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Wettbewerbliche Wirkungen der Beschaffung mit Hilfe elektronischer B2B-Marktplätze

©2004 Diplomarbeit 103 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Problemstellung:
Während E-Commerce für viele Unternehmen zunächst nur im Marketing- und Absatzbereich eine Rolle spielte, rücken seit Mitte der 90er Jahre zunehmend die Beschaffungsmöglichkeiten zwischen Unternehmen, die sogenannten B2B-Beziehungen, mit Hilfe der Internet-Technologie in den Blickpunkt des Interesses. Die Ursachen für die zunehmende Durchsetzung sind in erster Linie in der hohen Materialintensität von Industrieunternehmen zu sehen.
Der Anteil fremdbezogener Leistungen am Umsatz liegt in vielen Branchen bereits deutlich über 50%. Vor diesem Hintergrund verwundert es nicht, dass gerade in der Beschaffung eines Unternehmens enorme Kostensenkungspotentiale zu vermuten sind, die es durch die elektronische Unterstützung der Beschaffungsprozesse zu realisieren gilt. Die alte Kaufmannsregel „Im Einkauf liegt der Gewinn“ gilt also mehr denn je.
Durch die offenen Standards und der zunehmenden Diffusion des Internets werden vielfältige Möglichkeiten der elektronischen Unterstützung von Transaktionen im B2B-Bereich für eine Vielzahl von Unternehmen realisierbar. Angefangen mit der Nutzung des Internets als Informationsquelle für beschaffungsrelevante Daten, über die Optimierung des internen Beschaffungsprozesses durch den Einsatz des Intranets bis hin zur elektronischen Vernetzung mit externen Partnern wie Lieferanten und zur Nutzung elektronischer Marktplätze bietet sich ein weites Gestaltungsfeld.
Hierbei gewinnen vor allem elektronische Marktplätze zunehmend an Bedeutung, weil sie sowohl zu erheblichen Ersparnissen bei den Transaktionskosten als auch zur Steigerung des Transaktionsnutzens führen können. Die Beschaffung über elektronische Marktplätze eröffnet den Unternehmen immense Potenziale. Neben einer weltweiten Markt- und Preistransparenz lassen sich die Beschaffungsprozesse beschleunigen, die Prozesskosten minimieren und insbesondere die gesamte Lieferkette optimieren.
Die verbesserte Markt- und Preistransparenz führt zu verstärktem Wettbewerb zwischen den Anbietern und wirkt insgesamt transaktionskostensenkend. Damit eröffnen sich dem Einkäufer neue effiziente Marktfenster für die Realisierung von Wettbewerbsvorteilen in der Versorgungskette.
In transparenten Märkten existieren (theoretisch) auch keine Informationsasymmetrien mehr. Mit der Erhöhung der Markttransparenz erhöht sich auch die Marktintensität und es findet eine Annäherung der Preise an den theoretisch optimalen Marktpreis statt. Damit führen […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


ID 9129
Atli, Cem:
Wettbewerbliche Wirkungen der Beschaffung mit Hilfe elektronischer B2B-Marktplätze
Hamburg: Diplomica GmbH, 2005
Zugl.: Universität Stuttgart, Diplomarbeit, 2004
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Diplomica GmbH
http://www.diplom.de, Hamburg 2005
Printed in Germany

Wettbewerbliche Wirkungen der Beschaffung mit Hilfe elektronischer B2B-Marktplätze
I
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis ...I
Abkürzungsverzeichnis... IV
Abbildungsverzeichnis... V
Tabellenverzeichnis... VI
1. Einleitung...1
1.1. Problemstellung ...1
1.2. Ziel und Vorgehensweise...2
2. Theoretische Grundlagen...3
2.1. Neoklassisches Marktmodell ...3
2.1.1. Annahmen ...4
2.1.2. Aussagekraft ...6
2.2. Erklärungsansätze der Neuen Institutionenökonomie (NIÖ)...7
2.2.1. Teiltheorien der NIÖ ...9
2.2.2. Transaktionskostentheorie ...10
2.2.3. Grundformen der Koordination ...15
2.2.3.1. Markt ...16
2.2.3.2. Hierarchie...17
2.2.3.3. Kooperation...17
2.2.3.4. Vergleich der Koordinationsformen...18
2.2.3.5. Einfluss von IuK-Technik auf die Koordinationsformen...19
2.3. Wettbewerbstheorie...20
2.3.1. Begriffsdefinition...21
2.3.2. Ziele der Wettbewerbspolitik und Funktionen des Wettbewerbs ...22
2.3.3. Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB)...24
2.3.4. Wettbewerbspolitische Eingriffsmöglichkeiten...26
3. Besonderheiten des Mediums Internet in der Beschaffung ...27
3.1. Die Infrastruktur des Internet ...27
3.2. Ziele von E-Procurement ...29
3.3. Transaktionsphasen des elektronischen Beschaffungsprozesses...30

Wettbewerbliche Wirkungen der Beschaffung mit Hilfe elektronischer B2B-Marktplätze
II
3.4. Eignung der E-Procurement-Tools klassifiziert nach Gütergruppen ...33
3.5. Besondere Effekte der Internet-Ökonomie...36
3.5.1. Kommunikationseffekt ...36
3.5.2. Integrationseffekt ...37
3.5.3. Dis-Intermediation, Re-Intermediation und neue Intermediäre ...37
3.5.4. Positive Feedback-Effekte ...39
4. Elektronische B2B-Marktplätze...43
4.1. Begriffsdefinition ...43
4.2. Klassifikationskriterien elektronischer B2B-Marktplätze...45
4.2.1. Klassifikation nach der Branchenausrichtung ...45
4.2.1.1. horizontale Marktplätze ...46
4.2.1.2. vertikale Marktplätze ...46
4.2.2. Klassifikation nach dem Betreibermodell ...48
4.2.2.1. Buy-Side-Marktplätze...48
4.2.2.2. Sell-Side-Marktplätze ...49
4.2.2.3. neutrale Marktplätze...49
4.2.3. Klassifikation nach der Art des Zugangs ...50
4.2.3.1. Geschlossene Marktplätze...50
4.2.3.2. Offene Marktplätze...51
4.2.4. Klassifikation nach Preisfindungsmechanismen...51
4.2.4.1. Schwarze Bretter ...52
4.2.4.2. Kataloge...52
4.2.4.3. Auktionen ...53
4.2.4.4. Börsen...54
4.3. Entwicklungsphasen und aktueller Stand elektronischer B2B-Marktplätze...55
5. Auswirkungen der elektronischen Beschaffung auf den Wettbewerb ...57
5.1. Treibende Entwicklungen der elektronischen Beschaffung ...57
5.2. Indikatoren für die wettbewerbliche Positionierung von Unternehmen ...60
5.2.1. Branchenstrukturanalyse nach Porter ...60
5.2.2. Einfluss der elektronischen B2B-Marktplätze auf die
Wettbewerbskräfte ...63
5.3. Optimierungspotentiale der Wettbewerbsposition von Unternehmen ...67

