständi-
gen Bedrohungen ausgesetzt. Schon bald nach der Episode der Wikingerangriffe
kamen im 12. Jahrhundert die Angelsachsen, die das Land zunächst sehr ober-
flächlich, ab Heinrich VIII. aber entschiedener beherrschten. Gegen diese Fremd-
herrschaft gab es quer durch die Jahrhunderte eine Vielzahl von Revolten, getra-
gen von verschiedensten Bevölkerungsschichten und Religionszugehörigkeiten.
Die berühmtesten Aufstände waren gewaltsamer Natur; seit der staatsrechtlichen
Union mit England im Jahre 1800 gab es parallel dazu auch verstärkt passiven
Widerstand auf politischer Ebene
24
. Unter den irischen Parlamentariern im engli-
schen Parlament hervorzuheben sind im 19. Jahrhundert vor allem Daniel
O'Connell und Charles Parnell.
Erfolgreich vertreten wurde diese Richtung Anfang des 20. Jahrhunderts von der
,Nationalist Party`
25
unter John Redmond sowie ­ etwas radikaler bezüglich des
Grades der angestrebten Unabhängigkeit und mit bedeutend weniger Rückhalt in
der Bevölkerung ­ von Arthur Griffith und seiner ,Sinn Féin Party`
26
. Durch zähe
Verhandlungen und unter Ausnutzung der Neuwahlen von 1910, bei denen der
liberale englische Premierminister Herbert Asquith seine absolute Mehrheit ver-
lor und damit von der ,Nationalist Party` abhängig war, gelang es Redmond, eine
23
Doerries
, R.: Die Mission Sir Roger Casements im Deutschen Reich 1914-1916, in: Historische Zeitschrift
(1976) S. 578 ­ 625.
Wolf
, K.: Sir Roger Casement und die deutsch-irischen Beziehungen (Historische For-
schung 5), Berlin 1972. Das Werk von Wolf ist allerdings in vielerlei Hinsicht unbefriedigend. Vergl. auch die
Kritik bei
Hünseler
1978, S. 10 und
Kluge
1985, S. 264
24
Vergl.:
Davis
, R.: The Advocacy of Passive Resistance in Ireland 1916-1922, in: Anglo-Irish Studies III (1977),
S. 35-54. Die Union war die Reaktion Englands auf einen großen Aufstand 1798. Vergl. die sehr gute Darstel-
lung in
Lydon
, 1998, S. 265-290
25
Diese wurde auch als ,Parliamentary Party` oder ,Home Rule Party` bezeichnet. Vergl. Kapitel ,,The Irish
Parlamentary Party" in
Jackson
, A.: Ireland 1798-1998, Politics and War, Oxford 2000, S.142-169 sowie
Lyons
,
F. S. L.: Decline and Fall of the Nationalist Party, in:
Edwards
, D.O.,
Pyle
, F. (Hgg): 1916, The Easter Rising,
London 1968, S. 52-62
26
Vergl.
Laffan
, M.: The resurrection of Ireland, The Sinn Féin Party 1916-1923, Cambridge 1999. Sinn Féin
(übersetzt ,wir selbst`) war eher den gewaltfreien, politischen Gruppierungen zuzurechnen. Am Osteraufstand
unbeteiligt, bot sie sich erst danach erfolgreich als radikale Alternative zur ,Nationalist Party` an.

8
beschränkte Selbstverwaltung, genannt ,Home Rule`
27
, durchzusetzen. Der engli-
sche König Georg V. unterschrieb das Gesetz am 18.09.1914. Das größte, noch
ungelöste Problem war allerdings der Status des protestantisch geprägten Nordir-
land. Dessen Vertreter setzten ,Home Rule` mit ,Rome Rule`
28
gleich und wollten
eine Umsetzung um jeden Preis verhindern. Sie waren bestens organisiert und
hatten einen großen Einfluß auf die englische Regierung
29
; außerdem einen mäch-
tigen Geheimbund (samt bewaffneter Armee). Der einzige Grund, warum es in
Irland zu diesem Zeitpunkt nicht zu einem Bürgerkrieg kam, war die bereits er-
folgte Beteiligung Englands am ersten Weltkrieg. Gerade genehmigt, wurde die
Verwirklichung der ,Home Rule` bis zum Ende des Krieges ausgesetzt.
