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Struktur und Verhaltensweisen auf stagnierenden und gesättigten Märkten

©2005 Diplomarbeit 65 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Ein stagnierendes Marktvolumen ist für viele Unternehmen ein allgegenwärtiges Problem. In einer Studie gaben nur 8% der befragten Unternehmen an, dass es bei ihnen keine stagnierenden Geschäftsfelder gibt. Bei 42% waren nach eigener Einschätzung viele Geschäftsfelder von Stagnation betroffen und 16% der befragten Unternehmen agierten ausschließlich auf stagnierenden oder gar schrumpfenden Teilmärkten.
Trotz der offensichtlichen Problematik werden stagnierende Märkte im Vergleich zu Märkten mit hohen Wachstumsraten von der wirtschaftswissenschaftlichen Literatur stiefmütterlich behandelt. Starkes Wachstum gilt noch immer verbreitet als das dominierende Kriterium für die Attraktivität eines Marktes. Ein geringes oder gar negatives Marktwachstum muss früher oder später zur Aufgabe des betroffenen Geschäftsfeldes führen. Auf der anderen Seite betonen die wenigen vorhandenen Studien die Chancen in diesem schwierigen Marktumfeld. Unternehmen bemühen sich zunehmend um Konzepte, die den besonderen Herausforderungen stagnierender Märkte gerecht werden.
Die Motivation für die vorliegende Forschungsarbeit entstammt dem Erkenntnisdrang eines betroffenen Unternehmens. Ziel ist es, einen Überblick über die Wettbewerbsbedingungen und das strategische Verhalten auf stagnierenden Märkten zu schaffen. Das Vorgehen orientiert sich am Struktur- Verhalten- Ergebnis- Paradigma der traditionellen Industrieökonomik und unterteilt sich in zwei Schritte. Im ersten Teil der Untersuchung werden Strukturmerkmale beschrieben, welche für stagnierende und gesättigte Märkte typisch erscheinen. Der zweite Teil betrachtet mögliche Verhaltensweisen der Anbieter. Dabei stehen jene Verhaltensweisen im Mittelpunkt, welche eine dauerhafte Existenzsicherung ermöglichen. Die gefundenen Zusammenhänge werden am Beispiel von zwei Branchen überprüft.

Zusammenfassung:
Ziel der vorliegenden Arbeit war die Erforschung der Strukturen und Verhaltensweisen auf stagnierenden und gesättigten Märkten. Hierzu wurde auf das Marktphasenmodell nach Heuss und das Struktur- Verhalten- Ergebnis- Paradigma der traditionellen Industrieökonomik zurückgegriffen. Als Hauptursache der Stagnation wurde die Sättigung der Nachfrage identifiziert. Aufbauend auf diesen Grundlagen wurden im ersten Teil die Strukturmerkmale stagnierender Märkte untersucht. Dabei konnte gezeigt werden, dass sich stagnierende Märkte in ihren spezifischen Wettbewerbsbedingungen grundlegend von Märkten in […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


ID 8860
Keßler, Sebastian: Struktur und Verhaltensweisen auf stagnierenden und gesättigten
Märkten
Hamburg: Diplomica GmbH, 2005
Zugl.: Technische Universität Ilmenau, Diplomarbeit, 2005
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A u t o r e n p r o f i l
Zur Person
Geburtsdatum und -ort 09.07.1977, Arnstadt
Staatsangehörigkeit
deutsch
Familienstand
ledig
Studium / Schulbildung
10.1998 ­ 03.2005
Studium der Medienwirtschaft, TU- Ilmenau,
Abschluss Diplom.
09.1994 - 07.1997
Berufsbildendes Gymnasium am Ehrenberg, Ilmenau,
Abschluss Allgemeine Hochschulreife,
Hauptfächer Wirtschaft, Mathematik.
Praktika
04.2001 - 09.2001
Firmenservice Dr. Roth & Partner, Meiningen,
Managementberatung, Qualitätsmanagement.
08.2000 - 09.2000
Rechtsanwalt Thomas Weigel, Arnstadt,
Assistenz, Organisation, Korrespondenz.
08.1999 - 09.1999
Steuerbüro Per Baumgarten, Arnstadt,
Rechnungswesen und Controlling.
Beruflicher Werdegang
11.2002 ­ 05.2004
Jugendbetreuer,
Marienstift, Arnstadt.
10.2001 - 07.2002
Internet- Administrator,
Autohaus Brey, Arnstadt.
05.1998 - 04.2001
Assistent der Geschäftsführung,
Holzverarbeitung Michael Keßler, Arnstadt.
Wehrdienst
07.1997 ­ 05.1998
Grundwehrdienst als Sanitäter.
Sonstiges
Fremdsprachen
Englisch fließend,
Russisch Grundkenntnisse.
PC- Kenntnisse
Professioneller Umgang mit Windows 98/2000/XP,
Microsoft Office, StarOffice, Photoshop und DATEV
Kanzlei REWE.
Engagement
Seit 1998 aktiv an den Kapitalmärkten,
Ehrenamtlicher Jugendbetreuer, Marienstift, Arnstadt.

