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Marktnahe Absatzprognose als Grundlage zur Kundenorientierung der Supply Chain in der Automobilindustrie

©2003 Studienarbeit 110 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Die Automobilindustrie steht durch wachsende Kundenanforderungen bei einem Käufermarkt und starkem Konkurrenzkampf infolge der Marktsättigung unter Wettbewerbsdruck. Von den Herstellern wird verlangt, dass sie ein auf den Käufer zugeschnittenes Produkt innerhalb kürzester Zeit liefern können. Die hohe Komplexität und Variantenvielfalt der Produkte, die mehrstufigen Zulieferernetzwerke, die produktionstechnischen Bedingungen der Automobilproduktion sowie das Distributionssystem stehen jedoch einer direkten und schnellen Marktbedienung entgegen. Der Wunsch nach kundenspezifisch gefertigten Produkten mit niedriger Lieferzeit fordert die technischen und ökonomischen Grundsätze der individualisierten Massenproduktion heraus.
Aufgrund hoher Kapitalintensität und dem Auslastungsrisiko der Produktionsanlagen, erheblicher Lagerkosten, komplexer Produktionsplanungsprozesse und Lieferzeiten, welche die Kundenerwartungen übersteigen, sind die Hersteller dazu gezwungen, einen erheblichen Planungsvorlauf einzuhalten. Nicht allen Fahrzeugen, die in die Produktion eingesteuert werden, liegen demnach Kundenbestellungen zugrunde. Im Zuge der verstärkten Kundenorientierung befindet sich die Industrie in der Migrationsphase von Build-to-Stock zu Build-to-Order-Systemen, um die Leistung der gesamten Supply Chain durch das Pull-Prinzip am Kunden auszurichten.
Um die Planungssicherheit zu erhöhen und die nicht kundenbelegten Fahrzeuge möglichst kundenorientiert zu fertigen, setzen Hersteller und Vertrieb ein historisch gewachsenes Instrumentarium an Planungs- und Prognosemethoden ein. Die Prognoseverfahren greifen jedoch auf historische, nicht marktnahe Daten zu und orientieren sich an veralteten Planungsidealen. Dadurch bleiben erhebliche Optimierungspotentiale in der Produktionsplanung, im Vertrieb sowie entlang der Supply Chain ungenutzt.
Das Ziel dieser Arbeit ist daher die konzeptionelle Entwicklung eines marktnahen Absatzprognosesystems, um eine Ausrichtung der Produktion an den Kundenwünschen zu ermöglichen. Nach einführender Darstellung des Prognoseumfeldes und den Besonderheiten der Automobilindustrie werden die derzeit verwendeten Prognosesysteme untersucht. Aufbauend auf einer Schwachstellenanalyse wird auf konzeptioneller Ebene ein marktnahes Prognosesystem entwickelt, das auf Nutzungsdaten des Internet-Konfigurators beruht und moderne Methoden des Data Mining zur Analyse des Informationsverhaltens einsetzt. Dabei wird den […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


ID 9105
Tangermann, Ole: Marktnahe Absatzprognose als Grundlage zur Kundenorientierung
der Supply Chain in der Automobilindustrie
Hamburg: Diplomica GmbH, 2005
Zugl.: Technische Universität Berlin, Studienarbeit, 2003
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selbständig und ohne unerlaubte fremde Hilfe angefertigt, andere als
die angegebenen Quellen und Hilfsmittel nicht benutzt und die den
benutzten Quellen wörtlich oder inhaltlich entnommenen Stellen als
solche kenntlich gemacht habe.
Berlin, den 24. April 2003

Inhaltssverzeichnis
I
Inhaltsverzeichnis
I
NHALTSVERZEICHNIS
...I
A
BBILDUNGSVERZEICHNIS
...III
A
BKÜRZUNGSVERZEICHNIS
... IV
1 E
INLEITUNG UND
P
ROBLEMSTELLUNG
...1
1.1 Vorgehensweise und Aufbau der Arbeit ...2
1.2 Entwicklung der Automobilindustrie...3
1.3 Kurzportrait des CarConfigurators...6
1.4 Bedeutung und Problematik der Absatzprognose in der Automobilindustrie
und Abgrenzung des Themenbereichs ...7
2 K
AUFPROZEß
, F
ERTIGUNGSPROZEß UND
S
UPPLY
C
HAIN
M
ANAGEMENT
IN DER
A
UTOMOBILINDUSTRIE
...10
2.1 Kaufprozeß und Kaufentscheidung...14
2.2 Fertigungsprozeß eines Fahrzeuges...25
2.3 Lieferzeit und Liefererwartung ­ Produktionstechnik versus Kundenwunsch...27
2.4 Variantenvielfalt...32
2.5 Anforderungen an die Lieferkette und Supply Chain Management...39
3 P
ROZEßSTRATEGIEN DER
A
UTOMOBILINDUSTRIE
:
K
UNDENFERTIGUNG VERSUS
L
AGERFERTIGUNG
...45
3.1 Der Kundenbelegungsgrad...45
3.2 Lagerfertigung: Stock-Push-System...47
3.3 Kundenauftragsfertigung: Build-to-Order oder Pull-System...51
3.4 Produktionsprogrammplanung, Absatzplanung und Disponierung...55
4 P
ROGNOSESYSTEME ZUR
P
RODUKTIONSPROGRAMMPLANUNG
IN DER
A
UTOMOBILINDUSTRIE
...60
4.1 Prognosegegenstand und Prognoseziel der heutigen Prognosesysteme ...63

Inhaltssverzeichnis
II
4.2 Derzeit verwendete Prognosemethoden und deren Datenbasis ...66
4.3 Kritik und Mängel der jetzigen Prognosemethoden...70
5 K
ONZEPTIONELLE
G
RUNDLAGEN ZUR
E
NTWICKLUNG EINES
MARKTNAHEN
P
ROGNOSESYSTEMS
...75
5.1 Prognosegegenstand und Prognoseziel...76
5.2 Einsetzbare Prognosemethoden und deren Datenbasis...81
5.3 Integration der Prognose in die Planungssysteme ...87
6 Z
USAMMENFASSUNG UND
A
USBLICK
...93
7 L
ITERATURVERZEICHNIS
...
I

Abbildungsverzeichnis
III
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 2-1: Prozeßmodell von Kundenbetreuung zu Produktionsversorgung...11
Abbildung 2-2: Phasen des extensiven Kaufentscheidungsprozesses...16
Abbildung 2-3: Phasenschema der Automobil-Kaufentscheidung ...17
Abbildung 2-4: Konfigurationsdaten und Entwicklungsstufe der Kaufentscheidung...19
Abbildung 2-5: Zeitdauer zwischen Kaufentscheidung und Bestellung ...21
Abbildung 2-6: Falsche Interpretation des Kundenwunsches bei Lagerverkauf...23
Abbildung 2-7: Fertigungsprozeß eine Fahrzeuges...25
Abbildung 2-8: Zusammensetzung der Lieferzeit ...31
Abbildung 2-9: Variantenvielfalt am Beispiel der Abdeckplatte ...34
Abbildung 2-10: Ursache und Bedeutung von Alternativspezifikationen...38
Abbildung 2-11: Wertschöpfungskette der Automobilindustrie ...41
Abbildung 2-12: Entwicklung der automobilwirtschaftlichen Wertschöpfungskette. ...43
Abbildung 4-1: Prognose und Planung als aufeinanderfolgende Prozesse ...61
Abbildung 4-2: Entstehung des Prognosebedarfs...62
Abbildung 5-1: Prognoseziele und Herstellerstrategien. Eigene Darstellung ...77
Abbildung 5-2: Ziele und Integrationsbereiche von Prognosesystemen ...89

