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Die Europäische Aktiengesellschaft als Rechtsform für mittelständische Unternehmen

©2005 Diplomarbeit 83 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Die wirtschaftliche Integration in Europa macht zügige Fortschritte. Grundsätzlich ergeben sich daraus insbesondere für mittelständische Unternehmen sowohl Chancen als auch Risiken. In einem vereinten und funktionierenden Europa ist es insbesondere für den Mittelstand wichtig, sich langfristig ohne Barrieren wie im eigenen Binnenmarkt bewegen zu können. Denn seine Möglichkeiten, international bzw. europaweit zu agieren, sind nicht mit denen eines Konzerns vergleichbar. Der Wettbewerbsdruck für den Mittelstand in Europa wird höher. Nicht nur die Konkurrenzsituation im eigenen Land verschärft sich, sondern auch die Auseinandersetzung mit europaweit operierenden Konkurrenten wächst.
Eine Chance, die Eintrittsbarrieren in andere Mitgliedsstaaten in der europäischen Union abzubauen, liegt in der fortschreitenden Harmonisierung des nationalen Rechts. Die Schaffung einer gemeinsamen europäischen Rechtsform ist ein Schritt in diese Richtung. Hintergrund dafür sind die aktuellen volkswirtschaftlichen Entwicklungen des europäischen Wirtschaftsraumes in direkter Verbindung zu den mittelstandspolitischen Bemühungen und Herausforderungen in einem erweiterten Europa. Diese spiegeln sich im Fortschritt der Lissabon-Agenda wider. Die Lissabon-Agenda skizziert Strategien und Positionen für eine europäische Mittelstandspolitik in den Jahren 2000 bis 2010.
Das Bruttoinlandsprodukt (BIP), als ein Maß für die wirtschaftliche Tätigkeit in einer Volkswirtschaft, definiert den Wert aller neu geschaffenen Waren und Dienstleistungen, abzüglich des Wertes aller dabei als Vorleistungen verbrauchten Güter und Dienstleistungen. Das reale Wachstum des BIP ist in den Jahren 2000 bis 2003 kontinuierlich auf unter einen Prozent gesunken und 2004 wieder auf über zwei Prozent angestiegen. Die EU-Kommission musste auf Grund der chronischen deutschen Konjunkturschwäche ihre Wachstumsprognose für das Jahr 2005 für die gesamte EU von 2,3 auf 2,0 Prozent korrigieren. Das Wachstum der Beschäftigung insgesamt ist in den Jahren 2000 bis 2003 ebenfalls kontinuierlich gesunken. Werte für das Jahr 2004 und eine Prognose für 2005 liegen noch nicht vor.
Die Lissabon-Agenda wird in Bezug auf zukünftige Entwicklungsmöglichkeiten für den Mittelstand in einem erweiterten Europa als unverzichtbar erachtet. Ziel der im Jahre 2000 auf dem Gipfel von Lissabon beschlossenen Reformen ist es, die EU zum dynamischsten und wettbewerbsfähigsten wissensbasierten Wirtschaftsraum der […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


ID 8880
Handlanger, Carina: Die Europäische Aktiengesellschaft als Rechtsform für
mittelständische Unternehmen
Hamburg: Diplomica GmbH, 2005
Zugl.: FH Nordhessen, Standort Kassel, Diplomarbeit, 2005
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Diplomica GmbH
http://www.diplom.de, Hamburg 2005
Printed in Germany

Inhaltsverzeichnis
I
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis ...I
Abkürzungsverzeichnis ... IV
Abbildungsverzeichnis ... VI
Tabellenverzeichnis ... VII
1
Einleitung ...1
1.1
Aktuelle Entwicklung des europäischen Wirtschaftsraumes im Hinblick
auf den Mittelstand ...1
1.2
Problemstellung und Zielsetzung...3
1.3
Vorgehensweise ...4
2
Grundlagen ...5
2.1
Die Europäische Aktiengesellschaft (SE) ...5
2.1.1
Begriffserläuterung und geschichtliche Entwicklung...5
2.1.2
Gründungsvoraussetzungen und Gesellschaftsverfassung...6
2.1.3
Gründungsarten...8
2.1.3.1
Gründung durch Verschmelzung...8
2.1.3.2
Gründung einer Holding-SE ...10
2.1.3.3
Gründung einer SE durch Errichtung einer Tochter-SE ...12
2.1.3.4
Umwandlung einer AG in eine SE ...13
2.1.4
Die Organisationsstruktur der europäischen Aktiengesellschaft..14
2.1.4.1
Das dualistische System ...14
2.1.4.2
Das monistische System ...15
2.1.5
Die Mitbestimmung der Arbeitnehmer ...16
2.2
Besondere Funktionalitäten der SE ...19
2.2.1
Gestaltungsfreiheit der Unternehmensorganisation...19
2.2.2
Grenzüberschreitende Sitzverlegung ...21
2.2.3
Entwicklungschancen einer europäischen Corporate Identity, einer
europäischen Corporate Culture und eines europäischen
Corporate Goodwill ...23
3
Bedeutung der SE für mittelständische Unternehmen ...25
3.1
Definition mittelständischer Unternehmen ...25
3.1.1
Definition des Mittelstandes durch das Institut für
Mittelstandsforschung (IFM) Bonn ...25