Wettbewerbliche Wirkungen der Beschaffung mit Hilfe elektronischer B2B-Marktplätze
III
5.3.1. Operative Ebene ...67
5.3.2. Strategische Ebene...71
5.4. Wettbewerbsbeschränkende Faktoren ...74
5.4.1. Marktstruktur ...74
5.4.2. Standardisierungsgrad gehandelter Produkte...75
5.4.3. Technologische Reife der elektronischen Marktplätze ...76
5.5. Kritische Analyse der Bedingungen des vollkommenen Marktes...77
5.5.1. Atomistische Angebots- und Nachfragestruktur ...77
5.5.2. Fehlende Präferenzen...77
5.5.3. Vollständige Markttransparenz...78
5.5.4. Offene Märkte ...78
5.5.5. Unendliche Anpassungsgeschwindigkeit ...79
5.5.6. Zusammenfassung der Ergebnisse...79
6. Schlussbetrachtung...80
Anhang ...82
Anhang
1:
ABC-Analyse ...82
Anhang
2:
Dis-Intermediation ­ Etablierte und neue Intermediäre...84
Anhang 3: Übersicht über verschiedene Auktionsformen ...85
Literaturverzeichnis ... VIII

Wettbewerbliche Wirkungen der Beschaffung mit Hilfe elektronischer B2B-Marktplätze
IV
Abkürzungsverzeichnis
Abb. ... Abbildung
ARPANET ... Advanced Research Projects Agency
Aufl. ... Auflage
AZ
0
... Anzahl kontaktierter Anbieter ohne EM
AZ
EM
... Anzahl kontaktierter Anbieter mit EM
B2B ... Business-to-Business
Bspl. ... Beispiel
bspw. ... beispielsweise
bzgl. ... bezüglich
bzw. ... beziehungsweise
d.h. ... das heißt
DPS ... Desktop Purchasing Systeme
E- ... Electronic
EDI ... Electronic Data Interchange
EM ... Elektronische Marktplätze
elektr. ... elektronische
et al. ... et alii (und andere)
etc. ... et cetera
f. ... folgende
ff. ... fortfolgende
FTP ... File Transfer Protocoll
GWB ... Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen
Hrsg. ... Herausgeber
HTML ... Hypertext Markup Language
http ... Hypertext Transfer Protocoll
i.d.R. ... in der Regel
IFPMM ... International Federation of Purchasing and Materials
Management
IP ... Internet Protocoll
ISP ... Internet Service Provider
IuK- ... Informations- und Kommunikations-
Jg. ... Jahrgang
K
0
... Produktkosten ohne EM

Wettbewerbliche Wirkungen der Beschaffung mit Hilfe elektronischer B2B-Marktplätze
V
K
EM
... Produktkosten mit EM
K.o. ... Knock out
MRO ... Maintenance, Repair and Operations
n ... Anzahl Nennungen
NIÖ ... Neue Institutionenökonomik
Nr. ... Nummer
P-A- ... Principal-Agent-
PC ... Personal Computer
pdf ... Portable Document Format
P-R- ... Property-Rights-
S. ... Seite
s ... Spezifitätsgrad
SCM ... Supply Chain Management
sog. ... sogenannter
TAK ... Transaktionskosten
TCP ... Transport Control Protocoll
u. ... und
URL ... Uniform Resource Locator
US ... United States
u.U. ... unter Umständen
vgl. ... vergleiche
Vol. ... Volume
WiSt ... Wirtschaftswissenschaftliches Studium
WISU ... Das Wirtschaftsstudium
WWW ... World Wide Web
z.B. ... zum Beispiel
ZfB ... Zeitschrift für Betriebswirtschaft

Wettbewerbliche Wirkungen der Beschaffung mit Hilfe elektronischer B2B-Marktplätze
VI
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Einflussgrößen auf die Transaktionskosten ...13
Abbildung 2: Zusammenhang zwischen Transaktionskosten, Spezifitätsgrad und
Organisationsform...18
Abbildung 3: Move-to-the-Market-Effekt ...20
Abbildung 4: Vier-Phasenmodell der Markttransaktion...31
Abbildung 5: Transaktionsphasen des elektronischen Beschaffungsprozesses...32
Abbildung 6: Strukturierung von E-Procurement-Tools ...34
Abbildung 7: Dis-Intermediation von Handelsmittlern ...38
Abbildung 8: Positive Feedback-Effekte bei elektronischen B2B-Marktplätzen ...42
Abbildung 9: Ausrichtungen von B2B-Marktplätzen im Internet...47
Abbildung 10: Betreiber von B2B-Marktplätzen im Internet ...50
Abbildung 11: E-Business Hype Cycle ...56
Abbildung 12: Treibende Entwicklungen der elektronischen Beschaffung ...59
Abbildung 13: Triebkräfte des Branchenwettbewerbs nach Porter ...61
Abbildung 14: Strategische Stoßrichtungen der elektronischen Beschaffung ...66
Abbildung 15: Produktkostensenkung durch Einholung zusätzlicher Angebote ...68
Abbildung 16: Material- und Prozesskosteneinsparungspotenziale verschiedener
Handelsobjekte ...69
Abbildung 17: Optimierung des zeitlichen Prozessablaufs durch DPS...70
Abbildung 18: Von der Supply Chain zur Supply Network...72
Abbildung 19: Beschreibung von Produkten beim elektronischen Handel...75
Abbildung 20: Wert- und Mengenverhältnis der ABC-Güter ...82

Wettbewerbliche Wirkungen der Beschaffung mit Hilfe elektronischer B2B-Marktplätze
VII
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Ziele von E-Procurement ...30
Tabelle 2: Traditioneller versus elektronischer Marktplatz...44
Tabelle 3: Definitionen elektronischer Marktplätze ...45
Tabelle 4: Verhandlungsstärke von Lieferanten und Abnehmern nach Porter ...62
Tabelle 5: Etablierte und neue Intermediäre...84
Tabelle 6: Überblick über grundlegende Auktionsarten in der Praxis ...85

