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Wettbewerbsvorteil Anpassungsfähigkeit

Praxisrelevante Bausteine der lernenden Organisation

©2005 Diplomarbeit 163 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Die langfristige Sicherung der Überlebensfähigkeit ist das zentrale Ziel jedes Unternehmens. In einer sich dynamisch und unvorhersehbar verändernden Umwelt wird die Bewältigung dieser Herausforderung zunehmend schwieriger. Charles Darwin’s These des „Survival of the fittest (1858)“ scheint gerade für heutige Unternehmen von elementarer Bedeutung zu sein. So kann nur derjenige überleben, der geeignete Wege findet, sich den Umweltbedingungen anzupassen und dabei besser und schneller agiert als die Wettbewerber. In einem Unternehmen müssen daher ständig Lernprozesse stattfinden, die zu einer aktiven Bewältigung der Umwelt, im Sinne der Anpassung an neue Gegebenheiten, führen.
Das schon seit Ende der 70er Jahre viel diskutierte Konzept der Lernenden Organisation stellt den Versuch dar, hierauf eine Antwort zu geben. Sehr differenziert und in der Regel theoretisch wird dabei diskutiert, welcher Art organisationales Lernen ist, welche Lernpotentiale bestehen und welchen Gesetzmäßigkeiten organisationales Lernen folgt. Ebenso häufig wie theoretische Darstellungen und Interpretationen veröffentlicht werden, taucht Kritik bezüglich des Mangels an praktischer Umsetzbarkeit auf. Als meist oberflächlich gebrauchter Gemeinplatz für Veränderungen im Unternehmen, droht die Lernende Organisation als inhaltsleeres Schlagwort zu degenerieren.
Meist beschränkt sich die Literatur auf die Beschreibung einer lernförderlichen Unternehmenskultur und betont, dass es stets die Mitarbeiter sind, denen die Aufgabe zufällt innerhalb des kulturellen Rahmens stellvertretend für die Organisation zu lernen.
Schlüssel zum Erfolg organisationalen Lernens ist dabei die lernorientierte, engagierte Einstellung der Mitarbeiter. Dass diese Antwort zum Aufbau einer Lernenden Organisation unbefriedigend ist, verdeutlicht die hypothetische Situation, in der die komplette Belegschaft gegen eine weniger lernbereite ausgetauscht wird.
Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, die Lernende Organisation ihrer Abhängigkeit vom Individuum so weit wie möglich zu dispensieren. Dazu sollen Strukturen, Prozesse, Instrumente und Methoden identifiziert und vorgestellt werden, die zusammen eine lernende, flexible und anpassungsfähige Organisation ergeben. Das Lernen soll damit in den betrieblichen Alltag übergehen.
Gang der Untersuchung:
Die vorliegende Arbeit umfasst fünf inhaltliche Abschnitte.
Ausgangspunkt der Betrachtung stellt die Auseinandersetzung mit den […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


ID 9126
Rittger, Carlo: Wettbewerbsvorteil Anpassungsfähigkeit - Praxisrelevante Bausteine der
lernenden Organisation
Hamburg: Diplomica GmbH, 2005
Zugl.: Fachhochschule Aschaffenburg, Diplomarbeit, 2005
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Diplomica GmbH
http://www.diplom.de, Hamburg 2005
Printed in Germany

Inhaltsverzeichnis
BILDVERZEICHNIS
XI
TABELLENVERZEICHNIS
XIII
ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS
XIV
1 EINLEITUNG
1
1.1 Hinführung und Zielsetzung
1
1.2 Aufbau der Arbeit
2
1.3 Abgrenzung des Themas
4
2 DIE FORDERUNG NACH PERMANENTER VERÄNDERUNG
6
2.1 Generelle Umweltveränderungen
6
2.1.1 Makro-ökonomische Einflüsse und Veränderungen
7
2.1.2 Technologische Einflüsse und der Weg zur Wissens-
und Dienstleistungsgesellschaft
8
2.1.3 Politisch-rechtliche Einflüsse
9
2.1.4 Soziokulturelle Einflüsse
10
2.2 Die Komplexität der Veränderungen und das Versagen
traditioneller Strukturen und Strategien
11
2.3 Evolution vs. Revolution - die Vorteile kontinuierlicher
Anpassung gegenüber grundlegenden Veränderungen
13

Inhaltsverzeichnis ­ Seite VI
3 TERMINOLOGIE
14
3.1 Die Organisation als offenes soziales System
14
3.2 Das Wissen einer Organisation
15
3.3 Lerntheorien
17
3.3.1 Stimulus-Response-Theorien
17
3.3.2 Sozial-kognitive Lerntheorien
18
3.3.2.1 Modelllernen nach Bandura
18
3.3.2.2 Strukturlernen nach Piaget
19
3.4 Kollektive Intelligenz - Das Konzept der Schwarm-Intelligenz
als Vorbild für die Lernende Organisation?
20
4 ANSÄTZE ORGANISATIONALEN LERNENS
24
4.1 Der individuumsorientierte Ansatz von Argyris/Schön
24
4.1.1 Vertretene und handlungsleitende Theorien
25
4.1.2 Lernhindernde Muster im Modell I handlungsleitender
Theorien
25
4.1.3 Organisationales Lernen im Modell II
handlungsleitender Theorien
26
4.1.4 Die Lernebenen
27
4.1.5 Gestaltungsempfehlungen für die praktische
Umsetzung
29
4.1.6 Kritik bezüglich der praktischen Umsetzbarkeit
30
4.2 Die Fünfte Disziplin von Senge
31
4.2.1 Die fünf Lerndisziplinen
31
4.2.2 Gestaltungsempfehlungen für die praktische
Umsetzung
36
4.2.3 Kritik am Ansatz von Senge
38

Inhaltsverzeichnis ­ Seite VII
4.3 Der Wissensbasierte Ansatz von Nonaka
39
4.3.1 Wissensarten und Formen des Austauschs
39
4.3.2 Fünf Voraussetzungen zur Wissensschaffung
41
4.3.3 Der Prozess der Wissensschaffung
43
4.3.4 Gestaltungsempfehlungen für die praktische
Umsetzung
44
4.3.5 Kritik am Modell von Nonaka
46
4.4 Zwischenbetrachtung
47
5 PRAXISRELEVANTE BAUSTEINE DER LERNENDEN
ORGANISATION
49
5.1 Bausteine der Unternehmenskultur
50
5.1.1 Generelle Aspekte zur Unternehmenskultur
50
5.1.1.1 Definition des Begriffs ,Unternehmenskultur'
50
5.1.1.2 Die kulturellen Ebenen
51
5.1.1.3 Die Determinanten einer Unternehmenskultur
52
5.1.2 Die Kultur der Lernenden Organisation
54
5.1.3 Maßnahmen zur Gestaltung einer lernförderlichen
Kultur
55
5.1.3.1 Strategische Maßnahmen
56
5.1.3.2 Organisatorische Maßnahmen
58
5.1.3.2.1 Formelle Kommunikation
58
5.1.3.2.2 Informelle Kommunikation
60
5.1.3.3 Das Verhalten der Führungskräfte
61
5.1.3.4 Individuumsorientierte Anreize
62
5.1.3.5 Einflüsse der Gesellschaft
65

Inhaltsverzeichnis ­ Seite VIII
5.1.3.6 Einflüsse der Branche
65
5.2 Bausteine der Aufbauorganisation
66
5.2.1 Prozessorientierung
67
5.2.2 Netzwerkstrukturen
69
5.2.3 Projektarbeit
71
5.2.4 Selbstorganisation und Autonomie
73
5.2.4.1 Einfache Regeln
73
5.2.4.2 Ganzheitliche Teamaufgaben
74
5.2.4.3 Verzicht auf Budgets
75
5.2.4.4 Mitarbeiter finden ihren Platz selbst
76
5.2.5 Mittelgroße Lerneinheiten
77
5.2.6 Change-Teams
78
5.2.6.1 Sensor-Team
78
5.2.6.2 Venture-Team
79
5.2.7 Zusammenfassende Darstellung der
aufbauorganisatorischen Strukturen einer Lernenden
Organisation
80
5.3 Bausteine der Ablauforganisation
82
5.3.1 Innovationsziele
82
5.3.2 Externe Frühwarnsysteme
83
5.3.2.1 Das Konzept der schwachen Signale nach
Ansoff
84
5.3.2.2 Szenario - Management
86
5.3.2.3 Strategische Kontrolle
90
5.3.3 Interne Reflektionsinstrumente
92
5.3.3.1 Feedbackprozesse
92

Inhaltsverzeichnis ­ Seite IX
5.3.3.2 Der 100-Tage-Bericht
92
5.3.3.3 Erfahrungsgeschichten
93
5.3.3.4 Zeitlich befristete Prozesse
94
5.3.3.5 ,Stopping'
94
5.3.4 Total Quality Management (TQM)
95
5.3.5 Externe Kooperationen und Wissensinkorporation
98
5.3.6 Lernen vom Kunden
99
5.3.7 Ideenmanagement
102
5.3.7.1 Betriebliches Vorschlagswesen
102
5.3.7.2 Die ,idea expo' von Toyota
102
5.3.7.3 Kreativitätsworkshops
103
5.3.7.4 Die 15% - Regel von 3M
104
5.3.8 Ideenpool
105
5.3.9 Wissensmanagement
106
5.3.10 Zusammenfassende Darstellung der
ablauforganisatorischen Gestaltungsmöglichkeiten
109
5.4 Bausteine der Personalentwicklung
110
5.4.1 Individuumsorientierte Maßnahmen
111
5.4.1.1 Neue Wege der Rekrutierung
111
5.4.1.2 Das Einarbeitungsprogramm bei Trilogy
112
5.4.1.3 Juniorenfirma
113
5.4.1.4 Multiple Management
114
5.4.1.5 Sensitivity-Training
114
5.4.1.6 Job Rotation
115
5.4.1.7 Coaching
116

