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Betriebliche Gesundheitsförderung als Wettbewerbsvorteil

Die sozioökonomische Bedeutung von Sport in Unternehmen

©2005 Diplomarbeit 133 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
In Zeiten der angespannten Wirtschaftslage ist es für Unternehmen von maßgeblicher Bedeutung, Wettbewerbsvorteile gegenüber Konkurrenten zu erlangen und diese auszubauen. Betriebliche Sportangebote im Rahmen betrieblicher Gesundheitsförderung stellen eine Investition in das Humankapital dar, was wiederum zu Wettbewerbsvorteilen und somit zum Erfolg eines Unternehmens führen kann. Das Anliegen dieser Arbeit ist es die Effekte betrieblicher Sportprogramme zu analysieren und den Zusammenhang zwischen betrieblichen Sportprogrammen und dem Erfolg eines Unternehmens darzustellen.
Gang der Untersuchung:
Der erste Teil der Arbeit gibt einen Überblick über den derzeitigen wissenschaftlichen Forschungsstand betrieblicher Gesundheitsförderung. Um die Bedeutung der Wirtschaftlichkeit und der Notwendigkeit betrieblicher Gesundheitsförderung einzuordnen, werden verschiedene Einflussfaktoren betrachtet, die zu ihrer Entwicklung beitrugen. Anschließend werden die Auswirkungen dieser Entwicklungen auf die betriebswirtschaftliche und volkswirtschaftliche Ebene projiziert. Dabei wird herausgestellt, welche immensen Kosteneinsparungen sich ergeben, wenn es gelingt, die Gesundheit der Belegschaft positiv zu beeinflussen und wie diese beiden Faktoren zum Wettbewerbsvorteil werden können.
Der darauf folgende Hauptteil der Arbeit behandelt die sozioökonomischen Aspekte betrieblicher Sportangebote in Unternehmen. Dazu gehören die Kosten sowie die Effekte, die durch betriebliche Sportangebote entstehen, sowie die Methoden, um diese beiden Faktoren im Rahmen von Wirtschaftlichkeitsrechnungen gegenüber zu stellen.
Die anschließende empirische Untersuchung umfasst die Befragung von drei Experten der betrieblichen Gesundheitsförderung in deutschen Großunternehmen mittels Interviews hinsichtlich der Aspekte Kosten, Effekte und der Gegenüberstellung dieser beiden Aspekte hinsichtlich von Wirtschaftlichkeitsrechnungen.
Im Schlussteil der Arbeit werden die erarbeiteten Ergebnisse zusammengefasst und Anregungen für weitere wissenschaftliche Arbeiten auf diesem noch sehr jungen Forschungsgebiet gegeben.

Inhaltsverzeichnis:Inhaltsverzeichnis:
INHALTSVERZEICHNISI
VorwortV
AbbildungsverzeichnisVI
TabellenverzeichnisVII
1.Einleitung1
1.1Methodischer Aufbau der Arbeit 2
1.2Methodische Instrumentarien4
1.2.1Dokumentenanalyse4
1.2.2Leitfadeninterview5
2.Definitionen und Abgrenzungen6
2.1Gesundheit- Ein Begriff der […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


ID 9152
Naumann, Franziska: Betriebliche Gesundheitsförderung als Wettbewerbsvorteil - Die
sozioökonomische Bedeutung von Sport in Unternehmen
Hamburg: Diplomica GmbH, 2005
Zugl.: Universität Leipzig, Diplomarbeit, 2005
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Diplomica GmbH
http://www.diplom.de, Hamburg 2005
Printed in Germany

I
INHALTSVERZEICHNIS
INHALTSVERZEICHNIS ... I
Vorwort ...V
Abbildungsverzeichnis ...VI
Tabellenverzeichnis...VII
1
Einleitung ... 1
1.1
Methodischer Aufbau der Arbeit... 2
1.2
Methodische Instrumentarien ... 4
1.2.1
Dokumentenanalyse ... 4
1.2.2
Leitfadeninterview... 5
2
Definitionen und Abgrenzungen ... 6
2.1
Gesundheit- Ein Begriff der Ganzheitlichkeit ... 6
2.2
Gesundheitsförderung... 7
2.3
Betriebliche Gesundheitsförderung ... 8
2.4
Sport in Unternehmen... 8
2.5
Gesundheitsmanagement... 9
3
Einflussfaktoren auf die Entwicklung der betrieblichen
Gesundheitsförderung ... 11
3.1
Demographische Veränderungen ...12
3.2
Gesellschaftlicher Wandel...13
3.3
Wertewandel ...14
3.4
Wandel des Gesundheitsverständnisses...15
3.5
Wandel der Arbeitswelt...17

II
3.5.1
Exkurs: Die soziologische Betrachtungsweise...18
3.6
Wirtschaftliche Veränderungen ...21
3.7
Veränderung der Umweltbedingungen...23
3.8
Politische Einflüsse...23
4
Auswirkungen der veränderten Rahmenbedingungen auf
den Gesundheitssektor aus volkswirtschaftlicher und
betriebswirtschaftlicher Sicht ... 25
4.1
Volkswirtschaftliche Ebene ...26
4.2
Betriebswirtschaftliche Ebene ...29
4.2.1
Wettbewerbsvorteil: Gesunde Mitarbeiter...32
5
Betriebliche Gesundheitsförderung als Strategie für
Unternehmen... 36
5.1
Anwendungs- und Aktionsfelder der betrieblicher
Gesundheitsförderung...37
5.2
Akteure der betrieblichen Gesundheitsförderung...38
6
Sport in Unternehmen ... 41
6.1
Kosten betrieblicher Sportprogramme...41
6.1.1
Kostenträger ...41
6.1.2
Kostenarten ...41
6.2
Betriebswirtschaftlich relevante Auswirkungen des Firmensportes42
6.2.1
Primäre Effekte ...45
6.2.2
Sekundäre Effekte ...49
6.2.3
Tertiäre Effekte ...50
6.2.3.1
Exkurs: Der potentielle Einfluss des Firmensportes auf die
menschliche Arbeitsleistung...51
6.3
Messung der Effekte ...60
6.3.1
Traditionelle Wirtschaftlichkeitsrechnungen...63