Wettbewerbliche Wirkungen der Beschaffung mit Hilfe elektronischer B2B-Marktplätze
1
1. Einleitung
1.1 Problemstellung
Während E-Commerce für viele Unternehmen zunächst nur im Marketing- und
Absatzbereich eine Rolle spielte, rücken seit Mitte der 90er Jahre zunehmend die
Beschaffungsmöglichkeiten zwischen Unternehmen, die sogenannten B2B-Bezie-
hungen, mit Hilfe der Internet-Technologie in den Blickpunkt des Interesses. Die
Ursachen für die zunehmende Durchsetzung sind in erster Linie in der hohen
Materialintensität von Industrieunternehmen zu sehen. Der Anteil fremdbezogener
Leistungen am Umsatz liegt in vielen Branchen bereits deutlich über 50%.
1
Vor
diesem Hintergrund verwundert es nicht, dass gerade in der Beschaffung eines
Unternehmens enorme Kostensenkungspotentiale zu vermuten sind, die es durch die
elektronische Unterstützung der Beschaffungsprozesse zu realisieren gilt. Die alte
Kaufmannsregel ,,Im Einkauf liegt der Gewinn" gilt also mehr denn je.
Durch die offenen Standards und der zunehmenden Diffusion des Internets werden
vielfältige Möglichkeiten der elektronischen Unterstützung von Transaktionen im
B2B-Bereich für eine Vielzahl von Unternehmen realisierbar.
2
Angefangen mit der
Nutzung des Internets als Informationsquelle für beschaffungsrelevante Daten, über
die Optimierung des internen Beschaffungsprozesses durch den Einsatz von
Intranets bis hin zur elektronischen Vernetzung mit externen Partnern wie
Lieferanten und zur Nutzung elektronischer Marktplätze bietet sich ein weites
Gestaltungsfeld.
3
Hierbei gewinnen vor allem elektronische Marktplätze an Bedeutung, weil sie sowohl
zu erheblichen Ersparnissen bei den Transaktionskosten als auch zur Steigerung
des Transaktionsnutzens führen können.
4
Die Beschaffung über elektronische Markt-
plätze eröffnet den Unternehmen immense Potenziale. Neben einer weltweiten
Markt- und Preistransparenz lassen sich die Beschaffungsprozesse beschleunigen,
die Prozesskosten minimieren und insbesondere die gesamte Lieferkette optimieren.
Die verbesserte Markt- und Preistransparenz führt zu verstärktem Wettbewerb
zwischen den Anbietern und wirkt insgesamt transaktionskostensenkend. Damit
1
vgl. Arnold (1997), S.12f
2
vgl. Wirtz et al. (2001), S. 826
3
vgl. Bogaschewsky (1999), S.7
4
vgl. Arnold (2000), S. 286

Wettbewerbliche Wirkungen der Beschaffung mit Hilfe elektronischer B2B-Marktplätze
2
eröffnen sich dem Einkäufer neue effiziente Marktfenster für die Realisierung von
Wettbewerbsvorteilen in der Versorgungskette. In transparenten Märkten existieren
(theoretisch) auch keine Informationsasymmetrien mehr. Mit der Erhöhung der
Markttransparenz erhöht sich auch die Marktintensität und es findet eine Annäherung
der Preise an den theoretisch optimalen Marktpreis statt. Damit führen elektronische
Märkte unmittelbar zu einer Verringerung von Ineffizienzen und Intransparenzen im
Beschaffungsmarkt. Sie sind als die erste Stufe der ,,digitalen Revolution" in der
Beschaffung anzusehen und stellen eine tendenzielle Annäherung an das wettbe-
werbstheoretische Idealmodell in Form ,,vollkommener Märkte" dar.
5
1.2 Ziel und Vorgehensweise
Ziel dieser Arbeit ist es, zu analysieren, wie sich die Beschaffung über elektronische
B2B-Marktplätze auf die einzelnen Unternehmen und speziell auf den Wettbewerb
auswirkt. Es soll aufgezeigt werden, dass sich der Beschaffungsmarkt durch
spezifische Vorteile der elektronischen Beschaffung gegenüber der traditionellen
Beschaffung tendenziell den Eigenschaften des theoretischen Idealmodells in Form
,,vollkommener Märkte" annähert.
Um diese Schlussfolgerung ziehen zu können wird zunächst erläutert, welche
Annahmen für die Vollkommenheit eines Marktes erfüllt sein müssen. Anschließend
werden die allgemeinen Vorteile aus dem Einsatz des Internets in der Beschaffung
dargestellt. Nachdem dann die verschiedenen Ausprägungen der elektronischen
B2B-Marktplätze erläutert wurden, werden deren Einfluss auf der Unternehmens-
sowie auf der Marktebene aufgezeigt, um darauf aufbauend die Auswirkungen der
Beschaffung mit Hilfe elektronischer B2B-Marktplätze auf den Wettbewerb und die
oben erwähnte Annäherung an das theoretische Idealmodell der Neoklassik zu
analysieren. Weiterhin soll analysiert werden, welche Erfolgsfaktoren der elektro-
nischen B2B-Marktplätze eben für diese Annäherung erfüllt sein müssen.
Abschließend werden in der Schlussbetrachtung dann die zentralen Ergebnisse der
Arbeit noch einmal zusammengefasst.
5
vgl. Arnold (2000), S. 286

