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Auswirkung eines funktionellen Komplextrainings auf Körperwahrnehmung und Bewegungsmerkmale im Golfschwung

©2005 Doktorarbeit / Dissertation 153 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Golf ist weltweit ein beliebter Freizeitsport und kann allgemein zu den koordinativ komplexesten Sportarten gerechnet werden. Ausreichend viele und umfangreiche Abhandlungen über den Bewegungsablauf belegen dies. Die meisten Spieler, die sich natürlich auch mit diesen Schriften und regelmäßig in Golfzeitschriften suggerierten Techniktipps - im Bemühen um Optimierung ihres eigenen Schwungs - beschäftigen, neigen in theoretischer und damit mentaler Überfrachtung dazu, ihre Bewegung viel mehr zu komplizieren als es notwendig wäre, sind sich aber dessen meistens nicht bewusst. Dabei folgt die Bewegung des Golfschwungs jedoch prinzipiell ganz elementaren Gesetzen und ist im Grundsatz viel einfacher, als sie aufgrund der zum Teil minutiösen und komplizierten Beschreibungen zu sein scheint.
Die Einfachheit der Bewegung liegt in einer Kompaktheit, die in sich zwar komplex ist, jedoch nach einem logischen Kettenreaktionsprinzip relativ selbständig ablaufen kann. Wichtig ist der richtige Impuls der Bewegung als Initialzündung des Folgemechanismus. Es wirken untereinander gekoppelte Aktions-Reaktions-Mechanismen sowie Kräfte und Momente, die den Bewegungsablauf in seiner physikalischen Logik steuern. Diese unterliegen jedoch erheblichen Störungen, sobald der Spieler versucht, manipulativ an bestimmten Punkten der Bewegung einzugreifen.
Verzichtet man jedoch auf solche Manipulationen und vollzieht die Körperbewegung so, dass der Schläger auf seiner natürlichen Ebene schwingt, kommt in der Regel ein gutes Ergebnis zustande. So beschreiben Amateure häufig, dass der Golfschwung umso besser funktioniert, je weniger sie selbst aktiv tun. Cochran und Stobbs (1986) betonen, dass die Bewegungen im Golf natürlich und selbständig ablaufen, wenn der Spieler es nur zulässt.
Gang der Untersuchung:
Nach einer Beschreibung der Technik in den einzelnen Phasen des Golfschwungs soll die aus den Bewegungen resultierende Belastung auf den Körper dargestellt werden. Häufig resultierende Überlastungsschäden und Verletzungen werden dargelegt und verschiedene Facetten möglicher Prävention aufgezeigt. So wird zu der Thematik Körperwahrnehmung hingeleitet, die neben ihrer wichtigen Bedeutung beim motorischen Lernen auch einen präventiven Charakter erhalten dürfte.
Ausgehend von einer Technikbeschreibung des Golfschwungs, die auch besonders das Bewegungssystem belastende Faktoren herausarbeitet, wird einleitend dargestellt, wie Überlastungsschäden […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


ID 8728
Appell, Kathrin: Auswirkung eines funktionellen Komplextrainings auf
Körperwahrnehmung und Bewegungsmerkmale im Golfschwung
Hamburg: Diplomica GmbH, 2005
Zugl.: Deutsche Sporthochschule Köln, Dissertation / Doktorarbeit, 2005
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Haftung für evtl. verbliebene fehlerhafte Angaben und deren Folgen.
Diplomica GmbH
http://www.diplom.de, Hamburg 2005
Printed in Germany

Zur Autorin:
Kathrin Appell, Jahrgang 1972, studierte an der Deutsche Sporthochschule Köln und
absolvierte nach ihrem Abschluss als Diplom-Sportlehrerin zusätzlich eine Ausbildung
zur Diplom-Golflehrerin bei der PGA of Germany. Mit der vorliegenden Arbeit
promovierte sie 2005 an der Deutschen Sporthochschule Köln zum Doktor der
Sportwissenschaft. Sie ist als Teaching Professional tätig und geht in ihrem
Golfunterricht hauptsächlich bewegungsorientiert vor, um den individuellen
körperlichen Gegebenheiten der Golfer entsprechend Rechnung zu tragen. Das
daraus erwachsene Konzept ist unter
www.golflogic.de
umrissen.

Danksagung
Zunächst danke ich Herrn Dr. Harald Buck, der mich in die Hintergründe des
Gyrotonic Expansion Systems
®
eingeführt hat und mit dem in stimulierenden
Diskussionen die Idee zu diesem Projekt entstanden ist. Den Therapeuten in der
von ihm geführten Praxis für Sporttraumatologie ,,Das Zentrum" bin ich in
anerkennender Weise für Ihre Unterstützung bei der Durchführung des
funktionellen Komplextrainings zu Dank verpflichtet.
Herrn Prof. Dr. Wolfgang Menke (ehemaliger Leiter des Instituts für Sport-
orthopädie und Sporttraumatologie) danke ich aufrichtig für die Bereitschaft, meine
Dissertation zu betreuen und seine aufgeschlossene Offenheit, sich dieser
ungewöhnlichen und multidisziplinären Thematik zu widmen.
Den Mitarbeitern des Instituts für Biomechanik und Orthopädie und seinem Leiter
Herrn Prof. Dr. Gert-Peter Brüggemann gilt mein besonderer Dank für Ihre
wertvolle Hilfe bei der Durchführung des biomechanischen Untersuchungsteils.
Hervorheben möchte ich besonders die Unterstützung von Kiros Karamanidis und
Kai Heinrich, ohne deren Engagement die vorliegenden Daten kaum hätten
präsentiert werden können.
Herrn Dr. Uwe Hoffmann aus dem Institut für Physiologie und Anatomie danke ich
für seine Beratung in statistischen Fragestellungen. Herr Rainer Hesse hat in
konstruktiver Kritik das Manuskript Korrektur gelesen und mir bei computer-
technischen Problemen geholfen, dafür mein herzlicher Dank.
Mein besonderer Dank gilt meinen Kollegen, den Golfprofessionals, sowie den
Amateuren, die sich unter großem zeitlichem Aufwand als Probanden zur
Verfügung gestellt haben.
Nicht zuletzt danke ich meinem Ehemann für seine Geduld, die er mit mir in der
schwierigen Zeit bis zur Fertigstellung der Dissertation hatte, aber auch für seine
mitunter harte Kritik, die zu schwierigen Diskussionen führte. Letztendlich hat er
mir geholfen, meinen eigenen Weg zu finden.

Inhaltsverzeichnis
1
Einleitung
1
1.1 Technikbeschreibung des Golfschwungs
2
1.2 Überlegungen zur Belastung im Golfschwung
6
1.3 Möglichkeiten der Entstehung von Überlastungsschäden im Golf 10
1.4 Aspekte des Bewegungslernens und der Körperwahrnehmung
im Golf
17
1.5 Prinzipien und Effekte eines auswählten Komplextrainings
28
1.6
Fragestellungen
der
Arbeit
33
2
Methodik
36
2.1 Probanden
36
2.2 Ablauf der Studie
37
2.3 Anamnese
38
2.4 Biomechanische Analyse des Golfschwungs
38
2.4.1
Untersuchungsvorbereitung
und
­durchführung 38
2.4.2 Datenerfassung und ­verarbeitung
41
2.4.3 Statistik
42
2.5 Videoaufzeichnung und -analyse des Golfschwungs
43
2.6 Fragebogen zur Körperwahrnehmung im Golfschwung
44
2.6.1 Durchführung und Auswertung
44
2.6.2 Statistik
45
2.7 Pilotstudie zur Körperwahrnehmung der Beweglichkeit
45
2.7.1 Durchführung und Auswertung
45
2.7.2 Statistik
46
2.8
Funktionelles
Komplextraining
46
2.8.1 Darstellung des Gyrotonic Expansion Systems
®
46
2.8.2 Durchführung des Trainingsprogramms
47
2.8.3 Auswahl und Beschreibung der Übungen
47

3 Ergebnisse
59
3.1 Anamnese
59
3.2 Pilotstudie zur Körperwahrnehmung der Beweglichkeit
62
3.3 Spezifische Körperwahrnehmung im
Golfschwung
76
3.3.1 Zusammenhänge zwischen Körperwahrnehmung,
Beweglichkeit
und
Spielstärke
76
3.3.2 Einfluss des funktionellen Komplextrainings auf die
Körperwahrnehmung im Golf
79
3.4 Biomechanische Analyse des Golfschwungs
84
4 Diskussion
101
4.1
Methodenkritik
101
4.2
Interpretation
der
Ergebnisse
107
5
Zusammenfassung
122
6 Literaturverzeichnis
125
Anhang
134
Anamnese-Bogen
i
Fragebogen
zur
Körperwahrnehmung
im
Golfschwung
ii
Videoanalyse-Bogen
v
Fragebogen zur Körperwahrnehmung der Beweglichkeit
ix

