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Informationen aus den Jahresberichten (den Zwischenberichten) und ihre Bewertung durch den Kapitalmarkt

©2005 Diplomarbeit 85 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
„Der Kapitalmarkt ist ein Finanzmarkt. Er beschreibt die Gesamtheit aller Institutionen, die der Zusammenführung von Angebot an und Nachfrage nach (Finanz-)Kapital dienen. Es handelt sich um einen Markt im ökonomischen Sinne, also nicht um einen physischen Ort, sondern um alle am Markt tätigen Personen, Einrichtungen und ihre Beziehungen untereinander. Wer heute im Kapitalmarkt Kapital (Geld; im weiteren Sinne auch Sachen oder andere Verfügungsrechte) anbietet, tut dies in der Absicht, später mehr Kapital zurückzuerhalten: Der Kapitalgeber erwirbt mit der Widmung seines Kapitals für investive Zwecke gegenüber dem Kapitalnehmer einen vertraglichen Anspruch auf zukünftige Auszahlung von Kapital. Der Kapitalnehmer tritt als Nachfrager für Kapital an den Kapitalmarkt und als Anbieter von zukünftigen Auszahlungsansprüchen auf“. „Der Aktienmarkt ist ein Teil des Kapitalmarktes. Auf dem Aktienmarkt werden Unternehmensanteile (Aktien) gehandelt.“
Eines der wichtigen Probleme des Kapitalmarktes ist die Informationsasymmetrie – die Tatsache, dass unterschiedliche Marktteilnehmer unterschiedliche Informationen besitzen. Sie kann nicht nur zwischen den Kapitalgebern und den Kapitalnehmern bestehen. Auch unter den Kapitalgebern (Investoren) gibt es große Unterschiede in der Informationsmenge und –qualität, über die sie verfügen. Dadurch können die besser informierten Investoren oft Vorteile gegenüber den schlechter informierten erlangen.
Mit der Problematik der Ungerechtigkeit auf den Kapitalmärkten, die durch die Informationsasymmetrie entsteht, hat sich seit langer Zeit die (Finanz-)Wissenschaft beschäftigt. Die Forscher wollten die Frage beantworten, warum die Veröffentlichung der finanziellen Informationen durch die Unternehmen geregelt werden soll. Die ersten Studien zu diesem Thema versuchten, die Erzwingung der Veröffentlichung der finanziellen Daten durch die Unternehmen auf den moralischen Argumenten aufzubauen. Durch diese Maßnahme sollte die Erhaltung der Fairness, die Eliminierung von Betrügen und die Beschützung der uninformierten Investoren vor Ausbeutung durch die informierten Investoren garantiert werden.
Die neueren theoretischen Erwägungen bewegen sich mit ihren Gedanken in einer anderen Richtung. Sie sehen ein, dass die Outsider (uninformierten Investoren) eigene Mechanismen besitzen, mit denen sie sich vor der Ausbeutung durch die Insider (informierten Investoren) schützen können. Die uninformierten Investoren […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


ID 8868
Homziuk, Maciej: Informationen aus den Jahresberichten (den Zwischenberichten) und
ihre Bewertung durch den Kapitalmarkt
Hamburg: Diplomica GmbH, 2005
Zugl.: Europa-Universität Viadrina Frankfurt (Oder), Diplomarbeit, 2005
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Diplomica GmbH
http://www.diplom.de, Hamburg 2005
Printed in Germany

1. Einführung... 3
2. Informationsinhalt der Jahresabschlüsse und der Zwischenberichte. ... 6
2.1. Empirische Untersuchungen des Informationsinhaltes der Jahresabschlüsse... 6
2.1.1. Widerspiegelung des Informationsinhaltes im abnormalen Handelsvolumen ... 7
2.1.2. Widerspiegelung des Informationsinhaltes in der Volatilität der Preise... 8
2.1.3. Störende Faktoren (market-wide events) ... 10
2.1.4. Änderung des Informationsinhaltes mit der Änderung der Eigenschaften der
Kapitalmärkte ... 11
2.2. Theoretisches Modell zum Informationsinhalt der Veröffentlichung der
finanziellen Informationen ... 12
3. Einfluss der Bekanntmachung der Unternehmensergebnisse auf die Preise... 15
3.1. Die Beziehung zwischen den Jahresabschlüssen bzw. den Zwischenberichten und
den Preisänderungen ... 15
3.2. Der Einfluss der Jahresabschlüsse und der Zwischenberichte auf die Volatilität und
die Autokorrelation der Preise... 18
3.3. Die Beziehung zwischen der Preis-, der Volatilitäts- und der Risikoänderung in den
Veröffentlichungsperioden... 21
3.4. Die Pünktlichkeit der Bekanntmachung und das Verhalten der Preise... 21
3.5. Der s-förmige Verlauf der Beziehung zwischen unerwarteten Renditen und
Überraschungen aus der Bekanntmachung der Berichte... 24
4. Der Handelsvolumen in den Veröffentlichungsperioden... 29
4.1. Handelsvolumen als die Reaktion auf die Preisänderung ... 30
4.2. Handelsvolumen und die Informationsasymmetrie vor der Veröffentlichung... 31
4.3. Interpretation der Informationen aus den Veröffentlichungen und ihr Einfluss auf
das Handelsvolumen ... 32
4.4. Reaktion des Handelsvolumens auf die Veröffentlichungen der finanziellen
Informationen unabhängig von der Preisänderung ... 34
4.5. Veränderung des Risikos nach der Bekanntgabe und ihr Einfluss auf das
Handelsvolumen... 36
5. Eigenschaften der Investoren und die Reaktion der Kapitalmärkte auf die
Veröffentlichung der Unternehmensergebnissergebnisse... 38
5.1. Die Raffinesse und die Erfahrung der Investoren ... 38
5.2. Institutionelle vs. individuelle Investoren ... 41
5.2.1. Einfluss der Investorenart auf die Preisvolatilität ... 42
5.2.2. Einfluss der Investorenart auf das Handelsvolumen ... 43
5.3. Reichtum der Investoren ... 45
5.4. Zusammensetzung der institutionellen Investoren... 47
6. Einfluss der Eigenschaften der Firmen auf die Reaktion der Kapitalmärkte auf die
Veröffentlichung der vierteljährigen bzw. der jährlichen Ergebnisse... 50
6.1. Die Firmengröße und die Reaktion des Preises auf die Veröffentlichungen ... 51
6.2. Die Firmengröße und die Reaktion des Handelsvolumens auf die
Veröffentlichungen... 54
6.3. Interesse der Analysten und sein Einfluss auf die Veröffentlichungsinformationen ... 55
6.4. Informationstransfers innerhalb der Branchengruppen... 57
6.5. Alternative Quellen der Vorveröffentlichungsinformationen ... 58
7. Langfristige Einflüsse der Informationen aus der Veröffentlichung der
Unternehmensergebnisse auf den Kapitalmarkt... 61
7.1. Die Fortdauer der Informationen und die Prognostizierbarkeit an Hand der
Informationen aus den vergangenen Veröffentlichungen ... 61
1

