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Spätes Bietverhalten bei eBay-Auktionen

Ökonomische Erklärungsansätze

©2005 Diplomarbeit 60 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Vor ca. 2500 Jahren fanden die ersten dokumentierten Auktionen statt. Bis heute hat sich hierbei eine Vielzahl von Auktionsformen herausgebildet. Im Zuge der Einführung von USENET gab es vor etwa 25 Jahren die ersten Online-Auktionen. Durch die seitdem stark zunehmende Zahl der Internetnutzer stieg auch das Angebot an professionellen Online-Auktionsplattformen. Dabei besteht für den Verkäufer gegenüber herkömmlichen Auktionen insbesondere der Vorteil, dass er sich bei Online-Auktionen einer viel größeren Zahl potentieller Käufer gegenüber sieht und damit einen höheren Verkaufspreis erwarten kann. Die Käufer profitieren davon, dass sie bei diesen Auktionen nicht mehr physisch anwesend sein müssen und die Angebotspalette entsprechend größer ist.
Das bis heute weltweit erfolgreichste Internet-Auktionshaus ist eBay. Es wurde 1995 gegründet und verzeichnet heute über 114 Mio. registrierte Mitglieder in 31 internationalen Märkten. Mit dieser Entwicklung werfen Online-Auktionen und insbesondere eBay-Auktionen neue Fragen auf und rücken immer mehr in das Interesse von wissenschaftlichen Untersuchungen. Im Rahmen der Spieltheorie besteht eine wichtige Fragestellung darin, das Verhalten rationaler Bieter in Online-Auktionen zu ermitteln sowie diese Vorhersagen mit dem tatsächlichen Verhalten zu vergleichen und mögliche Gründe für Abweichungen zu finden.
In dieser Diplomarbeit wird eine wichtige Abweichung dieser Verhaltensweisen herausgegriffen und analysiert. Untersucht wird, zu welchen Zeitpunkten die Bieter während der Auktionslaufzeit ihre Gebote abgeben. Zu beobachten ist, dass bei eBay-Auktionen vermehrt in den letzten Minuten der Auktionslaufzeit Gebote abgegeben werden. Von großem Interesse ist diese Fragestellung, da hier eine deutliche Abweichung von dem beobachteten Verhalten gegenüber den Ergebnissen der Theorie auftritt. Somit stellt sich die Frage, warum sich a) die Bieter nicht mehr rational verhalten, oder ob sie sich b) durchaus rational verhalten, die vergangenen Theorien Online-Auktionen jedoch nicht korrekt abbilden und erklären können. Mögliche Antworten darauf werden in dieser Arbeit aufgezeigt und diskutiert.
Bevor im Speziellen eBay-Auktionen betrachtet werden, wird im folgenden Kapitel 2 zunächst allgemein die Auktionstheorie vorgestellt. Ziel dabei ist es, Grundlagen für das Verständnis der Wirkungsweise von eBay-Auktionen zu legen, um die Erklärungsansätze für spätes Bieten bei eBay verstehen zu können. […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


ID 9111
Simon, Christina: Spätes Bietverhalten bei eBay-Auktionen -
Ökonomische Erklärungsansätze
Hamburg: Diplomica GmbH, 2005
Zugl.: Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Diplomarbeit, 2005
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Diplomica GmbH
http://www.diplom.de, Hamburg 2005
Printed in Germany