Obwohl mit dieser Aufschiebung keine der beiden Seiten zufrieden sein konnte,
warben sowohl Redmond als auch die ,Unionisten` unter Sir Edward Carson für
den Eintritt irischer Männer in die englische Armee
30
. Redmond wollte der engli-
schen Regierung keinen Grund geben, die bereits gemachten Zusagen zu widerru-
fen und außerdem der drohenden Teilung des Landes entgegenwirken. Er hatte
die Hoffnung, daß es durch das Kämpfen Seite an Seite gegen einen gemeinsamen
Feind zu einer Verständigung zwischen ,Unionisten` und Nationalisten kommen
könne.
Im Mai 1915 holte Asquith die traditionell den ,Unionisten` nahestehenden Kon-
servativen in eine Koalitionsregierung. Diese Maßnahme war die direkte Folge
von Mißstimmungen im Zusammenhang mit militärischen Problemen und sollte
die Regierung auf eine breitere Basis stellen. Auch wenn die Liberalen ihre zentra-
len Posten behielten, saßen im neuen Kabinett jetzt acht ,Unionisten`; unter ande-
rem der für die ,Nationalist Party` wegen seiner Radikalität nur schwer tragbare
Carson.
Die Mehrheit des irischen Volkes stand weiter hinter Redmond und seiner Politik,
doch es gab auch Gegner. Diese radikalen Republikaner zweifelten an der Reali-
sierung der ,Home Rule` nach Kriegsende. Außerdem gingen ihnen die Freiheiten,
die das Gesetz gewährte, nicht weit genug. Sie sahen den Weltkrieg als einmalige
27
,Home Rule` war seit den 1870er Jahren ein Begriff und stand für verschiedenartige Unabhängigkeitsvorstel-
lungen für Irland, die aber immer von einem Verbleib im Vereinigten Königreich ausgingen. Vergl.
Prill
, F.:
Ireland, Britain and Germany 1871-1914, problems of nationalism and religion in nineteenth-century Europe,
Dublin 1975, S. 22-80
28
Der Großteil der Nordiren war englischstämmig und anglikanischen Glaubens. Die Angst vor religiöser Dis-
kriminierung in einer mehrheitlich katholischen Republik war sehr verbreitet. Vergl. z. B.
Prill
1975, S. 8-22
29
Vergl.
Dangerfield
, G.: The Damnable Question, A Study in Anglo-Irish Relations, London 1977, S.55-53 und
für den Überblick:
Fitzpatrick
, D.: The two Irelands 1912-1939, Oxford-New York 1998 sowie:
Boyce
, D.G.: The
Irish Question and British Politics 1868-1996, Hampshire/London 1996². Die wegen der angestrebten Union
mit England ,Unionisten` genannten Radikalen aus dem Norden waren vor allem im Oberhaus massiv vertre-
ten. Dieses hatte sein Gesetzgebungs - Vetorecht 1911 verloren und konnte deshalb nur noch einen Aufschub
von ihm nicht genehmen Gesetzen erreichen. Ende des 19.Jahrhunderts war die Verwirklichung der ,Home
Rule` durch das Veto-Recht bereits zweimal gescheitert.
30
In England gab es bis 1916 keine Wehrpflicht. Als sie eingeführt wurde, blieb Irland ausgenommen.

9
Chance für einen erfolgreichen Aufstand und wollten sich diese Gelegenheit nicht
nehmen lassen.
I.2 DIE REVOLUTIONÄREN GRUPPIERUNGEN
I.2.1 D
IE
,I
RISH
R
EPUBLICAN
B
ROTHERHOOD
` (,IRB')
Die ,Irish Republican Brotherhood` war seit seiner Entstehung in den 50er Jahren
des 19. Jahrhunderts ein exklusiver Geheimbund, der selten mehr als 2000 Mit-
glieder hatte
31
. Nach mehreren erfolglosen Aufstandsversuchen wurde die Bruder-
schaft zwar durch die stärker werdende ,Home Rule`-Bewegung geschwächt, blieb
aber ,eine Kraft, mit der man rechnen mußte`
32
. 1873 gab sie sich eine demokrati-
sche Struktur, die einen gewählten ,Supreme Council` mit elf Mitgliedern vorsah.