Inhaltsverzeichnis ­ Seite X
5.4.1.8 Mentoring
117
5.4.1.9 Berufliches Recycling bei Semco
117
5.4.2 Gruppenorientierte Maßnahmen
118
5.4.2.1 Outdoor - Programme
118
5.4.2.2 Das Hangen-Spiel
118
5.4.2.3 Simulationen
119
5.4.2.4 Teamentwicklung
120
5.4.2.5 Intergruppen-Intervention
121
5.4.3 Corporate University
122
6 DER STRATEGISCHE FIT DER BAUSTEINE - INTEGRATIVE
MODELLE DER LERNENDEN ORGANISATION
123
6.1 Klassifikations-Modell der Lernenden Organisation
123
6.1.1 ,Muss' - Bausteine
124
6.1.2 ,Soll' - Bausteine
126
6.1.3 ,Kann' - Bausteine
126
6.2 Prozess-Modell der Lernenden Organisation
128
6.3 Beispiel eines organisationalen Lernprozesses
130
7 FAZIT UND AUSBLICK
133
8 LITERATUR- UND QUELLENVERZEICHNIS
134
9 ANLAGEN
139

Bildverzeichnis
Seite
Abbildung 1, Aufbau der Arbeit ... 2
Abbildung 2, Die Lernende Organisation als umfassender Managementansatz ...5
Abbildung 3, Unternehmensumwelt ... 6
Abbildung 4, Dynamik vs. Komplexität der Wissenszunahme...9
Abbildung 5, Teilmengen organisationalen Wissens... 16
Abbildung 6, Lernen als kognitiver Prozess nach Bandura ... 18
Abbildung 7, ,Single-loop' ­ lernen... 27
Abbildung 8, ,Double-loop' ­ lernen ... 28
Abbildung 9, ,Deutero' ­ lernen... 29
Abbildung 10, Wissensinhalte aus den vier Formen der Wissensumwandlung... 41
Abbildung 11, Der Prozess der Wissensschaffung im Unternehmen ... 43
Abbildung 12, Ausrichtung einer lernenden Organisation ... 48
Abbildung 13, Unternehmenskulturebenen nach Schein ... 52
Abbildung 14, Einflussfaktoren der Unternehmenskultur ... 53
Abbildung 15, Idealtypische kundenorientierte Prozesskette ... 68
Abbildung 16, Modell einer Netzwerkorganisation ... 70
Abbildung 17, Strukturmodell der Lernenden Organisation... 81
Abbildung 18, Legende zum Strukturmodell der Lernenden Organisation ... 81
Abbildung 19, Der Innovationsprozess ... 82
Abbildung 20, Modell des organisationalen Zerfalls ... 83
Abbildung 21, Ungewissheitsgrade bei Diskontinuitäten... 85
Abbildung 22, Alternative Reaktionsstrategien... 85
Abbildung 23, Reaktionsstrategien bei unterschiedlichen Graden der Ungewissheit . 86
Abbildung 24, Prozess der Szenario-Erstellung... 88
Abbildung 25, Szenariogestützte Strategiefindung ... 89
Abbildung 26, Prozesse der Lernenden Organisation... 109
Abbildung 27, Wandel von der fachdominanten zur ganzheitlichen
Personalentwicklung... 110
Abbildung 28, Klassifizierung der Bausteine einer Lernenden Organisation ... 124
Abbildung 29, Integratives Prozessmodell der Lernenden Organisation ... 128
Abbildung 30, Beispiel eines organisationalen Lernprozesses... 130
Abbildung 31, ,Tanaland' ... 140
Abbildung 32, Entscheidungen, Reflektionen und Fragen der
Simulationsteilnehmer während der sechs Sitzungen... 142

Bildverzeichnis ­ Seite XII
Abbildung 33, Stufenweises Gegenstromverfahren bei der Leitbilderstellung ... 143
Abbildung 34, Die runde Pyramide von Semco, eigene Darstellung nach Semler ... 146

Tabellenverzeichnis
Seite
Tabelle 1, Change Teams und die Vorteile externer Beratung... 148
Tabelle 2, Change Teams und die Vorteile interner Beratung... 149
Tabelle 3, Feedback-Regeln ... 150

Abkürzungsverzeichnis
bspw.
beispielsweise
BVW
Betriebliches Vorschlagswesen
bzw.
beziehungsweise
CU
Corporate University
d.h.
das heißt
etc.
et cetera
f
folgende
ff
fortfolgende
Hrsg.
Herausgeber
IT
Informationstechnologie
KVP
Kontinuierlicher Verbesserungsprozess
K.T.I.
Kerntruppe für technische Innovation
LO
Lernende Organisation
o. J.
ohne Jahresangabe
S.
Seite
ST
Sensor-Team
TES
Toyota Engineering Society
TQM
Total Quality Management
TU
Trilogy University
u.a.
unter anderem
UF
Unternehmensführung
UNO
United Nations Organisation
US
United States of America
u.s.w.
und so weiter
v.a.
vor allem
Vgl.
Vergleiche
vs.
Versus (gegen")
VT
Venture Team
z.B.
zum Beispiel

1 Einleitung
1.1 Hinführung und Zielsetzung
Die langfristige Sicherung der Überlebensfähigkeit ist das zentrale Ziel
jedes Unternehmens. In einer sich dynamisch und unvorhersehbar verän-
dernden Umwelt wird die Bewältigung dieser Herausforderung zuneh-
mend schwieriger. Charles Darwin's These des ,,Survival of the fittest
(1858)" scheint gerade für heutige Unternehmen von elementarer Bedeu-
tung zu sein. So kann nur derjenige überleben, der geeignete Wege fin-
det, sich den Umweltbedingungen anzupassen und dabei besser und
schneller agiert als die Wettbewerber. In einem Unternehmen müssen
daher ständig Lernprozesse stattfinden, die zu einer aktiven Bewältigung
der Umwelt, im Sinne der Anpassung an neue Gegebenheiten, führen.
1
Das schon seit Ende der 70er Jahre viel diskutierte Konzept der Ler-
nenden Organisation stellt den Versuch dar, hierauf eine Antwort zu ge-
ben. Sehr differenziert und in der Regel theoretisch wird dabei diskutiert,
welcher Art organisationales Lernen ist, welche Lernpotentiale bestehen
und welchen Gesetzmäßigkeiten organisationales Lernen folgt.
2
Ebenso
häufig wie theoretische Darstellungen und Interpretationen veröffentlicht
werden, taucht Kritik bezüglich des Mangels an praktischer Umsetzbarkeit
auf. Als meist oberflächlich gebrauchter Gemeinplatz für Veränderungen
im Unternehmen, droht die Lernende Organisation als inhaltsleeres
Schlagwort zu degenerieren.
3
Meist beschränkt sich die Literatur auf die Beschreibung einer lernför-
derlichen Unternehmenskultur und betont, dass es stets die Mitarbeiter
sind, denen die Aufgabe zufällt innerhalb des kulturellen Rahmens stell-
vertretend für die Organisation zu lernen.
4
Schlüssel zum Erfolg organisationalen Lernens ist dabei die lernorien-
tierte, engagierte Einstellung der Mitarbeiter
5
. Dass diese Antwort zum
1
Wiegand (1996), S. 9
2
Vgl. die sehr ausführliche und kritische Betrachtung sämtlicher Ansätze organisati-
onalen Lernens bei Wiegand (1996)
3
Vgl. Rudolph, S. 202; Wiegand (1996), S. 2f
4
Vgl. Rudolph, S. 202
5
Zu Gunsten der Lesefreundlichkeit wird auf geschlechtsspezifische Fallunterschei-
dungen verzichtet.
,,Nennen wir es mangelnde Anpassungsfähigkeit. Die
Welt verändert sich immer schneller, und die Unterneh-
men können oft nicht mehr schnell genug darauf reagie-
ren."
(Zitiert bei Hamel/Välikangas (2003), S. 24)

1 Einleitung ­ Seite 2
Aufbau einer Lernenden Organisation unbefriedigend ist, verdeutlicht die
hypothetische Situation, in der die komplette Belegschaft gegen eine we-
niger lernbereite ausgetauscht wird.
6
Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, die Lernende Organisation ihrer Ab-
hängigkeit vom Individuum so weit wie möglich zu dispensieren. Dazu
sollen Strukturen, Prozesse, Instrumente und Methoden identifiziert und
vorgestellt werden, die zusammen eine lernende, flexible und anpas-
sungsfähige Organisation ergeben. Das Lernen soll damit in den betriebli-
chen Alltag übergehen.
1.2 Aufbau der Arbeit
Die vorliegende Arbeit umfasst fünf inhaltliche Abschnitte.
Abbildung 1, Aufbau der Arbeit, eigene Darstellung
Ausgangspunkt der Betrachtung stellt die Auseinandersetzung mit den
dynamischen und komplexen Veränderungen der globalen Umwelt in
Abschnitt 2 dar. Dabei erfolgt die kurze Betrachtung von makro-
ökonomischen, politisch-rechtlichen, technologischen und soziokulturellen
Veränderungen. Zusätzlich wird hier das Versagen herkömmlicher Mana-
gement-Techniken betrachtet und argumentiert weshalb eine fortlaufende
Anpassung einschneidenden Veränderungsprojekten vorzuziehen ist.
Abschnitt 3 erläutert die im Rahmen der vorliegenden Arbeit verwende-
ten Begriffsbestimmungen. Hier werden das soziale System einer Organi-
sation, die organisationale Wissensbasis und Lerntheorien im Kontext der
Arbeit beschrieben. Abrunden wird diesen Abschnitt die Darstellung des
Konzepts der Schwarm-Intelligenz, das eine Antwort aus dem Tierreich
auf die Forderung nach kollektivem Lernverhalten und organisationaler
Anpassung an Umweltveränderungen beschreibt. Die Schwarm-
Intelligenz gibt interessante Anregungen zur Gestaltung einer Lernenden
Organisation.
6
Vg. Rudolph, S. 202