I
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis...III
Tabellenverzeichnis...IV
1. Einleitung...1
2. Auktionstheorie...2
2.1 Grundlagen...2
2.2 Grundlegende Modelle...3
2.2.1 Modell der unkorrelierten Wertschätzung...3
2.2.2 Modell der korrelierten Wertschätzung...4
2.3 Klassische Auktionsformen...6
2.3.1 Englische Auktion...6
2.3.2 Holländische Auktion...6
2.3.3 Verdeckte Höchstpreisauktion...7
2.3.4 Vickrey-Auktion...7
2.4 Bietstrategien...7
2.4.1 Bietstrategien bei der Englischen Auktion und der Vickrey-
Auktion...8
2.4.2 Bietstrategien bei der Holländischen Auktion und der
Höchstpreisauktion...
...
...
...
...10
2.5 Einnahmen-Äquivalenz-Theorem...12
3. Spätes Bieten bei eBay-Auktionen...15
3.1 Das Auktionsverfahren...15
3.2 Theoretisches versus beobachtbares Bietverhalten...
...
...17
3.3 Mögliche Ursachen für spätes Bieten...18
3.3.1 Vermeidung von Preiskriegen...19
3.3.1.1 Das Modell...19
3.3.1.2 Die Nicht-Existenz einer dominanten Strategie...21
3.3.1.3 Die beste Reaktion auf schrittweises Bieten...24
3.3.1.4 Das Bayes'sches Gleichgewicht...26

II
3.3.2 Unsicherheit über den eigenen Reservationswert...29
3.3.2.1 Das Modell...29
3.3.2.2 Das Gleichgewicht bei einer Vickrey-Auktion...30
3.3.2.3 Das Gleichgewicht bei eBay-Auktionen...31
3.3.2.4 Gleichgewicht bei eBay-Auktionen und einem naiven Bieter..33
3.3.2.5 Kritik...35
3.3.3 Das
Händler/Experten-Modell...36
3.3.4 Das Modell des Einflusses von Geboten auf die eigenen
Zahlungsbereitschaft...39
3.3.4.1 Das Modell...39
3.3.4.2 Symmetrischer Fall...40
3.3.4.3 Asymmetrischer Fall...41
3.3.4.4 Das Prestige-Modell...42
3.3.4.4.1 Symmetrischer
Fall...43
3.3.4.4.2 Das
Experten-Amateur-Modell...44
3.3.5 Unterschiedliche
Biet-Erfahrung...46
3.3.5.1 Empirische Analyse...
...
...47
3.3.5.2 Hypothesen...
...
...48
3.3.6 Häufig angebotene Auktionsgüter und Spaß am Spiel Auktion...49
4. Schlussbetrachtung und Ausblick...50
Literaturverzeichnis...
...
...51

III
Abkürzungsverzeichnis
b/g
Höhe
eines
Gebotes
B Bietfunktion
c
Kosten für die Ermittlung des eigenen Reservationswertes
C Allgemeine
Wertschätzung
E Experte
Ev
Erwarteter
Reservationswert
F Fälschung
f(v)
Dichtefunktion von v
F(v)
Verteilungsfunktion
von
v
h
Preis des Auktionsgutes
H Wertschätzung
I Informierter
Bieter
k Kritischer
Wert
l
Private Information über das Auktionsgut
m Startgebot/-preis
M Amateur
n Anzahl
der
Bieter
O Original
p
Wahrscheinlichkeit, dass ein Gebot erfolgreich übermittelt wird
p
F
Wahrscheinlichkeit, dass das Auktionsgut eine Fälschung ist
p
O
Wahrscheinlichkeit, dass das Auktionsgut ein Original ist
P(v)
Wahrscheinlichkeit für das Eintreten von v
s
Privates Signal an die Mitbieter
S(v)
Erwarteter
Gewinn in Abhängigkeit von v
t Zeitpunkt
U Uninformierter
Bieter
v Reservationswert/Maximale Zahlungsbereitschaft
w
Höchstes Gebot eines Bieters
x
Abweichung von v
z
Minimaler Betrag, um den ein Gebot mindestens überboten werden muss
Parameter