1
1 Einleitung
Golf ist weltweit ein beliebter Freizeitsport (Stoddart 1990) und kann allgemein
zu den koordinativ komplexesten Sportarten gerechnet werden. Ausreichend
viele und umfangreiche Abhandlungen über den Bewegungsablauf belegen
dies (Kelley 1982; Cochran und Stobbs 1986; PGA of America 1990; Mann und
Griffin 1998; Lehnertz et al. 2002). Die meisten Spieler, die sich natürlich auch
mit diesen Schriften und regelmäßig in Golfzeitschriften suggerierten
Techniktipps - im Bemühen um Optimierung ihres eigenen Schwungs -
beschäftigen, neigen in theoretischer und damit mentaler Überfrachtung dazu,
ihre Bewegung viel mehr zu komplizieren als es notwendig wäre, sind sich aber
dessen meistens nicht bewusst. Dabei folgt die Bewegung des Golfschwungs
jedoch prinzipiell ganz elementaren Gesetzen und ist im Grundsatz viel
einfacher als sie aufgrund der zum Teil minutiösen und komplizierten
Beschreibungen zu sein scheint.
Eine an der Körperwahrnehmung orientierte Beschreibung des Golfschwungs,
die gleichzeitig mit der entsprechenden Vorstellungskraft seine Einfachheit
empfinden lässt, wurde von uns wie folgt formuliert: Aus sicherem Stand rotiert
der Körper langsam, baut wie ein Bogen Spannung auf. Arme und Schläger
folgen der Bewegung in ihren Ebenen. Ein weicher Impuls leitet den
Abschwung ein, bis die freiwerdenden Kräfte den Schläger wie einen Pfeil
Richtung Ziel beschleunigen. Im freien Fluss schwingt der Schläger durch den
Ball bis ins Finish. Während der Ball in die Luft steigt, entspannt sich der Körper
losgelöst in stabiler Balance (Golflogic
®
2002).
Die Einfachheit der Bewegung liegt in einer Kompaktheit, die in sich zwar
komplex ist, jedoch nach einem logischen Kettenreaktionsprinzip relativ
selbständig ablaufen kann. Wichtig ist der richtige Impuls der Bewegung als
Initialzündung des Folgemechanismus. Es wirken untereinander gekoppelte
Aktions-Reaktions-Mechanismen sowie Kräfte und Momente, die den
Bewegungsablauf in seiner physikalischen Logik steuern. Diese unterliegen
jedoch erheblichen Störungen, sobald der Spieler versucht, manipulativ an

2
bestimmten Punkten der Bewegung einzugreifen. Verzichtet man jedoch auf
solche Manipulationen und vollzieht die Körperbewegung so, dass der Schläger
auf seiner natürlichen Ebene schwingt, kommt in der Regel ein gutes Ergebnis
zustande. So beschreiben Amateure häufig, dass der Golfschwung umso
besser funktioniert, je weniger sie selbst aktiv tun. Cochran und Stobbs (1986)
betonen, dass die Bewegungen im Golf natürlich und selbständig ablaufen,
wenn der Spieler es nur zulässt.
Nach einer Beschreibung der Technik in den einzelnen Phasen des Golf-
schwungs soll die aus den Bewegungen resultierende Belastung auf den
Körper dargestellt werden. Häufig resultierende Überlastungsschäden und Ver-
letzungen werden darlegt und verschiedene Facetten möglicher Prävention auf-
gezeigt. So wird zu der Thematik Körperwahrnehmung hingeleitet, die neben
ihrer wichtigen Bedeutung beim motorischen Lernen auch einen präventiven
Charakter erhalten dürfte.
1.1 Technikbeschreibung des Golfschwungs
Die Historie des Golfsports reicht weit zurück, und so unterschiedlich die
Meinungen hinsichtlich der Entstehungsgeschichte sind, verhält es sich bis
heute mit der technischen Idealvorstellung des Golfschwungs selbst. Mit der
steigenden Anzahl wissenschaftlicher Untersuchungen und der Weiterent-
wicklung des Materials wurden verstärkt Diskussionen um den perfekten
Schwung angeregt. Die ultimative Antwort konnte bis heute nicht gefunden
werden, fortwährend werden divergierende Meinungen propagiert. Dies führte
dazu, dass die PGA of Germany (2001) ein Grundschwungmodell beschrieben
hat, um eine einheitliche Grundlage für die Ausbildung von Golfprofessionals zu
ermöglichen. Die folgende Technikbeschreibung wurde in Anlehnung an dieses
aktuelle Modell mit geringfügigen Ergänzungen formuliert und dient als
Ausgangsbasis für die im Untersuchungsteil durchgeführten Analysen.
Der Golfschwung stellt eine azyklische Bewegung dar, die im Prinzip eine
ähnliche Phasenstruktur wie z.B. Wurfbewegungen, mit Ausholen und Wurf-

3
phase, besitzt. Der Golfschwung kann in seinen Elementen in fünf Phasen
unterteilt werden (Abb.1). Eine ausbalancierte und stabile Ausgangsposition
(Abb.1, 1) ist die Grundvoraussetzung für einen dynamischen Bewegungs-
ablauf. Die Füße stehen schulterbreit, der Oberkörper ist etwa 5° nach rechts
gebeugt. Durch ein leichtes Kippen des Beckens nach vorne bei gleichzeitiger
geringgradiger Beugung der Knie entsteht eine perfekte Position der Körper-
winkel, um den Schläger auf einer Ebene zu schwingen. Rumpf-, Hüft- und
Beinmuskulatur stabilisieren diese Position. Mit dem Rückschwung (Abb.1, 2-7)
wird die Bewegung eingeleitet, die mit dem Erreichen des Kulminationspunktes
(Abb.1, 8) zu einer Bewegungsumkehr führt. Die fortlaufende Rotation des
Körpers Richtung Ziel führt zum Abschwung (Abb.1, 9-11) des Schlägers mit
Treffen des Balls im Impact (Abb.1, 12). Der Durchschwung (Abb.1, 13-15)
sollte als Resultat der Dynamik möglichst unbeeinflusst ablaufen und die
Bewegung im Finish (Abb. 1, 16) abschließen. Das Becken ist im Verhältnis zur
Ausgangsposition um ca. 90° zum Ziel rotiert, die Wirbelsäule ruht in leichter
Extension. Das linke Bein ist gestreckt, während sich das rechte unter leichtem
Anwinkeln dem linken annähert. Der rechte Fuß berührt den Boden nur noch
mit der Spitze. Das Körpergewicht liegt in der Endposition zu 90% auf dem
linken Bein. Die fünf eigentlichen Schwungphasen werden nachfolgend aus-
führlich beschrieben:
Rückschwung: Die Hüft- und Rückenmuskulatur setzen zuerst ein und lassen
den Oberkörper mit den Armen folgen. Nachdem die volle Hüftrotation (ca. 45°)
erreicht ist, entsteht durch das weitere Drehen des Oberkörpers (bis ca. 80-90°)
und das Lösen der Arme vom Körper die notwendige Spannung, aus der die
Hüfte später den Impuls zum Abschwung auslöst. Das Winkeln der Hand-
gelenke in Kombination mit einer Unterarmrotation bereitet einen freien
Bewegungsfluss des Golfschlägers im Abschwung vor.
Kulminationspunkt: Mit dem Ende des Rückschwungs beginnt automatisch die
Phase des Abschwungs. Die Umkehr der Bewegung verläuft dabei in den
verschiedenen Segmenten des Körpers zu unterschiedlichen Zeitpunkten ab,
so dass man eigentlich nicht, wie allgemein üblich, von einem Kulminations-
punkt sprechen kann, sondern von einer Umkehrphase. In "Swing like a Pro"

4
beschreiben Mann und Griffin (1998) eine separate Phase, die sie als "Magic
Move" bezeichnen. Bereits bevor der Schläger seinen höchsten Punkt erreicht
hat, wird mit einer leichten Translation des gesamten Körpers die Rotation des
Unterkörpers zielwärts eingeleitet. Mit der Änderung der Bewegungsrichtung
sacken die Arme und dadurch der Schläger leicht ab. Der Abschwung ist somit
bereits initiiert.
Abschwung: Die zeitlich vorgelagerte Einleitung der Hüftrotation führt zu einer
Spannungserhöhung, durch die Oberkörper, Schultern und Arme nachgezogen
werden. Die Zentrifugalkraft, die in Kombination mit dem Zwei-Hebel-
Mechanismus Arm-Schläger wirkt, verursacht ein relativ spätes Entwinkeln der
Handgelenke kurz vor dem Treffmoment. Beide Arme rotieren zielwärts,
während sich der linke Arm zum Treffmoment hin streckt, bleibt der rechte Arm
in leichter Beugung unter dem linken Arm (aus lateraler Sicht entsteht ein
Fenster zwischen beiden Armen).
Impact: Die Hüfte ist im Treffmoment deutlich in Zielrichtung vorgedreht (20-
40°), während die Schulterachse noch nahezu parallel zur Ziellinie steht. Die
rechte Schulter ist dabei im Verhältnis zur linken deutlich abgesenkt. Der linke
Arm ist im Treffmoment bereits voll gestreckt, der Rechte aufgrund der
Schulterstellung noch leicht angewinkelt. Das Körpergewicht ist zu 70 % nach
links verlagert, wobei sich die rechte Ferse durch die Hüftrotation bereits vom
Boden gelöst hat.
Durchschwung: Der Durchschwung ist die Phase der geringer bzw. gering
exzentrischer Muskelaktivität, um den Schwung abzubremsen. Die Schulter-
drehung erreicht nun die der Hüftrotation und überholt diese im weiteren
Verlauf. Der Kopf folgt der Körperrotation, die langsam zu einem Aufrichten des
Körpers führt. Die Handgelenke winkeln radial, die Arme schwingen mit
zunehmender Ellbogenbeugung durch.

