Die technische Analyse von Wertpapieren aus Sicht der Behavioral Finance
©2005
Diplomarbeit
71 Seiten
Zusammenfassung
Inhaltsangabe:Einleitung:
Computer gestützte und automatisierte Formen des Wertpapierhandels haben in den letzten Jahren auf den internationalen Finanzmärkten zunehmend an Bedeutung gewonnen, wobei folgender Grundsatz zu beachten ist: Solide Handelsprogramme erzielen langfristig und konsistent Gewinne. Das Hauptrisiko aber bleibt der Mensch (...) (Goldberg, 2004b, S. 8). Diese Aussage impliziert, dass durch Anwendung der technischen Wertpapieranalyse und bei systematischer Auswahl geeigneter Strategien nachhaltig positive Renditen erzielt werden können.
Davon abgeleitete objektive Entscheidungsregeln sorgen zudem für Transparenz und dienen als Handelsanleitung für Investoren. Der entsprechenden Umsetzung von technischen Analysemethoden in der Praxis steht allerdings die menschliche Wahrnehmung, Verarbeitung und Bewertung einzelner Informationen entgegen. Eine Vielzahl von empirischen Studien und Untersuchungen belegen, dass grundlegende Annahmen der modernen Finanzmarkttheorie nicht mit dem realen Investorenverhalten korrespondieren. Vielmehr handeln Marktteilnehmer unsystematisch bzw. irrational statt ihren jeweiligen Nutzen zu maximieren und somit dem Homo oeconomicus-Modell zu folgen.
Aktuelle Erkenntnisse der verhaltenswissenschaftlichen Analyse von Kapitalmärkten nachfolgend subsumiert unter dem Begriff Behavioral Finance setzen sich mit den Ursachen irrationaler Entscheidungen auseinander und erläutern mögliche Auswirkungen auf das jeweilige Marktergebnis. In diesem Zusammenhang werden auch individuelle Bedürfnisse und soziale Motive wie Kontrollerleben, Harmonie, sowie Prestige neben dem Gewinnstreben Gegenstand der nachfolgenden Ausführungen sein. Allerdings spielt die Behavioral Finance als relativ neuer Forschungsansatz sowohl in der Wissenschaft als auch im praktischen Einsatz bisher eine untergeordnete Rolle und stellt lediglich eine Ergänzung zur modernen Kapitalmarktforschung dar. Auf die detaillierte Darstellung finanzierungstheoretischer Basismodelle und -konzeptionen wie CAPM, APT und EMH wird jedoch wegen des beschränkten Umfangs dieser Diplomarbeit und der Konzentration auf eine Ziel führende Argumentation verzichtet.
Ziel dieser Arbeit ist die systematische Darstellung von Zusammenhängen bzw. Schnittstellen der Technischen Analyse und Behavioral Finance, um in der Praxis eine erfolgreiche Umsetzung abgeleiteter Handelsstrategien zu ermöglichen.
In den beiden ersten Kapiteln des Hauptteils erfolgt zunächst ein […]
Computer gestützte und automatisierte Formen des Wertpapierhandels haben in den letzten Jahren auf den internationalen Finanzmärkten zunehmend an Bedeutung gewonnen, wobei folgender Grundsatz zu beachten ist: Solide Handelsprogramme erzielen langfristig und konsistent Gewinne. Das Hauptrisiko aber bleibt der Mensch (...) (Goldberg, 2004b, S. 8). Diese Aussage impliziert, dass durch Anwendung der technischen Wertpapieranalyse und bei systematischer Auswahl geeigneter Strategien nachhaltig positive Renditen erzielt werden können.
Davon abgeleitete objektive Entscheidungsregeln sorgen zudem für Transparenz und dienen als Handelsanleitung für Investoren. Der entsprechenden Umsetzung von technischen Analysemethoden in der Praxis steht allerdings die menschliche Wahrnehmung, Verarbeitung und Bewertung einzelner Informationen entgegen. Eine Vielzahl von empirischen Studien und Untersuchungen belegen, dass grundlegende Annahmen der modernen Finanzmarkttheorie nicht mit dem realen Investorenverhalten korrespondieren. Vielmehr handeln Marktteilnehmer unsystematisch bzw. irrational statt ihren jeweiligen Nutzen zu maximieren und somit dem Homo oeconomicus-Modell zu folgen.