III
Die Kosten- Nutzen- Analyse ...63
6.3.2
Erweiterte Wirtschaftlichkeitsanalysen...66
6.3.3
Weitere Wirtschaftlichkeitsrechnungen...71
6.3.4
Probleme der Wirtschaftlichkeitsrechnungen...72
7
Die empirische Untersuchung... 74
7.1
Untersuchungsziel ...74
7.2
Untersuchungsmethodik ...74
7.3
Auswahl der Unternehmen ...75
7.4
Zeitlicher Ablauf ...77
7.5
Untersuchungsbedingungen...77
7.6
Die Unternehmen...78
7.6.1
Tchibo GmbH ...78
7.6.2
Deutsche Post ...78
7.6.3
Otto GmbH & Co KG ...79
7.7
Die Untersuchungsergebnisse...80
8
Chancen und Risiken bei der Integration von
gesundheitsfördernden Projekten ... 85
8.1
Risiken...85
8.2
Chancen ...88
9
Fazit... 92
LITERATURVERZEICHNIS ... 93
ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS ... 101
Verzeichnis Betriebswirtschaftlicher Fachbegriffe ... 102
ANLAGENVERZEICHNIS ... 104
Anlage I ­ Auswirkungen von Sport...105

IV
Anlage II - Kontaktschreiben...106
Anlage III - Leitfaden...107
Anlage IV ­ 1. Experteninterview...109
Anlage V ­ 2. Experteninterview...115
Anlage VI ­ 3. Experteninterview...119
Anlage VII - Organisation ...122

V
Vorwort
Das große persönliche Interesse und die Chance auf Verbindung der im
Grundstudium erlangten Kenntnisse im Fach Sportwissenschaften mit den im
Hauptstudium erworbenen Kenntnissen im Fach Wirtschaftswissenschaften
führten zu der Wahl des vorliegenden Themas. Das Thema Gesundheit steht in
den Industrieländern aufgrund wachsender Probleme immer häufiger im
Mittelpunkt der Diskussion. Für Unternehmen spielt in Zeiten des zunehmenden
Wettbewerbs die Gesundheit der Mitarbeiter eine erhebliche Rolle. Einerseits
entstehen enorme Kosten durch Fehlzeiten, andererseits sind die Motivation
und Leistungsfähigkeit der Belegschaft wichtige Erfolgsfaktoren für den Erfolg
eines Unternehmens. Da das Forschungsgebiet der betrieblichen
Gesundheitsförderung noch sehr jung ist, ist es notwendig aus den Erfahrungen
und Kenntnissen des unternehmerischen Alltags zu lernen. In diesem Zuge
möchte ich mich für die Unterstützung der Unternehmen bedanken, die sich für
die Interviews bereit erklärt haben, namentlich Andreas Werling von der Tchibo
Gmbh, Dr. Söhnle der Deutschen Post AG und Karsten von Rabenau der Otto
GmbH& Co. KG. Verbunden bin ich den zahlreichen Organisationen, welche im
Anhang zu finden sind. Sie stellten mir zahlreiche Informationen und Dokumente
zur Verfügung. Besonderer Dank gilt Frau Dr. Tzschoppe für die Betreuung
dieser Arbeit und Herrn Dr. Sperling, der kurzfristig die Erstellung des
Zweitgutachtens auf sich nahm. Schmoosie danke ich für ihre Zuwendung in
kritischen Zeitabschnitten, die es während der Erstellung dieser Arbeit gab. Für
die kritische Begutachtung dieser Arbeit möchte ich Anna herzlich danken.
Großer Dank gilt Tom für seine Hilfe und unendliche Geduld bei allen
Computerproblemen.
Zuletzt möchte ich meinen Eltern danken, die mir dieses Studium ermöglicht
haben. Ihnen ist diese Arbeit gewidmet.
Franziska
Naumann

VI
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Methodischer Aufbau der Arbeit ... 4
Abbildung 2: Ziele des Gesundheitsmanagements ... 10
Abbildung 3: Einflussfaktoren auf Entwicklung der BGF... 11
Abbildung 4: Ebenen der Auswirkungen von Gesundheitsstörungen... 26
Abbildung 5: Kosten des Gesundheitswesens... 27
Abbildung 6: Anteil der Ausgabenträger der Gesundheitsausgaben 2002... 28
Abbildung 7: Fehlzeitenbedingte Kosten... 31
Abbildung 8: Anwendungsfelder betrieblicher Gesundheitsförderung... 38
Abbildung 9: Akteure betrieblicher Gesundheitsförderung ... 40
Abbildung 10: Kostenarten... 42
Abbildung 11: Effekte von Sport... 44
Abbildung 12: Primäre Auswirkungen des Sportes... 45
Abbildung 13: Berechnung der Anzahl der ungestörten Arbeitsstunde ... 64
Abbildung 14: Prozentualer Anteil der Kosten für Unternehmen und Mitarbeiter... 81
Abbildung 15: Chancen betrieblicher Gesundheitsförderung ... 91

VII
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Paradigmenwechsel im Gesundheitswesen ... 17
Tabelle 2: Kostenträger... 29
Tabelle 3: Primäre und sekundäre Aktivitäten eines Unternehmens... 33
Tabelle 4: Kriterienunterteilung ... 68
Tabelle 5: Kostenarten ... 81

1
1 Einleitung
Die Anforderungen an die Unternehmen in einer modernen Produktionswelt
wandelten sich in den letzten Jahrzehnten mit zunehmender Geschwindigkeit.
Während in der Vergangenheit der Unternehmenserfolg üblicherweise mit den
Determinanten Kapital und Arbeit beschrieben worden ist, sind es heute in
erster Linie die Mitarbeiter, von denen der Erfolg eines Unternehmens abhängt.
Sie sind und bleiben der wertvollste Produktionsfaktor, über den ein
Unternehmen verfügt.
,,Die Mitarbeiter bestimmen nicht nur über die Wirtschaftlichkeit
moderner Fertigungsanlagen- ein zukunftsorientiertes
Unternehmen ist abhängig von der Motivation seiner Mitarbeiter,
deren Engagement und Kreativität."
1
Die Einbeziehung der Mitarbeiter, die bessere Nutzung ihrer Kenntnisse und
Erfahrungen sowie eine stärkere Ausschöpfung bestehender
Motivationsreserven sind ein wichtiger Beitrag zur Zukunftssicherung von
Unternehmen, denn erfolgreiche Unternehmen beziehen ihre Stärke,
Innovationsfähigkeit und Dynamik aus ihrem Humankapital. Ein Unternehmen,
welches langfristig wettbewerbsfähig sein möchte, muss sich den
Veränderungen des Marktes anpassen und somit auch Investitionen tätigen, die
sich erst auf längere Sicht auszahlen werden. Betriebliche
Gesundheitsförderung mit all seinen Facetten ist eine langfristige Investition.
Dieses Thema existiert jedoch nicht in allen Unternehmen bzw. wird in vielen
Unternehmen noch klein geschrieben. Nur 16 Prozent aller deutschen Firmen
kümmern sich um Prävention für ihre Mitarbeiter oder versuchen,
krankheitsbedingte Fehlzeiten gering zu halten. Eine aktuelle Exklusivstudie
des Handelsblattes
2
zeigt, dass nur 117 von 728 in Deutschland befragten
Unternehmen überhaupt etwas über betriebliche Gesundheitsförderung bzw.
ein eigenes Gesundheitsmanagement sagen können.
1
Hartz, P. (1996), S. 21
2
Vgl. Scharbau, S. (2003), o. S.