5
Abb. 1: Golfschwung von Tiger Woods (Einzelbilder modifiziert aus Andrisani 1997)
1
1 2 3 4
5 7
6 8
9 10
11 12
16
15
14
13

6
1.2 Überlegungen zur Belastung im Golfschwung
Koordination und Flexibilität sind die wichtigsten Faktoren, um im Golfschwung
eine hohe Präzision bei optimaler Schlagweite zu erzielen. Nach Boldt et al.
(2000) spielt die Kraft eine untergeordnete Rolle, so dass die Belastung des
Stütz- und Bewegungssystems bei guter Technik nur gering einzuschätzen ist.
Die Leistung im Golfschwung hängt in erster Linie von den Bewegungen der
Körpersegmente in Bezug zueinander und auf den Schlägerkopf ab, mit dem
Ziel, den Ball zu treffen. Wenn man die Bewegung mit den Hüften, dem Rumpf
und dann den Schultern einleitet, folgt die Bewegung dem Prinzip der
Summation der Geschwindigkeit, und deswegen wird mehr Energie auf den
Schläger während der exzentrisch/konzentrischen Sequenz der Körperrotation
übertragen (Enoka 1994; Burden et al. 1998). Die Aktion des Golfschwungs
kann damit auch als eine Dehnungs-Verkürzungs-Bewegung gesehen werden,
die wegen der sehr kurzen Übergangszeit zwischen exzentrischer Belastung
(Rückschwung) und konzentrischer Arbeit (Abschwung) auch als plyometrische
Beanspruchung betrachtet werden kann (Fletcher und Hartwell 2004). Während
der komplexen Bewegung mit ineinander übergehenden Schwungphasen treten
weitere multifaktoriell bedingte Kräfte auf. Bereits im Rückschwung entstehen
Torsionskräfte, die als Resultat einer nach vorne gerichteten Scherkraft des
rechten Fußes und einer nach hinten gerichteten Scherkraft des linken Fußes
interpretiert werden können. Die dadurch entstehende Rotation wirkt sich
aufsteigend von den Knien, den Hüften über die Lendenwirbelsäule auf die
Brustwirbelsäule aus. Nach Fleisig (1994) bewirken diese Torsionskräfte
wiederholte Stressfaktoren, die zu belastungsbedingten Schmerzen in der
Lendenwirbelsäule führen können. Die Torsion oder auch Verwringung, die
zwischen Oberkörper und Unterkörper entsteht, und bereits im Rückschwung
aufgebaut wird, wird als "X-Faktor" bezeichnet. Am Ende des Rückschwungs
kommt es zu einer Übergangsbewegung, bei dem der Golfer sein Gewicht
bereits wieder Richtung Ziel verlagert, während der Schläger erst noch seine
Rückschwungbewegung beenden muss. Diese Übergangsphase endet, wenn
der Schläger dem vorausgeeilten Körper folgt und seinen Abschwung beginnt.
Die Torsionsbelastung, die bei dieser Bewegung auftritt, übersteigt die des

7
Rückschwungs und verstärkt die exzentrische Beanspruchung von Rumpf und
oberer Extremität. Gerade in dieser Phase ist die Belastung auf den Körper
erhöht, so dass hier die Mehrzahl der golfspezifischen Verletzungen entsteht.
Die zunehmende Zentrifugalkraft im Abschwung lässt den Schlägerkopf eine
sehr hohe Geschwindigkeit im Treffmoment erreichen (Fleisig 1994).
Um den Anforderungen der Bewegung gerecht zu werden, müssen Golfspieler
über eine große Beweglichkeit in Hüften, Schultern und Torso verfügen. Defizite
in diesen Bereichen produzieren einen limitierten Schwung mit begleitenden
und kompensatorischen Aktivitäten anderer Muskelgruppen. Die Beweglichkeit
ist damit ein Hauptfaktor hinsichtlich der Dynamik, die im Golfschwung erreicht
werden kann. Agnew (2002) beschreibt, dass eine Einschränkung der Rumpf-
rotatoren dazu führt, dass der Golfer in der Schwungphase keine ausreichend
dynamische Torsionsbewegung durchführen kann. Doch auch bei derartigen
Defiziten erreichen die meisten Golfer, wenn sie über ausreichend Bewegungs-
erfahrung verfügen, ihr Bewegungsziel, nämlich das Treffen des Balles.
Kommen dabei jedoch Kompensationsbewegungen zustande, sieht die
Bewegung meistens nicht mehr natürlich aus (Agnew 2002). Diese kompen-
satorischen Ausweichbewegungen verursachen andererseits weitere Stress-
faktoren auf den Körper. Um eine präzise und konstante Leistung zu erbringen,
sollte die Bewegung hinsichtlich des Bewegungsumfangs und der aufge-
wendeten Kraft aber so ökonomisch wie möglich ablaufen. An Golfprofessionals
konnten Watkins et al. (1996) nachweisen, wie bedeutend die Rolle der Rumpf-
muskulatur in der Stabilisierung und Kontrolle der Energietransfers ist, um den
Golfschwung mit optimaler Kraft und Genauigkeit durchführen zu können.
Es ist nicht das eigentliche Ziel, eine möglichst schnelle und kraftvolle
Bewegung zu machen, sondern die kinetische Energie effektiv vom Körper auf
den Ball zu übertragen. Dass es hinsichtlich der Rumpfbewegung deutliche
Unterschiede zu Amateuren gibt, konnten McTeigue et al. (1993) in einer Studie
zur Wirbelsäulen- und Hüftbewegung während des Golfschwungs zeigen. Da
zunächst das Ausmaß der gesamten Rotation im Rückschwung bei Amateuren
und Professionals sehr ähnlich ist, scheinen die kinematischen Ergebnisse
damit den Beobachtungen der Verfasser zu widersprechen, dass Amateure ihre

8
Hüfte übermäßig rotieren. In manchen Fällen können schlechtere Spieler
gelegentlich eine hervorragende Rotation haben, zeigen aber andererseits
deutliche Defizite in anderen technisch relevanten Treffmomentfaktoren. Die
Bandbreite möglicher Auswirkungen ist zu umfangreich und komplex, als dass
sie an dieser Stelle erörtert werden könnte. Anders als die meisten Amateure
zeigen Professionals eine bemerkenswert geringe Abweichung im Umfang der
Rotationsbewegung von Schwung zu Schwung, womit die reproduzierbare
Präzision im Ergebnis erklärt werden kann. Der signifikanteste Unterschied
beider Gruppen ergibt sich in der Seitneigung sowohl am Ende des Rück-
schwungs als auch im Treffmoment. Da Amateure mit der Vorstellung, den Kopf
über dem Ball zu halten im Rückschwung eher zu einer Kippbewegung des
Oberkörpers Richtung Ziel (Reverse Pivot) neigen, ist in dieser Phase des
Schwungs die Seitneigung nach links deutlich stärker ausgeprägt als bei
Professionals. Im Gegensatz dazu rotieren die Professionals ihren Oberkörper
mit einer leichten Gewichtsverlagerung nach rechts, womit eine Seitneigung
nach links nicht so deutlich wird (McTeigue et al. 1993).
Im Abschwung kann es bei Amateuren durch die vorherige Kippbewegung zu
einer starken Translation der Hüfte zum Ziel und einer vorschnellen Rotation
der Schulterachse nach links kommen. Diese führt dazu, dass der Schläger
seine Schwungebene verlässt und provoziert wegen der negativen Auswirkung
auf den Ballflug kompensatorische Fehlbewegungen des Körpers. Da bei
Professionals die Initialbewegung im Abschwung auf der Basis einer besseren
Rückschwungbewegung ähnlich einer Kettenreaktion erfolgt, konnte im Treff-
moment im Vergleich zu Amateuren eine deutlichere Seitneigung nach rechts
festgestellt werden (McTeigue et al. 1993). Diese resultiert daraus, dass der
Körperschwerpunkt im Treffmoment noch hinter dem Ball bleibt, während sich
der Unterkörper bereits Richtung Ziel bewegt. Es kommt so jedoch zu einer
Erhöhung des überlastungsrelevanten X-Faktors, der in der Technikbeschrei-
bung bereits erklärt wurde.
Im Laufe der Jahre hat sich die Dynamik des Golfschwungs deutlich verändert.
Es scheint, als ob der moderne Schwung den kompletten Körper nutzt, um
mehr Dynamik zu entwickeln. Jedoch geht dies auch auf Kosten des Körpers,

9
da die Belastung, vor allem auf die Lendenwirbelsäule, entsprechend erhöht
wird (Sherman und Finch 2000). Eine Bewegung, die klassisch in einem
entspannten Finish in gerader Körperhaltung ähnlich eines vertikalen "I" endete,
stellt sich in der Dynamik des modernen Schwungs in Form eines umgekehrten
"C" dar. Diese Veränderung verlangt eine deutlich größere Beweglichkeit in
Extension und Seitneigung der Wirbelsäule (Hosea et al. 1994). Insgesamt
kann festgestellt werden, dass im modernen Golfschwung die Phase des
Umkehrpunktes, die Auflösung der Torsion im Abschwung und die Hyper-
extension im Finish den Körper erheblich beanspruchen und zu Verletzungen
und Überlastungsschäden führen können (Boldt et al. 2000; Agnew 2002;
Grimshaw et al. 2002).
Dass die Ausführung der Bewegung und deren Belastung in direkter Abhängig-
keit zu Schmerzfaktoren steht, konnten Lindsay und Horton (2002) in einer
vergleichenden Studie der Wirbelsäulenbewegung von Professionals mit und
ohne Rückenschmerzen nachweisen. Spieler, die Schmerzen in der Lenden-
wirbelsäule angaben, waren in der Ansprechposition stärker nach vorne
gebeugt und neigten im Rückschwung zu einer stärkeren Linksneigung als
schmerzfreie Professionals. Weiterhin konnte gezeigt werden, dass Rücken-
schmerzen bei diesen Spielern zu einer reduzierten Rotation führte. Eine solche
Anpassung scheint instinktiv und mit dem Ziel einer Belastungsreduzierung zu
erfolgen. Schmerzfreie Spieler sind dagegen nicht nur in der Lage, weiter zu
rotieren, sondern erreichen im Abschwung auch eine doppelt so hohe
Rotationsgeschwindigkeit (Lindsay und Horton 2002)
Hinsichtlich der Muskelaktivität des Rumpfes kann diese zu Beginn des Rück-
schwungs noch als recht gering (unter 30% der Maximalkraft) beschrieben
werden, dagegen konnte eine relativ hohe und konstante Aktion im restlichen
Verlauf des Schwungs beobachtet werden (Pink et al. 1993). Suckel (2002)
vermutet, dass Spieler in der Absicht, möglichst weit schlagen zu wollen, den
Schläger aktiv, also mit Krafteinsatz, beschleunigen und dies über eine schnelle
Arm-Schulterbewegung im Bemühen um eine betonte Wirbelsäulenrotation,
jedoch unter Vernachlässigung der Hüftrotation erreichen. Eine Bestätigung
hierfür liefern Watkins et al. (1996) mit einer elektromyographischen Unter-