Struktur und Verhaltensweisen auf stagnierenden und gesättigten Märkten
Seite I
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung... 1
2 Theoretische und faktische Grundlagen... 2
2.1 Marktlebenszyklen... 2
2.2 Stagnierende Märkte... 3
2.2.1 Definition und Abgrenzung... 3
2.2.2 Sättigung der Nachfrage als Ursache der Stagnation... 4
2.3 Das SVE- Paradigma als Analyseinstrument... 5
2.4 Die Beispielbranchen... 6
2.4.1 Zement... 7
2.4.2 PKW- Reifen... 8
3 Die Charakteristik stagnierender Märkte... 10
3.1 Marktform und Anbieterkonzentration... 10
3.1.1 Einteilung der Marktformen... 10
3.1.2 Messung der Anbieterkonzentration... 11
3.1.3 Anbieterzahl im Marktlebenszyklus... 12
3.1.4 Marktform und Konzentration in der Zementindustrie... 13
3.1.5 Marktform und Konzentration auf dem PKW- Reifenmarkt...14
3.2 Kostenstruktur... 15
3.2.1 Größenvorteile... 15
3.2.2 Erfahrungskurve... 17
3.2.3 Kostenstruktur in der Zementindustrie... 18
3.2.4 Kostenstruktur auf dem PKW- Reifenmarkt... 19
3.3 Marktbarrieren... 20
3.3.1 Marktzugangsbarrieren... 20
3.3.2 Marktaustrittsbarrieren... 21
3.3.3 Marktbarrieren in der Zementbranche... 22

Struktur und Verhaltensweisen auf stagnierenden und gesättigten Märkten
Seite II
3.3.4 Marktbarrieren auf dem PKW- Reifenmarkt... 23
3.4 Grad der Produktdifferenzierung... 24
3.4.1 Produktdifferenzierung im Marktlebenszyklus... 24
3.4.2 Produktdifferenzierung in der Zementindustrie... 25
3.4.3 Produktdifferenzierung auf dem PKW- Reifenmarkt...25
3.5 Überkapazitäten... 26
3.5.1 Verhaltensweise oder Strukturmerkmal?... 26
3.5.2 Überkapazitäten in der Zementindustrie... 27
3.5.3 Überkapazitäten auf dem PKW- Reifenmarkt... 28
3.6 Weitere Strukturmerkmale... 29
3.6.1 Der dominierende Unternehmertyp... 29
3.6.2 Die Preiselastizität der Nachfrage... 30
4 Verhaltensweisen... 31
4.1 Verlassen des Marktes... 31
4.2 Oligopolistische Konkurrenz... 32
4.3 Preisverhalten... 33
4.3.1 Die Preisentwicklung im Marktlebenszyklus... 33
4.3.2 Ruinöser Verdrängungswettbewerb... 34
4.3.3 Preisführerschaft... 35
4.3.4 Preisverhalten in der Zementindustrie... 36
4.3.5 Preisverhalten auf dem PKW- Reifenmarkt... 38
4.4 Produktstrategien... 38
4.4.1 Produktdifferenzierung... 38
4.4.2 Diversifikation... 39
4.4.3 Produktstrategien in der Zementindustrie... 40
4.4.4 Produktstrategien auf dem PKW- Reifenmarkt... 41
4.5 Investitionsverhalten... 42