2
Dass Sport jedoch für Mitarbeiter im Rahmen betrieblicher
Gesundheitsförderung nicht nur für die Aktiven von besonderer Bedeutung ist,
belegt eine Studie des wissenschaftlichen Institutes für Ärzte in Deutschland.
Diese Studie belegt, dass Berufstätige im Alter von 55 bis 61 Jahren, die keinen
Sport treiben, 10, 1 Tage im Jahr ausfallen. Bei Berufstätigen im selben Alter,
die Sport treiben, wurde eine durchschnittliche Krankheitsquote von nur acht
Tagen pro Jahr festgestellt.
3
Das bedeutet, dass Unternehmen, die die
Gesundheit ihrer Mitarbeiter durch innerbetriebliche Sportangebote fördern,
erhebliche Kosten einsparen können. Die Verringerung des Krankenstandes ist
jedoch nicht der einzige Grund, warum Sportangebote im Rahmen betrieblicher
Gesundheitsförderung in ein Unternehmen integriert werden sollten. Vielen
Unternehmen ist nicht bewusst, welche weiteren wirtschaftlichen Effekte durch
betriebliche Sportangebote erreicht werden können. Deshalb ist es notwendig,
dass das Kriterium der betrieblichen Gesundheitsförderung am Beispiel Sport
auf Unternehmensebene durch Indikatoren spürbar gemacht wird, die sich in
der Effizienz oder in der Ökonomie des Betriebes ausdrücken.
Die vorliegende Arbeit hat sich deshalb das Thema betriebliche
Gesundheitsförderung am Beispiel von Sportangeboten für Mitarbeiter zum
Thema gemacht, um Ursachen und Wirkfaktoren in diesem Feld transparent zu
machen. In dieser Arbeit werden Bausteine, Aspekte, Ziele, Zusammenhänge
und Argumentationsketten zum Thema betriebliche Sportangebote dargestellt.
Ziel dieser Arbeit ist es einen Zusammenhang herzustellen, der aufzeigt, dass
Sport im Unternehmen positiver Erfolgsfaktor sein kann.
1.1 Methodischer Aufbau der Arbeit
Um Antworten auf die oben genannten Fragen zu erhalten, gilt es zu
analysieren, aufgrund welcher Bedingungen sich ein Bereich der betrieblichen
Gesundheitsförderung in Unternehmen entwickelt und was betriebliche
Gesundheitsförderung beinhaltet. Welche Kosten für ein Unternehmen
entstehen, das betriebliche Sportprogramme anbietet, welche Effekte sich
3
Vgl. Leendertse, J. (1999), S. 92f.

3
durch betriebliche Sportprogramme ergeben und in welcher Form die Kosten
dem Nutzen gegenüber gestellt werden.
Vor dem Hintergrund der Problemdefinition erfolgt daher zuerst eine
umfangreiche Auswertung der Literatur zum Thema Gesundheitsförderung in
der Arbeitswelt. Betriebliche Gesundheitsförderung ist noch ein sehr junges
Forschungsgebiet. Die Literatur ist weitgehend auf Praxisberichte beschränkt-
das vorhandenen Wissen ist noch relativ gering. Aufgrund des noch geringen
Erkenntnisstandes sind bisher nur wenige wissenschaftliche Veröffentlichungen
zum Thema ,,Betriebliche Gesundheitsförderung" bzw. ,,Betriebliche
Sportprogramme" vorhanden. Deshalb besteht die im Rahmen der Arbeit
ausgewertete Literatur zusätzlich aus der Auswertung von Praxisberichten und
der Auswertung von themenspezifischen Datenbanken. Weiterhin wurden
Informationen von Forschungsinstituten und Verbänden sowie eine Vielzahl von
Tagungsberichten analysiert.
Auf der Grundlage dieser Erkenntnisse wurden die relevanten
Forschungsfragen konkretisiert und Fragebereiche für eine qualitative
Befragung entwickelt. Die Befragung von Experten auf dem Bereich der
betrieblichen Gesundheitsförderung in drei verschiedenen Unternehmen soll zu
einer möglichen Lösung der Problemstellung beitragen.
Den Abschluss der Arbeit stellen die sich aus der Literaturanalyse ergebenden
Chancen und Risiken dar, die sich bei der Implementation betrieblicher
Sportprogramme ergeben können.
In der folgenden Abbildung ist der methodische Aufbau der Arbeit zur
Veranschaulichung grafisch dargestellt:

4
Abbildung 1: Methodischer Aufbau der Arbeit
1.2 Methodische Instrumentarien
In der Arbeit werden unterschiedliche Methoden angewendet. Die Grundlage
bildet die Dokumentenanalyse.
1.2.1 Dokumentenanalyse
Es wurde eine themenspezifische Analyse folgender Dokumente
vorgenommen:
Fachpublikationen zur Gesundheitsförderung
Informationen aus Datenbanken über betriebliche
Gesundheitsförderungsprojekte
Betriebswirtschaftliche
Fachzeitschriften
Jahresberichte
Firmeninterne
Zeitschriften
Tagungsberichte
verschiedener Firmen zum Thema

5
Die Dokumentenanalyse erfolgte sowohl vor als auch nach den Gesprächen.
Sie diente zum einen der Vorbereitung und zum anderen der Ergänzung des
Datenmaterials aus den Interviews. Die Analyse der Dokumente zeigte
insbesondere auch die Diskrepanzen zwischen den theoretischen Forderungen
nach neuen Methoden zur Erfolgsmessung von betrieblichen Sportprogrammen
und den tatsächlich in der Praxis durchgeführten Maßnahmen zur
Effektivitätsbestimmung.
1.2.2 Leitfadeninterview
Für die Interviews wurden alle Personen als Zielgruppe betrachtet, die über
Sachkenntnisse und Erfahrungen auf dem Gebiet der betrieblichen
Gesundheitsförderung verfügen. Es handelte sich dabei um die
Projektverantwortlichen in den Unternehmen, die sich mit der betreffenden
Themenstellung befassen. Grundlage der Interviews war ein
Gesprächsleitfaden. Die Themenbereiche der Befragung wurden der Grundlage
des vorangegangenen Literaturstudiums entwickelt. Alle Gespräche wurden auf
Tonband aufgezeichnet und später protokolliert. Anschließend erfolgte eine
problemspezifische Auswertung der Informationen.