Gemäß Satzung kamen diese Vertreter aus allen Bereichen Irlands, außerdem aus
Wales, Schottland und England, was häufige Versammlungen erschwerte. Die
eigentliche Macht lag somit in den Händen der ,Executive`, eines kleinen Zirkels
von ,President`, ,Treasurer` und ,Secretary`. Als die eher konservativen Inhaber
dieser Ämter zu Beginn des 20. Jahrhunderts nach und nach von einer Gruppe
junger Radikaler verdrängt wurden, bekam auch die immer latent vorhandene
Idee eines erneuten Aufstandsversuches neue Nahrung. Die wichtigste Person bei
dieser personellen Umgestaltung war Tom Clarke. Nach Jahren in englischer Ge-
fangenschaft und darauffolgendem Exil in Amerika, wo er eng mit John Devoy
zusammengearbeitet hatte, war er ab 1907 wieder in Irland
33
. Dort gelang es ihm,
Sean MacDermott
34
, James Deakin und sich selbst an die Schalthebel der Macht
zu bringen. Da der Präsident Deakin jedoch nur wenig Zeit für die revolutionäre
Arbeit hatte
35
(und sein Nachfolger McCullogh in Belfast lebte
36
), oblag die Ab-
wicklung der Tagesgeschäfte den Dublinern MacDermott und Clarke. Als nach
1911 auch der ,Supreme Council` größtenteils in der Hand der Radikalen war
37
,
konnte die Planung des Aufstandes beginnen.
31
Vergl. zur Geschichte:
O'Broin
, L.: Revolutionary Underground, The Story of the Irish Republican Brother-
hood, 1858-1924, Dublin 1976 und
Curran
, J.M.: The Decline and Fall of the IRB, in: Journal of Irish Studies 10
( 1975), S. 14-24. Die ,Irish Revolutionary Brotherhood` ist in der Folge mit ,IRB` abgekürzt.
32
,,It remained a force to be reckoned with".
Devoy
1929, S. 392. Allerdings war die finanzielle Abhängigkeit der
,IRB` vom ,Clan na Gael` während dieser Phase besonders extrem. Vergl. folgendes Kapitel.
33
Vergl.
Ó'Broin
1976, S.141.
34
Vergl.
Towneshend,
Ch.: Ireland, The 20
th
Century, London 1999, S. 71. ,,MacDermott (...) was a gifted and
utterly commited organizer".
35
Vergl.
O'Broin
1976, S. 154. ,,He was a ,,busy businessman".
36
Vergl.
Martin
, F.X.: McCullough, Hobson, and republican Ulster, in:
Martin
F.X. (Hg): Leaders and Men of
the Easter Rising, London 1967, S. 105 sowie
O'Broin
1976, S. 166. Die Präsidentschaft übernahm McCullough
nur widerwillig. Während der konkreten Vorbereitungen des Aufstandes war er im Gefängnis. Er erfuhr von
den Planungen erst in der Osterwoche in seiner Funktion als Führer der Belfaster ,Irish Volunteers`.
37
Vergl.
Nowlan
in
Martin
1967, S. 113

10
Der ,Supreme Council` hatte sich zu Beginn des Weltkrieges generell für einen
Aufstand noch während des Krieges ausgesprochen
38
, wurde dann aber in die wei-
teren Planungen nicht mehr einbezogen. Selbst der Präsident war in die konkre-
ten Schritte nicht eingeweiht. Für die konkrete Vorbereitung und die Durchfüh-
rung des Aufstands zeichnete ein dominanter Flügel der ,IRB` ­ der ,Military
Council` ­ allein verantwortlich. Dieser hatte keinen eindeutig definierten Platz in
der Verfassung der ,IRB`
39
und war 1915
40
von der ,Executive` ohne Wissen des
,Supreme Council` ins Leben gerufen worden
41
. Er setzte sich zusammen aus Pat-
rick Pearse, Joseph Plunkett, Eamonn Ceannt. Später kamen Tom Clarke und
Sean MacDermott; Anfang 1916 dann der Führer der ,Irish Citizen Army`, James
Conolly, und Thomas MacDonagh hinzu.