Struktur und Verhaltensweisen auf stagnierenden und gesättigten Märkten
Seite III
4.5.1 Investitionen in der Zementbranche... 43
4.5.2 Investitionen auf dem PKW- Reifenmarkt... 43
4.6 Forschung und Entwicklung... 44
4.6.1 Marktform, Unternehmensgröße und Innovation... 44
4.6.2 Innovation im Marktlebenszyklus... 46
4.6.3 Forschung und Entwicklung in der Zementindustrie... 47
4.6.4 Forschung und Entwicklung auf dem PKW- Reifenmarkt... 48
5 Zusammenfassung und Ausblick... 50
Literaturverzeichnis... 53

Struktur und Verhaltensweisen auf stagnierenden und gesättigten Märkten
Seite IV
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Kriterien des SVE- Paradigma... 5
Tabelle 2: Einteilung der Marktformen... 11
Tabelle 3: Anbieterkonzentration in der Zementindustrie... 14
Tabelle 4: Anbieterkonzentration in der PKW- Reifenindustrie... 15
Tabelle 5: Mindestoptimale Ausbringungsmengen in der Reifenindustrie...19
Tabelle 6: Marktform und Vorsprungsgewinne... 45
Tabelle 7: Prozessinnovationen in der Zementindustrie... 48
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Die Entwicklung des Marktes... 2
Abbildung 2: Wechselwirkungen innerhalb des SVE- Paradigma... 6
Abbildung 3: Zahl der Unternehmen im Zeitablauf... 13
Abbildung 4: Langfristige Durchschnittskosten und Transportkosten... 16
Abbildung 5: Kapazitätsauslastung der deutschen Zementindustrie... 28
Abbildung 6: Marktlebenszyklus und Preiserfahrungskurve... 33
Abbildung 7: Marktentwicklung und Innovation... 47

Struktur und Verhaltensweisen auf stagnierenden und gesättigten Märkten
Kapitel 1 Einleitung
Seite 1
,,Was wir machen kann jeder. Das ist unser Problem."
Kai Franeck, Nexans Deutschland GmbH & Co. KG.
1 Einleitung
Ein stagnierendes Marktvolumen ist für viele Unternehmen ein allgegenwärtiges
Problem. In einer Studie gaben nur 8% der befragten Unternehmen an, dass es bei
ihnen keine stagnierenden Geschäftsfelder gibt. Bei 42% waren nach eigener
Einschätzung viele Geschäftsfelder von Stagnation betroffen und 16% der befragten
Unternehmen agierten ausschließlich auf stagnierenden oder gar schrumpfenden
Teilmärkten.
1
Trotz der offensichtlichen Problematik werden stagnierende Märkte im Vergleich zu
Märkten mit hohen Wachstumsraten von der wirtschaftswissenschaftlichen Literatur
stiefmütterlich behandelt. Starkes Wachstum gilt noch immer verbreitet als das
dominierende Kriterium für die Attraktivität eines Marktes. Ein geringes oder gar
negatives Marktwachstum muss früher oder später zur Aufgabe des betroffenen
Geschäftsfeldes führen.
2
Auf der anderen Seite betonen die wenigen vorhandenen
Studien die Chancen in diesem schwierigen Marktumfeld. Unternehmen bemühen
sich zunehmend um Konzepte, die den besonderen Herausforderungen
stagnierender Märkte gerecht werden.
3
Die Motivation für die vorliegende Forschungsarbeit entstammt dem Erkenntnisdrang
eines betroffenen Unternehmens. Ziel ist es, einen Überblick über die
Wettbewerbsbedingungen und das strategische Verhalten auf stagnierenden Märkten
zu schaffen. Das Vorgehen orientiert sich am Struktur- Verhalten- Ergebnis-
Paradigma der traditionellen Industrieökonomik und unterteilt sich in zwei Schritte. Im
ersten Teil der Untersuchung werden Strukturmerkmale beschrieben, welche für
stagnierende und gesättigte Märkte typisch erscheinen. Der zweite Teil betrachtet
mögliche Verhaltensweisen der Anbieter. Dabei stehen jene Verhaltensweisen im
Mittelpunkt, welche eine dauerhafte Existenzsicherung ermöglichen. Die gefundenen
Zusammenhänge werden am Beispiel von zwei Branchen überprüft.
1 Vgl. MEFFERT (1983), S.193., MEFFERT (1984), S.215, KONERT (1986), S.1.
2 Vgl. KOUTSOYIANNIS (1982), S.41; KONERT (1986), S.13.
3 Vgl. HAMERESCH, SILK (1979), HARRIGAN, PORTER (1983), MEFFERT (1984), ROMER (1987),
KÖHLER (1992).