Abkürzungsverzeichnis
IV
Abkürzungsverzeichnis
ARMA
Auto Regressive Moving Average (Prognosemethode)
bspw.
beispielsweise
BTO
Build-to-Order
ggf.
gegebenenfalls
GVO
Gruppenfreistellungsverordnung
Hrsg.
Herausgeber
ICDP
International Car Distribution Programme
JIT
Just-in-Time
Kfz
Kraftfahrzeug
Mio.
Millionen
Mrd.
Milliarden
PPP
Produktionsprogrammplanung
SA
Sonderausstattung
SCM
Supply Chain Management
sog.
sogenannte(r/n)
u.a.
unter anderem
u.U.
unter Umständen
vgl.
vergleiche
z.B.
zum Beispiel

Einleitung
1
1
Einleitung und Problemstellung
Die Automobilindustrie steht durch wachsende Kundenanforderungen bei einem Käufermarkt
und starkem Konkurrenzkampf infolge der Marktsättigung unter Wettbewerbsdruck. Von den
Herstellern wird verlangt, daß sie ein auf den Käufer zugeschnittenes Produkt innerhalb
kürzester Zeit liefern können. Die hohe Komplexität und Variantenvielfalt der Produkte, die
mehrstufigen Zulieferernetzwerke, die produktionstechnischen Bedingungen der Automobil-
produktion sowie das Distributionssystem stehen jedoch einer direkten und schnellen
Marktbedienung entgegen. Der Wunsch nach kundenspezifisch gefertigten Produkten mit
niedriger Lieferzeit fordert die technischen und ökonomischen Grundsätze der
individualisierten Massenproduktion heraus.
Aufgrund hoher Kapitalintensität und dem Auslastungsrisiko der Produktionsanlagen,
erheblicher Lagerkosten, komplexer Produktionsplanungsprozesse und Lieferzeiten, welche
die Kundenerwartungen übersteigen, sind die Hersteller dazu gezwungen, einen erheblichen
Planungsvorlauf einzuhalten. Nicht allen Fahrzeugen, die in die Produktion eingesteuert
werden, liegen demnach Kundenbestellungen zugrunde. Im Zuge der verstärkten
Kundenorientierung befindet sich die Industrie in der Migrationsphase von Build-to-Stock zu
Build-to-Order-Systemen, um die Leistung der gesamten Supply Chain durch das Pull-Prinzip
am Kunden auszurichten.
Um die Planungssicherheit zu erhöhen und die nicht kundenbelegten Fahrzeuge möglichst
kundenorientiert zu fertigen, setzen Hersteller und Vertrieb ein historisch gewachsenes
Instrumentarium an Planungs- und Prognosemethoden ein. Die Prognoseverfahren greifen
jedoch auf historische, nicht marktnahe Daten zu und orientieren sich an veralteten
Planungsidealen.
Dadurch
bleiben
erhebliche
Optimierungspotentiale
in
der
Produktionsplanung, im Vertrieb sowie entlang der Supply Chain ungenutzt.
Das Ziel dieser Arbeit ist daher die konzeptionelle Entwicklung eines marktnahen Absatz-
prognosesystems, um eine Ausrichtung der Produktion an den Kundenwünschen zu
ermöglichen. Nach einführender Darstellung des Prognoseumfeldes und den Besonderheiten
der Automobilindustrie werden die derzeit verwendeten Prognosesysteme untersucht.
Aufbauend auf einer Schwachstellenanalyse wird auf konzeptioneller Ebene ein marktnahes
Prognosesystem entwickelt, das auf Nutzungsdaten des Internet-Konfigurators beruht und
moderne Methoden des Data Mining zur Analyse des Informationsverhaltens einsetzt. Dabei
wird den Möglichkeiten der Integration der Prognoseergebnisse in die Planungsprozesse der
Automobilindustrie besondere Bedeutung geschenkt.

Einleitung
2
1.1
Vorgehensweise und Aufbau der Arbeit
Das Konzept für ein Prognosemodell muß sich an den produktions- und marktseitigen
Bedingungen der Automobilindustrie richten, um eine Umsetzbarkeit gewährleisten zu
können. Das Thema der vorliegenden Arbeit
1
bewegt sich damit in der Schnittstelle zwischen
den Produktions- und Planungsprozessen der Automobilhersteller und der Supply Chain und
den Prognosemethoden, die zur Verbesserung der Planungsgrundlage eingesetzt werden
können. Aufgrund der Komplexität der Planungsprozesse muß bei einer konzeptionellen
Entwicklung eines Prognosesystems nicht nur das Prognoseverfahren selbst, sondern vor
allem auch die Integration der Prognosesysteme in die Planungssysteme der Hersteller unter
Beachtung der Besonderheiten der Automobilindustrie diskutiert werden.
Daher werden zunächst die Grundlagen des Kaufprozesses und des Fertigungsprozesses in der
Automobilindustrie dargestellt. Die über der Liefererwartung liegende Lieferzeit, die hohe
Variantenvielfalt sowie die Anforderungen an das Supply Chain Management bedingen erst
die Notwendigkeit von Absatzprognosen. Das Umfeld der Automobilproduktion wird
demzufolge in Kap. 2 dargestellt, um ein Verständnis für die Besonderheiten der
Automobilwirtschaft und des Produktionsvorgangs zu schaffen (Kap. 2). Anschließend
werden die wesentlichen im Automobilbau vertretenen Prozeßstrategien untersucht (Kap. 3).
Dieses Kapitel widmet sich insbesondere der Diskussion um Push- versus Pull-Systeme, dem
Wandel in den Distributionssystemen sowie der Produktionsprogrammplanung.
Aufbauend auf den Rahmenbedingungen der Kfz-Hersteller erfolgt eine Konzentration auf die
Prognosesysteme, die zur Vorhersage der Produktionsauslastung und damit zur Gestaltung
der Produktionsprogrammplanung, Disposition und Lagerhaltung verwendet werden.
Ausgangspunkt für einen Ansatz zur Verbesserung der Planungsgrundlage ist eine Bestands-
aufnahme der derzeit eingesetzten Methoden. Daher werden zunächst die heute verwendeten
Prognosesysteme dargestellt und einer kritischen Überprüfung unterzogen (Kap. 4). Die
Schwachstellen der verwendeten Prognosesysteme werden im Kontext der Produktions-
programmplanung herausgearbeitet und als Verbesserungsbedarf festgehalten. Kap. 5 schlägt
auf konzeptioneller Ebene ein Prognosesystem vor. Zunächst werden verschiedene mögliche
Prognosegegenstände diskutiert und ein Prognoseziel festgelegt. Anschließend werden

