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Internationalisierung der Rechnungslegung

Darstellung der historischen Entwicklung sowie des aktuellen Satus Quo vor dem Hintergrund der (teilweise) verpflichtenden Anwendungen der IFRS-Normen

©2005 Diplomarbeit 195 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs wächst die Welt zusammen. Die neuen Kommunikationsmöglichkeiten und die verbesserten Verkehrswege verbinden die einzelnen Länder und Märkte immer mehr. Hinzu kommen der Wegfall der Handelsgrenzen und der Abbau von Zöllen und Importbeschränkungen. In den letzten Jahren bekam der Begriff des „Global Player“ dadurch eine immer größere Bedeutung.
Darunter sind Unternehmen zu verstehen, die auf den wichtigsten Wirtschaftsplätzen der Welt – Nordamerika, Europa und Asien – präsent sind. Zu diesen Unternehmen gehören z. B. die deutschen Autokonzerne DaimlerChrysler und VW sowie Coca- Cola. Diese Unternehmen zeigen eindrucksvoll das Zusammenwachsen der Weltwirtschaft (Globalisierung). Charakteristisch für diese Unternehmen ist die Verlagerung ihrer Aktivitäten in alle drei Wirtschaftsräume, um die sich bietenden Vorteile zu nutzen. Durch die Produktionsverlagerung können Kosten im Bereich des Personals auf Grund der unterschiedlichen Lohnsituationen eingespart werden. Aber auch das Wechselkursrisiko kann verringert werden, da die Produkte für den entsprechenden Markt vor Ort produziert werden können. Von der Internationalisierung sind aber nicht nur die Produktion und der Absatz betroffen, sondern auch die Finanzierung. Die Geldgeschäfte haben ständig zugenommen, da die Investoren dort ihr Kapital investieren, wo sie sich hohe Renditen versprechen. Zudem können die Investoren durch Diversifikation des Portfolios ihr Risiko minimieren.
Daher hat sich in den letzten Jahrzehnten, insbesondere im letzten, auch die Rechnungslegungswelt grundlegend geändert. Als Folge der Globalisierung der Kapitalmärkte sahen sich deutsche Unternehmen zusehend mit dem Problem der Kapitalbeschaffung auf ausländischen Kapitalmärkten konfrontiert, da das grenzüberschreitende Agieren der Unternehmen zu einem raschen Anstieg ihres Kapitalbedarfs führte. Das benötigte Kapital konnte aber auf dem heimischen Kapitalmarkt nicht mehr aufgenommen werden. Daher wird versucht, das benötigte Kapital durch Ausgabe von Aktien an internationalen Kapitalmärkten aufzunehmen. Um in dem internationalen Wettbewerb um Kapital bestehen zu können, ist eine Rechnungslegung erforderlich, die den Bedürfnissen der ausländischen Investoren genügt. Für einen potentiellen Investor ist die Ertragskraft der Unternehmen von besonderer Bedeutung.
Damit er die beste Anlage findet, muss der Investor die dafür benötigten Informationen von den […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


ID 8619
Simon, Joachim: Internationalisierung der Rechnungslegung -
Darstellung der historischen Entwicklung sowie des aktuellen Satus Quo vor dem
Hintergrund der (teilweise) verpflichtenden Anwendungen der IFRS-Normen
Hamburg: Diplomica GmbH, 2005
Zugl.: Universität des Saarlandes, Diplomarbeit, 2005
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Diplomica GmbH
http://www.diplom.de, Hamburg 2005
Printed in Germany

II
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis ...VI
Anlagenverzeichnis ...XIV
1. Einführung ... 1
2. Abgrenzung des Begriffs ,,Internationalisierung der Rechnungslegung" ... 3
2.1 Der Begriff ,,Internationalisierung" ... 3
2.2 Der Begriff ,,Rechnungslegung" ... 4
3. Gründe für unterschiedliche Rechnungslegungssysteme ... 5
3.1 Das kodifizierte Recht ... 7
3.2 Das fallabhängige Recht ... 8
4. Die Möglichkeiten der Internationalisierung der Rechnungslegung ... 9
4.1 Das Rechnungslegungsrecht ... 10
4.2 Die Rechnungslegungspraxis... 11
4.3 Die Möglichkeiten der Internationalisierung des
Rechnungslegungsrechts... 12
4.4 Die Möglichkeiten der Internationalisierung der
Rechnungslegungspraxis ... 12
4.4.1 Die formelle Internationalisierung ... 13
4.4.2 Die materielle Internationalisierung ... 15
4.4.2.1 Die Erweiterung des HGB-Abschlusses um
international übliche Offenlegungen... 15
4.4.2.2 Die Erstellung eines dualen Abschlusses... 16
4.4.2.3 Die Erstellung eines HGB-Abschlusses mit
anschließender Überleitungsrechnung ... 18
4.4.2.4 Die Erstellung paralleler Abschlüsse ... 20
5. Die Phasen der Internationalisierung der Rechnungslegung in
Deutschland ... 21
5.1 Das Aktiengesetz von 1965 ... 23
5.1.1 Die Situation vor Inkrafttreten des Aktiengesetzes von 1965 ... 23
5.1.2 Die Vorschriften und Neuerungen des Aktiengesetzes von
1965... 25