6
2 Definitionen und Abgrenzungen
In der vorliegenden Arbeit sind die Begriffe Gesundheit, Gesundheitsförderung,
betriebliche Gesundheitsförderung, Sport im Unternehmen sowie
Gesundheitsmanagement von zentraler Bedeutung. Sie werden deshalb im
Folgenden näher erläutert.
2.1 Gesundheit- Ein Begriff der Ganzheitlichkeit
Die aktuelle Karriere des Gesundheitsbegriffs verweist darauf, dass das
Gesundheitsmotiv heute ein relevantes gesellschaftliches Phänomen geworden
ist und ernst genommen wird.
Gesundheit ist der Zustand des völligen körperlichen, geistigen und
sozialen Wohlbefindens und nicht nur das Freisein von Krankheit und
Gebrechen.
4
Mit dieser wohl bekanntesten Definition von Gesundheit hat die WHO bereits
1948 den Grundstein für einen neuen Zugang zu den Phänomenen Gesundheit
und Krankheit gelegt. Der Mensch wird nicht mehr nur mit seinem Körper
gleichgesetzt, sondern in seiner Ganzheitlichkeit erfasst. Neben körperliches
Wohlbefinden treten gleichberechtigt seelisches Gleichgewicht, emotionale
Zufriedenheit und soziale Integration. Mit der Betonung der Ganzheitlichkeit
wird der Patient in die Lage versetzt und ermutigt, selbst eine aktivere Rolle im
Heilungsprozess zu spielen. Doch wird die WHO-Definition durch den
utopischen Charakter eines umfassenden Wohlbefindens oft kritisiert.
Binnewitt
5
vertritt die Auffassung, dass die gänzliche Vernachlässigung von
Beeinträchtigungen und Gebrechen nicht der Realität entsprechen kann. Er ist
der Ansicht, dass gerade aufgrund der Ganzheitlichkeit es möglich ist, auf den
verschiedenen menschlichen Ebenen auch verschieden Niveaus von
Wohlbefinden zu erreichen. Er widerlegt die Definition der WHO, durch folgende
Aussage:
4
WHO (1948), S. 3
5
Vgl. Binnewitt, N. (2002), S. 12

7
Ganzheitlichkeit muss sich diesbezüglich nicht nur auf die menschlichen
Daseinsebenen beziehen, sondern ebenso auf die Tatsache, dass auch
negative Seinszustände zu dem Menschen als Einheit und Ganzheit
dazugehören. Krankheit ist die notwendige Ergänzung, die das Leben
vollkommen macht und sollte nicht als etwas abgelehnt werden, das
nicht hätte passieren dürfen
6
.
Travis formuliert seine Gedanken zum Begriff Gesundheit wie folgt:
We may not be able to do much to change our immediate circumstances,
but we can do a great deal to change our approach to life
7
.
Entscheidend ist also eine Lebenseinstellung, die es ermöglicht, der eigenen
Situation mit einer Haltung der Aufgeschlossenheit zu begegnen. Gesundheit ist
demnach kein Zustand der Abwesenheit von Krankheit und auch nicht
ausschließlich ein Mittel für eine produktive Lebensführung, sondern die Kraft
und Fähigkeit der Lebensführung überhaupt. Janick definiert den
Gesundheitsbegriff aus einer wiederum anderen Perspektive. Nämlich als eine
Fähigkeit zur Problemlösung und Gefühlsregulierung, durch die ein positives
seelisches und körperliches Befinden, insbesondere ein positives
Selbstwertgefühl und ein unterstützendes Netzwerk sozialer Beziehungen
erhalten oder wiederhergestellt wird.
8
2.2 Gesundheitsförderung
Maßnahmen der Gesundheitsförderung sind alle Maßnahmen, die
Krankheitsursachen reduzieren und Gesundheitspotentiale fördern, im Bezug
auf einzelne Personen, Gruppen und Organisationen. Dabei werden neben dem
individuellen Lebensstil auch soziale und institutionelle Rahmenbedingungen
berücksichtigt. Gesundheitsförderung bedeutet, dass die Verantwortung für die
Gesundheit der Bevölkerung nicht mehr als alleinige Aufgabe des
Gesundheitssystems zu betrachten ist, vielmehr sollte es Aufgabe aller
gesellschaftlichen Bereiche sein, die Gesundheit und Krankheit der Menschen
6
Binnewitt, N (2002), S. 15
7
Travis, J. W. (1984), o. S.
8
Vgl. Janick, Dr. med. J. M. (2002), S. 23

8
zu beeinflussen. Die Anwendungsgebiete der Gesundheitsförderung werden als
Settings
9
bezeichnet. Settings der Gesundheitsförderung sind: Städte,
Krankenhäuser, Schulen und Unternehmen.
2.3 Betriebliche Gesundheitsförderung
Ein zentrales Anwendungsfeld der Gesundheitsförderung ist das Arbeitsumfeld.
Dieses Setting der Gesundheitsförderung wird als betriebliche
Gesundheitsförderung bezeichnet. Durch sie sollen gesundheitsförderliche
Lebensweisen und gesundheitsförderliche Lebensbedingungen geschaffen
werden. Nach wird der Begriff wie folgt definiert:
,,Betriebliche Gesundheitsförderung ist eine moderne
Unternehmensstrategie und zielt darauf ab, Krankheiten am Arbeitsplatz
vorzubeugen (einschließlich arbeitsbedingter Erkrankungen,
Arbeitsunfälle, Berufskrankheiten und Stress), Gesundheitspotentiale zu
stärken und das Wohlbefinden am Arbeitsplatz zu verbessern."
10
Betriebliche Gesundheitsförderung ist auch ein Gegenstand von
betriebswirtschaftlichen Entscheidungsprozessen
,
der gleichzeitig eine
Unternehmensaufgabe darstellt, in der sich humanistische, soziale und
ökonomische Interessen begegnen uns sinnvoll ergänzen sollten.
2.4 Sport in Unternehmen
In der bisher verfassten Literatur wurde das Thema Sport in Unternehmen
zumeist als Begriff des Betriebssports abgehandelt. Dabei wurde in der
aktuellen Literatur über betriebliche Gesundheitsförderung die folgende
Definition von Tohfarn
11
zum größten Teil so übernommen: Als Betriebssport
bezeichnet man sportliche Aktivitäten, die hauptsächlich für die Arbeitnehmer
eines Betriebes bzw. von diesen selbst organisiert werden, an denen auch
Pensionäre, Angehörige oder Betriebsfremde teilnehmen können und bei denen
9
Setting: Soziales System, dass eine Vielzahl relevanter Umwelteinflüsse auf eine bestimmte
Personengruppe umfasst und andererseits ein System, in dem diese Bedingungen von
Gesundheit und Krankheit auch gestaltet werden können. Uni Osnabrück (2004).
10
Müller, B. (2002), S. 27
11
Vgl. Tohfarn, K. (1991), S. 26

