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Berufsunfähigkeit

Die Gegenüberstellung der staatlichen Leistungen mit denen einer privaten Berufsunfähigkeitsversicherung

©2005 Diplomarbeit 134 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
In der Einleitung wird auf die Motivation des Diplomarbeitsthemas und Wichtigkeit der Vorsorge für den Fall der Berufsunfähigkeit eingegangen. Es schließt sich die Herangehensweise an das Thema an. Für ein besseres Verständnis werden die Definitionen der Begriffe Erwerbsminderung und Berufsunfähigkeit sowie die Erläuterung des Versicherungsfalls betrachtet. Des Weiteren werden die häufigsten Ursachen für Berufsunfähigkeit dargelegt.
Seit einigen Jahren dominiert das Thema Vorsorge insbesondere im Bereich der Altersvorsorge die öffentliche Diskussion. Das ist darin begründet, dass sich der Staat immer mehr aus der Altersvorsorge zurückzieht. Mit dem heutigen System der drei Säulen ist die Rente langfristig nicht finanzierbar. Die Gründe dafür liegen zum einen in der veränderten Alterspyramide. D. h. aufgrund der hohen Arbeitslosigkeit und den Geburtenrückgängen gibt es immer weniger Beitragszahler im Vergleich zu den Rentenempfängern. Einhergehend damit, beeinflusst die steigende Lebenserwartung, die im gesundheitlichen Fortschritt begründet ist, dass System der gesetzlichen Rentenversicherung und deren langfristige Finanzierbarkeit. Zum anderen liegt diese Problematik im System selbst.
In den 80er Jahren des 20. Jahrhunderts gab es ca. zehn Beitragszahler pro Rentner. Dieses Verhältnis hat sich auf ca. 2 - 3 Beitragzahler pro Rentner verschlechtert. Dieses System des Umlageverfahrens kann nicht uneingeschränkt fortgeführt werden. Es kann jedoch nicht so ohne weiteres reformiert werden. Für Reformen stehen dem Gesetzgeber folgende Möglichkeiten zur Verfügung: das Renteneintrittsalter, der Beitragssatz und die Rentenanpassungen. Darüber hinaus überträgt der Staat die Verantwortung der privaten Absicherung auf die Bürger. Das Ziel dieser Verlagerung der Altersvorsorge vom Staat auf die Bürger ist die Entlastung der ersten Säule und gleichzeitig die Stärkung der zweiten und dritten Säule der Altersvorsorge.
In der Diskussion um die Absicherung im Alter bzw. der allgemeinen Vorsorge wird die Absicherung der Arbeitskraft zum Teil unzureichende Bedeutung beigemessen. Denn kann man seinen Beruf nicht mehr ausüben, reicht das Geld meist auch nicht für die private Altersvorsorge. Die Vorsorge für den Fall der Berufsunfähigkeit ist deshalb wichtig, weil der Staat seine Leistungen reduziert. Die Absicherung für den Fall der Berufsunfähigkeit wird dennoch oft unterbewertet bzw. unterschätzt. Das betrifft insbesondere den […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Inhaltsverzeichnis

Kapitel Bezeichnung

Abkürzungsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

1 Einleitung
1.1 Herangehensweise an das Thema
1.2 Erläuterung der Begriffe Erwerbsminderung, Berufs- unfähigkeit und Versicherungsfall
1.2.1 Staatliche Definition der Erwerbsminderung
1.2.2 Definition der Berufsunfähigkeit bei privaten Versicherungs- unternehmen
1.2.3 Die Definition des Leistungsfalls
1.3 Ursachen für Berufsunfähigkeit

2 Die staatlichen Leistungen bei Berufsunfähigkeit
2.1 Die Entwicklung der Renten wegen Berufsunfähigkeit, Erwerbsunfähigkeit und geminderter Erwerbsfähigkeit
2.2 Anspruchsvoraussetzungen für die Rente
2.3 Von der Antragstellung bis zum Wegfall der Voraus- setzungen
2.3.1 Die Antragstellung und der Rentenbescheid
2.3.2 Die Berechnung der Rente wegen Erwerbsminderung
2.3.3 Die Hinzuverdienstmöglichkeiten
2.3.3.1 Rentenschädliche Einkommensarten
2.3.3.2 Berechnung der Hinzuverdienstgrenzen
2.3.3.3 Möglichkeiten des Überschreitens der Hinzuverdienstgrenzen
2.3.4 Wegfall der Rentenvoraussetzungen
2.4 Lücken der staatlichen Erwerbsminderungsrente

3 Die private Berufsunfähigkeitsversicherung
3.1 Die Entstehung der Berufsunfähigkeitsversicherung im Privatversicherungsrecht
3.2 Die Antragstellung
3.2.1 Der erste Schritt: Persönliche Merkmale erkennen
3.2.2 Der zweite Schritt: Die optimale Gestaltung des Vertrags
3.2.3 Der dritte Schritt: Versicherungsbedingungen prüfen
3.3 Die Risikoprüfung
3.4 Der Leistungsfall
3.4.1 Der Begriff
3.4.2 Die Verweisung
3.4.3 Die Feststellung der Berufsunfähigkeit

4 Die Gegenüberstellung der Leistungen bei Berufsunfähigkeit

5 Fazit

Anhang

Anhangverzeichnis

Quellenverzeichnis

Ehrenwörtliche Erklärung

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1 Das vorhandene Leistungsvermögen und die zugehörige Erwerbsminderungsrente

Abbildung 2 Die Zusammenhänge von Versicherungsverhältnis, Versicherungsfall und Leistungsanspruch

Abbildung 3 Häufige Ursachen für Berufsunfähigkeit

Abbildung 4 Rentenzugang nach Diagnosegruppen 2002

Abbildung 5 Formel zur Berechnung der Rente

Abbildung 6 Allgemeine Hinzuverdienstgrenzen

Abbildung 7 Formel zur Berechnung der individuellen Hinzuverdienst- grenze

Abbildung 8 Rentenhöhen und Hinzuverdienstfaktoren

Abbildung 9 Schritt für Schritt zum Versicherungsvertrag

Abbildung 10 Die zeitlichen Komponenten der Berufsunfähigkeit

Abbildung 11 Die Verweisung

Abbildung 12 Abstrakte und konkrete Verweisung

Abbildung 13 Die Entscheidung über Berufsunfähigkeit

Abbildung 14 Dauer der Befristung bei der Rente aus medizinischen Gründen und Arbeitsmarktbedingten Renten

Abbildung 15 Häufige Ursachen für den Ausstieg aus dem Berufsleben bei Frauen und Männern

Abbildung 16 Interviewfragen an Herrn Fenske, Mitarbeiter der BfA/LVA

Abbildung 17 Beispiel einer Rentenberechnung

Abbildung 18 Beispiele für individuelle Hinzuverdienstgrenzen

Abbildung 19 Checkliste: Optimale Vertragsgestaltung

Abbildung 20 Weitere wichtige Versicherungsbedingungen

Abbildung 21 Checkliste von STIFTUNG WARENTEST

Abbildung 22 Risikoarten

Abbildung 23 Fragen an die Versicherungsgesellschaften

Abbildung 24 Liste der Versicherungsunternehmen, die Informationen bereitgestellt haben

Abbildung 25 Musterfragebogen bei Magen-, Darm- und Speiseröhren- erkrankungen der HanseMerkur Versicherungsgruppe

Abbildung 26 Musterfragebogen bei Nervenleiden der Gerling G&A Versicherungs-AG

Abbildung 27 Musterfragebogen bei Diabetes der Volkswohl Bund Versicherungen

Abbildung 28 Musterfragebogen bei Allergie/Hauterkrankung der HUK- Coburg Versicherung AG

Abbildung 29 Musterfragebogen bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen der Alte Leipziger Lebensversicherung a. G.

Abbildung 30 Musterfragebogen bei Erkrankungen der Wirbelsäule/ Gelenke der DEVK Versicherung

Abbildung 31 Musterfragebogen bei Unfallleiden der Standard Life Versicherung

Abbildung 32 Musterfragebogen bei Rheumatismus Concordia Versicherungsgruppe

Abbildung 33 Der Beruf

Abbildung 34 Merkmale eines Berufes

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1 Übersicht der Rentenarten je Versicherungsfall

Tabelle 2 Anspruchsvoraussetzungen für die Rente

Tabelle 3 Zuständigkeit des Rentenantrages

Tabelle 4 Beispiele für Versorgungslücken

Tabelle 5 Beispiele für unterschiedliche Berufsgruppen

1 Einleitung

In der Einleitung wird auf die Motivation des Diplomarbeitsthemas und Wichtigkeit der Vorsorge für den Fall der Berufsunfähigkeit eingegangen. Es schließt sich die Heran-gehensweise an das Thema an. Für ein besseres Verständnis werden die Definitionen der Begriffe Erwerbsminderung und Berufsunfähigkeit sowie die Erläuterung des Versi-cherungsfalls betrachtet. Des Weiteren werden die häufigsten Ursachen für Berufsun-fähigkeit dargelegt.

Seit einigen Jahren dominiert das Thema Vorsorge insbesondere im Bereich der Alters-vorsorge die öffentliche Diskussion. Das ist darin begründet, dass sich der Staat immer mehr aus der Altersvorsorge zurückzieht. Mit dem heutigen System der drei Säulen[1] ist die Rente langfristig nicht finanzierbar. Die Gründe dafür liegen zum einen in der ver-änderten Alterspyramide. D. h. aufgrund der hohen Arbeitslosigkeit und den Geburten-rückgängen gibt es immer weniger Beitragszahler im Vergleich zu den Rentenem-pfängern. Einhergehend damit, beeinflusst die steigende Lebenserwartung, die im ge-sundheitlichen Fortschritt begründet ist, dass System der gesetzlichen Rentenversiche-rung und deren langfristige Finanzierbarkeit. Zum anderen liegt diese Problematik im System selbst. In den 80er Jahren des 20. Jahrhunderts gab es ca. zehn Beitragszahler pro Rentner. Dieses Verhältnis hat sich auf ca. 2 - 3 Beitragzahler pro Rentner ver-schlechtert. Dieses System des Umlageverfahrens kann nicht uneingeschränkt fortge-führt werden. Es kann jedoch nicht so ohne weiteres reformiert werden. Für Reformen stehen dem Gesetzgeber folgende Möglichkeiten zur Verfügung: das Renteneintritts-alter[2], der Beitragssatz[3] und die Rentenanpassungen[4]. Darüber hinaus überträgt der Staat die Verantwortung der privaten Absicherung auf die Bürger. Das Ziel dieser Verlage-rung der Altersvorsorge vom Staat auf die Bürger ist die Entlastung der ersten Säule und gleichzeitig die Stärkung der zweiten und dritten Säule der Altersvorsorge (vgl. Vortrag, Frau Mahel, vom 19.04.2005).