Inhaltsverzeichnis
II
3.1.2
Empfehlung der europäischen Kommission zur Definition von
kleinsten, kleinen und mittleren Unternehmen ...26
3.2
Beliebte Rechtsformen mittelständischer Unternehmen und ihre Vor-
und Nachteile...28
3.2.1
Informationsbeschaffung und Analyse der häufigsten
Rechtsformen mittelständischer Unternehmen ...28
3.2.2
Kurzdarstellung der häufigsten Rechtsformen...30
3.2.2.1
Die GmbH...30
3.2.2.2
Die KG...32
3.2.2.3
Die GmbH & Co. KG ...33
3.2.2.4
Das Einzelunternehmen ...33
3.3
Möglichkeiten mittelständischer Unternehmen zur Ausnutzung der
besonderen Funktionalitäten der SE...34
3.3.1
Überblick ...34
3.3.1.1
Zusammenfassung der Vorteile ausgewählter Rechtsformen
für den Mittelstand...34
3.3.1.2
Kurzdarstellung der Funktionalitäten der SE ...34
3.3.2
Die SE im Vergleich der Rechtsformen ...35
3.3.2.1
Rechtsgestaltung und Haftungsrisiken ...35
3.3.2.2
Unternehmensleitung ...36
3.3.2.3
Gewinn- und Verlustbeteiligung, sowie Entnahmerechte ...37
3.3.2.4
Flexibilität der Gesellschafterstruktur und dadurch bedingte
Finanzierungsmöglichkeiten...38
3.3.2.5
Die Steuerbelastung...40
3.3.2.6
Rechnungslegung und Offenlegungspflichten...45
3.3.2.7
Kosten der Gründung der einzelnen Rechtsformen ...48
3.3.2.8
Ergebnis ...49
3.3.3
Nötige Voraussetzungen um die Vorteile der SE tatsächlich nutzen
zu können ...52
3.3.3.1
Aktuelle Chancen und Risiken der SE...52
3.3.3.2
Nötige Schritte um alle Vorteile der SE nutzen zu können ...53
3.3.3.3
Geplante Schritte der Europäischen Union und der
Bundesrepublik Deutschland um die SE attraktiver zu
machen ...54
4
Gründung einer SE am Beispiel der Verschmelzung einer Deutschland AG
mit einer Tochtergesellschaft in einem europäischen Mitgliedstaat...55
4.1
Planungsphase...55
4.2
Vorbereitungsphase...56
4.3
Beschlussphase ...62
4.4
Vollzugsphase ...63

Inhaltsverzeichnis
III
5
Fazit und Ausblick ...65
Literaturverzeichnis... VII

Abkürzungsverzeichnis
IV
Abkürzungsverzeichnis
Abb.
Abbildung
Abl.
Amtsblatt
Abs.
Absatz
a.F.
alter Fassung
AG
Aktiengesellschaft
AktG
Aktiengesetz
Art.
Artikel
AWD
Außenwirtschaftsdienst des Betriebsberaters
BetrVG
Betriebsverfassungsgesetz
BGB
Bürgerliches Gesetzbuch
BGBl.
Bundesgesetzblatt
BGH
Bundesgerichtshof
BGHZ
Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen
Buchst.
Buchstabe
bVg
besonderes Verhandlungsgremium
bzw.
beziehungsweise
DB
Der Betrieb (Zeitschrift)
DBA
Doppelbesteuerungsabkommen
d.h.
das heißt
DStR
Deutsches Steuerrecht
ebd.
eben da
EG
Europäische Gemeinschaft
e.K.
eingetragener Kaufmann
e.Kfm.
eingetragener Kaufmann
e.Kfr.
eingetragene Kauffrau
EStG
Einkommensteuergesetz
etc.
et cetera
EU
Europäische Union
EWG
Europäische Wirtschaftsgemeinschaft
ff.
fort folgende
FRL
Fusionsrichtlinie
GbR
Gesellschaft bürgerlichen Rechts
gem.
gemäß

Abkürzungsverzeichnis
V
GewStG
Gewerbesteuergesetz
ggf.
gegebenenfalls
GmbH
Gesellschaft mit beschränkter Haftung
GmbHG
GmbH-Gesetz
Hrsg.
Herausgeber
i.d.F.
in der Fassung
IfM
Institut für Mittelstandsforschung
i.V.m.
in Verbindung mit
KG
Kommanditgesellschaft
KGaA
Kommanditgesellschaft auf Aktien
KMU
kleine und mittlere Unternehmen
KStG
Körperschaftsteuergesetz
lt.
laut
Nr.
Nummer
NWB
Neue Wirtschaftsbriefe
NZG
Neue Zeitschrift für Gesellschaftsrecht
OHG
Offene Handelsgesellschaft
RGBl.
Reichsgesetzblatt
RIW
Recht der internationalen Wirtschaft (Zeitschrift)
Rn.
Randnummer
s.
siehe
SE
Societas Europaea
SEBG
SE-Beteiligungsgesetz
SEEG
Gesetz zur Einführung der Europäischen Gesellschaft
SE-RL
SE-Richtlinie
SE-VO
SE-Verordnung
sog.
so genannt
UmwG
Umwandlungsgesetz
UmwStG
Umwandlungssteuergesetz
vgl.
vergleiche
z.B.
zum Beispiel
ZGR
Zeitschrift für Unternehmens- und Gesellschaftsrecht

Abbildungsverzeichnis
VI
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Entwicklung des BIP und der Beschäftigung der EU 25 von 2000
bis 2005...2
Abbildung 2: Verschmelzung durch Aufnahme...8
Abbildung 3: Verschmelzung durch Neugründung ...9
Abbildung 4: Gründung einer Holding-SE ...11
Abbildung 5: Gründung einer Tochter-SE ...12
Abbildung 6: Das dualistische Leitungssystem der SE...15
Abbildung 7: Das monistische Leitungssystem der SE ...16
Abbildung 8: Rechtsformen im Mittelstand ...30