7.2. Postannouncement Drift... 65
7.2.1. Preistrends als folge der verspäteten Reaktion auf die Informationen aus den
Veröffentlichungen... 65
7.2.2. Preistrends als folge der Unvollkommenheit des CAPM Modells ... 68
8. Zusammenfassung... 70
2

1. Einführung
,,Der Kapitalmarkt ist ein Finanzmarkt. Er beschreibt die Gesamtheit aller Institutionen,
die der Zusammenführung von Angebot an und Nachfrage nach (Finanz-)Kapital dienen.
Es handelt sich um einen Markt im ökonomischen Sinne, also nicht um einen physischen
Ort, sondern um alle am Markt tätigen Personen, Einrichtungen und ihre Beziehungen
untereinander. Wer heute im Kapitalmarkt Kapital (Geld; im weiteren Sinne auch Sachen
oder andere Verfügungsrechte) anbietet, tut dies in der Absicht, später mehr Kapital
zurückzuerhalten: Der Kapitalgeber erwirbt mit der Widmung seines Kapitals für
investive Zwecke gegenüber dem Kapitalnehmer einen vertraglichen Anspruch auf
zukünftige Auszahlung von Kapital. Der Kapitalnehmer tritt als Nachfrager für Kapital an
den Kapitalmarkt und als Anbieter von zukünftigen Auszahlungsansprüchen auf".
1
,,Der
Aktienmarkt ist ein Teil des Kapitalmarktes. Auf dem Aktienmarkt werden
Unternehmensanteile (Aktien) gehandelt."
2
Eines der wichtigen Probleme des Kapitalmarktes ist die Informationsasymmetrie ­ die
Tatsache, dass unterschiedliche Marktteilnehmer unterschiedliche Informationen besitzen.
Sie kann nicht nur zwischen den Kapitalgebern und den Kapitalnehmern bestehen. Auch
unter den Kapitalgebern (Investoren) gibt es große Unterschiede in der
Informationsmenge und ­qualität, über die sie verfügen. Dadurch können die besser
informierten Investoren oft Vorteile gegenüber den schlechter informierten erlangen.
Mit der Problematik der Ungerechtigkeit auf den Kapitalmärkten, die durch die
Informationsasymmetrie entsteht, hat sich seit langer Zeit die (Finanz-)Wissenschaft
beschäftigt. Die Forscher wollten die Frage beantworten, warum die Veröffentlichung der
finanziellen Informationen durch die Unternehmen geregelt werden soll.
3
Die ersten
Studien zu diesem Thema versuchten, die Erzwingung der Veröffentlichung der
finanziellen Daten durch die Unternehmen auf den moralischen Argumenten aufzubauen.
Durch diese Maßnahme sollte die Erhaltung der Fairness, die Eliminierung von Betrügen
1
http://www.lateinboard.de/lexikon/Kapitalmarkt,bedeutung.htm (Stand 16.02.2005)
2
http://www.matheboard.de/lexikon/Aktienmarkt,definition.htm (Stand 16.02.2005)
3
Es gab auch solche Studien, die das Gegenteil beweisen wollten. Es wurde behauptet, dass die
Regulierung dieses Prozesses unnötig sei, weil die Manager sehr viele Anreize haben, die finanziellen
Informationen der Firmen freiwillig zu veröffentlichen. Andere Studien zeigten, dass die existierenden
Regulierungen nicht zur Erreichung der gewünschten Ziele beitragen (sie helfen im Abbau der
Informationsasymmetrie nicht ­ siehe z.B. Ross (1979), Grossman / Hart (1980), Benston (1976), Benston
(1979), Watts / Zimmerman (1979)).
3

