Lade Inhalt...

Basel II: Strategische Implikationen und Handlungsmöglichkeiten für Banken

©2004 Diplomarbeit 118 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
In dieser Arbeit werden zwei drastische Eingriffe in die Geschäftstätigkeit der Banken analysiert: Basel I (1992) und Basel II (2007). Beide verfolgen das Ziel die Stabilität im Finanzsektor aufrecht zu erhalten. Da Basel I + II Regulierungsbemühungen der Bankenaufsicht sind, kann man erwarten, dass die Reaktionen der Banken auf die neuen Rahmenbedingungen ähnlich ablaufen. Aus dieser Überlegung werden folgende Forschungsfragen abgeleitet:
- Wie sind die Reaktionen auf Bankenregulierung im allgemeinen?
- Was waren die Ursachen für die Einführung von Basel I und welche Auswirkungen sowie Strategien hatte dies zur Folge?
- Was waren die Ursachen für die Einführung von Basel II?
- Lassen sich Schlussfolgerungen auf die Reaktionen von Basel I auf Basel II ziehen?
- Welche strategischen Auswirkung wird Basel II auf das Bankgeschäft haben?
- Welche strategischen Handlungsmöglichkeiten bieten sich für Banken?
Zur Untersuchung der letzten beiden Fragen wird als methodischer Ansatz das 7-S-System von McKinsey (Strategy, Structure, Systems, Style, Staff, Shared values, Skills) verwendet. In diesem Teil liegt das Schwergewicht der Arbeit.
Banken reagieren auf Regulierungen im allgemeinen mit Kreditverknappung („credit crunch“) und / oder mit legaler Umgehung der ihnen aufgezwungenen Gesetze.
Vor Basel I hatten sich die traditionsbedingten Strukturen, bedingt durch die Zunahme der Innovationen, verschoben. Die Ausdehnung des Off-Balance-Geschäfts und der damit verbundene Wettbewerb der Banken auf Basis der Risikokosten, führte dazu, dass das Durchschnittsrating der Banken in der EG bei Moody´s von Aaa (1980) über Aa1 (1987) auf Aa2 (1989) verschlechtert hat.
Die Änderungen der Eigenkapitalanforderungen unter Basel I hatten für Banken zur Folge, dass die Konkurrenz von Nichtbanken stärker geworden ist, Zinserträge geschrumpft und Dienstleistungserträge gestiegen sind. Formell wurden die verschärften Eigenmittelbestimungen eingehalten (i.e. führten zu einer ausgewiesenen Verbesserung der Eigenmittelquote als Stabilitätsindikator des Finanzsystems). Materiell konnten Banken die Eigenkapitalunterlegungsvorschriften durch Finanzinnovationen teilweise umgehen. Der Wettbewerb fand über Finanzinnovationen oder über den Preis statt. Die Bankenregulierung und die damit verbundenen hohen Unterlegungskosten verursachten ein Steigen der Zinsen. Es kam zu einer regulierungsinduzierten Reduktion der Kreditvergabe („credit crunch“). Um die […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


ID 9086
Kohout, Mikulas: Basel II - Strategische Implikationen und Handlungsmöglichkeiten für
Banken
Hamburg: Diplomica GmbH, 2005
Zugl.: Wirtschaftsuniversität Wien, Diplomarbeit, 2004
Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte,
insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von
Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der
Vervielfältigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen,
bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfältigung
dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen
der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes der Bundesrepublik
Deutschland in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich
vergütungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des
Urheberrechtes.
Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in
diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme,
dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei
zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften.
Die Informationen in diesem Werk wurden mit Sorgfalt erarbeitet. Dennoch können
Fehler nicht vollständig ausgeschlossen werden, und die Diplomarbeiten Agentur, die
Autoren oder Übersetzer übernehmen keine juristische Verantwortung oder irgendeine
Haftung für evtl. verbliebene fehlerhafte Angaben und deren Folgen.
Diplomica GmbH
http://www.diplom.de, Hamburg 2005
Printed in Germany

,,The value of a strategy depends not only on the elegance of its conception but fully as
much on whether the company proposing the strategy can really execute it."
Robert H. Waterman, Jr., McKinsey, 1980

Abstract
In den letzten zwei Jahrzehnten erlebten Banken wesentliche Veränderungen im
wirtschaftlichen Umfeld. Diese zeigten sich im verstärkten internationalen
Wettbewerb, bedingt durch Deregulierung und Liberalisierung der Märkte sowie
durch wachsende Konkurrenz sowohl von seiten der Finanzdienstleister mit neuen
Produkten als auch durch non-banks mit Bankleistungen. Die Gestaltung von
Bankenaufsichtsnormen sollen einen funktionsfähigen und nicht diskriminierenden
Wettbewerb sicherstellen. Solche Einführungen neuer Richtlinien für die
Bankenaufsicht fanden 1992 (Basel I) und finden 2007 (Basel II) statt. Diese
Diplomarbeit, Basel II ­ Strategien der Banken, vergleicht Basel I mit Basel II und
beschreibt die Änderungen. Sie analysiert: 1) die rechtliche Änderung und die
resultierenden Auswirkungen auf Banken von Basel I und geht der Frage nach, ob
sich daraus auch Schlussfolgerungen auf die Auswirkungen von Basel II ableiten
lassen. 2) die Auswirkungen von Basel II. Im nächsten Schritt werden die Strategien
der Banken zur Bewältigung von Basel II in Bereichen von McKinsey's 7 S (Strategy,
Structure, Systems, Style, Staff, Shared values, Skills), welche eine breitere
Problemlösungssicht einer effektiven Neuorganisierung liefert, geschildert. Es wurde
eine induktive Vorgehensweise mittels Literaturreview gewählt.
Basel II ­ Strategies of Banks
The European banking sector saw rapid changes brought by deregulation and
financial innovation in the last two decades. The way banking services were provided
has changed dramatically. Increased competition from other intermediaries has led to
a decline in traditional banking. In this evolving financial environment, the
international banking community and the Basel Committee on Banking Supervision of
the Bank for International Settlements have introduced an appropriate regulatory
framework. This happened in 1992 (Basel I) and will happen again in 2007 (Basel II).
The paper provides an overview of Basel I / Basel II, describes its changes and
compares the impact on banks of Basel I / Basel II. Furthermore, it examines whether
there are similarities of solving problems arising from the implications of Basel I and
Basel II. The last part discusses the strategy implementation of McKinsey's 7 S
framework (Strategy, Structure, Systems, Style, Staff, Shared values, Skills).

