Global Corporate Citizenship
©2005
Diplomarbeit
105 Seiten
Zusammenfassung
Inhaltsangabe:Einleitung:
Die vorliegende Arbeit befasst sich mit dem Thema der Global Corporate Citizenship. Im Zentrum der Überlegungen steht die Frage, wie Unternehmen durch die freiwillige Übernahme einer bürgerschaftlichen Verantwortung erfolgreich wirtschaften, den sich wandelnden Anforderungen von Politik und Gesellschaft gerecht werden und dem kapitalistischen Wirtschaftsmodell in Zeiten einer energischen Globalisierungsdynamik die gewünschte Nachhaltigkeit und somit Existenzberechtigung verleihen können.
Der weltumspannende Handel ist natürlich kein neuzeitliches Phänomen. Allerdings beinhalten der rasante Anstieg länderübergreifender Güter-, Geld-, Informations- und Menschenströme sowie die hohe Geschwindigkeit, mit welcher sich vormals wirtschaftlich unbedeutende Staaten an das Wirtschaftssystem ankoppeln, ein enormes Konfliktpotenzial. Einem steigenden Lebensstandard auf der einen Seite stehen nicht selten soziale Ausbeutung und ökologisches Missmanagement gegenüber, welche in der Regel von Unternehmen getrieben und der Politik geduldet werden.
Die sich weltweit öffnenden Märkte erhöhen darüber hinaus zusehends den Konkurrenzdruck und unterspülen die etablierten Sozialsysteme. Im Gegensatz dazu wird seitens der Politik und der Gesellschaft aber auch gleichzeitig eine neue Balance zwischen ökonomischen, ökologischen und sozialen Grundwerten gefordert. Die Unternehmen sollen in diesem Zuge aktiv an der Lösung der drängenden Probleme beteiligt werden.
Diese Widersprüche aufzulösen ist auch Teil der Global Corporate Citizenship-Diskussion. Die negativen Auswüchse des ungelenkten Kapitalismus sollen im Zaum gehalten und die Chancen einer globalisierten Wirtschaft so umfassend wie möglich genutzt werden. Die Ausarbeitung beschäftigt sich daher mit den Möglichkeiten, wie national und international operierende Unternehmen künftig ihre Rolle als verantwortungsbewusste Bürger verstehen, und somit zu einer umfassenden Wohlfahrtssteigerung beitragen können.
Gang der Untersuchung:
Zu Beginn dieser Arbeit wird eine Grundlage geschaffen, indem gängige Definitionen zum Thema Global Corporate Citizenship diskutiert und abgegrenzt werden. Darauf aufbauend werden der Begriff der Stakeholder näher differenziert und einzelbetriebliche Effekte beleuchtet, welche durch eine erfolgreiche Implementierung einer Global Corporate Citizenship-Strategie entstehen können.
Im weiteren Verlauf werden der Bedeutungsgewinn von Unternehmen untersucht und eine […]
Die vorliegende Arbeit befasst sich mit dem Thema der Global Corporate Citizenship. Im Zentrum der Überlegungen steht die Frage, wie Unternehmen durch die freiwillige Übernahme einer bürgerschaftlichen Verantwortung erfolgreich wirtschaften, den sich wandelnden Anforderungen von Politik und Gesellschaft gerecht werden und dem kapitalistischen Wirtschaftsmodell in Zeiten einer energischen Globalisierungsdynamik die gewünschte Nachhaltigkeit und somit Existenzberechtigung verleihen können.
Der weltumspannende Handel ist natürlich kein neuzeitliches Phänomen. Allerdings beinhalten der rasante Anstieg länderübergreifender Güter-, Geld-, Informations- und Menschenströme sowie die hohe Geschwindigkeit, mit welcher sich vormals wirtschaftlich unbedeutende Staaten an das Wirtschaftssystem ankoppeln, ein enormes Konfliktpotenzial. Einem steigenden Lebensstandard auf der einen Seite stehen nicht selten soziale Ausbeutung und ökologisches Missmanagement gegenüber, welche in der Regel von Unternehmen getrieben und der Politik geduldet werden.
Die sich weltweit öffnenden Märkte erhöhen darüber hinaus zusehends den Konkurrenzdruck und unterspülen die etablierten Sozialsysteme. Im Gegensatz dazu wird seitens der Politik und der Gesellschaft aber auch gleichzeitig eine neue Balance zwischen ökonomischen, ökologischen und sozialen Grundwerten gefordert. Die Unternehmen sollen in diesem Zuge aktiv an der Lösung der drängenden Probleme beteiligt werden.
Diese Widersprüche aufzulösen ist auch Teil der Global Corporate Citizenship-Diskussion. Die negativen Auswüchse des ungelenkten Kapitalismus sollen im Zaum gehalten und die Chancen einer globalisierten Wirtschaft so umfassend wie möglich genutzt werden. Die Ausarbeitung beschäftigt sich daher mit den Möglichkeiten, wie national und international operierende Unternehmen künftig ihre Rolle als verantwortungsbewusste Bürger verstehen, und somit zu einer umfassenden Wohlfahrtssteigerung beitragen können.
Gang der Untersuchung:
Zu Beginn dieser Arbeit wird eine Grundlage geschaffen, indem gängige Definitionen zum Thema Global Corporate Citizenship diskutiert und abgegrenzt werden. Darauf aufbauend werden der Begriff der Stakeholder näher differenziert und einzelbetriebliche Effekte beleuchtet, welche durch eine erfolgreiche Implementierung einer Global Corporate Citizenship-Strategie entstehen können.