Einleitung
3
Methoden untersucht und vorgeschlagen, um das Prognoseziel zu erreichen. Abschließend
werden die Möglichkeiten geprüft, das Prognosesystem in das bisherige Planungssystem zu
integrieren und somit der Praxis zugängig zu machen.
1.2
Entwicklung der Automobilindustrie
Seit der Entstehung des Automobils vor mehr als einem Jahrhundert haben sich die gesamten
an der Produktion der Fahrzeuge beteiligten Industrie- und Dienstleistungsunternehmen zu
einem sehr komplexen System entwickelt. Aufgrund stetig ansteigender Bedürfnisse seitens
der Kunden, neuer Produktionstechniken, verstärktem Konkurrenzdruck und neuen Markt-
anforderungen hat sich die Automobilindustrie einem stetigen Wandel unterzogen. Auch die
Strategien der Hersteller und die Distributionssysteme haben sich einschneidend verändert.
Mit fortschreitender Technisierung des Automobils hat die Variantenvielfalt der Fahrzeuge
rapide zugenommen, während die Konsumenten nach einer immer weiter gehenden
Individualisierung fragen.
2
Die Entwicklung der Distributionssysteme und damit einher-
gehend die Strategie der Hersteller, kundenspezifische Bestellungen zu erfüllen, ist dabei eng
an die zunehmende Variantenvielfalt gebunden.
3
Holweg teilt die Entwicklung der
Distributionssysteme und die Art der Fahrzeugbereitstellung in drei Phasen ein:
4, 5
·
Make-to-Stock-Phase (1950-1960): Nahezu alle Fahrzeuge werden auf Lager produziert
und dem Kunden durch ein mehrstufiges Händlersystem zur Verfügung gestellt. Die
Auswahlmöglichkeiten bezüglich der Fahrzeugspezifikation ist begrenzt
6
und erlaubt
daher eine kundenanonyme Produktion, während die Produktionszeit noch hoch war und
einer Auftragsfertigung entgegenstand.
·
Händler-Transfer-Phase (1970-1980): Die Hersteller verlegen ihre Lager zu den Händlern,
welche die Autos in Kommission übernehmen. Die Fahrzeuge können mittels Transfer-
systemen zwischen den Händlern getauscht werden, um den Fahrzeugbestand einer
1 Die Arbeit richtet sich im formalen Aufbau an der Anleitung zur Gestaltung von Studien- und Diplomarbeiten
des Instituts für Technologie und Management der TU Berlin (Mai 2001) sowie an Bänsch, A. (1999)
2
Vgl. Diez, W. (2001 b) S. 83
3
Vgl. Holweg, M. (2001) S. 3. Die dortige Einteilung beruht auf einer Untersuchung des Automarktes in
Großbritannien, hat aber allgemeingültigen Charakter.
4
Vgl. Holweg, M. (2001) S. 3
5
Diez, W. (1999) weist darauf hin, daß die Fahrzeugdistribution hersteller- und marktabhängig ist und daher
Unterschiede zwischen den Ländern Europas bestehen. Vgl. S. 28

Einleitung
4
größeren Kundengruppe zugängig zu machen. So werden steigende Kundenanforderungen
bezüglich der Fahrzeugindividualität und Lieferzeit aus dem Lager bedient ­ der
Hersteller hat dabei das Lagerrisiko teilweise an den Händler übergeben.
·
Die Distributionszentren-Phase (1990-2000) hat ursprünglich das Ziel, die teuren Händler-
transfers
7
zu vermeiden. In einem zweiten Schritt wurde versucht, die oft überalterten
Händlerbestände zu verringern und darauf aufbauend den Anteil der Auftragsfertigung zu
erhöhen. Folglich sinkt die Anzahl der auf Lager gefertigten Fahrzeuge ab und der Build-
to-Order-Anteil steigt.
Fraglich ist die weitere Entwicklung der Automobilindustrie. Die Effizienzsteigerungen der
letzten Jahre in der Wertschöpfungskette der Automobilwirtschaft sind vornehmlich auf
Fortschritte in den Bereichen Einkauf und Produktion, also bis zur Fertigstellung des
Fahrzeuges, zurückzuführen.
8
Während der Fokus der Bemühungen insbesondere auf der
Weiterentwicklung der Produktionstechnik und der Gestaltung komplexer Logistikstrukturen
zur Beherrschung der Zuliefererbeziehungen
9
stand, sagen viele Wissenschaftler und
Praktiker in den nächsten Jahren der Optimierung der Distributionssysteme und ­strategien
eine besondere Bedeutung voraus.
10
Die gestiegenen Kundenanforderungen sowie der hohe
Konkurrenzkampf und Konzentrationsprozeß unter den Herstellern
11
werden nach vielfacher
Meinung zu einer weiteren Kundenorientierung der gesamten Branche führen und dafür
sorgen, daß das bisherige Distributionssystem der Automobilbranche in Frage gestellt wird.
12
Zukünftig kommen durch eine weitergehende Liberalisierung der Märkte neue Heraus-
forderungen auf die Autohersteller und deren Distributionssysteme zu. Durch die Einführung
des Euro wurde die Markttransparenz wesentlich erhöht; Preisunterschiede von bis zu 40%
des Listenpreises innerhalb Europas sind nicht mehr aufrecht zu halten.
13
Die Diskussion um
die Abschaffung der Gruppenfreistellungsverordnung (GVO
14
), die den Automobilherstellern
6
Vgl. Ohl, S. (2000) S. 16
7
Vgl. auch Diez, W. (1999) S. 28 und S. 81
8
Vgl. Grafmüller, M. H. (2000) S. 92
9
Vgl. Diez, W. (2001 b) S. 69
10 Vgl. Stautner, U. (2001) S. 3, Holweg, M. (2001) S. 4, Grafmüller, M. H. (2000) S. 92 f, Elias, S., Waller, B.,
Williams, G. (2000) S. 4 f, Graf, H. (2000) S. 6 f, Diez, W. (1999) und viele andere
11
Vgl. Diez, W. (2001 b) S. 87
12
Vgl. Diez, W. (1999) S. 21 f.
13
Vgl. Büschemann, K. H. (2002)
14
EG-Verordnung Nr. 1475/95 vom 28.06.1995

Einleitung
5
einige ,,Sondererlaubnisse"
15
bezüglich der Wettbewerbsbestimmungen zugesteht, verschärft
die Situation: Durch die GVO wurde den Herstellern erlaubt, die Händler im Rahmen eines
selektiven Vertriebes gewissen qualitativen und quantitativen Kriterien zu unterwerfen und
sie exklusiv an einen Hersteller zu binden.
16
Weiterhin konnten den Händlern Absatzver-
pflichtungen
17
auferlegt werden (vgl. ausführlich Kap. 3.2). Im Gegenzug erhalten die
Händler den Vorteil des alleinigen Verkaufsrechts in einem bestimmten Gebiet. In einer
schrittweisen Lockerung
18
und Anpassung der GVO an das übliche europäische Wettbewerbs-
recht (diskutiert wird auch die vollständige Abschaffung
19
) soll die Bindung der Händler an
einen Hersteller entfallen. Folglich wird die Möglichkeit entfallen, die Händler einer
Abnahmeverpflichtung für Automobile der Vertragsmarke zu unterwerfen.
20
Damit wird es
für die Hersteller schwieriger, den zunehmend liberalisierten Handel zu einer umfangreichen
und kostspieligen Lagerhaltung zu motivieren.
Durch die Liberalisierung erschwert sich die Lagerproblematik für die Hersteller, da die
Kunden das Auto nach wie vor in einer kurzen Lieferzeit bestellen möchten
21
und bei zu
langer Wartezeit evtl. auf einen anderen Hersteller ausweichen, der ­ falls die Liberalisierung
vollständig umgesetzt wird ­ sogar vom gleichen Händler im gleichen Verkaufsraum verkauft
werden darf.
22
Die wettbewerbstechnische Bedeutung der Lieferzeit und Verfügbarkeit des
vom Kunden bevorzugten Wunschmodells wird daher noch erheblich an Bedeutung
gewinnen.
23
Vor diesem Hintergrund verfolgt die aktuelle Debatte der Automobilindustrie die
konsequente Ausrichtung der Massenproduktion an der individuellen Nachfrage der Kunden
unter Einhaltung geringer Lieferzeiten bei vertretbaren Preisen als unverzichtbaren
Wettbewerbsvorteil.
24
15
Hayler, C. (2000) S. 30
16
Vgl. zu einer ausführlichen Darstellung der Diskussion um die Nachfolgeregelung der GVO Creutzig, J.
(2001) S. 120 ff.
17
Vgl. Grafmüller, M. H. (2000) S. 100 und Hayler, C. (2000) S. 30
18
Frankfurter Allgemeine Zeitung (2002).
19
Büschemann, K. H. (2002)
20
Hayler, C. (2000) S. 30
21
Elias, S. (2002) S. 10
22
Vgl. Stautner, U. (2001) S. 35
23
Ebenda
24
Vgl. Gehr, F., Palm, D. (2002) S. 3 f.