Inhaltsverzeichnis
i
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
...1
Kapitel I: Bankenregulierung
...5
Auswirkungen...5
Entwicklung der Bankennormen...6
Kapitel II: Basel I
...8
Begründung für rechtliche Änderung...8
Basel I ­ Auswirkungen und Strategien aufgrund Basel I...10
Fusionen, Kooperationen und Outsourcing...13
Basel I und der ,,credit crunch"...15
Kapitel III: Basel II
...16
Begründung für rechtliche Änderung...16
Basel II ­ Beschreibung...16
Säule I...17
Kreditrisiken...17
Standardansatz
...17
IRB ­ Ansatz
...19
Operationelle Risiken...20
Säule II und III: Überprüfungsprozess und Marktdisziplin...21
Kapitel IV: Schlussfolgerungen von Basel I auf Basel II
...22
Kapitel V: Die Gewinner und Verlierer
...26
Kapitel VI: McKinsey's 7 S
...30
Strategy...33
Wahl zwischen den Ansätzen...33

Inhaltsverzeichnis
ii
Standardansatz...33
IRB-Basisansatz und fortgeschrittener IRB-Ansatz...35
Parameter
...36
Skaleneffekte
...38
M&A Aktivitäten
...38
Neuausrichtung der Geschäftsfelder...39
Änderung des Produktangebotes...42
Entwicklungs- und Schwellenländer...48
Offenlegung...51
Zeitpunkt...54
Datenhistorien...55
Änderung der Kundenbeziehung...56
Structure... 57
Funktionstrennung...58
Anforderungen an die Kreditorganisation...59
Ratingprozesse...61
Offenlegungsprozesse...61
MaK (Mindestanforderungen an das Kreditgeschäft) und
Basel II...62
Organisation nach ,,Forderungsklassen"...64
Auslagerung...64
Kreditbearbeitung...65
Adverse Selektion...66
Systems...67
Limitsysteme...67
Ratingsysteme...68
Validierung...70
Manipulation von Ratings...73
Messung operationeller Risiken...73
Die Messmethodik...76
Verwendung von Sicherheiten...77
Kreditrisikominderung bei Standardansatz...78
Kreditrisikominderung bei IRB-Ansätzen...80
Style...80

Inhaltsverzeichnis
iii
Arrangeur statt Finance Provider...80
Risiko-orientierte Kundensicht...82
Staff...84
Trennung in Akquirierung und Risikosteuerung...84
Neuzuordnung zu ,,Assetkategorien"...85
Shared values...85
Risiko-handeln als neue Selbstdefinition...85
Von Kommerzbank zu Risikocontroller...86
Skills...87
Risikosteuerung...87
Operationelle Risiken...87
Rating ­ Kenntnisse...88
Trennung in ,,CP3-kundige" Mitarbeiter und ,,Basel II-Analphabeten"...89
Knappheit an Spezialisten...90
Conclusio
...91
Literaturverzeichnis
...96
Anhang 1
...104

Abbildungsverzeichnis
iv
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Investment Grade vs. Non-investment Grade Lending ...12
Abbildung 2: Forderungen an Staaten...18
Abbildung 3: Forderungen an Banken (Institute) ...19
Abbildung 4: Forderungen an Unternehmen (Nichtbanken) ...19
Abbildung 5: Ansätze zur Kreditrisikomessung nach Basel II...20
Abbildung 6: Auswirkungen beding durch Basel I / II...25
Abbildung 7: Änderungen der Kapitalanforderungen, Basel II versus Basel I...26
Abbildung 8: Änderungen des Risikokapitals unter Basel II nach Kreditnehmern /
Produkten...27
Abbildung 9: Änderung der Risikokapitalunterlegung gemäß Basel II nach Regionen
...28
Abbildung 10: Die Veränderung der Kapitalunterlegung für Kreditrisiken und
operative Risiken variiert je nach Banktyp...29
Abbildung 11: Die 7 S...31
Abbildung 12: McKinseys 7-S Umfeld ...31
Abbildung 13: Der 7-S Kompass ...32
Abbildung 14: The Current Basel Capital Accord: Risk Weights by Selected Category
of On-Balance-Sheet Assets ...49
Abbildung 15: Potential Impact of Change in Risk Weightings Implied by Basel II ...50
Abbildung 16: Fahrplan Basel II...54
Abbildung 17: Preparatory Timeline to Comply with IRB Advanced ...55
Abbildung 18: Die Mindestanforderungen an das Kreditgeschäft (MaK) und Basel II
im Vergleich...63
Abbildung 19: Global Notional Outstanding in Credit Risk Transfer Products ...65
Abbildung 20: Aspekte der Validierung...71
Abbildung 21: Eigenkapitalunterlegung und Anforderungen an Prozesse und
Systeme der Basel II-Ansätze ...75

Einleitung
1
Einleitung
In dieser Arbeit werden zwei drastische Eingriffe in die Geschäftstätigkeit der Banken
analysiert: Basel I (1992) und Basel II (2007). Beide verfolgen das Ziel die Stabilität
im Finanzsektor aufrecht zu erhalten. Da Basel I + II Regulierungsbemühungen der
Bankenaufsicht sind, kann man erwarten, dass die Reaktionen der Banken auf die
neuen Rahmenbedingungen ähnlich ablaufen. Aus dieser Überlegung werden
folgende Forschungsfragen abgeleitet:
1. Wie sind die Reaktionen auf Bankenregulierung im allgemeinen?
2. Was waren die Ursachen für die Einführung von Basel I und welche
Auswirkungen sowie Strategien hatte dies zur Folge?
3. Was waren die Ursachen für die Einführung von Basel II?
4. Lassen sich Schlussfolgerungen auf die Reaktionen von Basel I auf Basel II
ziehen?
5. Welche strategischen Auswirkung wird Basel II auf das Bankgeschäft haben?
6. Welche strategischen Handlungsmöglichkeiten bieten sich für Banken?
Zur Untersuchung der letzten beiden Fragen wird als methodischer Ansatz das 7-S-
System von McKinsey (Strategy, Structure, Systems, Style, Staff, Shared values,
Skills) verwendet. In diesem Teil liegt das Schwergewicht der Arbeit. Die einzelnen
Kapitel sind wie folgt gegliedert:
Kapitel I: Bankenregulierung
Banken reagieren auf Regulierungen im allgemeinen mit Kreditverknappung (,,credit
crunch") und / oder mit legaler Umgehung der ihnen aufgezwungenen Gesetze.
Kapitel II: Basel I
Vor Basel I hatten sich die traditionsbedingten Strukturen, bedingt durch die
Zunahme der Innovationen, verschoben. Die Ausdehnung des Off-Balance-
Geschäfts und der damit verbundene Wettbewerb der Banken auf Basis der
Risikokosten, führte dazu, dass das Durchschnittsrating der Banken in der EG bei
Moody´s von Aaa (1980) über Aa1 (1987) auf Aa2 (1989) verschlechtert hat.