Im weiteren Verlauf werden der Bedeutungsgewinn von Unternehmen untersucht und eine […]
Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
ID 8971
Kleem ann, Martin: Global Corporate Citizenship
Ham burg: Diplom ica Gm bH, 2005
Zugl.: Universität Kassel, Diplom arbeit, 2005
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Diplom ica Gm bH
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Printed in Germ any
2
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung ... 4
2. Aufbau der Arbeit ... 5
3. Definition ... 6
3.1 Entwicklung der Begrifflichkeiten ... 6
3.2 Corporate Citizenship ... 7
4. Die Stakeholder ... 11
4.1 Stakeholder-Engagement ... 12
4.2 Stakeholder-Analyse ... 13
5. Unternehmerische Effekte globaler Corporate Citizenship ... 17
5.1 Positive einzelbetriebliche Effekte ... 17
5.1.1 Reputationsaufbau/Imagegewinn ... 17
5.1.2 Arbeitnehmerbeschaffung ... 19
5.1.3 Arbeitnehmerentwicklung ... 19
5.1.4 Finanzielle Entwicklung ... 21
5.1.5 Begrenzung des Risikos ... 21
5.1.6 Ethische Fondsinvestments ... 23
5.1.7 Informationsgewinnung ... 24
5.1.8 Kommunikationskosten ... 25
5.1.9 Effektivität ... 26
5.2 Positive überbetriebliche Effekte ... 26
5.2.1 Schaffung und Stabilisierung von Absatzmärkten ... 27
5.2.2 Unternehmerfreundliches Klima ... 28
6. Das Spannungsfeld von Wirtschaft und Staat ... 29
6.1 Die Rolle des Staates ... 31
6.2 Neuer Partner Unternehmung? ... 33
6.2.1 Shareholder Value und Moral Capital ... 35
6.3 Unternehmerisches Engagement ... 39
6.3.1 Corporate Giving ... 40
6.3.2 Corporate Volunteering ... 41
6.3.3 Corporate Foundation ... 41
6.3.4 Stakeholder-Dialoge ... 41
3
6.3.5 Cause Related Marketing ... 42
6.3.5.1 Praxisbeispiel: American Express ... 44
6.3.6 Public Private Partnerships ... 45
6.3.6.1 Praxisbeispiel: Ford ... 47
7. Die Arbeit der NGOs ... 50
8. Internationale Standards und Rahmenbedingungen ... 53
8.1 Der UN Global Compact ... 54
8.2 GRI Guidelines ... 57
8.3 AA 1000 ... 57
8.4 SA 8000 ... 58
9. Praxisbeispiel: Bertelsmann AG ... 59
9.1 Daten und Fakten zum Unternehmen Bertelsmann AG ... 59
9.2 Corporate Responsibility bei Bertelsmann ... 61
9.3 Corporate Responsibility in der Praxis ... 63
9.3.1 Mitarbeiter ... 63
9.3.2 Gesellschaft ... 66
9.3.3 Soziales Engagement ... 66
9.3.4 Kultur- und Bildungsprojekte ... 68
9.3.5 Lokales Engagement ... 69
9.3.6 Umwelt ... 69
9.4 Reinhard-Mohn-Fellowship ... 71
9.5 Die Bertelsmann Stiftung ... 73
9.5.1 Die Organisation ... 73
9.5.2 Arbeitsfelder und Projekte ... 74
9.6 Der ökonomische Output ... 79
9.7 Die Instrumente ... 80
9.8 Die Verantwortung der Medien ... 82
9.9 Die Zukunft ... 83
10. Schlusswort ... 84
11. Literaturverzeichnis ... 89
12. Online-Quellen ... 97
13. Abbildungsverzeichnis ... 102
14. Erklärung ... 103
4
1. Einleitung
Die vorliegende Arbeit befasst sich mit dem Thema der Global Corporate Citizenship.
Im Zentrum der Überlegungen steht die Frage, wie Unternehmen durch die freiwillige
Übernahme einer bürgerschaftlichen Verantwortung erfolgreich wirtschaften, den sich
wandelnden Anforderungen von Politik und Gesellschaft gerecht werden und dem
kapitalistischen Wirtschaftsmodell in Zeiten einer energischen Globalisierungsdynamik
die gewünschte Nachhaltigkeit und somit Existenzberechtigung verleihen können.
Der weltumspannende Handel ist natürlich kein neuzeitliches Phänomen. Allerdings
beinhalten der rasante Anstieg länderübergreifender Güter-, Geld-, Informations- und
Menschenströme (Seitz, 2002, S. 1) sowie die hohe Geschwindigkeit, mit welcher sich
vormals wirtschaftlich unbedeutende Staaten an das Wirtschaftssystem ankoppeln, ein
enormes Konfliktpotenzial. Einem steigenden Lebensstandard auf der einen Seite stehen
nicht selten soziale Ausbeutung und ökologisches Missmanagement gegenüber, welche
in der Regel von Unternehmen getrieben und der Politik geduldet werden.
Die sich weltweit öffnenden Märkte erhöhen darüber hinaus zusehens den
Konkurrenzdruck und unterspülen die etablierten Sozialsysteme. Im Gegensatz dazu
wird seitens der Politik und der Gesellschaft aber auch gleichzeitig eine neue Balance
zwischen okönomischen, ökologischen und sozialen Grundwerten gefordert. Die
Unternehmen sollen in diesem Zuge aktiv an der Lösung der drängenden Probleme
beteiligt werden.
Diese Widersprüche aufzulösen ist auch Teil der Global Corporate Citizenship-
Diskussion. Die negativen Auswüchse des ungelenkten Kapitalismus sollen im Zaum
gehalten und die Chancen einer globalisierten Wirtschaft so umfassend wie möglich
genutzt werden. Die Ausarbeitung beschäftigt sich daher mit den Möglichkeiten, wie
national und international operierende Unternehmen künftig ihre Rolle als
verantwortungsbewußte Bürger verstehen, und somit zu einer umfassenden Wohlfahrts-
steigerung beitragen können.
5
2. Aufbau der Arbeit
Zu Beginn dieser Arbeit wird eine Grundlage geschaffen, indem gängige Definitionen
zum Thema Global Corporate Citizenship diskutiert und abgegrenzt werden. Darauf
aufbauend werden der Begriff der ,,Stakeholder" näher differenziert und
einzelbetriebliche Effekte beleuchtet, welche durch eine erfolgreiche Implementierung
einer Global Corporate Citizenship-Strategie entstehen können. Im weiteren Verlauf
werden der Bedeutungsgewinn von Unternehmen untersucht und eine Reihe von
Instrumenten dargestellt, welche für die Umsetzung einer Global Corporate Citizenship-
Strategie in Frage kommen. Die Arbeit von Nicht-Regierungsorganisationen (NGOs)
sowie die Betrachtung einiger internationaler Standards und Rahmenbedingungen
schließen den theoretischen Teil dieser ab.
In einem umfangreichen Praxisteil, welcher in Zusammenarbeit mit der Bertelsmann
AG erstellt wurde, wird die Philosophie dieses Unternehmens aufgezeigt und
Möglichkeiten der Implementierung und Umsetzung von Global Corporate Citizenship
dargestellt. Dabei wird besonderer Wert auf eine detaillierte Darstellung der
entsprechenden Tätigkeitsfelder und die gewählten Maßnahmen gelegt.