Wettbewerbliche Wirkungen der Beschaffung mit Hilfe elektronischer B2B-Marktplätze
3
2. Theoretische Grundlagen
Um die wettbewerblichen Wirkungen der Beschaffung mit Hilfe elektronischer B2B-
Marktplätze untersuchen zu können, wird dem Leser in diesem Kapitel mit den
theoretischen Grundlagen das Verständnis der ökonomischen Zusammenhänge und
damit das nötige Rüstzeug für den weiteren Verlauf der Arbeit mit auf den Weg
gegeben. Als erstes wird das neoklassische Marktmodell vorgestellt. Dabei werden
die Bedingungen aufgezeigt, die für die Existenz eines "vollkommenen Marktes"
erfüllt sein müssen und die Aussagekraft des Modells diskutiert. Anschließend wird
auf die Erklärungsansätze der NIÖ eingegangen. Bei der Vorstellung der einzelnen
Teiltheorien der NIÖ wird der Schwerpunkt auf die Transaktionskostentheorie gelegt,
da dieser hinsichtlich ihres Erklärungsbeitrages für den zu untersuchenden
Sachverhalt die größte Bedeutung zukommt. Abschließend werden mit der
Wettbewerbstheorie die Bedingungen eines funktionsfähigen Wettbewerbs, die
wettbewerbsbeschränkenden Aspekte und die wettbewerbspolitischen Eingriffs-
möglichkeiten des Staates aufgezeigt.
2.1 Neoklassisches Marktmodell
Das zentrale Konzept der neoklassischen Mikroökonomik ist das Modell des
"vollkommenen Marktes". Sie kennzeichnet den idealen Markt der Mikroökonomie,
auf dem Transaktionen aufgrund seiner Struktur sowie der Ziele und Verhaltens-
weisen der Beteiligten nur zu Gleichgewichtsbedingungen abgewickelt werden.
6
Begründet wurde die Neoklassik erstmals in den siebziger Jahren des 19. Jahrhun-
derts von Walras und Marshall als Folge einer jahrzehntelangen Unzufriedenheit mit
der klassischen Theorie. Ausgangspunkt der klassischen Theorie bildete die
Vorstellung der Existenz sog. natürlicher Preise, die unabhängig von Angebot und
Nachfrage entstehen. Die Preisbildung wurde dabei durch die im Produktionsprozess
entstehenden Kosten erklärt.
7
Das Hauptanliegen der Nachfolger Smiths und anderer Klassiker war es zum einen,
die von ihnen angesprochenen Tendenzen beim Preisbildungsprozess näher zu
präzisieren und zum anderen, die exakten Bedingungen festzulegen, unter denen
der Wettbewerb seine größte Effektivität und damit das Wohlfahrtsoptimum erreicht.
8
6
vgl. Stobbe (1991), S. 312
7
vgl. Bayón (1997), S. 14
8
vgl. Mantzavinos (1994), S. 19

Wettbewerbliche Wirkungen der Beschaffung mit Hilfe elektronischer B2B-Marktplätze
4
Sie behaupteten, dass zur Analyse des Preisbildungsprozesses Angebot und
Nachfrage gleichermaßen benötigt würden. Somit erfolgt also aus Sicht der
Neoklassiker die Wahl der Angebots- und Nachfragemengen, unter Berücksichtigung
der individuellen Nutzen- bzw. Gewinnmaximierungsfunktion, nach relativen
Preisen.
9
Nach Abschluss der Tauschvorgänge entsteht dabei ein Marktgleich-
gewicht (Angebot = Nachfrage), wodurch die Bedingung für ein Wohlfahrtsoptimum
allein mittels Koordination durch den Preismechanismus erreicht wird.
10
2.1.1 Annahmen
Das Idealmodell des "vollkommenen Marktes" kommt unter folgenden Annahmen
zustande:
(1) Es gibt sehr viele Anbieter und Nachfrager, die sehr kleine Marktanteile besitzen
und rational handeln.
Auf beiden Marktseiten sind also sehr viele Teilnehmer vorhanden, so dass man
hier auch von einer atomistischen Angebots- bzw. Nachfragestruktur spricht.
11
Die praktische Bedeutung einer großen Anzahl von Anbietern und Nachfragern
mit jeweils kleinen Marktanteilen liegt darin, dass die Macht, das Verhalten der
Marktteilnehmer zu beeinflussen, gründlich verteilt ist. Mit anderen Worten, keine
Einzelperson bzw. kein einzelnes Unternehmen hat die Macht, die Bedingungen
zu diktieren, unter denen der Austausch von Gütern und Dienstleistungen
stattfindet. Auf solchen Märkten werden die Gleichgewichtspreise, zu denen der
Markt geräumt wird, durch den Gesamtprozess der Marktinteraktion, die sog.
unsichtbare Hand des Marktes, bestimmt.
12
Jeder Teilnehmer versucht dabei, zu
den für ihn günstigsten Bedingungen zu kaufen oder zu verkaufen.
(2) Die Marktteilnehmer haben keine räumlichen, sachlichen, persönlichen und
zeitlichen Präferenzen, so dass man auch von homogener bzw. vollkommener
Konkurrenz spricht.
a) Räumliche Präferenzen: Diese liegen z.B. vor, wenn ein Gut aus Bequemlich-
keitsgründen oder zur Einsparung von Transportkosten in der Nachbarschaft
statt in größeren Entfernungen gekauft wird. Von räumlichen Präferenzen
9
vgl. Rätz (2003), S. 2
10
vgl. Klodt et al. (2003), S. 74
11
vgl. Schumann (1987a), S. 177
12
vgl. Picot et al. (2002), S. 42

Wettbewerbliche Wirkungen der Beschaffung mit Hilfe elektronischer B2B-Marktplätze
5
kann man nur abstrahieren, wenn man von geographischen Entfernungen
absieht und alle Geschehnisse vereinfachend an einem gedachten "Punkt-
markt" abspielen lässt.
13
b) Sachliche Präferenzen: Die gehandelten Güter müssen soweit homogen sein,
dass sie von allen Marktteilnehmern als sachlich gleich eingeschätzt werden.
14
c) Persönliche Präferenzen: Kein Nachfrager zieht einen bestimmten Anbieter
und kein Anbieter einen bestimmten Nachfrager gegenüber anderen, aus
Gründen wie z.B. aufgrund alter Geschäftsbeziehungen oder dem guten Ruf
einer Firma, vor.
15
d) Zeitliche Präferenzen: Alle Marktteilnehmer haben übereinstimmende Plan-
perioden und gleiche Lieferfristen.
(3)
Alle Marktteilnehmer sind jederzeit vollständig über das Marktgeschehen
informiert. Es herrscht insoweit vollständige Markttransparenz.
Vollständige Markttransparenz bedeutet, dass jeder Marktteilnehmer die
Bedingungen kennt, unter denen die anderen Teilnehmer zu Transaktionen bereit
sind. Anbieter und Nachfrager werden also kostenlos und mit sofortiger
Verfügbarkeit über die zustandegekommenen Preise unterrichtet, so dass man
auch sagen kann, dass hier vollständige Preisinformation vorliegt.
16
(4) Es handelt sich um einen offenen Markt.
Es bestehen also keine Marktzutritts- und Marktaustrittsschranken, so dass jedes
Wirtschaftssubjekt als Anbieter oder Nachfrager auf dem Markt auftreten oder ihn
verlassen kann.
17
Diese Bedingung wird gestellt, weil die Erschwerung,
Beschränkung oder Verhinderung des Marktzutritts als Wettbewerbsbe-
schränkung gilt.
(5)
Anpassungsprozesse verursachen keine Transaktionskosten und verlaufen
nahezu zeitlos ab.
D.h. also, dass es auf den Anpassungsprozess und seine Dauer nicht ankommt,
da angenommen wird, dass die Marktteilnehmer in der Lage sind auf Preisän-
13
vgl. Böventer (1989), S. 22
14
vgl. ebenda, S. 23
15
vgl. Stobbe (1991), S. 313
16
vgl. Schumann (1987a), S. 178
17
vgl. Olten (1998), S.46