Tabellenverzeichnis
VII
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Abgrenzungskriterien des IfM Bonn für die Unternehmensgröße...26
Tabelle 2: Definition der Europäischen Kommission bezüglich der kleinsten,
kleinen und mittleren Unternehmen ...27
Tabelle 3: Steuerpflichtige und deren Lieferungen und Leistungen 2002 nach
Rechtsformen und Größenklassen...29
Tabelle 4: Umschreibung der Größenklassen...46
Tabelle 5: Nutzwertanalyse der untersuchten Rechtsformen...50

Einleitung
1
1
Einleitung
1.1
Aktuelle Entwicklung des europäischen
Wirtschaftsraumes im Hinblick auf den Mittelstand
Die wirtschaftliche Integration in Europa macht zügige Fortschritte. Grundsätzlich erge-
ben sich daraus insbesondere für mittelständische Unternehmen sowohl Chancen als
auch Risiken. In einem vereinten und funktionierenden Europa ist es insbesondere für
den Mittelstand wichtig, sich langfristig ohne Barrieren wie im eigenen Binnenmarkt
bewegen zu können. Denn seine Möglichkeiten, international bzw. europaweit zu agie-
ren, sind nicht mit denen eines Konzerns vergleichbar. Der Wettbewerbsdruck für den
Mittelstand in Europa wird höher. Nicht nur die Konkurrenzsituation im eigenen Land
verschärft sich, sondern auch die Auseinandersetzung mit europaweit operierenden
Konkurrenten wächst.
1
Eine Chance, die Eintrittsbarrieren in andere Mitgliedsstaaten in der europäischen Uni-
on abzubauen, liegt in der fortschreitenden Harmonisierung des nationalen Rechts. Die
Schaffung einer gemeinsamen europäischen Rechtsform ist ein Schritt in diese Rich-
tung. Hintergrund dafür sind die aktuellen volkswirtschaftlichen Entwicklungen des eu-
ropäischen Wirtschaftsraumes in direkter Verbindung zu den mittelstandspolitischen
Bemühungen und Herausforderungen in einem erweiterten Europa. Diese spiegeln
sich im Fortschritt der Lissabon-Agenda wider. Die Lissabon-Agenda skizziert Strate-
gien und Positionen für eine europäische Mittelstandspolitik in den Jahren 2000 bis
2010.
2
In den letzten fünf Jahren, 2000 bis 2004, hat sich die Entwicklung in Bezug auf zwei
ausgewählte Konjunkturindikatoren, die reale Wachstumsrate des Bruttoinlandproduk-
tes und das Wachstum der Beschäftigung insgesamt, wie in Abbildung 1 zu sehen dar-
gestellt. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP), als ein Maß für die wirtschaftliche Tätigkeit in
einer Volkswirtschaft, definiert den Wert aller neu geschaffenen Waren und Dienstleis-
tungen, abzüglich des Wertes aller dabei als Vorleistungen verbrauchten Güter und
Dienstleistungen. Das reale Wachstum des BIP ist in den Jahren 2000 bis 2003 konti-
nuierlich auf unter einen Prozent gesunken und 2004 wieder auf über zwei Prozent
angestiegen. Die EU-Kommission musste auf Grund der chronischen deutschen
1
Vgl.
http://www.zenit.de/d/europa/
; Positionspapier ,,Zielmarke Lissabon: Herausforderungen für den
industriellen Mittelstand in einem erweiterten Europa" des BDI vom 11.10.2004;
http://www.impulse.de/spe/mind/mind03_download/mind_berichtsband.pdf
.
2
Vgl.
http://www.europarl.eu.int/summits/lis1_de.htm
; Zielmarke Lissabon, Positionspapier des BDI für
Strategien und Positionen für eine europäische Mittelstandspolitik 2005 ­ 2010.

Einleitung
2
Abbildung 1: Entwicklung des BIP und der Beschäftigung der EU 25 von 2000 bis 2005
Quelle: in Anlehnung an die wichtigen Konjunkturdaten der EUROSTAT selbst erstellt
3
Konjunkturschwäche ihre Wachstumsprognose für das Jahr 2005 für die gesamte EU
von 2,3 auf 2,0 Prozent korrigieren.
4
Das Wachstum der Beschäftigung insgesamt ist in
den Jahren 2000 bis 2003 ebenfalls kontinuierlich gesunken. Werte für das Jahr 2004
und eine Prognose für 2005 liegen noch nicht vor.
Die Lissabon-Agenda wird in Bezug auf zukünftige Entwicklungsmöglichkeiten für den
Mittelstand in einem erweiterten Europa als unverzichtbar erachtet. Ziel der im Jahre
2000 auf dem Gipfel von Lissabon beschlossenen Reformen ist es, die EU zum dyna-
mischsten und wettbewerbsfähigsten wissensbasierten Wirtschaftsraum der Welt zu
entwickeln. Ende März 2004 stellte der Europäische Rat fest, dass die begonnenen
Reformen erheblich intensiviert werden müssen, um das gesetzte Ziel noch erreichen
zu können. Die Förderung der unternehmerischen Initiative, insbesondere von kleinen
und mittleren Unternehmen (KMU), gilt als Schlüssel zum Erfolg. Die Europäische
Kommission vertritt daher die Auffassung, dass der Mittelstand der wichtigste Motor
der EU Volkswirtschaft sei. Nur wenn diese Unternehmen für den Wettbewerb gerüstet
sind, können sie ihrer Antriebsrolle für Wachstum und Beschäftigung in Europa gerecht
werden.
5
3
V
gl
.
http://europa.eu.int/comm/eurostat/newcronos/reference/display.do?screen=welcomeref&open=/main&langua-
ge=de&product=EU_MASTER_main_economic_indicators&root=EU_MASTER_main_economic_indicators&scrollto=0
.
4
Vgl. Artikel ,,Düstere Prognose für Berlin: EU dämpft Konjunkturerwartung" im Handelsblatt Nr. 65 vom
05.04.2005 (Titelseite).
5
V
gl. Positionspapier ,,Zielmarke Lissabon: Herausforderungen für den industriellen Mittelstand in einem
erweiterten Europa" des BDI vom 11.10.2004;
http://www.bdi-online.de/de/fachabteilungen/938.htm
;
http://www.kas.de/proj/home/events/9/1/year-2005/month-3/veranstaltung_id-14295/
.
0,00%
0,50%
1,00%
1,50%
2,00%
2,50%
3,00%
3,50%
4,00%
2000
2001
2002
2003
2004
2005
Jahre
Prognose
Reale Wachstumsrate des
BIP
Veränderung in % des
Vorjahres
Beschäftigungswachstum
insgesamt
prozentuale Veränderung der
Gesamtbeschäftigung
keine Daten verfügbar