In der Diskussion um die Absicherung im Alter bzw. der allgemeinen Vorsorge wird die Absicherung der Arbeitskraft zum Teil unzureichende Bedeutung beigemessen. Denn kann man seinen Beruf nicht mehr ausüben, reicht das Geld meist auch nicht für die private Altersvorsorge. Die Vorsorge für den Fall der Berufsunfähigkeit ist deshalb wichtig, weil der Staat seine Leistungen reduziert. Die Absicherung für den Fall der Be-rufsunfähigkeit wird dennoch oft unterbewertet bzw. unterschätzt. Das betrifft insbeson-dere den Personenkreis, der nach 1960 Geborenen. Diese Gruppe erhält im Falle einer Berufsunfähigkeit nur die reduzierte staatliche Erwerbsminderungsrente. Abgesehen von gesundheitlichen Einschränkungen verringert sich einerseits das Einkommen und andererseits ist der Verlust der persönlichen Arbeitskraft mit finanziellen Einbußen verbunden. Das hat Auswirkungen auf den bisherigen Lebensstandard und somit auf das weitere Leben (vgl. Geuking, 1998, S. 1 f.).

1.1 Herangehensweise an das Thema

Im zweiten Kapitel dieser Arbeit erfolgt eine Erläuterung der staatlichen Leistungen bei Berufsunfähigkeit, Erwerbsunfähigkeit und Erwerbsminderung sowie der Lücken im staatlichen System. Zu Beginn wird die Entstehung der Renten wegen BU und EU sowie die Einführung des Begriffs EM betrachtet. Es werden die Anspruchsvorausset-zungen für eine Rente dargelegt. Im Mittelpunkt des Kapitels stehen die Schritte von der Antragstellung bis zum Wegfall der Voraussetzungen. Dabei werden die einzelnen Punkte chronologisch behandelt: Antragstellung, Berechnung der Rente, Hinzuver-dienstgrenzen und Wegfall der Rente. Abschließend werden die Lücken der staatlichen EMR erläutert.

Das dritte Kapitel bildet den Schwerpunkt der Arbeit und beginnt zunächst mit der Ent-wicklung der privaten BU-Versicherung. Kernpunkte des Kapitels sind die Antrag-stellung, die Risikoprüfung und der Leistungsfall. Sie sind von Bedeutung, wenn die staatlichen Lücken mittels einer privaten BU-Versicherung geschlossen werden können. Daher wird betrachtet, welche Aspekte bei einem Vertragsabschluss für eine private BU-Versicherung zu beachten sind. Denn die vereinbarten Vertragsbedingungen lassen sich nachträglich nicht ändern und haben somit Auswirkungen auf einen Leistungsfall. Es werden die folgenden Fragen beantwortet.

1. Welche Informationen benötigt man vor der Antragstellung?
2. Welchen Einfluss haben mögliche Vorerkrankungen auf den Vertragsabschluss?
3. Was ist im Leistungsfall zu beachten?

Eine Gegenüberstellung der staatlichen Leistungen mit denen der privaten BU-Versi-cherung erfolgt im vierten Kapitel. Dabei werden die wichtigsten Punkte wie z. B. Sinn und Zweck der Leistungen bei BU, Rentenhöhe und Leistungsfall betrachtet. In diesem Zusammenhang wird ebenso geklärt, ob die private BU-Versicherung die staatlichen Lücken schließen kann, und welche Alternativen es zu ihr gibt.

Die Arbeit endet mit einem Fazit, dass die wichtigsten Erkenntnisse der Arbeit und einen Ausblick in die Zukunft enthält.

Die verwendete Literatur stammt hauptsächlich aus dem Jahr 2001 und später, denn zum 01.01.2001 wurde die Gesetzesreform der Erwerbsminderungsrenten eingeführt. Darüber hinaus wird darauf hingewiesen, dass es keine Literatur zur praktischen Umsetzung der Risikoprüfung gibt. Deshalb wurde an eine Vielzahl der deutschen Versicherungsunternehmen eine Anfrage gestellt.

Die Arbeit behandelt hauptsächlich Fragen eines Arbeitnehmers zum Thema Berufs-unfähigkeit.[5] Weiterhin wird der Begriff BU-Versicherung als Synonym für alle unterschiedlichen Arten der BU-Versicherungen benutzt. Die Begriffe versicherte Person und Versicherungsnehmer[6] werden in dieser Arbeit parallel verwendet, die unterschiedlichen Vertragspflichten werden dabei außer Acht gelassen.

1.2 Erläuterung der Begriffe, Erwerbsminderung, Berufsunfähig-keit und Versicherungsfall

In der gesetzlichen Rentenversicherung und bei den privaten Versicherungsunterneh-men wird der Begriff BU unterschiedlich definiert. Versicherungsnehmer gehen davon aus, Anspruch auf Leistungen aus einer privaten BU-Versicherung zu haben, wenn der gesetzliche Rentenversicherungsträger den Eintritt der BU feststellt. Diese Auffassung ist aufgrund der unterschiedlichen Definition falsch (vgl. Wussow, 2001, S. 117).

Nachfolgend werden die unterschiedlichen Definitionen des Gesetzgebers und der pri-vaten Versicherungsunternehmen vorgestellt. Im Anschluss an die Definitionen wird erläutert, was ein Versicherungsfall ist.

1.2.1 Staatliche Definition der Erwerbsminderung

Der Gesetzgeber hat im Sechsten Buch des Sozialgesetzbuches die Definition der EM verankert. Die bis 31.12.2000 gültigen Termini der Berufs- und Erwerbsunfähigkeit wurden durch den Begriff der EM ersetzt. Demzufolge ist die EM gekennzeichnet durch ein festgelegtes Leistungsvermögen des Versicherten (vgl. Stichnoth/Wiechmann, 2001, S. 54). Hierzu regelt der § 43 SGB VI, wer Anspruch auf eine EMR hat. Der Gesetz-geber unterscheidet dabei in zwei Kategorien der EM.

„Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allge-meinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. ... Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Ar-beitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein.“ (BfA, 2004, S. 178)

Die Abbildung 1 stellt die Aufteilung des Leistungsvermögens graphisch dar.

Der Gesetzgeber hat eine Ausschlussklausel in den Paragraphen 43 SBG VI eingefügt. Demnach gilt ein Versicherter als nicht erwerbsgemindert, wenn er „unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich er-werbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.“ (BfA, 2004, S. 178)

Abbildung 1: Das vorhandene Leistungsvermögen und die zugehörige Erwerbs-minderungsrente

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

(Quelle: Vortrag, Herr Fenske, 16.03.2005.)

Diese Definition zeigt, dass der Gesetzgeber die EM nur vom Grad der noch möglichen Erwerbstätigkeit abhängig macht. Der erreichte berufliche und soziale Stand sowie die Arbeitsmarktlage werden dabei nicht berücksichtigt[7]. Der neue Begriff der EM ist dem bisherigen Rechtsbegriff der EU (§ 44 SGB VI bis zum 31.12.2000 geltenden Fassung) nachgebildet. So ist gewährleistet, dass die in der Rechtswissenschaft und Rechtspre-chung entwickelten Grundsätze zur EU auf die neue Rente wegen EM übertragen werden können (vgl. Stichnoth/Wiechmann, 2001, S. 54).

Eine Ausnahme der Verschmelzung der Termini der BU und EU stellt der Spezialfall der Berufsunfähigkeit im § 240 SGB VI dar (vgl. Stichnoth/Wiechmann, 2001, S. 54).

„(1) Anspruch auf Rente wegen teilweiser EM haben bei Erfüllung der sonstigen Vor-aussetzungen bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres auch Versicherte, die 1. vor dem 2. Januar 1961 geboren und 2. berufsunfähig sind.

(2) Berufsunfähig sind Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Be-hinderung im Vergleich zur Erwerbstätigkeit von körperlich, geistig und seelisch ge-sunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fä-higkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anfor-derungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Zumutbar ist stets eine Tätigkeit, für die die Versicherten durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben mit Erfolg ausgebildet oder umgeschult worden sind. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die je-weilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.“ (BfA, 2004, S. 284)

1.2.2 Definition der Berufsunfähigkeit bei privaten Versicherungsunter-nehmen

Private Versicherungsunternehmen definieren in der Regel im zweiten Paragraphen ihrer Versicherungsbedingungen[8], was sie unter BU verstehen. Der Paragraph ist mit „Was ist BU im Sinne dieser Bedingungen?“ (Tarifbestimmungen Alte Leipziger LV[9] ) überschrieben. Danach ist eine versicherte Person vollständig berufsunfähig, wenn sie aufgrund von Krankheit, Körperverletzung oder Kräfteverfalls den zuletzt ausgeübten Beruf nicht mehr ausüben kann. Die Erkrankung muss mindestens sechs Monate un-unterbrochen andauern und ärztlich nachgewiesen werden (vgl. Versicherungsbedin-gungen Alte Leipziger LV; Volksfürsorge Versicherungsgruppe; Volkswohl Bund LV; AachenMünchener LV).

Dieser Paragraph regelt darüber hinaus, was private Versicherungsgesellschaften nicht unter BU verstehen. Folglich liegt keine BU vor, sobald ein Versicherter eine andere Tätigkeit korrekt ausübt, die seiner Ausbildung, Erfahrung und seiner bisherigen Le-bensstellung im Bezug auf Vergütung und sozialer Wertschätzung entspricht. Bei Selb-ständigen liegt dagegen keine BU vor, wenn sie ihren Betrieb ohne erheblichen Kapital-einsatz umorganisieren können und die Stelle immer noch für einen Betriebsinhaber angemessen ist (vgl. Versicherungsbedingungen Alte Leipziger LV; Volksfürsorge Ver-sicherungsgruppe; AachenMünchener LV; Volkswohl Bund LV).

Neben der oben genannten vollständigen BU gibt es die teilweise BU. Sie liegt vor, wenn die versicherte Person nur zu einem bestimmten Grad erkrankt ist. Die übrigen Bedingungen der vollständigen BU müssen dennoch vom Versicherten erfüllt werden (vgl. Versicherungsbedingungen Alte Leipziger LV; Volksfürsorge Versicherungs-gruppe; Volkswohl Bund LV; AachenMünchener LV).

1.2.3 Die Definition des Versicherungsfalles

Ein bestimmtes Ereignis oder mehrere Ereignisse bilden einen Versicherungsfall, wenn die Versicherung Schutz gegen diese bestimmten Ereignisse gewähren soll. Das be-deutet, dass bestimmte Leistungsvoraussetzungen erfüllt sein müssen, um einen Leis-tungsanspruch zu erheben (vgl. Rohrlach/Krüger, 1980, S. 10). Die nachfolgende Abbil-dung verdeutlicht diesen Zusammenhang.

Abbildung 2: Die Zusammenhänge von Versicherungsverhältnis, Versicherungsfall und Leistungsanspruch

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

(Quelle: Nach Rohrlach/Krüger, 1980, S. 10.)