6
3. Definition
In der Literatur findet sich eine Reihe von Erläuterungen zur Definition von ,,Corporate
Citizenship" (CC). Historisch betrachtet entwickelte sich dieser Terminus aus dem
Begriff ,,Corporate Social Responsibility" (CSR). Werden diese beiden
Begrifflichkeiten heute in der Literatur oft synonym verwendet, so soll doch an dieser
Stelle eine kurze Abgrenzung zum besseren Verständnis stattfinden.
3.1 Entwicklung der Begrifflichkeiten
Die wissenschaftliche Diskussion um ,,Corporate Social Responsibility" entwickelte
sich Ende der 70er Jahre. Ausgegangen wurde vom sog. four-part-model (Carroll,
1979), welches die Verantwortung von Unternehmen auf vier Ebenen sieht. Die
ökonomische
Verantwortung im Hinblick auf die Profitabilität sowie die rechtliche
Verantwortung im Hinblick auf die Einhaltung geltender Bestimmungen bilden
darin den unabdingbaren Kern. Dazu kommt die ethische Verantwortung, wobei von
den Unternehmen erwartet wird, das Richtige zu tun, auch wenn es nicht gesetzlich
gefordert sein sollte. Dieser in der Vergangenheit viel diskutierte Bereich wird erweitert
durch die Philantropie. Hierunter ist der Wunsch einer Gesellschaft zu verstehen, das
Unternehmen möge sich in verschiedenen Bereichen sozial engagieren. Die letzten
beiden, rein normativ ausgerichteten Erwartungen bildeten den Kern der CSR-
Diskussion und konzentrierten sich in der Regel auf die Bestimmung der ,,Grenzen der
Verantwortlichkeit" von Unternehmen (Matten et al., 2003, 110).
Seit Beginn der 90er Jahre gewinnt der Begriff ,,Corporate Citizenship" zusehends an
Bedeutung. Im Kern sehr ähnlich zu CSR, fokussiert CC nicht so stark auf den
ungeliebten Begriff der Wirtschaftsethik. Darin wurde den Unternehmen oftmals ein
fehlendes Interesse an der Übernahme sozialer Verantwortung unterstellt, gerne mit
dem Hinweis, was sie tun sollten oder müssten.
Der Begriff der Corporate Citizenship nähert sich dabei von einer anderen Seite. Er
platziert die Unternehmung im Herzen der Gesellschaft, in welcher sie wirkt, von
welcher sie abhängig ist und in welcher sie Rechte und Pflichten übernimmt. Auch so
7
ließe sich erklären, warum dieser Begriff eher von Praktikern, also von Managern,
Beratern und der Businesspresse verwendet wird (Matten et al., 2003, 111).
Im Laufe dieser Arbeit soll der Begriff der Corporate Citizenship mit dem Zusatz
,,Global" Verwendung finden. Er impliziert somit eine Weiterentwicklung des
bürgerschaftlichen Engagements der Unternehmen auch außerhalb der heimischen
Staatsgrenzen und versucht den steigenden Bedarf an diesem Konzept genauso
einzufangen wie die sich daraus ergebenden Entwicklungschancen. Die Übergänge vom
nationalen zum multinationalen Unternehmen sind dabei fließend.
Im Folgenden soll zur besseren Einordnung der Begriff Corporate Citizenship weiter
differenziert werden.
3.2 Corporate Citizenship
Im weitesten Sinne kann Corporate Citizenship als das gesellschaftliche und
bürgerschaftliche Engagement von Unternehmen angesehen werden (Kaiser, 2004, S.
669), welches das gesamte gemeinwohlorientierte Handeln des Unternehmens umfasst
(Habisch, 2003, S. 51) und dabei Austauschverhältnisse mit anderen Akteuren im
Gemeinwesen eingeht (Dresewski, 2002, S. 62). Die Gestaltung der Gesamtheit der
Beziehungen zwischen einem Unternehmen und dessen lokalem, nationalem und
globalem Umfeld steht im Vordergrund (Grünbuch 2001, S. 28)
Dabei geht es um die Bündelung von Aktivitäten im Gemeinwesen und deren
strategische Ausrichtung auf übergeordnete Unternehmensziele (Dresewski, 2004, S.
13). Das Unternehmen sieht sich als Bürger einer Gesellschaft, welcher die Probleme
seines Umfeldes kennt, auf diese reagiert und im besten Fall verhindert bzw. abstellt.
Somit ergibt sich automatisch die allgemeine Verpflichtung, sich aktiv an der
Problemlösung innerhalb einer Gesellschaft zu beteiligen (Schmidpeter/Spence, 2001,
S. 9). Dabei handelt das Unternehmen als selbstverantwortlicher Spieler, welcher auf
der einen Seite seine Rechte in der Beziehung zu anderen einfordert, zum anderen aber
auch bereit ist, Pflichten zu übernehmen und in wohl überlegtem Selbstinteresse sowie
komplexem Maße in die Entwicklung der Gesellschaft investiert. (Seitz, 2001, S. 130).
8
Sinnvoll und glaubwürdig können solche Strategien demnach nur sein, wenn sie auf
einer langfristigen Basis geplant werden und nicht nur im Zusammenhang mit
Katastrophen oder Unfällen in Erwägung gezogen werden. Corporate Citizenship ist
demnach eher prophylaktischer Natur und keine Alternative zum Krisenmanagement
(Meister/Lueth, 2001, S. 8).
Das Unternehmen DHL definiert Corporate Citizenship wie folgt: ,,Beim Corporate
Citizenship geht es um den gesellschaftlichen Beitrag, den ein Unternehmen durch seine
Kerngeschäftsaktivitäten, seine Sozialinvestitionen, seine philantropischen Programme
und sein im weitesten Sinne politisches Engagement leistet. Der langfristige Erfolg
eines Unternehmens hängt entscheidend davon ab, wie dieses Unternehmen seine
wirtschaftlichen, sozialen und umweltbezogenen Aktivitäten sowie seine Beziehungen
mit all denen, die ein Interesse am Unternehmen haben (wie z.B. Aktionäre, Mitarbeiter,
Kunden, Geschäftspartner, Regierungen und Kommunen), gestaltet"
.