Wettbewerbliche Wirkungen der Beschaffung mit Hilfe elektronischer B2B-Marktplätze
6
derungen sofort zu reagieren. Es handelt sich somit um eine statische Analyse,
da der Endzustand nach Ablauf aller Anpassungen im Mittelpunkt des Interesses
liegt.
18
Wenn auch nur eine dieser Annahmen nicht vorliegt, spricht man von einem
"unvollkommenen Markt". Zusammenfassend bleibt also die folgende Definition eines
"vollkommenen Marktes" festzuhalten: ,,Ein Markt heißt vollkommen, wenn bei freiem
Zutritt auf beiden Seiten sehr viele Marktteilnehmer mit übereinstimmenden
Planperioden und sämtlich sehr kleinen Marktanteilen vorhanden sind, die sich
rational verhalten, keine sachlichen, persönlichen oder räumlichen Präferenzen
haben und über vollständige Markttransparenz verfügen."
19
2.1.2 Aussagekraft
Wie unschwer zu erkennen ist, idealisiert das neoklassische Marktmodell durch
unrealistische Prämissen die Realität. Annahmen wie "vollkommener Markt" und
Wettbewerb, das Marktgleichgewicht und absolut rational handelnde Marktteilnehmer
mit rein preisorientierter Präferenzstruktur und Gewinn- bzw. Nutzenmaximierung
verhindern die Berücksichtigung von Phänomenen wie Unsicherheit, individuelle
Nutzenstrategien und Organisation ökonomischer Aktivitäten.
20
Die Annahme
fehlender Transaktionskosten erschließt z.B. für eine Kooperation zwischen den
Wettbewerbern von vorneherein eine Interessenharmonie, wodurch der ursprünglich
atomistische Wettbewerb beschränkt werden kann und die Bedingungen für ein
Wohlfahrtsoptimum verletzt werden.
21
Außerdem fehlt die Berücksichtigung von
unvollkommenen Informationen bezüglich marktinternen Bedingungen, die in der
Realität als Charakteristikum fast aller Märkte vorkommen.
22
Institutionelle Rahmen-
bedingungen oder Vertragsbeziehungen zwischen den Akteuren bleiben im
neoklassischen Modell unberücksichtigt. Das Vorhandensein politischer, rechtlicher,
moralischer und anderer Institutionen wird zwar zur Kenntnis genommen, aber ihre
Effekte auf die Wirtschaftsleistung weitgehend ignoriert. Institutionen gelten also in
der neoklassischen Theorie als mehr oder weniger gleichgültig oder zumindest
neutral verankert. Damit einher geht die unzureichende Berücksichtigung der
18
vgl. Stobbe (1991), S. 314
19
vgl. ebenda, S. 314
20
vgl. Möller (2002), S. 100
21
vgl. Saalbach (1996), S. 6
22
vgl. Bayón (1997), S. 16

Wettbewerbliche Wirkungen der Beschaffung mit Hilfe elektronischer B2B-Marktplätze
7
Kriterien Macht, Kompetenz, Abhängigkeit und unternehmerische Flexibilität. Trotz
ihrer unrealistischen Annahmen bietet aber das neoklassische Modell des
"vollkommenen Marktes" eine gute Ausgangsbasis zur Operationalisierung und
Monetarisierung der Koordinationskosten und damit zur Effizienzmessung.
23
Daher
wird sie auch ökonomisches Standardmodell genannt, deren Weiterentwicklungen
auf der Lockerung oben dargestellter Annahmen basieren.
24
2.2 Erklärungsansätze der Neuen Institutionenökonomik (NIÖ)
Die NIÖ ist eine Erweiterung der neoklassischen Theorie,
25
die die Annahmen des
vollkommen rationalen Verhaltens und der Abwesenheit von Transaktionskosten
auflockert. Sie repräsentiert dabei alle mikroökonomischen Ansätze, welche die
Erklärung und Gestaltung von Institutionen mit Hilfe des analytischen Instrumen-
tariums der neoklassischen Mikroökonomie zum Gegenstand haben.
26
Der
Begriffsteil "Neue" kann als Abgrenzung zur "alten" Institutionenökonomik gesehen
werden, da man im alten Institutionalismus insbesondere darauf bedacht war, die
neoklassische Mikroökonomie vollkommen außen vor zu lassen.
27
Im Mittelpunkt der institutionsökonomischen Ansätze stehen Institutionen. ,,Eine
Institution im hier verwendeten Sinne ist ein auf ein bestimmtes Zielbündel
abgestelltes System von Normen einschließlich deren Garantieinstrumente, mit dem
Zweck, das individuelle Verhalten in eine bestimmte Richtung zu steuern."
28
Neben
Märkten, Hierarchien und Kooperationen sind dies auch makroökonomische
Rahmeninstitutionen wie Währungsordnung oder supranationale Handelsverträge.
29
Institutionen haben den Zweck, die Interaktion von Menschen zu erleichtern, indem
sie den Handlungsspielraum in wiederkehrenden Situationen einengen, um dadurch
die Vorhersagbarkeit von menschlichem Verhalten zu erhöhen und damit Unsicher-
heit zu reduzieren.
30
23
vgl. Möller (2002), S. 100
24
vgl. Picot et al. (2002), S. 45
25
vgl. Saalbach (1996), S. 5
26
vgl. Bayón (1997), S. 27
27
vgl. Richter (1990), S. 573
28
vgl. Richter (1994), S. 2
29
vgl. Arnold/Essig (1997), S. 15f.
30
vgl. Martiensen (2000), S. 25