Das Versicherungsverhältnis wird durch die Beitrags- bzw. Ersatzzeiten[10] aufrecht-erhalten. Tritt ein Versicherungsfall ein, müssen festgelegte Voraussetzungen für den Leistungsanspruch erfüllt sein. Sie sind bei der gesetzlichen Rentenversicherung im Sechsten Buch des Sozialgesetzes oder den Versicherungsbedingungen bei den privaten Versicherungsunternehmen verankert. Ein Leistungsanspruch besteht bei Erfüllung aller Voraussetzungen. Sobald sie nicht mehr erfüllt sind, entfällt auch der Leistungsan-spruch. Danach wird das Versicherungsverhältnis fortgeführt. D. h. es erfolgen wieder Beitrag- bzw. Ersatzzeiten für das Versicherungsverhältnis bis zum Eintritt eines neuen Versicherungsfalls.

1.3 Ursachen für Berufsunfähigkeit

Jeder vierte bis fünfte Arbeitnehmer wird aufgrund von Krankheit oder Unfall pro Jahr vor dem regulären Rentenalter berufsunfähig. Der Anteil der vor dem 40. Lebensjahr berufsunfähig gewordenen Versicherten liegt bei über 10 Prozent.[11]

Abbildung 3: Häufige Ursachen für Berufsunfähigkeit

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

(Quelle: Eigene Darstellung basierend auf o. V., 2004, S. 29.)

Die Abbildung 3 zeigt die Vielschichtigkeit der Ursachen für die BU. Die psychischen Erkrankungen sind mit 31 % eine der häufigsten Ursachen für BU. Das Auffallende daran ist, dass die psychisch Erkrankten im Durchschnitt bereits mit 48 Jahren berufsun-fähig werden. Bei anderen häufigen Erkrankungen tritt die BU erst später auf.[12] Zirka ¾ aller Ursachen für BU sind (neben den psychischen Erkrankungen) auf Erkrankungen des Bewegungsapparates (20 %), Krebserkrankungen (15 %) und Herz/Kreislaufer-krankungen (11,5 %) zurückzuführen. Diese Reihenfolge bleibt auch bei einer nach dem Geschlecht getrennten Betrachtung weitgehend erhalten(vgl. o. V., 2004, S. 13, 29).[13]

2 Die staatlichen Leistungen bei Berufsunfähigkeit

Die gesetzliche Rentenversicherung gehört zur Gruppe der Sozialversicherungen. Sie umfasst neben der Altersrente ebenfalls die Rente wegen teilweiser und voller EM. Seit ihrer Einführung vor über 100 Jahren hat sie sich grundlegend verändert. Am Anfang diente die gesetzliche Rentenversicherung als Zuschuss zum allgemeinen Lebensbedarf. In der heutigen Zeit hat sie die Aufgabe, den Lebensstandard zu sichern. Die Literatur rechtfertigt diese Wandlung damit, dass die Rente das versicherte Arbeitsentgelt und Rentenanpassungen berücksichtigt. Dadurch soll sichergestellt werden, dass der einmal erreichte Lebensstandard dauerhaft aufrechterhalten werden kann (vgl. Klein/Becker, o. J., S. 84).

Der Aufbau der gesetzlichen Rentenversicherung orientiert sich an dem Prinzip der Solidargemeinschaft. Daraus folgt, dass den Mitgliedern einer Versicherung für bestimmte Versicherungsfälle Leistungen aus der Versicherung zustehen. Diese Versi-cherungsfälle werden durch die laufenden Beiträge der Versicherungsmitglieder ge-deckt. Die privaten Versicherungsunternehmen arbeiten ebenfalls nach diesem Prinzip (vgl. Rohrlach/Krüger, 1980, S. 9).

Im Sechsten Buch des Sozialgesetzbuches sind die Voraussetzungen und Leistungen der dort geregelten Renten definiert (vgl. Klein/Becker, o. J., S. 85).

Jeder Versicherungsfall in der gesetzlichen Rentenversicherung zieht eine andere Ren-tenart nach sich. Die Tabelle 1 zeigt, dass nach dem bis 31.12.2000 gültigen Recht jedem Versicherungsfall eine Rentenart zugeordnet werden kann. Diese eindeutige Zu-ordnung ist mit dem seit 01.01.2001 gültigem Recht nicht mehr möglich. Es muss zunächst die Leistungsfähigkeit des Versicherten beurteilt werden, damit im Anschluss die Rentenart bestimmt werden kann. Anspruch auf eine Rente haben Person, die in der gesetzlichen Rentenversicherung versichert sind. Demzufolge sind alle Personen im Rahmen einer Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt oder einer Berufsausbildung gesetz-lich rentenversichert. Nicht pflichtversicherte Personen können freiwillig Beiträge[14] in die GRV einzahlen (vgl. Klein/Becker, o. J., S. 85).

Tabelle 1: Übersicht der Rentenarten je Versicherungsfall

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

(Quelle: In Anlehnung an Rohrlach/Krüger, 1980, S. 10.)

In diesem Kapitel wird die geschichtliche Entwicklung der Renten bei BU und EU sowie die Einführung der Rente wegen EM dargestellt. Danach werden die Anspruchs-voraussetzungen für die Rente vorgestellt. Im Anschluss daran wird der Weg von der Antragstellung bis zum Wegfall der Rente betrachtet. Dabei wird die Berechnung der Rente und die Hinzuverdienstmöglichkeiten erläutert. Abschließend werden die staat-lichen Lücken untersucht.

2.1 Die Entwicklung der Renten wegen Berufsunfähigkeit, Erwerbsunfähigkeit und geminderter Erwerbsfähigkeit

Die Entwicklung der gesetzlichen Rentenversicherung ist geprägt von einer ständigen Anpassung an gesellschaftliche Veränderungen. Dadurch vollzogen sich eine Vielzahl von Erweiterungen in der gesetzlichen Rentenversicherung. Die Rentenversicherung für Arbeiter besteht seit 01.01.1891 bzw. die Rentenversicherung für Angestellte seit 01.01.1913. Die Rentenarten und Leistungen wurden in gesetzlichen Vorschriften verankert (vgl. Rohrlach/Krüger, 1980, S. 11).

Nachfolgend werden die wichtigsten Etappen der gesetzlichen Rentenversicherung in Bezug auf die BUR, EUR und EMR seit dem Bestehen der Bundesrepublik Deutschland dargestellt.

In der GRV gab es bis 1956 das Ruhegeld bei BU für Angestellte und die Rente wegen Invalidität für Arbeiter. Diese Leistungen stimmten insoweit überein, da die Versi-cherten auf zumutbare Arbeiten und im Rahmen ihrer Arbeitsfähigkeit vermittelt wer-den konnten. Eine Unterscheidung gab es bei der Auslegung der zumutbaren Tätig-keiten. Die zumutbaren Tätigkeiten der Angestellten bezogen sich auf die entsprechende Berufsgruppe. Im Gegensatz dazu wurden Versicherte der Rentenversicherung für Ar-beiter auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vermittelt. Das bedeutete, sie wurden auf be-rufsfremde Arbeiten verwiesen. Zum 01.01.1957 trat eine einheitliche Rente wegen BU für beide Versicherungsbereiche in Kraft. Das Angestellten- und Arbeiterrentenversi-cherungsneuregelungsgesetz wurde notwendig, weil es keinen Grund mehr für diese Unterscheidung gab. Im Rahmen dieses Neuregelungsgesetzes wurde eine neue Ren-tenart eingeführt. Die Rente wegen Erwerbsunfähigkeit hatte bis zu diesem Zeitpunkt in den gesetzlichen Regelungen der Rentenversicherung für Angestellte wie Arbeiter kein Vorbild. Damit stufte der Gesetzgeber die unterschiedlichen Beeinträchtigungen ab. Aus dieser Unterscheidung der Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit folgte ein unterschiedlicher Versicherungsschutz (vgl. Rohrlach/Krüger, 1980, S. 11-14).

Ein berufsunfähiger Versicherter besitzt noch ein gewisses Restleistungsvermögen, dass er in einer beruflichen Tätigkeit umsetzen soll, um damit Einkünfte zu erzielen. Somit dient die Rente wegen BU dem finanziellen Ersatz der Einkommensteile, die der Versi-cherte aufgrund der BU nicht mehr erwirtschaften kann. Ein erwerbsunfähiger Versi-cherter besitzt ein kaum wahrnehmbares Restleistungsvermögen. Deshalb kann von ihm nicht erwartet werden, dass er seinen Lebensunterhalt durch eine Berufstätigkeit bestrei-tet (vgl. Rohrlach/Krüger, 1980, S. 14).

Das Gesetz wurde 1972 im Zuge einer Rentenreform um einen Satz ergänzt. Dieser be-zieht sich auf selbständige Personen. Er besagt, dass ein Versicherter nicht erwerbsun-fähig ist, wenn er seine selbständige Tätigkeit weiterhin ausübt. Hintergrund dafür ist, dass selbständige Personen bei Einschränkungen der körperlichen und seelischen Leis-tungsfähigkeit weiterhin als erwerbstätig gelten, wenn sie Einkommen erzielen können. Aus diesem Grund legte der Gesetzgeber das Nichtausüben der selbständigen Tätigkeit zur Voraussetzung der EU fest (vgl. Rohrlach/Krüger, 1980, S. 14).

Eine weitreichende Reform der Renten wegen BU und EU wurde 1997 im Rahmen zur Reform der gesetzlichen Rentenversicherung vorbereitet. Ein Ziel war es, die Kosten für die Renten, die ausschließlich wegen dem verschlossenen Arbeitsmarkt gezahlt wurden, sachgerecht und sozial zwischen der Arbeitslosen- und Rentenversicherung zu verteilen. Dabei hatte die Abgrenzung des Risikos ausgewogen zu erfolgen. Die Umsetzung fand wie folgt statt: Die Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit ist nur aufgrund des beeinträchtigten Gesundheitszustandes des Versicherten zu leisten. Der Arbeitsmarkt sollte nicht in die Betrachtung einbezogen werden (vgl. Wollschläger, 2001, S. 276).

Diese Rentenreform wurde 1998 von der neugewählten Bundesregierung mit Ziel ausgesetzt, um sozial gerechtere Regelungen zu erarbeiten. Die bisher letzte Reform (Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit) wurde Ende 2000 vom Gesetzgeber be-schlossen und trat zum 01.01.2001 in Kraft. Dadurch erfolgte eine Ablösung des bis-herigen Systems der Renten wegen BU und EU[15], hin zu einer zweistufigen EMR. Die neue Rente wird bei Vorliegen teilweiser oder voller EM geleistet. Für Personen die vor dem 02.01.1961 geboren wurden, fügte der Gesetzgeber den § 240 SGB VI zum Ver-trauensschutz ein. Dieser Paragraph regelt die Absicherung bei BU für diese Personen-gruppe. Von der Gesetzesänderung nicht betroffen sind Personen, die bereits am 31.12.2000 Anspruch auf eine Berufs- oder Erwerbsunfähigkeitsrente besaßen. Das gilt solange, wie die Voraussetzungen für die Rentenbewilligung erfüllt sind. Die Gesetzes-änderung verfolgt im Wesentlichen vier Ziele. 1. Die Abschaffung der Bevorzugung der Gebildeten im Gegensatz zu den Angelernten Versicherten. Im neuen System gilt der Grundsatz der Gleichbehandlung: das Restleistungsvermögen bestimmt die Rentenart. Dabei trägt die gesetzliche Rentenversicherung neben dem Invaliditätsrisiko das Ar-beitsmarktrisiko. 2. Das Arbeitsmarktrisiko soll sachlich zwischen Renten- und Arbeits-losenversicherung verteilt werden. Das soll sicherstellen, dass die GRV nicht allein die finanziellen Lasten zu tragen hat, wenn ein Berufsunfähiger nicht auf eine Teilzeitstelle vermittelt werden konnte. Das gewährleisten Erstattungsleistungen von der Bundesan-stalt für Arbeit an die Rentenversicherung. 3. Der Grundsatz „Rehabilitation vor Rente“ soll weiter gestärkt werden, indem Versicherte mit eingeschränkter Erwerbsfähigkeit in medizinische und berufsorientierende Maßnahmen vermittelt werden. Damit soll die Wiedereingliederung ins Erwerbsleben ermöglicht werden. 4. Der Gesetzgeber erwartet durch die Einführung der Reform eine wesentliche Kostensenkung[16] und damit eine Verringerung der EMR-Anträge ebenso der Rentenbeträge (vgl. Stichnoth/Wiechmann, 2001, S. 53 f.; vgl. Schmalisch, 2001, S. 45; vgl. Wollschläger, 2001, S. 276).