Aktuelle Erkenntnisse der verhaltenswissenschaftlichen Analyse von Kapitalmärkten nachfolgend subsumiert unter dem Begriff Behavioral Finance setzen sich mit den Ursachen irrationaler Entscheidungen auseinander und erläutern mögliche Auswirkungen auf das jeweilige Marktergebnis. In diesem Zusammenhang werden auch individuelle Bedürfnisse und soziale Motive wie Kontrollerleben, Harmonie, sowie Prestige neben dem Gewinnstreben Gegenstand der nachfolgenden Ausführungen sein. Allerdings spielt die Behavioral Finance als relativ neuer Forschungsansatz sowohl in der Wissenschaft als auch im praktischen Einsatz bisher eine untergeordnete Rolle und stellt lediglich eine Ergänzung zur modernen Kapitalmarktforschung dar. Auf die detaillierte Darstellung finanzierungstheoretischer Basismodelle und -konzeptionen wie CAPM, APT und EMH wird jedoch wegen des beschränkten Umfangs dieser Diplomarbeit und der Konzentration auf eine Ziel führende Argumentation verzichtet.
Ziel dieser Arbeit ist die systematische Darstellung von Zusammenhängen bzw. Schnittstellen der Technischen Analyse und Behavioral Finance, um in der Praxis eine erfolgreiche Umsetzung abgeleiteter Handelsstrategien zu ermöglichen.
In den beiden ersten Kapiteln des Hauptteils erfolgt zunächst ein […]
Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
ID 8657
Runge, Robert: Die Technische Analyse von Wertpapieren
aus Sicht der Behavioral Finance
Hamburg: Diplomica GmbH, 2005
Zugl.: Universität Rostock, Diplomarbeit, 2005
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Diplomica GmbH
http://www.diplom.de, Hamburg 2005
Printed in Germany
AUTORENPROFIL
Robert Runge
Am Weitenmoor 5
18198 Kritzmow
Tel.: 0179/6360016
Mail:
boersenverein@gmx.net
Angaben
zur
Person
Geburtsdatum: 22.08.1980
Geburtsort:
Rostock
Familienstand: ledig
Studium
seit 10/ 00
Universität Rostock, Betriebswirtschaftslehre
Vertiefungen:
- Unternehmungsführung
- Rechnungswesen, Controlling u. Wirtschafts-
prüfung
- Wirtschaftspsychologie
Diplomarbeit zum Thema ,,Die Technische Analyse von Wertpa-
pieren aus Sicht der Behavioral Finance" (Note: 1,7)
Praktische Erfahrungen und Aktivitäten
09/ 99 - 10/ 99
Praktikum bei der Vereins- und Westbank (Wertpapierabteilung)
11/ 99 - 12/ 99
militärische Grundausbildung bei der Luftwaffe in Goslar
01/ 00 - 08/ 00
Tätigkeit als Personalverwalter beim Lufttransportgeschwader 63 in
Alt Duvenstedt
01/ 01 - 12/ 04
ehrenamtliches Vorstandsmitglied im Hanseatischen Börsenverein
an der Universität Rostock e.V.