Einleitung
3
1.2
Problemstellung und Zielsetzung
Wie bereits festgestellt, gilt der Erfolg der kleinen und mittleren Unternehmen als
Schlüssel zum Erfolg für Wachstum und Beschäftigung in Europa. Von besonderer
Bedeutung ist es daher, dass diese Unternehmen die Chancen des erweiterten Bin-
nenmarktes sowie der Europäisierung nutzen.
6
Arbeitnehmer genießen durch die Nie-
derlassungsfreiheit des EG-Vertrages die Freiheit, überall in der EU arbeiten zu dür-
fen.
7
Für Unternehmen gilt die Niederlassungsfreiheit gem. Art. 43 EGV. Doch diese
Freiheit war bislang für Kapitalgesellschaften, die außerhalb der nationalen Grenzen
keine Rechtspersönlichkeit besaßen, eingeschränkt.
8
Eine Niederlassung in einem
anderen europäischen Mitgliedstaat erforderte dadurch eine Neugründung nach dem
dort geltenden Recht.
Durch die Einführung der Europäischen Gesellschaft, SE, wurde ein Schritt getan, die-
sen Misstand aufzuheben. Ein Unternehmen hat nun die Möglichkeit, sich in Form der
SE grenzüberschreitend neu zu strukturieren und zu reorganisieren, ohne seine
Rechtspersönlichkeit zu verlieren. Diese supranationale Rechtsform wurde geschaffen,
um die europäische Integration auch in diesem Bereich voran zu bringen. Unterneh-
men sind nun dazu in der Lage auch ihren Sitz grenzüberschreitend zu verlagern. Akti-
engesellschaften aus verschiedenen Mitgliedsstaaten können zu einer SE verschmel-
zen oder eine gemeinsame Tochter-SE oder eine Holding-SE gründen.
Die Unternehmen sollen durch die Wahl dieser Rechtsform in die Lage versetzt wer-
den, über die nationalen Grenzen hinweg, europäische Unternehmen zu bilden, die
dem internationalen Wettbewerbsdruck und der zunehmenden Globalisierung stand-
halten können.
9
Ziel dieser Arbeit ist es, zu prüfen, ob die supranational-europäische Rechtsform der
SE auch für mittelständische Unternehmen geeignet und empfehlenswert ist.
Dazu werden die besonderen Funktionalitäten der SE auf ihre Geeignetheit in mittel-
ständischen Unternehmen untersucht.
6
Vgl. Positionspapier ,,Zielmarke Lissabon: Herausforderungen für den industriellen Mittelstand in einem
erweiterten Europa" des BDI vom 11.10.2004, S. 2.
7
S. Art. 39 Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (EGV) (BGBl. II S. 766, i.d.F. des Ver-
trags über die Europäische Union v. 07.02.1992, BGBl.II S.1253/1256, geändert durch Beitrittsvertrag vom
24.06.1994, BGBl. II S. 2022, i.d.F. des Beschlusses vom 01.01.1995, Abl. EG Nr. L1/1, ber. Abl. 1997 Nr.
L 179/12, geändert durch den Amsterdamer Vertrag vom 02.10.1997, BGBl. 1998 II S. 387, ber. BGBl.
1999 II S. 387, ber. BGBl. 1999 II S. 416, geändert durch den Vertrag von Nizza vom 21.02.2001, BGBl.
2001 II S. 1667, 1671).
8
Dazu vgl. EuGH, Urteil v. 27.09.1988 (Daily-Mail), EuGH Slg, 1988, S. 5505-5514, S. 5510.
9
Vgl. Theisen, Manuel René/Wenz, Martin: Hintergründe, historische Entwicklung und Grundkonzeption.
In: Theisen/Wenz (Hrsg.): Die Europäische Aktiengesellschaft. Stuttgart, 1.Aufl. 2002, S. 38.