2.2 Anspruchsvoraussetzungen für die Rente

Anspruch auf eine Rente kann ein Versicherter erheben, wenn er alle gesetzlichen Er-fordernisse bis zu diesem Zeitpunkt erfüllt. Dabei sind persönliche, versicherungs-rechtliche und medizinische Voraussetzungen zu unterscheiden. Die persönlichen Vor-aussetzungen sind erfüllt, wenn der Versicherte das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet hat und eine BU, EU oder EM vorliegt (vgl. Vortrag, Herr Fenske, vom 16.03.2005).

Bei den medizinischen Voraussetzungen handelt es sich um chronische Erkrankungen oder Folgen eines Unfalls. Dabei wird davon ausgegangen, dass die Leistungsfähigkeit auf nicht absehbare Zeit eingeschränkt ist. Darunter wird mindestens ein Zeitraum von sechs Monaten verstanden. Aus diesen Erkrankungen folgt das Vorliegen der BU, der EU bzw. der EM. Deshalb beeinflussen die medizinischen gleichzeitig die persönlichen Voraussetzungen (vgl. Informationsmaterial 3 LVA, 2004, S. 9; vgl. Stichnoth/ Wiechmann, 2001, S. 55).

Die Abbildung 4 zeigt die häufigsten Ursachen bzw. Erkrankungen, die bei der seit 01.01.2001 geltenden EMR aufgetreten sind. Es ist zu erkennen, dass die Erkrankungen des Skeletts und psychische Erkrankungen den größten Anteil bilden. Das sind annä-hernd die gleichen Anteile wie bei den Ursachen für Berufsunfähigkeit[17].

Abbildung 4: Rentenzugang nach Diagnosegruppen 2002

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

(Quelle: Nach Informationsmaterial 3 LVA, 2004, S. 9.)

Die nachfolgende Tabelle 2 enthält eine Zusammenfassung der persönlichen und versi-cherungsrechtlichen Voraussetzungen für eine Rente. Dabei werden die fünf unter-schiedlichen Rentenarten parallel betrachtet. Aufgrund von geringen Unterschieden bei den Voraussetzungen werden die Definitionen der einzelnen Rentenarten in den Erläuterungen zur Verdeutlichung mit aufgeführt.

Die wichtigsten versicherungsrechtlichen Anspruchsvoraussetzungen, wie in Tabelle 2 dargestellt, sind für die fünf Rentenarten weitgehend identisch. Die Prüfung der Voraus-setzungen beginnt mit den Versicherungszeiten. Dabei müssen vor der Beeinträchtigung innerhalb der letzten fünf Jahre mindestens drei Jahre Pflichtbeiträge gezahlt worden sein. Verfügt ein Versicherter nicht über diese Mindestpflichtbeitragszeiten, verlängert sich der Fünf-Jahreszeitraum um weitere Zeiten (z. B. Berücksichtigungszeiten, Anrech-nungszeiten). Im Anschluss erfolgt die Prüfung der Wartezeit. Dabei wird unter-schieden, ob die allgemeine Wartezeit von fünf Jahren erfüllt ist oder die Wartezeit vorzeitig erfüllt wurde. Verfügt ein Versicherter über weniger als fünf Beitragsjahre, wird die vorzeitige Wartezeiterfüllung geprüft. Sie gilt für folgende Fälle.

Erstens: Es handelt sich um einen Pflichtversicherten, der einen Arbeitsunfall bzw. eine Berufskrankheit erlitten hat. Zweitens: Es handelt sich um eine Wehrdienst- oder Zivil-dienstbeschädigung. Dann muss nur ein Pflichtbeitrag in die GRV gezahlt worden sein. Drittens: Die EM tritt bis zu 6 Jahre nach dem Ausbildungsende ein. In diesem Fall müssen Pflichtbeiträge von zwei Jahren vorhanden sein (vgl. Vortrag, Herr Fenske, vom 16.03.2005; vgl. Buechner, 2001, S. 560 f.).

Tabelle 2: Anspruchsvoraussetzungen für die Rente

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

(Quelle: Eigene Darstellung,www.bfa.de/nn_11654/de/Navigation/Themen/Rente/Rente__wegen__EM__node,naviExpand=de.html__nnn=true vom 09.05.2005; Buechner, 2001, S. 560 f.)

Erläuterungen zur Tabelle:

1 Im Recht, dass bis 31.12.2000 gültig war, wurde BU wie folgt definiert. Versicherte, die aus gesund-heitlichen Gründen ihren oder einen anderen Beruf weniger als die Hälfte leisten können, im Ver-gleich zu gesunden Berufstätigen, sind berufsunfähig (vgl. www.bfa.de/nn_9166/de/Navigation/ Themen/Rente/Rente_20wegen_20EM/BU-Rente__node.html__nnn=true, vom 09.05.2005).

2 Im Recht, dass bis 31.12.2000 gültig war, wurde EU wie folgt definiert. Kann ein Versicherter aus gesundheitlichen Gründen seine regelmäßige Erwerbstätigkeit nicht mehr ausüben, so ist er erwerbs-unfähig. Kann eine versicherte Person noch eine selbständige Arbeit ausüben, zählt er nicht als er-werbsunfähig (vgl. www.bfa.de/nn_9166/de/Navigation/Themen/Rente/Rente_20wegen_20EM/EU-Rente__node.html__nnn=true, vom 09.05.2005).

3 Im gültigen Recht seit 01.01.2001 gilt ein Versicherter als teilweise erwerbsgemindert, wenn er aus gesundheitlichen Gründen nur zwischen drei und sechs Stunden täglich auf den allgemeinen Arbeits-markt tätig sein kann (vgl. www.bfa.de/nn_9166/de/Navigation/Themen/Rente/Rente_20wegen_20 EM/Rente__teilweiser__EM__node.html__nnn=true, vom 09.05.2005).

4 Ein Versicherter, der aus gesundheitlichen Gründen weniger als sechs Stunden täglich seinem oder einen anderen zumutbaren Beruf nachgehen kann, ist berufsunfähig. Das Leistungsvermögen wird mit dem eines vergleichbaren gesunden Berufstätigen verglichen (vgl. www.bfa.de/nn_9166/de /Navigation/Themen/Rente/Rente_20wegen_20EM/Rente__teilweiser__EM__bei__BU__node.html__nnn=true, vom 09.05.2005).

5 Ein Versicherter, der aus gesundheitlichen Gründen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt weniger als drei Stunden täglich tätig sein kann, ist voll erwerbsgemindert (vgl. www.bfa.de/nn_9166/de/ Navigation/Themen/Rente/Rente_20wegen_20EM/Rente__voller__EM__node.html__nnn=true, vom 09.05.2005).

6 Diese Zeiten können auf die allgemeine Wartezeit angerechnet werden: „Beitragszeiten aus Pflicht-beiträgen oder freiwilligen Beiträgen, Kindererziehungszeiten, Zeiten aus dem Versorgungsausgleich und dem Rentensplitting unter Ehegatten, Zeiten geringfügiger Beschäftigung mit Beitragszahlungen des Arbeitgebers, Zuschläge an Entgeltpunkten für Arbeitsentgelt aus geringfügiger versiche-rungsfreier Beschäftigung, Ersatzzeiten (z. B. Kriegsdienst, Kriegsgefangenschaft)“ (www.bfa.de/ nn_9166/de/Navigation/Themen/Rente/Rente_20wegen_20EM/BU-Rente__node.html__nnn=true, vom 09.05.2005). Weiterhin zählt die Wartezeit als erfüllt, wenn die BU aufgrund eines Arbeits-unfalls oder einer Schädigung während des Wehr- oder Zivildienstes eingetreten ist. In diesem Fall genügt schon ein Pflichtbeitrag (vgl. www.bfa.de/nn_9166/de/Navigation/Themen/Rente/Rente_20 wegen_20EM/BU-Rente__node.html __nnn=true, vom 09.05.2005). Es soll hier nicht näher auf die unterschiedlichen anzurechnenden Wartezeiten eingegangen werden. Nähere Informationen befinden sich bei Benen/Traube, 2004, S. 14-41.

7 Darüber hinaus gilt für Berufsanfänger die Wartezeit als erfüllt, wenn sie vor Ablauf von sechs Jahren nach der Ausbildung erwerbsunfähig geworden sind und in den letzten zwei Jahren vor der EU mindestens ein Jahr Pflichtbeiträge gezahlt haben. Dieser Zwei-Jahreszeitraum wird um die Zeiten einer schulischen Ausbildung (nach den 17. Lebensjahr) auf bis zu sieben Jahre verlängert (vgl. www.bfa.de/nn_9166/de/Navigation/Themen/Rente/Rente_20wegen_20EM/EU-Rente__node. html__nnn=true, vom 09.05.2005).

2.3 Von der Antragstellung bis zum Wegfall der Voraussetzungen

In diesem Kapitel wird betrachtet, wer, wann und wo einen Rentenantrag wegen EM stellen kann. Im Anschluss erfolgt die Vorstellung der Formel zur Berechnung der Rente mit der Erläuterung der beinhaltenden Begriffe. Danach werden die Hinzuver-dienstmöglichkeiten aufgeführt. Dabei wird auf die rentenschädlichen Einkommens-arten, die Berechnung der Hinzuverdienstgrenze sowie die Möglichkeiten des Über-schreitens dieser Grenze eingegangen. Nachdem die Berechung der Rente und des Hinzuverdienstes dargestellt wurde, werden die Voraussetzungen für den Wegfall der Rente betrachtet.

2.3.1 Die Antragstellung und der Rentenbescheid

Antragsberechtigt sind Versicherte, die das 15. Lebensjahr vollendet haben oder ein ge-setzlicher Vertreter, Bevollmächtigter oder Betreuer der versicherten Person. Bevor ein Versicherter eine Rente erhalten kann, muss er bei der zuständigen Behörde einen An-trag stellen. Das ist in der Regel der Empfänger der Versicherungsbeiträge. Die Bearbei-tung von Anträgen nehmen die Behörden vor, die in der Tabelle 3 dargestellt sind (vgl. Informationsmaterial 5 der BfA, 2003, S. 32).