1
Corporate Citizenship möchte dabei nicht als Akt reiner Nächstenliebe verstanden
werden, sondern unterliegt in vollem Umfang ökonomischen Überlegungen zur
Zukunfts- und Entwicklungsfähigkeit der Unternehmung sowie der Leitidee der
Gewinnmaximierung (Seitz, 2002, S. 64). Die drängenden gesellschaftlichen,
wirtschaftlichen und okölogischen Probleme ob regional, national oder global
erhöhen den Druck auf die Unternehmen (Grünbuch 2001, S. 4) und fordern
unternehmerische Kreativität und innovativen Ideenreichtum (Habisch, 2003, S. 58).
Damit ergibt sich eine starke Verbindung zum normativen Konzept der ,,nachhaltigen
Entwicklung" (Sustainable Development) (McIntosh et al., 2003, S. 46), welche die
Wahrung natürlicher Ressourcen sowie u.a. auch die Umverteilung von Reich zu Arm
über die kommenden Generationen fordert (Renner et al., 2002, S. 9). Die
Überlegungen zu CC versuchen im Hinblick auf diese Forderungen die Frage nach den
gewünschten Kooperationsgewinnen zu beantworten, ohne die ein positives Ergebnis
innerhalb bestehender Wirtschaftparadigmen wohl schwer zu realisieren ist.
1
www.dhl.at/publish/at/de/about/citizenship.high.html
9
Die Wechselbeziehungen mit den Stakeholdern
2
sind dabei ausschlaggebend. Im
folgenden Kapitel soll auf diese zunehmend einflussreichere Gruppe näher eingegangen
werden. Hier kann aber schon festgehalten werden, dass positives Engagement in diese
Richtung der Zukunftsinvestition und einer Steigerung der Ertragskraft dient (Grünbuch
2001, S. 4). Es ist unbestritten, dass die Hälfte der unternehmerischen Verantwortung
außerhalb der Unternehmung lagert und sich in der Umgebung niederschlägt, welche
das operative Arbeitsgebiet bildet (Jeurissen, 2004, S. 94).
Gegenwärtig werden in der hiesigen Unternehmenskommunikation allerdings gerne
Begriffe wie Charity und Philantropy zur Beschreibung solcher Investitionen verwandt.
Dies ist nicht gänzlich falsch, trifft aber nicht in vollem Umfang den Anspruch der CC-
Überlegungen. Vielmehr wird die Frage gestellt, welche Regeln die (globale)
Unternehmung als Mitglied der Gesellschaft mitschaffen und mitunterhalten soll (Seitz,
2002, S. 2).
Corporate Citizenship setzt in diesem Zusammenhang auf die Entwicklung tragfähiger
Konzepte aus eigenem unternehmerischen Antrieb (Seitz, 2002, S. VII) und baut
weniger auf die gesetzgebende Hand des Staates. Das bürgerschaftliche Engagement
wandelt sich als Reaktion auf weltweite Entwicklungen vom Mäzenatentum oder einer
paternalistischen Fürsorge zu einer Managementaufgabe (Behrent, 2003, S. 22) zur
Minderung gesellschaftlicher Probleme (Schrader, 2003, S. 2). Damit erhalten die
Unternehmen einen ,,... ganzheitlichen Handlungshorizont für alle denkbaren Aspekte
möglicher Beziehungen zu Stakeholdern und Shareholdern und für eine
unternehmenspolitische Sinngebung" (Behrent, 2003, S. 26).
Ganz freiwillig ist diese Entwicklung allerdings nicht, spielen doch einige
gesellschaftliche Entwicklungen eine zunehmende Rolle (Grünbuch 2001, S. 5):
2
Als Stakeholder bezeichnet man Einzelpersonen, Gemeinschaften oder Organisationen, die die
Geschäftstätigkeit eines Unternehmens beeinflussen oder von ihr beeinflusst werden. Es gibt interne
Stakeholder (z.B. Belegschaft) und externe Stakeholder (z.B. Kunden, Zulieferer, Anteilseigner,
Investoren, lokale Gemeinschaften)
10
- Die Stakeholder, auf welche im nächsten Abschnitt näher eingegangen werden soll,
stellen im Kontext der Globalisierung und des industriellen Wandels gestiegene
Anforderungen an die Unternehmen.
- Investitionsentscheidungen werden von Einzelpersonen und Organisationen in ihrer
Rolle als Verbraucher und Investoren zunehmend im Hinblick auf soziale Kriterien
hinterfragt.
- Die zunehmende Schädigung der Umwelt aufgrund industrieller Tätigkeit wird mit
Sorge betrachtet.
- Moderne Kommunikations- und Informationstechnologien sowie ein gestiegenes
Medieninteresse fördern die Transparenz sowie einen zunehmenden Wunsch nach
Informationen im Hinblick auf das Unternehmensverhalten.
Zusammenfassend kann daher die Definition von Habisch als gute Basis zur weiteren
Bearbeitung des Themas dienen:
,,Globalisierung und Individualisierung prägen das gesellschaftliche Umfeld von
Unternehmen im 21. Jahrhundert. Auf regionaler, nationaler und internationaler Ebene
sind sie mit völlig neuen Problemstellungen und Herausforderungen konfrontiert, die
sich nicht mehr mit den hergebrachten Instrumenten staatlicher Regulierung oder
diplomatischer Vereinbarung bearbeiten lassen. Als unternehmerisches
Bürgerengagement (Corporate Citizenship) bezeichnet man Aktivitäten, mit deren Hilfe
Unternehmen selbst in ihr gesellschaftliches Umfeld investieren und ordnungspolitische
Mitverantwortung übernehmen. Sie helfen mit, Strukturen bereichsübergreifender
Zusammenarbeit und soziales Kapital aufzubauen, um zusammen mit Partnern aus
anderen gesellschaftlichen Bereichen (Bildungs-, Sozial- und Kultureinrichtungen,
Bürgerinitiativen und NGOs, Verbänden, Politik, anderen Unternehmen etc.) konkrete
Probleme ihres Gemeinwesens zu lösen. In diesen Prozess bringen sie nicht nur Geld,
sondern alle ihre Ressourcen also Mitarbeiterengagement, fachliches Know-how und
Organisationskompetenz, Informationen etc. ein" (
Habisch, 2003, S. 58).