Einleitung
2
Die Änderungen der Eigenkapitalanforderungen unter Basel I hatten für Banken zur
Folge, dass die Konkurrenz von Nichtbanken stärker geworden ist, Zinserträge
geschrumpft und Dienstleistungserträge gestiegen sind. Formell wurden die
verschärften Eigenmittelbestimungen eingehalten (i.e. führten zu einer
ausgewiesenen Verbesserung der Eigenmittelquote als Stabilitätsindikator des
Finanzsystems). Materiell konnten Banken die Eigenkapitalunterlegungsvorschriften
durch Finanzinnovationen teilweise umgehen. Der Wettbewerb fand über
Finanzinnovationen oder über den Preis statt. Die Bankenregulierung und die damit
verbundenen hohen Unterlegungskosten verursachten ein Steigen der Zinsen. Es
kam zu einer regulierungsinduzierten Reduktion der Kreditvergabe (,,credit crunch").
Um die Gesamterträge stabil zu halten verlagerten die Banken das Geschäft auf
risikoreichere Bereiche mit gleichen Eigenkapitalunterlegungskosten. Damals bot
sich die Allfinanzstrategie als geeignetes Mittel um die neuen Gegebenheiten zu
bewältigen. Der Aufwand für Mitarbeiterschulungen und IT ­ Ausstattung stieg, mit
dieser Strategie verbunden, rapide an.
Kapitel III: Basel II
Unter Basel I waren die aufsichtlichen Kapitalanforderungen zu pauschal und
ungenau. Durch zahlreiche Insolvenzzahlen im Mittelstand gerieten Banken
zusehends in eine Ertragskrise. Basel II bewirkt jetzt, dass Banken ein
risikogerechtes Pricing durchsetzen müssen und, dass innovative Finanzprodukte,
welche off-balance-sheet Charakter aufweisen, mit Eigenkapital unterlegt werden.
Dieser Basler Eigenkapitalakkord ist in drei Säulen unterteilt. Säule 1 ­
Mindestkapitalanforderungen: Das Ziel ist eine weitgehende Erfassung und genauere
Quantifizierung aller wesentlichen Bankenrisiken. Dies soll vor allem durch
differenzierte Ansätze zur Messung von Kreditrisiken und durch die Einbeziehung
operationeller Risiken erreicht werden, Säule 2 ­ Aufsichtliches Prüfungsverfahren:
Aufsichtsinstanzen sollen sicherstellen, dass Banken über solide interne Prozesse
zur Bewertung ihrer Geschäftsrisiken verfügen. Säule 3 ­ Marktdisziplin:
Offenlegungsvorschriften bezüglich der Controlling- und Managementstrukturen
sollen eine einheitliche Transparenz gewährleisten.

Einleitung
3
Kapitel IV: Schlussfolgerungen von Basel I auf Basel II
Ähnlich wie unter Basel I werden Banken auf andere Bereiche ausweichen. Sie
werden sich dem Kapitalmarkt zuwenden, werden verstärkt als Vermittler tätig und
werden sich des Outsourcings von Teilen ihrer Geschäftseinheiten bedienen um
Risiken weg von der Bilanz zu transferieren. Ob es zu einen ,,credit crunch" kommen
wird, lässt sich momentan nicht eindeutig klären. Eine Folge dieser neuen
Änderungen wird sein, dass es zu Fusionen und Kooperationen kommen wird. Die
Allfinanzstrategie muss neu überdacht werden. Ähnlich wie Basel I führt auch Basel
II zu begleitenden Kosten. Es wird erwartet, dass Banken insgesamt ca. $25
Milliarden (5 Basispunkte der Bilanzsumme) für die Vorbereitung der
Implementierung aufwenden werden. Für die vier größten österreichischen Banken
(BA-CA, Die Erste, BAWAG, RZB), mit einer Bilanzsumme (2002) von ca. 364
Milliarden, bedeutet dies einen Aufwand von ca. 182 Millionen.
Kapitel V: Die Gewinner und Verlierer
Im Kreditgeschäft stehen die Gewinner und Verlierer fest. Zu den Hauptverlierern
zählen Staaten, Banken sowie kleine und mittlere Unternehmen insbesondere
aus Branchen mit niedriger Eigenkapitalquote. Bei Betrachtung der regionalen
Auswirkungen der neuen Kapitalrichtlinien gehen Nordamerika und die
skandinavischen Länder als Gewinner hervor.
Kapitel VI: McKinsey's 7 S
Um einen methodischen Ansatz den vielen punktuellen und operativen
Auswirkungen gegenüberzustellen und strategische Herausforderungen
herauszuarbeiten, wird im wesentlichen Teil der Arbeit die Auswirkung von Basel II in
den McKinsey's 7 S (Strategy, Structure, Systems, Style, Staff, Shared values, Skills)
analysiert. Für die Auseinandersetzung der Problembewältigung im McKinsey's 7 S
Umfeld bedeutet dies in Schlagwörtern zusammengefasst:
Strategy
· Wahl zwischen den Ansätzen
· Neuausrichtung der Geschäftsfelder
· Offenlegung
· Zeitpunkt
· Änderung der Kundenbeziehung

Einleitung
4
Structure
· Funktionstrennung
· Ratingprozesse
· Offenlegungsprozesse
· Organisation nach ,,Forderungsklassen"
· Auslagerung
· Adverse Selektion
Systems
· Limitsysteme
· Ratingsysteme
· Messung operationaler Risiken
· Verwendung von Sicherheiten
Style
· Arrangeur statt Finance Provider
· Risiko-orientierte Kundensicht
Staff
· Trennung in Akquirierung und Risikosteuerung
· Neuzuordnung zu ,,Assetkategorien"
Shared values
· Risiko-handeln als neue Selbstdefinition
· Von Kommerzbank zu Risikocontroller
Skills
· Risikosteuerung
· Rating - Kenntnisse
· Trennung in ,,CP3-kundige" Mitarbeiter und ,,Basel II-
Analphabeten"
· Knappheit an Spezialisten