Dem ,Military Council` war eine Aktion dieses Ausmaßes nur möglich, indem er
erfolgreich die Spitzenstellungen anderer, mächtigerer Gruppierungen mit seinen
Leuten besetzte und so in der Lage war, deren Politik mitzubestimmen
42
.
I.2.2 D
ER
,C
LAN NA
G
AEL
`
Der ,Clan na Gael` war eine irisch-amerikanische Organisation, die nach dem letz-
ten größeren irischen Aufstandsversuch 1876 ins Leben gerufen worden war . Er
war von Anfang an eng mit der ,IRB` verbunden, was durch die enge Zusammen-
arbeit zwischen dem ,Clan`-Chef John Devoy und Tom Clarke während seines
Amerika-Exils noch verstärkt wurde. Noch vor der Jahrhundertwende brachte er
es auf die beachtliche Zahl von ca. 10.000 Mitgliedern. Zusätzlich zu der traditio-
nellen Rolle als Geldbeschaffer für die Radikalen in Irland sollte er bei der Vorbe-
reitung des Osteraufstandes eine noch wichtigere Aufgabe übernehmen. Die für
einen Aufstand dringend benötigten Waffen konnten wegen der amerikanischen
Neutralität und der daraus resultierenden strengen Ausfuhrkontrollen in den Hä-
fen nur schwer nach Irland geliefert werden
43
. Doch es gelang, den Kontakt zwi-
schen den irischen Aufständischen und einer europäischen Großmacht herzustel-
38
Vergl.
O'Broin
1976, S.156. Das stand im Gegensatz zur eigenen Satzung, die einen Aufstand eigentlich nur
vorsah, wenn die Mehrheit des Volkes hinter ihnen stünde.
39
Vergl.
Nowlan
, K.B.: Tom Clarke, MacDermott, and the IRB
in
Martin
, 1967 S. 117
40
Der genaue Zeitpunkt muß offen bleiben. Die Angaben reichen von September 1914 (
Lee
1990, S. 23) bis Juli
1915 (
Dangerfield
1977, S. 136),
MacDonagh
(der Sohn von Thomas MacDonagh) spricht von Sommer.
MacDo-
nagh
, D.: Plunkett and MacDonagh, in
Martin
1967, S. 168. Auf dieser Linie ist auch
Fitzpatrick
1998, S. 57 mit
,,mid-1915". Die meisten Autoren geben aber Mai 1915 an. (als Beispiel:
Lydon
1998, S. 337).
41
Von
Inglis
wurde dieses nicht zu Unrecht als ,,Junta" bezeichnet.
Inglis
, B.: Roger Casement, London 1973, S.
299. Interessanterweise beschloß der ,Supreme Council` auf einer Versammlung im Januar 1916, ein ,,Military
Commitee" unter MacDermott und Pearse zu bilden; nicht wissend, daß eine solche Einrichtung bereits exis-
tierte. Vergl.
Ó'Broin
1976, S. 167
42
Vergl.
Curtis
, L.P.: Ireland in 1914, in:
Vaughan
, W. E. (Hg): Ireland under the Union II (A New History of
Ireland, Bd. 6), Oxford 1996, S. 180. Diese Unterwanderungstaktik war traditionelle Politik der ,IRB`.
43
Vergl.
Bernstorff
, J. H.: Deutschland und Amerika, Erinnerungen aus dem fünfjährigen Kriege, Berlin 1920,
S. 72 ff. Es stellt sich aber die Frage, warum nicht einmal der Versuch unternommen wurde, da den Beteiligten
bewußt sein mußte, daß eine Waffenlieferung aus Deutschland noch viel komplizierter und risikoreicher war.

11
len, die sehr an ,,Unternehmungen und Aufwiegelungen"
44
gegen England interes-
siert war und mit der wegen des Weltkrieges kein direkter Kontakt möglich war:
dem deutschen Reich.