11
4. Die Stakeholder
Der Begriff ,,Stakeholder" entwickelte sich in den 60er Jahren in Bezug auf die
Shareholder-Value-Diskussion. Man gelangte zu der Ansicht, dass eine alleinige
Fokussierung des Managements auf Aktionärsinteressen in Zukunft Probleme bereiten
könne und die Anzahl der Anspruchsgruppen erweitert werden müsse. Unternehmen
werden zudem für die Folgen ihrer Tätigkeit immer häufiger von den entsprechenden
Gruppen belohnt bzw. bestraft.
3
Denn es ist unbestritten, dass Unternehmen einen
enormen Einfluss auf ihr ökonomisches, ökologisches und soziales Umfeld ausüben und
eine große Verantwortung für die positive Entwicklung der sog. ,,Triple Bottom Line"
tragen (Andriof/Waddock, 2002, S. 26).
Abb 1: Welleneffekt der Unternehmung
4
Ein umfassendes Stakeholder-Engagement ist somit gefordert, welches zum einen die
relevanten Anspruchsgruppen identifiziert, ihren Einfluss auf die Unternehmung
bewertet und daraus entsprechende Handlungsempfehlungen ableitet.
3
www.pwcglobal.com/extweb/service.nsf/docid/86E529115CDFE5E585256D6B0074BEB7
4
Andriof/Waddock (2002), S. 26
12
4.1 Stakeholder-Engagement
Die anfangs rein unternehmensfokussierte Sichtweise betrachtete die Stakeholder als
,,Subjekte", welche es zu ,,managen" galt. Seit sich die Unternehmen zunehmend in der
Kritik der Globalisierungsgegner sehen und eine höhere Transparenz und
Berechenbarkeit gefordert wird, geht der Trend weg von einem rein reaktiven Verhalten
hin zu einer netzwerkbasierten und prozessorientierten proaktiven Partnerschaft.
Stakeholder-Engagements können daher definiert werden als: ,, ... trust-based
collaborations that build social capital between individual companies and other social
institutions working on objectives that can only be achieved jointly and interactively"
(Andriof/Waddock, 2002, S. 19 ff.).
Um die gewünschte Bindung vom Unternehmen zum Stakeholder zu erreichen, ist die
Bildung von ,,social capital" unerlässlich. Es verbindet Individuen genauso wie
Netzwerke und Gesellschaften. Die Qualität und somit die beiderseitigen
Erfolgsaussichten der Partnerschaft bauen auf Vertrauen und Werte, welche eine
wichtige Quelle für den Umgang mit sozialen Fragen darstellen. Je höher der Anteil
sozialen Kapitals innerhalb der Unternehmen-Stakeholder-Beziehung, umso größer die
Chance auf den Gewinn von wichtigen Informationen, Zugang zu wichtigen
Netzwerken, die korrekte Außendarstellung etc. (Andriof/Waddock, 2002, S. 27-28).
In diesem Zusammenhang haben sich zwei Sichtweisen für die Definiton des Begriffs
,,Stakeholder" herausgebildet. Die ,,enge" Sichtweise bezieht sich ausschließlich auf die
wirtschaftlich relevanten Gruppen wie Arbeitnehmer, Kunden, Zulieferer und
Aktionäre, welche vom Stanford Research Institute (1963) betrachtet werden: ,,... on
which the organization is dependent for its continued survival".
Sie sind bedeutsam für
die zentralen ökonomischen Interessen der Unternehmung und werden auch als
,,Vertragspartner" oder ,,Partner in Tauschbeziehungen" bezeichnet. Dieser Ansatz
ergibt sich in erster Linie aus der offensichtlichen Ressourcenknappheit, in welcher sich
Unternehmen bewegen, fehlender Zeit und Aufmerksamkeit sowie der begrenzten
Geduld von Managern, sich mit diesen externen Angelegenheiten zu beschäftigen
(Mitchell et al., 1997, S. 856 f.).
13
Folgt man der ,,weiten" Definition von Freeman (1984), so betrachtet man Stakeholder
als ,,... any group or individual who can affect or who is affected by the achievement of
the firm's objectives"
(Andriof/Waddock, 2002, S. 30). Dieser Ansatz erfasst somit
nahezu jeden als Stakeholder, welcher es dem Management erschweren kann, eine
plausible Eingrenzung der relevanten Anspruchsgruppen vorzunehmen.
4.2 Stakeholder-Analyse
Daher fällt der Unternehmensführung die Aufgabe zu, einen umfassenden Überblick
über die relevanten Anspruchsgruppen zu erhalten. Am Anfang steht die Aufgabe, die
Gruppen entsprechend zu identifizieren sowie ihre Erwartungen ins Verhältnis zu der
unternehmerischen Tätigkeit zu setzen (Zink, 2004, S. 14):
1. Wer sind die strategischen Anspruchsgruppen und wie sehen ihre Anforderungen
aus? Dahin gehend sollte eine weitreichende Liste der unternehmensrelevanten
Stakeholdergruppen erstellt und ihre Bedeutung ermittelt werden.
2. Welche organisatorischen Prozesse sind gefordert, um diesen Anforderungen
entsprechend zu begegnen ?
3. Welche Transaktionen und Interaktionen sind erforderlich und in welchem
Verhältnis stehen sie zum Portfolio der Stakeholder wie auch der Unternehmung ?
Eine Bewertung der Anspruchsgruppen im Hinblick auf die unternehmerische Relevanz
kann anhand der Kriterien Wille (Power), Legitimität und Dringlichkeit durchgeführt
werden. Unter Wille sind die Handlungsbereitschaft und die Fähigkeit des Stakeholders
zu verstehen, das gewünschte unternehmerische Benehmen auf gewisse Art
durchzusetzen. Dabei reichen die Handlungsoptionen von der einfachen Veränderung
des Kaufverhaltens über den Entzug finanzieller oder materieller Ressourcen bis hin zu
Gewalt. Legitimität erlangen diese Aktionen, wenn sie gesellschaftlich wünschenswert
sind und angemessen (verhältnismäßig und legal) innerhalb eines Sozialsystems
stattfinden. Je nach Situation und Ausmaß fordert der Stakeholder dann eine gewisse
Dringlichkeit
für die Ergreifung von Maßnahmen (Mitchell et al., 1997, S. 865 ff.).