Struktur und Verhaltensweisen auf stagnierenden und gesättigten Märkten
Kapitel 2 Theoretische und faktische Grundlagen
Seite 2
2 Theoretische und faktische Grundlagen
2.1 Marktlebenszyklen
Das Konzept der Marktlebenszyklen geht auf Ernst Heuss zurück. Heuss erkannte ,,...
,daß alle Industrien bez. die dazugehörigen Märkte im Laufe ihrer Entwicklung die
gleichen Phasen durchlaufen, so daß von einem ganz allgemeinen
Entwicklungsprozess gesprochen werden kann."
4
Den Pfad der Marktentwicklung,
wie ihn Abbildung 1 zeigt, stellte Heuss anhand des Produktionsvolumen dar und
unterteilte ihn in vier Phasen.
Die erste Phase ist die Experimentierphase, in der mit der Entwicklung und
Einführung eines innovativen Produktes ein neuer Markt geschaffen wird. Die
Absatzentwicklung folgt noch keinem eindeutigen Trend. Nur wenn das anfängliche
Misstrauen gegenüber dem neuen Produkt erfolgreich abgebaut wird, gelingt der
Übergang in die folgende Expansionsphase. Mit der fortschreitenden Erschließung
der Nachfrage nimmt die Produktion nun deutlich zu. Dabei sind Wachstumsraten
von 20% und mehr keine Seltenheit. Erst in der dritten Phase, der Ausreifung, geht
das relative Wachstum langsam zurück. Die vierte Phase sehr geringen oder sogar
negativen Wachstums bezeichnete Heuss als Stagnation beziehungsweise
Rückbildung. Märkte in der Stagnationsphase stehen im Mittelpunkt der folgenden
Betrachtungen.
5
4 HEUSS (1965), S.15.
5 Vgl. HEUSS (1965), S.16f.
Abbildung 1:
Die Entwicklung des Marktes;
Vgl. HEUSS (1965), S. 15.
Produktionsvolumen
Zeit
2
1
3
4