1 Einleitung ­ Seite 3
Dem folgend werden in Abschnitt 4 die populären Ansätze zum organi-
sationalen Lernen von Argyris/Schön, Senge und Nonaka vorgestellt und
bezüglich ihrer praktischen Anwendbarkeit kritisch hinterfragt. In einer
sich anschließenden Zwischenbetrachtung werden die bis dahin gewon-
nenen Erkenntnisse in einer Art Anforderungsprofil zur praxisorientierten
Gestaltung einer Lernenden Organisation zusammengefasst.
Diese Beschreibung von benötigten Fähigkeiten ist die Basis für die
darauf folgende umfangreiche Darstellung praxisrelevanter Bausteine
einer Lernenden Organisation in Abschnitt 5. Um Praxisnähe bemüht,
erfolgt hier eine Unterscheidung in folgende vier Gestaltungsbereiche:
·
Im Bereich ,Unternehmenskultur' werden die Bedeutung eines ideolo-
gischen Rahmens und einer lernförderlichen Kultur aufgezeigt. Dar-
über hinaus werden Bausteine des Kulturmanagements beschrieben,
die zur angestrebten Kultur einer Lernenden Organisation beitragen.
·
Der Bereich ,Aufbauorganisation' beschreibt organische Strukturen,
die ein flexibles Zusammenarbeiten ermöglichen. Lernen und Anpas-
sung werden möglich, wenn sich die Ressourcen schnell und neuartig
kombinieren lassen.
·
Die Bausteine der ,Ablauforganisation' sind Prozesse und Methoden
mit Hilfe derer die Organisation Veränderungen wahrnimmt, neues
Wissen entwickelt und dieses in unternehmensrelevante Leistungen
transferiert. Vorgestellt werden Möglichkeiten um die Lernprozesse in
den täglichen Ablauf zu integrieren.
·
In der Personalentwicklung sind vor allem die Instrumente interessant,
die eine Erhöhung der Handlungskompetenz der Mitarbeiter fokussie-
ren. Ziel ist die Fähigkeit zu effizienter und (selbst-)kritischer Interakti-
on sowohl bei den Individuen als auch bei Gruppen zu entwickeln.
Eine zusammenfassende Darstellung der Gestaltungsmöglichkeiten er-
folgt in Abschnitt 6. Zunächst werden hier die Bausteine hinsichtlich ihrer
Bedeutung für den Aufbau einer Lernenden Organisation unterschieden.
Während einige unverzichtbar sind, spielen andere eine untergeordnete
Rolle. Darüber hinaus wird gezeigt, wie die Bausteine der Gestaltungsbe-
reiche ineinander greifen und so ein Prozessmodell der organisationalen
Anpassung an wahrgenommene Veränderungen entsteht. Anhand der
Beschreibung eines fiktiven Beispiels wird dann deutlich wie sich ein Un-
ternehmen in diesem Modell an Umweltveränderungen anpasst.
Ein kurzes Fazit und der Ausblick auf notwendige praxisorientierte Un-
tersuchungen werden die vorliegende Arbeit abschließen.

1 Einleitung ­ Seite 4
1.3 Abgrenzung des Themas
Die eindeutige Abgrenzung der Lernenden Organisation zu Ansätzen
der organisationalen Entwicklung wie beispielsweise dem Total Quality
Management (TQM), Wissensmanagement, Corporate University, Chan-
ge Management oder Innovationsmanagement ist schwierig:
TQM ist ein umfassendes, ganzheitliches Managementsystem,
das auf die Erreichung und Gewährleistung einer hohen Qualität
von Prozessen und Produkten durch die Beteiligung aller Mitar-
beiter auf allen Ebenen abzielt.
7
Wissensmanagement wird als integratives Interventionskonzept
beschrieben, ,,das sich mit den Möglichkeiten zur Gestaltung der
organisationalen Wissensbasis befasst."
8
Ganzheitliche Ansätze
befassen sich mit mehreren Phasen der Wissensentwicklung,
-nutzung und -speicherung.
Corporate University ist ein ganzheitliches strategisches Perso-
nalentwicklungsinstrument zur Sicherung des Wettbewerbsvor-
teils Wissen. Hier sollen auch Kunden und Lieferanten integriert
werden.
9
Organisationsentwicklung fokussiert die Entwicklung der Organi-
sation hin zu einem Veränderungsziel und versucht dabei sowohl
dem Ziel einer höheren Leistungsfähigkeit des Unternehmens als
auch der Humanisierung der Arbeit gerecht zu werden.
10
Innovationsmanagement gestaltet und organisiert die Innovati-
onsaktivitäten eines Unternehmens und richtet diese konsequent
an den strategischen und operativen Zielen aus.
11
Dabei werden
Gruppen und Personen mit kommunikativen und koordinierenden
Aktivitäten unterstützt, ,,motiviert und in Bewegung gehalten."
12
Diesen Ansätzen gemein ist die ganzheitliche Ausrichtung, die unter
bewusster Beteiligung der Mitarbeiter die Steigerung der Wettbewerbsfä-
higkeit durch organisationale Weiterentwicklung anstrebt. Sie alle verfol-
gen das Ziel die Herausforderung der ständigen Veränderung zu bewälti-
gen. Die Abgrenzung der Lernenden Organisation zu diesen Manage-
7
Vgl. Hummel/Malorny (1997), S. 4f
8
Vgl. Probst/Raub/Romhardt (1997), S. 45
9
Vgl. Kraemer/Klein (2001), S.4)
10
Vgl. Staehle (1999), S 923ff. ; Steinmann/Schreyögg (2005), S. 66
11
Vgl. Wahren (2004), S. 61f
12
Zitiert bei Wahren (2004), S. 61

1 Einleitung ­ Seite 5
mentansätzen ist aufgrund der umfangreichen Schnittmengen kaum mög-
lich. Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wird das Konzept der Lernenden
Organisation deshalb als ein Ansatz gesehen, der die anderen Ansätze in
einem integriert. Die Zusammenstellung der Bausteine einer Lernenden
Organisation greift deshalb in Teilen auf deren Inhalte zurück und wird
sich nicht davon abgrenzen.
Abbildung 2, Die Lernende Organisation als umfassender Managementansatz, eigene
Darstellung
Die vorgestellten Bausteine werden ausschließlich unter dem Ge-
sichtspunkt ausgewählt, ob und wie sie zum Aufbau einer Lernenden Or-
ganisation beitragen. Eine ausführliche, kritische Auseinandersetzung mit
den einzelnen Elementen - im Sinne einer Diskussion von Vorteilen und
etwaigen Problemen - kann im Rahmen dieser Arbeit nicht erfolgen. Da-
her besitzt die Darstellung in manchen Teilen eventuell euphemistischen
Charakter.
Auch kann die vorliegende Arbeit branchenspezifischen Ansprüchen
nicht gerecht werden. Die Anforderungen von Handels-, Dienstleistungs-
und Industrieunternehmen sind zu unterschiedlich, als dass hierauf im
Rahmen einer allgemeinen und umfassenden Zusammenstellung von
Methoden, wie es das Ziel dieser Arbeit ist, Rücksicht genommen werden
könnte.
13
13
Die Techniken sind auch deshalb branchenunabhängig dargestellt, weil der Ver-
fasser überzeugt ist, dass sich prinzipiell alle vorgestellten Instrumente in die ver-
schiedensten Branchen übertragen lassen.

2 Die Forderung nach permanenter Veränderung
Die umfassenden Veränderungen der globalen Umwelt stellen immer
wieder neue und höhere Anforderungen an die Unternehmen. Der Wandel
der generellen Umwelt wird deshalb in seinen wichtigsten Grundzügen
kurz dargestellt. Dem folgen die Betrachtung des Versagens traditioneller
Lösungsansätze und eine Argumentation, weshalb eine ständige Anpas-
sung umfangreichen Veränderungsprojekten vorzuziehen ist.
2.1 Generelle Umweltveränderungen
Das Umfeld eines Unternehmens lässt sich in zwei Bereiche unter-
scheiden. Das Wettbewerbsumfeld stellt die spezifische Branche eines
Unternehmens dar. Auch hier befindet sich eine unüberschaubare Vielfalt
an Informationen und Zusammenhängen, die das Unternehmen beein-
flussen, jedoch im Folgenden nicht beschrieben werden.
Abbildung 3, Unternehmensumwelt, Darstellung nach Steinmann/Schreyögg (2005), S. 178
"Wir leben in turbulenten Zeiten ­ nicht, weil sich so
viel wandelt, sondern weil der Wandel in so viele
verschiedene Richtungen geht."
(Peter F. Drucker, zitiert bei Stäbler, S. 27)