Wettbewerbliche Wirkungen der Beschaffung mit Hilfe elektronischer B2B-Marktplätze
8
Die Ansätze der NIÖ basieren dabei auf folgende Annahmen:
31
(1) Unvollkommene und nicht kostenlos zu beschaffende Informationen in bezug auf
umwelt- und marktinterne Größen.
(2) Methodologischer Individualismus, d.h. Ausgangspunkt der Analyse ist das
Individuum. Handlungen von sozialen Gruppen (z.B. Volk, Staat) gehen von den
Einstellungen und Verhaltensweisen ihrer individuellen Mitglieder aus.
(3) Die Gewinnmaximierungshypothese wird durch die Annahme von individuellen
Nutzenfunktionen mit transitiven, konsistenten und stabilen Präferenzen in bezug
auf Haushalte und Unternehmensleitungen, Mitarbeiter öffentlicher Verwaltungen,
Politiker etc. ersetzt.
(4) Die Nutzenmaximierung erfolgt rein oder eingeschränkt rational im Sinne der
begrenzten Rationalität.
Die Erklärung und Gestaltung der Organisationseffizienz von Institutionen unter
Berücksichtigung dieser Annahmen, ist das zentrale Anliegen der NIÖ.
32
Im
Blickwinkel steht im Vergleich zur Neoklassik also nicht die Ressource, sondern die
Transaktion als die grundlegende Einheit ökonomischer Analyse.
33
Das Ziel ist zum
einen die effizienteste Institution mit den geringsten Koordinationskosten auszu-
wählen und zum anderen zu analysieren, wie sich Probleme, Kosten und Effizienz
auf die Gestaltung und den Wandel von Organisationen auswirken.
34
Das
grundsätzlich Neue gegenüber der Neoklassik ist also, dass die NIÖ Institutionen im
Rahmen der theoretischen Analyse endogenisiert und sie damit selbst zum
Gegenstand der theoretischen Analyse werden.
35
Die NIÖ stellt noch heute kein einheitliches Theoriegebäude dar und ist daher in sich
keineswegs vollständig und widerspruchsfrei. Sie besteht vielmehr aus mehreren
methodologisch verwandten Ansätzen, die sich gegenseitig überlappen, ergänzen,
aufeinander beziehen und teilweise auch unterscheiden.
36
Aus der Vielfalt der
Arbeiten lassen sich mit der Property-Rights-Theorie, der Principal-Agent-Theorie,
und der Transaktionskostentheorie drei wesentliche (keineswegs überschneidungs-
31
vgl. Richter (1990), S. 573
32
vgl. Möller (2002), S. 100
33
vgl. Haase (2000), S. 50
34
vgl. Möller (2002), S.100
35
vgl. Haase (2000), S. 57
36
vgl. Picot et al. (2002), S. 54f.

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9
freie) Teiltheorien der NIÖ unterscheiden. Die beiden erstgenannten Teiltheorien
sollen im folgenden Abschnitt nur kurz erläutert werden, um anschließend in Kapitel
2.2.2 detailliert auf die Transaktionskostentheorie einzugehen.
2.2.1 Teiltheorien der NIÖ
Property-Rights-Theorie (P-R-Theorie)
Den zentralen Gegenstand der Institutionenanalyse in der P-R-Theorie bildet die
Erklärung und Gestaltung aller durchsetzbaren Verhaltensbeziehungen zwischen
ökonomischen Akteuren, die aus der Existenz von Gütern und den zu ihrer Nutzung
gehörenden Handlungs- und Verfügungsrechten (Property-Rights) resultieren.
37
Unter Verfügungsrechten versteht man dabei entweder eine Gebrauchsmöglichkeit,
wie z.B. dem Eigentum an einer Sache, oder eine Verhaltensforderung an einen
anderen Menschen, z.B. in Form des Anspruchs aus einem Kauf-, Arbeits- oder
Mietvertrag.
38
Sie entstehen entweder durch allmähliche Anerkennung oder durch
geplante Einrichtung. Die P-R-Theorie geht von der Annahme aus, dass die
Ausgestaltung der Verfügungsrechte die Allokation und Nutzung von wirtschaftlichen
Gütern auf spezifische und vorhersehbare Weise beeinflusst.
39
Im Mittelpunkt der
Analyse steht also das Zustandekommen von Verfügungsrechtsstrukturen zu
erklären, deren Wirkungen auf die Wohlfahrt einzelner Wirtschaftssubjekte und
ökonomischer Systeme zu untersuchen und Hinweise zur optimalen Gestaltung
entsprechender Rechtsstrukturen zu geben.
40
Hierbei sollen durch die Summe aus
Transaktionskosten und den durch externe Effekte hervorgerufenen Wohlfahrts-
verluste effiziente P-R-Verteilungen ermittelt werden.
41
Principal-Agent-Theorie (P-A-Theorie)
In arbeitsteilig organisierten Wirtschaftssystemen delegieren die wirtschaftlichen
Akteure Teile komplexer Aufgaben aufgrund von Knappheitsbedingungen, wie z.B.
begrenzter Zeit, begrenzter Ressourcen und positiver Informationskosten, an
Beauftragte. Diese arbeitsteilige Auftraggeber-Auftragnehmer-Beziehung stellt das
Analyseobjekt der P-A-Theorie dar, bei der ein Auftragnehmer (Agent) unter
bestimmten Prämissen und mit bestimmten Entscheidungskompetenzen eine
37
vgl. Picot et al. (2002), S. 55
38
vgl. Richter (1990), S. 571
39
vgl. Richter (1994), S. 15
40
vgl. Bayón (1997), S. 34
41
vgl. Möller (2002), S. 107