10
suchung der Aktivität der lumbalen Muskulatur (vorwiegend M. multifidus), die
bei Amateuren im Vergleich zu Professionals einen höheren Einsatz ergeben.
Nesbit (2001) analysierte bei Amateuren unterschiedlicher Spielstärke
(Handicap 0 bis 18) wesentliche Merkmale des Golfschwungs hinsichtlich ihrer
zeitlich-dynamischen Charakteristika. Beide Gruppen hatten eine vergleichbare
Arbeit bis zur Mitte des Abschwungs aufgebracht, wobei die besseren Spieler
den Beginn des Abschwungs langsamer durchführten, dann aber bis zum
Impact eine immer höhere Schlägerkopfgeschwindigkeit erreichten. Insgesamt
erreichen bessere Golfer im Impact bei geringerem Krafteinsatz aufgrund
besseren Timings höhere Kräfte und leisten mehr Arbeit, was ihren Golf-
schwung ökonomischer und effizienter beurteilen lässt.
Nach dem Treffmoment beginnt mit dem Durchschwung die Phase geringster
Muskelaktivität, die im Wesentlichen durch exzentrische Abbremsung der
Muskeln der rechten Körperseite gekennzeichnet ist und nach anschließender
Entspannung im Finish endet. Gleichwohl ist das moderne, von Dynamik
gekennzeichnete Finish bei unzureichender muskulärer Stabilisierung be-
lastungsträchtig (Hosea et al. 1994).
1.3 Möglichkeiten der Entstehung von Überlastungsschäden im Golf
In einer von Steinbrück (1999) angelegten, retrospektiven Studie wurden
sportartübergreifend die Daten von über 30.000 Sportlern mit fast 35.000
Verletzungen über einen Zeitraum von 25 Jahren analysiert. Auf den Golfsport
bezogen gehörten zum Untersuchungszeitpunkt 1,1% der insgesamt über 26
Millionen im Deutschen Sportbund organisierten Sporttreibenden dem DGV an.
Die Golfer machten vom gesamten Patientenkollektiv verletzter Sportler jedoch
nur 0,1% aus. Daraus ergibt sich ein golfspezifischer ,,Verletzungsfaktor" von
0,1. Dieser Verletzungsfaktor errechnet sich aus dem Quotienten aus
Sportverletzungen in % und den organisierten Sportlern in %. Um diese Zahl in
Relation zu anderen Sportarten zu beurteilen, ist vergleichsweise auf den
Spitzenreiter im Verletzungsfaktor hinzuweisen, der im Squash 14 ausmacht.

11
Auch der Tanzsport, eine auf den ersten Blick eher wenig verletzungsträchtige
Bewegungsform, weist mit 1,4 einen vielfach höheren Verletzungsfaktor auf. Bei
nur einer wöchentlichen 18 Loch Runde mit entsprechendem weiteren Training
wird Golf mehrere Stunden pro Woche betrieben, damit ist das potentielle
Verletzungsrisiko gegenüber anderen Sportarten im Zeitgang vergrößert. Da
das Golfspielen jedoch unter relativ geringer Intensität niedrige physische
Anforderungen stellt, wird es im Allgemeinen nicht mit einem hohen
Verletzungsrisiko verbunden (Mallon und Hawkins 1994).
Dennoch beklagen weltweit 62% der Golfspieler durch Golf verursachte
Beschwerden und Verletzungen (Bulbulian et al. 2001). Viele Studien haben die
Häufigkeit von Golfverletzungen bei Amateuren und Professionals untersucht
(McCarrol und Gioe 1982; McCarrol et al. 1990; McCarrol 1996; Thériault et al.
1996; Gosheger et al. 2003). Diese führen immer zu vergleichbaren Statistiken
mit ähnlichen Resultaten. Verletzungen und Beschwerden finden sich
vorwiegend in Schultern, Ellenbogen, Handgelenken und in der Lenden-
wirbelsäule. Nach Bulbulian et al. (2001) machen dabei die "low back injuries"
sowohl bei Amateuren als auch bei Profis den größten Teil aus. Gosheger et al.
(2003) sehen in den vielen Wiederholungen und der daraus resultierenden
Überlastung Ursachen bei den Professionals, die nach ihren Ergebnissen
wesentlich häufiger verletzt sind als Amateure. Diese Einschätzung hinsichtlich
repetitiver monotoner Bewegungsabläufe ohne entsprechendes Ausgleichs-
training und deren Folgen für das muskulo-skeletäre System teilen auch Boldt
et al. (2000), dehnen sie allerdings auf Golfspieler jeden Spielniveaus aus. Da
Golf keine Kontaktsportart ist und Verletzungen im Golf damit nur selten
äußeren Einflüssen unterliegen, sind nach Gosheger et al. (2003) 80% aller
Verletzungen rein überlastungsbedingt. Bei Amateuren verursachen schlechte
Schwungtechnik, defizitäre körperliche Voraussetzungen und unvorbereitetes,
exzessives Training Probleme (Batt 1992; Thériault und Lachance 1998; Horton
et al. 2001).
Vad et al. (2004) unterstreichen die Verletzungsgefahr aufgrund schlechter
Schwungmechanik, da durch eine solche die auf die Wirbelsäule wirkenden
Torsionskräfte verstärkt werden. An dieser Stelle kann leicht ein Zusammen-

12
hang zu der eingangs beschriebenen Ausgangsposition gefunden werden. Die
häufigste Fehlerkomponente in der so genannten Ansprechposition stellt die
Stellung des Beckens dar. Ist das Becken in der Ansprechposition nicht aus-
reichend nach vorne gekippt, verhindert die Bänderschraube des Hüftgelenks,
welche bei aufgerichtetem Becken gespannt ist, eine ausreichende Rotations-
fähigkeit der Hüftgelenke im Rückschwung (Appell et al. 2004). Die fehlende
Beweglichkeit wird über die Aufrichtung des Oberkörpers bei gleichzeitiger
Rotation kompensiert. Da bei angestrebter gleich bleibender Gesamtrotation die
Wirbelsäule einen erhöhten Anteil liefern muss, können so auch die erhöhten
Torsionskräfte, die Vad et al. (2004) beschreiben, erklärt werden. Ergänzend zu
diesen Überlegungen machen Grimshaw et al. (2002) eine reduzierte Dehn-
fähigkeit der Hüftbeuger und lumbalen Rückenstrecker, schlechtes Timing in
der Muskelaktivität und generell zu schwache Muskulatur für die häufigste
Schmerzlokalisation in der Lendenwirbelsäule verantwortlich.
Als eine von zahlreichen Ursachen für die Entstehung von Verletzungen oder
Überlastungen wird die Problematik des richtigen Timings oft unterschätzt. Wie
oben bereits beschrieben, tritt besonders am Ende des Rückschwungs und mit
der Umkehrphase eine erhöhte Belastung auf. Die Bewegungsumkehr erfordert
einen Wechsel zwischen exzentrischer Beanspruchung im Rückschwung und
konzentrischer Arbeit im Abschwung. Kommt es aufgrund eines schlechten
Bewegungsrhythmus zu einer schlechten zeitlichen Kopplung oder sogar zu
einer sequentiellen Vertauschung der Teilbewegungen, kann die ohnehin
erhöhte Belastung in dieser Phase des Golfschwungs zu einem Prädilektions-
segment der Bewegung für die Entstehung von Verletzungen werden. Da der
Golfschwung in seiner Ausführung eine sehr komplexe Anforderung an den
Körper darstellt, müssen verschieden Faktoren in engem Zusammenhang
gesehen werden. Häufig führt bereits eine schlechte Bewegungsvorstellung zu
einer fehlerhaften Bewegungsausführung, die in Bezug auf den Ballflug
(ergebnisorientiert) vielleicht noch ihr Ziel erreicht, in sich jedoch höchst
unökonomisch ist. Solche unökonomischen Schwungmechanismen verur-
sachen wiederum höhere Belastungen aller beteiligten Strukturen. Nicht selten
entstehen Fehlschläge, die dann zu akuten Verletzungen führen können.
Adlington (1996) appelliert sowohl an Trainer als auch an Spieler, auf einen