Kapitel I: Bankenregulierung
5
Kapitel I: Bankenregulierung
Zu Beginn dieser Arbeit ist es wichtig zu zeigen, wie Banken auf Eingriffe in ihre
Geschäftsfelder reagieren. Dieses Kapitel befasst sich nicht im speziellen mit, der
Bankenregulierung bedingt durch Basel I und Basel II, sondern zeigt die möglichen
Auswirkungen von Regulierungsbemühungen im allgemeinen.
Auswirkungen
P e e k und R o s e n g r e n (1995) zeigten mit ihrer Studie, dass es einen direkten
Zusammenhang zwischen Bankenregulierung und Verminderung der Kreditvergabe
für bankabhängige Sektoren gibt. Diese Auswirkung nennt man einen ,,credit
crunch". Der folgende Absatz erklärt wie es von einer Kapitalkrise (capital crunch),
ausgelöst durch eine Einführung neuer Kapitalstandards für Banken, zu einer
Kreditkrise (credit crunch) kommen kann.
Banken können die Bilanzsumme in Relation zu den regulatorischen Eigemitteln auf
mehrere Arten schrumpfen: indem sie Wertpapiere verkaufen, andere Aktiva
verkaufen, Kredite abschreiben oder die Neuvergabe von Krediten reduzieren.
Jedoch sollte die verminderte Bankaktivität keine Auswirkungen auf den lokalen
Kreditmarkt haben, solange Firmen einen nicht verfügbaren Kredit leicht von anderen
Quellen substituieren können. Zum Beispiel können bestimmte Arten von Krediten,
wie die Kreditrahmen für kleine Unternehmen, nicht von Instituten außerhalb des
lokalen Kreditmarktes durchgeführt werden. Während die verminderte
Kreditgewährung einer Bank möglicherweise eine langjährige Kundenbeziehung
beenden kann, wird dieses Problem von kurzlebiger Natur sein, wenn der ehemalige
Kunde eine andere Bank findet. Ein Problem ganz anderer Art kann entstehen, wenn
fast alle Banken in einer Region gleichzeitig Kapitalverluste erleiden (so wie es der
Fall in New England war) und keine sofortige Alternativen an Finanzierungsquellen
zur Verfügung stehen. Somit führt der ,,capital crunch" direkt zu einem ,,credit crunch"
wenn das Schrumpfen der Bankaktiva jene Bereiche betrifft welche für
bankabhängige Kreditnehmer wichtig sind (Vgl. P e e k / R o s e n g r e n, 1995, 679
ff).

Kapitel I: Bankenregulierung
6
Viele Banken im U.S. Bundesstaat New England hatten zur Zeit der Untersuchung
überwiegend einen größeren Anteil an Nichtzinserträgen. Diese Banken, welche sich
auf off-balance-sheet Aktivitäten konzentrierten, waren von
Kreditnachfrageschwankungen weniger betroffen als Banken mit höherem Anteil an
Zinserträgen (Vgl. P e e k / R o s e n g r e n, 1995, 685). K r o l und S v o r n y (1996)
beschäftigten sich mit der Beziehung zwischen Bankenregulierung und
wirtschaftlicher Aktivität. Der Untersuchungszeitraum war von 1970 bis 1988 in den
USA. Eine Regulierung verursacht ein Steigen der Bankkosten und führt zu einem
geringeren Wettbewerb zwischen Banken sowie zu einem geringeren Angebot an
Krediten (Vgl. K r o l / S v o r n y, 1996, 531 ­ 534).
Zu einem anderen Ergebnis kamen S c h a r g r o d s k y und S t u r z e n e g g e r
(2000). Sie untersuchten die argentinische Banklandschaft zwischen 1993 ­ 1999
und zeigten, dass eine stärkere Bankenregulierung nicht notwendigerweise, wie es
allgemein verstanden wird, zu einem Ansteigen der Zinsen führen muss. Strengere
Kapitalanforderungen verleiten Banken einen geringeren Grad an
Produktdifferenzierung zu wählen. Dieses verstärkt den Wettbewerb und führt zu
einem Sinken der Zinsen. Bedingt durch eine verschärfte Regulierung, werden
Banken nicht - lukrative Produkte aufgeben. Es werden vermehrt gleiche Produkte
angeboten, und das zwingt Banken über den Preis zu konkurrieren (Vgl. S c h a r g r
o d s k y / S t u r z e n e g g e r, 2000, 85 ­ 91).
Entwicklung der Bankennormen
E. J. K a n e beschreibt in seiner im Jahr 1981 aufgestellten These der
,,regulatorischen Dialektik" die wechselseitige Beziehung zwischen übergeordneten
wirtschafts- und gesellschaftspolitischen Zielen sowie einzelwirtschaftlich
vorgegebenen Pressionen in regulierten Märkten.
,,Nach der Kane´schen These
stehen sich der aus wirtschafts- und gesellschaftspolitischen Motiven begründ- und
erklärbare Gesetzgebungsprozess sowie die durch betriebswirtschaftliche Sachzwänge
ausgelöste legale Umgehung von gesetzlichen Normen konkurrierend gegenüber.
Dieser Konflikt führt zu einem fortwährenden gegenseitigen Anpassungs- und

Kapitel I: Bankenregulierung
7
Änderungsprozess. Die jeweiligen Anpassungs- und Ausweichstrategien tragen den
Charakter einer Serie verzögerter Antworten. Beide Seiten versuchen gleichzeitig,
ihren Zielerreichungsgrad zu maximieren und die Position der Gegenseite bei eigenen
Entscheidungen zu antizipieren"
(K a n e , 1981, zitiert nach P r i e w a s s e r, 2002,
31).
Rückblickend betrachtet sieht man deutlich, dass der dominierende Trend immer nur
in Richtung eines weiteren Ausbaues der für Kreditinstitute relevanten Rechtsnormen
verlief. Laut Expertenbefragungen (Expertenbefragung 2000+) soll sich bis 2005 an
dieser Entwicklung nichts ändern, jedoch sieht man ab 2005 eine Phase der
Kontinuität. Aus jetziger Sicht orientiert sich die zukünftig zu erwartende Entwicklung
der Bankennormen an folgenden Zielsetzungen (Vgl. P r i e w a s s e r, 2002, 31):
· Verhinderung von Systemkrisen und Systemzusammenbrüchen,
· Globalisierung der Aufsicht,
· Integration von ,,qualitativen" Ansätzen in die bestehende Bankenaufsicht,
· Ausbau des Rechtsrahmens für das Electronic Banking.
Diese Wechselwirkung zwischen Regulator und Marktteilnehmer lässt sich wie in der
Folge diskutiert anhand der Reaktionen auf Basel I ablesen.