und die Beschützung der uninformierten Investoren vor Ausbeutung durch die
informierten Investoren garantiert werden.
4
Die neueren theoretischen Erwägungen
5
bewegen sich mit ihren Gedanken in einer
anderen Richtung. Sie sehen ein, dass die Outsider (uninformierten Investoren) eigene
Mechanismen besitzen, mit denen sie sich vor der Ausbeutung durch die Insider
(informierten Investoren) schützen können. Die uninformierten Investoren können zum
Beispiel ihren Handel mit den informierten Investoren minimieren, den Handel mit
spezifischen Gruppen
6
(z.B. Manager) vermeiden oder sogar ganz auf das Auftreten im
Markt verzichten.
7
Die privaten und sozialen Folgen dieser Maßnahmen können
verheerend sein: hohe Transaktionskosten, dünne Märkte (thin markets)
8
und / oder
schwache Liquidität der Aktien (dadurch Verkleinerung der Gewinne aus dem
Wertpapierhandel). Der Nachteil entsteht nicht nur für die beiden Investorengruppen
sondern für die ganze Ökonomie.
9
Diese Probleme können teilweise durch politische
Maßnahmen gelöst werden, die durch die Erzwingung und Regelung der Veröffentlichung
der finanziellen Informationen die Informationsasymmetrien abbauen.
10
Meine Diplomarbeit soll die wichtigsten und interessantesten Aspekte der Beziehung
zwischen den Informationen aus den Jahresabschlüssen und Zwischenberichten und dem
Kapitalmarkt darstellen. Im ersten Teil beantworte ich die Frage, welche Informationen
die Jahresabschlüsse enthalten, wie die Investoren diese Informationen interpretieren und
in ihren Strategien anwenden. Hier wird die wichtigste Frage dieser Arbeit gestellt: ,,Wie
beeinflussen diese Informationen den Kapitalmarkt?".
Das Ziel des zweiten Teils ist es, ein allgemeines Modell abzuleiten, das am besten die
Relation zwischen den Informationsflüssen aus den Bekanntmachungen der
Firmenergebnisse und dem Kapitalmarkt beschreibt. Dabei konzentriere ich mich auf den
4
Ein Beispiel dafür ist die Studie von Ross (1979), die die Outsider als die Wehrlosen gegen Insider
darstellt ­ siehe Ross (1979) S. 190.
5
Siehe z.B. Baumol (1982), Lev (1988).
6
Zu diesen Gruppen gehören alle Investoren, die nach Meinung der uninformierten Investoren mehr und /
oder bessere Informationen besitzen können.
7
Vgl. Lev (1988) S. 7.
8
Kleines Handelsvolumen.
9
Glosten / Milgrom (1985) stellen in Ihrem Modell eine theoretische Situation dar, in der die Reaktion der
uninformierten Investoren zur Schließung des Marktes führen kann. Vgl. Glosten und Milgrom (1985), S.
74.
10
Vgl. Lev (1988) S. 1.
4

zwei wichtigsten Faktoren des Kapitalmarktes. Das Modell soll auf der Antwort auf die
Frage aufgebaut werden, wie sich die Informationen aus den Jahresabschlüssen in den
Änderungen bzw. dem Verhalten der Aktienpreise und des Handelsvolumens
widerspiegeln. Es soll nicht nur der Einfluss auf die beiden Faktoren einzeln untersucht
werden. Ich beschäftige mich auch mit der Frage, wie diese Informationen die Beziehung
zwischen dem Handelsvolumen und den Preisen beeinflussen.
Im dritten Teil untersuche ich den Einfluss unterschiedlicher externer Faktoren auf die im
zweiten Teil beobachteten Beziehungen. Besondere Aufmerksamkeit schenke ich den
Eigenschaften der Unternehmen. Zu diesen Eigenschaften gehören u.a. die Größe und die
Art des Unternehmens sowie die Anzahl der die Firma beobachtenden Analytiker. Ebenso
wichtig sind die unterschiedlichen Eigenschaften der Investoren. Ich werfe Licht auf die
Tatsache, wie der Reichtum,
11
Tätigkeitsbereich
12
und die Erfahrenheit der Investoren das
Grundmodell verändern können.
Im vierten Teil beobachte ich das Modell aus langfristiger Zeitperspektive. Interessant ist
vor allem, welche Informationen, die die Inhalte der Jahresabschlüsse bilden, bereits vor
der Veröffentlichung der Berichte den Investoren bekannt sind. Auf der anderen Seite
muss überprüft werden, wie schnell und / oder wie lange die Informationen aus den
Jahresabschlüssen den Markt beeinflussen und von welchen Faktoren diese Schnelligkeit
und Dauer abhängen.
11
Hier ist vor allem die Anzahl und die Größe der Transaktionen entscheidend.
12
Private und institutionelle Investoren.
5

2. Informationsinhalt der Jahresabschlüsse und der
Zwischenberichte.
Um auf das Thema dieser Arbeit richtig eingehen zu können, muss in erster Linie die
Frage beantwortet werden, ob, und wenn ja, wie viele Informationen die Jahresabschlüsse
bzw. die Zwischenberichte enthalten. Die strengsten Theorien besagen, dass die
Jahresabschlüsse überhaupt keine Informationen enthalten, weil sie zu fehlerhaft und
dadurch sehr ungenau sind. Ein anderes oft genanntes Argument sind die alternativen
Informationsquellen, die bereits vor der Veröffentlichung der finanziellen Zahlen gleiche
Informationen liefern.
13
Die Verfechter dieser Hypothesen argumentieren, es sei für die
Investoren viel sinnvoller, die Informationen aus anderen Quellen zu beziehen.
Um die Fragen nach dem Informationsinhalt der Jahresabschlüsse zu beantworten, musste
eine Messung des Informationsinhaltes entwickelt werden, die die Beobachtung des
Einflusses der Informationen aus diesen Berichten auf den Kapitalmarkt ermöglichen. In
diesem Kapitel werden unterschiedliche Methoden erörtert, mit denen diese Messung
vorgenommen werden kann und die Studien vorstellt, die das Vorkommen des
Informationsinhaltes in den Bekanntmachungen der Firmenergebnisse zu dokumentieren
versuchen.
2.1. Empirische Untersuchungen des Informationsinhaltes der
Jahresabschlüsse
Eine Definition des Informationsinhaltes der Jahresabschlüsse, die später von vielen
anderen Forschern als Grundlage ihrer Studien verwendet wurde, hat Beaver (1968)
geliefert. Nach seiner Auffassung enthalten die Jahresabschlüsse dann die Informationen,
wenn sie die Schätzungen und Erwartungen der Investoren bezüglich der zukünftigen
Aktienpreise verändern. Diese Änderungen der Erwartungen müssen so groß sein, dass sie
das Entscheidungsverhalten der Investoren beeinflussen. Die Anpassung an neue
Erwartungen wird entweder durch das Kaufen oder das Verkaufen der Aktien getätigt.
Die Jahresabschlüsse enthalten dementsprechend dann Informationen, wenn ihre
Veröffentlichung durch steigendes Handelsvolumen begleitet wird.
13
Ausführliche Betrachtung dieses Themas siehe Kapitel 6.1.
6