13
schmerzfreien Golfschwung mit geringstmöglichem Verletzungsrisiko hinzu-
wirken.
Nach Adlington (1996) hat die Beachtung von Verletzungen mehr etwas mit
dem Spieler selbst als mit dem Spiel an sich zu tun. Die Möglichkeit, Golf zu
spielen, ist unabhängig von Alter und Geschlecht, jedoch verschlechtern sich
physische Fähigkeiten und Fertigkeiten mit zunehmendem Alter (Stover und
Stoltz 1996). Die meisten Golfanfänger sind in fortgeschrittenem Alter von 30
bis 55 Jahren und haben häufig schon früher andere Sportarten betrieben. Die
Verletzungen, die nun auftreten, sind oft Folgeerscheinungen früherer
Aktivitäten, werden aber zeitnah der aktuellen Belastung "Golf" zugeordnet
(Adlington 1996). Das heißt, neben schlechter Technik und unprofessioneller
Vorbereitung auf die golfspezifische Bewegung ist auch die Anamnese des
Spielers ein ernstzunehmendes Kriterium für die Beurteilung ,,golfspezifischer"
Beschwerden. So beschreibt schon Meeuwisse (1994), dass Sportverletzungen
normalerweise aus einer Summe von Umständen und vorher bestehenden
Konditionen resultieren. Zahlreiche Studien beweisen, dass "golfbedingte"
Rückenschmerzen nur selten erstmalig auftreten. Burdorf et al. (1996) haben
eine einjährige Studie zu Rückenschmerzen bei Golfanfängern durchgeführt,
die darlegt, dass nur 8% zum ersten Mal Rückenschmerzen beklagen. 28%
hatten unmittelbar vor der Befragung schon akute Schmerzen und 63% gaben
an, schon häufiger entsprechende Probleme gehabt zu haben. In diesem
Zusammenhang scheinen neuere Daten zum häufig mit Golf in Verbindung
gebrachten lumbalen Rückenschmerz durchaus zu gegenteiligen Ergebnissen
als bisher angenommen zu führen: Für dieses Beschwerdebild wird als einziges
angegeben, dass es sich durch Golfspielen bei einer relevanten Zahl von
Spielern mit vorbestehenden Rückenschmerz verbessert hat (Gosheger et al.
2003; Liem 2004). In Kenntnis dieser Tatsachen zeichnet sich qualifizierter
Golfunterricht initial dadurch aus, dass eventuell vorhandene Vorschädigungen
oder Beschwerden erfragt und im Training entsprechend individualisiert vorge-
gangen werden.
Besondere Berücksichtigung findet hier die Altersstruktur der Golfspieler.
Schätzungsweise sind mehr als die Hälfte aller Golfer weltweit über 50 Jahre.

14
Es liegen keine Studien vor, die genaue epidemiologische Informationen
bezüglich dieser Altersgruppe liefern. Dabei spielt gerade bei Senioren eine
altersgemäße Anpassung der Belastung eine große Rolle. Allgemeine
degenerative Veränderungen des Bewegungsapparates sowie eventuelle akute
Verletzungen lassen Bewegungen in vollem Ausmaß und räumlich-zeitlicher
Dynamik nicht mehr zu und erhöhen das Verletzungsrisiko bzw. lassen
Verletzungen chronisch werden. Strategien zur Verletzungsprophylaxe rücken
immer stärker in den Vordergrund modernen Unterrichts. Boldt et al. (2000)
empfehlen eine Modifizierung des Schwungs durch Verkürzung des
Bewegungsumfangs und Vermeidung eines Finishs mit deutlicher Hyper-
lordosierung der Wirbelsäule, womit in Verbindung mit einem ergänzenden
Fitnesstraining die Belastung des Stütz- und Bewegungsapparates deutlich
reduzieren werden kann.
Ausgehend von der Annahme, dass für viele, insbesondere ältere Golfer ihr
Spiel mindestens die zweite sportliche Erfahrung des Lebens darstellt, sollten
sie aus der Praxis früherer, eher athletisch orientierter Sportarten die
Bedeutung des Aufwärmens kennen. "Da Golf kein Sport ist, ist auch ein ad-
äquates Aufwärmen nicht notwendig!", dies scheint dagegen die Auffassung der
meisten Golfspieler, auch der jüngeren, zu sein. Zumindest lassen sich die in
der Literatur gefundenen Ergebnisse zum Thema Aufwärmen so interpretieren.
Wie oben bereits beschrieben bringt man eine mangelhafte Vorbereitung eher
mit einem nicht unbeachtlichen Verletzungsrisiko in Verbindung. Um fest-
zustellen, warum dieses von den Golfern dennoch billigend in Kauf genommen
wird, haben Fradkin et al. (2003) Golfspieler hinsichtlich ihrer Aufwärm-
gewohnheiten und deren Motive befragt. Die Befragung ergab, dass sich nur
3,8% grundsätzlich physisch auf das Golfspielen vorbereiten. Über 70% der
befragten Amateure gaben zu, sich gar nicht oder nur selten aufzuwärmen.
Keine Notwendigkeit (38,7%), Zeitmangel (36,4%) und Desinteresse (33,7%)
sind die Erklärungen für mangelhafte Vorbereitung. Unverständlich erscheinen
diese Zahlen vor dem Hintergrund, dass 74,5% derer, die sich aufwärmen,
berichten, anschließend besser zu spielen. Für 27% der befragten Golfer steht
die Verletzungsprophylaxe im Vordergrund (Fradkin et al. 2003). Gosheger et

15
al. (2003) bestätigen ähnliche Ergebnisse nach einer Umfrage zu Verletzungen
und Überlastungssyndromen im Golf. Ein Teil der Befragung eruierte die Auf-
wärmgewohnheiten der teilnehmenden Golfer. Bemerkenswert ist, dass sich
laut dieser Umfrage 81% der befragten Golfer weniger als 10 Minuten
aufwärmen. Unter den 18,9% derer, die sich nach eigenen Angaben länger als
10 Minuten aufwärmen, war die Verletzunginzidenz weniger als halb so groß als
bei den nicht oder nicht ausreichend aufgewärmten Golfern. Darüber hinaus
liegt der Prozentsatz der Professionals, die sich intensiver aufwärmen mit
41,7% noch deutlich höher als bei den Amateuren (Gosheger et al. 2003). Zwar
zeigen die Professionals damit eine größere Bereitschaft, doch scheint die
Wichtigkeit einer optimalen Vorbereitung noch nicht ganz erkannt zu sein.
Professionals sollten sich bewusst sein, dass der Körper ihr Kapital ist und die
Prophylaxe vor Verletzungen und Überlastungen unter Umständen existen-
ziellen Charakter haben kann.
Herwegen et al. (2002) folgern aufgrund einer Pilotstudie, dass Aufwärmen den
Bewegungsablauf optimiert und vor golfschwungverursachten Rücken-
schmerzen schützt. Jedoch konnten die Autoren diese Interpretation nicht durch
statistisch abgesicherte Daten untermauern. Sie stellten fest, dass die Hälfte
der Versuchspersonen eine Zunahme von Rückenschmerzen nach Schlägen
ohne vorherige Aufwärmung angeben (Herwegen et al. 2002). Ob dieses für
Golfer aller Spielklassen insbesondere auch für Professionals gilt, bleibt offen,
da das Durchschnittshandicap der 17 Probanden mit 40,5 relativ hoch war und
somit die Reproduzierbarkeit eines qualitativ präzisen Golfschwungs in Frage
gestellt werden muss. So kann postuliert werden, dass gerade bei Anfängern
häufige Fehlschläge, ob ohne oder mit vorherigem Aufwärmen durchgeführt, zu
akuten Rückenschmerzen geführt haben können.
Darüber hinaus beschreiben genügend Arbeiten die Vorzüge eines adäquaten
Aufwärmprogramms vor dem Sport (Ingjer und Stromme 1979; Bennett 1984;
Safran et al. 1988). Eine Auswahl an Aufwärmempfehlungen verschiedener
Autoren stellen Sherman und Finch (2000) in der folgenden Tabelle (Tab.1)
gegenüber:

16
Quellen Empfohlenes
Aufwärmprocedere
Buchan (1990)
Allg. Warm-up befürwortet, aber keine spezielle
Empfehlung
Hosea & Gatt (1996)
2 min. Stretching, 5 min. zunehmende Schwungintensität,
4 min. Putting, 1 min. Wartezeit am Abschlag mit
Probeschwüngen
James (1995)
Aktivierung zur Erhöhung der Körpertemperatur (gehen,
laufen, ...), Stretching, langsame Schwünge mit langsamer
Erhöhung der Geschwindigkeit
James (1996)
5 min. zügiges Gehen, stat. Dehnen in Lateralflexion,
Rotation und Extension, stat. Dehnen von Hamstrings,
Wadenmuskeln und Quadriceps, entspannte
Übungsschwünge
Jobe & Schwab
(1991)
10-15 min. Fahrradfahren oder Walking, um die Gewebe-
temperatur zu erhöhen, anschließend Stretching
Kohn (1996)
Kurze Stretchingphase, Probeschwünge mit langsamer
Erhöhung von Bewegungsumfang und ­intensität
Madalozzo (1986)
Walking/Jogging, Stretching, Bälle schlagen (mit kurzen
Eisen beginnen, dann steigern)
Mallon & Hawkins
(1994)
Bälle schlagen mit zunehmender Intensität, anschließend
Putting
Stover & Mallon
(1992)
mit kurzen Eisen Bälle schlagen, allmählich Länge und
Intensität des Schwungs erhöhen.
Pink et al. (1996)
Stretching und Laufen, Bälle schlagen nicht empfohlen
Tab.1: Aufwärmempfehlungen verschiedener Autoren (modifiziert nach Sherman und
Finch 2000)
Diese Zusammenstellung zeigt, dass weder hinsichtlich der Art noch der auf-
zubringenden Zeit Konsens besteht. Von der Tatsache, dass ein Aufwärm-
programm erforderlich ist, wie auch immer es aussehen mag, sind jedoch alle
überzeugt.
Obwohl mittlerweile von vielen Golfzeitschriften, Verbänden und Physio-
therapeuten "Warm-up"s, Aktivierungsprogramme und Fitnesstipps propagiert
werden, zeigen die meisten Golfspieler im Allgemeinen wenig Einsicht, dass
Aufwärmübungen vor dem Spiel einen präventiven Einfluss hinsichtlich des
Verletzungsrisikos haben könnten. Genaue Studien zum unterstellten positiven
Einfluss eines Aufwärmprogramms auf die Verletzungsstatistiken stehen noch
aus (Sherman und Finch 2000). Auch wenn noch keine spezifischen Studien
den Benefit eines Aufwärmprogramms vor dem Golf überzeugend nach-
gewiesen haben, wird generell angenommen, dass damit die Leistung ver-