14
Innerhalb dieser drei Bereiche lässt sich je nach Ausprägung der drei Kriterien eine
Klassifizierung vornehmen, welche es der Unternehmensführung erleichtert, etwaige
Anspruchsgruppen wahrzunehmen und entsprechende Prioritäten auch im Hinblick auf
konfligierende Erwartungen zu setzen (Salience). Jede einzelne Kombination
ausführlich darzustellen, würde in diesem Rahmen zu weit führen. Es kann aber
festgehalten werden, dass sich basierend auf den eingangs erwähnten drei Kriterien
Wille, Legitimität und Dringlichkeit sieben Stakeholder-Gruppen identifizieren lassen,
welche in mehr oder weniger großem Ausmaß als unternehmensrelevant betrachtet
werden müssen (Mitchell et al, 1997, S. 873 ff.):
,,Latente" Stakeholder: Die Gruppen erfüllen nur eines der drei Kriterien und werden
daher nur mit einer geringen Salience bedacht (Felder 1, 2 und 3).
,,Erwartende" Stakeholder: Sie erfüllen zwei von drei Kriterien und stellen gewisse
Erwartungen an das Unternehmen (Felder 4, 5 und 6).
,,Definitive" Stakeholder: Die Erfüllung aller drei Attribute weist diese Gruppe als ernst
zu nehmende Anspruchsgruppe aus und lässt daher eine hohe Salience seitens des
Managements erwarten (Feld 7).
Abb. 2: Stakeholder Typology
5
5
Mitchell et al., 1997, S. 874
15
Stakeholdergruppen, welche keines der drei Attribute erfüllen (Feld 8), sind für die
Unternehmung uninteressant und können auch als non-Stakeholder bezeichnet werden.
Wie immer allerdings die Einordnung der Stakeholder auch aussehen mag, so bleibt die
Erkenntnis, dass jedes Unternehmen mit einem individuellen Set von Ansprüchen aus
den verschiedensten Bereichen konfrontiert wird. Das heißt, die Unternehmen sind zum
einen angehalten, sich mit den jeweiligen Wünschen auseinander zu setzen und sich im
Rahmen einer Lösungsfindung entsprechend zu engagieren. Daraus folgt, dass
Managementverhalten auch immer eine Funktion der Einflussgröße der Stakeholder
darstellt (Andriof/Waddock, 2002, S. 30). Je mächtiger die Anspruchsgruppen werden
bzw. je höher der erwartete Benefit für die Unternehmung ausfällt, desto wichtiger
werden der Ausbau und die Aufrechterhaltung eines konstruktiven Dialogs. Gewünscht
sind daher umfassendes Wissen über vertrauensbildende Maßnahmen im Hinblick auf
die Bildung von ,,social capital" sowie die Schaffung einer vertrauensvollen
Atmosphäre zur gemeinsamen Weiterentwicklung und gegenseitigen Anpassung durch
einen partnerschaftlichen Umgang (Andriof/Waddock, 2002, S. 36 ff.).
Die folgende Grafik verdeutlicht noch einmal die gesonderten Anspruchsgruppen einer
Unternehmung.
Abb. 3: Die Stakeholder eines Unternehmens
6
6
Dresewski, Felix (2004), S. 38
16
Welche Gründe könnten nun dafür sprechen, dass Unternehmen ihr bürgerschaftliches
Engagement ausweiten? Oder viel wichtiger: Welches Austauschverhältnis führt zu
einer Besserstellung der angesprochenen Parteien? In einer Marktwirtschaft werden
Unternehmen nur dann zu freiwilligem Engagement greifen, wenn es sich
betriebswirtschaftlich positiv auswirkt. Es muss also ein sog. business case" vorliegen,
welcher nachvollziehbare Wettbewerbsvorteile bringt (Schrader, 2003, S. 78).
17
5. Unternehmerische Effekte globaler Corporate Citizenship
Gerne wird im Hinblick auf die unternehmerischen Effekte von einer anzustrebenden
,,win/win"-Situation gesprochen. Der gegenseitige Nutzen soll in einer Wertschöpfung
sowohl für das Unternehmen als auch für die Gesellschaft bzw. die Stakeholder
(einschließlich der Umwelt) (Liikanen, 2004, S. 10) und nicht in der Umbenennung des
traditionellen PR-Berichts resultieren. Die Profilierung eines ,,neuen unternehmerischen
Selbstbewusstseins als aktiver Bürger und gesellschaftlicher Akteur" soll im
Mittelpunkt stehen (Habisch, 2003, S. 51). Daher ist einer der zentralen Ansatzpunkte
der Corporate Citizenship-Überlegungen nicht zu verwechseln mit dem schon
erwähnten Charakter der ,,Philantropie". Es handelt sich um kalkulierte Maßnahmen,
welche sich an klar definierten strategischen Unternehmenszielen ausrichten, um
gewinnbringende Effekte zu erzielen. Lassen sich allerdings die positiven
einzelbetrieblichen
Effekte als höhere Gewinne oder verbesserte Absatzzahlen
ermitteln, so sind die positiven überbetrieblichen Effekte wesentlich schwerer zu
quantifizieren. Im Folgenden soll daher eine Aufschlüsselung stattfinden (Schrader,
2003, S. 78-98).
5.1 Positive einzelbetriebliche Effekte
Die positiven einzelbetrieblichen Effekte werden zum Teil der Wertschöpfungskette der
Unternehmen und lassen sich aufgrund ihrer Wirksamkeit in außengerichtete und
innengerichtete Effekte unterteilen. Die außengerichteten Effekte gelten den
Umweltbeziehungen der Unternehmen, während die innengerichteten sich u.a. auf die
interne Personalentwicklung konzentrieren.
5.1.1 Reputationsaufbau/Imagegewinn
An erster Stelle stehen Reputationsaufbau und Imagegewinn, um die Akzeptanz der
Unternehmung bei den Stakeholdern zu sichern bzw. zu erhöhen. Dass ein positiver
Imagetransfer für Unternehmen immer wichtiger wird, belegt unter anderem die
Untersuchung von Debra King und Alison Mackinnon, die 2.200 zufällig ausgewählte
Haushalten in Australien im März 2000 einbezog.