Einleitung
4
1.3
Vorgehensweise
Nachdem einleitend die aktuelle Entwicklung des europäischen Wirtschaftsraumes
beschrieben wurde, wird in Kapitel 2 auf die geschichtliche Entwicklung und die Grund-
voraussetzungen zur Gründung einer Europäischen Aktiengesellschaft eingegangen.
Des Weiteren werden die besonderen Funktionalitäten und Möglichkeiten der SE erläu-
tert.
In Kapitel 3 werden die mittelständischen Unternehmen definiert. Die am häufigsten
verwendeten Rechtsformen werden anhand von Statistiken dargestellt und die einzel-
nen Besonderheiten erläutert. Anschließend wird die SE im Hinblick auf diese Charak-
teristika mit den einzelnen Rechtsformen verglichen und auf ihre Tauglichkeit für mit-
telständische Unternehmen hin untersucht. Bestehende Probleme und Risken werden
nachfolgend aus dem Ergebnis abgeleitet und bereits geplante oder nötige Verbesse-
rungen der SE erläutert.
Im 4. Kapitel wird die Gründung einer SE am Beispiel der Verschmelzung einer deut-
schen AG mit einer 100 %tigen Tochtergesellschaft in einem anderen europäischen
Mitgliedstaat beschrieben. Besondere Bedeutung bekommen in dem Zusammenhang
die einzelnen Phasen der Verschmelzungsvorbereitung und der anschließenden Grün-
dung.
Im letzten Kapitel werden die Ergebnisse reflektiert und ein Ausblick dargestellt, um die
aktuelle Situation und die nahe Zukunft des Europäischen Gesellschaftsrechts, insbe-
sondere die Zukunft der SE, richtig einschätzen zu können.

Grundlagen
5
2
Grundlagen
2.1
Die Europäische Aktiengesellschaft (SE)
2.1.1 Begriffserläuterung und geschichtliche Entwicklung
Bereits 1926 wurden im Rahmen des 34. Deutschen Juristentages in Köln erste Über-
legungen zur Schaffung einer internationalen Handelsgesellschaft angestellt.
10
Doch
erst 1959 schlug der französische Notar Thibièrge auf dem 57. Kongress der Notare
Frankreichs, zeitgleich mit dem niederländischen Professor Pieter Sanders, die Schaf-
fung einer Aktiengesellschaft europäischen Typs vor.
11
Die Europäische Kommission
sah dies als einen positiven Grundgedanken zur Entstehung einer europäischen Ge-
sellschaftsform.
12
Deshalb beauftragte sie 1966 eine Sachverständigengruppe um den
niederländischen Professor Sanders, einen ersten Vorentwurf für das Statut der euro-
päischen Aktiengesellschaft zu entwickeln.
13
Es dauerte rund 30 Jahre, bis sich die
einzelnen Mitgliedstaaten einigen konnten und das sog. ,,Wunder von Nizza"
14
voll-
brachten. Die Fragen der Mitbestimmung waren Auslöser dieser Jahrzehnte andauern-
den Diskussion. Besonders Deutschland äußerte Befürchtungen, dass in einer deut-
schen SE das national umfassend geregelte Mitbestimmungsrecht der Arbeitnehmer
umgangen werden könnte.
15
Auf dem EU-Gipfel Ende 2000 in Nizza wurde eine Eini-
gung über den rechtlichen Rahmen der europäischen Aktiengesellschaft bzw. der ,,So-
cietas Europaea", kurz SE genannt, erzielt. Im Oktober 2001 verabschiedete der Euro-
päische Ministerrat sowohl die Verordnung über das Statut der Europäischen Aktien-
gesellschaft als auch die dazugehörige Richtlinie betreffend der Mitbestimmung der
Arbeitnehmer. Beides trat am 08. Oktober 2004 in Kraft und ist in allen Mitgliedstaaten
unmittelbar anwendbar.
16
Bis dahin war eine Verabschiedung von nationalen Ausfüh-
rungsgesetzen in den einzelnen Mitgliedstaaten notwendig
17
, um die Richtlinien in nati-
onales Recht zu integrieren.
10
Vgl. Verhandlungen des 24. Deutschen Juristentages zu Köln, Band 2, Berlin/Leipzig, 1927.
11
Vgl. Thibièrge: Le statut des sociétés étrangères, 57ème Congrès des notaires de France tenu à Tours
1959, Paris 1959, S.270 ff., 352, 360 ff. und Sanders, Pieter. Auf dem Wege zu einer Europäischen Akti-
engesellschaft, in: RIW/ AWD 6, 1960, S. 1-5.
12
Vgl. Kommission der europäischen Gemeinschaften, Stellungnahme, Abl. EG Nr. 65 v. 19.12.1959 S.
1272.
13
Vgl. Sanders P.: Vorentwurf eines Statuts für europäische Aktiengesellschaften, in: Kommission der
Europäischen Gemeinschaften (Hrsg.), Kollektion Studien, Reihe Wettbewerb, Nr. 6, Brüssel, 1967, S.7,
13-15.
14
Vgl. Hirte, H., Die europäische Aktiengesellschaft, NZG 5, Frankfurt am Main, Beck, 2002, S. 1 f.
15
Vgl. Korts, S., Die Europäische Aktiengesellschaft Societas Europaea (SE) ­ im Gesellschafts- und
Steuerrecht, Verlag Recht und Wirtschaft, Köln, 2003, S. 5.
16
S. Verordnung (EG) Nr. 2157/2001 des Rates v. 08.10.2001 über das Statut der Europäischen Gesell-
schaft (SE), Abl. EG Nr. L 294 v. 10.11.2001, Art. 70.
17
S. Richtlinie 2001/86/EG des Rates zur Ergänzung des Statuts der Europäischen Gesellschaft hinsicht-
lich der Beteiligung der Arbeitnehmer v. 8.10.2001, Abl. EG L 294 v. 10.11.2001, Art. 14 Abs. 1.