Tabelle 3: Zuständigkeit des Rentenantrages

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

(Quelle: Eigene Darstellung, Informationsmaterial 5 der BfA, 2003, S. 32.)

Das Rentenverfahren für die Rente wegen teilweiser bzw. voller EM ohne einen Ren-tenantrag beginnt, wenn der Versicherte Leistungen zur Teilhabe[18] beim Rentenversi-cherungsträger beantragt hat. Der Antrag gilt unter zwei Voraussetzungen als Renten-antrag. Erstens: Der Versicherte muss teilweise bzw. voll erwerbsgemindert oder be-rufsunfähig sein. Zweitens: Durch Leistungen zur Teilhabe kann diese EM nicht abge-wendet oder nicht wesentlich verbessert werden. In diesem Fall wird der Antrag zur Teilhabe zum Rentenantrag ausgelegt. Für den Versicherten bedeutet das, dass er das Rentenantragsformular nachträglich auszufüllen hat. Der Antragszeitpunkt ist jedoch der Tag der Beantragung zur Teilhabe. Dadurch wird eine verspätete Beantragung der Rente vermieden (vgl. Informationsmaterial 5 der BfA, 2003, S. 33; vgl. Vortag, Herr Fenske, vom 16.03.2005).[19]

Der Rentenbescheid bildet den Abschluss des Rentenverfahrens. Dieser enthält die In-formationen über den Rentenbeginn, die Rentenhöhe und welche Zeiten in der Renten-berechnung Berücksichtigung fanden. Innerhalb eines Monats kann bei der ausstellen-den Behörde ein schriftlicher Widerspruch eingelegt werden. Dieser muss eine Begrün-dung für die Fehlerhaftigkeit enthalten. Damit neue Aspekte im Widerspruchsverfahren berücksichtigt werden können. Ohne eine Begründung kann die Behörde nur nach der vorliegenden Aktenlage entscheiden.[20]

2.3.2 Die Berechnung der Rente wegen Erwerbsminderung

Die Frage, in welcher Höhe die Rente gezahlt wird, gehört zu den meist gestellten Fra-gen bei der Antragstellung auf eine Rente. Eine kurze und einfache Antwort ist jedoch nicht möglich. Die Rentenberechnung soll so individuell wie möglich erfolgen. Aus die-sem Grund ist die Berechnung der Rente sehr schwierig. Darüber hinaus gebraucht der Gesetzgeber Begriffe, die relativ schwer zu erklären sind. Deshalb erfolgt ein kurzer Überblick über die wichtigsten Faktoren der Rentenberechnung. Die Höhe der Beiträge, die während der gesamten Versicherungszeit bis zum Eintritt der EM eingezahlt wur-den, bestimmen hauptsächlich die Höhe der Rente (vgl. Informationsmaterial 5 der BfA, 2003, S. 28).

Entgeltpunkte

Hat ein Versicherter während eines Kalenderjahres so viel Verdienst versichert wie die durchschnittliche Entgelthöhe aller Versicherten, erhält er dafür einen Entgeltpunkt. Liegt der versicherte Verdienst höher oder niedriger als das Durchschnittsentgelt aller Versicherten, erwirbt er mehr bzw. weniger als einen Entgeltpunkt. Bei Versicherten der neuen Bundesländer erfolgt bei der Ermittlung der Entgeltpunkte zusätzlich eine Anpas-sung an das Niveau der alten Bundesländer. Diese Entgeltpunkte heißen Entgeltpunkte (Ost).[21]

Zeiten der Kindererziehung[22] und bestimmte beitragsfreie Zeiten[23] werden ebenso mit Entgeltpunkten abgegolten. Eine Erhöhung ist nicht unbegrenzt möglich. Das maximal versicherte Einkommen bildet die Beitragsbemessungsgrenze der gesetzlichen Renten-versicherung und somit die Grenze der möglichen Entgeltpunkte. Hat der Versicherte das 60. Lebensjahr noch nicht vollendet, werden bis zur EM zurückgelegte Zeiten hin-zugerechnet. Damit soll bei einem frühzeitigen Eintritt der EM die Lohnersatzfunktion der EMR gesichert bleiben (vgl. Informationsmaterial 5 der BfA, 2003, S. 29 f.; vgl. In-formationsmaterial Fremdwort Rente, 2003, S. 25).

Zugangsfaktor

Der individuelle Faktor in der Rentenformel ist die Summe der erworbenen Entgelt-punkte. Diese werden mit dem Zugangsfaktor vervielfacht und ergeben die persönlichen Entgeltpunkte. Das Alter des Versicherten bei Beginn der Rente ist maßgebend für den Zugangsfaktor. Dieser beträgt grundsätzlich 1,0. Von diesem Betrag weicht er ab, wenn die Rente wegen EM vor den 63. Lebensjahr in Anspruch genommen wird. Dann min-dert sich der Zugangsfaktor um 0,003 Punkte für jeden Monat vor dem 63. Lebensjahr. Das entspricht einer monatlichen Rentenminderung von 0,3 %. Sollte die Rente vor dem 60. Lebensjahr beginnen, ist die Minderung des Zugangsfaktors auf das 60. Lebensjahr begrenzt. Folglich beträgt die höchste monatliche Rentenminderung 10,8 % und das ent-spricht 36 Monaten (vgl. Informationsmaterial 5 der BfA, 2003, S. 30; vgl. Informa-tionsmaterial Fremdwort Rente, 2003, S. 73 f.).

Rentenartfaktor

Die unterschiedlichen Sicherungsziele der verschiedenen Rentenarten bestimmen den Rentenartfaktor. Für die Rente wegen teilweiser EM bzw. Rente wegen teilweiser EM bei Berufunfähigkeit beträgt der Faktor 0,5. Bei der Rente wegen voller EM beträgt er 1,0 (vgl. Informationsmaterial 5 der BfA, 2003, S. 30; vgl. Informationsmaterial Fremd-wort Rente, 2003, S. 48).

Abbildung 5: Formel zur Berechnung der Rente

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

(Quelle: Eigene Darstellung, Informationsmaterial 5 der BfA, 2003, S. 29 f.)

In dem die persönlichen Entgeltpunkte mit dem Rentenartfaktor und dem aktuellen Ren-tenwert vervielfacht werden, ergibt sich die Monatsrente. Als zeitnaher Wert ist der ak-tuelle Rentenwert für alle Versicherten gleich hoch. Eine Ausnahme bilden die neuen Bundesländer. Für sie gilt der aktuelle Rentenwert (Ost). Bis zur Angleichung des Lohn- und Gehaltsniveaus an das der alten Bundesländer bleibt diese Ausnahme beste-hen. Für Bezugszeiten ab dem 01.07.2003 beträgt der aktuelle Rentenwert 26,13 € bzw. 22,97 € für den aktuellen Rentenwert (Ost). Im Jahr 2004 gab es keine Rentenanpas-sung und deshalb keinen neuen aktuellen Rentenwert. Die monatliche Rente berechnet sich nach der Formel[24] in Abbildung 5. Die Rentenzahlung kann sich ggf. um Zusatz-leistungen aus dem Kinderzuschuss[25] erhöhen (vgl. Informationsmaterial 5 der BfA, 2003, S. 30 f.; vgl. Informationsmaterial Tipps für Rentner der BfA, 2004, S. 9 f.).

2.3.3 Die Hinzuverdienstmöglichkeiten

In einem bestimmten Umfang[26] dürfen Rentenbezieher hinzuverdienen. Die Höhe des Verdienstes hat Auswirkungen auf die Rentenhöhe. Es besteht daher die Möglichkeit, dass die Rente in voller Höhe, in anteiliger Höhe oder nicht gezahlt wird. Darüber hin-aus kann der Hinzuverdienst dazu führen, dass die Voraussetzungen für die Rente weg-fallen und somit keine EM mehr vorliegt.[27] Deshalb empfiehlt die BfA jedem Rentenbe-zieher, die Aufnahme einer beruflichen Tätigkeit zu melden. Damit werden Überzah-lungen und mögliche Rentenrückforderungen vermieden (vgl. Informationsmaterial 5 der BfA, 2003, S. 11).

Deshalb werden nachfolgend die Einkommensarten dargestellt, die sich auf die Ren-tenzahlung auswirken. Im Anschluss daran wird erläutert, wie die Hinzuverdienstgrenze berechnet wird und welche Möglichkeiten des Überschreitens dieser Grenze es gibt.

2.3.3.1 Rentenschädliche Einkommensarten

Rentenschädliche Einkommensarten sind Einkommen, die Einfluss auf die Änderung der Rentenhöhe haben. Dabei sind vier unterschiedliche Arten zu unterscheiden, Ar-beitsentgelt aus abhängiger Arbeit, Arbeitseinkommen aus selbständiger Tätigkeit, ver-gleichbares Einkommen und Sozialleistungen (vgl. Informationsmaterial 5 der BfA, 2003, S. 12; vgl. Informationsmaterial BMGS, 2005, S. 16 f.).

Arbeitsentgelt

Alle lohnsteuerpflichtigen Zahlungen des Arbeitgebers (z. B. Löhne bzw. Gehälter, Fa-milienzuschläge, Urlaubsgelder, Weihnachtsgelder) gehören zum Arbeitsentgelt und finden somit Berücksichtigung beim Hinzuverdienst. Einem Arbeitsentgelt gleichge-stellt sind Vorruhestandsgelder. Nicht berücksichtigt wird gezahltes Entgelt für eine nicht erwerbsmäßige Pflegetätigkeit (vgl. Informationsmaterial 5 der BfA, 2003, S. 12 f.; vgl. Informationsmaterial BMGS, 2005, S. 16).

Arbeitseinkommen

Der Gewinn, der nach den allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften des Einkom-mensteuerrechts ermittelt wird, gilt als Arbeitseinkommen aus einer selbständigen Tä-tigkeit. Das bedeutet, das vorher die Betriebsausgaben vom Einkommen abgezogen werden. Somit entspricht der steuerrechtliche Gewinn dem Arbeitseinkommen (vgl. In-formationsmaterial 5 der BfA, 2003, S. 13; vgl. Informationsmaterial BMGS, 2005, S. 17).

Vergleichbares Einkommen

Unter vergleichbarem Einkommen zählen Entschädigungen für Abgeordnete oder Be-züge aus einem öffentlich-rechtlichen Amtsverhältnis[28]. Seit dem 01.01.2003 ist das vergleichbare Einkommen als Hinzuverdienst zu berücksichtigen. Für Bestandsrentner gilt aus Vertrauensgründen folgende Regelung: Bisher bezogenes vergleichbares Ein-kommen wird bis zum 31.12.2007 weiterhin als nicht rentenschädliches Einkommen be-rücksichtigt (vgl. Informationsmaterial 5 der BfA, 2003, S. 13; vgl. Informationsmate-rial BMGS, 2005, S. 17).