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Die Haushalte wurden u.a. gefragt, bis zu welchem Grad das Bekanntwerden von
Unternehmensverhalten die Reputation beeinflusst und inwieweit dieses Wissen
Einfluss auf zukünftige Entscheidungen hätte (Produktwahl, Investition, Arbeitsplatz
etc.) (Batson, 2002, S. 3-4). Im Ergebnis wurde festgestellt, dass die Gesellschaft sich in
zunehmendem Maße für das ,,Corporate Behavior" von Unternehmen interessiert und
auch immer mehr gewillt ist, Verstöße z.B. durch eine Veränderung des
Konsumverhaltens zu bestrafen.
7
Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt eine Studie des imug-Institus Hannover, welche
besagt, dass über die Häfte der Verbraucher bei gleichem Preis die Produkte eines
Unternehmens bevorzugen würde, von welchem verantwortliches Verhalten bekannt ist.
Über 66% zeigten sich in diesem Kontext sehr interessiert (27%) bzw. interessiert
(39%) an Informationen über die sozialen und ökologischen Auswirkungen der
Unternehmenstätigkeit. Als wichtigste Themen wurden der Verzicht auf Kinderarbeit
und die Entwicklung umweltfreundlicher Produkte (89%), der sparsame Umgang mit
Rohstoffen und Energie (86%) und die Schaffung von Arbeitsplätzen (85%) genannt
(imug-Studie, 2003, S. 5). Zur Untermauerung dieser These können des Weiteren die
Ergebnisse des Unternehmensverbandes CSR Europe und des Instituts Markt-Umwelt-
Gesellschaft herangezogen werden, auf welche hier aber nicht weiter eingegangen
werden soll. Es ist somit zu vermuten, dass sich ein als ,,good corporate citizen"
positionierendes Unternehmen durch höhere Kundenzufriedenheit und Kundentreue
belohnt werden kann.
Zweifellos lässt sich ein Konsumversprechen hin zum ökologisch wertvollen Produkt
leicht bei einer unverbindlichen Umfrage äußern. Allerdings zeigt das Ergebnis auch,
dass ein breites Interesse an diesem Thema besteht und die Verbraucher eine konkrete
Einordnung etwaiger Problemfelder vornehmen.
7
Sarre, Rick, http://www.maicsa.org.my/whats_new_cg_0412.htm (04.03.2005)
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5.1.2 Arbeitnehmerbeschaffung
Der Punkt Reputation bzw. Image spielt auch im Bereich der Rekrutierung von
Arbeitnehmern eine wichtige Rolle. So gaben in einer Studie 42% der Befragten an,
dass das Engagement und die verantwortliche Führung des Unternehmens ihre Jobwahl
positiv beeinflusste (Heuberger et al., o.D., S. 9; Dresewski, 2004, S. 28). Dies ist
besonders wichtig für Unternehmen in hart umkämpften Märkten, denn hier wird die
Suche nach den sog. ,,high potentials" zum strategischen Erfolgsfaktor. Und gerade
dieser elitären Gruppe wird nachgesagt, ,,dass materielle Entlohnung allein bei der
Arbeitsplatzwahl nicht ausschlaggebend sei, sondern dass sie nach Identifikations-
möglichkeiten suchen, die ,, ... ein guter Corporate Citizen eben besser vermitteln kann
als ein schlechter"
(Schrader, 2003, S. 84). ,,Job satisfaction" und ,,ethical behaviour"
stehen somit in einer positiven wechselseitigen Beziehung (Leisinger, 1999, S. 99).
5.1.3 Arbeitnehmerentwicklung
In Ergänzung zu den außengerichteten Effekten in Bezug auf die Arbeitnehmer
(Reputation/ImageIdentifikation-Jobwahl) konzentriert sich Corporate Citizenship
innengerichtet u.a.
auf die Entwicklung des Personals. Wie Studien belegen, können
Investitionen in das ,,Humankapital" einen sehr positiven Einfluss auf die Loyalitität,
die Motivation und die Produktivität haben (Willmott, 2001, S. 85 f). Deutlich wird dies
an einer aktuellen Umfrage, wonach 93% der deutschen Angestellten (Europa 87%)
eine stärkere Loyalität zu einem sozial engagierten Unternehmen fühlen. Eine
Förderung von ,,Motivation und Leistungsfähigkeit" gaben zudem 30% der Befragten
an (Dresewski, 2004, S. 28).
Glaubwürdige Corporate Citizenship führt darüber hinaus zu steigender
Arbeitszufriedenheit und stärkerer Identifikation mit dem Unternehmen. Dabei soll der
Mitarbeiter das Gefühl bekommen, Teil der Corporate Cititzenship zu sein und seiner
,,privat empfundenen moralischen Verantwortung auch im Arbeitsalltag nachgehen zu
können"
(Schrader, 2003, S. 92). Das Unternehmen muss daher bemüht sein,
transparent zu kommunizieren, ein positives internes Geschäftsklima zu bewirken und
auch Konsensbereitschaft seitens der Geschäftsführung zu demonstrieren (Backhaus-
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Maul, 2003, S. 115). Denn es steht außer Frage, dass die Verlässlichkeit der Belegschaft
gerade in Krisenzeiten einen entscheidenden Unterschied ausmachen kann (Backhaus-
Maul, 2003, S. 114).
Wird Corporate Citizenship in diesem Sinne weiter gefasst, können im Rahmen der
Arbeitnehmerentwicklung folgende Punkte als Handlungsempfehlung herausgearbeitet
werden (Grünbuch, 2001, S. 9 f.):
Die interne Arbeitnehmerpolitik soll durch die Möglichkeit lebenslangen Lernens,
Empowerment, bessere Vereinbarkeit von Arbeit, Familienleben und Freizeit, größere
Diversifizierung bei der Arbeit oder auch Gewinn- und Kapitalbeteiligungen Anreize
schaffen.
Die Einstellungspolitik soll verantwortungsvoll und nicht diskriminierend sein.
Ethnischen Minderheiten, älteren Arbeitskräften, Frauen sowie Langzeitarbeitslosen
und benachteiligten Personen soll der Einstieg in das Berufsleben erleichtert werden.
Mit einer umfangreichen Kooperationspolitik soll eine aktive Zusammenarbeit mit den
lokalen Akteuren ausgebaut werden. Aus den gewonnenen Informationen lassen sich
u.a. der Bedarf an Lehrstellen und die Entwicklung von Bildungs- und
Ausbildungsprogrammen ableiten.
Zum Ausbau der Mitarbeiterkompetenz verstärkt sich in Deutschland seit einiger Zeit
der Trend der Mitarbeiterfreistellung zur Erfüllung ehrenamtlicher Aufgaben. Das sog.