Struktur und Verhaltensweisen auf stagnierenden und gesättigten Märkten
Kapitel 2 Theoretische und faktische Grundlagen
Seite 3
2.2 Stagnierende Märkte
2.2.1 Definition und Abgrenzung
Stagnation, Sättigung, Schrumpfung, Degeneration, Rückgang, Alter. Für die
Endphase eines Marktes findet sich in der Literatur eine Vielzahl von Begriffen.
Ebenso vielfältig sind die verschiedenen Definitionen und Abgrenzungskriterien
gegenüber früheren Marktphasen.
6
Die im vorherigen Abschnitt dargestellte Abgrenzung der Marktphasen durch Heuss
ist vage und subjektiv. Streng objektiv definieren dagegen Hamermesh und Silk
stagnierende Märkte als solche, deren Nachfrage über einen Zeitraum von 10 Jahren
unverändert blieb oder durchschnittlich um weniger als die Hälfte des
gesamtwirtschaftlichen Wachstums zunahm.
7
Auch Herdzina versteht Stagnation als
ein Zurückbleiben hinter der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, da dies zu einem
strukturellen Positionsverlust führt.
8
Harrigan und Porter betrachten die historische
Entwicklung nur am Rande und rücken die Absatzprognosen stagnierender Märkte in
den Fokus. Sie begründen dies mit der Zukunftsorientierung unternehmerischer
Entscheidungen.
9
Dagegen argumentiert Erfmann, dass sich die einzelnen Phasen
des Marktlebenszyklus nicht an der Absatzentwicklung ableiten lassen. Vielmehr
müsse die Abgrenzung stattfinden, wenn sich beim Übergang die Strukturen des
Marktes verändern und neue Wettbewerbsbedingungen entstehen.
10
Meffert
wiederum unterstreicht den Unterschied zwischen der Stagnation auf einem
abgegrenzten Markt und einer gesamtwirtschaftlichen Rezession. Für ihn stellt die
Sättigung der Nachfrage das entscheidende Abgrenzungskriterium dar.
11
Aus dieser kontroversen Diskussion kristallisieren sich Merkmale der Stagnation
heraus, welche sich zu einer für die folgenden Ausführungen geeigneten Definition
verdichten lassen: Als stagnierende Märkte sollen solche Märkte verstanden werden,
deren Absatzvolumen auf Grund von Nachfragesättigung dauerhaft stagniert oder
sinkt.
6 Vgl. ROMER, S.69f.
7 Vgl. HAMERESCH, SILK (1979), S162.
8 Vgl. HERDZINA (1985), S.111.
9 Vgl. HARRIGAN, PORTER (1983), S. 112.
10 Vgl. ERFMANN (1988), S.119.
11 Vgl. MEFFERT (1983), S.193f. und MEFFERT (1994a), S.17.

Struktur und Verhaltensweisen auf stagnierenden und gesättigten Märkten
Kapitel 2 Theoretische und faktische Grundlagen
Seite 4
2.2.2 Sättigung der Nachfrage als Ursache der Stagnation
Die Nachfrage auf einem Markt kann aus verschiedenen Gründen stagnieren oder
sinken. Technischer Fortschritt lässt Substitutionskonkurrenz entstehen, wenn
innovative, branchenfremde Produkte ähnliche Leistungsmerkmale bei höherer
Qualität und niedrigeren Preisen aufweisen.
12
Der gesellschaftliche Wertewandel
kann Lebensstil, Geschmack oder Bedürfnisse der Konsumenten verändern. Infolge
demographischer Trends kann die Konsumentengruppe schrumpfen oder selbst in
Schwierigkeiten geraten. Auch wirken sich steigende Kosten für Komplementärgüter
negativ auf die Nachfrageentwicklung aus.
13
All diese Gründe beeinflussen die Zahl
der Bedarfsträger, ihre Kaufkraft oder die durchschnittliche Verbrauchsintensität und
lassen sich daher unter dem Begriff der Marksättigung subsumieren.
14
Marktsättigung ist durch ausgeschöpfte Marktpotentiale bei stagnierenden oder
schrumpfenden Marktvolumen gekennzeichnet.
15
Dabei entspricht das Marktvolumen
der zu einem bestimmten Preis im Markt abgesetzten Menge und das Marktpotential
der diesem Preis zuzuordnenden Nachfrage.
16
Ein Markt ist folglich gesättigt, wenn
alle Bedarfsträger bereits über die angebotenen Produkte verfügen und weder durch
die Variation von Wettbewerbsparametern noch durch die Erschließung neuer
Verwendungsmöglichkeiten zusätzliche Nachfrage stimuliert werden kann.
17
Der Begriff Marktsättigung ist in der Literatur nicht unumstritten. Besonders kritisch
äußerte sich Eugen Leiterer in einem der ersten Beiträge zur Problematik. Leiterer
argumentierte, dass auf Verbrauchsgütermärkten keine Sättigung eintreten könne, da
der Ersatzbedarf natürlich hoch sei. Auf Gebrauchsgütermärkten würde es durch den
technischen Fortschritt zu einer stetigen, zeitlich verzögerten Erneuerung kommen.
Ein Problem der Marktsättigung sah Leiterer daher nur auf Teilmärkten für langlebige
Gebrauchsgüter mit geringer Produktvariation.
18
Leiterers These wird durch die Praxis widerlegt. Angesichts hoher Einkommen,
weitgehender sozialer Absicherung und einem hohen Ausstattungsgrad der privaten
12 Vgl. KNEERICH (1995), S.64.
13 Vgl. HARRIGAN, PORTER (1983), S.112.
14 Vgl. KONERT (1986), S.9 und MEFFERT (1989), S.477.
15 Vgl. MEFFERT (1984), S.215.
16 Vgl. WEINHOLD- STÜNZI (1984), S.9.
17 Vgl. KONERT (1984), S.279 und KONERT (1986), S.4.
18 Vgl. LEITERER (1962); S.612ff.