seit 12/ 04
Beiratsmitglied im Hanseatischen Börsenverein
Kenntnisse und Fähigkeiten
Sprachen Englisch als Fremdsprache fließend in Wort und Schrift
MS Office
Word, Excel und Powerpoint
I
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis... III
Abkürzungsverzeichnis...IV
1. Einleitung... 1
2. Methoden der technischen Wertpapieranalyse... 3
2.1 Grundannahmen und Abgrenzung zur Fundamentalanalyse ... 3
2.2 Einteilung der Technischen Analyse ... 4
2.2.1 Charttechnik... 4
2.2.1.1 Dow-Theorie ... 4
2.2.1.2 Typische Darstellungsarten von Kursverläufen... 5
2.2.1.3 Charttechnische Formationen ... 6
2.2.1.4 Wertpapierumsätze ... 8
2.2.2 Markttechnik ... 9
2.2.2.1 Technische Indikatoren... 9
2.2.2.2 Marktindikatoren... 11
2.3 Kritikpunkte bei der Anwendung technischer Analyseverfahren... 11
2.3.1 Vergangenheitsbetrachtung und Ramdom-Walk-Hypothese... 11
2.3.2 Self-fulfilling-prophecy und die Bedeutung von Fehlsignalen... 12
3. Erkenntnisse aus der verhaltenswissenschaftlichen Kapitalmarktforschung... 13
3.1 Informationsverarbeitung und Heuristiken als Entscheidungsgrundlage ... 13
3.2 Bounded Rationality ... 14
3.3 Prospect Theory ... 15
3.3.1 Dispositions- und Besitztumseffekt ... 15
3.3.2 Verlustaversion und gedankliche Buchhaltung ... 17
II
3.4 Weitere Einflussfaktoren bei der Entscheidungsfindung... 20
3.4.1 Einstellung und Stimmung... 20
3.4.2 Kognitive Dissonanz ... 21
3.4.3 Stress als Wirkungsfaktor im Zeitablauf... 22
3.4.4 Kontrollmotiv... 23
4. Anwendung der Behavioral Finance zur Optimierung von technischen Ana-
lyseergebnissen ... 24
4.1 Individuelle Fehlerquellen ... 24
4.1.1 Selbstüberschätzung... 24
4.1.2 Attribution... 25
4.1.3 Unter- und Überreaktion ... 26
4.2 Berücksichtigung von Kapitalmarktanomalien... 28
4.2.1 Herdenverhalten und Noise-Trading... 28
4.2.2 Kalenderzeitphänomene und Größenklasseneffekt... 29
4.2.3 Beispiele historischer Extremsituationen an der Börse... 31
4.3. Strategieaspekte ... 36
4.3.1 Verwendung technischer Handelssysteme... 36
4.3.1.1 Trendfolgemodelle... 36
4.3.1.2 Antizyklische Strategien ... 40
4.3.2 Portfoliotheorie im Rahmen der Technischen Analyse ... 43
4.3.3 Stopp-Strategie und Money-Management ... 45
5. Zusammenfassung und Ausblick... 47
Literaturverzeichnis ...VI
Anhang...XVI
Eidesstattliche Versicherung...XIX
III
Abbildungsverzeichnis
Abb. 1: Aspekte bei der Wertpapieranalyse ... 2
Abb. 2: Balkenchartinterpretation... 5
Abb. 3: Kerzenchartinterpretation ... 5
Abb. 4: Muster für Trend bestätigende Chartformationen... 6
Abb. 5: Beispiele für Trendumkehrformationen... 7
Abb. 6: Beispiel eines einfachen Gleitenden Durchschnitts (DJ Euro Stoxx 50)... 9
Abb. 7: Überblick zu den Heuristiken ... 14
Abb. 8: Nutzenfunktion im Rahmen der Prospect Theory ... 16
Abb. 9: Beispiele für unterschiedliche Referenzpunkte ... 17
Abb. 10: Ausgewählte psychologische Effekte und Heuristiken... 19
Abb. 11: Fehlbewertung von Informationen bedingt durch Über- bzw. Unterreaktion ... 27
Abb. 12: Ausgewählte Ursachen für Trends... 29
Abb. 13: Anomalien auf individueller und aggregierter Ebene... 30