,,Corporate Volunteering" wird von rund jedem zweiten KMU und über 70% der
Großunternehmen praktiziert (Maaß, 2003, S. 117; Habisch, 2003, S. 67). Im
Vordergrund stehen dabei die Verbesserung der Teamfähigkeit und Kommunikations-
kompetenz, die Erlernung besonderer Flexibilität, Kreativität und Organisations-
fähigkeit beim Umgang mit ungewohnten Aufgaben sowie die Schulung des
Einfühlungsvermögens (Schrader, 2003, S. 89 f). Speziell im Hinblick auf die
Entwicklung von Führungskräften haben diese ,,soft skills" nach wie vor Relevanz.
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Die Glaubwürdigkeit speziell von Führungskräften hängt nämlich davon ab, dass sie
nicht nur über Fach- und Managementwissen, sondern auch über persönliche und
soziale Qualitäten verfügen (Myritz, 07/2002, S. 209).
5.1.4 Finanzielle Entwicklung
Auch bei der finanziellen Entwicklung kann Corporate Citizenship eine wichtige Rolle
spielen. Viele Shareholder erkennen in zunehmendem Maße, dass bürgerschaftliches
Engagement nicht gegen die Interessen des Unternehmens verstößt, sondern dass ein
gesundes Umfeld der Unternehmung nutzt. So spielt z.B. bei der Kreditvergabe oft der
moralisch gefestigte Charakter und das sozial verantwortliche Verhalten des
Unternehmers eine wichtige Rolle. Erst danach werden Größen wie Kapazität oder
Konditionen geprüft (Küng, 2001, S. 37). Eine ehrliche Herausarbeitung sowie eine
vernünftige Gewichtung der strategischen Anspruchsgruppen kann somit dazu
beitragen, das Unternehmensergebnis nachhaltig zu verbessern (Zink, 2004, 146).
Allgemeiner ausgedrückt: ,,Wenn es überhaupt eine generelle Bedingung für
langfristigen Erfolg gibt, dann ist das eine sich entwickelnde, wohlhabende Gesellschaft
insgesamt"
(Seitz, 2002, S. 8). Somit können Shareholder sogar zum Beschleuniger
geplanter CC-Aktivitäten werden.
5.1.5 Begrenzung des Risikos
Auf den Finanzmärkten wird die Begrenzung des Risikos für die Akteure zunehmend
wichtiger. Man hofft, durch mehr Offenheit und Transparenz in der Kommunikation
eine gute Verbindung zu den Stakeholdern aufzubauen. Diese Netzwerke erhöhen das
Wissen der Unternehmung und können helfen, potenzielle Risiken eher zu erkennen
und entsprechend abzufedern (Weiser/Tadek, 2000, S. 52). Außerdem kann die
Generierung einer entsprechenden Datenlage helfen, etwaige Vorwürfe wirkungsvoll zu
entkräften (Carlo, 2004, S. 8).
Als Beispiel kann hier die Vermeidung von illegalen oder sozial unverantwortlichem
Benehmen von Managern und Angestellten dienen. Im Jahre 1996 musste z.B. die
Daiwa Bank 340 Millionen US$ an Strafe zahlen, weil ein enormer Handelsverlust zu
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spät gemeldet wurde. Ebenfalls Mitte der 90er Jahre hatte Shell aufgrund ungenügender
Transparenz und mangelnder Kommunikationsbereitschaft schwere Imageschäden
hinzunehmen. Ausgangspunkt waren die Diskussionen um Brent Spar und die
Verstrickungen in Nigeria. In einem späteren Kapitel soll auf das Thema Shell näher
eingegangen werden. Es kann aber hier bereits erwähnt werden, dass das Unternehmen
nach diesen Vorfällen eine offenere Unternehmenspolitik praktiziert. Seit 1999 bietet
Shell ein offenes Online-Forum (General Forum) für alle interessierten Bürger an. Auf
der website www.shell.com/tellshell können Beiträge unzensiert eingestellt werden. Das
Unternehmen zeigt sich zudem bemüht, kritische Anmerkungen zu kommentieren und
ggf. entsprechende Prüfungen und Handlungen vorzunehmen.
Dass sozial unverantwortliches oder illegales Verhalten schädlich für den Aktienkurs
ist, belegt eine Ausarbeitung von Jeff Frooman aus dem Jahre 1997. Es wurden 27
Studien analysiert, welche den Impact von unsozialem Verhalten auf den Aktienwert
ermittelten. Das Ergebnis zeigte, dass für Fehlverhalten sanktionierte Unternehmen
Einbußen hinnehmen mussten, welche nie wieder aufgefangen werden konnten. Eine
Studie der Harvard University belegt zudem, dass ,,stakeholder-balanced" companies
sich viermal schneller entwickeln und achtmal mehr Personal beschäftigen als rein
shareholder-orientierte Unternehmen (Willmott, 2001, S. 17).
Dementsprechend übernimmt unternehmerisches Bürgerengagement eine Art
Versicherungsfunktion
, welches im Problemfall auf eine kooperativere Behandlung
seitens der Öffentlichkeit, der NGOs oder auch der Medien hoffen lässt. Diese
Stakeholdergruppen verfügen nämlich über bestimmte ,,Freiheitsgrade" bei einer
Reaktion z.B. auf ein eingetretenes Verschmutzungsproblem (Habisch, 2003, S. 75).
Ergänzend dazu stellen mittlerweile Regierungen Strafmilderung für Good Corporate
Citizens in Aussicht. Etwaige Verstöße gegen geltende Vorschriften können milder
geahndet werden, wenn die Implementierung eines Corporate Citizenship-Programms
vor dem zu verhandelnden Vergehen nachgewiesen werden kann (Weiser/Tadek, 2000,
S. 54).
Details
- Seiten
- Erscheinungsform
- Originalausgabe
- Erscheinungsjahr
- 2005
- ISBN (eBook)
- 9783832489717
- ISBN (Paperback)
- 9783838689715
- Dateigröße
- 2.1 MB
- Sprache
- Deutsch
- Institution / Hochschule
- Universität Kassel – Wirtschaftswissenschaften
- Note
- 1,3
- Schlagworte
- stakeholder globalisierung unternehmen verantwortung responsibility
- Produktsicherheit
- Diplom.de