IV
Benötigte Zeit, um den eigenen Reservationswert zu ermitteln
Maß, wie sehr die Reservationswerte der anderen Bieter für die Bildung der
eigenen maximalen Zahlungsbereitschaft verantwortlich ist
Erwarteter
Gewinn
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1:
Erwarteter Gewinn im symmetrischen Fall...S. 40
Tabelle 2:
Erwarteter Gewinn am asymmetrischen Fall...S. 42
Tabelle 3:
Erwarteter Gewinn beim Prestige-Modell im symmetrischen Fall...S. 43
Tabelle 4:
Erwarteter Gewinn beim Prestige-Modell im asymmetrischen Fall...S. 45
Tabelle 5:
Gebote in der letzten Minute bei eBay-Auktionen...S. 47

1
1. Einleitung
Vor ca. 2500 Jahren fanden die ersten dokumentierten Auktionen statt.
1
Bis heute hat sich
hierbei eine Vielzahl von Auktionsformen herausgebildet. Im Zuge der Einführung von
USENET gab es vor etwa 25 Jahren die ersten Online-Auktionen. Durch die seitdem stark
zunehmende Zahl der Internetnutzer stieg auch das Angebot an professionellen Online-
Auktionsplattformen.
2
Dabei besteht für den Verkäufer gegenüber herkömmlichen Auktionen
insbesondere der Vorteil, dass er sich bei Online-Auktionen einer viel größeren Zahl
potentieller Käufer gegenüber sieht und damit einen höheren Verkaufspreis erwarten kann.
Die Käufer profitieren davon, dass sie bei diesen Auktionen nicht mehr physisch anwesend
sein müssen und die Angebotspalette entsprechend größer ist. Das bis heute weltweit
erfolgreichste Internet-Auktionshaus ist eBay. Es wurde 1995 gegründet und verzeichnet
heute über 114 Mio. registrierte Mitglieder in 31 internationalen Märkten.
3
Mit dieser
Entwicklung werfen Online-Auktionen und insbesondere eBay-Auktionen neue Fragen auf
und rücken immer mehr in das Interesse von wissenschaftlichen Untersuchungen. Im
Rahmen der Spieltheorie besteht eine wichtige Fragestellung darin, das Verhalten rationaler
Bieter in Online-Auktionen zu ermitteln sowie diese Vorhersagen mit dem tatsächlichen
Verhalten zu vergleichen und mögliche Gründe für Abweichungen zu finden.
In dieser Diplomarbeit wird eine wichtige Abweichung dieser Verhaltensweisen
herausgegriffen und analysiert. Untersucht wird, zu welchen Zeitpunkten die Bieter während
der Auktionslaufzeit ihre Gebote abgeben. Zu beobachten ist, dass bei eBay-Auktionen
vermehrt in den letzten Minuten der Auktionslaufzeit Gebote abgegeben werden. Von
großem Interesse ist diese Fragestellung, da hier eine deutliche Abweichung von dem
beobachteten Verhalten gegenüber den Ergebnissen der Theorie auftritt. Somit stellt sich die
Frage, warum sich a) die Bieter nicht mehr rational verhalten, oder ob sie sich b) durchaus
rational verhalten, die vergangenen Theorien Online-Auktionen jedoch nicht korrekt abbilden
und erklären können. Mögliche Antworten darauf werden in dieser Arbeit aufgezeigt und
diskutiert.
1
Siehe http://auctions.com.my/history.htm, Stand: 23.02.2005.
2
Siehe http://www.auktionsecke.de/a_oa_geschichte.shtml, Stand: 23.02.2005.
3
Siehe http://pages.ebay.de/aboutebay.html?ssPageName=f:f:DE, Stand: 20.02.2005.