Kapitel II: Basel I
8
Kapitel II: Basel I
Begründung für rechtliche Änderung
Ende der 80er Jahre ­ Basel I wurde 1988 mit der Wirkung 1992 beschlossen - sah
man einen weltweiten Strukturwandel im Bankensektor. Ursachen für diesen
Wandel waren nicht nur die Deregulierung und Internationalisierung oder
Globalisierung der Märkte, zunehmender Kostendruck, Finanzinnovation, sondern
die dramatische Änderung der Nachfragestruktur nach Finanzdienstleistungen: das
steigende Angebot von Bankeinlagen und die steigende Knappheit guter
Bankeinlagen (Vgl. T i c h y, 1991, 853 ­ 854). Die Folgen dieses Strukturwandels
waren bereits deutlich sichtbar. Die Zinsspanne wurde enger, die Bankerträge
schmäler, der Wettbewerb härter. Immer dubiosere Kunden erhielten Kredite, nicht
aus Risikolust der Banken, sondern weil es an besseren Kunden (und generell an
besseren Anlagemöglichkeiten) mangelte. Daraus resultierte ein hoher
Abschreibungsbedarf und zunehmende Bankinsolvenzen, die, je nach Land mehr
oder weniger offen, von der öffentlichen Hand abgefangen wurden (Vgl. T i c h y,
1991, 853 ­ 854).
Die einzelne Bank konnte in einer solchen Situation natürlich durch besondere
Geschicklichkeit die besseren unter den Unternehmungen zu Ihren Kunden machen
und andere Banken aus dem Geschäft verdrängen. Die Finanzinnovationen waren
ein Versuch in diese Richtung. Kollektiv stand den Banken eine solche Strategie
natürlich nicht zur Verfügung. Sie mussten kollektiv schrumpfen, also weniger
Einlagen akquirieren und weniger Kredite vergeben, oder gänzlich andere
Kundengruppen suchen. Letzteres wurde auch versucht. Sie vergaben Kredite an
das Ausland, direkt über den Euromarkt oder via Filialgründungen in New York und
London, an die Oststaaten, an Entwicklungsländer und Kredite zur Übernahme von
Firmen im Wege von LBOs. Die Ausfälle waren fast immer größer als die Gewinne,
und je größer die Banken waren, desto größer die Probleme und die Ausfälle, da mit
der Größe der Bank die Masse der anlagesuchenden Mittel zunimmt und der
Wettbewerb auf den entsprechenden Märkten desto heftiger wurde (Vgl. T i c h y,
1991, 856).

Kapitel II: Basel I
9
Auf dem Kreditmarkt ist die Zahl der Anbieter erheblich gewachsen: ausländische
Banken, Versicherungen, sonstige Finanzintermediäre, zahlreiche Fonds und
Kapitalmarktinstrumente (insbesondere im Zuge der Securitization), im Bereich der
Haushalte aber auch Kredite der Produktions- und Handelsunternehmungen, und vor
allem Kreditkartenunternehmen, die die Kreditinstitute nicht bloß im Zahlungsverkehr,
sondern auch bei der Kreditgewährung konkurrieren. Besonders unangenehm war
die Securitization, da sie die besten Risiken von den nicht-tritierten Märkten abzieht
und bloß die hochriskanten Kredite den Banken überlässt. Von den traditionellen
Aufgaben der Banken,
· Fristentransformation,
· Risikentransformation,
· Bündelungsfunktion und
· Informationsfunktion,
ist eigentlich bloß die letzte unkonkurrenziert bei den Banken geblieben (Vgl. T i c h
y, 1991, 857). Die Ausdehnung des Off-Balance-Geschäfts und der damit
verbundene Wettbewerb der Banken auf Basis der Risikokosten, führte dazu, dass
das Durchschnittsrating der Banken in der EG bei Moody´s von Aaa (1980) über Aa1
(1987) auf Aa2 (1989) verschlechtert hat (Vgl. H a i s s / S c h i c k l g r u b e r, 1992,
876). Mit der Verschiebung der traditionsbedingten Strukturen, bedingt durch die
Zunahme der Innovationen, hatte auch die Aussagekraft der Bankenbilanzen an
Wert verloren, welches wiederum die laufenden monetären Statistiken als wichtigen
Indikator der Geldpolitik schwächte. Darüber hinaus konnte die Bankenaufsicht nicht
die eingegangenen Risiken aus der Bankbilanz erkennen (Vgl. Z d r a h a l, 1988,
230 f).
All das, das Zusammenwachsen der Finanzmärkte, die zunehmende
Internationalisierung des Bankgeschäfts mit seinen innovativen Produkten und der
damit einhergehende verschärfte internationale Wettbewerb erforderten einen
einheitlichen, international geprägten Ansatz für die Gestaltung der
Bankaufsichtsnormen, und zwar sowohl zur Herstellung eines funktionsfähigen und
nicht diskriminierenden Wettbewerbs als auch Solidität des internationalen
Finanzsystems (Vgl. A r n o l d, 1990, 668 f).

Kapitel II: Basel I
10
Wesentlicher Anknüpfungspunkt aller Aufsichtsnormen ist der Eigenkapitalbegriff. Mit
der Basler Eigenkapitalempfehlung wurde im Sommer 1988 erstmals ein
internationaler Grundkonsens bei dieser zentralen Bankaufsichtsbestimmung
erreicht. Die Basler Empfehlung beinhaltete eine 8-Prozent-Norm für das Verhältnis
von Gesamtkapital zu risikobehafteten Geschäften (Vgl. A r n o l d, 1990, 668 f).
Durch die Kapitalunterlegung wurden bilanzwirksame und bilanzunwirksame
Transaktionen erfasst. Folgende vier Aspekte waren dabei von Bedeutung (Vgl. D e
m p f l e, 1988, 144):
1) Gemeinsame Definition des risikotragenden Kapitals; das sogenannte
Primärkapital setzt sich aus Grundkapital, Reserven, Vorzugskapital, und
undatiertem Fremdkapital zusammen.
2) Die Aktiven der Banken werden nach fünf Risikokategorien gewichtet.
3) Die Qualität der Bankbilanz wird durch die Risk-asset-ratio (risikogewichtete
Kredite zu Primärkapital) ermittelt.
4) Off-balance-sheet-Geschäfte werden ebenfalls risikogewichtet berücksichtigt.
Der Basel Capital Accord (Basel I) wurde 1988 beschlossen und 1992 eingeführt. Er
entwickelte sich zu einem weltweit anerkannten Kapitalstandard für Banken und
findet in über 100 Ländern Anwendung (Vgl. MercerOliverWyman, 2003, 4).
Basel I ­ Auswirkungen und Strategien aufgrund Basel I
Angesichts dieser Entwicklungen standen Kostensenkungen und
Rentabilitätsverbesserungen, Aufstockung der Eigenkapitalbasis,
Risikobeschränkung und Risikovorsorge weltweit ganz vorne im Pflichtenheft der
Kreditinstitute (Vgl. H a i d e n, 1992, 598). Basel I war in dieser Hinsicht ein großer
Erfolg. Der globale Durchschnitt des Tier 1 Kapitals (Eigenkapital ersten Ranges)
konnte von 6% in 1987 auf 8% in 1993 erhöht werden. Darüber hinaus sah man
Fortschritte im Risikomessverfahren und Risikomanagement: es wurden Credit-
Rating-Tools kalibriert und Portfoliomodelle mit Diversifikationseffekten eingeführt
(Vgl. MercerOliverWyman, 2003, 4). Neben der Verbesserung der Messkennzahl
(wie z.B. Eigenkapitalquote) sind jedoch eine Reihe von Änderungen bezüglich