2 Die Forderung nach permanenter Veränderung ­ Seite 7
Den äußeren Rahmen bildet die globale Umwelt, die sich in die makro-
ökonomische, technologische, politisch-rechtliche und soziokulturelle
Umwelt unterscheiden lässt. Diese allgemeine Umwelt beeinflusst sowohl
das Wettbewerbsumfeld als auch das Unternehmen.
14
2.1.1 Makro-ökonomische Einflüsse und Veränderungen
Kein Unternehmen kann unbeeinflusst von gesamtwirtschaftlichen Ver-
änderungen agieren.
Den bedeutendsten makro-ökonomischen Einfluss stellt dabei die zu-
nehmende Globalisierung dar. In Folge dieser wurden und werden zuvor
isolierte Märkte immer stärker voneinander abhängig. Güter, Dienstleis-
tungen, Kapital und Technologien werden über Ländergrenzen hinweg frei
gehandelt. Internationale Strategien fokussieren Wettbewerbsvorteile
durch die Ausnutzung regionaler Standortvorteile, die sich durch den Ab-
bau internationaler Handels- und Wirtschaftsbarrieren schneller und ein-
facher erschließen lassen.
15
Nationale Grenzen verlieren so an Bedeu-
tung und bisher unbekannte internationale Wettbewerber erscheinen auf
dem Heimatmarkt.
16
Gleichzeitig wird es möglich, selbst in bisher fremden
Märkten aufzutreten.
17
Die große Bedeutung des internationalen Handels
zeigt sich an der Entwicklung des Welthandelsvolumens, das sich in der
zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts versechzehnfacht hat, während im
gleichen Zeitraum das Weltsozialprodukt nur ungefähr um das Fünffache
stieg.
18
Neben der Globalisierung existieren noch andere makro-ökonomische
Faktoren, die einen großen Einfluss auf Unternehmen ausüben. So ist der
Erfolg von Wirtschaftsorganisationen auch abhängig von den Entwicklun-
gen des Bruttosozialprodukts, des Ölpreises, der Konjunktur, der Wech-
selkurse und der Arbeitslosigkeit.
19
Veränderungen in diesen Bereichen sind häufig schwer konkret vorher-
zusehen und müssen deshalb fortlaufend beobachtet werden.
14
Vgl. Steinmann/Schreyögg (2005), S. 177f; SteinmannSchreyögg beschreiben
mit der ,natürlichen Umwelt' noch einen fünften Sektor. Die entscheidenden Ver-
änderungen dieses Bereichs (Ökologisches Bewusstsein der Menschen, um-
weltpolitische Entscheidungen) sind jedoch nach Ansicht des Verfassers in den
anderen Themenbereichen enthalten.
15
Vgl. Hopfenbeck/Müller/Peisl (2001), S. 23; Steinmann/Schreyögg (2005), S. 251
16
Vgl. Heitger (1996), S. 115
17
Vgl. Steinmann/Schreyögg (2005), S. 252
18
Vgl. Hopfenbeck/Müller/Peisl (2001), S. 27; Burgdorff/Janssen (2003), S. 491
19
Vgl. Steinmann/Schreyögg (2005), S. 179

2 Die Forderung nach permanenter Veränderung ­ Seite 8
2.1.2 Technologische Einflüsse und der Weg zur Wissens- und
Dienstleistungsgesellschaft
Das der gesamten Menschheit zur Verfügung stehende Wissen ver-
doppelt sich heute in weniger als fünf Jahren.
20
Die mit dem Wissenszu-
wachs verbundenen technischen Entwicklungen in allen Gebieten der
Wissenschaft haben einen starken Einfluss auf die Unternehmen.
Die technologischen Fortschritte machen es möglich, immer schneller
und günstiger, größere Mengen zu produzieren.
21
Neue Technologien
bringen innovative Produkte und optimierte Fertigungsverfahren hervor,
Produktlebenszyklen verkürzen sich, neue Märkte entstehen und traditi-
onsreiche gehen unter.
22
Beispiele für Unternehmen und sogar ganze
Industrien, die im Zuge der Technisierung verschwunden sind, gibt es zur
Genüge.
23
Besonderen Einfluss haben die Entwicklungen in den Bereichen der
Mikroelektronik, Informatik und Telekommunikation. Die ,New Economy'
führte und führt auch weiterhin zu einem sich vollkommen verändernden
Verständnis von Wertschöpfungsketten, Geschäftsprozessen und organi-
sationaler Infrastruktur.
24
Eine den Umgang mit technischen Entwicklun-
gen erschwerende Tatsache ist, dass innovative Technologien häufig
nicht in dem Bereich entwickelt werden, in dem sie später ihre Hauptnut-
zung erfahren. Kunstfasern wurden demnach ebenso wenig in der Textil-
industrie erfunden, wie elektronische Uhren in der Uhrenindustrie.
25
Die Zunahme von Wissen führt nicht nur zu permanenter technischer
Innovation, sondern verschiebt auch den kompletten Fokus des Wirtschaf-
tens. Der Strukturwandel von der Industriegesellschaft zur Wissens- und
Dienstleistungsgesellschaft ist längst im Gange. Bereits 1996 waren nur
noch 28% der Arbeitnehmer in Deutschland mit der Herstellung oder Be-
wegung materieller Güter beschäftigt. Bis ins Jahr 2010 werden es Prog-
nosen zu Folge nur noch 10% sein.
26
Die Wissensgesellschaft führt darüber hinaus zu einer gefährlichen
Zeitschere für die Unternehmen. Die Dynamik der ständigen Wissenszu-
nahme erfordert eine möglichst kurze Reaktionszeit des Unternehmens
20
Vgl. Pieler (2003), S. 4
21
Vgl. Doppler/Lauterburg (2002), S. 22
22
Vgl. Pieler (2003), S. 5ff
23
Beispiele für Produkte untergegangener Industrien sind u.a. Schallplatten,
Schreibmaschinen, Videogeräte oder Tonbandkassetten
24
Vgl. Doppler/Lauterburg (2002), S. 22f, Hopfenbeck/Müller/Peisl (2001), S. 111ff
25
Vgl. Steinmann/Schreyögg (2005), S. 179
26
Vgl. Hopfenbeck/Müller/Peisl (2001), S. 39
,,90% aller seit Bestehen der Erde geborenen Techniker
und Wissenschaftler [leben] heute; wiederum 90 % von
ihnen arbeiten in den Industrieländern."
(Meyer-Dohm (1987), zitiert bei Pieler, Seite 3)

2 Die Forderung nach permanenter Veränderung ­ Seite 9
bis zur Anpassung an Veränderungen. Ein einmal akzeptierter Wissens-
rückstand oder eine verpasste Anpassung und Veränderung des Unter-
nehmens lässt sich zunehmend schwieriger wieder aufholen. Gleichzeitig
führt die Komplexität, die mit der ständigen Wissenszunahme einhergeht,
zu einer längeren Zeitspanne bis die Unternehmen neue Produkte und
Verfahren entwickeln und sich damit erfolgreich anpassen können.
Abbildung 4, Dynamik vs. Komplexität der Wissenszunahme, Darstellung nach Pieler (2003),
Seite 9
In Zukunft können deshalb nur die Unternehmen erfolgreich sein, die
sich der Herausforderung bezüglich der Wissenszunahme bewusst sind
und diese bewältigen können.
27
2.1.3 Politisch-rechtliche Einflüsse
Die politische und die wirtschaftliche Sphäre sind auf vielfältige Weise
eng miteinander verbunden. Sowohl national als auch international beein-
flussen politische Entscheidungen die Marktentwicklungen.
28
Nationale Entscheidungen in den Bereichen Wirtschaftspolitik, Umwelt-
politik, Steuerpolitik, Sozialpolitik, Arbeitnehmerrechte oder Verbraucher-
schutz können zur umfangreichen Veränderung bisheriger Wettbewerbs-
bedingungen führen. Konkrete Beispiele aus der jüngeren deutschen Poli-
tik sind die Einführung einer LKW- Maut zum 1.Januar 2005 oder die Ein-
27
Vgl. Pieler (2003), S. 8f
28
Vgl. Steinmann/Schreyögg (2005), S. 181

2 Die Forderung nach permanenter Veränderung ­ Seite 10
führung des Dosenpfands (2003)
29
, die die bisherigen Wettbewerbsbedin-
gungen der betroffenen Branchen bedeutend veränderten. Neben solchen
Belastungen können sich aus politischen Entscheidungen auch Chancen
ergeben. Wird beispielsweise die Nutzung von Solarenergie vom Staat
gefördert, so stützt dies den entsprechenden Markt und macht die betei-
ligten Branchen für Verbraucher und Unternehmen attraktiver.
Auch die internationale Politik nimmt Einfluss auf die Wirtschaft. Die
neue politische Ordnung Europas mit der Schaffung eines gemeinsamen
europäischen Binnenmarktes, der Einführung einer einheitlichen Währung
und der andauernden EU-Osterweiterung ist eine weltweit sehr bedeut-
same Veränderung von Wettbewerbsbedingungen in Folge internationaler
Politik. Auch die Öffnung Chinas, die Verschuldung von Staaten der Drit-
ten Welt oder die Deregulierung internationaler Märkte haben weltweit
einen großen Einfluss auf Unternehmen aller Branchen.
30
Indirekte Auswirkungen auf das wirtschaftliche Umfeld zeigen sich auch
in Folge politischer Entscheidungen anderer Bereiche. Beispielsweise
fordert der Klimaschutzvertrag von Kyoto aus dem Jahr 1997 eine Redu-
zierung des Ausstoßes von Treibhausgasen um 5,2 % bis ins Jahr 2010
und verändert so Wettbewerbsregeln in der ganzen Welt. Kriege und Ter-
rorismus beeinflussen darüber hinaus Aktienmärkte und Ölpreis, können
Absatz- oder Beschaffungsmärkte unattraktiv werden lassen und vor al-
lem die Reiseindustrie schwer belasten.
31
2.1.4 Soziokulturelle Einflüsse
Soziokulturelle Aspekte umfassen die vorherrschenden Wert- und Ori-
entierungsmuster der Menschen. Da sich diese schwer erfassen und kon-
kret quantifizieren lassen, gleichzeitig jedoch das Denken und Handeln
der Menschen stark beeinflussen, sind sie von großer Bedeutung für die
Unternehmen.
32
Die grundlegenden Veränderungen des soziokulturellen Umfelds zei-
gen sich im Wertewandel und im demographischen Wandel.
Im Zuge des Wertewandels der postmodernen Gesellschaft werden
früher selbstverständliche Wahrnehmungs- und Handlungsmuster diffe-
renzierter oder lösen sich ganz auf. Es gibt ein wachsendes Angebot an
unterschiedlichsten Weltbildern, Wertorientierungen und Lebenskonzep-
ten. Mitarbeiter entwickeln neue Bedürfnisse wie Befriedigung durch die
Arbeit und Kunden erwarten die Erfüllung ihrer individuellen und differen-
zierteren Ansprüche.
33
Beispiele für veränderte Wertvorstellungen sind die
29
Vgl. o.V., http://de.wikipedia.org/wiki/Lkw-Maut_in_Deutschland, abgerufen am
17.08.05; o.V., http://de.wikipedia.org/wiki/Dosenpfand, abgerufen am 17.08.05
30
Vgl. Steinmann/Schreyögg (2005), S. 181
31
Vgl. Daten hierzu bei Burgdorff/Janssen (2003), S. 538 und 562
32
Vgl. Steinmann/Schreyögg (2005), S. 181ff
33
Vgl. Heitger (1996), S. 115f