2
Bevor im Speziellen eBay-Auktionen betrachtet werden, wird im folgenden Kapitel 2
zunächst allgemein die Auktionstheorie vorgestellt. Ziel dabei ist es, Grundlagen für das
Verständnis der Wirkungsweise von eBay-Auktionen zu legen, um die Erklärungsansätze für
spätes Bieten bei eBay verstehen zu können. Zunächst werden zwei grundlegende Modelle
der Auktionstheorie vorgestellt. Im Anschluss daran werden die vier klassischen
Auktionsformen mit den aus spieltheoretischer Sicht gleichgewichtigen Bietstrategien
präsentiert, um eBay-Auktionen bezüglich ihrer formalen Ausgestaltung und dem zu
erwartetem Bietverhalten einordnen zu können. Am Ende dieses Kapitels 2 wird das
Einnahmen-Äquivalenz-Theorem vorgestellt, dass als zentrales Theorem der Auktionstheorie
verstanden werden kann. Im Anschluss daran erfolgt in Kapitel 3 das Kernstück dieser
Arbeit, indem sich der oben beschriebenen Fragestellung zugewandt wird. Zuerst wird das
Auktionsverfahren bei eBay-Auktionen erklärt und aufgrund der Darstellungen in Kapitel 2
erwartetes Verhalten mit dem tatsächlichen verglichen. Die daraus resultierenden Differenzen
werden durch einschlägige Erklärungsansätze für spätes Bietverhalten bei eBay-Auktionen
erklärt. Dabei werden insbesondere auch Kritikpunkte aufgezeigt und teilweise
Erweiterungen vorgenommen, bevor am Ende der Arbeit ein abschließender
Erklärungsansatz präsentiert wird.
2. Auktionstheorie
2.1 Grundlagen
Eine Auktion ist ein Allokationsmechanismus, bei dem aus dem Vergleich abgegebener
Gebote, Preise für Güter gebildet werden. Das klassische Szenario ist, dass ein einzelner
Anbieter einmalig ein Gut unter mehreren Nachfragern (Bietern) versteigert.
4
Dabei
konkurrieren die Bieter untereinander über die Abgabe von Preisangeboten. Über ein zuvor
festgelegtes Regelwerk wird der Käufer, üblicherweise der Bieter mit dem höchsten
Preisangebot, sowie der gültige Kaufpreis ermittelt. Ein wichtiges Charakteristikum einer
Auktion ist das Vorliegen asymmetrischer Informationen. Zum einen kennt jeder Nachfrager
in der Regel seine maximale Zahlungsbereitschaft, während der Anbieter und die anderen
4
Es ist auch der umgekehrte Fall denkbar, in dem viele Anbieter um einen Nachfrager konkurrieren, z.B. bei
einer öffentlichen Ausschreibung. Da dieser Fall für eBay nicht relevant ist und daher im weiteren Verlauf
dieser Arbeit keine Rolle spielt, soll er hier nicht weiter behandelt werden. Die dargestellten Zusammenhänge
gelten aber auch analog für diesen umgekehrten Fall.