Kapitel II: Basel I
11
Marktstruktur (Produktspektrum, Marktteilnehmer etc.) und Darstellungsstruktur zu
konstatieren, die in der Gesamtbeurteilung von Basel I mitzuberücksichtigen sind.
Beispielsweise konnten Banken schnell auf diese ,,regulatorische Steuer",
eingeführt durch Basel I, reagieren. Sie wichen auf andere Bereiche aus (Vgl. C h a
m i / K h a n / S h a r m a, 2003, 12). Die risikogewichteten
Kapitalunterlegungsvorschriften stellten einen starken Eingriff in geschäftspolitische
Tagesentscheidungen dar. Viele Banken suchten nach Lücken und fanden diese in
Geschäften, welche nicht mit Kapital zu unterlegen waren. Der außergewöhnliche
Zuwachs an außerbilanziellen Geschäften war ein gutes Beispiel dafür (Vgl. S t a n z
e l, 1989, 943).
An Stelle der reinen Kreditfinanzierung trat zunehmend eine strukturierte
Finanzierung, das ,,financial engineering", das bei Bedarf alternative
Finanzierungsformen und zusätzliche Finanzdienstleistungen ­ bis zur Abwicklung
von Mergers & Acquisitions (M&A), die Projektentwicklung und ­realisierung sowie
die Mobilisierung von Eigenkapital ­ mit einschließen kann. Durch die Erweiterung
des Angebots auf bisher nicht branchenübliche Finanzdienstleistungen, begannen
sich auch die Grenzen zwischen Banken und anderen Finanzdienstintermediären zu
verwischen. Die zunehmende Securitization führte zudem einen Teil des Geschäftes
an den Bankenbilanzen vorbei. Banken stießen immer häufiger auf die Konkurrenz
von Finanzinstituten, Versicherungen und anderen Nichtbanken (Handelshäuser,
Reisebüros...) (Vgl. H a i d e n, 1992, 595 f).
Die Konkurrenz der Nichtbanken nahm die Banken sowohl von der Aktivseite als
auch von der Passivseite her in die Zange; von der Aktivseite, weil es für Schuldner
erster Bonität immer leichter wurde, ihre Finanzierungsbedürfnisse durch Kapital-
und Geldmarktinstrumente direkt am Markt zu decken. Von der Passivseite, da die
dem Käufermarkt entsprechende Ertragsensibilität der Haushalte und der
Unternehmen, zur Nachfrage nach höherwertigen Veranlagungsformen außerhalb
der Bankenbilanzen führte und zu Lasten der Einlagen der Banken ging.
Die Bedeutung der Zinserträge für die Gesamterträge der Banken nahm tendenziell
zugunsten von Dienstleistungs- und Beteiligungserträgen ab (Vgl. H a i d e n, 1992,
595 f).

Kapitel II: Basel I
12
Durch den Druck auf Rentabilität verlagerten Banken die Kreditvergabe zu stärker
risikobehafteten Geschäften mit gleichen Eigenkapitalunterlegungskosten (siehe
Abbildung 1), solche zu ,,Low-quality corporate issuers" und zu OECD Banken /
Staaten. M&A und asset management wurden als risk free angesehen (Vgl.
MercerOliverWyman, 2003, 5 f).
Abbildung 1: Investment Grade vs. Non-investment Grade Lending
A loan to AA-rated corporate requires the same
amount of capital as a loan to a BB-rated
corporate
8,0%
8,0%
0%
2%
4%
6%
8%
10%
AA
BB
(Quelle: Crouhy, 2003)
Banken unternahmen den Versuch, ihr Wachstum durch Auslandstransaktionen und
Übernahme von Finanzinnovationen zu forcieren. Jedoch konnte die Ertragslage
nicht verbessert werden. Erstens gingen Banken auf neue Märkte, ohne dort
eigenständige oder auch bloß leicht differenzierte Produkte anbieten zu können; sie
boten dieselben Produkte an wie die bereits etablierten Konkurrenten und konnten
demgemäß Geschäfte nur dadurch an sich ziehen, dass sie billiger anboten und
riskantere Geschäfte durchführten (Vgl. T i c h y, 1991, 862).
Die Sanierungsvorschläge waren durch das Schlagwort Allfinanzkonzern geprägt.
Die Banken glaubten ihren Kunden eine volle Palette von Finanzdienstleistungen,
über das traditionelle Angebot hinaus, aus einer Hand anbieten zu müssen; man
hoffte durch die breite Palette zugleich neues Geschäft zu gewinnen und in den
Genuss einer Fixkostendegression im Vertrieb zu kommen.
Durchschlagende Erfolge dieses Allfinanzkonzepts wurden bisher weder im In- noch
im Ausland bekannt. Es konnte gezeigt werden, dass für kleine und für große
Banken keine Kostenkomplementaritäten existieren, dass daher die Aufnahme

Kapitel II: Basel I
13
zusätzlicher Geschäftszweige zu keiner Kostendegression führt. Der
Schulungsaufwand für das breite und komplexe Angebot ist außerordentlich hoch
und die Verkaufsanstrengungen der Mitarbeiter richteten sich eher nach der
Provisionsstruktur als nach den Bedürfnissen der Kunden (Vgl. T i c h y, 1991, 862).
Eine geschäftspolitische Alternative zu dem Allfinanzkonzept war die Spezialisierung
auf Nischen. Diese Institute sind zwar international ausgerichtet, konzentrieren sich
aber auf jene Produkte und Märkte, in denen sie ihre Stärke haben und besonders
konkurrenzfähig sind. Um möglichst weltweit transaktionsfähig zu sein, suchen sie
strategische Allianzen mit anderen Banken. Einzelne Institute, vor allem in den USA
und Großbritannien, haben dieser Strategie folgend, bestehende Einrichtungen
verkleinert oder sich aus einigen, nicht mehr profitablen Marktsegmenten sogar
vollkommen zurückgezogen (Vgl. R e i m p e l l, 1990b, 490). Bei dieser Alternative
lauert die Gefahr, dass diese Nischen ihre Attraktivität als Rückzugsmarkt in dem
Maße verlieren, in dem immer mehr Anbieter in die gleichen Nischen eintreten (Vgl.
H a i s s / S c h i c k l g r u b e r, 1992, 879).
Fusionen, Kooperationen und Outsourcing
Zu Beginn der 90er Jahre war das Bild der Bankenlandschaft durch zahlreiche
Fusionswellen geprägt. Die Kreditunternehmungen hoffen, durch Fusionen steigende
Skalenerträge und Synergieeffekte lukrieren zu können sowie Größenordnungen zu
erreichen, die für eine internationale Präsenz erforderlich sind. Weiters sprach für
eine Fusion, dass erst ab einer gewissen Unternehmensgröße die nötige Kapazität
für Produktinnovationen einerseits und die erforderliche Risikotragungsfähigkeit
gegeben sind und schließlich erst ab einer gewissen Größe Ausbildungs- und
Infrastrukturkosten auf eine ausreichende Anzahl von Geschäften verteilt werden
können (Vgl. T i c h y, 1991, 863).
Die Fusionskosten belaufen sich laut einer amerikanischen Studie bei 0,6% der
Bilanzsumme, jedoch lässt sich eine Reduktion der Betriebsaufwendungen von etwa
15-30% erzielen, davon 80% aus der EDV (Vgl. F r i e d m a n: Provision; Economist
26. 10. 91, S. 105 sowie 11. 1. 92, S 66). Der Sachaufwand (relativ zur
Bilanzsumme) sinkt mit der Größe. Die größten Potentiale ergeben sich bei Fusionen