I.2.3 D
IE
,V
OLUNTEERS
`
Unter dem Namen ,Volunteers` firmierten verschiedene Gruppierungen mit ver-
schiedenen Zielen. Auf der einen Seite gab es die Guerilla-Armee des Nordens, auf
der anderen die der radikalen Republikaner im Süden, wobei letztere noch in sich
gespalten waren. Wie bereits im Kapitel über die politische Lage angedeutet, ent-
standen zunächst die ,Ulster Volunteers`, die der englischen Regierung offen mit
Bürgerkrieg drohten, falls die versprochene ,Home Rule` Wirklichkeit werden
sollte.
Als Antwort darauf wurden im Süden die ,Irish Volunteers` gegründet, bei denen
auch Sir Roger Casement eine wichtige Rolle (vor allem als Geld- und Waffenbe-
schaffer) spielte. Von nur ca. 1850 Mitgliedern Ende 1913 wuchs die Mitglieder-
zahl bis Juni 1914 auf ca. 160.000
45
. Die ,Irish Volunteers` standen unter der Lei-
tung von Redmond. Er hatte die Spitzenposition gegen den Widerstand der vor-
herigen Führung mit einem Ultimatum durchgesetzt, das einer Erpressung
gleichkam. Gedroht hatte er mit der Spaltung der Bewegung durch den Aufbau
einer eigenen Organisation. Als Redmond kurz nach Kriegsausbruch gemäß sei-
ner Überzeugung und politischen Orientierung versuchte, seine ,Volunteers` und
den Rest der militärtauglichen Bevölkerung Irlands zum Eintritt in die englische
Armee zu bewegen, war für den Kreis einiger einflußreicher Personen um Clarke
(unter anderem Eoin MacNeill und Bulmer Hobson) aber die Grenze erreicht,
und es kam doch zur Trennung. Die große Mehrheit blieb bei Redmond unter
dem neuen Namen ,National Volunteers`
46
. Nur ca. 11.000 Mann entschieden sich
für die jetzt radikal-nationalen ,Irish Volunteers` unter der Führung von MacNeill.
Ihnen stand noch eine weitere Teilung bevor. Die spaltete die Organisation in
einen vom `Military Council' beeinflußten (und in die Aufstandspläne zumindest
rudimentär eingeweihten) und einen nicht informierten Teil. Es war dem `Milita-
ry Council` gelungen, seinen Einfluß auszudehnen, indem er seine Leute sowohl in
Schlüsselpositionen der ,Irish Volunteers` brachte, als auch an deren Entschei-
44
Teil des zitierten Untertitels zu AA PA, Akten Krieg 1914, Bd. 1-14
45
Zahlen nach
Boyce
, D. G.:Nationalism in Ireland, London 1996³, S. 283
46
Zahlen nach
Lyons
, F. S. L.: The Revolution in Train, in:
Vaughan
1996, S. 190 / 191. Bis 1916 stieg die Zahl
der ,Irish Volunteers` auf etwa 16.000. Ebenda, S. 197

12
dungsträger herantrat und sie in den Geheimbund aufnahm
47
. Diese Verbindung
zwischen `Military Council' und ,Irish-Volunteer`-Offizieren war nach
Nowlan
der
wichtigste Faktor bei den Plänen für den Aufstand
48
. Die Planer gingen davon aus,
daß sie über diese Verbindung ca. 3000 ,Irish Volunteers` in Dublin und ca.
13.000 in den Provinzen mobilisieren könnten
49
. Die meisten der Kämpfer wuß-
ten gar nicht, daß ihre Offiziere bei der Durchführung des Osteraufstands nicht
Befehle MacNeills, sondern des ,Military Council` befolgten.
Der nicht von den Plänen des ,Military Council` unterrichtete Führungszirkel der
,Irish Volunteers` war dem Einsatz von Gewalt zu diesem Zeitpunkt nicht voll-
kommen abgeneigt
50
. Allerdings wollte man sich nur militärisch engagieren, wenn
die Regierung versuchen sollte, die Waffen der Bewegung zu beschlagnahmen, die
Führer zu verhaften oder die Wehrpflicht auf Irland auszudehnen.