Sozialleistungen

Als Hinzuverdienst wird nicht die Sozialleistung, sondern das der Sozialleistung zu-grunde liegende Arbeitsentgelt bzw. Arbeitseinkommen berücksichtigt. Bei der Rente wegen teilweiser EM zählen neben dem Arbeitsentgelt bzw. Arbeitseinkommen auch die folgenden Sozialleistungen als Hinzuverdienst: Krankengeld, Übergangsgeld und Mutterschaftsgeld[29]. Bei dem Bezug einer Rente wegen voller EM zählen neben dem Arbeitsentgelt bzw. Arbeitseinkommen oder vergleichbarem Einkommen ebenfalls So-zialleistungen als Hinzuverdienst. Das sind: das Verletztengeld und Übergangsgeld der gesetzlichen Unfallversicherung sowie Sozialleistungen von einer ausländischen Stelle (vgl. Informationsmaterial 5 der BfA, 2003, S. 13-15; vgl. Informationsmaterial BMGS, 2005, S. 17).

Rentenunschädliche Einkünfte

Es gibt Einkünfte, die nicht unter die Hinzuverdienstregelungen fallen. Hierzu zählen: Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung, Betriebsrenten und beamtenrechtliche Pensionen[30] (vgl. Informationsmaterial 5 der BfA, 2003, S. 15; vgl. Informationsmater-ial BMGS, 2005, S. 18).

2.3.3.2 Berechnung der Hinzuverdienstgrenzen

In dem vorangegangenem Kapitel wurden die rentenschädlichen Einkünfte vorgestellt. Der Rentenempfänger darf nur im begrenzten Umfang hinzuverdienen. Zur Ermittlung, inwieweit sich der Hinzuverdienst auf die Rentenzahlung auswirkt, müssen alle Ein-künfte zusammengerechnet werden. Erst dann kann entschieden werden, ob die Rente in voller oder anteiliger Höhe gezahlt wird. Die Höhe der Teilrenten ist festgelegt. Es ist zu empfehlen, die Hinzuverdienstgrenzen für jeden Rentenbezieher grundsätzlich indi-viduell zu ermitteln. Die jeweilige Höhe wird von einem Mitarbeiter der zuständigen Behörde berechnet. (vgl. Informationsmaterial 5 der BfA, 2003, S. 15 f; vgl. Informa-tionsmaterial Hinzuverdienst der BfA, 2004, S. 4). Zur Orientierung des Versicherten gibt es allgemeine Hinzuverdienstgrenzen. Die Abbildung 6 zeigt für die jeweilige Rentenart den möglichen Hinzuverdienst und den Rentenabzug bei Überschreiten der Hinzuverdienstgrenze.

Abbildung 6: Allgemeine Hinzuverdienstgrenzen

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

(Quelle: Nach Informationsmaterial BMGS, 2005, S. 21, 25.)

Die individuelle Grenze erlaubt einen höheren Hinzuverdienst. Diese wird in Ab-hängigkeit vom versicherten Entgelt im letzten Kalenderjahr (bis 31.12.2000 gültigen Recht) bzw. der letzten drei Kalenderjahre (seit 01.01.2001 gültiges Recht) vor Eintritt der EM berechnet (vgl. Informationsmaterial BMGS, 2005, S. 21, 25).[31] Die indivi-duelle Hinzuverdienstgrenze wird wie folgt berechnet (vgl. Informationsmaterial 5 der BfA, 2003, S. 15 f; vgl. Informationsmaterial Hinzuverdienst der BfA, 2004, S. 4).

Abbildung 7: Formel zur Berechnung der individuellen Hinzuverdienstgrenze

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

(Quelle: Eigene Darstellung, Informationsmaterial 5 der BfA, 2003, S. 15; Informationsmaterial Hinzu-verdienst der BfA, 2004, S. 5-7.)

Von Beziehern der Rente wegen teilweiser EM wird im Rahmen der verbliebenen Er-werbsfähigkeit erwartet, dass sie eine Erwerbstätigkeit aufnehmen. Die gezahlte Rente ist halb so hoch wie die wegen voller EM. Ungeachtet der erwarteten Erwerbstätigkeit müssen die Hinzuverdienstgrenzen eingehalten werden. Die Überschreitung aller Hin-zuverdienstgrenzen führt dazu, dass der Rentenanspruch nur dem Grunde nach beste-hen bleibt. D. h. es erfolgt keine Rentenzahlung. Das gleiche gilt für Bezieher einer Rente wegen teilweiser EM bei BU (vgl. Informationsmaterial 5 der BfA, 2003, S. 11 f.).

In einem begrenzten Umfang dürfen Bezieher der Rente wegen voller EM hinzuver-dienen. Die Rente variiert in Abhängigkeit des Hinzuverdienstes. Sie kann in voller Hö-he, in Höhe von drei Vierteln, in halber Höhe oder zu einem Viertel gezahlt werden. Ebenso wie bei der Rente wegen teilweiser EM kann der Rentenanspruch bei Über-schreitung aller Grenzen nur dem Grunde nach bestehen bleiben. Damit die Rente wegen voller EM in voller Höhe erhalten bleibt, gibt es die bundeseinheitliche Hinzu-verdienstgrenze von 345,00 €[32] (brutto) monatlich (vgl. Informationsmaterial Tipps für Rentner der BfA, 2004, S. 21; vgl. Informationsmaterial 5 des VDR, 2004, S. 25; vgl. Informationsmaterial 5 der BfA, 2003, S. 12).

Bei einer Rente wegen BU, deren Anspruch vor den 01.01.2001 erworben wurde, kann die Ausübung einer zumutbaren Halb- oder Ganztagsbeschäftigung zum Wegfall der Rentenvoraussetzungen führen. Steht die berufliche Tätigkeit nicht dem Rentenan-spruch entgegen, gelten obige Hinzuverdienstfaktoren (vgl. Informationsmaterial Hin-zuverdienst der BfA, 2004, S. 6 f.; vgl. Informationsmaterial 5 des VDR, 2004, S. 19 f.).

Ebenso wie bei der Rente wegen BU haben Empfänger der Rente wegen EU den An-spruch schon vor dem 01.01.2001 erworben. In diesem Fall kann die Ausübung einer Tätigkeit zum Wegfall der Rentenvoraussetzungen führen. Besteht trotz der Berufs-tätigkeit weiterhin ein Rentenanspruch, liegt die Hinzuverdienstgrenze bei monatlich 345,00 €. Übersteigt der Hinzuverdienst diese Grenze, verringert sich die Renten-zahlung auf die niedrigere BUR. Abhängig vom Hinzuverdienst wird die Voll- oder Teilrente gezahlt (vgl. Informationsmaterial Hinzuverdienst der BfA, 2004, S. 8).

Bei freiwillig versicherten Personen richtet sich die individuelle Hinzuverdienstgrenze nach der Höhe der Beiträge. Daraus folgt, um so höhere freiwillige Beiträge gezahlt wurden, desto größer sind die Hinzuverdienstmöglichkeiten (vgl. Informationsmaterial 5 der BfA, 2003, S. 16).

Mit Hilfe der Abbildung 7 lassen sich die monatlichen Hinzuverdienstgrenzen berech-nen. Wird der Hinzuverdienst in einem Teilmonat erzielt, muss die entsprechende antei-lige Hinzuverdienstgrenze berechnet werden. Dazu wird die monatliche Hinzuver-dienstgrenze durch 30 dividiert. Dieser Wert wird im Anschluss um die Anzahl der zu berücksichtigten Arbeitstage vervielfacht (vgl. Informationsmaterial 5 der BfA, 2003, S. 16, 19).

2.3.3.3 Möglichkeiten des Überschreitens der Hinzuverdienstgrenzen

Während eines Kalenderjahres dürfen die Hinzuverdienstgrenzen für die Rente wegen teilweiser bzw. voller EM zweimal überschritten werden. Das Überschreiten darf nur bis zur doppelten Hinzuverdienstgrenze erfolgen und muss sich auf Sonderzahlungen wie Urlaubs- oder Weihnachtsgeld beziehen. Ein Überschreiten der zulässigen Hinzu-verdienstgrenze darüber hinaus bedeutet nicht, dass der Anspruch auf die Rente wegen EM verloren geht. Deshalb wird die Einhaltung einer möglichen höheren Hinzuver-dienstgrenze geprüft. In diesem Fall reduziert sich die Rentenzahlung. Somit ist jeder-zeit ein Wechsel zwischen der vollen und anteiligen Rentenzahlung in Abhängigkeit des tatsächlichen Hinzuverdienstes möglich. Überschreitet ein Versicherter die höchste Hin-zuverdienstgrenze, wird die Rentenzahlung eingestellt. Die Zahlung der veränderten Rentenhöhe erfolgt ab dem Zeitpunkt des Bezuges des höheren bzw. niedrigeren Ein-kommens. Dabei ist folgendes zu beachten: Überschreitet der Hinzuverdienst eine Gren-ze wird ohne Antrag eine mögliche Teilrente gezahlt. Reduziert sich später dieser Hin-zuverdienst muss die höhere Leistung innerhalb von drei Monaten beantragt werden (vgl. Informationsmaterial 5 der BfA, 2003, S. 20 f.; vgl. Informationsmaterial Hinzu-verdienst der BfA, 2004, S. 4 f.; vgl. Zechiel, 2001, S. 33).

2.3.4 Wegfall der Rentenvoraussetzungen

Der Rentenbewilligungsbescheid wird aufgehoben, wenn sich der Gesundheitszustand des Versicherten gebessert hat. Gleichzeitig erfolgt die Einstellung der Rentenzahlung. Damit es zu keinem Entzug der Rente führt, sollte der Rentenbezieher jede Aufnahme einer Beschäftigung der verantwortlichen Behörde melden. Für die unterschiedlichen Rentenarten sind die jeweiligen Voraussetzungen zu prüfen (vgl. Informationsmaterial 5 der BfA, 2003, S. 22, 27).

Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung

Kann der Versicherte auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mindestens sechs Stunden täg-lich arbeiten, liegt keine EM mehr vor (vgl. Informationsmaterial 5 der BfA, 2003, S. 22).

Rente wegen Teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit

Bei vor dem 02.01.1961 geborenen Versicherten muss geprüft werden, ob weiterhin BU vorliegt. Kann der Versicherte mindestens sechs Stunden täglich in seinen bisherigen Beruf oder einer zumutbaren Verweisungstätigkeit arbeiten, liegt keine BU vor (vgl. Informationsmaterial 5 der BfA, 2003, S. 22).

Rente wegen voller Erwerbsminderung

Bei der Rente wegen voller EM muss geprüft werden, inwieweit sich der Gesund-heitszustand des Versicherten gebessert hat und ihm der Arbeitsmarkt wieder offen steht. Sobald der Versicherte täglich mindestens sechs Stunden einer Arbeit nachgehen kann, liegt keine EM mehr vor. Verfügt ein Versicherter über ein Leistungsvermögen zwischen drei und sechs Stunden täglich und hat er Zugang zum allgemeinen Arbeitsmarkt, wird in diesem Fall die Rente wegen teilweiser EM bzw. die Rente wegen teilweiser EM bei BU gewährt (vgl. Informationsmaterial 5 der BfA, 2003, S. 22).