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10
Aufgabe für einen Auftraggeber (Principal) ausführt.
42
Wer jeweils Principal und wer
Agent ist, kann häufig nur situationsbedingt entschieden werden. Die aus den
notwendigen Beziehungsaktivitäten entstehenden Kosten werden zusammenfassend
als "Agenturkosten" bezeichnet, die sich aus den Überwachungskosten des
Prinzipals, den Kautionsausgaben des Agenten und dem Residualverlust zusam-
mensetzen.
43
Ihre Minimierung dient als Effizienzkriterium für die Beziehungs- und
Vertragsgestaltung. Daraus lässt sich auch das Ziel der Arbeiten zur P-A-Theorie
ableiten, dass in der Beschreibung, Erklärung und Ableitung einer institutionellen
Auftragsbeziehung durch entsprechende optimale Vertragsgestaltung besteht.
44
Zusätzlich zu den allgemeinen Prämissen der NIÖ basiert die P-A-Theorie auf
folgende Verhaltensannahmen: Verhaltens- und Entscheidungsunsicherheit des
Principal bzgl. des Agenten, Informationsasymmetrien durch eventuelle Speziali-
sierungsvorteile des Agenten und divergierende Zielsetzungen durch unter-
schiedliche Nutzengrößen.
45
Die P-A-Theorie ist eng mit der Transaktionskosten-
theorie verwandt. Der Unterschied zwischen beiden Ansätzen liegt lediglich darin,
dass die P-A-Theorie die Leistungsbeziehungen zwischen ökonomischen Akteuren
spezifischer als Auftraggeber-Auftragnehmer-Beziehung charakterisiert, während die
Transaktionskosten diese ganz allgemein betrachtet.
46
2.2.2 Transaktionskostentheorie (TAK-Theorie)
Grundlage für die Überlegungen der TAK-Theorie ist die einzelne Transaktion.
Ausgangspunkt hierfür bilden die zahlreichen und vielfältigen Austauschbe-
ziehungen, die zwischen spezialisierten Akteuren in arbeitsteilig organisierten
Wirtschaftssystemen bestehen.
47
Nach Williamson findet eine Transaktion statt,
,,wenn ein Gut oder eine Leistung über eine technisch trennbare Schnittstelle hinweg
übertragen wird."
48
Unter einer Transaktion versteht man die Übertragung von
Verfügungsrechten mit Hilfe eines Vertrages, wobei nicht die physische Übertragung
des Gutes selbst im Mittelpunkt des Interesses steht, sondern der Prozess der
Klärung und Vereinbarung der Transaktion.
49
Transaktionen sind also im Prinzip die
42
vgl. Möller (2002), S. 107
43
vgl. Evers (2003), S. 39
44
vgl. Bayón (1997), S. 43
45
vgl. Möller (2002), S. 107
46
vgl. Picot et al. (2002), S. 85
47
vgl. ebenda, S. 67
48
vgl. Williamson (1990), S. 1
49
vgl. Bea/Haas (2001), S. 375

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11
expliziten und impliziten (Vertrags-)Verhandlungen über Güter und Dienstleistungen
zwischen zwei Akteuren. Bei der Anbahnung und Abwicklung von Verträgen
entstehen den Akteuren TAK.
Unter dem Begriff "Transaktionskosten" versteht man generell alle Kosten, die aus
der Bereitstellung und Änderung von Institutionen sowie aus deren Nutzung
resultieren.
50
Im engeren Sinne sind TAK nur solche Kosten, die bei der Nutzung von
Märkten entstehen.
51
Diese "Reibungsverluste" des ökonomischen Systems sind als
das Resultat der Unvollkommenheit von Märkten anzusehen. TAK sind jedoch ,,[...]
nicht nur monetär erfassbare Größen [...], sondern auch schwer quantifizierbare
Nachteilskomponenten, wie etwa die bei der Vertragsüberwachung eingesetzte
Mühe und Zeit."
52
Picot unterteilt die TAK prozessual in:
53
(1) Anbahnungskosten (z.B. Kosten für die Suche und Beschaffung von Infor-
mationen über potentielle Transaktionspartner und deren Konditionen)
(2) Vereinbarungskosten (z.B. Kosten für Vertragsverhandlungen)
(3) Kontrollkosten (z.B. Kosten für Qualitätskontrollen)
(4) Anpassungskosten (z.B. Kosten für die Durchsetzung von Änderungen nach
Abschluss eines Vertrages aufgrund veränderter Bedingungen)
Die TAK-Theorie wurde 1937 durch Coase begründet, der in seinem Aufsatz "The
Nature of the Firm" die Idee formulierte, dass es die Kosten des Preismechanismus
seien, die Unternehmen entstehen ließen.
54
Er bezeichnete die Kosten der
Benutzung des Preismechanismus in diesem Aufsatz aber noch nicht als TAK,
sondern als "marketing costs". Damit stellte er sich in Opposition zur neoklassischen
Mikroökonomik, welche vollkommene Markttransparenz unterstellte und somit die
Existenz von "marketing costs" verneinte. Coase war also der erste, der sich intensiv
mit den beiden zentralen ökonomischen Institutionen Markt und Hierarchie
beschäftigt hat.
55
Er beleuchtete die Koexistenz von preislicher Koordination und
marktlicher Koordination, und zwar von beiden Seiten aus.
56
Seine zentrale
Fragestellung lautete: ,,Wenn Märkte und Preise bewirken, dass die Nachfrager mit
50
vgl. Bayón (1997), S. 37
51
vgl. Schmidt (2001), S. 99
52
vgl. Picot et al. (2002), S. 68
53
vgl. Picot (1982), S. 270
54
vgl. Bayón (1997),S. 40
55
vgl. Arnold/Essig (1997), S. 18
56
vgl. Pies/Leschke (2000), S. 4