Struktur und Verhaltensweisen auf stagnierenden und gesättigten Märkten
Kapitel 2 Theoretische und faktische Grundlagen
Seite 5
Haushalte werden vor allem beim Standardbedarf physische und psychologische
Sättigungsgrenzen erreicht. Gesättigte und stagnierende Märkte sind für eine Vielzahl
von Anbietern Realität.
2.3 Das SVE- Paradigma als Analyseinstrument
Die traditionelle Industrieökonomik ist geprägt vom Struktur- Verhalten- Ergebnis-
Paradigma. Dieses unterstellt in seiner ursprünglichen Form einen kausalen
Zusammenhang zwischen der Struktur eines Marktes, dem Verhalten der
Marktteilnehmer und den daraus resultierenden Marktergebnissen. Ist die Struktur
eines Marktes für alle Akteure als Datum gegeben, so müssen die Marktteilnehmer ihr
Verhalten den Rahmenbedingungen anpassen und erzielen entsprechende
Ergebnisse.
19
Eine Vielzahl der in Tabelle 1 dargestellten Kriterien für Struktur,
Verhaltensweisen und Ergebnisse ging aus der Forschung zum funktionsfähigem
Wettbewerb ­ workable competition ­ hervor.
Marktstrukturkriterien
Marktverhaltenskriterien
Marktergebniskriterien
Anzahl der Marktteilnehmer
Konzentrationsgrade
Unternehmensverflechtung
Räumliche Marktausdehnung
Markttransparenz
Marktbarrieren
Preiselastizitäten
Produktdifferenzierung
Kostenstruktur
Preisverhalten
Investitionsentscheidungen
Produktstrategie
Forschung und Entwicklung
Bevorzugte Aktionsparameter
Risikoneigung
Rivalitätsneigung
Kollusives Verhalten
Preisentwicklung
Güterqualitäten
Allokative Effizienz
Kosten, Umsatz, Gewinn
Angebotsalternativen
Güterverfügbarkeit
Durchsetzung des
technischen Fortschritts
Tabelle 1: Kriterien des SVE- Paradigma; Vgl. OLTEN (1998), S.85.
Das SVE- Paradigma ist nicht unumstritten. Die strikte Zuordnung zu Struktur,
Verhalten oder Ergebnissen ist für einige Kriterien problematisch. Zudem wird das
Marktverhalten lediglich als Konsequenz der gegebenen Strukturbedingungen
betrachtet, was die Bedeutung unternehmerischer Entscheidungen in Frage stellt.
20
Dieser statischen Betrachtungsweise folgend wurde in empirischen Untersuchungen
oftmals auf die Analyse des Verhaltens verzichtet und ein direkter Zusammenhang
zwischen Struktur und Ergebnissen eines Marktes gesucht. Die vermuteten
19 Ausführlich in: SCHERER, ROSS (1990), S.5; CARLTON, PERLOFF (2000), S.4.
20 Vgl. OLTEN (1998), S.84.