I.2.4 D
IE
,I
RISH
C
ITIZEN
A
RMY
`
Obwohl zahlenmäßig die kleinste der beteiligten Gruppen, spielte die ,Irish Citi-
zen Army` eine bedeutende Rolle, sowohl bei der Vorbereitung als auch bei der
Durchführung des Aufstandes. Ins Leben gerufen wurde die nur aus einigen hun-
dert Soldaten bestehende Armee
51
1913 von der ,Irish Transport and General
Workers Union` zum Schutz der Arbeiter während der großen Arbeiterunruhen in
Dublin. Unter James Conolly arbeitete die Führungsriege bereits seit 1914 auf
einen bewaffneten Aufstand hin, nicht wissend, daß der ,Military Council' ähnli-
che Vorbereitungen traf. Um zu verhindern, daß Connolly eigenmächtig und vor-
zeitig losschlug, überzeugte ihn der bestens über dessen Pläne informierte ,Coun-
cil` im Januar 1916 davon, sich seinem Aufstandsplan anzuschließen
52
.
47
Ein Beispiel ist der erwähnte MacDonagh, ein ,Irish Volunteer`-Kommandant, der noch im April in die `IRB'
eingeschworen wurde, um sicherzustellen, daß vier Bataillone in der Stadt kämpfen. Vergl.
Wall
, M.: The Back-
ground to the Rising, in:
Nowlan
, K.B. (Hg): The Making of 1916, Studies in the History of the Rising, Dublin
1969, S. 185
48
Nowlan
in
Martin
1967, S.116. Das Ausmaß der Unterwanderung zeigt die Stellung von Patrick Pearse als
,director of military organisation`, Joseph Plunkett als ,director of military operations` und Thomas MacDonagh
als ,director of training`.
49
Zahlen nach
Wall
in
Nowlan
1969, S. 182
50
Vergl.
Lee
, J.J.: Ireland 1912-1985, Cambridge 1989, S. 27. Er behauptet, daß MacNeill mit seiner passiven
Haltung ebensowenig Rückhalt in der Bevölkerung gehabt hätte wie Pearse. ,,The differences (...) were less
those of moral principle than of tactical opinion."
51
Zahl nach
Lydon
1998, S. 331. Zur Arbeiterbeteiligung am Aufstand vergl.
Kostick
, C.: Revolution in Ireland,
popular militancy, 1917 to 1923, London 1996
52
Vergl. das Standardwerk von
Ryan
, der als Sekretär von Pearse am Aufstand beteiligt war.
Ryan
, D.: The
Rising, The complete story or Easter Week, Dublin 1949, S. 47 und
Lyons
in
Vaughan
1996, S. 198 ff. Die meis-
ten Autoren sprechen davon daß Connolly vom ,Military Council` entführt worden sei. Die genauen Vorgänge
um das Verschwinden sind noch nicht aufgeklärt. Fest steht nur, daß er nach dreitägiger Abwesenheit im Janu-
ar 1916 bei den Aufstandsplänen des ,Councils` mitarbeitete. Zur Biographie
Ryans
vergl.
Lynch,
P.: Introduc-
tion, in:
Ryan
, D.: The Fenian Chief, a biography of James Stephens, Dublin/Sydney 1967, S. XII-XXI

13
II D
IE
A
UFSTANDS
P
LÄNE
Noch vor der grundsätzlichen Entscheidung für einen bewaffneten Aufstand wäh-
rend des Weltkrieges durch die ,IRB' wurden in Amerika wichtige Kontakte ge-
knüpft
53
. Devoy traf sich an der Spitze einer Delegation des ,Clan na Gael` und
dem frisch eingetroffenen Casement am 24.08.1914 mit Vertretern der deutschen
Botschaft in Washington. Ihr Hauptanliegen war die Bitte um Waffen und Offizie-
re. Hinter diesem Schritt standen zwei irische Fraktionen mit sehr unterschiedli-
chen Zielen. Auf der einen Seite die Führungsspitze des ,Clan`, die sich ­ in Ab-
sprache mit Clarke und Pearse ­ zuvor bereits anderweitig nach potentieller Hilfe
für einen Aufstand umgesehen hatte
54
, auf der anderen der weniger radikale
MacNeill. Er hatte Casement am 07.07.1914 schriftlich gebeten, in Amerika Waf-
fen und Offiziere zu besorgen
55
.