9
nicht die sportlichen Höchstleistungen und der Wettbewerb, sondern
Gesundheitsvorsorge, Entspannung, Spiel und Geselligkeit im Vordergrund
stehen.
In meiner Arbeit möchte ich von dem überalteten Begriff Betriebssport absehen
und diesen Begriff fortan als ,,Sport im Unternehmen", ,,Firmensport" bzw.
,,Sportangebote/ Sportprogramme für Mitarbeiter" bezeichnen.
Der Grund für diese Entscheidung liegt darin, dass der klassisch definierte,
betriebene, organisierte, nicht auf individuelle Unternehmen abgestimmte
Betriebssport nicht als Instrument eingesetzt werden kann, um die Botschaft
des Zusammenhanges von humanitären, sozialen und ökonomischen
Überlegungen im Unternehmen zu transportieren. Diese Aussage wird durch
folgende Worte von Grauer
12
unterstützt:
,,Im Gegensatz zum klassischen Betriebssport müssen alle wesentlichen
Funktionseinheiten eines Unternehmens an heutigen betrieblichen
Sportprojekten mitwirken. Nur so kann der Mitarbeitersport speziell auf
die Bedürfnisse eines Unternehmens abgestimmt sein und je nach
situativer Gegebenheit in seinen Zielen variiert werden."
Als Sport im Unternehmen werden sportliche Aktivitäten bezeichnet, die das
Unternehmen seinen Arbeitern, Angestellten und Führungskräften anbietet. Ziel
des Angebotes von Sport im Unternehmen ist der Ausgleich von
Arbeitsbelastungen, die Entwicklung und Stärkung individueller Ressourcen und
Kernkompetenzen, die damit verbundene Kosteneinsparung für das
Unternehmen.
2.5 Gesundheitsmanagement
Janick
13
definiert Gesundheitsmanagement wie folgt:
,,Gesundheitsmanagement ist gezieltes und bewusstes Einarbeiten
gesundheitsfördernder Maßnahmen, krankheits- vorbeugender und
Heilung unterstützender Strategien, Strukturen und Prozesse in das
12
Grauer, S. (2002), S. 24f.
13
Janick, Dr. med. J. M. (2004), o. S.

10
Ziele
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Vorschriften
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allgemeine Management, in die Führungsstrategie und in den
Führungsstil."
Dr.
Brandenburg und Dr.
Schröer
14
erweitern den Begriff des
Gesundheitsmanagements auf einen dauerhaften im Betrieb integrierten
Prozess. Dieser Prozess schließt den Mitarbeiter (seine Motivation, sein
Gesundheitsverhalten) und dessen Arbeitssituation (Arbeitsbedingungen)
ebenso ein wie das gesamte Unternehmen (Hierarchie, Unternehmenskultur),
die Produkte (Werkstoffe) und das Unternehmensumfeld (Ökologie,
Sozialsystem, Freizeitbelastungen).
In der folgenden Abbildung ist dargestellt, worauf Gesundheitsmanagement
abzielt:
Quelle: eigene Abbildung in Anlehnung an Brandenburg, Dr. U.; Schröer Dr. A. (2000), S.3
Abbildung 2: Ziele des Gesundheitsmanagements
14
Vgl. Brandenburg, Dr. U. Schröer, Dr. A. (2000), S. 1

11
3 Einflussfaktoren auf die Entwicklung der
betrieblichen Gesundheitsförderung
Unternehmen werden zunehmend mit der Gesundheitsproblematik konfrontiert.
Durch die Veränderung der Arbeitsanforderungen und die sich ständig
ändernden Arbeitsbedingungen entstehen immer wieder neue
Gesundheitsprobleme für die Belegschaften der Unternehmen.
Der Auslöser für die Modifikation aller Lebens- und Arbeitsbereiche ist der
Wandel der Industriegesellschaft zur modernen Dienstleistungsgesellschaft und
die resultierende Verbindung Technisierung aller Lebensbereiche. Die damit
einhergehenden Entwicklungen der aktuellen soziodemographischen,
gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Bereiche, verbunden mit einer allgemein
größeren Wertschätzung von Gesundheit, bilden die Grundlage für die
Entwicklung der betrieblichen Gesundheitsförderung. Die folgende Abbildung
veranschaulicht, welchen Einflüssen die Entwicklung der betrieblichen
Gesundheitsförderung unterworfen ist.
Abbildung 3: Einflussfaktoren auf Entwicklung der BGF
Im Folgenden werden diese für die Entwicklung der betrieblichen Gesundheits-
förderung wichtigen Entwicklungstrends differenziert dargestellt.

12
3.1 Demographische Veränderungen
Die Altersstruktur in Deutschland ist eine bedeutende Einflussgröße im Hinblick
auf die Entwicklung der betrieblichen Gesundheitsförderung.
15
Aufgrund der
rückläufigen Bevölkerungsentwicklung ist mit massiven Veränderungen in der
Alterspyramide der deutschen Bevölkerung zu rechnen. Angesichts einer
niedrigen Geburtenrate und einer gleichzeitig steigenden Lebenserwartung der
Menschen verändert sich ­ wie in allen modernen Industriegesellschaften ­
auch in Deutschland der Altersaufbau von der Bevölkerungspyramide zum
Bevölkerungspilz. Das Verhältnis der Generationen hat sich gewandelt, so dass
die Gesellschaft zu einer ergrauenden Gesellschaft.
16
wird.
Die 60-jährigen und Älteren stellen heute knapp ein Viertel der Bevölkerung dar.
Prognosen gehen davon aus, dass im Jahr 2050 mehr als die Hälfte der
Bevölkerung 65 Jahre und älter sein wird.
Aufgrund des demographischen Wandels ist zukünftig mit einer sich drastisch
ändernden betrieblichen Altersstruktur zu rechnen. Viele Betriebe werden mit
einem steigenden Durchschnittsalter ihrer Belegschaften konfrontiert sein.
Schon im Jahr 2005 wird es unter den Erwerbspersonen mehr über 50jährige
als unter 30jährige geben.
17
. Pessimisten bezeichnen diese zu erwartende
Entwicklung als ,,Vergreisung der Belegschaften".
18
Zukünftig wird es für
Unternehmen von entscheidender Bedeutung sein, auf einen längeren Verbleib
ihrer Belegschaft im Arbeitsleben hinzuwirken. Die Veränderung der
Altersstrukturen des Personals in Betrieben hervorgerufen durch den
demographischen Wandel der Bevölkerung zwingt Unternehmen dazu, die
Gesundheit ihrer Mitarbeiter zu unterstützen. Damit Beschäftigte mit
steigendem Alter gesund und leistungsfähig bleiben und die Unternehmen auch
mit alternden Belegschaften produktiv und innovativ bleiben können, bedarf es
einer langfristig angelegten Gesundheits- und Personalpolitik.
15
Vgl. Badura, B.; Schellschmidt, H. Vetter, C. (2002), Vorwort
16
Lehr, U. (2001), S.164
17
Vgl. Janick, Dr. med. J. M. (2004a), o. S.
18
Badura, B.; Schellschmidt, H. Vetter, C. (2003), Vorwort