Grundlagen
6
Mit der europäischen Aktiengesellschaft steht erstmals eine supranational-europäische
Gesellschaftsform neben den nationalen Rechtsformen zur Verfügung.
18
Die lateini-
sche Bezeichnung ,,Societas Europaea" gilt in allen Mitgliedstaaten gleichermaßen
19
und entwickelt damit einen gemeinsamen europäischen Charakter. Die SE besitzt gem.
Art. 1 Abs. 3 SE-VO Rechtspersönlichkeit und ist als Aktiengesellschaft ausgestaltet.
Die SE-Verordnung besteht aus 70 Artikeln und regelt die SE nur in den Grundzügen.
Das bedeutet, dass die Regelungen nicht abschließend sind, wie ursprünglich einmal
geplant, sondern immer wieder auf das nationale Recht, z.B. in Deutschland auf das
AktG, verweisen.
20
Somit entstehen in den einzelnen Mitgliedstaaten keine einheitli-
chen sondern national geprägte Gesellschaften.
2.1.2 Gründungsvoraussetzungen und Gesellschaftsverfassung
Die SE-VO sieht in dem Artikel 2 Abs. 1 - 4 vier primäre Möglichkeiten der Gründung
einer SE vor:
21
die Grenzüberschreitende Verschmelzung von mindestens zwei nationalen Ak-
tiengesellschaften
die Gründung einer gemeinsamen grenzüberschreitenden Holding-SE durch
mindestens zwei nationale Kapitalgesellschaften
die grenzüberschreitende Gründung einer gemeinsamen Tochter-SE durch
mindestens zwei nationale Gesellschaften nach Art. 48 Abs. 2 EG-Vertrag
22
oder juristische Personen des öffentlichen oder privaten Rechts der Mitglied-
staaten
die Umwandlung einer nationalen Aktiengesellschaft in eine SE, wenn die nati-
onale Aktiengesellschaft seit mindestens zwei Jahren eine dem Recht eines
anderen Mitgliedstaates unterliegende Tochtergesellschaft oder eine Zweignie-
derlassung in diesem hat
Die Gründung einer SE ist grundsätzlich nur juristischen Personen möglich, die ihren
Satzungssitz und ihre Hauptverwaltung innerhalb der EU haben. Dementsprechend
können keine natürlichen Personen eine SE gründen,
23
ausgenommen der Gründung
18
Vgl. Theisen/Wenz, Hintergründe, historische Entwicklung und Grundkonzeption, in: Die Europäische
Aktiengesellschaft ­ Recht, Steuern und Betriebswirtschaft der Societas Europaea (SE), Theisen/Wenz
(Hrsg.), Schaeffer/Poeschel, Stuttgart, 2002, S. 42.
19
S. Art. 1 Abs. 1 SE-VO.
20
Vgl. Luke, J., Die Europäische Aktiengesellschaft, in: NWB Nr. 10, Kiehl, Herne, 2004, S. 695.
21
Die Gründungsmöglichkeiten werden im Kapitel 2.1.3 ausführlich behandelt
22
Gem. Art. 48 EG-Vertrag gelten Gesellschaften als Gesellschaften des bürgerlichen Rechts und des
Handelsrechts einschließlich der Genossenschaften und die sonstigen juristischen Personen des öffentli-
chen und privaten Rechts mit Ausnahme derjenigen, die keinen Erwerbszweck verfolgen.
23
Vgl. Luke, J., Die Europäische Aktiengesellschaft, in: NWB Nr. 10, Kiehl, Herne, 2004, Seite 700.

Grundlagen
7
einer Tochter-SE. Die Mehrstaatlichkeit ist verbindlich, d.h. mindestens zwei EU-
Mitgliedstaaten müssen bei der Gründung einer SE betroffen sein.
24
Gemäß Artikel 3
Abs. 2 SE-VO besteht eine weitere sekundäre Gründungsmöglichkeit der SE. Eine
bereits bestehende Mutter-SE kann eine Tochter-SE gründen. Die notwendigen Grün-
dungsschritte unterliegen dem nationalen Recht des Mitgliedstaates, in dem die zu-
künftige SE ihren Sitz haben wird.
25
Die SE ist eine Rechtsform, die neben den bereits
vorhandenen nationalen Rechtsformen zur Verfügung steht. Diese ist eine Kapitalge-
sellschaft, deren Kapital in Aktien zerlegt ist
26
. Das Grundkapital muss mindestens
120.000,- betragen.
27
Beträgt in einem Mitgliedstaat das Mindestkapital laut nationa-
lem Recht mehr als 120.000,-, gilt das höhere Mindestkapital für den betreffenden
Mitgliedstaat,
28
wenn der Sitz der SE in diesem liegen soll. Darüber hinaus gelten für
das Kapital die Vorschriften des jeweiligen EU-Mitgliedstaates, in dem die SE ihren Sitz
hat.
29
Gemäß Artikel 11 Abs. 1 SE-VO muss die SE ihrer Firma den Zusatz SE voran-
oder nachstellen. Sie erhält Rechtspersönlichkeit, sobald sie in das zuständige Regis-
ter des Sitzstaates eingetragen ist.
30
Innerhalb der Struktur der Leitungsorgane enthält die SE-VO zwei verschiedene Mög-
lichkeiten. Danach haben die Gründer die Wahl, ein dualistisches System, bestehend
aus Aufsichtsorgan und Leitungsorgan oder ein monistisches System mit nur einem
Leitungs- und Verwaltungsorgan, für die zu gründende SE zu bestimmen.
31
Diese
Wahlmöglichkeit eröffnet gerade in Deutschland ganz neue Möglichkeiten, da hier bis-
her nur das dualistische Modell für die Aktiengesellschaft möglich war. Die Entschei-
dung wird innerhalb der Satzung getroffen. Die einzelnen Mitgliedstaaten dürfen dieses
Wahlrecht nicht behindern, sie sind dazu aufgerufen, die rechtlichen Möglichkeiten im
nationalen Recht zu schaffen.
32
Art. 43 Abs. 4 der SE-VO ermächtigt die Mitgliedstaa-
ten, die ein monistisches System bisher noch nicht kennen, entsprechende Vorschrif-
ten im nationalen Recht zu erlassen. Das Bundesjustizministerium hat in ihrem Gesetz
zur Einführung der Europäischen Gesellschaft (SEEG) Vorschriften für das monistische
System erlassen.
33
24
Vgl. Korts, Sebastian, Die Europäische Aktiengesellschaft Societas Europaea (SE) ­ im Gesellschafts-
und Steuerrecht, Verlag Recht und Wirtschaft, Köln, 2003, S. 6.
25
S. Art. 3, Abs.1 SE-VO.
26
S. Art. 1 Abs. 2 SE-VO.
27
S. Art. 4 Abs. 2 SE-VO.
28
S. Art. 4 Abs. 3 SE-VO.
29
Vgl. Korts, Sebastian, Die Europäische Aktiengesellschaft Societas Europaea (SE) ­ im Gesellschafts-
und Steuerrecht, Verlag Recht und Wirtschaft, Köln, 2003, Seite 7.
30
Vgl. Korts, Sebastian, ebd., Seite 7.
31
S. Art. 38 SE-VO.
32
Vgl. Teichmann, C.: Gestaltungsfreiheit im monistischen Leitungssystem, in: Betriebs-Berater, 59. Jahr-
gang/Heft Nr. 2 vom 12.Januar 2004, S.53.
33
S. Gesetz zur Einführung der Europäischen Gesellschaft (SEEG), vom 22.12.2004, BGBl. 2004 I Nr. 73,
Bonn, 28.12.2004.