Kapitel II: Basel I
14
gleich großer Institute, die weitgehend im gleichem Markt tätig sind, aus
Überlappungen im Vertrieb, den Systemen sowie den Overheads der Zentralen. Bei
gleich großen Instituten lassen sich im Zentralbereich Einsparungen von 15-20%
erzielen. Im Technologiebereich müssen Institute erst eine gewisse Größenordnung
erreichen damit sie im Technologie-Wettstreit mithalten können. Kleine Institute
können mit Großbanken da nicht mehr mithalten.
Um in den Genuss von Kostensenkungen bzw. Verhinderungen von
Kostensteigerungen zu kommen ist eine rasche Integration und Restrukturierung ­
die Qualität des Fusionsmanagements ­ von entscheidender Bedeutung (Vgl. H a i s
s / S c h i c k l g r u b e r, 1992, 880 f). Auch bedacht werden muss, dass es bei der
Zusammenführung unterschiedlicher Unternehmenskulturen zu einem Kulturschock
kommen kann. Fusionen stellen somit an das Management der beteiligten Institute
hohe Anforderungen. Die Gefahr eines Scheiterns ist groß, wie eine McKinsey-
Untersuchung von 116 Unternehmensfusionen und ­akqusitionen der Jahre 1972 bis
1986 in den USA zeigte
1
: Rund 61% der Transaktionen sind als misslungen zu
bezeichnen, bei 16% konnte der Erfolg nicht geschätzt werden. Nur 23% der
Transaktionen gelten als erfolgreich. Eine höhere Erfolgsquote verzeichnete eine
neuere McKinsey-Untersuchung, die über 28 grenzüberschreitende
Akqusitionsprogramme in den USA, Japan und Europa erfasste. Doch auch hier
wurden immerhin in knapp der Hälfte der Fälle die erhofften Ergebnisse nicht
erreicht. Bei Fusionen im Bankwesen dürfte die Erfolgswahrscheinlichkeit kaum
höher sein (Vgl. A d o l f / C r a m e r / O l l m a n n, 1991, 8 f).
In diesen Jahren wurde auch die Strategie Kooperation und Outsourcing von vielen
Banken genützt. Quer über verschiedene Sektoren wurden schon Initiativen Richtung
EDV und Schulung lanciert. Gleichzeitig zeichnete sich aber auch ein internationaler
Trend zur Auslagerung der Schulungen an unabhängige Zulieferer ab (Vgl. H a i s s
/ S c h i c k l g r u b e r, 1992, 882).
1
Bankers`Merger und Acquisition Choices, Mapping a Cours Through Consolidation, eine 1985 durchgeführte
Untersuchung von McKinsey & Company im Auftrag des Bank Administation Institute, Rolling Meadows,
Illinois. Teilweise veröffentlicht in American Banker, 12./13/16./17. und 18. 9. 1989.

Kapitel II: Basel I
15
Basel I und der ,,credit crunch"
Basel hat zwar formell den Solvabilitätskoeffizienten verbessert, die beschriebenen
Ausweichstrategien führten aber zu dysfunktionalen Nebeneffekten. Verschiedene
Untersuchungen
2
argumentieren, dass Basel I nicht nur das Ziel verfehlt hatte, die
Zahlungsfähigkeit der Bankindustrie zu verbessern, sondern auch von 1989 bis
1992, vor allem bei KMU, in den USA, Kanada, Deutschland, Japan, Großbritannien
und in anderen G-10 Staaten für einen ,,credit crunch" verantwortlich war.
Untersuchungen
3
ergaben, dass die angebotsseitigen Faktoren für die Reallokation
der Aktiva eine entscheidende Rolle gespielt haben.
Der angebotsseitige ,,credit crunch" entsteht, wenn Kreditgeber ihren Ertrag durch
das Ablehnen von Kreditnehmern, welche trotzdem einen erhöhten Zinsbetrag oder
zusätzliche Sicherheiten in Kauf genommen hätten, maximieren möchten. Weil sich
Kreditgeber mit Zinsen und Risiken des Kredites beschäftigen, verleitet die
asymmetrische Information im Kreditmarkt die Kreditgeber Kredite zu rationalisieren
um ,,Adverse Selektion" und negative Anreizeffekte zu vermeiden. Die Erhöhung der
Zinsen könnte den Ertrag des Kreditnehmers schmälern wenn ,,Adverse Selektion"
das Durchschnittsrisiko eines potentiellen Kreditnehmers erhöht und wenn
Anreizeffekte Kreditnehmer verleiten, nachdem sie den Kredit erhalten haben, von
risikoarmen zu risikoreichen Projekten zu wechseln. Darüber hinaus können erhöhte
Besicherungsanforderungen das Durchschnittsrisiko eines potenziellen
Kreditnehmers erhöhen, wenn Kreditnehmer mit guter Bonität und risikoarmen
Projekten nicht bereit sind den erhöhten Zinsbetrag zu zahlen und den Markt
verlassen (Vgl. W a g s t e r, 1999, 124 f).
2
Vgl. B e r n a n k e / L o w n (1991), B e r g e r / U d e l l (1994), P e e k / R o s e n g r e n (1995), the Basel
Committee on Banking Supervision (1999).
3
Vgl. K e e t o n (1994), B e r n a n k e / L o w n (1991).