Einleitung
6
1.3
Kurzportrait des CarConfigurators
Der CarConfigurator (auch Internet-Konfigurator genannt) ist ein Internet-basierter Produkt-
konfigurator, mit dem sich alle vom Hersteller erhältlichen Fahrzeuge mit sämtlichen
Ausstattungsvarianten konfigurieren lassen. Das Konfigurationswerkzeug ist im Internet auf
der Website des Herstellers unbeschränkt zugänglich. Der Benutzer wird interaktiv durch die
Produktvarianten geführt und verfeinert sein persönliches Wunschauto schrittweise. Dabei
werden die bereits enthaltene Serienausstattung sowie die (Auf-)Preise aller
Ausstattungsvarianten angezeigt und deren Kombinierbarkeit überprüft. Der Benutzer kann
sich das konfigurierte Modell in verschiedenen Innen- und Außenansichten ansehen. Das
Ergebnis eines Konfigurationsvorgangs kann mitsamt dem Preis und allen Ausstattungs-
varianten ausgedruckt oder an einen Händler zur Angebotserstellung übertragen werden.
Der CarConfigurator spielt eine bedeutende Rolle als Informationsmedium im
Kaufentscheidungsprozeß. Weit mehr als die Hälfte aller Kunden des betrachteten
Unternehmens informieren sich vor dem Kauf im Internet.
25
Der Konfigurator wird alleine in
den USA für die Marken Chrysler, Jeep und Dodge über 800.000 mal monatlich zur
Fahrzeugkonfiguration genutzt.
26
Der Konfigurator zählt in der Automobilindustrie als die
beliebteste Anwendung auf den Herstellerwebsites.
27
Neben den Informationszwecken für den Kunden eignet sich der CarConfigurator zu Markt-
forschungs- und Absatzprognosezwecken, da die Nutzungsvorgänge elektronisch
aufgezeichnet werden und eine computergestützte Auswertung der anfallenden Datenmassen
mittels moderner Data Mining Methoden erlauben.
28
Die im Internet-Konfigurator erhobenen
Daten beruhen auf vom Endkunden durchgeführten Konfigurationen und spiegeln unmittelbar
das im Markt vorhandene Interesse wider. Im Vordergrund dieser Arbeit steht die
konzeptionelle Untersuchung von Möglichkeiten der marktnahen Absatzprognose durch die
Nutzung von Daten des Internet-Konfigurators.
25
Vgl. DCXNet (2001) S. 20
26
Vgl. DaimlerChrysler (2002) S. 4 ff. Die Nutzungszahlen des CarConfigurators steigern sich dabei mit einer
monatlichen Steigerungsrate von über 20 %.
27
Vgl. Dammenhain, K.-O., Amann, M. (2001) S. 347
28
Vgl. Bensberg, F. (2001) S. 61 ff. zu einer ausführlichen Darstellung von Data Mining und
Wissensentdekcung in Datenbanken

Einleitung
7
1.4
Bedeutung und Problematik der Absatzprognose in der
Automobilindustrie und Abgrenzung des Themenbereichs
Durch die Anforderung des Marktumfeldes an die Automobilindustrie, den Kunden hoch-
individualisierte Produkte in einem Massenfertigungsverfahren
29
in kurzer Lieferzeit zur
Verfügung zu stellen, müssen die Hersteller in der Lage sein, sehr schnell auf Kunden-
anforderungen zu reagieren. Neben den Kundenerwartungen müssen die Produzenten aber
auch die Bedingungen des komplexen Prozesses der Fahrzeugherstellung mitsamt der
Lieferkette einhalten. Durch die Notwendigkeit der Vorausplanung zur Aufrechterhaltung der
Lagerbestände in einem mehrstufigen Lieferantensystem sowie zur Sicherstellung einer
möglichst gleichmäßigen und nah beim Betriebsoptimum liegenden Produktionsauslastung
30
ist es unabdingbar, einen planerischen Vorlauf einzuhalten.
Die Hersteller stehen somit vor der Frage, welche Mittel sie einsetzen können, um den
notwendigen planerischen Vorlauf zu erreichen. Die Bestrebungen zur Beherrschung des
Planungsproblems lassen sich in zwei Kategorien einteilen:
Verkürzung des notwendigen Planungshorizontes:
Es werden verschiedene Möglichkeiten diskutiert, um schneller auf Kundenanforderungen zu
reagieren. Zunächst ist die Verkürzung der Durchlaufzeit zu nennen, also der Zeit von der
Freigabe des Auftrages bis zur Übergabe an das Distributionssystem.
31
Damit einher gehen
die Bemühungen zur Flexibilisierung
32
der Produktion, um auf wechselnde Anforderungen
reagieren zu können, sowie Distributionssysteme, die eine schnelle Belieferung erlauben.
Auch der Gestaltung des SCM kommt eine große Bedeutung
33
zu; die Bemühungen gehen
dahin, das mehrstufige Lieferantensystem mittels Pull-Verfahren und Netzwerkmanagement
auf möglichst schnelle Lieferzeiten zu trimmen. Auch eine Erhöhung der Lagerbestände an
unfertigen und fertigen Produkten ermöglicht, den notwendigen Planungshorizont zu
29
Vgl. Grafen, B. (2001) S. 12
30
Vgl. Waller, B. (2001) S. 5
31
Vgl. Sinngemäß Höck, M. (1997) S. 65
32
Vgl. Kuhn, A., Hellingrath, H. (2002) S. 3
33
Vgl. Glöckl, H., Urban, G. (2002) S. 3 f. sowie Stautner, U. (2001) S. 12 f.