Grundlagen
8
Ein weiteres Organ der SE, egal welche Organisationsstruktur gewählt wurde, ist die
Hauptversammlung. Sie beschließt die Angelegenheiten, die ihr durch die SE-VO oder
die Vorschriften des jeweiligen Mitgliedssitzstaates übertragen sind. Auch die Aufga-
ben die das nationale Recht für die Hauptversammlung der nationalen Aktiengesell-
schaft vorsieht, gelten für die Hauptversammlung der SE.
34
2.1.3 Gründungsarten
2.1.3.1 Gründung durch Verschmelzung
Wenn mindestens zwei Unternehmen sich zu einer Verschmelzung entschließen soll-
ten, sieht die SE-VO zwei Arten vor. Einmal die Verschmelzung durch Aufnahme
35
o-
der durch Neugründung
36
. Bei der Aufnahme wird das Vermögen einer Aktiengesell-
schaft eines Mitgliedstaates auf das Vermögen einer anderen Aktiengesellschaft aus
einem anderen Mitgliedstaat übertragen. Dieses Unternehmen nimmt dann die Rechts-
form einer SE an.
Abbildung 2: Verschmelzung durch Aufnahme
Quelle: selbst erstellt
Im Gegensatz dazu wird bei der zweiten Möglichkeit, der Verschmelzung durch Neu-
gründung der aufnehmende Rechtsträger in der Form einer SE erst neu gegründet.
37
34
Vgl. Korts, Sebastian, Die Europäische Aktiengesellschaft Societas Europaea (SE) ­ im Gesellschafts-
und Steuerrecht, Verlag Recht und Wirtschaft, Köln, 2003, Seite 7.
35
S. Richtlinie 78/855/EWG v. 9.10.1978, Abl. EG Nr. L 295 v. 20.10.1978, Art. 3 Abs. 1.
36
S. Art. 4 Abs. 1 Verschmelzungsrichtlinie.
37
S. Art. 17 Abs. 2 S.2 und 3, 29 SE-VO.
wird zu
D
Verschmelzung
F
Französische
SA
Deutsche
AG
SE
mit Sitz in Deutsch-
land

Grundlagen
9
Abbildung 3: Verschmelzung durch Neugründung
Quelle: selbst erstellt
Die Grundlage jeder Verschmelzung bildet der Verschmelzungsplan, dem beide Haupt-
versammlungen zustimmen müssen.
38
Die Verschmelzung wird mit Eintragung der SE
in das Register des jeweiligen Sitzstaates wirksam und bewirkt ipso jure:
39
den Übergang des gesamten Aktiv- und Passivvermögens von der übertragen-
den Gesellschaft auf die übernehmende Gesellschaft bzw. von den verschmel-
zenden Gesellschaften auf die SE
40
den Aktienerwerb der Aktionäre der übertragenden Gesellschaft an der über-
nehmenden Gesellschaft bzw. der Aktionäre der verschmelzenden Gesellschaf-
ten an der SE
41
das Erlöschen der übertragenden bzw. verschmelzenden Gesellschaften
42
bei der Verschmelzung durch Aufnahme die Annahme der Rechtsform der SE
durch die übernehmende Gesellschaft
43
Doch bevor die Eintragung der SE erfolgen kann, muss noch eine Rechtmäßigkeits-
kontrolle gemäß Art. 25 und 26 SE-VO durchgeführt werden. Die Rechtmäßigkeit der
Verschmelzung wird in einem zweigeteilten Verfahren geprüft.
44
Die Verschmelzung
richtet sich danach zunächst nach nationalem Recht,
45
dessen Einhaltung von dem
national zuständigen Gericht überprüft werden. Gemäß Art. 25 Abs. 2 SE-VO muss
diese die Überprüfung in einer Bescheinigung bestätigen. Diese Bescheinigung muss
dann dem zuständigen Gericht in dem zukünftigen Sitzstaat der SE zusammen mit
38
S. Art. 20 Abs.1 SE-VO.
39
Ipso jure = von Rechts wegen
40
S. Art. 29 Abs. 1 Buchst. a und Art. 29 Abs. 2 Buchst. a SE-VO.
41
S. Art. 29 Abs. 1 Buchst. b und Art. 29 Abs. 2 Buchst. b SE-VO.
42
S. Art. 29 Abs. 1 Buchst. c und Art. 29 Abs. 2 Buchst. c SE-VO.
43
S. Art. 29 Abs. 1 Buchst. d SE-VO.
44
Vgl. Luke, J., Die Europäische Aktiengesellschaft, in: NWB Nr. 10, Kiehl, Herne, 2004, Seite701.
45
S. Art. 25 SE-VO.
D
Übertragung
und Auflösung
F
Übertragung
und Auflösung
Französische
SA
Deutsche
AG
SE
mit Sitz in Deutsch-
land