Das erhöhte Handelsvolumen kann dazu führen, dass die Aktienpreise den neuen
Gleichgewichtswert erreichen.
14
Aufgrund der Beobachtung des Handelsvolumens und
der Preisänderungen (Volatilität der Preise) in den Veröffentlichungsperioden kann man
die Aussagen über den Informationsinhalt der Bekanntmachungen tätigen. Beaver (1968)
betont jedoch ausdrücklich den Unterschied zwischen den beiden Messungen.
Änderungen in den Preisen spiegeln die integrierte Änderungen der Erwartungen des
ganzen Kapitalmarktes wider. Die Änderungen des Handelsvolumens spiegeln die
Summe aller Revisionen in den Erwartungen der Investoren wider. Dadurch ist zu
erwarten, dass die Reaktionen des Handelsvolumens und der Preise unterschiedlich sein
können, und es auch durchaus möglich ist, dass nur einer dieser Faktoren geändert wird
und der andere konstant bleibt.
15
2.1.1. Widerspiegelung des Informationsinhaltes im abnormalen Handelsvolumen
Beaver (1968) beobachtet das Verhalten des Handelsvolumens in den
Veröffentlichungsperioden und entdeckt, dass das durchschnittliche Handelsvolumen in
der Veröffentlichungswoche um 33 % größer ist als das durchschnittliche
Handelsvolumen in der Nichtveröffentlichungsperiode.
16
Interessant ist die Tatsache, dass
ab der achten Woche vor der Veröffentlichung das Handelsvolumen unter dem
durchschnittlichen Wert der Nichtveröffentlichungsperiode liegt. Der Wissenschaftler
führt dieses auf die Tatsache zurück, dass die Investoren ihre Investitionsentscheidungen
nicht treffen, weil sie damit bis zur Veröffentlichung der Jahresabschlüsse abwarten
wollen. Nach der Veröffentlichung beobachtet Beaver (1968) schnelle Reaktionen, denn
nur die Veröffentlichungswoche weist eine ungewöhnlich große Aktivität der Investoren
auf.
17
Ähnliche Ergebnisse hat auch die Untersuchung des Informationsinhaltes der
vierteljährigen Zwischenberichte auf der NYSE (New York Stock Exchange) von Kiger
(1971) geliefert.
Bamber (1986) überprüft ausführlicher die Beziehung zwischen den Berichten und dem
unerwarteten Handelsvolumen. Die Ergebnisse dieser Studie suggerieren, dass die
Handlungsaktivitäten der Investoren in der Veröffentlichungsperiode signifikant höher als
14
Vgl. Beaver (1968) S. 68 f.
15
Vgl. Beaver (1968) S. 69 f.
16
Nichtveröffentlichungsperiode ist das ganze Jahr außer Veröffentlichungswoche sowie 8 Wochen vor und
nach der Veröffentlichungswoche.
17
Vgl. Beaver (1968) S. 74.
7

während des Restjahres sind.
18
Bamber erweitert die Untersuchung um die Prüfung, ob
das abnormale Handelsvolumen und die Überraschungen (die absoluten Größen der
unerwarteten Gewinne) aus den Jahresabschlüssen korreliert sind. Die Ergebnisse deuten
darauf hin, dass zwischen den beiden Faktoren positive Korrelation besteht.
Cready / Mynatt (1991) verwenden zur Untersuchung der Handelsaktivitäten der
Investoren drei Messungen: das Handelsvolumen, die Anzahl der Transaktionen und die
durchschnittliche Transaktionsgröße.
19
Dadurch erlangen sie den Vorteil, dass sie unter
großen und kleinen Investoren unterscheiden können und die unterschiedlichen
Verhaltensweisen im Bezug auf Jahresabschlüsse beobachten können.
20
Sie finden nur
insignifikante Veränderung des Handelsvolumens, aber sehr hohe und signifikante
Veränderung der Anzahl der Transaktionen. Die größte Reaktion findet im Bereich der
kleinen Transaktionen statt.
21
Die Wissenschaftler nehmen an, dass das kleine Handelsvolumen nicht unbedingt das
Fehlen von Informationen in den Jahresabschlüssen bedeutet. Durchaus nehmen
Investoren möglicherweise diese Informationen zwar wahr, sie motivieren die Investoren
aber nicht sofort oder überhaupt nicht zur Handlung. Die Handelsreaktionen auf die
Jahresabschlüsse sind laut dieser Studie im Vergleich zu den Ergebnissen von Beaver
(1968) relativ lang.
22
2.1.2. Widerspiegelung des Informationsinhaltes in der Volatilität der Preise
Neben der Untersuchung des Handelsvolumens beschäftigt sich Beaver (1968) in seiner
Arbeit zudem mit dem Einfluss der Informationen aus Jahresabschlüssen auf die
Aktienpreise. Als Grundlage der Untersuchung dient das Preisresiduum aus der
Veröffentlichungsperiode.
23
Die Untersuchung dieser Variablen bringt die Erkenntnis,
dass die Volatilität der Preise in der Veröffentlichungswoche um 67 % höher als die
durchschnittliche Preisvolatilität der Nichtveröffentlichungsperiode
24
ist. Auch die
18
Vgl. Bamber (1986) S. 46 f.
19
Siehe Cready / Mynatt (1991) S. 293 f.
20
Ausführlicher wird dieses Thema im 5. Kapitel erörtert.
21
100- und 200-Aktien Transaktionen, kleiner als 30.000 $ im Wert.
22
Bis 7 Tage nach der Veröffentlichung, der Höhepunkt wird im 5-6 Tag nach der Veröffentlichung erreicht
­ vgl. Cready / Mynatt (1991) S. 309 f.
23
Siehe Beaver (1968) S. 79.
24
Nichtveröffentlichungsperiode ist das ganze Jahr außer Veröffentlichungswoche sowie 8 Wochen vor und
nach der Veröffentlichungswoche.
8