Abb. 14: Charakterisierung unterschiedlicher Börsensituationen ... 31
Abb. 15: Aktienkursentwicklungen während der Weltwirtschaftskrise (1929 - 1932 ) ... 32
Abb. 16: Marktphasenmodell NASDAQ-Chart mit Umsatzdaten (1997 - 2001) ... 33
Abb. 17: Determinanten des Marktphasenmodells... 35
Abb. 18: Renditeverteilung der Momentumstrategie im Vergleich zum DAX 30 ... 39
Abb. 19: DAX-Sentimentindikator (Bull / Bear-Index) ... 41
Abb. 20: Relative Wertentwicklungen ehemaliger Verlierer- und Gewinner-Portfolios ... 42
Abb. 21: Behavioral Portfolio Theory kombiniert mit technischen Handelsstrategien... 44
Abb. 22: Aufbau von Handelsmodellen... 46
Anhang 1.1: Kago- und Renkichart ...XVII
Anhang 1.2: Equivolumechart ...XVII
Anhang 2: Interview zum Thema Marktprognosen ... XVIII
Anhang 3: Aktuelle DAX 30-Aufteilung...XIX
IV
Abkürzungsverzeichnis
A/D
Advance/Decline
APT
Arbitrage Pricing Theory
BASF
Badische
Anilin-
und
Sodafabriken
BFG
Behavioral Finance Group
BMW
Bayerische
Motorenwerke
CAPM
Capital
Asset
Pricing
Model
DAI
Deutsches
Aktieninstitut
DAX
Deutscher
Aktienindex
DJ
Dow
Jones
DVFA
Deutsche Vereinigung für Finanzanalyse und Anlage-
beratung
EMH
Efficient
Market
Hypothesis
FASZ
Frankfurter
Allgemeine
Sonntagszeitung
GD
Gleitender
Durchschnitt
HfB
Hochschule
für
Bankwirtschaft
MACD
Moving Average Convergence Divergence
MAN
Maschinenfabrik
Augsburg-Nürnberg
NASDAQ
National Association of Securities Dealers Automatic
Quotation
RSI
Relative
Strength
Index
RWE
Rhein-Westfälische
Energiewerke
SAP
Systeme, Anwendungen und Produkte in der Daten-
verarbeitung
USA
United
States
of
America
WiSt
Wirtschaftswissenschaftliches
Studium
WKN
Wertpapierkennnummer
WTA
Willingness
to
Accept
WTP
Willingness
to
Pay
V
ZBB
Zeitschrift für Bankrecht und Bankwirtschaft
ZfB
Zeitschrift
für
Betriebswirtschaft
ZfbF
Zeitschrift
für
betriebswirtschaftliche
Forschung
1
1. Einleitung
Computer gestützte und automatisierte Formen des Wertpapierhandels haben in den letzten
Jahren auf den internationalen Finanzmärkten zunehmend an Bedeutung gewonnen, wobei
folgender Grundsatz zu beachten ist: ,,Solide Handelsprogramme erzielen langfristig und
konsistent Gewinne. Das Hauptrisiko aber bleibt der Mensch (...)" (Goldberg, 2004b, S. 8).
Diese Aussage impliziert, dass durch Anwendung der technischen Wertpapieranalyse und bei
systematischer Auswahl geeigneter Strategien nachhaltig positive Renditen erzielt werden
können. Davon abgeleitete objektive Entscheidungsregeln sorgen zudem für Transparenz und
dienen als Handelsanleitung für Investoren.
1
Der entsprechenden Umsetzung von technischen
Analysemethoden in der Praxis steht allerdings die menschliche Wahrnehmung, Verarbeitung
und Bewertung einzelner Informationen entgegen. Eine Vielzahl von empirischen Studien und
Untersuchungen belegen, dass grundlegende Annahmen der modernen Finanzmarkttheorie
nicht mit dem realen Investorenverhalten korrespondieren. Vielmehr handeln Marktteilnehmer
unsystematisch bzw. irrational statt ihren jeweiligen Nutzen zu maximieren und somit dem
Homo oeconomicus-Modell zu folgen.