13
3.2 Gesellschaftlicher Wandel
Mit dem Übergang von der Agrar- zur Industriegesellschaft vollzog sich eine
Differenzierung aller Lebensbereiche. Während früher Arbeit, Familie und
Partnerschaft eine Einheit bildeten, bestehen heute nur noch lose soziale
Netzwerke in einer komplexen Sozialstruktur. Im Übergang der Industrie- zur
modernen Dienstleistungsgesellschaft zeichnet sich dieses Phänomen noch
deutlicher ab. Das Leben spielt sich mittlerweile in zahlreichen, nicht
miteinander verbundenen Bereichen, den so genannten Settings ab. Aus
kulturell dichten sozialen Netzwerken entstehen Segmente, die nicht
miteinander zusammenhängen.
Die Gesellschaft des 20. Jahrhunderts ist durch einen starken
Individualisierungsprozess gekennzeichnet. Traditionelle Familienmodelle,
Verwandtschafts- und Nachbarschaftsverhältnisse lösen sich auf. Es entstehen
neue individuelle Existenzformen. Die traditionellen Bindungen werden
aufgebrochen, so dass die Menschen vermehrt auf sich selbst gestellt sind. Auf
der sozialen Ebene wird diese Gesellschaft der isolierten Individuen bezeichnet,
da Isolierungs- und Entfremdungserscheinungen immer weiter zunehmen. Nach
Angaben des DESTATIS leben 17 Prozent der Menschen in Deutschland in
Singlehaushalten und jede dritte Ehe wird in Deutschland geschieden.
19
Diese
Verhältnisse führen dazu, dass immer mehr Menschen die soziale
Unterstützung zur Problembewältigung fehlt. Die sozialen Beziehungen, die im
gesamten Leben für die Gesundheit und das Wohlbefinden der Menschen von
hoher Bedeutung sind, verändern sich. Die Konsequenzen äußern sich durch
gesundheitliche Beeinträchtigungen (Bsp.: sinkendes Wohlbefinden, Burnout)
oder in gesellschaftlich unerwünschten Effekten (z. B. Geburtenrückgang). Die
Beobachtung, dass sich die Tätigkeiten während der Arbeit und die Tätigkeiten
während der Freizeit immer mehr umkehren, ist als Einflussfaktor für sinkendes
Wohlbefinden ebenso zu berücksichtigen. Es ist eine Verlagerung von
Tätigkeiten des Arbeits- in den Freizeitbereich und umgekehrt zu verzeichnen.
Was früher im Arbeitsbereich verrichtet wurde (schweißtreibende Arbeit,
muskelbeanspruchende Tätigkeit) wird heute in die Freizeit verlegt. Umgekehrt
19
Vgl. Destatis (2004), Mikrozensus

14
tun wir das, womit wir früher unsere freie Zeit verbracht haben (lesen,
miteinander reden, sich zum essen treffen, schöne Dinge zeichnen) heute im
Berufsbereich.
Die Negativbelastungen in unserem Alltag nehmen also zu. Der Verlust an
traditionellen Werten, die Auflösung von Familienstrukturen, Individualisierung
und Schnelllebigkeit bedrohen soziale und gesellschaftliche Sicherheiten.
Leistungsdruck, Dauerstress, erhöhte Flexibilität, Ellenbogenmentalität,
Anonymität der Massengesellschaft und weitere widernatürliche Einflüsse
bringen den Menschen aus seinem natürlichen, seelischen und körperlichen
Gleichgewicht.
Die Dynamik und die Komplexität des modernen Lebens stellen hohe
Ansprüche an die körperlichen, seelischen und geistigen Kräfte des
Menschen."
20
Diese Inanspruchnahme führt zu einem Mangel an psychosozialer aber auch
physischer Gesundheit. Somit ist nachzuvollziehen, dass die Unterstützung und
Förderung der Gesundheit seitens der Arbeitgeber von hoher Bedeutung ist.
3.3 Wertewandel
Neben den geschilderten soziodemographischen und gesellschaftlichen
Veränderungen kann auch der Wertewandel
21
als Einflussfaktor auf die
Entwicklung der betrieblichen Gesundheitsförderung betrachtet werden.
Richter stellte bereits 1993 einen starken Wertewandel fest: Er betont, dass für
die persönliche Identifikation heute nicht mehr vorwiegend Familie, Beruf oder
Religion wichtig sind, sondern Gesundheit, Fitness und Leistungsfähigkeit,
damit man beruflich und sozial anerkannt wird.
22
Äußere Attraktivität gilt
zunehmend als Voraussetzung für soziale Anerkennung. Im Privatleben
20
Nefiodow, L. A. (1996), S. 115
21
Der Wertewandel beschreibt die Veränderung von grundlegenden Überzeugungen und
Einstellungen, die das Denken und Handeln des Einzelnen in der Zukunft bestimmen. Ursachen
können die technologische Entwicklung, die Medienrevolution, der Massenwohlstand oder die
Änderung der Erziehungsziele sein.
22
Vgl. Richter, B. (1993), S. 67