Wochen kurz vor und nach der Veröffentlichungswoche weisen überdurchschnittliche
Preisänderungen auf. Der Anstieg der Preisvolatilität in der Woche vor der
Veröffentlichung kann mit einem Informationsleck oder mit der Existenz der alternativen
Informationsquellen erklärt werden.
25
Die hohe Aktivität der Investoren bis zu zwei
Wochen nach der Veröffentlichung kann auf die Tatsache zurückgeführt werden, dass die
Investoren die Informationen zunächst verifizieren und sie erst später in ihren
Handelsstrategien verwenden.
26
Ab der achten bis zu der zweiten Woche vor der
Veröffentlichung wird eine unterdurchschnittliche Preisvolatilität beobachtet, was
entweder durch einen sehr kleinen Informationsfluss oder durch die Tatsache verursacht
ist, dass die Investoren bis zur Veröffentlichung der Jahresabschlüsse abwarten wollen
und erst danach zu handeln beabsichtigen.
27
Oppong (1980) verwendet auch die Varianz der Preisresiduen in seiner Studie, um den
Informationsinhalt der Berichte zu messen. Seine Firmenprobe unterscheidet sich etwas
von der Probe von Beaver (1968).
28
Als Ergebnis beobachtet er die durchschnittliche
Varianz der Preise in der Veröffentlichungsperiode, die größer als die in der
Nichtveröffentlichungsperiode ist. Sie resultiert aber nur aus einigen sehr starken
Reaktionen auf die Jahresabschlüsse. Bei vielen anderen Firmen wurde sogar eine
unterdurchschnittliche Varianz beobachtet. Auch alternative Untersuchungsmethoden
haben ähnliche Ergebnisse geliefert.
29
Der Wissenschaftler schlussfolgert, dass die
Jahresabschlüsse entweder keinen Informationsinhalt haben oder dieses Modell (Varianz
als Indikator für Informationsinhalt) zu solchen Untersuchungen nicht geeignet ist.
Foster / Jenkins / Vickrey (1986) untersuchen, ob Jahresabschlüsse Informationen
enthalten, deren Quelle nicht die Gewinnzahlen sind und ob diese Informationen das
Verhalten der Investoren beeinflussen können. Es handelt sich u.a. um die Informationen,
wie Wiederbeschaffungskosten, Details bezüglich Veränderung in der Bilanzierung und
Beglaubigung durch die Auditoren.
30
Die Umfragen bestätigten, dass diese zusätzlichen
25
Siehe Kapitel 6.1. und Kapitel 7.
26
Siehe Kapitel 7.2.1.
27
Vgl. Beaver (1968) S. 81 f.
28
Er untersucht auch den Einfluss der störenden Faktoren (market-wide events), deswegen begrenzt er die
Firmenprobe nicht so streng wie Beaver - vgl. Oppong (1980) S.577 f.
29
Es wurden auch alle Jahre getrennt und vier Hauptbranchen getrennt untersucht - vgl. Oppong (1980) S.
581 ff.
30
Vgl. Foster / Jenkins / Vickrey (1986) S. 91.
9

Informationen sowohl für die individuellen als auch institutionellen Investoren von sehr
großer Bedeutung sind.
31
Analog zu Beaver (1968) wurde der Informationsinhalt durch
den Vergleich der Variabilität der Preisresiduen in den Veröffentlichungs- und
Nichtveröffentlichungsperioden ermittelt. Obwohl drei unterschiedliche Methoden
verwendet wurden, um auf der Basis der Residuenvarianz den Informationsinhalt der
Jahresabschlüsse zu beobachten, konnten die Tests in keinem Fall die Hypothese
bekräftigen, dass Jahresabschlüsse zusätzliche Informationen enthalten, die den gesamten
Aktienmarkt beeinflussen könnten.
32
Auch die Untersuchungen unterschiedlicher
Firmenproben
33
lieferten gleiche Resultate.
Dieses Ergebnis ist mit der Studie von Cready / Mynatt (1991) konsistent, in deren die
Vermutung angestellt wurde, dass die Jahresabschlüsse die Preisänderungen nicht
beeinflussen können und dadurch keinen Einfluss auf den Kapitalmarkt als eine Einheit
ausüben.
34
Die Schlussfolgerung, dass die Informationen aus der Bekanntmachung der
Firmenergebnisse keinen Einfluss auf den gesamten Kapitalmarkt (auf die Aktienpreise)
haben und nur die individuellen Handlungen der Investoren (durch die Steigung des
Handelsvolumens) nach sich ziehen, würde jedoch voreilig sein. Im dritten Kapitel
wurden weitere Studien unter die Lupe genommen, die sich mit der Preisreaktion auf die
Veröffentlichungen der finanziellen Daten auseinandersetzen.
2.1.3. Störende Faktoren (market-wide events)
Die Veröffentlichung der Jahresabschlüsse wird oft durch andere Ereignisse begleitet, die
einen Einfluss auf die Größen haben können, die zur Messung des Informationsinhaltes
der Jahresabschlüsse verwendet werden. Aus der Sorge um Gruppierung (clustering ­ der
Einfluss der Jahresabschlüsse einiger Firmen auf das Verhalten der Investoren bezüglich
der Aktien anderer Firmen
35
) hat Beaver (1968) von seinem Firmensample alle Firmen
ausgeschlossen, deren Fiskaljahr am 31.12 endet, weil in diesem Fall sehr viele Firmen
ihre Ergebnisse bis Ende März veröffentlichen und der gegenseitige Einfluss der
Informationen aus den Bekanntgaben der Ergebnisse sehr stark sein kann. Diese
31
Vgl. Stanga (1976) und Anderson (1981).
32
Vgl. Foster / Jenkins / Vickrey (1986) S. 94 ff.
33
Z.B. unterschiedliche Branchen.
34
Vgl. Cready / Mynatt (1991) S. 302 ff.
35
Wenn es sich z.B. um Firmen aus der selben Branche handelt - siehe Oppong (1980) S. 575. und Foster
(1981).
10