Struktur und Verhaltensweisen auf stagnierenden und gesättigten Märkten
Kapitel 2 Theoretische und faktische Grundlagen
Seite 6
Korrelationen erwiesen sich jedoch als äußerst schwach und veränderlich. Das
Modell konnte weder bestätigt noch widerlegt werden.
21
Über Jahrzehnte stand das SVE- Paradigma im Zentrum kontroverser Diskussionen.
Dabei wurde es unter anderem um Rückkopplungen erweitert, über welche die
Marktteilnehmer mit ihrem strategischen Verhalten einen langfristigen Einfluss auf die
Marktstruktur ausüben. Abbildung 2 veranschaulicht die Wechselwirkungen innerhalb
des erweiterten SVE- Paradigma.
22
Trotz aller Kritik bietet das SVE- Paradigma eine geeignete Systematik, um den
Wettbewerb auf abgegrenzten Märkten zu erforschen. Es soll bei den folgenden
Betrachtungen als Analyserahmen dienen.
23
2.4 Die Beispielbranchen
Die folgenden Darstellungen sollen sich nicht auf theoretische Konstrukte
beschränken. Für die gefundenen Zusammenhänge werden stellvertretend zwei
Branchen, Zement und PKW- Reifen, die empirische Grundlage bilden. Beide
Branchen werden in diesem Abschnitt kurz vorgestellt, sachlich sowie räumlich
abgegrenzt und in das Marktphasenschema eingeordnet.
21 Vgl. BITTLINGMAYER (1987), S.713.
22 Vgl. SCHERER (1985), S.4ff.; MÜNTER (1999), S.13.
23 Vgl. CABRAL (2000), S.156.
Abbildung 2: Wechselwirkungen
innerhalb des SVE- Paradigma;
Vgl. CARLTON, PERLOFF (2000), S. 4.
Grundbedingungen
Ergebnisse
Politik
Verhalten
Struktur

Struktur und Verhaltensweisen auf stagnierenden und gesättigten Märkten
Kapitel 2 Theoretische und faktische Grundlagen
Seite 7
2.4.1 Zement
Zement ist ein stets verfügbares, preisgünstiges Bindemittel. Als solches ist Zement
kein fertiges Produkt, sondern ein Grundstoff und zur Weiterverarbeitung bei Bau-
und Infrastrukturmaßnahmen bestimmt.
24
Die sachliche Marktabgrenzung ist einfach
möglich und orientiert sich an der DIN Norm 1164-1. Diese Norm enthält
Anforderungen an die Zusammensetzung von Zement, seine Bestandteile und seine
mechanischen, physikalischen und chemischen Eigenschaften.
25
Zu den Anbietern
auf dem Zementmarkt zählen all jene Unternehmen, deren Produkte den geltenden
Normen entsprechen.
26
Schwieriger gestaltet sich die räumliche Marktabgrenzung. Für die
Monopolkommission umfasst der räumlich relevante Markt das Gebiet, in dem die
betrachteten Unternehmen einem wirksamen aktuellen und potentiellen Wettbewerb
ausgesetzt sind und in dem die Wettbewerbsbeziehungen weitgehend homogen
sind.
27
Im Vergleich zu anderen Branchen sind die Transportkosten im Verhältnis
zum Wert von Zement sehr hoch. Sie machen rund 16% der Erlöse aus.
28
Die
durchschnittliche Versandweite von Zement liegt mit 164 km deutlich unter der
anderer Wirtschaftsgüter.
29
Der Bundesverband der deutschen
Transportbetonindustrie verwies bereits 2003 auf eine weiter steigende
Transportkostenintensität durch die Einführung der LKW- Maut in diesem Jahr und
schätzte die zu erwartenden Mehrkosten auf 1,20 / m³ Zement.
30
Durch die hohe Transportkostenintensität zerfällt der Zementmarkt in eine Vielzahl
regionaler Teilmärkte, welche sich kaum in ihrer Struktur unterscheiden. Da sich die
Teilmärkte an ihren Grenzen überlappen, kann zwischen ihnen zumindest ein
potentieller Wettbewerb vermutet werden. Im Rahmen dieser Untersuchung wird
daher auf eine Regionaleinteilung verzichtet und der nationale Zementmarkt
betrachtet. Importe und Exporte spielen lediglich in den grenznahen Gebieten eine
Rolle. Ihr Anteil am Gesamtmarkt ist verschwindend gering.
31
24 Vgl. SCHUMACHER (1981), S.43.
25 Vgl. DIN (Hrsg.) (1994), S.2.
26 Vgl. PURITZ (1990), S.3.
27 Vgl. Monopolkommission (Hrsg.) (2000), S.309.
28 Vgl. SPENNER (1996), S.27.
29 Vgl. PURITZ (1990), S.85.
30 Vgl. PAHL (2003), S.11.
31 Vgl. Monopolkommission (Hrsg.) (1986), S.258.