17
bessert und vermutlich das Verletzungsrisiko gesenkt werden kann (Shellock
und Prentice 1985; Stover und Mallon 1992). Sollte ein bislang vermuteter
Zusammenhang nachgewiesen werden können, würde sich das Aufwärm-
verhalten der (vor allem älteren) Golfer möglicherweise nachhaltig ändern.
Auch wenn an der Sinnhaftigkeit oben genannter Empfehlungen nicht zu
zweifeln ist, kann die Verletzungsprophylaxe um eine weitere Facette erweitert
werden. Eine Verbesserung der Körperwahrnehmung kann die Umsetzung der
Bewegungsvorstellung erleichtern und somit ebenfalls einen präventiven
Charakter erhalten. Gerade wenn Bewegungseinschränkungen vorliegen, sollte
sich der Spieler seiner Bewegung bewusst werden. Können bestimmte
Bewegungen nicht mehr oder nur eingeschränkt durchgeführt werden, besteht
die Gefahr, diese Defizite durch Ausweichbewegungen zu kompensieren. Diese
Kompensationsbewegungen weichen in der Regel von der idealtechnischen
Bewegung ab und können in der Konsequenz zu Fehlbelastungen weiterer
Körperregionen führen. Ist sich der Spieler seiner Bewegung bewusst, kann
über eine Fokussierung der Bewegungsphasen die Bewegung besser gesteuert
werden. Darüber hinaus kann über eine bewusste Körperwahrnehmung eine
geforderte Schwungreduzierung (siehe oben) gezielter durchgeführt und die
Bewegung und die folgliche Belastung besser dosiert werden.
1.4 Aspekte des Bewegungslernens und der Körperwahrnehmung im Golf
Der Trendsport Golf zeichnet sich dadurch aus, dass die meisten Golfer, und
zwar auch Anfänger, bereits fortgeschrittenen Alters sind. Damit kann die bis
dahin gesammelte Bewegungserfahrung in den Lernprozess miteinbezogen
werden und muss durch weitere ergänzt werden. Eine Rückmeldung über die
Bewegungsausführung ist dabei außerordentlich wichtig und kann sowohl
extern (durch den Trainer oder per Video) als auch intern über die eigene
Körperwahrnehmung erfolgen. Die Art der Informationsaufnahme durch den
Spieler spielt dabei eine wesentliche Rolle und muss vom Trainer individuell
hinterfragt und in der Art der Korrektur berücksichtigt werden. Nachfolgend soll
die Bedeutung der Körperwahrnehmung für das motorische Lernen erörtert

18
werden. Darüber hinaus soll beschrieben werden, durch welche Arten der
Rückmeldung das motorische Lernen unterstützt werden kann. Da aufgrund der
Altersstruktur häufig Bewegungseinschränkungen bei Golfspielern diagnostiziert
werden können, soll weiterhin hinterfragt werden, ob diese einen Einfluss auf
die Körperwahrnehmung haben könnten.
Bewegungslernen als Teilbereich des motorischen Lernens dient als Grund-
lage, verschiedene motorische Aufgaben situationsadäquat zu lösen und kann
somit als interner Organisationsprozess bezeichnet werden. Der Prozess selbst
beinhaltet sowohl die Informationsaufnahme als auch deren weitergehende
Verarbeitung. Nach Ausbildung einer Bewegungsvorstellung wird ein moto-
risches Programm entwickelt, über das die Bewegung ausgeführt wird. Bei der
Umsetzung helfen verschiedene Wahrnehmungsprozesse, welche die Bewe-
gungen entsprechend der Bewegungsvorstellung kontrollieren und anpassen.
So entsteht während und nach Durchführung der Bewegung ein Vergleich
zwischen der durchgeführten Bewegung und der angestrebten Zielbewegung.
Es gibt zwei Informationsarten, die für den Lernprozess unabdingbar sind.
Neben exterozeptiven Rückmeldungen, die visuell oder auditiv erfolgen können,
verfügt der Körper über verschiedene interne Rückmeldesysteme. Dabei
werden propriozeptive Informationen im Sinne der Kinästhetik aufgenommen
und an das Zentrale Nervensystem weitergeleitet. Nach Mechling und
Effenberg (2003) ist davon auszugehen, dass sich mit zunehmendem Fertig-
keitsniveau der Einfluss des propriozeptiven Regelkreises verstärkt. So kann
angenommen werden, dass die Qualität der kinästhetischen Rückmeldung
umso höher ist, je besser eine Bewegung gekonnt wird, oder praktisch aus-
gedrückt, in einem perfekt beherrschten Bewegungsablauf noch so kleine
Fehler dem sehr guten Golfer bewusst oder wenigstens bemerkbar werden. So
kann zwischen der Körperwahrnehmung und der Durchführung von
Bewegungen bzw. dem Erlernen dieser ein enger Zusammenhang beschrieben
werden. In ähnlicher Weise beschreibt auch Stolze (1976) einen Regelkreis, in
dem sich Bewegen und Fühlen gegenseitig beeinflussen und regeln.
Dient im Prozess des motorischen Lernens zunächst das visuelle Feedback

19
entscheidend im Rahmen der Bewegungssteuerung, so übernimmt nach
Landauer (1978) insbesondere bei schnelleren Bewegungen der kinästhetische
Analysator den Steuerungsprozess. Auch Rieder und Lehnertz (1991) betonen
die Wichtigkeit des kinästhetischen Analysators, der aufgrund seiner Ver-
netzung und Leitungsgeschwindigkeit die schnellste Informationsquelle für die
Kontrolle der eigenen Bewegungen ist. Dabei ist eine Selbstbeurteilung der
Bewegung auch dann noch möglich, wenn keine Informationen visueller
Analysatoren zur Verfügung stehen (Boff et al. 1986; Lovelace 1989;
Rockmann-Rüger 1991). Inwiefern sich diese Darstellungen auch bei hoch-
komplexen Bewegungen wie dem Golfschwung bewahrheiten, ist ein Neben-
aspekt dieser Arbeit.
Neben dem propriozeptiven Feedbackmechanismus, der dem Körper zur
Bewegungswahrnehmung dient, spielt aber auch die Bewegungserfahrung eine
wichtige Rolle beim motorischen Lernen. Leist (1983) geht davon aus, dass die
Bewegungserfahrung aus Bewegungsmustern zusammengesetzt ist, die ein
geordnetes System darstellen. Darin werden verschiedene Reafferenzen
(kinästhetische, taktile, visuelle und akustische), zum Teil nur unbewusst,
kognitiv verarbeitet und anschließend strukturiert, gespeichert. In Bezug auf das
Bewegungslernen entsteht ein enger Zusammenhang zwischen Bewegungs-
erfahrung und Bewegungswahrnehmung (Körperwahrnehmung). Cratty (1979)
charakterisiert in der engen Verbindung zwischen (Bewegungs-)Lernen und
Wahrnehmung ein interagierendes Verhaltensphänomen.
Eine durchaus als positiv zu bewertende vorhandene Bewegungserfahrung
kann beim Bewegungslernen nicht nur förderlich, sondern auch hinderlich sein.
Es ist bekannt, dass viele Golfer ihre gute Spielstärke leicht auf der Basis von
existierenden Bewegungserfahrungen erlangt haben, die aus bewegungs-
verwandten Sportarten stammen, z.B. Tennis, Baseball, Hockey und Eishockey.
Kinder zu unterrichten und in Bewegungsvorstellung und Bewegungsfähigkeiten
zu formen, ist meistens im wahrsten Sinne des Wortes ein Kinderspiel, da viele
Kinder vorurteilslos und intuitiv aus ihren schnell zunehmenden Erfahrungen
lernen und sich neuen Begebenheiten anpassen. Schwieriger dagegen wird es,
wenn individuelle Bewegungsmuster, möglicherweise noch in Kombination mit

20
Bewegungsdefiziten, bereits gefestigt wurden und somit eine ökonomische
Bewegungsausführung wie auch erfolgreiches Umlernen behindern. Dieses ist
aufgrund der Altersstruktur im Golfsport wesentlich häufiger der Fall. Grund-
sätzlich gilt: Ohne Veränderung keine Verbesserung. Im Allgemeinen sind Ver-
feinerung und Stabilisierung konstitutionelle Merkmale des Fortschritts im
motorischen Lernen, dabei wirken allein diese in schwierigen Fällen nicht
unbedingt bewegungsverbessernd. Sie können gegenteilig sogar eine
Stagnation im Lernprozess bewirken, wenn der Spieler in alten Bewegungs-
mustern gefangen ist und eine Umsetzung besserer Bewegungen dadurch
erschwert oder sogar verhindert wird. Ein erster Schritt wäre in diesem Fall ein
Auflösen alter Strukturen. Das Ziel sollte dann lauten: Neustrukturierung statt
Stabilisierung. Unter Rückgriff auf die positiv verwertbare Bewegungserfahrung
und unter Extinktion kindlicher Bewegungsmuster können so neue Impulse
gesetzt werden, die zu einer veränderten Bewegungsstruktur führen (Rieder
und Lehnertz 1991; Olivier und Rockmann 2003)
Innerhalb der Änderung von Bewegungsmustern können verschiedene Verein-
fachungsstrategien eingesetzt werden, welche die Wahrnehmung der durchzu-
führenden Bewegung erleichtern kann. Besteht eine Überforderung in der
Programmlänge der Gesamtbewegung, d.h. es sind zu viele Teile zeitlich nach-
einander (sukzessiv) innerhalb der Gesamtbewegung zu behandeln, kann das
Prinzip der Verkürzung der Programmlänge, also eine Zerlegung in kleinere
Abschnitte, benutzt werden (Roth 1998).
Die Anwendung dieses Prinzips unter-
liegt jedoch einfachen Einsatzbeschränkungen: Programmlängenverkürzungen
sind nur dann lernwirksam, wenn die Zieltechnik durch gut isolierbare,
nacheinander zu realisierende Bewegungsteile gekennzeichnet ist. Bei engen
Wechselwirkungen und Verzahnungen zwischen sukzessiv aufeinander
folgenden Einzelabschnitten ist von ihrer Trennung eher abzuraten. Die Zer-
legung des Golfschwungs in Rückschwung (mit Take-away und Erreichen des
Kulminationspunkts) und Durchschwung (mit Impactphase und Finish) dürfte
aufgrund der Abhängigkeit der einzelnen Teile voneinander Schwierigkeiten
machen. Lediglich zur Bewusstmachung bestimmter Faktoren dürfte hier eine
Programmlängenverkürzung angebracht sein, z.B. Initiierung des Durch-