3
Nachfrager darüber nur unsichere Erwartungen haben. Zum anderen verfügt der Anbieter
dagegen meist über mehr Informationen hinsichtlich Eigenschaften und Qualität des
Auktionsobjektes.
Der Ablauf einer Auktion beginnt mit dem Auktionsstart. In der daran anschließenden
Bietphase können die Nachfrager einmalig oder mehrmals Gebote abgeben. Häufig wird
dabei zuvor von dem Anbieter ein Startpreis bzw. Mindestgebot festgelegt. Das Ende dieser
Bietphase ist entweder durch einen festgelegten Zeitpunkt gekennzeichnet oder tritt ein, wenn
kein Bieter mehr ein höheres Gebot abgibt. Im Anschluss daran kommt es zur
Transaktionsbildung. Anhand der abgegebenen Gebote wird entschieden, welcher Nachfrager
das Auktionsgut zu welchem Preis erhält.
Bei einer vollkommenen Auktion ist sichergestellt, dass es immer dann zu einem Handel
kommt, wenn dadurch ein Effizienzgewinn erzielt wird. Es gibt in diesem Fall mindestens
einen Bieter, der dem Auktionsobjekt einen höheren Wert bemisst als der Verkäufer. Der
Effizienzgewinn erreicht sein Maximum dadurch, dass das Gut an denjenigen geht, der ihm
den höchsten Wert zuspricht.
Die Auktionstheorie untersucht nun die Eigenschaften von Auktionen, in dem sie strikt
rationale Bieter unterstellt. Mit Hilfe spieltheoretischer Methoden lassen sich Prognosen über
gleichgewichtige Bietstrategien ableiten und ein optimales Auktionsdesign bestimmen.
5
2.2 Grundlegende Modelle
In der Auktionstheorie haben sich vorrangig zwei grundlegende Modelle herausgebildet, um
aufkommende Fragestellungen zu beantworten. Sie unterscheiden sich insbesondere darin,
wie der einzelne Bieter zu einer Bewertung des zu versteigernden Objekts kommt. Es handelt
sich hierbei um das Modell der unkorrelierten Wertschätzung sowie um das Modell der
korrelierten Wertschätzung, welche im Folgenden näher erläutert werden.
6
2.2.1 Modell der unkorrelierten Wertschätzung
Es wird eine Auktion angenommen mit n + 1 Teilnehmern. Die n Personen sind die Bieter,
während die eine Person der Verkäufer ist und die Auktionsregeln festlegt. Im Folgenden
5
Zu Überblicksarbeiten zur Auktionstheorie siehe z.B. McAfee u. McMillan (1987), Milgrom (1985), Wilson
(1987), Wolfstetter (1996) und Milgrom (2004).
6
Die folgenden Darstellungen basieren auf Klemperer (1999), Kräkel (1992) und McAfee u. McMillan (1987).

4
wird ein Beispielbieter mit dem Index i versehen und seine Konkurrenten mit dem Index j.
Versteigert wird ein unteilbares Gut, für das kein allgemeiner monetärer Wert existiert.
Stattdessen besitzt jeder Auktionsteilnehmer eine private Bewertung für dieses Objekt, die
jedoch nur ihm bekannt ist. Sie beschreibt den Kaufpreis, den der Bieter höchstens zu zahlen
bereit ist und wird im Folgenden auch als Reservationswert oder maximale
Zahlungsbereitschaft bezeichnet. Der Reservationswert des Verkäufers wird durch v
0
dargestellt, während die Reservationswerte der n Bieter mit v
1
, ..., v
n
beschrieben werden.
Da die maximale Zahlungsbereitschaft des Bieters i seine private Information ist und für alle
anderen Bieter j sowie für den Verkäufer eine Zufallsvariable V
i
darstellt, wird die
Informationsverteilung als asymmetrisch charakterisiert. Die Informationsstruktur wird als
symmetrisch angenommen, da jeder Bieter i die Reservationswerte der Bieter j als Ziehung
aus einem bestimmten Intervall gemäß einer bestimmten Wahrscheinlichkeitsverteilung
ansieht, die gemeinsames Wissen aller Auktionsteilnehmer ist. Die Wahrscheinlichkeits-
verteilung wird durch die Verteilungsfunktion F(v) und die Dichtefunktion f(v) mit f(v) > 0
beschrieben. Jeder Bieter ermittelt seinen Reservationswert unabhängig von den
Bewertungen seiner Konkurrenten. Besitzt ein Bieter i eine private Information l
i
über das
Auktionsobjekt und wäre sein Reservationswert eine Funktion v
i
(l
1
, ..., l
n
), wenn ihm alle
privaten Informationen seiner Konkurrenten vorliegen würde, dann lautet sein
Reservationswert weiterhin v
i
(l
i
), ist also nur von seinem privaten Hinweis abhängig. Die
Reservationswerte v
1
, ..., v
n
sind demnach stochastisch unabhängige Größen derselben
Verteilung F(v).
Ein Beispiel bei dem das Modell der unkorrelierten Wertschätzung angewendet werden kann,
ist die Versteigerung eines Gemäldes, das nur für den eigenen Besitz und nicht zum
Wiederverkauf gedacht ist. Dabei hängt dessen Bewertung lediglich von persönlichen
Ansichten und Beurteilungen über das Gemälde ab und nicht von den Einschätzungen oder
dem Verhalten der Mitbieter.
2.2.2 Modell der korrelierten Wertschätzung
Im Modell der unkorrelierten Wertschätzung wurde davon ausgegangen, dass jeder Bieter
eine private maximale Zahlungsbereitschaft hat, die nur ihm bekannt ist. Im Gegensatz dazu
gibt es im Modell der korrelierten Wertschätzung nur einen einheitlichen Reservationswert v.