2 Die Forderung nach permanenter Veränderung ­ Seite 11
neue Stellung der Frau in der Gesellschaft, das Streben nach einer ,work-
life-balance' oder das steigende Umweltbewusstsein der Menschen.
Demographische Veränderungen zeigen sich in der Veränderung der
Bevölkerungsstruktur, beispielsweise in der steigenden Lebenserwartung
der Menschen und dem damit verbundenen Altern der Gesellschaft. So
wird der Bevölkerungsanteil der über 60-jährigen in Europa von ca. 22%
im Jahr 2002 auf über 30% im Jahr 2050 steigen.
34
Gleichzeitig wird die
Weltbevölkerung in diesem Zeitraum auf über 7,5 Milliarden ansteigen.
Dagegen sinkt jedoch seit einigen Jahren die Geburtenrate in Westeuro-
pa. In Deutschland beispielsweise hat sich die Anzahl der Kinder pro Frau
von ca. 2,4 Kindern Ende der 1960er Jahre auf weniger als 1,5 Kinder im
Jahr 2000 vermindert.
35
Strukturelle Veränderungen der Bevölkerung zeigen sich auch in den
Lebensumständen. Untersuchungen der UNO ergaben, dass sich vor
allem in Südostasien und Lateinamerika immer mehr Menschen auf der
Suche nach Arbeit und besserer Versorgung in Ballungsräumen mit über
10 Millionen Einwohnern ansiedeln werden. Prognosen der UNO zeigen,
dass im Jahr 2015 insgesamt ca. 340 Millionen Menschen in solchen Ge-
bieten leben werden, fast so viele wie zu Beginn des 21. Jahrhunderts in
ganz Westeuropa (ca. 392 Millionen).
36
Die unterschiedlichen demographischen Entwicklungen und der Wer-
tewandel der Menschen führen zu differenzierten Marktstrukturen, in de-
nen sowohl die potentiellen Kunden als auch die Mitarbeiter ebenso un-
gleiche wie sich ständig verändernde Bedürfnisse haben.
2.2 Die Komplexität der Veränderungen und das
Versagen traditioneller Strukturen und Strategien
Die aufgezeigten Einflüsse und Veränderungen stellen durch die Paral-
lelität ihres Auftretens und ihres Zusammenwirkens eine komplexe Hand-
lungssituation dar, die durch Intransparenz, Dynamik und Vernetztheit
gekennzeichnet ist. Kleinste Eingriffe und Ursachen können nicht voraus-
sehbare Wirkungen entfalten.
37
Im komplexen Zusammenspiel von Unternehmen und Märkten ist es
nicht möglich alle Merkmale und deren Verknüpfungen gleichzeitig zu
erfassen.
38
Informationen sind häufig unvollständig, subjektiv oder gar
konstruiert und geben ein undurchsichtiges oder falsches Bild der Wirk-
34
Vgl. Burgdorff/Janssen (2003), S. 502f
35
Vgl. Burgdorff/Janssen (2003), S. 502f
36
Vgl. Burgdorff/Janssen (2003), S. 500f
37
Vgl. Dörner (2003), S. 58f; Wüthrich (2003), S. 104
38
Zur systemtheoretischen Betrachtung des Verhältnisses zwischen Unternehmen
und Umwelt vgl. Abschnitt 3.1

2 Die Forderung nach permanenter Veränderung ­ Seite 12
lichkeit wieder.
39
Die Herausforderung für die Unternehmen ist es, in die-
sem Umfeld Entscheidungen zu treffen, die das Überleben des Unter-
nehmens sichern.
Gängige (hierarchische) Strukturen basieren auf der Überzeugung,
dass derjenige, der in der Hierarchie am weitesten oben steht den besten
Überblick hat, die vollständige Information besitzt und daher die besten
Entscheidungen treffen kann.
40
Linear-kausale Denkweisen und die Aus-
stattung mit Technik und Intelligenz führen zur Überzeugung vieler Füh-
rungskräfte, dass jede Wirkung eine Ursache hat und so selbst komplexe
Systeme linear gesteuert werden können. So sind 80% der Führungskräf-
te in Deutschland der Meinung die Zusammenhänge ihres Unternehmens
zu überblicken und zu beherrschen.
41
Die Folgen linear-kausaler Hand-
lungen in einem komplexen System hat Dörner (1989) mit Hilfe einer
Computersimulation untersucht und dabei festgestellt, dass die Versuchs-
personen aufgrund ihres Methodismus und linear-kausaler Problemlö-
sungsstrategien nicht in der Lage waren, komplexe und vernetze Struktu-
ren zu bewältigen.
42
Meist haben Menschen gelernt in bestimmten Sche-
mata zu denken und greifen daher auf fertige, standardisierte Lösungen
zurück ohne zu bemerken, dass sie lediglich Symptome bekämpfen. Dies
verhindert die Wahrnehmung der Realität und kreatives Denken.
43
Die stereotypen Reaktionen von Unternehmen zeigen sich in der Ent-
lassung von Personal, Produktionsverlagerungen, Rationalisierungsmaß-
nahmen und Fusionen. Ziel ist dabei die Erreichung kurzfristiger Liquidi-
tätsziele oder die Stabilität des Aktienkurses; mittel- und langfristige Fol-
gen dieser Ad-hoc-Eingriffe bleiben unbeachtet.
44
Kostensenkungsstrate-
gien bewirken nur kurzfristige Steigerungen des Unternehmenswertes und
hinterlassen ,,Rumpforganisationen, denen Kraft und Flexibilität fehlen, um
neue Geschäftsmöglichkeiten auszuschöpfen."
45
Die Konzentration auf operative Effektivitäts- und Effizienzziele kann in
einem sich dynamisch und komplex verändernden Wettbewerbsumfeld
keine nachhaltigen, strategischen Wettbewerbsvorteile schaffen. Im Laufe
der Zeit gleichen sich so Strategien immer mehr aneinander an und es
entsteht ein kostenorientierter Wettbewerb von dem kaum einer der Betei-
ligten langfristig profitieren kann. Zukünftig erfolgreiche Unternehmen
müssen stattdessen permanent nach neu- und einzigartigen Aktivitäten,
Produktangeboten und Geschäftsmodellen streben.
46
39
Vgl. Simon (1997), S. 134; Dörner (2003), S. 63f
40
Vgl. Simon (1997), S. 133;
41
Vgl. Wüthrich (2003), S. 104
42
Vgl. Dörner (2003), S. 32; Eine ausführliche Darstellung der Simulation ,Tanaland'
befindet sich im Anhang 1
43
Vgl. Pieler (2003), S. 28; Wüthrich (2003), S. 101ff; Hamel (2000), S. 49-63
44
Vgl. Wüthrich (2003), S. 101ff; Hamel (2000), S. 49-63
45
Zitiert bei Amponsem (1997), S. 102
46
Vgl. Porter, S. 18ff; Hamel (2000), S. 63-73; Hamel/Välikangas (2003), S. 33ff

2 Die Forderung nach permanenter Veränderung ­ Seite 13
2.3 Evolution vs. Revolution - die Vorteile kontinuierlicher
Anpassung gegenüber grundlegenden Veränderungen
Zur Veränderung von Unternehmen gibt es prinzipiell die beiden Mög-
lichkeiten der Revolution und der Evolution
47
Die Revolution stellt einen Bruch mit der Vergangenheit dar und fokus-
siert eine vollständige Neuorientierung. Revolutionäre Veränderungen
sind häufig Reaktionen auf zu spät erkannte Entwicklungen und erfordern
die grundlegende Umstrukturierung von Prozessen oder Strukturen. Sie
sind oft schwierig und erfordern zeitlich, finanziell und politisch einen ho-
hen Aufwand.
48
Die Ablehnung solcher Veränderungsinitiativen durch die
Mitarbeiter ist ein bekanntes Phänomen, welches dazu führt, das ein
Großteil der Veränderungsprojekte scheitert oder den gewünschten Erfolg
verfehlt.
49
Der Widerstand der Mitarbeiter gegen rational sinnvoll erschei-
nende Veränderungsinitiativen gründet sich auf tief verwurzelte und meist
unbewusste Sicherheitsbedürfnisse der Individuen. Jede Veränderung
verlangt von den Menschen, einen ihnen vertrauten Bereich zu verlassen,
alte Gewohnheiten abzulegen und sich neuen Anforderungen zu stellen.
Sowohl der äußere Zwang als auch dessen Intensität verstärken die ab-
lehnende Haltung und lassen Veränderungsinitiativen scheitern.
50
Im Gegensatz dazu stellt die Evolution einen vergleichsweise auf-
wandsarmen Weg dar, um Veränderungen zu erzielen. Die Evolution ist
die sukzessive Veränderung durch permanente Anpassung an veränderte
Anforderungen der Umwelt. Hier werden die Veränderungsprozesse von
den Mitarbeitern initiiert, verantwortet und umgesetzt, die später mit den
Konsequenzen arbeiten müssen.
51
Wenn die Mitarbeiter die Möglichkeit
haben die notwendigen Maßnahmen zur Bewältigung des Wandels selbst
zu ergreifen und umzusetzen, werden die Veränderungen sehr viel weni-
ger abgelehnt. Es zeigt sich dann, dass die Mitarbeiter, die die Arbeit tat-
sächlich leisten zum Motor des Wandels werden können.
52
Veränderungen in kleinen Schritten sind darüber hinaus sehr viel einfa-
cher zu handhaben, besser verständlich und damit erträglicher für die
Mitarbeiter. Sie stellen kleinere Einschnitte in den Arbeitsablauf des Ein-
zelnen dar und erfordern nicht die Aufgabe aller bisheriger Denk- und
Handlungsweisen, wie sie revolutionäre Umstrukturierungen häufig mit
sich bringen.
53
47
Vgl. Pieler (2003), S. 135; Staehle (1999), S. 935; Staehle (1999) verwendet die
Begriffe ,Radical Change' für Revolution und ,Gradual Change' für Evolution.
48
Vgl. Pieler (2003), S. 135
49
Vgl. Doppler/Lauterburg (2002), S. 323; Häusel (2000), S. 9
50
Vgl. Häusel (2000), S. 16
51
Vgl. Pieler (2003), S. 135
52
Vgl. Cooper/Markus (1996), S. 77f; Staehle (1999), S. 935
53
Vgl. Staehle (1999), S. 935