Aktuelle Erkenntnisse der verhaltenswissenschaftlichen Analyse von Kapitalmärkten
nachfolgend subsumiert unter dem Begriff ,,Behavioral Finance" setzen sich mit den
Ursachen irrationaler Entscheidungen auseinander und erläutern mögliche Auswirkungen auf
das jeweilige Marktergebnis. In diesem Zusammenhang werden auch individuelle Bedürfnisse
und soziale Motive wie Kontrollerleben, Harmonie, sowie Prestige neben dem Gewinnstreben
Gegenstand der nachfolgenden Ausführungen sein. Allerdings spielt die Behavioral Finance
als relativ neuer Forschungsansatz sowohl in der Wissenschaft als auch im praktischen Einsatz
bisher eine untergeordnete Rolle und stellt lediglich eine Ergänzung zur modernen Kapital-
marktforschung dar. Auf die detaillierte Darstellung finanzierungstheoretischer Basismodelle
und -konzeptionen wie CAPM, APT und EMH wird jedoch wegen des beschränkten Umfangs
dieser Diplomarbeit und der Konzentration auf eine Ziel führende Argumentation verzichtet.
______________________
1
Eine Differenzierung verschiedener Investorengruppen ist bei Oesterhelweg (1998, S. 8 ff.) detailliert
beschrieben. Im Rahmen dieser Diplomarbeit erscheint eine Unterscheidung zwischen einzelnen An-
legern dagegen nicht sinnvoll, da alle Marktteilnehmer ähnliche psychologische Reaktionsmuster zei-
gen (vgl. Müller, 2003, S. 135).
2
Ziel dieser Arbeit ist die systematische Darstellung von Zusammenhängen bzw. Schnittstellen
der Technischen Analyse und Behavioral Finance, um in der Praxis eine erfolgreiche
Umsetzung abgeleiteter Handelsstrategien zu ermöglichen.
In den beiden ersten Kapiteln des Hauptteils erfolgt zunächst ein Überblick der theoretischen
Grundlagen von technischer Wertpapieranalyse sowie den wichtigsten verhaltenswissen-
schaftlichen Aspekten. Hauptgegenstand sind dabei einerseits die verschiedenen Methoden der
Technischen Analyse und deren kritische Würdigung. Andererseits werden psychologisch
relevante Erkenntnisse dargestellt, wobei zunächst die Individualebene im Vordergrund steht,
da technische Analyseergebnisse überwiegend subjektiv geprägt sind. Das anschließende Ka-
pitel umfasst die Synthese von Technischer Analyse und Behavioral Finance: Aufbauend auf
Erläuterungen zu den Ursachen von Irrationalitäten bei Informationsverarbeitungs- und
Entscheidungsprozessen werden typische individuelle Fehlerquellen beim Wertpapierhandel
dargestellt. Danach findet eine Betrachtung des Marktgeschehens mit möglichen Auswirkun-
gen kollektiver Verhaltensanomalien statt, wobei auch ein kurzer Rückblick auf besondere
Ereignisse aus der älteren und jüngeren Finanzmarkthistorie erfolgt. Abschließend stehen
psychologische und ökonomische Aspekte einzelner Handelsstrategien und wichtige Hinweise
für die praktische Umsetzung bei der Nutzung technischer Analyseverfahren im Mittelpunkt.
Dabei werden sowohl einzelne Schnittstellen von Technischer Analyse und Verhaltens-
aspekten im Rahmen der Behavioral Portfolio Theory als auch empirische Auswertungen
realer Kursbewegungen dargestellt, um Rückschlüsse für die Praxis aus Anlegersicht ziehen
zu können. Folgendes Schema verdeutlicht den Leitfaden dieser wissenschaftlichen Arbeit:
Technische Analyse
Behavioral Finance
Fundamentalanalyse
Erläuterung der irrationa-
Darstellung der
len Verhaltensweisen von
ökonomischen
Marktteilnehmern
Datengrundlage
Abb. 1: Aspekte bei der Wertpapieranalyse
Quelle: eigene Darstellung
3
2. Methoden der technischen Wertpapieranalyse
2.1 Grundannahmen und Abgrenzung zur Fundamentalanalyse
Technische Analysten gehen davon aus, dass alle Einflussfaktoren und Informationen bereits
im aktuellen Wertpapierkurs enthalten sind (vgl. Schmidt, 2004, S. 68). Es werden lediglich
die Auswirkungen von Marktbewegungen betrachtet; die Ursachenforschung findet dagegen
bei der Fundamentalen Analyse von Wertpapieren statt. Dabei ist sowohl die Bewertung
quantitativer Fundamentaldaten wie interner Kostengrößen und Umsatz- bzw. Ertrags-
komponenten als auch qualitativer Aspekte relevant, z.B. Managementkompetenzen oder die
jeweiligen volkswirtschaftlichen Rahmenbedingungen.