5
Dieser entspricht dem objektiven Wert des Auktionsgutes, der für alle Bieter identisch,
jedoch vor der Auktion unbekannt ist. Er muss von den Bietern geschätzt werden, so dass sie
sich hinsichtlich dieser privaten Schätzung unterscheiden. Dabei beschreibt v
i
diese private
Wertschätzung des Bieters i, die zu Beginn der Auktion die für ihn einzige genaue
Information darstellt. Im Laufe der Auktion kann sich diese Schätzung anhand zusätzlich
gewonnener Informationen ändern. Eine wichtige Informationsquelle ist dabei das Verhalten
der Mitbieter. Ein Bieter kann daraus lernen und sein Bietverhalten daran anpassen. Wenn
jedem Bieter i und seinen Konkurrenten j alle privaten Informationen l zur Verfügung stehen
würde, dann gilt hier v
i
(l
1
, ..., l
n
) = v
j
(l
1
, ..., l
n
). Alle Bieter hätten dann also die gleiche
private Wertschätzung, die von allen persönlichen Informationen abhängen.
Ein Beispiel bei dem das Modell der korrelierten Wertschätzung angewendet werden kann,
ist die Versteigerung eines Ölfeldes. Die Bieter haben verschiedene Schätzungen darüber,
wie viel Öl in dem Feld gefördert werden kann, die tatsächliche Menge ist jedoch zunächst
unbekannt. Anhand der abgegebenen Gebote können nun Rückschlüsse über die
Fördermenge gezogen und das eigene Bietverhalten angepasst werden, indem man vermutet,
dass die Konkurrenten bessere Informationen über das Ölfeld besitzen.
Dass Bieter von den Signalen ihrer Konkurrenten lernen, führt häufig zu dem Problem des
Fluchs des Gewinners. Darunter versteht man das Phänomen, dass Bieter häufig nur deshalb
eine Auktion gewinnen, weil sie den wahren unbekannten Wert des Auktionsobjekts am
meisten überschätzt haben und dann einen Preis zahlen müssen, der den wahren Wert des
Auktionsobjektes übersteigt.
7
Im Beispiel des Ölfeldes müsste der Auktionsgewinner nun
einen Preis zahlen, der den Gewinn aus dem geförderten Öl übertrifft.
In der Auktionsrealität existieren die beiden vorgestellten Modelle in ihren extremen Formen
sehr selten. Vielmehr können sie als polare Fälle interpretiert werden, die in der Praxis meist
simultan vorkommen. Aus diesem Grund wurde von Milgrom und Weber ein Modell
entwickelt, dass Aspekte aus beiden Modellen miteinander verknüpft.
8
Da dies für die
weitere Arbeit keine wesentliche Rolle spielt, soll es an dieser Stelle nur erwähnt bleiben.
7
Zu genauen Ausführungen zu dem Phänomen des Fluchs des Gewinners siehe z.B.: Kagel u. Levin (2002),
Milgrom u. Weber (1982) und Thaler (1992).
8
Vgl. Milgrom u. Weber (1982).