21
schwungs bis zum Impact, um die Stellung der Körperelemente zueinander und
die des Schlägerblatts zu erfahren.
Liegen Probleme in der Koordination simultaner Bewegungen bietet sich als
Vereinfachungsprinzip die Verringerung der Programmbreite an. Einzelne Teile
der Bewegung werden isoliert voneinander vermittelt (z.B. Armaktion, Bein-
aktion). Solche Reduktionen der Programmbreite sind dann weniger lernwirk-
sam, wenn zwischen den simultan zu koordinierenden Aktivitäten enge
Wechselwirkungen bestehen. Dies scheint beim Golfschwung der Fall zu sein,
da zwischen Hüft-, Rumpf- und Schulterdrehung und den Aktionen der freien
oberen Extremität Abhängigkeiten bestehen. Betrachtet man jedoch den Golf-
schwung als eine ganzheitliche Bewegung, deren Motor in der Hüft- und
Rumpfdrehung besteht, so könnte eine Reduktion der Programmbreite Erfolg
versprechend sein: Dabei würden (zunächst auch ohne Schläger) unter
Konzentration auf Hüft- und Rumpfdrehung die darüber liegenden Teile des
Körpers im Sinne der Bewegungsübertragung wie bei einem Pendel zeit-
verzögert nachfolgen, was beim Lernenden auch die Erkenntnis unterstützen
könnte, dass es nicht die Arme oder Hände sind, die schlagen müssen.
Eine zweite methodische Vorgehensweise, die auf diesen Überforderungs-
aspekt abzielt, ist die Invariantenunterstützung bzw. Ausführungshilfe für
strukturelle Bewegungsmerkmale. Bekannte Beispiele sind akustische
Rhythmusvorgaben, visuelle Orientierungsvorgaben und kinästhetisch
bewegungsführende Hilfen (Roth 1998). Alle diese Maßnahmen finden im Golf-
unterricht erfolgreiche Anwendung. Akustische Unterstützung für den Rhythmus
von Rückschwung und Durchschwung (,,Hari-bo"), Orientierungsvorgaben in
Form von Markierungen am Boden, um das Treffen des Balles in der
gewünschten Schwungbahn zu unterstützen oder verschiedenste Gurtsysteme,
die gezielt und sehr effektiv den kinästhetischen Analysator ansprechen, haben
sich in der Praxis bewährt.
Inwiefern alte Bewegungsmuster aufgelöst werden müssen, um eine ver-
besserte Bewegung initiieren zu können, kann von verschiedenen Kriterien ab-
hängig gemacht werden. Neben dem Fertigkeitsniveau spielt hierbei auch der

22
Grad der Wahrnehmungsfähigkeit eine entscheidende Rolle. Somit muss der
Grad der Intervention individuell differenziert werden. Befindet sich ein Sportler
auf einem hohen Fertigkeitsniveau, so läuft die Bewegung in höchster
Bewegungspräzision automatisiert ab. Um auf hohem Niveau eine Bewegungs-
veränderung zu erzielen, ist ein großes Maß an Wahrnehmungsfähigkeit
notwendig, da die notwendigen Änderungen stark nuanciert und gleichzeitig
subtil sind. Ein Beispiel zeigt sich im Aufwand, den Professionals betreiben, um
kleinste Technikkorrekturen vorzunehmen. Trotz enormer Bewegungserfahrung
benötigt die Korrektur umso mehr Zeit, je differenzierter diese ist. So trainieren
Professionals viele Trainingseinheiten an Feinheiten, während Amateure häufig
erwarten, grundlegende Technikänderungen möglichst innerhalb von ein bis
zwei Trainerstunden erreichen zu können.
Aufgrund der Komplexität des Golfschwungs kann ein falsches Bewegungs-
muster auch in Abhängigkeit des Bewegungsergebnisses entstehen. Vielfach
kommt es zu einer Wahrnehmungstäuschung, wenn das Ergebnis, z.B. den Ball
nahe an die Fahne zu spielen, der übergeordneten Zielstellung entspricht. Die
eigentliche Aufgabe, eben die möglichst korrekte Bewegungsausführung, wird
vom Schüler oftmals in den Hintergrund gerückt, wenn der Ball trotz schlechter
Ausführung sein Ziel erreicht hat. Ein typisches Beispiel hierfür ist der
notorische Slicer, der trotz fehlerhafter Schlagausführung relativ gut reprodu-
zierbare Schläge ins Ziel durchführen kann, indem er sich für seinen Schlag
einfach weiter links davon ausrichtet. Aber auch trotz Realisierung der
Korrekturmaßnahme durch den Schüler kann ein Fehlschlag entstehen, wenn
ein anderer wichtiger Treffmomentfaktor nicht erfüllt wurde. Hier muss eine
motivierende Bestätigung durch den Trainer erfolgen, dass die Bewegungs-
aufgabe erfüllt wurde und daraus folgend die Bewegung trotz Fehlschlag positiv
wahrgenommen werden kann.
Ein weiterer Gesichtspunkt des Motorischen Lernens ergibt sich aus der
Fähigkeit, Korrekturen aufzunehmen. Es können verschiedene Lerntypen unter-
schieden werden, die sich an der Informationsaufnahme über die verschieden-
artigen Analysatoren orientieren. Damit wird der Lehrer gefordert, die für den
Schüler zugänglichste Korrekturmethode auszuwählen. Spricht ein Schüler nur

23
schlecht auf den kinästhetischen Analysator an, so ergeben sich Defizite im
Bereich der Bewegungsempfindung. Da der Golfschwung selbst nur geringfügig
von äußeren Bedingungen abhängig ist und zudem eine schnelle und zugleich
sehr komplexe Bewegungsaufgabe darstellt, wird dem kinästhetischen
Analysator eine große Gewichtung beigemessen. "Nihil est in intellectu quod
non prius fuerit in sensu." (Mittelstrass 1984, 1016): Dieser Leitgedanke im
Bewegungslernen soll auf seine Übertragbarkeit hinsichtlich der Bewegungs-
wahrnehmung im Golf untersucht werden. Umgesetzt im Unterricht stellt sich
die Frage, wie eine Bewegung optimal ausgeführt werden kann, wenn der
Körper nicht fühlt, was er macht.
Nachdem die Wichtigkeit des kinästhetischen Analysators lange bekannt ist,
verwundert es, dass dieses Thema im Golf nahezu unberührt ist. Bislang hat
nur Stolpe (2002) nachgewiesen, dass sich ein kinästhetisch orientiertes
Training positiv auf das Erlernen der komplexen Golfbewegung auswirkt. Eine
Gruppe von Golfanfängern erhielt neben dem eigentlichen Golfunterricht ein
kinästhetisch orientiertes Zusatztraining. Das Ergebnis der Studie zeigt, dass
diese Probandengruppe nach drei Monaten einen größeren Lernerfolg vor-
zeigen konnte als die Kontrollgruppe ohne Begleittraining. Das Ergebnis kann
als leicht vorhersehbar gewertet werden, da in koordinativ anspruchsvollen
Sportarten ein positiver Effekt aufgrund derartiger Interventionen im Prinzip
immer zu erwarten ist.
Guadagnoli et al. (2002) haben die Effizienz von Videofeedback im Golf-
unterricht untersucht. Unterricht mit Videofeedback, Kontrolle mittels Instruktion
durch einen Lehrer und autodidaktische Lernweise (ohne externe Rück-
meldung) wurden in je einer Versuchsgruppe von Anfängern angewandt und
bezüglich des Lernerfolgs miteinander verglichen. Nach vier Trainingseinheiten
waren erstaunlicherweise zunächst die Spieler besser, die nach dem Prinzip
von Versuch und Irrtum autodidaktisch trainiert hatten. Nach weiteren zwei
Wochen waren die Ergebnisse der beiden unterrichteten Gruppen besser als
die der autodidaktischen Übungsgruppe, wobei sich die zusätzliche Video-
instruktion im Unterricht am effektivsten herausstellte. Dieses deutet an, dass
der positive Effekt eines videogestützten Unterrichts erst mittelfristig eintreten