Bei der Fundamentalen Analyse werden Unternehmenswerte mit Hilfe unterschiedlicher
Faktoren und Verfahren ermittelt. Dabei können beispielsweise zukünftig geschätzte Gewinne
oder Zahlungsmittelüberschüsse im Mittelpunkt der Bewertung stehen.
2
Aus technischer Sicht
ist dagegen nur der jeweilige Kurswert ausschlaggebend. In diesem Marktpreis sind alle
verfügbaren Informationen diskontiert. Zudem sollte eine Detailanalyse von Kursdaten der
Vergangenheit eine Prognose der zukünftigen Wertentwicklung ermöglichen, da angenommen
wird, dass sich historische Bewegungsrichtungen bei den Basiswerten wiederholen (vgl.
Goldberg, 2004a, S. 24). Schließlich unterstellt man im Rahmen der Technischen Analyse ein
bestimmtes Trendverhalten an den Finanzmärkten, wobei entsprechende Prognosen für die
zukünftige Entwicklung abgeleitet werden.
Vor diesem Hintergrund gibt es eine Vielzahl von Ansätzen und Analyseverfahren: Zum
besseren Verständnis werden jedoch nur die wesentlichen Grundlagen und Methoden der
Technischen Analyse vorgestellt. Somit wird nachfolgend auf mathematische Formeln,
Berechnungen bzw. die Herleitung einzelner Indikatoren verzichtet. Der Schwerpunkt dieses
Kapitels liegt vielmehr auf einer zusammenhängenden Darstellung technischer Analyse-
instrumente.
______________________
2
Für eine zusammenfassende Darstellung verschiedener Faktoren der Fundamentalanalyse vgl. Dorn-
busch (1998, S. 30ff.).
4
2.2
Einteilung
der
Technischen
Analyse
2.2.1
Charttechnik
2.2.1.1
Dow-Theorie
Zunächst ist es notwendig, bestimmte Trendverhaltensmuster im historischen Kursverlauf zu
identifizieren, um Prognosen für die zukünftige Entwicklung abzuleiten. Als Grundlage dafür
dient die Dow-Theorie.
3
In Abhängigkeit vom jeweils betrachteten Zeithorizont werden
Basis-, Primär-, Sekundär- sowie Tertiärtrends unterschieden. Der Basistrend umfasst i.d.R.
die gesamte Zeitreihe eines Wertpapiers oder Index.
4
Langfristige Kursbewegungen über
mehrere Jahre in eine bestimmte Richtung werden als Primärtrends bezeichnet, während
Sekundär- und Tertiärtrends mittel- bis kurzfristig entstehen (vgl. Tvede, 1991, S. 96f.).
Bei Tertiärtrends ist grundsätzlich nur die Kursbewegung innerhalb der letzten Handelstage
ausschlaggebend.
Ein Aufwärtstrend liegt vor, wenn Kursanstiege über die vorangegangenen Hochpunkte
erfolgen und der aktuelle Kurs über dem letzten Tiefpunkt einer Konsolidierungsphase notiert.
Bei einem Abwärtstrend sinkt der Kurswert dagegen kontinuierlich: Vergangene Tiefpunkte
werden durch weiter fallende Notierungen stetig unterboten. Trendkanäle entstehen durch
Verbindung der jeweiligen Hoch- bzw. Tiefpunkte in einem Aufwärts- oder Abwärtstrend.