III
5.1.2.1 Die Änderungen den Vorstand und die Aktionäre
betreffend ... 25
5.1.2.2 Die Feststellung des Jahresabschlusses und die
geänderten Regeln zur Gewinnverwendung ... 25
5.1.2.3 Die Verbesserung der Publizität und die
Auskunftsrechte der Aktionäre... 26
5.1.2.4 Die neuen Regelungen den Konzern betreffend ... 27
5.1.3 Die Auswirkungen des Aktiengesetzes von 1965... 29
5.2 Die Harmonisierungsbemühungen der Europäischen Gemeinschaft... 31
5.2.1 Die Ziele der Harmonisierungsbemühungen... 31
5.2.2 Die Richtlinien der Europäischen Gemeinschaft ... 33
5.2.2.1 Die 4. Richtlinie der Europäischen Gemeinschaft ... 34
5.2.2.2 Die 7. Richtlinie der Europäischen Gemeinschaft ... 36
5.2.2.3 Die 8. Richtlinie der Europäischen Gemeinschaft ... 37
5.2.3 Die Umsetzung der EG-Richtlinien in deutsches Recht durch
das Bilanzrichtliniengesetz (BiRiLiG) vom 19. Dezember
1985... 38
5.2.3.1 Änderungen, die den Einzelabschluss betreffen... 40
5.2.3.2 Änderungen, die den konsolidierten Abschluss
betreffen... 44
5.2.3.3 Die Auswirkungen auf das Berufsrecht ... 47
5.3 Das International Accounting Standards Committee ... 48
5.3.1 Die Gründung und die Zielsetzungen des IASC... 48
5.3.2 Die Organisation des IASC ... 50
5.3.2 Der Standard Setting Process ... 52
5.4 Das Listing der Daimler-Benz AG an der New York Stock Exchange ... 53
5.4.1 Bemühungen um Anerkennung eines HGB-Abschlusses ... 53
5.4.2 Die Anpassungen der Daimler-Benz AG an die
Anforderungen der SEC ... 55
5.5 Der Neue Markt und der SMAX ... 56
5.5.1 Die Gründung des Neuen Marktes... 56
5.5.2 Der SMAX ... 58

IV
5.6 Die Reaktion des deutschen Gesetzgebers auf die Anwendung
internationaler Rechnungslegungsvorschriften durch deutsche
Unternehmen ... 59
5.6.1 Das Kapitalaufnahmeerleichterungsgesetz (KapAEG) vom
20. April 1998 ... 60
5.6.2 Das Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im
Unternehmensbereich (KonTraG) vom 27. April 1998... 62
5.7 Das Deutsche Rechnungslegungs Standards Committee (DRSC) ... 65
5.7.1 Die Organisation des DRSC... 67
5.7.2 Der Standardisierungsprozess ... 69
5.8 Das Kapitalgesellschaften- und Co-Richtlinie-Gesetz (KapCoRiLiG)... 70
5.8.1 Die Einführung des § 264a HGB ... 71
5.8.2 Die Ausweitung des Anwendungsbereichs des § 292a HGB ... 72
5.8.3 Die Änderungen der Größenkriterien ... 73
5.8.4 Die Ausweitung der Strafvorschriften ... 73
5.9 Das Gesetz zur weiteren Reform des Aktien- und Bilanzrechts, zu
Transparenz und Publizität (TransPuG) vom 19. Juli 2002 ... 74
5.9.1 Neuerungen im Konzernbilanzrecht und bei der
Abschlussprüfung ... 75
5.9.2 Neuerungen im Aktiengesetz ... 77
5.10 Die Entwicklung bis zur (teilweise) verpflichtenden Anwendung
der IFRS-Normen... 78
5.10.1 Die neuen Harmonisierungsbemühungen auf EU-Ebene... 78
5.10.2 Die Neuorganisation des IASC ... 82
5.10.3 Die Auswirkungen in Deutschland ... 85
5.10.3.1 Das Bilanzrechtsreformgesetz (BilReG) vom 04.
Dezember 2004... 85
5.10.3.2 Das Bilanzkontrollgesetz (BilKoG) vom 15.
Dezember 2004... 89
5.10.3.3 Das Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz
(BilReMoG)... 90
5.10.3.4 Die Auswirkungen auf das DRSC ... 91