3 Terminologie
Im vorliegenden Abschnitt werden die begriffliche Basis und ein grund-
sätzliches Verständnis dafür geschaffen, wie im Kontext der vorliegenden
Arbeit die Begriffe ,Organisation', ,Wissen der Organisation' und ,Lernen'
verwendet werden. Die Beschreibung des Konzeptes der ,Schwarmintelli-
genz' soll abschließend einen Eindruck dessen vermitteln, wie soziale
Insekten der Herausforderung organisationalen Lernens und kollektiver
Intelligenz begegnen und diese bewältigen.
3.1 Die Organisation als offenes soziales System
Der Begriff ,Organisation' lässt sich entsprechend zweier grundlegen-
der Perspektiven als Instrument oder als Institution darstellen.
Der instrumentale Organisationsbegriff beschreibt die Organisation als
ein Mittel zur Umsetzung von Strategien und zur Erreichung von Unter-
nehmenszielen.
54
Der Fokus liegt hier auf der Gestaltung der Strukturen
und der Beschreibung der Arbeitsabläufe in Form von Prozessen.
55
Der institutionelle Organisationsbegriff betrachtet die Organisation als
eine Institution, die über spezifische Eigenschaften verfügt. Besonderes
Interesse liegt dabei auf den zwischenmenschlichen Beziehungen und
Interaktionen, die die Organisation als soziales Gebilde definieren.
56
Auf Basis der Systemtheorie beschreibt das St. Galler Management-
Modell Unternehmen darüber hinaus als offene Systeme, die mit ihrer
Umwelt in enger Beziehung stehen. Die Identität eines Unternehmens
basiert auf der ständigen Kommunikation und dem Austausch mit sich
selbst und der Umwelt. Mitarbeiter, Kunden, Lieferanten, Partner und
Wettbewerber sind die über Prozesse und Beziehungen miteinander ver-
bundenen Systemelemente und bestimmen das organisationale Han-
deln.
57
54
Vgl. Staehle (1999), S. 671; Stäbler (1999), S. 34
55
Vgl. Staehle (1999), S. 672
56
Vgl. Staehle (1999), S. 415; Stäbler (1999), S. 34
57
Vgl. Heitger (1996), S. 118

3 Terminologie ­ Seite 15
Primäres Ziel eines Unternehmens ist dabei die Erhaltung und Stabili-
sierung eines Gleichgewichts mit seiner spezifischen Umgebung. Durch
die laufende Anpassung an Umfeldveränderungen soll das Überleben des
Unternehmens gesichert werden. Zur Herstellung dieses Gleichgewichts
nimmt das Unternehmen, oder ein stellvertretendes Subsystem, Inputs
aus der Umwelt auf und wandelt diese in einem Transformationsprozess
in Outputs um. Diese werden dann, in der Regel von weiteren Subsyste-
men, an die Umwelt abgegeben.
58
Aufgrund des interaktionalen Verhältnisses kann sowohl das Unter-
nehmen seine Umwelt beeinflussen als auch die Unternehmensumwelt
das Unternehmen.
59
Das Unternehmen kann damit als ein handlungsfähi-
ges offenes System beschrieben werden, das in einem sich wandelnden
Umfeld versucht, bestimmte Ziele zu erreichen.
60
3.2 Das Wissen einer Organisation
Wissen ,,bezeichnet die Gesamtheit der Kenntnisse und Fähigkeiten,
die Individuen zur Lösung von Problem einsetzen."
61
Wissen ist damit
abzugrenzen von Informationen, die lediglich eine Kombination und Be-
schreibung relevanter Daten darstellt.
62
Erst durch die Fähigkeit Informati-
onen zu verarbeiten, zu interpretieren, Entscheidungen abzuleiten und
daraus Erfahrungen zu sammeln ergibt sich Wissen.
63
Wissen lässt sich in explizites und implizites Wissen unterscheiden.
Explizites Wissen ist leicht zu kodifizieren und dementsprechend gut zu
übertragen. Es stellt systematisiertes Wissen dar, das frei verfügbar oder
zumindest erwerbbar ist. Implizites Wissen umfasst intuitives Prozess-
und Routinewissen von Individuen, das nicht eindeutig artikulierbar und
damit weit weniger leicht verfügbar oder übertragbar ist.
64
Implizites Wis-
sen ist schwer zu erfassen und mitzuteilen. Dadurch kann es, im Gegen-
satz zum expliziten Wissen, einen echten Wettbewerbsvorteil darstellen.
65
Das Wissen einer Organisation stellt die Summe aller individuellen und
kollektiven Wissensbestände dar, auf die die Organisation zurückgreifen
kann, um ihren Zweck zu erfüllen und dabei auftauchende Probleme zu
lösen.
66
Die organisatorische Wissensbasis lässt sich in drei Teilmengen
58
Vgl. Ulrich/Krieg (1974), S. 18f; Heitger (1996), S. 118f
59
Vgl. Steinmann/Schreyögg (2005), S. 69
60
Vgl. Ulrich/Krieg (1974), S. 18ff; Heitger (1996), S. 118; Staehle (1999), S. 416
61
Zitiert bei Probst/Raub/Romhardt (1997), S. 44
62
Vgl. Hopfenbeck/Müller/Peisl (2001), S. 211
63
Vgl. Hopfenbeck/Müller/Peisl (2001), S. 211
64
Vgl. Probst/Büchel (1998), S. 26; Steinmann/Schreyögg (2005), S. 508; Zur Be-
deutung dieser Unterscheidung vgl. auch Abschnitt 4.3
65
Vgl. Steinmann/Schreyögg (2005), S. 508
66
Vgl. Hopfenbeck/Müller/Peisl (2001), S. 236f

3 Terminologie ­ Seite 16
unterscheiden, die vom privaten, nicht erreichbaren Wissen der Mitarbei-
ter abzugrenzen sind:
67
·
Den ,Kern des Wissens' stellen explizite und implizite Wissensbe-
stände dar, die von allen Organisationsmitgliedern geteilt werden.
Dazu gehören sowohl Werte und Normen als auch Formulare, Ab-
kürzungen und Ähnliches.
·
Das ,verfügbare Wissen' erweitert die Wissensbasis um die Wis-
sensbestände, die in den verschiedenen Subsystemen verteilt sind.
Die verschiedenen Subsysteme können gegenseitig auf das Wissen
der anderen Bereiche zugreifen.
·
Das gesamte Organisationswissen umfasst das ,erreichbare Wis-
sen'. Bezüglich dieses Wissens besteht in der Organisation eine Art
Metawissen, das es der Organisation ermöglicht mit relativ geringem
Aufwand neues Wissen zu erwerben. Das Unternehmen weiß also
in diesen Fällen, wo und wie neues Wissen erworben werden kann.
Abbildung 5, Teilmengen organisationalen Wissens; Darstellung nach Scheurer/Zahn
(1998), S. 175
Angesichts der bereits dargestellten ständigen Wissenszunahme
68
muss sich ein Unternehmen der verschiedenen Teilmengen bewusst sein
und diese zu nutzen lernen. Eine Konzentration auf bereits geteiltes und
verfügbares Wissens kann das Unternehmen von den Veränderungen
und neuen Anforderungen isolieren und damit im Wettbewerb schwä-
chen.
69
Um Wissen als den entscheidenden Wettbewerbsfaktor, als der
67
Vg. Scheurer/Zahn (1998), S. 175
68
Vgl. Abschnitt 2.1.2
69
Zu den Risiken des Zurückgreifens auf bekanntes Wissen und die damit verbun-
denen, scheinbar bewährten Verfahren siehe Abschnitt 2.2