Die grundsätzliche Entscheidung des ,Supreme Council` war aber unabhängig von
diesen Verhandlungen
56
, obwohl allen maßgeblich Beteiligten bereits in diesem
frühen Stadium bewußt gewesen sein muß, daß ausländische militärische Hilfe
für einen Erfolg zwingend notwendig war
57
. Die eindeutigen Anzeichen, daß sich
die Mehrheit der Bevölkerung keinem Aufstand anschließen würde (Wahlergeb-
nisse
58
und Rekrutierungserfolge der englischen Armee
59
), waren nicht zu überse-
hen. Die folgenden, diesbezüglich sehr hoffnungsvollen Signale nach Deutschland
waren nach
Ryan
eine Mischung aus Hoffnung und Täuschung
60
. Doch obwohl
Deutschland lange keinerlei Zusagen machte und die später versprochene Unter-
stützung dann weit unter dem erhofften Ausmaß blieb, hielten die Iren an den
Planungen fest. Hier kommt der in vielen Schriften der beteiligten Revolutionäre
klar erkennbare ,Blutopfer-Gedanke` ins Spiel
61
. Auch wenn
Lee
festgestellt hat,
daß diese Anspielungen nicht immer wörtlich zu verstehen seien, steht doch au-
ßer Frage, daß die Idee einen großen Einfluß auf die Bewegung hatte
62
.
53
Vergl.
O'Donoghue
in
Spindler
1965, S. 9. Die Entscheidung der ,IRB` wurde vielleicht schon im August,
spätestens jedoch am 05.09.1914 getroffen.
O'Broin
1976, S.158 gibt ,,autum of 1914" an.
54
Vergl.
Devoy
1929, S. 400. Er berichtet von Kontakten mit Rußland, die aber ohne Folgen blieben. Pearse
hatte bereits im Juli eine Bitte um Waffen nach Amerika geschickt. Vergl.
O'Donnoghue
, F.: Ceannt, Devoy,
O'Rahilly and the military plan, in:
Martin
1967, S. 194. Von Deutschland als Ansprechpartner war zu diesem
Zeitpunkt allerdings noch nicht die Rede.
55
Brief bei
Doerries:
: Prelude 2000, S. 43. Casement wurde darin zum ,,accredited representive of the arms
sub-commitee"ernannt. Wie erwähnt, wollte MacNeill die Waffen aber nur, um sich gegebenenfalls gegen
England zur Wehr zu setzen; ein aktiver Aufstand schien ihm sinnlos.
56
Vergl.
Lyons
in
Vaughan
1996, S. 191. ,,The Supreme Council (...) have decided (...) to plan for an insurrection,
which (...) should take place whether German aid was forthcomming or not".
57
Vergl. ebenda, S. 200
58
Vergl.
Jackson
, A.: Ireland 1798-1998, Politics and War, Oxford 2000, S. 200
59
Vergl.
Lyons
in
Vaughan
1996, S. 190 und
Gwynn
, D.: The Life and Death of Roger Casement, New York 1931,
S. 326 f.. Allein in den ersten sechs Monaten des Krieges traten über 50.000 Iren in die englische Armee ein.
Oft war allerdings die Armut und nicht die politische Überzeugung der wahre Grund für diesen Schritt .
60
Ryan:
The Rising 1949, S. 111. ,,There was certainly a mixture of faith and bluff in the messages from Ireland."
61
Vergl.
Weichenhain
, A.: A terrible beauty is born, zur literarischen Rezeption des irischen Osteraufstandes
(Britannica et Americana, 3. Folge, Bd. 12); Heidelberg 1992, S. 14-18
62
Lee
1990, S. 25/26.

14
Spätestens ab Juli 1915
63
konkretisierte der ,Military Council` die Pläne dann ei-
genmächtig. Da zu diesem Zeitpunkt (nicht nur in Irland) davon ausgegangen
wurde, daß sich der Krieg nicht allzulange hinziehen würde
64
, sollte der Aufstand
bald in Angriff genommen werden. Zunächst war der Herbst 1915 als Termin vor-
gesehen
65
. Als sich aber abzeichnete, daß die Planungen mehr Zeit brauchten, ei-
nigte man sich Ende des Jahres auf den Ostertermin 1916
66
. Bereits im Herbst
1915 waren vermutlich erste Untersuchungen über geeignete Landungshäfen für
eine eventuelle deutsche Hilfe (in welcher Form auch immer) veranlaßt worden.