Vermutung bestätigt die Untersuchung von Oppong (1980), der eine schwache
Korrelation zwischen den Residuen der Firmen bzw. Residuen und der Marktrendite
aufdeckt.
36
Foster (1981) setzt sich ausführlich mit diesem Problem auseinander.
37
Ein anderes Problem bei den Firmen, deren Fiskaljahr am 31.12 endet, kann die Tatsache
sein, dass die Investoren ihre Handlungsaktivitäten in dieser Zeit aus steuerlichen
Gründen tätigen. Den störenden Einfluss auf die Ermittlung des Informationsinhaltes der
Veröffentlichung der finanziellen Ergebnisse haben jedoch zusätzliche Tests in der Studie
von Bamber (1986) ausgeschlossen.
38
Um die Uneindeutigkeit und Vermischung des Einflusses verschiedener Effekte mit den
auslösten durch die Informationen aus den Jahresabschlüssen auszuschließen, haben die
meisten Untersuchungen nur solche Firmen in die Untersuchungsproben aufgenommen,
für die keine wesentlichen Informationen (z.B. über Aktiensplit oder
Dividendenausschüttungen) in unmittelbarer Nähe der Jahresabschlüsse veröffentlicht
wurden.
39
Beaver (1968) hat zusätzlich alle Firmen aus dem Sample ausgeschlossen, zu
denen mehr als 20 Veröffentlichungen im Wall Street Journal in einem Jahr gab.
40
Die
Richtigkeit dieser Vorgehensweise wurde durch Bamber (1986) bestätigt. Die
Wissenschaftlerin deckt in ihrer Studie auf, dass unterschiedlicher Schwierigkeitsgrad des
Zugangs zu den alternativen (zu Jahresabschlüssen) Informationsquellen relativ größere
Reaktion auf die Berichte auslöst.
41
2.1.4. Änderung des Informationsinhaltes mit der Änderung der Eigenschaften der
Kapitalmärkte
Ende der 90er Jahre haben einige Studien die Bedenken bezüglich der Aktualität und
Nützlichkeit der Informationen aus Jahresabschlüssen erörtert.
42
Dies soll vor allem durch
die Änderung der Schwerpunkte in der Ökonomie (viele Firmen basieren nicht mehr auf
36
Vgl. Oppong (1980) S. 579 ff.
37
Siehe Kapitel 6.4.
38
Vgl. Bamber (1986) S. 49 f.
39
Vgl. Beaver (1968) S. 70, Foster / Jenkins / Vickrey (1986) S. 92.
40
Vgl. Beaver (1968) S. 71.
41
Vgl. Bamber (1986) S. 55.
42
Siehe z.B. Collins / Maydew / Weiss (1997), Brown / Lo / Lys (1999) und Francis / Schipper (1999).
11

der Produktion und materiellen Anlagen, sondern mehr auf Dienstleistungen,
Informationen und unmateriellen Anlagen) verursacht sein.
43
Die empirischen Studien aus den letzten beiden Kapiteln haben ähnliche Methoden zur
Messung des Informationsinhaltes der Jahresabschlüsse verwendet. Sie bauen auf der
Studie von Beaver (1968) auf und haben abnormalen Handelsvolumen und abnormale
Volatilität der Preise als Indikator des Informationsinhaltes verwendet. Landsman /
Maydew (2002) erforschten in ihrer Studie die Veränderungen im Informationsinhalt der
vierteljährlichen Zwischenberichte, die mit Hilfe dieser Instrumente nachgewiesen
werden können. Die Wissenschaftler haben keine Verschlechterung des
Informationsinhaltes dieser Berichte aufgedeckt. Im Gegenteil ­ es wurde der Anstieg des
Informationsinhaltes beobachtet. Zu ähnlichen Ergebnissen sind auch Kross / Kim (1999)
gekommen, die den abnormalen Handelsvolumen und die absolute Preisänderungen der
Aktien an Jahresabschlusstagen in den 60ern und 90ern verglichen haben. Francis /
Schipper / Vincent (1999) konnten auch den Zuwachs der abnormalen, absoluten
Preisänderung im Laufe der Jahre 1986 bis 1995 beobachten. Nur Lo / Lys (2000) haben
keine Änderung (weder Verbesserung noch Verschlechterung) der abnormalen Volatilität
der Preise beobachtet, die durch die Jahresabschlüsse verursacht wird.
2.2. Theoretisches Modell zum Informationsinhalt der Veröffentlichung der
finanziellen Informationen
Donoth / Bonen (1993) versuchen sich mit der Definition des Informationsinhaltes der
Jahresabschlüsse theoretisch auseinandersetzen. Das in ihrer Studie vorgestellte Modell
erweitert die Modelle von Kim / Verecchia (1991) und Grundy / McNichols (1989). Im
Gegenteil zu den beiden älteren Studien, berücksichtigen Donoth / Bonen (1993) die
Tatsache, dass die Manager die Informationen im Regelfall strategisch veröffentlichen
wollen. Die herrschenden Vorschriften
44
ermöglichen eine unterschiedliche Darstellung
(abhängig von den Motivationen der Manager) der gleichen Informationen.
45
In dem
Zweiperiodenmodell ihrer Studie verwenden die Investoren in der ersten Periode private
Informationen, um die Portfolios zu bilden. Wenn die Jahresabschlüsse veröffentlicht
werden, interpretieren die Investoren die Informationen nicht homogen, denn sie verfügen
43
Siehe z.B. Amir / Lev (1996), Aboody / Lev (1998) und Lev / Zarovin (1999).
44
Z.B. Generally Accepted Accounting Principles (GAAP).
45
Vgl. Donoth / Ronen (1993) S. 859.
12