Einleitung
8
verringern, doch sprechen die hohe Kapitalintensität der Automobilbranche
34
sowie die
umfangreiche Teilevarianz entschieden gegen den Aufbau von ,Sicherheitslagern`.
Die Gruppe der den Planungshorizont verringernden Methoden ist Gegenstand vielfältiger
Untersuchungen und Bemühungen der Forschung und Praxis.
35
Sie sollen daher nicht ein-
gehend untersucht werden. Dennoch spielen die Methoden eine Rolle, da sie teilweise eine
notwendige Voraussetzung für die Umsetzung der hier untersuchten Gruppe der Verfahren
zur Steigerung der Planbarkeit darstellen. Die konzeptionelle Erarbeitung von Prognose-
methoden muß sich daher bezüglich ihrer Umsetzbarkeit an den erwähnten Verfahren und der
betrieblichen Praxis eines Automobilbauers orientieren.
Methoden zur Steigerung der Planbarkeit zukünftiger Ereignisse:
Die Gruppe der Verfahren zur Steigerung der Planbarkeit zukünftiger Ereignisse (hier:
Kundenaufträge) steht im Mittelpunkt dieser Arbeit. Die Planung spielt im Automobilbau
aufgrund der Komplexität des Produktionsprozesses eine besondere Rolle, da sich fehlerhafte
Planungsprozesse in einer Vielzahl von Folgen äußern und die Ergebnissituation eines
Herstellers gravierend beeinflussen können.
36
Der Umfang des Planungsbegriffs beschränkt
sich in dieser Arbeit lediglich auf die Produktionsplanung. Unter Produktionsplanung wird die
,,organisatorische Planung, Steuerung und Kontrolle des gesamten Leistungserstellungs-
prozesses eines Industriebetriebes unter Mengen-, Termin- und Kapazitätsaspekten"
37
verstanden. Die Produktionsplanung muß an den Marktanforderungen richten. Die
Produktionsplanung verfolgt daher zwei Ziele: neben der Optimierung des Produktionsablaufs
unter produktionstechnischen Bedingungen muß gleichzeitig auch die optimale Befriedigung
der Nachfrage bezüglich der Marktpräferenzen erreicht werden. Unter den Begriffen Push-
versus Pull-Strategie (vgl. dazu Kap. 3.2 und 3.3), lean production
38
und weitergehenden
34
Vgl. Diez, W. (2001 a) S. 45 f.
35
Vgl. DCXNet (2002), DaimlerChrysler (2001a und b) und Barlas, D. (2002) zu den Bemühungen der Praxis
(dort insbesondere des Herstellers DaimlerChrysler); Höck, M. (1997) und Lackes, R. (1994) zu
produktionstechnischen Fragen sowie Baumgarten, H. (2000 a) S. 3 zur Bedeutung der Logistik in der
Automobilindustrie.
36
Vgl. Diez, W. (1999) S. 25
37
Höck, M. (1997) S. 5
38
Siehe die vielbeachtete Studie ,,The Machine That Changed The World" von Womack, J. P., Jones, D. T.,
Roos, D. (1992), die eine Verschlankung Ausrichtung des Produktions- und Vertriebssystems auf den Kunden
fordert. Vgl. auch Weber, H. (1994) S. 26 ff. und Diez, W. (2001 b) S. 69 ff.

Einleitung
9
Paradigmen
39
wird diskutiert, in welcher Zielbeziehung beide Optimierungsprobleme
zueinander stehen und welches der Ziele als dominant
40
angesehen werden sollte. Eine
Vielzahl aktueller Forschungs- und Praxisbemühungen beschäftigt sich daher auch mit der
Frage, welche Richtung die Automobilindustrie einschlagen sollte und inwiefern das Primat
der absoluten Kundenorientierung mit den Besonderheiten der Automobilindustrie zu
vereinbaren ist.
41
Folglich befindet sich die Automobilindustrie in der Migration
42
von der
kundenungebundenen Lagerfertigung (oder auch Stock-Push-System) zur kundengebundenen
Auftragsfertigung (Pull-System oder Build-to-Order).
Um die Herstellungsprozesse unter Beachtung der produktionstechnischen Planungsvorläufe
möglichst kundenorientiert auszurichten, sollen Methoden untersucht werden, um die
Planbarkeit zukünftiger Ereignisse zu steigern. Auch wenn branchenweit Einigkeit darüber
besteht, daß die Hersteller nie ganz auf eine Lagerfertigung verzichten können,
43
so erfordert
die Notwendigkeit der marktorientierten Ausrichtung der Planungs- und Produktionsprozesse
eine Verbesserung der Planungsqualität für die Supply Chain der Automobilindustrie. In der
vorliegenden Arbeit sollen daher Prognosemethoden diskutiert werden, um die Planungs-
qualität als Basis der nachfolgenden Planungsprozesse entscheidend zu verbessern und den
Herstellern damit eine kundenorientierte Ausrichtung der Produktion zu ermöglichen.
39
Vgl. Diez, W. (1999) S. 13 f., Weber, H. (1994) S. 26 ff. und Meißner, H.-R., Kisker, K. P., Bochum, U.,
Aßmann, J. (1994) S. 9
40
Im Zuge einer Kundenorientierung im Sinne der Marketingwissenschaft müssen sich die
Unternehmensaktivitäten an absatzmarktorientierten Zielen ausrichten. Vgl. dazu Bruhn, M. (2001).
41
Vgl. auch hier Kap. 3.1 und 3.2
42
Vgl. Stautner, U. (2001) S. 46
43
Vgl. Hellingrath, B., Wloka, J., Wagenitz (2000) S. 95 und Stautner, U. (2001) S. 6

Kaufprozeß, Fertigungsprozeß und Supply Chain Management
10
2
Kaufprozeß, Fertigungsprozeß und Supply Chain Management in
der Automobilindustrie
Vor dem Hintergrund der Verbesserung von Absatzprognosemethoden sollen die wichtigsten
Stufen des Fahrzeugprozesses
44
erläutert werden, um ein Verständnis für die tiefe Verzahnung
der Planung mit der Produktion sowie dem Supply Chain Management zu schaffen. Zur Ver-
deutlichung wird dabei der Hauptprozeß der Automobilunternehmen, die Auftrags-
abwicklung, in grober Form prozeßorientiert dargestellt. Die Prozeßorientierung hat sich in
der Organisation von Automobilunternehmen erst in den letzten Jahren zunehmend durch-
setzen können, obwohl sie die Grundlage für eine kundenorientierte Sichtweise und bereichs-
übergreifende Verknüpfung von kundenorientierten Anforderungen mit daraus abgeleiteten
strategischen und operativen Zielen bildet.
45
Zunächst sei der Begriff Prozeß definiert und aufgrund der vielfach in der Literatur
auftretenden Abhandlungen nicht weiter diskutiert. Grafen beschreibt die verschiedenen
Sichtweisen und Definitionen des Begriffes Prozeß und faßt die verschiedenen Konzepte
letztlich als ,,eine Kombination von Aktivitäten, die aus einem definierten Input durch eine
Transformation einen Output erzeugt"
46
zusammen. Sie fügt hinzu, daß die an einem Prozeß
beteiligten Elemente beliebig zusammengesetzt werden können, sich jedoch an der definierten
Zielsetzung des Prozesses richten. Die Zielsetzung definiert zugleich die Schnittstelle bzw.
Leistungsanforderung zum folgenden Teilprozeß.
47
Wolff beschreibt Prozesse mit drei
Merkmalen
48
: Prozesse haben Kunden; Prozesse sind durch einen Fluß von Materialien und /
oder Informationen über Bereichsgrenzen hinweg charakterisiert; Prozesse besitzen einen
repetitiven Ablauf.
Die Vorteile der prozeßorientierten Sichtweise werden von Baumgarten in der Möglichkeit
gesehen, losgelöst von althergebrachten aufbauorganisatorischen Gegebenheiten durch eine
44
Vgl. Stautner, U. (2001) S. 46 ff.
45
Vgl. Stautner, U. (2001) S. 46 f.
46
Grafen, B. (2001) S. 26
47
Ebenda
48
Vgl. Wolff, S. (1995) S. 59