24
dürfte. Die Tatsache, dass die Gruppe, die keine Korrektur bekam, zunächst die
besten Ergebnisse zeigte, scheint die Priorität des kinästhetischen Analysators
in der Informationsaufnahme zu bestätigen. Die spätere Verbesserung der
anderen beiden Gruppen weist darauf hin, dass eine Kombination der unter-
schiedlichen Methoden empfehlenswert scheint. Damit stellt sich die Frage,
welcher Schüler wieviel Information zu welchem Zeitpunkt verarbeiten kann.
Butki und Hoffman (2003) zeigten in einer Studie zum Putten, dass die
unmittelbare Rückmeldung des Schlagergebnisses (Richtung und Länge) nur
bedingt Verbesserungen nach sich zieht. Sofortige Mitteilung über das Resultat
ergab während der Testdurchführung zunächst bessere Ergebnisse, in der
Langzeitsicht aber war die Verbesserung umso größer, je geringer die Rück-
meldung über das Ergebnis war. Dieser Befund deutet darauf hin, dass
zunächst die Ergebnisorientierung (optische Rückmeldung) den Lernprozess
fördert, die aber mit zunehmendem Lernfortschritt vom kinästhetischen
Analysator abgelöst wird. Ohne Blickkontrolle weiß ein erfahrener Golfer, ob
sein Putt zu lang oder zu kurz war, oder ob er rechts oder links von der Ziellinie
abwich.
Grundsätzlich beschreiben Hodges et al. (2003), dass Videofeedback bei der
Wahrnehmung und Durchführung neuer koordinativ anspruchsvoller
Bewegungen einen positiven Einfluss hat, nicht zuletzt deswegen, weil korrekte
und unkorrekte Bewegungen deutlich dokumentiert und somit besser von-
einander unterschieden werden können. In der Praxis empfiehlt es sich, dem
Schüler einen unmittelbaren Vergleich seiner Originalbewegung mit einer ideal-
technischen Bewegung zu demonstrieren. Mithilfe videogestützter Computer-
analyse-Systeme können individuelle Abweichungen komparativ aufgezeigt
werden und die Körperwahrnehmung kann nachfolgend entsprechend gelenkt
werden.
Darüber hinaus, welcher Analysator vorrangig benutzt wird, um das
Bewegungslernen zu unterstützen, scheint es außerdem von Bedeutung zu
sein, worauf der Spieler seine Aufmerksamkeit richtet, worauf er sich bei der
Bewegungsausführung also fokussiert. Perkins-Ceccato et al. (2003) unter-
scheiden in ihrer Untersuchung zwischen einem ergebnisorientierten und einem

25
bewegungsorientierten Fokus. Bei Verwendung des ergebnisorientierten Fokus
wird ein Spieler sich genau vorstellen, wie der Ball fliegt und wo er landet,
während der bewegungsorientierte Fokus die Vorstellung der eigenen
Bewegung ins Zentrum der Aufmerksamkeit rückt. Gute Spieler erzielen mit
ergebnisorientiertem Fokus bessere Ergebnisse, möglicherweise, weil ihre
Schwungbewegung stabilisiert und gut reproduzierbar ist und eine kognitive
Hinwendung zur Bewegung ihre automatisierte Ausführung eher behindern
würde. Im Gegensatz zu den guten Spielern erzielten schlechte Golfer mit
Hinwendung zum bewegungsorientierten Fokus erfolgreichere Ergebnisse.
Dieser Befund deutet auf das noch nicht vollständig stabilisierte Bewegungs-
programm bei Anfängern hin, das bei Fokussierung auf ein Ziel (z.B. ein Grün in
150 m Entfernung zu treffen) durch etwa unangemessenen Krafteinsatz gestört
werden kann. Einen ähnlichen Ansatz verfolgt Singer (2000), der die
Unterschiede jedoch in der Gegenübersetzung von selbst gesteuerten
(geschlossenen) oder extern gesteuerten (offenen) Ereignisse beschreibt.
Bei Nichtgolfern liegen die Verhältnisse offenbar noch anders als bei
Anfängern: Bei der Durchführung von halben Schlägen (Pitch) sollten sie sich in
einer Studie von Wulf et al. (1999) entweder extern auf die Bewegung des
Schlägers fokussieren oder intern auf die Armbewegung; externe Fokussierung
brachte bessere Schlagergebnisse hervor als interne. Dies weist darauf hin,
dass das Fehlen von golfspezifischer Bewegungserfahrung und ­vorstellung
eine interne Fokussierung bzw. auch einen bewegungsorientierten Fokus (s.o.)
nicht ermöglicht. Ferner stützt dieses Beispiel aber auch die These von
Landauer (1978), dass zunächst der visuelle Analysator besser greift, bevor bei
schnelleren und komplexeren Bewegungen der kinästhetische genutzt wird.
Es wird nicht eindeutig geklärt werden können, welches der beste Feedback-
mechanismus ist. Sichergestellt werden kann, dass die Wahrnehmung des
Einzelnen und die Art des Lerntyps bei der Frage nach der erfolgreichsten
Methode entscheidenden Einfluss nehmen. Auf der Suche nach dem perfekten
Schwung erinnern Cochran und Stobbs (1986) daran, dass der Spieler nicht mit
Informationen überfrachtet werden sollte, sondern Instruktionen eher in Form
von generellen Gefühlen gegeben werden sollten, als in spezifischen Details,

26
wann welcher Körperteil genau was zu tun hat. Damit rückt wiederum die
Körperwahrnehmung ins Zentrum der folgenden Überlegungen.
Körperwahrnehmung ist im Wesentlichen an die propriozeptiven Analysatoren
gebunden. Die Propriozeptoren vermitteln dabei ein inneres Bild über Gelenk-
stellungen und -bewegungen und den Muskeleinsatz, um diese Stellungen zu
sichern bzw. Bewegungen durchzuführen. Folgende Rezeptoren spielen bei der
Propriozeption eine wesentliche Rolle: Im Muskel vermitteln die Muskelspindeln
ein Bild von der Länge der Muskeln. Die Golgi-Sehnenorgane messen im
Bereich des myotendinösen Überganges die Muskelspannung. Während die
Sehnenspindeln sowohl statische Situationen wie auch dynamische Ver-
änderungen registrieren, sind die Muskelspindeln eher für rasch erfolgende
Veränderungen der Muskellänge sensibel. Da nicht allein Muskellänge und -
spannung die Kinästhetik von Stellung und Bewegung vermitteln können,
kommt den Rezeptoren der Gelenkkapseln, z.B. den Pacinischen Körperchen
und Ruffinische Körperchen, eine besondere Bedeutung zu. Auch diese
messen entweder statische Zustände (z. B. die Spannung unterschiedlicher
Kapselanteile) und vermitteln damit den Stellungssinn, oder mehr oder weniger
rasch erfolgende Veränderungen der Kapselspannung im dynamischen
Bewegungsablauf, um darüber auch regulierend in den Muskeleinsatz des
Arthrons eingreifen zu können. Propriozeptive Informationen innerhalb eines
Bewegungsablaufs stellen somit Messreihen zur Verfügung, wobei durch inte-
grative Verarbeitung der Informationen aus Muskelspindeln, Sehnenspindeln
und Gelenkrezeptoren ein inneres Bild (Körperwahrnehmung) der Bewegung
entsteht.
Es kann postuliert werden, dass das innere Bild umso genauer wird, je
umfangreicher diese Messreihen sind. An einem einfachen praktischen Beispiel
soll dies verdeutlicht werden. Wird eine Versuchsperson aufgefordert, das
Gewicht eines Körpers, den er in der Hand hält, zu schätzen, wird er mit seinem
Arm intuitiv nicht in einer statische Position verharren (hierbei würde nur die
einmalige Situation von Muskellänge, -spannung und Gelenkstellung, ergänzt
durch taktile Informationen der palmaren Haut gemessen), sondern er wird
durch "abwägende" Beuge- und Streckbewegungen des Unterarms eine

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Vielzahl von Messreihen erstellen, die zu einer präziseren Einschätzung des
Gewichts führen. Daraus kann gefolgert werden, dass Bewegungsfähigkeit bzw.
Beweglichkeit eine essentielle Voraussetzung für kinästhetische Informationen
durch die Propriozeptoren ist. Auf den Golfschwung übertragen könnte vermutet
werden, dass Spieler mit größerer Beweglichkeit in der Lage sind, eine
präzisere Körperwahrnehmung zu erlangen als Spieler mit geringer Beweglich-
keit.
Die kinästhetischen Informationen können jedoch auch durch kognitive
Reflexion der Golftechnik fehlgedeutet werden. In theoretischer Kenntnis einer
erforderlichen Oberkörperrotation gegenüber dem Stand von ca. 80-90° im
Rückschwung mag ein Spieler mit geringer Beweglichkeit eine deutlich
verringerte Rotation als die richtige interpretieren, da er seinen Körper als im
Rahmen seiner Möglichkeiten maximal rotiert wahrnimmt. Erst eine Video-
analyse wird ihm visuell seine eigene Fehlinterpretation vor Augen führen.
Propriozeptive oder kinästhetische Intelligenz ist also keine angeborene
Fertigkeit, sondern bedarf einer jeweils situationsgerechten Ausbildung unter
Zuhilfenahme anderer Analysatoren. Wird ein solcher Spieler durch gezieltes
Training seine allgemeine und golfspezifische Beweglichkeit verbessern, wird er
zunehmend in die Lage versetzt, durch Verfeinerung der propriozeptiven
Information seine Bewegung und den Umfang der Bewegung im Rückschwung
auch ohne visuelle Kontrolle abzuschätzen und zu dosieren.
Diese Überlegungen basieren auf allgemeinen Grundlagen der Bewegungs-
physiologie und deren Übertragung auf die eigene praktische Arbeit als Golf-
professional. Systematische Untersuchungen hierzu liegen nicht vor, und
Studien unter Verwendung von Winkelreproduktionstests sind allenfalls im
Ansatz geeignet, die Qualität von Körperwahrnehmung in statischen Situationen
zu messen. Wenn man sich jedoch die Komplexität der Bewegung und deren
Dynamik im Golfschwung vor Augen hält, dürfte man die erheblichen
Limitierungen erkennen, die eine Evaluation der Kinästhetik beim Golfschwung
erschweren, wenn nicht sogar unmöglich machen. Letztlich wird sich dieses
Phänomen nur über recht einfache Verfahren, wie auch in dieser Arbeit
angewendet, annähernd zugänglich machen lassen.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2005
ISBN (eBook)
9783832487287
ISBN (Paperback)
9783838687285
Dateigröße
1.3 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Deutsche Sporthochschule Köln – III, Biomechanik
Note
0,8
Schlagworte
golf kinästhetik beweglichkeit bewegungsanalyse sport
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Titel: Auswirkung eines funktionellen Komplextrainings auf Körperwahrnehmung und Bewegungsmerkmale im Golfschwung
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