über unterschiedliche zusätzliche private Informationsquellen, auf deren sie die
Interpretation stützen. Die Möglichkeiten, das richtige Signal aus den Veröffentlichungen
herauszufiltern, sind von der Menge und von der Qualität dieser zusätzlichen privaten
Informationen abhängig.
46
Die Wissenschaftler schlussfolgern, dass die Beobachtung des Informationsinhaltes nur
anhand der gleichzeitigen Analyse des Handelsvolumens und der Preisänderungen
durchgeführt werden kann: "The derived `information content' measure includes volume
reaction, price reaction, and the predisclosure expected belief dispersion. The results
imply that neither price reaction nor volume reaction will provide a complete
characterization of information content; both must be jointly observed along with some
aspects of the existing information environment to gauge information content fully".
47
Der Informationsinhalt verkörpert sich nicht nur in der Änderung der Überzeugung von
individuellen Investoren bezüglich der Aktieneigenschaften, sondern auch im Grad und in
der Stärke dieser Überzeugung.
48
Diese Stärke wird im großen Teil durch die Streuung in
den Erwartungen der Investoren bezüglich der Aktienpreise vor der Bekanntmachung der
finanziellen Daten beeinflusst.
Eine interessante Entdeckung ist die Tatsache, dass die Beziehung zwischen dem
Handelsvolumen und der Streuung der Informationeninterpretationen
49
aus den
Jahresabschlüssen nicht monoton verläuft. Einerseits verursachen die Unterschiede in den
Investoreninterpretationen die Reorganisation ihrer Portfolien und dadurch den Anstieg
des Handelsvolumens. Andererseits können sehr große Unterschiede in der Interpretation
zu großer Unsicherheit der Investoren bezüglich der weiteren Entwicklung der
Aktienpreise führen. Die Unsicherheit wird so groß, dass die Investoren nicht mehr
46
Vgl. Donoth / Ronen (1993) S. 862 f.
47
Donoth / Ronen (1993) S. 858 f.
48
Vgl. Donoth / Ronen (1993) S. 864 f.
49
Da die Interpretation der Informationen aus der Bekanntmachung der Unternehmensergebnisse von den
Informationen aus der Vorveröffentlichungsperiode abhängt, ist die Streuung der
Informationeninterpretationen in der Veröffentlichungsperiode ein Produkt der Streuung der Erwartungen in
der Vorveröffentlichungsperiode.
13

handeln wollen, ihre Portfolios behalten und abwarten. In dem Fall beobachtet man
keinen oder nur kleinen Anstieg des Handelsvolumens.
50
50
Vgl. Donoth / Ronen (1993) S. 867 ­ das kann teilweise unterschiedliche Ergebnisse aus dem Kapitel
2.1.1. erklären.
14

3. Einfluss der Bekanntmachung der
Unternehmensergebnisse auf die Preise
Bei der Suche nach einem Modell, das die Beziehung zwischen den Jahresabschlüssen
bzw. den Zwischenberichten und dem Kapitalmarkt darstellt, spielen zwei Faktoren
unbestritten die wichtigste Rolle: der Preis und das Handelsvolumen.
In diesem Kapitel wird das Verhalten der Preise in den Veröffentlichungsperioden
untersucht. Im ersten Teil wird die Beziehung zwischen den Berichten und den
Preisänderungen dargestellt. Der zweite Teil ist der Relation zwischen den
Bekanntmachungen und der Volatilität und der Autokorrelation der Preise gewidmet. Der
dritte Abschnitt dieses Kapitels soll knapp Licht auf das Phänomen der Pünktlichkeit der
Veröffentlichung werfen. Im letzten Teil wird die Beziehung zwischen dem Niveau der
Überraschung aus den Bekanntmachungen und der Preisreaktion auf diese Überraschung
analysiert.
3.1. Die Beziehung zwischen den Jahresabschlüssen bzw. den
Zwischenberichten und den Preisänderungen
Kiger (1972) versuchte in seiner Studie die Antwort auf die Frage zu geben, ob die
Investoren die Informationen aus den Zwischenberichten nutzen. Nach seinem Modell
würde das der Fall sein, wenn die Veröffentlichungen der Berichte die Preisänderungen
verursachen würden. Als Grundlage der Forschung dienten zwei Variablen.
Hypothetische Preisänderung wurde durch die Veränderung der Erwartungen bezüglich
der Gewinne am Jahresende ermittelt. Die Preiserwartungen, die auf der Grundlage der
Informationen, die nach der Veröffentlichung des Zwischenberichts bekannt waren,
wurden mit den Preiserwartungen verglichen, die nur mit Hilfe der Informationen
aufgebaut waren, die vor der Veröffentlichung des Zwischenberichts zur Verfügung
standen.
51
Tatsächliche Preisänderungen wurden durch den Vergleich des
durchschnittlichen Abschlusspreises am Tag nach der Ankündigung und des
durchschnittlichen Abschlusspreises am Tag vor der Ankündigung ermittelt.
52
Die Untersuchung der Hypothese, ob es eine positive Korrelation zwischen den beiden
Größen gibt hat stark diese Vermutung bekräftigt. Daraus schlussfolgert der
51
Genaue Beschreibung des Modells siehe Kiger (1972) S. 117 f.
52
Siehe Kiger (1972) S. 117.
15