Beim Durchbruch von Trendlinien bzw- kanälen können Trendwechsel erfolgen, deren tat-
sächliche Identifikation häufig erst mit Verzögerung stattfindet.
Insgesamt ist festzuhalten, dass im Rahmen der Dow-Theorie durch Bestimmung von
Sekundärtrends Aussagen zur weiteren Entwicklung des Primärtrends gesucht werden (vgl.
Bruns, 2002, S. 277ff.). Die Darstellung von Chartverläufen kann dabei auf unterschiedliche
Art und Weise erfolgen.
______________________
3
In Anlehnung an Charles Dow, dem Begründer des ,,Wall Street Journals" und Mitentwickler des
weltweit bekanntesten Index dem Dow Jones Industrial Average wurden die Erkenntnisse be-
züglich des Trendverhaltens auf Wertpapiermärkten zur Dow-Theorie zusammengefasst.
4
Rühle (1997, S. 74ff.) liefert eine kurze Beschreibung zur Indexproblematik.
5
2.2.1.2
Typische Darstellungsarten von Kursverläufen
Häufig wird der historische Verlauf von Wertpapierkursen oder Indizes anhand von Linien
abgebildet, bei denen eine Verbindung der jeweiligen Notierungen auf der Zeitachse
beispielsweise Wochen oder Monate vorliegt. ,,Diese so genannten Charts bestehen in der
Regel aus Diagrammen, die (...) auf der Ordinate den entsprechenden Kurs eines Wertpapiers
oder eines anderen Handelsobjekts wiedergeben." (Vees, 1992, S. 20). Bei der Anwendung
von Balkencharts sind auch kurzfristige Kursschwankungen grafisch erkennbar. Oft werden
die Eröffnungs- und Schlusskurse der einzelnen Handelstage dargestellt; es sind aber auch
Wochen- bzw. Monatsbetrachtungen möglich:
Kursverlust
Abb. 2: Balkenchartinterpretation
Quelle: eigene Darstellung
Eine weitere Alternative der grafischen Aufbereitung von Kursverläufen einzelner Basiswerte
sind die in Asien insbesondere Japan sehr beliebten so genannten Candlesticks bzw.
Kerzencharts, die ähnlich wie die Balkendarstellungen Aussagen zum Kursverhalten innerhalb
kurzfristiger Zeitabschnitte ermöglichen. Weiße Kerzen stehen dabei für steigende Notierun-
gen, während fallende Kurse schwarz unterlegt werden:
Höchstkurs
Schlusskurs
Eröffnungskurs
Kursverlust
Tiefstkurs
Abb. 3: Kerzenchartinterpretation
Quelle: eigene Darstellung (in Anlehnung an Schwager, 2000, S. 29)
Höchstkurs
Eröffnungskurs
Tiefstkurs
Schlusskurs
Kursgewinn
Kursgewinn
6
Neben den aufgeführten Darstellungsarten existieren noch viele weitere Methoden, z.B. Kago-,
Renki-, Equivolume- sowie Point&Figure-Charts.
5
Auf eine detaillierte Betrachtung wird an
dieser Stelle mit Verweis auf die entsprechenden Abbildungen im Anhang 1 verzichtet.
2.2.1.3
Charttechnische Formationen
Bei der Betrachtung von historischen Kursverläufen sind ähnliche, sehr häufig auftretende,
Bewegungsmuster erkennbar. Diese Formationen können entweder als Trendbestätigung
dienen oder eine Trendumkehr andeuten. Trendbestätigende Muster sind meistens Dreiecke,
Rechtecke, Flaggen oder Wimpel (vgl. Goldberg, 1990, S. 114ff.). In diesem Zusammenhang
wird oft von Konsolidierungsformationen innerhalb eines bestehenden Trends gesprochen.