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12
den gewünschten Gütern und Diensten versorgt werden, so wie dies die
neoklassische Theorie erklärt, warum gibt es dann Unternehmen?"
57
Durch diese
Fragestellung versuchte Coase zu verdeutlichen, dass die angeblich höchstmögliche
Effizienz, die der Preismechanismus bietet, Unternehmen als Koordinationsform
überflüssig machen müsste.
58
Als Grund dafür, dass Unternehmen trotzdem
existieren, innerhalb derer nicht Preise sondern hierarchische Anweisungsstrukturen
koordinieren, nennt Coase die Existenz von TAK.
Aufbauend auf Coase` Überlegungen war es dann Williamson, der in den 70er
Jahren die Gedanken von Coase zum Transaktionskostenansatz ausbaute. Sein
Buch "Markets and Hierarchies" soll zum Ausdruck bringen, dass es um den
Gegensatz von Markt und Hierarchie geht.
59
Im Prinzip versucht Williamson wie
schon Coase die Frage zu beantworten, warum Transaktionen in unterschiedlichen
Organisationsformen abgewickelt werden.
60
Das Hauptziel der Arbeiten zur TAK-Theorie ist es also, ,,ein Gedankengerüst für
Erklärungs- und Gestaltungszwecke zur Verfügung zu stellen, dass es ermöglicht in
einer bestimmten Situation diejenige Form des Austauschs von Verfügungsrechten
zu bestimmen, die bei gegebenen Produktionskosten (allgemein: ceteris paribus) die
geringsten Transaktionskosten bzw. bei unterschiedlichen Produktionskosten die
geringsten Gesamtkosten verursacht und deshalb vorgezogen wird."
61
Die TAK-Theorie thematisiert im wesentlichen drei Klassen von Einflussgrößen auf
die TAK: die Verhaltensannahmen, die Umweltfaktoren und die Transaktions-
atmosphäre/-häufigkeit (vgl. Abb. 1).
Verhaltensannahmen
Im Rahmen ihrer Aussagen geht die TAK-Theorie von einem bestimmten Menschen-
bild aus, welches sich in den Verhaltensannahmen begrenzte Rationalität und
Opportunismus ausdrückt.
62
57
vgl. Meyer (1995), S. 71
58
vgl. Williamson (1990), S. 99
59
vgl. Bea/Haas (2001), S. 375
60
vgl. Williamson (1990), S. 59
61
vgl. Bayón (1997), S. 38
62
vgl. Picot et al. (2002), S. 69

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13
Abbildung 1: Einflussgrößen auf die Transaktionskosten
63
Beschränkte Rationalität bedeutet, dass die Akteure aufgrund kognitiver Aufnahme-
und Verarbeitungsgrenzen (sowie kommunikativer Probleme) im Ergebnis nur
unvollkommen rational handeln, obwohl sie rationales Verhalten anstreben.
64
Im
Zusammenhang mit einer unsicheren und/oder komplexen Umwelt ergeben sich
hieraus Probleme für die Vertragsgestaltung, da die Akteure nicht in der Lage sind
den Verlauf von Transaktionen vollständig zu spezifizieren, wodurch Spielräume für
opportunistisches Verhalten entstehen.
65
Die Annahme des Opportunismus wird von Williamson definiert als ,,die Verfolgung
des Eigeninteresses unter der Zuhilfenahme von List. [...] Allgemeiner gesagt,
bezieht sich Opportunismus auf die unvollständige oder verzerrte Weitergabe von
Informationen, insbesondere auf vorsätzliche Versuche irrezuführen, zu verzerren,
verbergen, verschleiern oder sonstwie zu verwirren."
66
Die dadurch entstehenden
Informationsasymmetrien zeigen, dass vollständige Markttransparenz als Annahme
der Neoklassik nicht existieren kann.
Umweltfaktoren
Wichtigster Umweltfaktor ist die Spezifität, worunter die Ausrichtung von Produktions-
faktoren auf bestimmte Verwendungszwecke zu verstehen ist. Im Laufe oder in Folge
einer Transaktion kann es zu transaktionsspezifischen Investitionen kommen: So
63
Quelle: Picot et al. (2002), S. 69
64
vgl. Williamson (1990), S. 51f.
65
vgl. Bayón (1997), S. 37
66
vgl. Williamson (1990), S. 54
Umwelt-
faktoren
Verhaltens-
annahmen
begrenzte
Rationalität
Unsicherheit/
Komplexität
Opportunismus
Spezifität/
Strategische
Bedeutung
Informations-
verkeilung
Transaktionsatmosphäre/
Transaktionshäufigkeit

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14
kann es z.B. notwendig sein, im Rahmen einer Transaktion in eine produkt-
spezifische Fertigungsanlage oder in unternehmerische Qualifikationen zu inves-
tieren. Je spezifischer eine Investition ist, desto weniger Verwendungsmöglichkeiten
gibt es eben für diese Investition. Durch zunehmende Spezifität der Einsatzfaktoren
ändert sich die Beziehung zwischen den Transaktionspartnern. Der Wechsel zu
einem anderen Transaktionspartner wird zunehmend schwerer, da beide aufgrund
der bilateralen Abhängigkeit aufeinander angewiesen sind (Small-numbers-
Verhandlungssituation) und eine Quasi-Rente entsteht, nämlich die Erlösdifferenz zur
nächstbesten Verwendungsmöglichkeit der Faktoren.
67
Es entsteht für eines der
beiden Partner die Möglichkeit zu opportunistischem Verhalten. So kann es z.B. sein,
dass ein unentbehrlich gewordener Lieferant versucht, durch höhere Preise den
Großteil seiner Kosten auf den Abnehmer überzuwälzen. Das Aushandeln und
Institutionalisieren von vertraglichen Regelungen zum Schutz vor solch oppor-
tunistischem Verhalten verursacht ebenfalls TAK, die annahmegemäß umso größer
sind, je höher die damit verbundenen Quasi-Renten ausfallen.
68
Auch die Unsicherheit als Merkmal der Transaktion beeinflusst deren Kosten.
Aufgrund ihrer beschränkten Rationalität sind die Transaktionspartner nicht in der
Lage, die Entwicklung relevanter, zukünftiger Umweltdeterminanten vorauszusehen
und damit eine exakte Vereinbarung über alle Modalitäten der Transaktion in den
Vertrag bzw. die Institution einzubinden.
69
Unsicherheit bezüglich der Umweltent-
wicklungen, Verhalten der Partner, Qualität, Termine, Mengen, Budgets und Preise
erhöhen die TAK indem sie eine verstärkte Informationssuche, Informations-
übertragung, intensivere Vertragsverhandlungen, die Einrichtung von Anreiz- und
Kontrollmechanismen sowie Vertragsanpassungen während der Transaktion
notwendig machen.
70
Transaktionsatmosphäre/-häufigkeit
Neben den oben aufgeführten Hauptfaktoren sollten drei weitere Einflussgrößen, die
innerhalb realer Transaktionskostenanalysen i.d.R. nur eine untergeordnete Rolle
67
vgl. Bea/Haas (2001), S. 377
68
vgl. Picot/Dietl (1990), S. 179
69
vgl. Picot et al. (2002), S. 70
70
vgl. Picot (1982), S. 272

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2004
ISBN (eBook)
9783832491291
ISBN (Paperback)
9783838691299
DOI
10.3239/9783832491291
Dateigröße
850 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Universität Stuttgart – Betriebswirtschaftslehre
Erscheinungsdatum
2005 (November)
Note
1,3
Schlagworte
e-procurement beschaffung wettbewerb marktplatz
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