Kaufprozeß, Fertigungsprozeß und Supply Chain Management
11
ganzheitliche Betrachtungsweise bereichs- und funktionsübergreifend die gesamte
Prozeßkette zu optimieren.
49
Als Auslöser bzw. Verursacher aller Unternehmensvorgänge zählt in der prozeßorientierten
Sichtweise der Kunde selber. Gerade in dem komplexen und Restriktionen unterliegenden
Fahrzeugproduktionsprozeß
50
und dem vorgelagerten Produktionsplanungsprozeß gibt es aber
nach der derzeitigen Ausgestaltung eine Reihe von Teilprozessen, die nicht unmittelbar
kundengetrieben sind. Dieses sowie das nächste Kapitel sollen die Gründe und Ursachen des
Verstoßes an der reinen Kundenorientierung aufzeigen sowie die Ansätze der Hersteller und
die Erwartungen der Kunden gegenüberstellen.
Abbildung 2-1 zeigt ein Modell der Hauptprozesse der Automobilindustrie, das sich an den
Beteiligten der Prozeßkette vom Kundenauftrag bis zur Belieferung des Werkes orientiert.
Kunde
Verkaufs-
organisation
Werk
Lieferant
Prozeßkette
Kundenbetreuung
Prozeßkette
Auftragsabwicklung
Prozeßkette
Produktionsversorgung
Vertriebs-
organisation
Zentrale
Physische
Distribution
M
at
er
ia
lf
lu
ßr
ic
ht
un
g
In
fo
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at
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ch
tu
ng
Abbildung 2-1: Prozeßmodell von Kundenbetreuung zu Produktionsversorgung.
Quelle: Wolff, S. (1995) S. 82.
In dem von Wolff 1995 gezeichneten Modell ist die Informationsflußrichtung der
Materialflußrichtung entgegengesetzt und verläuft einseitig. Das ist auch grundsätzlich
49
Vgl. Baumgarten, H. (2000 a) S. 9 sowie Stautner, U. (2001) S. 21
50
Vgl. Hirzel, J. et. al. (2002) S. 64 f.

Kaufprozeß, Fertigungsprozeß und Supply Chain Management
12
richtig, da eine korrekte Ausführung der Aufgaben der nacheinandergeschalteten
Organisationsstufen (Verkauf, Werk, Zulieferer) mitsamt der in der Abbildung verdeutlichten
Informationsweitergabe den Kundenauftrag richtig erfaßt und befriedigt. Durch die
gesteigerten Kundenerwartungen, die ganzheitliche und bereichsübergreifende Betrachtung
der Logistik, den Einzug der Informationstechnologie in die Haushalte und Industrie-
unternehmen sowie die damit wachsende Bedeutung der Koordination von Informations-
flüssen
51
wird eine informatorische Verknüpfung der Prozeßbeteiligten gefordert.
52
Eine
Netzwerkbildung einhergehend mit einer engen informatorischen Anbindung wird
insbesondere durch die enge Verzahnung der Lieferanten und Hersteller gefordert bzw.
unterstützt.
53
Folglich sind auch rückwärtsgerichtete Informationsflüsse gewünscht.
Neben der angesprochenen, weit ausgebreiteten Diskussion um die Kommunikation zwischen
Hersteller und Zulieferer sei beispielhaft ein aktuelles Bestreben der Automobilindustrie zur
informatorischen Anbindung der Kunden erwähnt. Die Kunden erwägen bei der Bestellung
eines Fahrzeuges als eines der Kriterien zur Kaufentscheidung auch die Lieferbedingungen.
54
Dabei ist für sie nicht nur von Bedeutung, wann und wie schnell das Auto geliefert werden
kann (Lieferzeit
55
), sondern insbesondere auch, daß der Hersteller eine verbindliche Angabe
eines Liefertermins (oder Lieferzeitraums) macht und sich daran hält (Liefertreue
56
). Sie
verlangen von dem Händler, daß er ihnen verbindlich zusagen kann, wann das gewünschte
Fahrzeug geliefert werden kann. Was sich zunächst als übliche Geschäftsbedingung eines
Kaufvertrages anhört, bedeutet für den Hersteller eine gewaltige prozeßtechnische
Management-Herausforderung an das Produktions- und Planungssystem. Die Einhaltung
einer Lieferzeit bedingt die exakte Vorkalkulation der Durchlaufzeit des Fahrzeuges, die
wiederum den Maschinenbelegungsplan, das Produktionsprogramm und die lieferantenseitige
Verfügbarkeit von Zulieferteilen voraussetzt. Alle diese Informationen müssen verfügbar und
aktuell sein und in Richtung des Kunden bzw. Händlers entgegen dem in Abbildung 2-1
gezeigten Informationsfluß gebündelt weitergegeben werden. Die Schwierigkeit besteht
jedoch nicht in der Weitergabe, sondern in der Verwaltung und Ermittlung der Informationen.
51
Vgl. Baumgarten, H. (2000 a) S. 11
52
Vgl. Baumgarten, H., Park, M. H. (2002) S. 214 f.
53
Vgl. Glöckl, H., Urban, G. (2002)
54
Vgl. die Ausführungen in Kap. 2.3 sowie Grafen, B. (2001) S. 102 ff.
55
Vgl. Grafen, B. (2001) S. 102 f.
56
Vgl. Grafen, B. (2001) S. 104

Kaufprozeß, Fertigungsprozeß und Supply Chain Management
13
DaimlerChrysler hat zur Bewältigung dieser Anforderungen 1997 die Initiative ,,Global
Ordering"
57
gestartet, um den Bestellvorgang der Marke Mercedes-Benz zu erneuern. Danach
sind die Händler über ein Netzwerksystem mit der Vertriebsorganisation und der Produktions-
datenbank verbunden und können bei einer Kundenbestellung die Verfügbarkeit überprüfen
und bei Bedarf einen Produktionsplatz mitsamt den dazugehörigen Kapazitäten direkt online
,,buchen"
58
. Durch die Neugestaltung des Prozesses konnte die Bestellbearbeitungszeit und
damit die Lieferzeit erheblich gesenkt, die Liefertreue gesteigert und damit die Kunden-
zufriedenheit erhöht und durch den transparenten und vereinheitlichten Bestellprozeß zudem
noch Kosten gespart werden.
Anhand des Beispiels der informatorischen Anbindung des Händlers in die Produktions-
datenbank sowie die Weitergabe der Information an den Kunden wird die Bedeutung des
Prozeßgedankens und der funktionsübergreifenden Integration der Wertschöpfungsstufen
verdeutlicht. Der ausgewählte Fall zeigt den Einfluß dieser viel diskutierten Themen auf die
Automobilindustrie und deutet an, welchen Umfang, aber auch welches Potential eine
prozeßorientierte Gestaltung der Unternehmensabläufe aufweist.
Um ein tieferes Verständnis für die Vorgänge in der Automobilindustrie zu schaffen, werden
die bereits aus dem Beispiel bekannten und in Abbildung 2-1 gezeigten Prozesse besprochen.
Die Beschreibungen sind knapp gehalten und beschäftigen sich nur mit den für das Ziel der
Arbeit relevanten Betrachtungen. Kap. 2.1 beschreibt den Kaufprozeß des Fahrzeuges, Kap.
2.2 den Fertigungsprozeß. Unmittelbar mit dem Kauf- und Fertigungsprozeß sind die kunden-
seitigen Liefererwartungen (Kap. 2.3) und die daraus resultierenden Anforderungen an den
Hersteller verbunden. Eine Hauptdeterminante des Prognoseproblems stellt die Varianten-
vielfalt der Modelle dar, die in Kap. 2.4 beschrieben wird. Durch die vorab diskutierten
Bedingungen ergibt sich insgesamt ein vielfältiges Anforderungsprofil an das Supply Chain
Management von Unternehmen der Automobilindustrie, das abschließend in Kap. 2.5
geschildert wird.
57
Vgl. im folgenden DaimlerChrysler (2001 a und b) sowie Waidelich, R. (2001). Waidelich geht auf den großen
Umfang des Projektes und die organisatorischen sowie informationstechnischen Herausforderungen ein. Siehe
Boettcher, M., Putzlocher, S. (2000) zur informationstechnischen Umsetzung des Informationsflusses im
Kundenauftrags- und Beschaffungsprozeß.
58
Vgl. die Analogie mit dem Buchungssystem einer Fluggesellschaft. Bei GO kann ein Händler einen
Produktionsplatz mitsamt den dazugehörigen Ressourcen buchen. Siehe Diez, W. (2001 b) S. 94