6
2.3 Klassische Auktionsformen
In Theorie und Praxis kann man eine Vielzahl von Regeln beobachten, die das
Auktionsdesign bestimmen. Unter diesen Auktionsformen haben sich jedoch vier klassische
Arten herausgebildet, die durch folgendes Szenario gekennzeichnet sind: ein Anbieter,
mehrere Bieter und ein Auktionsobjekt. Es handelt es sich hierbei um die Englische Auktion,
die Holländische Auktion, die verdeckte Höchstpreisauktion sowie die Vickrey-Auktion.
Gemeinsam ist ihnen, dass jeweils der Bieter mit dem höchsten Gebot die Auktion gewinnt.
Unterschieden werden können sie durch die Anzahl der Gebote, die abgegeben werden
können, sowie durch den zu zahlenden Kaufpreis. Des Weiteren kann zwischen einer offenen
und einer verdeckten Abgabe der Gebote differenziert werden. Bei offenen Auktionsformen
kann das Bietverhalten der anderen Auktionsteilnehmer beobachtet werden, während dies bei
verdeckten Auktionsformen nicht möglich ist.
Im Folgenden sollen nun diese vier klassischen Auktionsformen kurz vorgestellt werden.
9
2.3.1 Englische Auktion
Die Englische Auktion ist wohl die am weitesten verbreitete und bekannteste Auktionsform.
Ausgehend von einem Mindestpreis des Verkäufers, wird der Preis solange sukzessive
erhöht, bis nur noch ein interessierter Bieter übrig bleibt. So bezieht sich auch das Wort
,,Auktion", das sich vom lateinischen Wort ,,augere" (,,steigern, erhöhen") herleitet, auf diese
Form der Versteigerung. Jeder Bieter kann dabei mehrmals ein Gebot abgeben, solange er
den letztgenannten Preis übersteigt. Häufig wird hierbei eine Mindesterhöhung gefordert, um
ein zügiges Fortschreiten der Auktion zu gewährleisten. Beendet ist die Auktion, wenn kein
Bieter mehr den aktuellen Preis überbietet. Der Sieger bezahlt den Preis in Höhe seines
letztgenannten Gebotes. Da bei der Englischen Auktion jeder Bieter das Verhalten seiner
Konkurrenten beobachtet kann, zählt diese auch zu den offenen Auktionsformen.
9
Die folgenden Darstellungen der Auktionsformen basieren auf Vickrey (1961), McAfee u. McMillan (1987a)
und Milgrom (1989).

7
2.3.2 Holländische Auktion
Bei der Holländischen Auktion, die ebenfalls zu den offenen Auktionsformen zählt, wird
seitens des Verkäufers oder eines Auktionators ein hoher Anfangspreis genannt, den er
kontinuierlich senkt. Den Zuschlag erhält derjenige, der sich als erster bei dem gerade
aktuellen Preis meldet. Jeder Bieter kann demnach maximal ein Gebot abgeben.
Wie der Name vermuten lässt, stammt diese Auktionsform aus den Niederlanden. Im 16. und
17. Jahrhundert wurden Gemälde und Drucke in den ersten Kunstauktionen nach diesem
Verfahren in den Niederlanden versteigert. Heute wird sie dort vor allem zur Versteigerung
von Schnittblumen eingesetzt.
2.3.3 Verdeckte Höchstpreisauktion
Bei der verdeckten Höchstpreisauktion geben die Bieter verdeckt, z.B. in einem Umschlag,
ein einziges Gebot ab. Gewinner der Auktion ist derjenige mit dem höchsten Angebot. Er
muss für das Auktionsobjekt den Betrag in Höhe seines Gebotes zahlen.
Die Bieter müssen hier also ihr Gebot abgeben, ohne das Bietverhalten der Konkurrenten
beobachten zu können.
2.3.4 Vickrey-Auktion
Genauso wie in der verdeckten Höchstpreisauktion geben bei der Vickrey-Auktion die Bieter
einmalig ein verdecktes Gebot ab. Der Bieter mit dem höchsten Gebot erhält hier ebenfalls
den Zuschlag, allerdings beträgt der Kaufpreis des Auktionsobjekts nur dem zweithöchsten
abgegebenem Gebot.
Diese Auktionsform wurde benannt nach William Vickrey, der sie in seinem Arbeitspapier
zu Grundlagen der Auktionstheorie entwickelt hat.
10
2.4 Bietstrategien
Betrachtet man die vier Standardauktionen, so soll stellt sich die Frage, welche optimale
Bietstrategie ein Bieter jeweils hat. Aus spieltheoretischer Sicht bieten sich zwei Konzepte
an, um dieses Problem zu lösen: Das Gleichgewicht in dominanten Strategien und das Nash-
10
Siehe Vickrey (1961).