Rente wegen Berufsunfähigkeit

Die Zahlung einer Rente wegen BU wird eingestellt, wenn der Versicherte mindestens die halbe tarifliche Arbeitszeit in seinem bisherigen Beruf oder einer zumutbaren Ver-weisungstätigkeit arbeiten kann. Darüber hinaus darf das Einkommen nicht weniger als die Hälfte des früheren Verdienstes bzw. des Verdienstes eines vergleichbaren Versi-cherten sein. Hat der Versicherte an einer Ausbildungs- bzw. Umschulungsmaßnahme teilgenommen, liegt nach dem erfolgreichen Abschluss keine BU mehr vor (vgl. Infor-mationsmaterial 5 der BfA, 2003, S. 26).

Rente wegen Erwerbsunfähigkeit

Die Rente wegen EU ist aufzuheben, wenn 1. sich der Gesundheitszustand so weit ver-bessert hat, dass keine EU mehr vorliegt, 2. die EU nur aufgrund des verschlossenen Ar-beitsmarktes bewilligt wurde und dieser wieder offen ist oder 3. der Versicherte eine selbständige Tätigkeit aufnimmt. In diesen Fällen kann weiterhin eine BU vorliegen und der Versicherte erhält die Rente wegen BU. Fällt die Rente wegen der Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit weg, kann ein Anspruch auf Rente wegen voller EM bestehen (vgl. Informationsmaterial 5 der BfA, 2003, S. 27).

2.4 Lücken der staatlichen Erwerbsminderungsrente

Aufgrund von kleinen Gesetzesänderungen in den Formeln zur Berechnung der Rente reduzierten sich die Rentenansprüche im Laufe der Jahre immer weiter. Dadurch ver-größerte sich die Lücke zwischen Einkommen und Rente. Das verdeutlichen die Bei-spiele Zurechnungszeiten und Rentenartfaktoren. In den letzten Jahren wurden die Zu-rechnungszeiten dahingehend verändert, dass zum Teil Zeiten der Ausbildung (Stu-dium) nicht mehr anrechenbar sind. Ein Grund dafür ist, dass ein Absolvent nach seinem Studium höhere Bezüge erhält als Versicherte ohne Studium. Demzufolge kann er auf diese Zurechnungszeiten verzichten. Ein Vergleich der Rentenartfaktoren der BUR und der halben EMR zeigt daneben sehr deutlich die Reduzierung. Bei Versicherten die eine BUR erhalten, wurde zur Berechnung der Rentenartfaktor von 0,667 benutzt. Bei der halben EMR beträgt der Faktor hingegen 0,5. Der gleiche Faktor gilt ebenso bei der halben EMR bei BU. Diese geringe Änderung in der Berechnung hat bei gleichen Entgeltpunkten zur Folge, dass der Versicherte, der Anspruch auf die halbe EMR hat, ca. 25 % weniger Rente erhält als ein Versicherter der seinen Rentenanspruch vor 2001 erworben hat. Darüber hinaus hat sich der Zugangsfaktor für die Rente ver-ändert, d. h. bei einem frühzeitigen Anspruch reduziert ein Abschlag die Rentenhöhe (vgl. Interview, Herrn Fenske, vom 23.03.2005; vgl. Löschau, 2001, S. 85; vgl. Wollschläger, 2001, S. 283).

Tabelle 4: Beispiele für Versorgungslücken

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

(Quelle: In Anlehnung an Balodis, 2003, S. 51.)

Die obige Tabelle zeigt beispielhaft wie groß die Versorgungslücke im Falle einer EM ist. Dazu werden folgende Daten unterstellt:

- es handelt sich um einen 30-jährigen ledigen Versicherten,
- der ein gleichmäßiges Einkommen (in angegebener Höhe) erreicht hat und
- eine volle oder halbe EMR erhält (vgl. Balodis, 2003, S. 51).

Bei der Betrachtung der Tabelle muss folgendes beachtet werden: In die Rentenbe-rechnung wird das gesamte Arbeitsleben des Versicherten einbezogen. In der Regel schwankt innerhalb des gesamten Arbeitsleben die Einkommenshöhe, so dass dieser gleichmäßige Einkommensverlauf nicht unterstellt werden kann. Darüber hinaus ver-deutlicht die Tabelle und zeigen Praxiserfahrungen, dass die Rente maximal 60 - 65 % des Einkommens beträgt. Zum Teil liegt die Rentenhöhe jedoch darunter, das verdeut-lichen Prognosen von privaten Versicherungsunternehmen. Sie prognostizieren die Höhe der Rente wegen voller Erwerbsminderung auf 40 - 42 % des Einkommens. Das deutet darauf hin, dass für die Prognose Versicherte, deren Einkommen über der Bei-tragsbemessungsgrundlage liegt, herangezogen wurden. Denn vor allem bei Versicher-ten, die über diese Einkommenshöhen verfügen, gibt es einen erheblichen Unterschied zwischen Rente und Einkommen. Dieser Unterschied dürfte in den folgenden Jahren noch ansteigen, wenn die Bundesregierung ihre Planungen einer langfristigen Absen-kung des Rentenniveaus auf 43 % umsetzt. (vgl. Interview, Herr Fenske, vom 23.03.2005; vgl. Informationsmaterial Volksfürsorge, S. 2; vgl. Informationsmaterial AachenMünchener, S. 6; vgl. Deutscher Bundestag, 2000, S. 50; Deutscher Bundestag, 2004, S. 1).

Neben den finanziellen Lücken sehen Experten den Entscheidungsspielraum der unter-schiedlichen Ärzte und Sachbearbeiter als Schwäche bei der Frage des Restleistungs-vermögens und der Schwere der gesundheitlichen Beeinträchtigung an. D. h. verschie-dene Ärzte diagnostizieren einen Gesundheitszustand unterschiedlich, vor allem in Bezug auf das mögliche Restleistungsvermögen des Versicherten. Diese unterschied-lichen Einschätzungen sorgen oft für Rechtsstreitigkeiten[33] (vgl. Interview, Herr Fenske, vom 23.03.2005; vgl. Joussen, 2002, S. 295; vgl. Rademacker, 2001, S. 76).

3 Die private Berufsunfähigkeitsversicherung

In den bisherigen Ausführungen ist deutlich geworden, dass die Leistungen der gesetz-lichen Rentenversicherung oft nicht ausreichen, um den gewohnten Lebensstandard nach dem Eintreten der BU aufrecht zu erhalten. Vor allem junge Menschen zu Beginn der Ausbildung haben noch keinen Anspruch auf die staatlichen Leistungen. In diesem Fall könnte eine private BU-Versicherung helfen. Bisher verfügen ca. 5 % der Erwerbs-tätigen über eine private BU-Versicherung die im Leistungsfall eine BUR zahlt. Weitere 10 % der Erwerbstätigen besitzen eine Lebensversicherung, deren Beiträge im Fall der BU die Versicherungsgesellschaft übernimmt. Diese Absicherung allein ist unzurei-chend, denn die Versorgungslücke zwischen Einkommen und EMR wird nicht ge-schlossen.[34]

In der Bundesrepublik Deutschland dürfen nur Lebensversicherungsunternehmen die selbständigen BU-Versicherungen bzw. BUZen anbieten. Die BUZ ist immer an einen Lebensversicherungsvertrag gebunden. Diese Hauptversicherung kann eine Risikole-bensversicherung, eine Kapitallebensversicherung oder eine Rentenversicherung sein. Bei einer selbständigen BU-Versicherung ist der Versicherungsschutz an keinen zusätz-lichen Vertrag geknüpft (vgl. Richter, 1987, S. 11; vgl. Balodis, 2003, S. 52).

Die Voraussetzungen eines Versicherungsfalls sind bei beiden Arten gleich. Die Haupt-versicherung beeinflusst jedoch den Beitrag (vgl. Richter, 1987, S. 11).

Es gibt vier unterschiedliche Versicherungsmöglichkeiten, die das Risiko der BU absichern:

- selbständige BU-Versicherung[35] (ohne Zusätze),
- BU-Versicherung kombiniert mit einer Risikolebensversicherung[36],
- BU-Versicherung kombiniert mit einer Kapitallebensversicherung[37] und
- BU-Versicherung kombiniert mit einer Rentenversicherung[38] (vgl. Stumpf/ Mlodzik, 2003, S. 23).

Es folgt eine Schilderung der Entwicklung der BU-Versicherung im privaten Versiche-rungsrecht. Im Anschluss daran wird erläutert, was bei der Beantragung einer Berufun-fähigkeitsversicherung zu beachten ist. In diesem Zusammenhang werden die per-sönlichen Merkmale, die Gestaltung des gewünschten Vertrages und die Versicherungs-bedingungen betrachtet. Danach wird die Durchführung der Risikoprüfung im Versi-cherungsunternehmen vorgestellt. Dieses Kapitel endet mit der Betrachtung des Leis-tungsfalls.

3.1 Die Entstehung der Berufsunfähigkeitsversicherung im Privatversicherungsrecht

Seit 1871[39] waren die abhängig Beschäftigten durch eine vom Arbeitgeber abgeschlos-sene Unfallversicherung bei Verletzung oder Tötung versichert. Dieser erste Schutz bei Betriebsunfällen bewährte sich jedoch nicht und wurde mit Einführung der Sozialver-sicherungsgesetze 1891 bzw. 1913[40] nicht weiter fortgeführt. Diese Sozialversiche-rungsgesetze stellten für einen großen Teil der Arbeiter und Angestellten eine öffent-lich-rechtliche Zwangsversicherung dar. Sie leisteten einen Lohnausgleich bei Krank-heit, Arbeitsunfall, EU und Alter. Private Versicherungsunternehmen nahmen das So-zialversicherungssystem als Anreiz, eine Versicherung für den Fall der Invalidität zu schaffen. Diese Versicherung sollte als Zusatzversicherung an einen Lebensversiche-rungsvertrag gekoppelt werden. Die Zielgruppe dieser Versicherung waren die Per-sonen, die nicht der Zwangsversicherung unterlagen. Dazu gehörten hauptsächlich wirt-schaftlich und sozial höher gestellte Personen, die die hohen Beiträge für die Versi-cherung aufbringen konnten (vgl. Richter, 1987, S. 23 f.).

[...]


[1] Die drei Säulen der Alterssicherung bestehen aus der gesetzlichen Rentenversicherung (80 %), der betrieblichen Altersvorsorge (7 %) und aus privaten Versicherungsprodukten (3 %) (vgl. Vortrag, Frau Mahel, vom 19.04.2005). Für weitere Informationen siehe Informationsmaterial der LVA Al-tersvorsorge, Förderung – Anlageformen – Strategien.

[2] Zur Zeit liegt das Renteneintrittsalter bei 65 Jahren. Bei einem früheren Rentenbeginn muss der Rentner Abschläge an der Rentenhöhe akzeptieren. Diese Abschläge beeinflussen auch die Erwerbs-minderungsrenten. Denn dort werden Abschläge für einen Rentenbeginn vor dem 63. Lebensjahr er-hoben (vgl. Vortrag, Frau Mahel, vom 19.04.2005).