Struktur und Verhaltensweisen auf stagnierenden und gesättigten Märkten
Kapitel 2 Theoretische und faktische Grundlagen
Seite 8
Die Zementindustrie befindet sich seit mehreren Jahrzehnten in der Stagnations-
beziehungsweise Rückbildungsphase.
32
Hauptverantwortlich hierfür ist die enge
Komplementarität zur Baunachfrage, deren größten Anteil der Wohnungsbau
ausmacht. Gerade hier ist eine Verschiebung vom Neubau hin zu Baumaßnahmen an
bestehenden Gebäuden zu beobachten. Diese Entwicklung scheint typisch für hoch
entwickelte Länder mit stagnierendem Bevölkerungswachstum zu sein und hat zur
Folge, dass weniger Zement je Baueinheit zum Einsatz kommt. Zusätzlich steigt die
Verdrängung durch Substitutionsprodukte wie Holz, Lehm, Stahl, Aluminium oder
Glas.
33
Im Jahr 1950 wurden pro einer Million DM Bauinvestitionen 191 Tonnen
Zement eingesetzt. 1985 war der Anteil um 35% auf 124 Tonnen Zement je einer
Million DM Bauinvestitionen gesunken.
34
2.4.2 PKW- Reifen
Auch für die Hersteller von Fahrzeugreifen fällt die sachliche Marktabgrenzung nicht
schwer, da es zum Fahrzeugreifen keine Alternative gibt. Der Gesamtmarkt zerfällt
allerdings in eine Reihe von Teilmärkten für PKW-, LKW-, Fahrrad-, Moped-,
Kinderroller-, Kraftrad-, Flugzeug-, Landwirtschafts- und Industriereifen. Diese Märkte
hängen aus Sicht des Angebotes eng zusammen. Der Aufbau der Produkte und die
verwendeten Rohstoffe sind weitgehend identisch. Unterschiede in den
Produktionsprozessen beruhen lediglich auf der unterschiedlichen Dimensionierung
der Produkte. Zwischen den Teilmärkten findet zudem ein intensiver
Technologietransfer statt. Aus Nachfragesicht besteht zwischen den Teilmärkten
keine Substitutionsmöglichkeit, weswegen eine engere sachliche Marktabgrenzung
erforderlich ist.
35
Die folgenden Betrachtungen werden sich auf den Markt für PKW-
Reifen konzentrieren. Dieser lässt sich über die DIN 7803 sachlich exakt abgrenzen.
36
Der Gesamtmarkt für PKW- Reifen zerfällt wiederum in die Teilmärkte für die
Erstausstattung fabrikneuer Fahrzeuge durch die Automobilhersteller und den
Ersatzbedarf der Fahrzeugeigner. Auf die Eigenheiten dieser Teilmärkte wird an
geeigneter Stelle näher eingegangen.
37
32 Vgl. PURITZ (1990), S.61f.
33 Vgl. SCHUMACHER (1981), S.44; PURITZ (1990), S.45.
34 Vgl. PURITZ (1990), S.306.
35 Vgl. FEHL, STEIN (1989), S.217ff.
36 Vgl. REIMPELL (1988), S.86.
37 Vgl. SZELIGA (1996), S.35.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2005
ISBN (eBook)
9783832488604
ISBN (Paperback)
9783838688602
DOI
10.3239/9783832488604
Dateigröße
865 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Technische Universität Ilmenau – Fakultät für Wirtschaftswissenschaften
Erscheinungsdatum
2005 (Juli)
Note
2,6
Schlagworte
marktlebenszyklus überkapazität wettbewerb strategie zement
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