Grundlagen
10
dem Verschmelzungsplan
46
innerhalb von sechs Monaten nach Ausstellung der Be-
scheinigung vorgelegt werden. Die Behörde des künftigen Sitzstaates prüft, ob die Ver-
schmelzung und die Gründung der SE den Vorgaben durch die SE-Verordnung und
auch den Vorgaben des Sitzstaates entsprochen haben.
47
Bevor diese Formalitäten
nicht erfolgt sind, kann die Eintragung der SE in das nationale Register des Sitzstaates
nicht erfolgen. Nach der Eintragung kann die SE gem. Art. 30 Satz 1 SE-VO nicht mehr
für nichtig erklärt werden. Falls die Rechtmäßigkeitskontrolle fehlerhaft war, kann dies
aber zur Auflösung der SE führen.
48
Das Verschmelzungsverfahren vollzieht sich e-
benso wie rein nationale Verschmelzungen in mehreren Phasen. Es beginnt mit einer
Planungsphase, der sich eine Vorbereitungs- und eine Beschlussphase anschließen
und endet mit einer Vollzugsphase.
49
Die einzelnen Phasen werden in Abschnitt 4 die-
ser Arbeit noch ausführlich behandelt.
2.1.3.2 Gründung einer Holding-SE
Kapitalgesellschaften, die nach dem Recht eines Mitgliedstaates gegründet worden
sind und ihren Sitz und ihre Hauptverwaltung in der Gemeinschaft haben, können eine
Holding-SE gründen.
50
So ist es auch GmbHs möglich, sich an der Gründung einer SE
zu beteiligen. Voraussetzung für die Gründung einer Holding-SE ist, dass mindestens
zwei der beteiligten Kapitalgesellschaften dem Recht unterschiedlicher Mitgliedstaaten
unterliegen oder aber eine Kapitalgesellschaft seit mindestens zwei Jahren eine dem
Recht eines anderen Mitgliedstaates unterliegende Tochter oder Zweigniederlassung
hat.
51
Die an der Gründung beteiligten Gesellschaften bleiben bestehen und die jewei-
ligen Gesellschafter bringen ihre Anteile mehrheitlich in die neu gegründete SE ein.
52
Es liegt eine Sachgründung vor.
53
Die Leitungs- oder Verwaltungsorgane sind ver-
pflichtet, einen Gründungsplan für die SE aufzustellen. Dieser enthält einen Bericht,
der die Gründung aus rechtlicher und wirtschaftlicher Sicht erläutert und begründet. Die
Auswirkungen für die Aktionäre und die Arbeitnehmer müssen ebenfalls in dem Grün-
dungsplan deutlich werden. Die die Gründung anstrebenden Gesellschaften müssen
festlegen, wie hoch der Mindestprozentsatz der zu übertragenden Aktien sein soll.
Gemäß Art. 32 Abs. 2 SE-VO muss dieser mindestens 50% betragen.
54
46
S. Art. 26 Abs. 1und 2 SE-VO.
47
Vgl. Luke, J., Die Europäische Aktiengesellschaft, in: NWB Nr. 10, Kiehl, Herne, 2004, Seite701.
48
S. Art. 30 Satz 2 SE-VO.
49
Vgl. Neun,J.: Gründung, Die Europäische Aktiengesellschaft ­ Recht, Steuern und Betriebswirtschaft
der Societas Europaea (SE), Theisen/Wenz (Hrsg.), Schaeffer/Poeschel, Stuttgart, 2002, Seite 71.
50
S. Art. 2 Abs. 2 SE-VO.
51
S. Art. 2 Abs. 2 SE-VO.
52
Vgl. Korts, Sebastian, Die Europäische Aktiengesellschaft Societas Europaea (SE) ­ im Gesellschafts-
und Steuerrecht, Verlag Recht und Wirtschaft, Köln, 2003, S. 38.
53
Vgl. Bayer, Walter, Die Gründung einer Societas Europaea (SE) in Deutschland, S.6.
54
S. Art. 32 Abs. 2 SE-VO

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2005
ISBN (eBook)
9783832488802
ISBN (Paperback)
9783838688800
DOI
10.3239/9783832488802
Dateigröße
698 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
DIPLOMA Fachhochschule Nordhessen; Abt. Kassel – unbekannt
Erscheinungsdatum
2005 (Juli)
Note
1,3
Schlagworte
dualistisches system monistisches rechtsform grenzüberschreitende sitzverlegung
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