[3] Der Beitragssatz ist der Prozentsatz (2005: 19,5 % des Bruttoverdienstes), nach dem sich der Versi-cherungsbeitrag der gesetzlichen Rentenversicherung berechnet. Diesen trägt jeweils hälftig der Ar-beitgeber und der Arbeitnehmer (Versicherter) (vgl. Informationsmaterial 10 LVA, 2005, S. 37).

[4] In den letzten Jahren wurden nur sehr geringe Anpassungen der Rentenhöhe vorgenommen. 2004 er-folgte erstmals keine Rentenanpassung (vgl. Vortrag, Frau Mahel, vom 19.04.2005).

[5] Die Besonderheiten der Bergleute und Beamten werden in dieser Arbeit nicht behandelt. Selb-ständige Personen werden punktuell in die Betrachtung einbezogen, denn diese Personengruppe ist oft auf die private Absicherung angewiesen. Die gesamte Arbeit ist in der männlichen Form ge-schrieben und soll das Lesen der Arbeit erleichtern.

[6] Die Person, dessen Leben bzw. Risiko versichert werden soll, ist die versicherte Person. In vielen Fällen besteht eine Identität zwischen versicherter Person und Versicherungsnehmer. Der Versiche-rungsnehmer ist als Vertragspartner für die Erfüllung der Vertragspflichten verantwortlich (vgl. Geuking, 1998, S. 4).

[7] Praktisch lässt sich dies nicht realisieren, denn ca. jede Dritte EMR wird aufgrund des verschlossenen Arbeitsmarktes gezahlt. Siehe hierzu ausführlicher Kapitel 4 Punkt Leistungsfall S. 64.

[8] Bei den betrachteten Versicherungsbedingungen stellten nur die Versicherungsbedingungen der AachenMünchener Lebensversicherungsgesellschaft eine Ausnahme dar. Sie definierten den Begriff der BU im ersten Paragraphen.

[9] Der gleiche Wortlaut wird auch von anderen Versicherungsgesellschaften benutzt z. B. Volksfür-sorge Versicherungsgruppe, Volkswohl Bund LV und AachenMünchener LV.

[10] Siehe hierzu ausführlicher Kapitel 2.2 auf S. 13.

[11] Vgl. www.forium.de/do/displayBerufsunfaehigkeitsversicherungIndex, vom 27.10.2004.

[12] Menschen mit Rückenleiden werden z. B. erst mit rund 53 Jahren und Herzkranke mit knapp 54 Jahren berentet (vgl. www.manager-magazin.de/geld/geldanlage/0,2828,311475,00.html, vom 26.10.2004).

[13] Es ergeben sich hauptsächlich Änderungen in der Häufigkeit und kleinere Verschiebungen (vgl. o. V., 2004, S. 13, 29). Zur weiteren Veranschaulichung siehe hierzu im Anhang Abbildung 15.

[14] Darauf soll im Rahmen dieser Arbeit nicht näher eingegangen werden. Weitere Informationen dazu in Informationsmaterial 14, Freiwillige Versicherung, LVA, 2004.

[15] Die Regelungen waren bis zum 31.12.2000 hauptsächlich in den §§ 43, 44 SGB VI verankert (vgl. Stichnoth/Wiechmann, 2001, S. 53 f.).

[16] Siehe hierzu genauer Kapitel 2.4 auf S. 28 f.

[17] Siehe hierzu Kapitel 1.3.

[18] Unter Leistungen zur Teilhabe versteht man Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben. Siehe Informationsmaterial 5 der BfA, 2003, S. 33.

[19] Der § 99 Abs. 1 SGB VI enthält die Voraussetzungen von denen der Rentenbeginn abhängt. Dies ist zum einen der Kalendermonat, in dem die Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind. Zum anderen ist es das Datum der Antragstellung. Aus diesem Grund ist der Zeitpunkt des Rentenantrags für den Beginn der Rentenzahlung ausschlaggebend. Der frühestmögliche Rentenbeginn wird eingehalten, wenn der Rentenantrag spätestens drei Monate nach Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen gestellt wird. Erfolgt die Antragstellung nach dieser dreimonatigen Frist, beginnt die Rente mit dem Monat der An-tragstellung (vgl. Benen/Traube, 2004, S. 43 f.).

[20] Vgl. www.bfa.de/nn_11654/de/Navigation/Themen/Rente/Rente__wegen__EM__node,naviExpand= de.html__nnn=true, vom 09.05.2005.

[21] Die Verwendung der Entgeltpunkte Ost oder West sind davon abhängig, welchen Standort der Ar-beitgeber als Betriebsstandort gemeldet hat (vgl. Interview, Herr Fenske, vom 23.03.2005).

[22] Nähere Informationen befinden sind im Informationsmaterial 5 der BfA, 2003, S. 29 und 45.

[23] Auf die unterschiedlichen beitragsfreien Versicherungszeiten (z. B. Schulzeiten) wird hier nicht nä-her eingegangen. Siehe Informationsmaterial 5 der BfA, 2003, S. 38 ff.

[24] Ein Beispiel hierfür befindet sich im Anhang Abbildung 17.

[25] Dieser beträgt jährlich 938,12 €, das sind monatlich 78,18 €. Siehe hierzu näher Informationsmaterial 5 der BfA, 2003, S. 28 ff.

[26] Die Hinzuverdienstmöglichkeiten sind im § 96a SGB VI geregelt.

[27] Siehe hierzu Kapitel 2.3.4 auf S. 26.

[28] Dazu zählen z. B. Minister, Senatoren oder parlamentarische Staatssekretäre (vgl. Informationsma-terial 5 der BfA, 2003, S. 13).

[29] Darüber hinaus gehören Versorgungskrankengeld, Verletztengeld, Unterhaltsgeld, Kurzarbeitergeld und Arbeitslosengeld, Winterausfallgeld, Insolvenzgeld, vergleichbare Leistungen und Sozialleis-tungen von einer ausländischen Stelle dazu. Auf die einzelnen Sozialleistungen soll hier nicht näher eingegangen werden (vgl. Informationsmaterial 5 der BfA, 2003, S. 14).

[30] Weiterhin gelten als rentenunschädlich Einkünfte aus einer Erwerbstätigkeit vor Rentenbeginn, Ein-künfte aus Vermietung und Verpachtung (soweit sie nicht Teile des Gewinns aus selbständiger Tätig-keit sind) und Einkünfte aus Vermögen (vgl. Informationsmaterial 5 der BfA, 2003, S. 15; vgl. Infor-mationsmaterial BMGS, 2005, S. 18).

[31] Zur Anschauung befinden sich im Anhang Abbildung 18 einige Beispiele zum seit 01.01.2001 gültigen Recht.

[32] Diese Hinzuverdienstgrenze gilt seit 2004 (vgl. Informationsmaterial Tipps für Rentner der BfA, 2004, S. 21).

[33] Auf die Rechtsstreitigkeit im Bezug auf die unterschiedlichen Deutungen des Gesundheitszustandes werden im Rahmen dieser Arbeit nicht näher betrachtet.

[34] Vgl. www.netzeitung.de/wirtschaft/ratgeber/303062.html, vom 01.11.2004; vgl. Stumpf/ Mlodzik, 2003, S. 22; vgl. www.manager-magazin.de/geld/geldanlage/ 0,2828,311475,00.html, vom 26.10.2004.

[35] Die Zahlung der Berufsunfähigkeitsrente ist der Gegenstand der selbständigen BU-Versicherung Sie ist empfehlenswert für Personen, die keine Familie absichern möchten oder brauchen, denn es ist nur das Risiko der BU versichert (vgl. Balodis, 2003, S. 54; vgl. Geuking, 1998, S. 5).

[36] Die Kombination der BU-Versicherung mit einer Risikolebensversicherung gilt als Standardprodukt. Versicherungsexperten empfehlen, unterschiedliche Risiken sollten möglichst getrennt versichert werden. Die Risikolebensversicherung stellt eine Ausnahme dar, denn dort sind bei allen Versi-cherern die Bedingungen fast identisch. Sie ist für alle Personen mit Familien besonders empfeh-lenswert, denn zwei existenzielle Risiken (Tod und Invalidität) werden gleichzeitig abgesichert (vgl. Balodis, 2003, S. 54).

[37] Viele Versicherungsexperten beurteilen die Kombination von BU-Versicherung und Kapitallebens-versicherung als nicht empfehlenswert. Denn dieser Vertrag ist eine Kombination aus BU-Versiche-rung, Risikolebensversicherung und Sparvertrag. Wobei der Kunde keine Informationen über den Verlauf des Sparvorgangs erhält. Die aktuelle Mindestverzinsung des Sparanteils liegt derzeit bei 2,75 %. Dieser Sparanteil in der Versicherung erhöht deutlich die zu zahlende Versicherungsprämie. Deshalb birgt dieses Produkt ein großes Risiko. Denn kann der Versicherungsnehmer die Prämie nicht mehr aufbringen, ist er gezwungen den Vertrag zu kündigen oder beitragsfrei zu stellen. In beiden Fällen ist der Versicherte dann ohne Versicherungsschutz. Eine neue, günstigere Versiche-rung bekommt er aufgrund des fortgeschrittenen Alters und der möglicherweise eingetretenen Er-krankungen nicht mehr (vgl. Balodis, 2003, S. 54 f.).

[38] Die private Rentenversicherung ist eine Art Lebensversicherung mit dem Unterschied, dass kein Todesfallschutz enthalten ist. Der fehlende Todesfallschutz macht das Produkt deshalb preiswerter als eine Kapitallebensversicherung. Zu empfehlen ist die Kombination der BU-Versicherung und Rentenversicherung nur für Personen, die keine Angehörigen absichern möchten oder brauchen. Die Kombination einer BU-Versicherung mit einer Kapitallebens- oder Rentenversicherung kann für Selbständige empfehlenswert sein, denn sie haben oft keine Ansprüche aus der gesetzlichen Renten-versicherung und können die Versicherungsprämien im Rahmen der Sonderausgaben steuerlich gel-tend machen (vgl. Balodis, 2003, S. 56 f.).

[39] Zum 07.06.1871 wurde das Gesetz betreffend der Verbindlichkeit zum Schadensersatz für die bei dem Betrieb von Eisenbahnen, Bergwerken, Fabriken, Steinbrüchen und Gräbereien herbeigeführten Tötungen und Verletzungen eingeführt (vgl. Richter, 1987, S. 24).

[40] Siehe hierzu näher Kapitel 2.1 auf S. 10.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2005
ISBN (eBook)
9783832491154
DOI
10.3239/9783832491154
Dateigröße
4.1 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Fachhochschule Brandenburg – Wirtschaft
Erscheinungsdatum
2005 (November)
Note
2,3
Schlagworte
berufsunfähigkeit erwerbsunfähigkeit erwerbsminderung risikoprüfung leistungsfall
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Titel: Berufsunfähigkeit
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