15
genauso wie im Berufsleben. Persönliche Fitness und Leistungsfähigkeit ist
eine der Grundlagen für ,,Erfolgs- Appeal".
Gesundheit ist heute zu einem zentralen Wert geworden, für viele Menschen zu
dem höchsten Gut, zum Inbegriff von Leben. Wir achten verstärkt auf gesunde
Ernährung, halten uns durch Sport und Bewegung fit, und sind sensibel für die
Einflüsse der Umwelt auf unsere Gesundheit geworden. Es lässt sich wohl
berechtigterweise von einem zunehmenden Gesundheitsbewusstsein in der
Bevölkerung sprechen, auch wenn dieses lange nicht in allen sozialen
Schichten der Bevölkerung verbreitet ist. Gewachsen ist auch das Wissen über
Risikofaktoren, vor allem im Zusammenhang mit Herz- und
Kreislauferkrankungen.
Die Mitarbeiter eines Unternehmens stellen heute höhere Ansprüche
hinsichtlich ihrer Gesundheit und ihres Wohlbefindens an ihre Arbeit. Solche
sind beispielsweise die Forderung nach Partizipation oder das Nutzenkönnen
von Fähigkeiten. Des Weiteren gewannen Werte wie die Sensibilität der
Mitarbeiter gegenüber gesundheitsgefährdeten Arbeitsbedingungen erheblich
an Bedeutung.
Kunden haben bestimmte Erwartungen an ein Unternehmen. Diese
Erwartungen äußern sich in sozialen und ethischen Ansprüchen, die durch
zunehmende Sensibilität der Verbraucher gegenüber unternehmerischen
Handeln und ihrem stetig wachsenden Gesundheitsbewusstsein entstehen. Die
Verbraucher verlangen vom Unternehmen die Wahrnehmung sozialer und
gesellschaftlicher Verantwortung und eine Fürsorgepflicht, die sich durch
Schutz und Förderung der Gesundheit der Mitarbeiter äußern soll. Weiterhin
erwarten die Kunden bei der Herstellung der von ihnen gekauften Produkte und
Dienstleistungen Arbeitsbedingungen, die die Mitarbeiter nicht beeinträchtigen.
Unternehmen, die erfolgreich sein wollen, können sich dem Wandel der Werte
in unserer Gesellschaft nicht entziehen.
3.4 Wandel des Gesundheitsverständnisses
Die in den letzten Jahren ausgelöste ,, Umweltwelle" wird immer mehr von einer
,,Gesundheitswelle" abgelöst bzw. ergänzt. Das Gesundheitsbewusstsein der
Bevölkerung in Deutschland nimmt stetig zu. Das Gesundheitsverständnis
erweitert sich kontinuierlich. Gesundheit schließt nicht nur das Freisein von

16
Krankheit, sondern auch das Wohlbefinden sowie die Nutzung und die
Weiterentwicklung von individuellen Handlungskompetenzen ein.
Auch der Gesundheitsbegriff wurde durch das geänderte
Gesundheitsbewusstsein in seiner Bedeutung akzentuiert. Nicht nur das Nicht-
Vorhandensein von erkennbaren Krankheiten und Gebrechen, sondern ein
vollständiges körperliches, seelisch-geistiges und soziales Wohlbefinden steht
im Mittelpunkt (vgl. dazu 2. 1.)
Als Voraussetzung für Lern- und Einsatzbereitschaft, für Ausdauer, Leistung
und Kreativität wird Gesundheit als aktiver Entwicklungsprozess verstanden.
Das verdeutlicht, dass es sich um einen steigerungsfähigen Wert handelt. Jeder
Einzelne wird somit selbst verantwortlich für seinen Lebensstil und seine
Gesundheit.
Beim Umgang mit diesem Thema zeichnet sich in der Gesellschaft zusehends
ein Paradigmenwechsel ab, der zwar keine Ablösung des bisherigen bedeutet,
aber ein Perspektivenwechsel ist.
23
In Anlehnung an Reppel + Partner und Illing
soll anhand der nachfolgenden Abbildung der oben erläuterte
Paradigmenwechsel veranschaulicht werden:
23
Vgl. Reppel, K. (2002), S. 4

17
Tabelle 1: Paradigmenwechsel im Gesundheitswesen
Paradigmenwechsel im Gesundheitswesen
VON
NACH
Krankheitsbehandlung
Gesundheitsmanagement
(Gesundheitsförderung)
Symptombehandlung
ganzheitlicher Behandlung
Wohlstandsgesellschaft
Wohlfühlgesellschaft
Öffentlichem Gesundheitswesen
privater Gesundheitsvorsorge
Verordneter Therapie
selbstfinanzierter / eigen
verantwortlicher Therapie
Angebotsorientierung
(Diktat des Angebots)
Nachfrageorientierung
Klassischer Schulmedizin
Konzentration auf Lebensquantität
homöopathischer Behandlung
Konzentration auf Lebensqualität
Krankheitsbehandlung
Prävention
Konzentration auf ein
Medizinsystem
Nutzung komplementärer
Medizinsystem
Quelle: Reppel, K. (2002), S. 4
3.5 Wandel der Arbeitswelt
Aufgrund des Übergangs der Industriegesellschaft zur modernen
Dienstleistungsgesellschaft verschiebt sich die Beschäftigungsstruktur immer
mehr in Richtung des Dienstleistungssektors, während die Bereiche der
Landwirtschaft und Industrie an Bedeutung verlieren. Schwere körperliche
Arbeit wir durch den Einsatz von neuen Technologien abgelöst. Des Weiteren
äußern sich Veränderungen in der Arbeitswelt durch Umformung und
Neubildung von Beschäftigungsverhältnissen. Es entstehen Formen befristeter
Arbeit, Teilzeitarbeit und die Telearbeit.
Das führt wiederum unmittelbar zu einer Veränderung der Belastungsstrukturen
in der Arbeitswelt. Körperliche Aktivitäten werden in der Arbeitswelt fast
vollständig abgebaut, während einseitige Bewegungsabläufe und
Zwangshaltungen immer mehr zunehmen. Dieses Maß an geringer körperlicher
Belastung hat den negativen Effekt der Unterforderung durch körperliche
Inaktivität. Gleichzeitig steigt das Arbeitstempo und Anforderungsprofile werden