3 Terminologie ­ Seite 17
es mittlerweile gilt
70
, für sich nutzen zu können, müssen Unternehmen
Fähigkeiten zur Gewinnung neuen Wissens und zur Erweiterung des Po-
tentials an erreichbarem Wissen aufbauen und weiter entwickeln.
3.3 Lerntheorien
Theorien bezüglich des Lernprozesses lassen sich in zwei grundsätzli-
che Ansätze unterscheiden. Stimulus-Response-Theorien beschränken
sich auf die Beobachtung des Zusammenspiels von Reiz und Reaktion,
während sozial kognitive Lerntheorien die vermittelnden Prozesse zwi-
schen Reiz und Reaktion fokussieren.
71
3.3.1 Stimulus-Response-Theorien
Behavioristische Theorien basieren auf dem Modell einer Black-Box,
wobei die inneren Prozesse des Menschen unbekannt bleiben. Zeigt sich
in Folge eines Reizes aus der Umwelt eine Reaktion in Form geänderten
Verhaltens, so kann ein Lernvorgang angenommen werden.
72
Die klassische Konditionierung beschreibt das räumlich-zeitliche Zu-
sammentreffen eines unkonditionierten Reizes mit einer unkonditionierten
Reaktion (Kontiguitätsprinzip).
73
Dieses Vorgehen führt nach mehrmali-
gem Wiederholen zum Auslösen der Reaktion in Folge des Reizes ohne
dass die beiden ursprünglich miteinander in Beziehungen standen.
74
Beim Lernen nach dem Verstärkungsprinzip basiert der Lernerfolg auf
positiven oder negativen Verhaltenskonsequenzen (Belohnung, Bestra-
fung) des Lehrers in Folge bestimmter Verhaltensweisen des Lernen-
den.
75
Die Übertragung dieser Lernkonzepte auf das organisationale Lernen
wird konzeptionell als zu eng empfunden, da das Lernen des Unterneh-
mens zu stark abhängig ist vom Reiz-Reaktions-Zusammenhang, das
Lernpotential damit stark reduziert und das Unternehmen zur trivialen
Lernmaschine abgewertet wird.
76
Im Rahmen der vorliegenden Arbeit
spielen diese Theorien deshalb keine Rolle.
70
Vgl. stellvertretend für viele andere Hopfenbeck/Müller/Peisl (2001), S. 205ff
71
Vgl. Staehle (1999), S. 208
72
Vgl. Staehle (1999), S. 208ff; Haubl/Peltzer/Wakenhut (1985), S. 22
73
Vgl. Haubl/Peltzer/Wakenhut (1985), S. 22f
74
Deutlich wird dieser Lernprozess in den bekannten Hundeversuchen von Iwan
Pawlow (1849-1936), der wiederholt eine Glocke läutete bevor er die Hunde füt-
terte. Irgendwann reagierten die Hunde bereits beim Läuten der Glocke mit er-
höhtem Speichelfluss, der sich normalerweise erst dann bildet, wenn die Hunde
ihr Essen tatsächlich riechen.
75
Vgl. Haubl/Peltzer/Wakenhut (1985), S. 23
76
Vgl. Steinmann/Schreyögg (2005), S. 507

3 Terminologie ­ Seite 18
3.3.2 Sozial-kognitive Lerntheorien
Sozial kognitive Lerntheorien gehen über den engen Fokus der einfa-
chen Beobachtung von Reiz und Reaktion hinaus. Hier werden Lerner-
gebnisse betrachtet, die auf den reflexiven Fähigkeiten des Menschen
beruhen. Durch Wahrnehmung, Vorstellung, Denken, Urteilen und Kom-
munikation nehmen Menschen Eindrücke aus ihrer Umwelt auf und verar-
beiten diese.
77
3.3.2.1 Modelllernen nach Bandura
Grundlegender Gedanke des Modelllernens ist die Vorstellung, dass al-
leine durch die Beobachtung eines bestimmten Verhaltens anderer Per-
sonen, gelernt werden kann.
78
Die Motivation, ein beobachtetes Verhalten
nachzuahmen, resultiert aus der Wahrnehmung, dass die Modellperson
mit dem gezeigten Verhalten einen bestimmten Erfolg erzielt hat, den der
Beobachter für sich auch als erstrebenswert erachtet.
79
Das Lernen wird
damit zu einem sozialen, erfahrungsgebundenen Prozess, der im Wesent-
lichen in drei Stufen abläuft:
80
1.) Ausgehend von ihren Kenntnissen, Fähigkeiten, Erwartungen und
Interessen nehmen Menschen Umweltsituationen individuell wahr.
2.) Konkrete Verhaltensweisen anderer Personen werden hinsichtlich
des Erfolgs oder Misserfolgs analysiert und daraus Schlussfolge-
rungen für das eigene Verhalten gezogen.
3.) In Vergleichbaren zukünftigen Situationen werden die neuen Ver-
haltensweisen angewandt, bzw. unterlassen.
Abbildung 6, Lernen als kognitiver Prozess nach Bandura, Darstellung nach Rid-
der/Conrad/Schirmer/Bruns (2001), S. 127
77
Vgl. Greschner (1996), S. 53f
78
Vgl. Haubl/Peltzer/Wakenhut (1985), S. 57; Bednorz/ Schuster (2002), S. 97
79
Vgl. Haubl/Peltzer/Wakenhut (1985), S. 59; Bednorz/ Schuster (2002), S. 99
80
Vgl. Ridder/Conrad/Schirmer/Bruns (2001), S. 126f

3 Terminologie ­ Seite 19
Der Lernerfolg stellt sich beim Modelllernen bereits nach einmaliger
Beobachtung ein und kann im Gegensatz zu den eher einfachen Lerner-
folgen des Konditionierens auch sehr komplexe Aspekte beinhalten.
81
Für das organisationale Lernen ist das Modelllernen insofern interes-
sant, da es die Möglichkeiten der Imitation oder Nachahmung erfolgrei-
cher Geschäftsmodelle oder Verfahren erklärt.
3.3.2.2 Strukturlernen nach Piaget
Im Zentrum der Betrachtung von Piaget stehen kognitive Strukturen,
die die Grundlage für Verhaltensweisen und Lernvorgänge bilden. Das
Lernen eines Individuums ist gleichzusetzen mit der Entwicklung immer
komplexerer Denkweisen. Angeborene Reflexe und Instinkthandlungen im
Kleinkindalter stellen eine Prädisposition kognitiver Strukturen dar auf
deren Basis das Individuum Wissen und Verhaltensweisen erweitert.
82
Ein Individuum strebt nach einem möglichst großen Gleichgewicht zwi-
schen seinen kognitiven Strukturen und seiner Umwelt. Denken und Ler-
nen sind demnach permanente Entwicklungsprozesse, im Rahmen derer
die Umwelt und die persönlichen Einblicke ständig abgeglichen werden.
Ein festgestelltes Ungleichgewicht (Äquilibration) ist der Antrieb für das
Lernen des Menschen, der durch die komplementären Prozesse der As-
similation und Akkommodation fortwährend seine Denk- und Handlungs-
weisen zu erweitern versucht. Im Zuge der Assimilation werden Informati-
onen aus der Umwelt in einem aktiven Prozess der Bedeutungszuwei-
sung in die bestehenden Denkstrukturen integriert. Akkommodation be-
schreibt die Anpassung oder vollständige Neubildung kognitiver Struktu-
ren in Folge struktureller Veränderungen der Umwelt.
83
Lern- und Entwicklungsprozesse beginnen dementsprechend damit,
dass das Individuum Informationen wahrnimmt, die es nicht in seine be-
stehenden Denkschemata einordnen kann. Dieses Ungleichgewicht moti-
viert zu höheren Lernprozessen und führt so zur Entwicklung neuer Denk-
und Handlungsweisen.
84
Durch die fortlaufende Veränderung der Umwelt kann das Gleichge-
wicht niemals erreicht werden, so dass die Äquilibration ein fließendes
Gleichgewichtsstreben darstellt.
85
Dies impliziert einen natürlichen inneren
Antrieb von Individuen, sich aktiv und permanent entsprechend den Um-
weltveränderungen weiter zu entwickeln.
86
Der beim Strukturlernen von Piaget beschriebene permanente Prozess
des Anpassungslernens wird den Anforderungen einer sich ständig wan-
81
Vgl. Haubl/Peltzer/Wakenhut (1985), S. 57
82
Vgl. Haubl/Peltzer/Wakenhut (1985), S. 65; Greschner (1996), S. 56
83
Vgl. Haubl/Peltzer/Wakenhut (1985), S. 66; Greschner (1996), S. 57, Staehle
(1999), S. 914
84
Vgl. Greschner (1996), S. 57; Staehle (1999), S. 914
85
Vgl. Greschner (1996), S. 57; Haubl/Peltzer/Wakenhut (1985), S. 66
86
Vgl. Haubl/Peltzer/Wakenhut (1985), S. 66

3 Terminologie ­ Seite 20
delnden Umwelt am ehesten gerecht. Der Drang nach Anpassung und
damit permanenter Veränderung und Erweiterung einer Wissensbasis
kommt dem Gedanken einer Lernenden Organisation am nächsten und
wird deshalb im Rahmen dieser Arbeit als Grundlage für das Organisatio-
nale Lernen herangezogen.
3.4 Kollektive Intelligenz - Das Konzept der Schwarm-
Intelligenz als Vorbild für die Lernende Organisation?
Schwarm-Intelligenz ist das kollektive Verhalten eines Schwarms sozia-
ler Insekten wie Ameisen, Bienen oder Termiten.
87
Das im Folgenden
vorgestellte Konzept der Schwarm-Intelligenz bietet die Möglichkeit an-
hand einer Analogie aus dem Tierreich die Vorstellung organisationalen
Lernens im Kontext dieser Arbeit zu veranschaulichen.
Ihre kollektive Intelligenz erlaubt sozialen Insekten das schnelle Rea-
gieren auf Bedrohungen oder die Lösung komplexer Optimierungsprob-
leme, obwohl die Individuen selbst über keine hohe Intelligenz verfügen.
88
So errichten beispielsweise Termiten beeindruckende Hügel, in denen
auch dann schon eine bestimmte Raumtemperatur und eine lebens-
freundliche Sauerstoff- und Kohlendioxidkonzentration besteht, wenn der
Bau noch in Arbeit ist.
89
Dabei erfüllt jedes Insekt seine Aufgabe, ohne
dass es dabei intensiver Aufsicht oder Kontrolle bedarf.
90
Aus den Fähigkeiten von Insektenschwärmen werden sowohl Erkennt-
nisse für technische als auch für organisatorische Aufgaben in der Wirt-
schaft gewonnen. Im Bereich der Datentechnik beispielsweise orientieren
sich Netzbetreiber mittlerweile an der Futtersuche von Ameisen, die in der
Lage sind, durch das einfache Absondern einer Pheromon-Spur immer
den kürzesten Weg zur Futterquelle zu finden. Dabei suchen mehrere
Ameisen gleichzeitig eine neue Futterquelle. Entdeckt eine der Ameisen
einen Futterplatz, kehrt sie sofort zum Ameisenbau zurück. Damit ist ihre
Spur mit der doppelten Menge Pheromon belegt - im Gegensatz zu den
einfach belegten Pheromonspuren der Ameisen, die auf längeren Wegen
unterwegs und deshalb noch nicht zurück sind. Andere Ameisen aus der
Kolonie folgen nun der doppelten Spur zur Futterquelle und bestätigen
wiederum mit ihren Pheromon-Spuren den schnellsten Weg.
91
Mit leichter
Variation dieses Verhaltens regeln Netzbetreiber den Datenverkehr in
87
Vgl. Bonabeau/Meyer (2001), S. 40; Vgl. Neef (2003),
http://www.changex.de/d_a00924.html, abgerufen am 8.6.05
88
Vgl. Bonabeau/Meyer (2001), S. 40; Vgl. Neef (2003),
http://www.changex.de/d_a00924.html, abgerufen am 8.6.05
89
Vgl. Bonabeau/Meyer (2001), S. 40
90
Vgl. Bonabeau/Meyer (2001), S. 44; Vgl. Neef (2003),
http://www.changex.de/d_a00924.html, abgerufen am 8.6.05
91
Vgl. Bonabeau/Meyer (2001), S. 40