8
Gleichgewicht. Unter dem erstgenannten versteht man eine Strategie, bei der ein Bieter
seinen Erwartungsnutzen maximiert, unabhängig davon, was seine Mitbieter tun bzw. was
ihre Strategien sind.
11
Bei einem Nash-Gleichgewicht wählt ein Bieter die beste Antwort auf
die beste Strategien seiner Konkurrenten.
12
Wie im Folgenden gezeigt werden soll, ergibt sich, dass die optimalen Bietverhalten bei der
Englischen Auktion und der Vickrey-Auktion sowie bei der Holländische Auktion und der
Höchstpreisauktion strategisch äquivalent sind. Es wird hierbei angenommen, dass ein
Modell der unkorrelierten Wertschätzung vorliegt, die Bieter risikoneutral sowie
symmetrisch sind und die Preisbildung nur von den abgegebenen Geboten abhängt.
13
2.4.1 Bietstrategie bei der Englischen Auktion und der Vickrey-Auktion
Grundsätzlich hat ein Bieter i die Möglichkeit ein Gebot b
i
abzugeben, dass kleiner, gleich
oder größer seines Reservationswertes v
i
ist. Bei der Englischen Auktion ergibt sich der
Gewinn des Bietsiegers aus der Differenz seiner maximalen Zahlungsbereitschaft für das
Auktionsgut und seines zuletzt abgegebenen Gebotes. Daher macht es bei der Englischen
Auktion wenig Sinn, ein Gebot abzugeben, das den eigenen Reservationswert übersteigt, da
dies zu negativen Erträgen führen würde. Dies bedeutet also für diese Auktionsform, dass ein
Bieter i genau dann aus der Auktion ausscheiden wird, wenn sich das Bietniveau seinem
Reservationswert v
i
bis auf einen marginalen Betrag angenähert bzw. ihn gerade erreicht hat.
So wird auch der vorletzte Bieter n ­ 1 aus der Auktion aussteigen, wenn ein Gebot seinen
Reservationswert v
n-1
übersteigt. Das letzte Gebot des Siegers n ist demnach b
n
= v
n­1
. Da
dies dann auch seinem Kaufpreis entspricht, erzielt er einen Gewinn in Höhe von v
n
­ v
n­1
.
Die optimale Strategie lautet also, solange mitzubieten, bis der eigene Reservationspreis
überschritten wird. Da diese Entscheidung unabhängig von dem Verhalten der Konkurrenten
getroffen wird, ist sie eine streng dominante Strategie.
11
Vgl. Nash (1951), S. 292 und Holler u. Illing (2003), S. 53f.
12
Vgl. Nash (1951), S. 287 und Holler u. Illing (2003), S. 56ff.
13
Die folgenden Beweise in den nächsten beiden Kapiteln basieren auf Vickrey (1961), S. 20f., Riley u.
Samuelson (1981), S. 382, Milgrom u. Weber (1982), S. 1090f. und McAfee u. McMillan (1987), S. 708f.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2005
ISBN (eBook)
9783832491116
ISBN (Paperback)
9783838691114
DOI
10.3239/9783832491116
Dateigröße
536 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Johannes Gutenberg-Universität Mainz – Rechts- und Wirtschaftswissenschaften
Erscheinungsdatum
2005 (November)
Note
2,3
Schlagworte
auktionstheorie auktionsform bayes`sches gleichgewicht einnahmen äquilvalenz-theorem
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Titel: Spätes Bietverhalten bei eBay-Auktionen
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