Kaufprozeß, Fertigungsprozeß und Supply Chain Management
14
2.1
Kaufprozeß und Kaufentscheidung
Fahrzeuge sind Güter, die langfristig genutzt werden und verglichen mit anderen Gütern einen
relativ hohen emotionalen Einfluß auf den Käufer und dessen Umwelt ausüben.
59
Sie recht-
fertigen daher hohe Kaufanstrengungen und werden als specialty good bezeichnet.
60
Die
hohen Kaufanstrengungen spiegeln sich insbesondere in einer ausgedehnten Phase der Kauf-
entscheidung wider. Da das zu entwickelnde Prognosemodell Nutzungsdaten des Internet-
Konfigurators verwenden soll, die vor dem Kauf eines Fahrzeuges ­ also während des
Kaufentscheidungsprozesses - entstanden sind, wird dieser Prozeß näher dargestellt. Die
Ausführungen konzentrieren sich auf Fahrzeuge, die von Privatpersonen gekauft und genutzt
werden. Der Kaufprozeß kann sich für privat bzw. gewerblich genutzte Fahrzeuge erheblich
unterscheiden. Größere Unternehmen, die das Fahrzeug als produktiv oder indirekt
produktives Gut nutzen,
61
wickeln die Beschaffung oft über ein Buying Center ab, kaufen
größere Mengen gleicher Fahrzeuge und haben ihre eigenen Kommunikationswege mit dem
Kfz-Hersteller. Auch die Lieferzeiterwartungen unterscheiden sich wesentlich. Folglich
unterliegt der rein gewerbliche Kaufprozeß anderen Zielen und Bedingungen, als der private
Kaufprozeß. In dieser Betrachtung stehen die Kaufvorgänge im Vordergrund, die keine
Mengenkäufe, sondern individuelle Anschaffungen sind, da gerade in diesem Bereich ein
großes Einsparpotential gesehen wird. Es wird angenommen, daß insbesondere die
individuellen Privatpersonen während ihres Fahrzeugkaufprozesses auf den Internet-
Konfigurator zugreifen.
62
Die Nutzungsdaten des Konfigurators entstehen also durch den
Kaufentscheidungsprozeß einer Privatperson oder eines gewerblichen Käufers, der das
Fahrzeug auf einem dem privaten Kaufentscheidungsprozeß ähnlichen Wege beschafft. Daher
werden im folgenden der Kaufentscheidungsprozeß einer Privatperson sowie privatpersonen-
ähnliche Kaufprozesse betrachtet.
Etwa 60% aller Neuwagen werden von Privatpersonen gekauft,
63
die anderen Fahrzeuge
werden gewerblich genutzt. Ein nicht zu unterschätzender Anteil der gewerblich genutzten
59
Vgl. Kuß, A. (1991) S. 7
60
Vgl. Kotler, P., Bliemel, F. (1999) S. 675
61
Vgl. Schemuth, J. (1996) S. 29 ff.
62
Vgl. Kap. 1.3 sowie DaimlerChrysler (2002) S. 5 f.
63
Vgl. Dammenhain, K.-O., Amann, M. (2001) S. 334 und Hayler, C. (2000) S. 35. Holweg, M., Jones, D. T.
(2002 a) geben hingegen einen Privatkundenanteil von 40% sowie Einzelhandelskunden von 20% an. Der
Rest entfällt auf Direktkunden (25%), Vorführwagen (5%) und Werksangehörige (10%).

Kaufprozeß, Fertigungsprozeß und Supply Chain Management
15
Fahrzeuge wird jedoch von einer einzelnen Person auf dem normalen Beschaffungsweg über
die Händler mit ähnlichen Erwägungen und Bedingungen gekauft.
64
Der Prozentsatz aller
Fahrzeugaufträge, die von Privatpersonen (oder Privatpersonen Gleichgestellten) ausgehen,
dürfte daher mehr als 60% betragen.
Kuß definiert die Kaufentscheidung als ,, die Auswahl eines von mehreren vergleichbaren
Angeboten von Sachgütern, Dienstleistungen, Rechten oder Vermögenswerten zum
freiwilligen Austausch gegen Geld"
65
. Die Kaufentscheidung wird im Rahmen eines
Kaufprozesses getroffen. Ein Kaufprozeß wird als der gesamte Ablauf von der Entstehung
eines bestimmten Bedarfs über die verschiedenen Arten von Entscheidungsprozessen mit
Informationsaufnahme und ­verarbeitung, der Auswahl eines Produktes, des Einkauf-
verhaltens, der Nutzung sowie der anschließenden Entsorgung einschließlich des Zuwachses
an Produkterfahrung bezeichnet.
66
Es werden verschiedene Kategorien von Kaufentscheidungen unterschieden,
67
wobei die
extensive Kaufentscheidung und die Routineentscheidung hier als gegensätzliche Beispiele
genannt seien. Extensive Kaufentscheidungen kennzeichnen umfassende, zum großen Teil
bewußt ablaufende Problemlösungsprozesse,
68
die eine ausgeprägte Phase der Informations-
aufnahme und ­verarbeitung beinhalten, ein hohes Involvement mit sich bringen, relativ
selten vorkommen und mit ausreichender Zeit überlegt bzw. entschieden werden können.
69
Das Involvement drückt die Stärke der Beziehung des Konsumenten zu einem Produkt aus
und spiegelt die Wichtigkeit des Kaufes für den Konsumenten wider.
70
High-Involvement-
Käufe sind Anschaffungen, die für den Konsumenten in einer engen Verbindung zu
Persönlichkeit und Selbsteinschätzung stehen und ihm daher sehr wichtig sind. Sie beinhalten
ein finanzielles (teure Güter), soziales (Produkt ist wichtig für Stellung in Bezugsgruppe) und
psychologisches (Sorge um falsche Entscheidung) Risiko.
71
64
Bspw. Betreiber von kleinen oder mittelständischen Gewerben, die einen Firmenwagen kaufen. Auch wenn
das Auto gewerblich genutzt und als Firmenfahrzeug gemeldet ist, wird es wie von einer Privatperson
beschafft.
65
Kuß, A. (1991) S. 22
66
Vgl. Kuß, A., Tomczak, T. (2000) S. 87
67
Vgl. Unger, M. (1998) S. 48
68
Vgl. Kuß, A., Tomczak, T. (2000) S. 97
69
Vgl. Kuß, A. (1991) S. 32 sowie Unger, M. (1998) S. 48 ff.
70
Vgl. Unger, M. (1998) S. 57 und Kuß, A., Tomczak, T. (2000) S. 64
71
Vgl. Kuß, A., Tomczak, T. (2000) S. 66