3 Terminologie ­ Seite 21
ihren früher oftmals überlasteten Leitungen. Sie schicken Software Agents
(,digitale Pheromone') durch ihre Leitungen, die weniger stark genutzte
Leitwege markieren. Anrufe folgen dann den von den digitalen Ameisen
zurückgelassenen Spuren.
92
Technische Verwendungsmöglichkeiten dieser Art gibt es reichlich
93
,
für den Kontext dieser Arbeit sind jedoch die Erkenntnisse der Schwarm-
Intelligenz interessanter, die den organisatorischen Bereich betreffen und
für die lernende Organisation genutzt werden können.
Eine Kolonie sozialer Insekten verfügt über eine große Anpassungsfä-
higkeit an wechselnde äußere Bedingungen, zeigt sich sehr robust ge-
genüber dem Ausfall einzelner Tiere und weist ein hohes Maß an Selbst-
organisation auf.
94
Flexibilität und Robustheit sind, im Gegensatz zur
Selbstorganisation, auch häufig angestrebte Eigenschaften von Unter-
nehmen. Dabei ist es jedoch die kollektive Selbstorganisation, die das
eigentliche Geheimnis der Schwarm-Intelligenz darstellt. Flexibilität und
Robustheit resultieren zu einem hohen Maß aus der Fähigkeit zur Selbst-
organisation. Das kollektive Verhalten der Gruppe beruht dabei auf den
Interaktionen der Beteiligten.
95
Einige der bereits entdeckten und in der betrieblichen Praxis teilweise
schon genutzten organisatorischen Grundprinzipien von Schwärmen sind:
Einfache Regeln
Eine der wichtigsten Erkenntnisse ist, dass kollektives Verhalten sozia-
ler Individuen aus der Befolgung einfacher Regeln durch alle Beteiligten
resultieren kann. In Folge dieser Erkenntnis arbeitet beispielsweise Capi-
tal One (ein nordamerikanisches Unternehmen, das im Kreditkartenge-
schäft tätig ist) nach nur vier fundamentalen Regeln:
96
1. Richten Sie Ihre Maßnahmen stets nach dem Geschäft aus.
2. Geben Sie das Geld des Unternehmens so aus als sei es Ihr ei-
genes.
3. Seien Sie flexibel und schränken Sie ihre Überlegungen nicht auf
ein bestimmtes Muster ein.
4. Seien Sie einfühlsam gegenüber anderen im Unternehmen.
92
Vgl. Bonabeau/Meyer (2001), S. 41
93
Weitere technische Anwendungen finden sich bei Dupuy-Maury, F. (2000),
http://www.morgenwelt.de/wissenschaft/001019-ameisen.htm, abgerufen am 8.6.05
94
Vgl. Dupuy-Maury, F. (2000),
http://www.morgenwelt.de/wissenschaft/001019-
ameisen.htm,
abgerufen am 8.6.05; Bonabeau/Meyer (2001), S. 44
95
Vgl. Bonabeau/Meyer (2001), S. 40; Neef (2003),
http://www.changex.de/d_a00924.html, abgerufen am 8.6.05
96
Vgl. Bonabeau/Meyer (2001), S. 44

3 Terminologie ­ Seite 22
Sehr flache Hierarchie
In einem Volk sozialer Insekten gibt es keine zentrale Steuerung oder
Intelligenz und dennoch erledigen die Individuen ihre Aufgaben hervorra-
gend und bewirken so ein erfolgreiches Agieren des Schwarms als Gan-
zes.
97
Flexible Arbeitsorganisation
In einem Honigbienenvolk spezialisieren sich die Bienen auf bestimmte
Aufgaben und dennoch bleibt die Arbeitsorganisation flexibel. Bei Futter-
knappheit, die in übertragenem Sinne einen dringenden Auftrag oder eine
bedrohliche Situation darstellt, helfen beispielsweise die Ammen, die ge-
wöhnlich mit der Betreuung der Eier beauftragt sind, bei der Nahrungssu-
che mit.
98
Ganzheitliche Aufgabenbewältigung
In einer Ameisenkolonie haben Sammelameisen die Aufgabe, Samen
in das Nest zu tragen. In einer Art Staffellauf organisiert, trägt eine Amei-
se ein Korn so lange entlang einer Kette, bis es auf eine Ameise trifft, die
ihr entgegen läuft und noch kein Korn trägt. Die erste Ameise übergibt
ihre Fracht der zweiten und begibt sich wieder auf den Weg zurück zur
Futterquelle. Trifft sie dabei auf einen Artgenossen mit Korn, übernimmt
sie dieses, dreht sich und läuft wieder solange in Richtung Nest, bis sie
das Korn an die nächste freie Ameise übergeben kann. In diesem schier
endlosen hin und her gibt es nur zwei fixierte Orte: Futterquelle und Nest.
Dieses Verfahren gemeinschaftlicher Arbeitsbewältigung führt dazu, dass
schnellere Ameisen das niedrigere Tempo von langsameren ausgleichen,
keine ,Arbeitsstaus' entstehen und auf einen Anstieg des zu bewältigen-
den Arbeitsumfangs automatisch flexibler reagiert wird.
99
Größe und Kommunikation
Ameisen haben in Abhängigkeit von der Größe ihres Volkes unter-
schiedliche Kommunikationsformen entwickelt. Große Kolonien sind in der
Lage, eine Nahrungsquelle zu verteidigen, so dass Ihre Kommunikation
darauf abzielt, möglichst schnell sehr viele Ameisen zu einer neuen Nah-
rungsquelle zu führen. In kleineren Kolonien, die eine Nahrungsquelle
nicht sehr lange verteidigen können, zeigt die Ameise andere Verhaltens-
weisen, wenn sie eine Futterquelle entdeckt hat. Hier folgt dann nur eine
geringe Zahl von Ameisen zu der neuen Nahrungsquelle, während andere
relativ unbeteiligt nach weiteren suchen. Futterquellen werden hier nie voll
ausgeschöpft. Bei der Futtersuche eines mittelgroßen Volkes bewegt eine
Ameise eine größere Zahl an Artgenossen, jedoch nicht alle, ihr zur neu-
en Nahrungsquelle zu folgen und diese zu verteidigen. Gleichzeitig su-
97
Vgl. Neef (2003),
http://www.changex.de/d_a00924.html, abgerufen am 8.6.05
98
Vgl. Bonabeau/Meyer (2001), S. 42
99
Vgl. Bonabeau/Meyer (2001), S. 42ff

3 Terminologie ­ Seite 23
chen andere Ameisen nach weiteren Futterquellen. So kann ein mittel-
großes Volk eine Nahrungsquelle effizient ausschöpfen und parallel nach
Neuen suchen. Interessant für Unternehmen ist diese Erkenntnis der
Schwarmforschungen, weil sie ergeben hat, dass mittelgroße Völker ideal
erscheinen, um in einer sich schnell verändernden Umwelt zu überleben.
Gleichzeitig ist es wichtig, den Organisationsmitgliedern die Möglichkeiten
zu geben, nach neuen Nahrungsquellen (Geschäftsmodellen) zu suchen
und anschließend eine Gruppe von Kollegen zu deren Ausschöpfung
akquirieren zu können.
100
Im Ganzen übertragen auf den Kontext von Unternehmen stellt ein
Schwarm ein Kollektiv von Individuen dar, das mittels direkter Kommuni-
kation selbstorganisiert und ohne zentrale Lenkung miteinander agiert und
damit seine Effizienz steigert. Dabei liegt die Besonderheit eines
Schwarms darin, sich sehr schnell und flexibel an veränderte Umgebun-
gen anzupassen, ohne dass dies eine intensive vorherige Planung benö-
tigt. Die Aufgabe einer am Erfolgsmodell der Insekten orientierten Organi-
sation ist die Schaffung von Infrastrukturen, die es ermöglichen, dass sich
im Unternehmen, selbstorganisiert und sehr schnell, entscheidungs- und
handlungsfähige Teams bilden können, die die Bewältigung ihrer Aufga-
ben eigenverantwortlich gestalten und sich nach Aufgabenerfüllung wie-
der auflösen.
101
Angesichts der skizzierten Umweltveränderungen und der Schwierig-
keiten traditioneller Lösungsansätze, scheint die in der Natur gefundene
Kombination aus Flexibilität, Robustheit und Selbstorganisation dem sehr
nahe zu kommen, was einem Unternehmen in Zukunft ausreichend Wett-
bewerbsstärke verleihen sollte.
100
Vgl. Bonabeau/Meyer (2001), S. 44ff
101
Vgl. Neef (2003),
http://www.changex.de/d_a00924.html, abgerufen am 8.6.05

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2005
ISBN (eBook)
9783832491260
ISBN (Paperback)
9783838691268
DOI
10.3239/9783832491260
Dateigröße
2.1 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Hochschule Aschaffenburg – Wirtschaft und Recht
Erscheinungsdatum
2005 (November)
Note
1,3
Schlagworte
strategie flexibilität change management unternehmenswandel wissensmanagement
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