Abb. 4: Muster für Trend bestätigende Chartformationen
Quelle: eigene Darstellung
Eine Trendumkehr liegt vor, wenn die vorherige langfristige Bewegung in eine bestimmte
Richtung durch ein charakteristisches Kursmuster unterbrochen wird. Einen hohen Bekannt-
heitsgrad weist hierbei die (Schulter-)Kopf-Schulter-Formation auf (vgl. Schwager, 2000,
S. 124). Daneben gibt es u.a. Doppel- und Dreifach-Tiefs oder -Hochs.
6
______________________
5
Dorsey (2000, S. 11ff.) hat die Erkenntnisse der Point&Figure-Chartanalyse zusammengefasst.
6
Eine verbale und grafische Aufbereitung der wichtigsten Chartformationen ist bei Bruns (2002,
S. 291ff.) zu finden.
7
Schulter-Kopf-Schulter: General Electric
Doppel-Tief: Metro
Abb. 5: Beispiele
für Trendumkehrformationen
Quelle: TAI-PAN Börsensoftware
8
Die Prognosesicherheit bei Formationen ist allerdings dadurch eingeschränkt, dass bestimmte
Kursverläufe nicht mathematisch abgeleitet werden können, sondern lediglich empirisch
nachzuweisen sind (vgl. Pastré, 1996, S. 36). Somit lassen sich nur wenig konkrete Wahr-
scheinlichkeitsaussagen für die zukünftige Entwicklung von Wertpapieren bzw. Indizes treffen.
Außerdem gibt es bei den einzelnen Formationsmustern einen weiten subjektiven Interpreta-
tionsspielraum und es treten häufig Fehlsignale auf, welche im Kapitel 2.3 bei der Kritik an
den Methoden der Technischen Analyse näher erläutert werden.
2.2.1.4
Wertpapierumsätze
Umsatzstatistiken spielen bei der technischen Wertpapieranalyse eine bedeutende Rolle, um
die jeweilige Marktsituation einschätzen zu können. Anhand der gehandelten Volumina lassen
sich Rückschlüsse über die Nachhaltigkeit von Kursbewegungen sowie die Bedeutung
charttechnisch signifikanter Formationen ziehen. Trendsignale bzw. Formationen, welche bei
relativ hohen Umsätzen zustande kommen, finden mehr Beachtung als solche Kursverläufe,
die sich im volumenarmen Handel ergeben. Umgekehrt deuten geringe Volumina tendenziell
auf Konsolidierungsphasen hin oder implizieren einen zukünftigen Trendwechsel des
analysierten Basiswertes (vgl. Eller, 2001, S. 75f.).
Allerdings ist auch die Aussagefähigkeit von Volumendaten kritisch zu hinterfragen.
Lediglich am Aktienmarkt können Prognosen anhand der jeweiligen Wertpapierumsätze für
langfristige Zeiträume abgeleitet werden. ,,Für mittelfristige Kursbewegungen ist der Umsatz
nur eingeschränkt und für kurzfristiges Trading gar nicht als Indikator nutzbar." (Morlock,
1995, S. 164). Zusammenfassend kann man feststellen, dass die Interpretation von Umsatz-
daten häufig in Verbindung mit dem entsprechenden Kursverlauf während des betrachteten
Zeitabschnitts erfolgt: ,,Die Volumen-Modelle werden dabei in Zusammenhang mit anderen
Indikatoren benutzt (...)" (Lindner, 2004, S. 26). Diesbezüglich sollen auf den folgenden
Seiten zunächst die wichtigsten technischen Indikatoren im Rahmen der Markttechnik vorge-
stellt werden.
Details
- Seiten
- Erscheinungsform
- Originalausgabe
- Erscheinungsjahr
- 2005
- ISBN (eBook)
- 9783832486570
- ISBN (Paperback)
- 9783838686578
- DOI
- 10.3239/9783832486570
- Dateigröße
- 1.5 MB
- Sprache
- Deutsch
- Institution / Hochschule
- Universität Rostock – Wirtschafts- und Sozialwissenschaften
- Erscheinungsdatum
- 2005 (März)
- Note
- 1,7
- Schlagworte
- börse kapitalmarkt geld wertpapieranalyse psychologie
- Produktsicherheit
- Diplom.de