Wissenschaftler, dass die Veränderung der Erwartungen der Investoren bezüglich
zukünftiger Gewinne sich in der tatsächlichen, gegenwärtigen Preisänderung
widerspiegelt.
Mit ähnlicher Problematik hat sich auch Morse (1981) auseinandergesetzt. Auch er
unterstellt, dass der Markt auf die Zwischenberichte und die Jahresabschlüsse reagiert,
wenn man eine Preisänderung beobachten kann, die in dem Zeitraum der
Bekanntmachung stattfindet. Die Preisänderungen werden in dieser Studie durch die
Änderungen der Preisresiduen vertreten.
53
Die Ergebnisse zeigen eindeutig, dass es große Preisänderungen einen Tag vor der
Veröffentlichung
54
und am Tag der Veröffentlichung gibt. Es werden keinerlei
Preisänderungen beobachtet, die früher als einen Tag vor der Veröffentlichung stattfinden
und von den durchschnittlichen Preisänderungen der Nichtveröffentlichungsperiode
abweichen. Die Verarbeitung der Informationen erfolgt aber laut Morse (1981) nicht
sofort. Der Forscher beobachtet auch ein paar Tage nach der Veröffentlichung
überdurchschnittliche Preisänderungen.
55
Patell / Wolfson (1984) erforschen in ihrer Studie das Innertagesverhalten der
Aktienpreise. Sie vergleichen die Stärke der Preisänderungen an den
Veröffentlichungstagen und den darauf folgenden Tagen mit den Preisänderungen in der
Nichtveröffentlichungsperiode. Dazu benutzen sie die Handelsstrategien, in denen
Informationen aus den Jahresabschlüssen bzw. den Zwischenberichten abhängig von den
letzten Prognosen vor der Ankündigung dieser Berichte angewendet werden. Die Autoren
glauben, dass, wenn diese Strategien zusätzliche Gewinne erzielen lassen, die
Jahresabschlüsse und die Zwischenberichte einen Einfluss auf die Preisänderung haben.
Kurz vor der Veröffentlichung wird eine kleine Aktivität der Investoren beobachtet, die
zu sehr geringen Überschussrenditen führt.
56
Sofort nach der Bekanntmachung
57
werden
die größten Gewinne aus den angewendeten Strategien registriert. Danach wird prompt
53
Morse (1981) S. 376 f.
54
Was teilweise dadurch erklärt wird, dass es Quellen gibt, die früher die Informationen aus den Berichten
veröffentlichen als Wall Street Journal (das hier als Quelle und Veröffentlichungsdatum angewendet
wurde).
55
Siehe dazu Kapitel 7.2.
56
90 bis 60 Minuten vor der Veröffentlichung.
57
Bis 30 Minuten nach der Veröffentlichung.
16

das Niveau der Nichtveröffentlichungsperiode erreicht.
58
Signifikante
Gewinnmöglichkeiten wurden auch am Anfang des folgenden Tages beobachtet. Die Zeit
zwischen dem Schluss der Börse an dem Veröffentlichungstag und der Eröffnung am
nächsten Tag gibt die Chance, die Informationen aus den Berichten dieser Investoren zu
verarbeiten und zu nutzen, die nicht in der Lage sind, ihre Innertagesstrategien
anzupassen.
59
Das stimmt teilweise mit den Ergebnissen von Morse (1981) überein.
60
Die Ergebnisse der Untersuchung dieses Modells müssen jedoch vorsichtig interpretiert
werden. Einerseits sind diese Strategien sehr unkompliziert und einfach. Dadurch können
sie die tatsächlichen Möglichkeiten der Erlangung des zusätzlichen Gewinns
unterschätzen, die die erfahrenen Investoren realisieren könnten. Andererseits
berücksichtigen diese Strategien keine Transaktionskosten, wodurch sich eher nur
theoretische Aussagen machen lassen.
61
Chari / Jagannathan / Ofer (1988) testen in ihrer Studie die Hypothese, ob man
Unterschiede in den erwarteten Gewinnen im laufe eines Jahres in den
Veröffentlichungsperioden und Nichtveröffentlichungsperioden beobachten kann. Diese
Vermutung wird durch die Untersuchung der Überschussrenditen an den
Veröffentlichungstagen nachgeprüft.
62
Neben der Rendite aus dem Bekanntgabetag wird
auch die kumulierte Rendite aus drei Tagen untersucht. Die Rendite des zweiten Tages
vor der Bekanntmachung wird einbezogen, da die Nutzung privater Informationen durch
die Investoren die tatsächlichen Preisänderungen verzerren könnte.
63
Der letzte Tag vor
der offiziellen Veröffentlichung
64
wird einbezogen, weil die Firmen oft an diesem Tag
nach dem Börsenschluss die finanziellen Daten Bekannt geben, wenn sie schlecht sind.
65
Im Gegenteil zu den früher vorgestellten Studien werden hier die Ergebnisse nicht nur
einheitlich betrachtet, sondern es wird nach der Größe der Firma unterschieden. Bei den
kleinen Firmen ist die durchschnittliche tägliche Rendite in den Tagen von zwei vor bis
58
Vgl. Patell / Wolfson (1984) S. 234 f.
59
Vgl. Patell / Wolfson (1984) S. 235 f.
60
Morse (1981) beobachtet höhere Preisänderung ein paar Tage nach der Veröffentlichung. Hier werden
signifikante, erhöhte Preisänderungen nur einen Tag nach der Veröffentlichung beobachtet.
61
Vgl. Patell / Wolfson (1984) S. 223 f.
62
Genaue Beschreibung des Modells siehe Chari / Jagannathan / Ofer (1988) S. 104 f.
63
Siehe Diamond / Verecchia (1985) und Kapitel 6.1.
64
Als offizieller Veröffentlichungstag gilt dieser Tag, an dem die Informationen zum ersten Mal den Markt
während der Handelszeit erreichen.
65
Siehe Patell / Wolfson (1982).
17

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2005
ISBN (eBook)
9783832488680
ISBN (Paperback)
9783838688688
DOI
10.3239/9783832488680
Dateigröße
525 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Europa-Universität Viadrina Frankfurt (Oder) – Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät
Erscheinungsdatum
2005 (Juli)
Note
1,3
Schlagworte
preise handelsvolumen firmeneigenschaften investoreneigenschaften postannouncement drift
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Titel: Informationen aus den Jahresberichten (den Zwischenberichten) und ihre Bewertung durch den Kapitalmarkt
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