Kapitel III: Basel II
16
Kapitel III: Basel II
Begründung für rechtliche Änderung
Unter Basel I waren die aufsichtlichen Kapitalanforderungen zu pauschal und
ungenau. Immer mehr standen sie in Kontrast zu den zusehends komplexer
werdenden internen Verfahren, mit denen manche Banken ihr ökonomisches Kapital
bestimmten. Neue Finanzinstrumente und Methoden der Kreditrisikosteuerung sowie
risikomindernde Verfahren wurden unter Basel I praktisch nicht berücksichtigt (Vgl.
OeNB, 2003).
Durch zahlreiche Insolvenzzahlen im Mittelstand gerieten Banken zusehends in eine
Ertragskrise. Die Fälle Barings Bank, Schneider oder Metallgesellschaft zeigten
eindrucksvoll wie operative Risiken die Insolvenzgefahr einer Bank drastisch erhöhen
können. Von der Ertragskrise werden auch kleinere, regionale Banken und
Sparkassen keinesfalls verschont. Viele Krisenfälle werden aber in der Öffentlichkeit
kaum wahrgenommen, oder sie werden kaum publik, weil restrukturierungsbedürftige
regionale Institute mit noch gesunden Nachbarinstituten des jeweiligen
Finanzverbundes quasi ,,zwangsfusionieren" (Vgl. J a n s e n, 2002, 787).
Der neue Akkord soll Basel I ablösen und risikoadäquate Eigenkapitalanforderungen
sowie ein risikoadäquates Pricing durchsetzen um das Bankensystem stabiler zu
machen. Um dieses Ziel zu erreichen, sollen Anreize für Banken in Form von
Eigenkapital-Ersparnissen geschaffen werden, nach und nach zu fortschrittlicheren
Methoden der Risikomessung und ­steuerung überzugehen (Vgl. T a i s t r a, 2001,
514).
Basel II ­ Beschreibung
Basel II beruht auf drei Säulen: Säule 1 ­ Mindestkapitalanforderungen: Das Ziel ist
eine weitgehende Erfassung und genauere Quantifizierung aller wesentlichen

Kapitel III: Basel II
17
Bankenrisiken. Dies soll vor allem durch differenzierte Ansätze zur Messung von
Kreditrisiken und durch Einbeziehung operationeller Risiken erreicht werden, Säule 2
­ Aufsichtliches Prüfungsverfahren: Aufsichtsinstanzen sollen sicherstellen, dass
Banken über solide interne Prozesse zur Bewertung ihrer Geschäftsrisiken verfügen.
Säule 3 ­ Marktdisziplin: Offenlegungsvorschriften bezüglich der Controlling- und
Managementstrukturen sollen eine einheitliche Transparenz gewährleisten. Für
Eigenkapitalunterlegung von Kreditrisiken gibt es zwei Bewertungsmethoden:
Standardansatz und IRB ­ Ansatz. Bei dem letzten Ansatz wird wiederum in
Basisansatz und fortgeschrittenen Ansatz unterschieden (Vgl. BCG, 2002, 9). Für die
Unterlegung der operationellen Risiken stehen vier Verfahren zur Auswahl:
Basisindikatoransatz, Standardansatz, alternativer Ansatz und der
ambitionierte Messansatz. Gegenüber Basel I unterscheidet sich Basel II durch
eine risikobasierte Differenzierung höherer Granularität in der
Eigenmittelunterlegung, der Berücksichtigung operationaler Risiken sowie einer
Akzentverschiebung Richtung verstärkter ,,Aufsicht durch den Markt" via verschärfter
Offenlegungspflichten (Vgl. S c h u l t e - M a t t l e r, 2003, 386 - 392).
Säule I
Kreditrisiken
Nach der zentralen Eigenkapitalunterlegungsnorm, die auch in der neuen
Eigenkapitalübereinkunft gelten wird, darf das Verhältnis zwischen dem haftenden
Eigenkapital eines Kreditinstitutes und seinen gewichteten Risikoaktiva täglich acht
Prozent nicht unterschreiten. Bilanzunwirksame Geschäfte werden zuvor mittels
eines geschäftsspezifischen Umrechnugsfaktors in Kreditäquivalenzbeträge, also
Risikoaktiva, umgerechnet, die mit dem Verlustrisiko eines bilanzwirksamen
Geschäftes identisch sind (Vgl. S c h u l t e - M a t t l e r, 2003, 386 f).
Standardansatz
Im Standardverfahren (Standardised Approach) können Institute zur Festlegung des
Bonitätsgewichtes für die Schuldnerklassen Staaten (Sovereign), Institute (Banks)
und Nichtbanken (Corporates) auf die Kreditbeurteilungen von externen
Ratingagenturen zurückgreifen. Die Verwendung externer Ratings bedarf der

Kapitel III: Basel II
18
Zustimmung der jeweiligen Bankenaufsichtsbehörde, die ihrerseits die Güte des
Bonitätsbeurteilungssystems zu prüfen hat. Bei den Forderungen an Institute haben
die Bankenaufsichtsbehörden zwei Wahlmöglichkeiten: Beim indirekten Ansatz
(Option 1) bekommt das Institut den jeweils nächst höheren
Bonitätsgewichtungsfaktor als die Zentralregierung, in dem das Institut seinen Sitz
hat. Alternativ können auch Gewichte auf der Grundlage direkter Ratings verwendet
werden (Option 2). Forderungen mit einer vertraglichen Ursprungslaufzeit unter drei
Monaten, bei denen keine Prolongation üblich ist, erhalten unter der Option 2
günstigere Gewichte.
Für das Retailgeschäft gilt ein Bonitätsgewicht in Höhe von 75 Prozent. Dieses
umfasst Forderungen bis zu einem Betrag von 1 Mill. EUR an Privatkunden und
kleine Firmen (Vgl. S c h u l t e - M a t t l e r, 2003, 387).
Risikogewichtung von Forderungen
Abbildung 2: Forderungen an Staaten
(Quelle: CP3, 2003, 8)

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2004
ISBN (eBook)
9783832490867
ISBN (Paperback)
9783838690865
DOI
10.3239/9783832490867
Dateigröße
969 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Wirtschaftsuniversität Wien – Betriebswirtschaft, Betriebswirtschaftslehre des Außenhandels
Erscheinungsdatum
2005 (November)
Note
2,0
Schlagworte
strategie bankenregulierung basel
Zurück

Titel: Basel II: Strategische Implikationen und Handlungsmöglichkeiten für Banken
book preview page numper 1
book preview page numper 2
book preview page numper 3
book preview page numper 4
book preview page numper 5
book preview page numper 6
book preview page numper 7
book preview page numper 8
book preview page numper 9
book preview page numper 10
book preview page numper 11
book preview page numper 12
book preview page numper 13
book preview page numper 14
book preview page numper 15
book preview page numper 16
book preview page numper 17
book preview page numper 18
book preview page numper 19
book preview page numper 20
book preview page numper 21
book preview page numper 22
book preview page numper 23
book preview page numper 24
book preview page numper 25
118 Seiten
Cookie-Einstellungen