V
6. Fazit und Ausblick... 92
Literaturverzeichnis ...XLVIII
Bücher und Zeitschriftenaufsätze ...XLVIII
Sonstige Quellen ... XCI

VI
Abkürzungsverzeichnis
Abs.
Absatz
Abschn.
Abschnitt
ADS
American Depository Share
AEG
Allgemeine Elektrizitäts-Gesellschaft
AG
Aktiengesellschaft(en), auch: ,,Die Aktiengesell-
schaft" (Zeitschrift)
AktG
Aktiengesetz
Anm.
Anmerkungen
ARC
Accounting Regulatory Committee
Art.
Artikel
Aufl.
Auflage
BaFin
Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht
Bank
Die Bank (Zeitschrift)
Basel II
Die Neue Baseler Eigenkapitalvereinbarung
BB
Betriebs-Berater (Zeitschrift)
BBK
Buchführung, Bilanz, Kostenrechnung (Loseblatt-
werk)
BC
Bilanzbuchhalter und Controller (Zeitschrift)
Bd.
Band
BFH
Bundesfinanzhof
BFuP
Betriebswirtschaftliche Forschung und Praxis (Zeit-
schrift)
BGBl.
Bundesgesetzblatt
BGH
Bundesgerichtshof
BiBu
Bilanz & Buchhaltung (Zeitschrift)
BilKoG
Gesetz zur Kontrolle von Unternehmensabschlüs-
sen (Bilanzkontrollgesetz)
BilRefG
Bilanzreformgesetz

VII
BilReG
Gesetz zur Einführung internationaler Rechnungs-
legungsstandards und zur Sicherung der Qualität
der Abschlussprüfung (Bilanzrechtsreformgesetz)
BilReMoG
Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz
BiRiLiG
Gesetz zur Durchführung der Vierten, Siebten und
Achten Richtlinie des Rates der Europäischen Ge-
meinschaften zur Koordinierung des Gesellschafts-
rechts (Bilanzrichtliniengesetz)
BMJ
Bundesministerium der Justiz
BörsG
Börsengesetz
BörsZulV
Börsenzulassungsverordnung
BRD
Bundesrepublik Deutschland
BR-Drucks
Bundesrats-Drucksache
BStBl.
Bundessteuerblatt
BT-Drucks
Bundestags-Drucksache
Buchst.
Buchstabe
BuW
Betrieb und Wirtschaft (Zeitschrift)
BWL
Betriebswirtschaftslehre
bzgl.
bezüglich
bzw.
beziehungsweise
ca.
circa
Co, Co.
Compagnon
DAX
Deutscher Aktien Index
DB
Der Betrieb (Zeitschrift)
DBW
Die Betriebswirtschaft (Zeitschrift)
de
Deutschland
DEJ
Deutsch-Europäisches Juridicum
d. h.
das heißt
Diss.
Dissertation
DM
Deutsche Mark
Dr.
Doktor
DRS
Deutscher Rechnungslegungsstandard

VIII
DRSC
Deutsches Rechnungslegungs Standards Commit-
tee e. V.
DSOP
Draft Statement of Principles
DSR
Deutscher Standardisierungsrat
DStR
Deutsches Steuerrecht (Zeitschrift)
DStZ
Deutsche Steuerzeitung (Zeitschrift)
DSWR
Datenverarbeitung in Steuer, Wirtschaft und Recht
(Zeitschrift)
dt.
deutsch
d. Verf.
der Verfasser
E-DRS
Entwurf Deutscher Rechnungslegungsstandard
EDV
elektronische Datenverarbeitung
EFRAG
European Financial Reporting Advisory Group
EG
Europäische Gemeinschaft
EGAktG
Einführungsgesetz zum Aktiengesetz
EGHGB
Einführungsgesetz zum Handelsgesetzbuch
EGKS
Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl
EStG
Einkommensteuergesetz
EStR
Einkommensteuer-Richtlinien
etc.
et cetera
EU
Europäische Union
EuGH
Europäischer Gerichtshof
EURLUmsG
Gesetz zur Umsetzung von EU-Richtlinien in natio-
nales Steuerrecht und zur Änderung weiterer Vor-
schriften (Richtlinien-Umsetzungsgesetz)
e. V.
eingetragener Verein
evtl.
eventuell
EWG
Europäische Wirtschaftsgemeinschaft
EWGV
Vertrag über die Europäische Wirtschaftsgemein-
schaft
EWR
Europäischer Wirtschaftsraum
f.
folgende