Kaufprozeß, Fertigungsprozeß und Supply Chain Management
16
Der Kauf eines Fahrzeuges kann aus mehreren Gründen als ein High-Involvement-Kauf mit
extensiver Kaufentscheidung betrachtet werden. Zunächst wird ein Auto zwar in regel-
mäßigen Abständen, aber dennoch nicht häufig (ca. alle 5 Jahre
72
) gekauft. Desweiteren ist
der Anschaffungspreis für die meisten Haushalte eine relativ große Investition,
73
die
entsprechend lange geplant und antizipiert wird. Dadurch steigt die Bereitschaft, in der Such-
und Informationsphase höhere Aufwendungen auf sich zu nehmen. Unger hat in einer
empirischen Studie zur Automobil-Kaufentscheidung
74
eine schriftliche Befragung bei
Neuwagenkäufern durchgeführt und festgehalten, daß die Bedarfshäufigkeit eines Automobils
gering (2,21
75
), die wahrgenommene relative Preishöhe sehr hoch (4,34), die Neigung zu
Informationsaufnahme hoch (3,76) sowie die kognitive Steuerung der Kaufentscheidung hoch
(3,83) ist. ,, Diese Ergebnisse sprechen für einen extensiven Kaufentscheidungsprozeß."
76
Abbildung 2-2 zeigt die Phasen des Kaufprozesses einer extensiven Kaufentscheidung. Der
Kaufentscheidung geht eine iterative Informationsaufnahme- und ­auswertungsphase voran.
Problem-
erkenntnis
Informations-
aufnahme
Informations-
verarbeitung
Kaufent-
scheidung
Kauf-
handlung
Abbildung 2-2: Phasen des extensiven Kaufentscheidungsprozesses.
Quelle: Kuß, A., Tomczak, T. (2000) S. 98.
Unger untersucht in seiner Dissertation über die Automobil-Kaufentscheidung
77
einen
theoretischen Erklärungsansatz, den er später empirisch überprüft und untermauert. Er stellt
verschiedene in der Literatur vertretene Phasen bzw. Prozeßabläufe dar und faßt seine
Ausführungen anschließend in einem siebenstufigen Phasenschema (siehe Abbildung 2-3)
72
Vgl. Cornelsen, J. (2001) S. 35 ff.
73
Vgl. Unger, M. (1998) S. 61
74
Vgl. im folgenden Unger, M. (1998) S. 59 ff
75
Die Ergebnisse der Umfrage werden als Ratingwerte auf einer Skala von 1 (sehr gering) bis 5 (sehr hoch)
jeweils in Klammern angegeben.
76
Unger, M. (1998) S. 61. Unger merkt jedoch an, daß ,, der Automobil-Kaufentscheidungsprozeß auf dem
Kontinuum zwischen extensiver und limitierter Kaufentscheidung liegt und so weder dem einen noch dem
anderen Kaufentscheidungstypus eindeutig zuordenbar erscheint" (ebenda). Das limitierte
Kaufentscheidungsverhalten unterscheidet sich im wesentlichen von dem Extensiven durch ein bereits
ausgeprägtes Produktwissen vor dem Kauf des Gutes. Bei dem extensiven Kaufprozeß müssen die
Kaufkriterien erst gebildet werden. Aufgrund des hohen Innovationsgrades der Automobilindustrie müssen
bei jedem Kauf durch die sich zwischenzeitlich (ca. 5 Jahre) ereigneten Innovationen neue
Beurteilungskriterien gebildet werden.
77
Vgl. im folgenden Unger, M. (1998) S. 63 ff.

Kaufprozeß, Fertigungsprozeß und Supply Chain Management
17
zusammen. Er betont den mehrdimensionalen, mehrpersonalen und mehrphasigen Charakter
der Automobil-Kaufentscheidung.
1. Phase der unstrukturierten, passiven Informationsaufnahme
(Kaufanregung, Bedürfnisweckung):
Erste Anregungen durch Freunde, Bekannte und Familienmitglieder sowie Medien.
2. Phase der strukturierten und gezielten Informationssuche:
Bildung des Kaufinteresses durch bewußte Informationsbeschaffung.
Konkretisierung der Kaufabsicht:
Phase des Angebotsdifferenzierung nach Nutzenerwartung, Preis und
Servicenetz. Erste Händlerkontakte. Gespräche mit Meinungsführern.
3. Phase der Entscheidungsfindung und Alternativenbewertung:
Konsequentere Händlerkontakte, Preisverhandlungen,
Informationsverdichtung, Gespräche mit Kfz-Fachleuten.
4. Kaufabschluß
5. Phase des Wartens auf die Auslieferung:
Suche nach Informationen zur Kaufbestätigung
(personale und mediale Kommunikation).
6. Phase der ersten konkreten Produkterfahrungen (Nachkauf):
Fahrerlebnis, Produkterlebnis, Suche nach Kaufbestätigung im Produkt,
Reaktion auf das Produkt. Weitergabe von gewonnenen Erkenntnissen
im Familien- und Bekanntenkreis. Händlerservice-Kontakte.
7. Phase der Produktnutzung im Alltag:
Erlebnis der Alltagstauglichkeit. Kundendienst-Erfahrungen. Unterschwellige
Stärken- und Schwächenanalyse des Produktes bzw. des Modells. Entwicklung
zum Meinungsführer aus Erfahrung. Gespräche und Gedankenaustausch im
Freundes- und Bekanntenkreis. Entscheidung über Markenloyalität.
Ersatzan-
schaffung
bis zu
2 Jahre
bis zu
5 Jahre
Abbildung 2-3: Phasenschema der Automobil-Kaufentscheidung.
Quelle: Unger, M. (1998) S. 66.
Die Prognose der Auftragseingänge bedeutet eine Prognose des Kundenverhaltens, genauer
eine Prognose der Wahrscheinlichkeit, Art und Zeit des Bestelleingangs eines Konsumenten
auf Basis gegebener Beobachtungen über sein Verhalten vor dem Kauf. Das Verhalten des
Kunden äußerst sich in gewissen Aktivitäten, die er unternimmt, wobei nur ein geringer Teil
dieser Vorkaufhandlungen von dem Hersteller selber beobachtet werden kann. Daher ist es
notwendig, den Phasen 1 bis 3 des Schemas der Automobil-Kaufentscheidung Aktivitäten
zuzuordnen, die zu Prognosezwecken verwendet werden können. Hier sollen lediglich die
Nutzungsdaten des Konfigurators als Prognosegegenstand genutzt werden. Es gibt jedoch

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2003
ISBN (eBook)
9783832491055
ISBN (Paperback)
9783838691053
DOI
10.3239/9783832491055
Dateigröße
1.2 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Technische Universität Berlin – Wirtschaft und Management, Technologie und Management
Erscheinungsdatum
2005 (November)
Note
1,0
Schlagworte
supply chain management prognose build-to-order kaufprozess
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Titel: Marktnahe Absatzprognose als Grundlage zur Kundenorientierung der Supply Chain in der Automobilindustrie
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