In Dublin sollten einige wichtige Gebäude rund um das Stadtzentrum besetzt
werden. Außerdem war geplant, nach Westen einen Korridor offen zu lassen,
durch den sich die Kämpfer ­ wenn die Stadt nicht zu halten sein sollte ­ hinter
den Fluß Shannon zurückziehen könnten.
Das Besondere der Planungen war die extreme Geheimhaltung, die verhindern
sollte, daß der Aufstand durch Spione frühzeitig bekannt würde
67
. Nur ein äußerst
kleiner Kreis war eingeweiht; allen anderen wurde zum spätest möglichen Zeit-
punkt nur das Nötigste mitgeteilt. Diese Politik ist der Grund, warum Fragen nach
dem genauen Zeitpunkt der Planungen oft nur vage beantwortet werden können.
Sämtliche Führer wurden kurz nach dem Aufstand erschossen und haben diesbe-
züglich kaum Aufzeichnungen hinterlassen.
Die Pläne für die Provinzen sahen vor, daß die ,Irish Volunteers` im Osten rund
um Dublin die Kommunikationswege der Briten stören und somit den Nachschub
von Truppen verhindern sollten, während die Einheiten im Norden, Süden und
Westen für die sichere Landung und Verteilung der deutschen Waffen zuständig
waren. Im Detail sollte die Kerry-Truppe den Hafen gegen die zweifellos schnell
anrückenden englischen Truppen sichern, die Waffen in Empfang nehmen und
verteilen. Die Cork-Brigade war ausersehen, an der Grenze zu Kerry die Straßen
und Schienenwege zu überwachen und ihren Teil der Waffen entgegenzunehmen.
Der Rest sollte an die bei Abbeyfeale versammelten Mitstreiter aus Limerick ü-
bergeben werden. Die Galway-Brigade, verstärkt durch die nordirischen ,Irish
Volunteers`, die sich bei Dunngannon treffen und dann nach Süden ziehen soll-
ten, war dazu bestimmt, eine Linie entlang des Shannon zu sichern
68
. ,Volunteers`
63
Vergl. Anm. 40
64
Vergl.:
Lee
1990, S. 24
65
Conolly, zu diesem Zeitpunkt noch nicht in die `IRB'-Pläne eingeweiht, wollte sogar schon einen Aufstand im
Sommer. Vergl. ebenda, S. 24
66
Vergl.
Jeffery
2000 S. 49.
MacHugh
gibt abweichend Januar 1916 an.
MacHugh
, R.: Casement and German
help, in
Martin
1967, S. 181/182. Devoy hatte die Information nach eigenen Angaben am 05.02.1916 erhalten.
Devoy
1929, S. 458. Nach
O'Donnoghue
in
Spindler
1965, S.11 hatte man sich zuerst für Osterfreitag entschie-
den, dies dann aber noch vor dem 27.02.1916 in Ostersonntag geändert.
67
Vergl.
Lyons
in
Vaughan
1996, S. 191.
68
Vergl.
O'Donnoghue
in
Martin
1967, S. 191. Vergl. auch
Wall
, M: The Plans and the Counterdemand, The
Country and Dublin, in:
Nowlan
1969, S.204ff. Nach
Fitzpatrick
, D.: Militarism in Ireland, 1912-1922, in:
Bart-
lett
, T.;
Keith
, J. (Hgg): A military history of Ireland, Cambridge 1996, S. 394 war besonders dieser Teil des

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2001
ISBN (eBook)
9783832491543
ISBN (Paperback)
9783838691541
DOI
10.3239/9783832491543
Dateigröße
1.3 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Universität zu Köln – Philosophische Fakultät
Erscheinungsdatum
2005 (Dezember)
Note
1,3
Schlagworte
irland weltkrieg karl spindler roger casement
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