18
erhöht. Viele Tätigkeitsbereiche werden isoliert, was zu einer Einschränkung
der Kooperations- und Kommunikationsmöglichkeiten, sozialer Isolation und
erhöhter psychischer Belastung und somit zur Einschränkung der Gesundheit
bzw. zu Krankheiten führt. Das Schwergewicht in der Entstehungsweise von
Krankheiten hat sich vom Körperlichen ins Seelisch- Zwischenmenschliche
verschoben. Es ist häufig nicht mehr die Arbeit selbst, die krankmacht, sondern
es sind die Bedingungen, unter denen sie verrichtet wird.
3.5.1 Exkurs: Die soziologische Betrachtungsweise
Die ersten theoretischen Erklärungsversuche zur soziologischen Interpretation
der Massensportbewegung fanden vor dem Hintergrund der Darstellung eines
Zusammenhanges der Industrialisierung der Produktion und dem Aufkommen
des Massensportes statt.
Soziologische Theorien über das Phänomen des Freizeitsportes wurden somit
durch die Beziehung zwischen Arbeitstätigkeit und sportlicher Aktivität geprägt.
Diese Theorie wurde auf soziologischer Ebene als Kompensationstheorie
bezeichnet.
Die zwei wichtigsten Vertreter dieser Theorie sind Plessner und Habermas.
Plessner sieht die Bedürfnisse nach Kompensation bei industriell gestalteter
Arbeitstätigkeit sowohl im physischen als auch im psychischen Bereich. Durch
die Aufgliederung der ganzheitlichen Produktionsweise in einzelne
gleichförmige Produktionsverfahren, kann keine Zufriedenheit mehr über das
geschaffene Produkt vermittelt werden. Der Sport bietet sich als
Kompensationsmittel an, weil er dem Körper einen Ausgleich für die Monotonie
bzw. Bewegungsarmut der Arbeit bietet.
24
Habermas schätzt die Freizeit ähnlich wie Plessner als ein Kompensationsfeld
zur industrialisierten Arbeit ein. Er nimmt zusätzlich eine Untergliederung der
Kompensationsleistung der Freizeit in drei Teilaufgaben wahr.
25
Unter der
regenerativen Funktion versteht er die Wiederherstellung der physischen
Arbeitskraft. Allerdings prophezeit er dieser Funktion aufgrund der sich
24
Vgl. Tohfarn (1991), S. 3f.
25
Ebd.

19
zukünftig immer entlastenderen Arbeitsbedingungen eine sinkende Bedeutung
zu. Die zweite und dritte Funktion bezeichnet Habermas als suspensiv bzw.
kompensatorisch. Durch die Arbeit werden in der Freizeit Chancen zu selbst
bestimmter Tätigkeit und gewollter Anstrengung eingeräumt.
Zeitgenossen von Plessner und Habermas kritisierten die Ansätze mehr oder
weniger. Schlagenhauf betont, dass Habermas zwar mit seiner Freizeittypologie
brauchbare analytische Kategorien für einen empirischen Problemzugang
liefert, jedoch keine Aussage darüber trifft, welche Arbeitsbedingungen, ein
regeneratives, suspensives oder kompensatorisches Freizeitverhalten
hervorrufen.
26
Er unternimmt einen zweiten Versuch um die Kernaussagen der
Kompensationstheorie erneut zu formulieren. Die Überarbeitung der
Kompensationstheorie wird in folgendem Schema dargestellt:
Gesetzesannahmen:
Bestimmte Bedingungen der modernen
technisierten Arbeitswelt (Mechanisierung, Spezialisierung, Anonymität
usw.) führen zu physiologischen Defiziten, Entfremdung, Frustration
(diese zu Aggressionen). Die solchermaßen erlittenen Belastungen und
Versagungen suchen eine Kompensation. Diese wird im
Sportengagement gesucht.
Bedingungen:
Eine bestimmte Gruppe X von Menschen unterliegt
in besonderem Maße den Bedingungen der modernisierten Arbeitswelt.
Explanandum:
Die Menschen dieser Gruppe X zeigen ein
besonders hohes Sportengagement.
Da empirische Untersuchungen zur Bestätigung der so umformulierten
Kompensationstheorie erwartungswidrige Ergebnisse erbrachten suchten die
Forscher weiter nach alternativen Erklärungsansätzen.
Linde und Heinemann entwickelten neue Ansätze, nämlich die Selektions- und
die Emanzipationstheorie. Sie bauten diese Theorien auf die zwei folgenden
empirisch gut belegten Sachverhalte auf:
1. Der Zusammenhang zwischen sportlicher Aktivität und biographisch.
demographischer Variablen wie Alter, Wohnort, Mobilität, Familienstand
26
Ebd.

20
ect. ist statistisch in Form hochsignifikanter Korrelationsbeziehungen
gesichert."
2. Korrelationen zwischen beruflicher Tätigkeit und Freizeitaktivitäten sind
ebenfalls nachweisbar, jedoch insgesamt wesentlich schwächer
ausgeprägt. Im Trend wächst die Freizeitaktivität (auch die sportliche) mit
steigendem beruflichem Qualifikationsniveau. Daraus schließen Linde/
Heinemann, dass die Arbeitswelt kein so großes Diktat mehr über die
gesamte Lebenswelt- und Planung ausübt, wie unter vorindustriellen
Produktionsverhältnissen, sondern dass Freizeit vermehrt zu einem
wirklichen Freiraum zur Befriedigung subjektiver Bedürfnisse geworden
ist.
27
Diese zwei Annahmen werden von Linde und Heinemann im folgenden Zitat
wie folgt zusammengefasst:
,,Diese Differenzierung und Institutionalisierung des
Sportbetriebes zu einem (...) von wachsender Popularität
erscheint dann als ein Indikator dafür, dass die soziale
Eigendynamik des (..) Industriesystems in zunehmendem Maße
die zunächst von diesem (..) vitalen Antriebe sowie die
blockierten (..) Bedürfnisse und Interessen der arbeitenden
Menschen in zunehmenden Maße freisetzt und (...) sowohl
Raum gibt als auch Zeit und Mittel überlässt."
28
Die Sozialisationshypothese von Lüdtke ähnelt der Auffassung von Linde/
Heinemann sehr. Auch er geht von vorwiegend biographischen Determinanten
des Freizeitverhaltens aus, wenn es darum geht, den Zusammenhang von
Arbeit und Sport zu erklären.
Durch die Studien von Euler
29
über Arbeitskonflikte in Industriebetrieben wurden
die empirischen Untersuchungen von Linde und Heinemann bestätigt.
Hochsignifikant ausgeprägt war bei seiner Untersuchung der Zusammenhang
27
Vgl. Tohfarn W. K. (1991), S. 5
28
Tohfarn W. K. (1991), S. 5
29
Vgl. Tohfarn, K. W. (1991), S. 6

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2005
ISBN (eBook)
9783832491529
ISBN (Paperback)
9783838691527
DOI
10.3239/9783832491529
Dateigröße
1.3 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Universität Leipzig – Sportwissenschaftliche Fakultät, Sportpsychologie und Sportpädagogik
Erscheinungsdatum
2005 (Dezember)
Note
1,5
Schlagworte
betriebssport mitarbeiter gesundheitsmanagement humankapital
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