IX
FASB
Financial Accounting Standards Board
FB
Finanz Betrieb (Zeitschrift)
ff.
fortfolgende
FinDAG
Finanzdienstleistungsaufsichtsgesetz
Fn.
Fußnote
FRRP
Financial Reporting Review Panel
GAAP
Generally Accepted Accounting Principles
GASC
German Accounting Standards Committee
gem.
gemäß
GenG
Genossenschaftsgesetz
ggf.
gegebenenfalls
GmbH
Gesellschaft(en) mit beschränkter Haftung
GmbHG
Gesetz betreffend die Gesellschaften mit be-
schränkter Haftung
GmbHR
GmbH-Rundschau (Zeitschrift)
GoB
Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung
grds.
grundsätzlich
GuV
Gewinn- und Verlustrechnung
h. c.
honoris causa
HFA
Hauptfachausschuss des Instituts der Wirtschafts-
prüfer in Deutschland e. V.
HGB
Handelsgesetzbuch
HGB-E
Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des HGB
Hrsg.
Herausgeber
htm
hypertext markup
html
hypertext markup language
http
hypertext transfer protocol
IAS
International Accounting Standard
IASB
International Accounting Standards Board
IASC
International Accounting Standards Committee

X
IASCF
International Accounting Standards Committee
Foundation
i. d. F.
in der Fassung
IDW
Institut der Wirtschaftsprüfer in Deutschland e. V.
IFAC
International Federation of Accountants
IFRIC
International Financial Reporting Interpretations
Committee
IFRS
International Financial Reporting Standards
i. H. v.
in Höhe von
int
international
IOSCO
International Organization of Securities Commissi-
ons
i. R. d.
im Rahmen des, der
i. S. d.
im Sinne des, der
IStR
Internationales Steuerrecht (Zeitschrift)
i. S. v.
im Sinne von
i. V. m.
in Verbindung mit
KapAEG
Gesetz zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit
deutscher Konzerne an Kapitalmärkten und zur Er-
leichterung der Aufnahme von Gesellschafterdarle-
hen (Kapitalaufnahmeerleichterungsgesetz)
KapCoRiLiG
Entwurf eines Gesetzes zur Durchführung der
Richtlinie des Rates der Europäischen Union zur
Änderung der Bilanz- und der Konzernbilanzrichtli-
nie hinsichtlich ihres Anwendungsbereichs
(90/605/EWG), zur Verbesserung der Offenlegung
von Jahresabschlüssen und zur Änderung anderer
handelsrechtlicher Bestimmungen (Kapitalgesell-
schaften- und Co-Richtlinie-Gesetz)
KG
Kommanditgesellschaft(en)
KGaA
Kommanditgesellschaft auf Aktien
KonTraG
Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unter-
nehmensbereich

XI
KoR
Kapitalmarktorientierte Rechnungslegung (Zeit-
schrift)
KPMG
Klynfeld, Peat, Marwick, Mitchell und Goerdeler
KuK
Kredit und Kapital (Zeitschrift)
lt.
laut
Mio.
Millionen
m. w. N.
mit weiteren Nachweisen
NJW
Neue Juristische Wochenschrift (Zeitschrift)
No.
Number
Nr.
Nummer
NYSE
New York Stock Exchange
OHG
offene Handelsgesellschaft(en)
o.J.
ohne Jahresangabe
o.V.
ohne Verfasserangabe
pdf
portable document format
Prof.
Professor
PublG
Gesetz über die Rechnungslegung von bestimmten
Unternehmen und Konzernen (Publizitätsgesetz)
RGBl.
Reichsgesetzblatt
RIC
Rechnungslegungs Interpretations Committee
Rn.
Randnummer
Rz.
Randziffer
S.
Seite, auch: Satz
SAC
Standards Advisory Council
SEC
Securities and Exchange Commission (amerikani-
sche Börsenaufsichtsbehörde)
SFAS
Statement(s) of Financial Accounting Standards

XII
SG
Schmalenbach-Gesellschaft ­ Deutsche Gesell-
schaft für Betriebswirtschaft e. V.
SIC
Standing Interpretation Committee
SMAX
Small Cap Exchange
sog.
sogenannt
SOP
Statement of Principles
StuB
Steuer und Bilanzen (Zeitschrift)
SULB
Saarländische Universitäts- und Landesbibliothek
TransPubG
Gesetz zur weiteren Reform des Aktien- und Bilanz-
rechts, zu Transparenz und Publizität (Transpa-
renz- und Publizitätsgesetz)
TransPub-Gesetz
Gesetz zur weiteren Reform des Aktien- und Bilanz-
rechts, zu Transparenz und Publizität (Transpa-
renz- und Publizitätsgesetz)
TransPuG
Gesetz zur weiteren Reform des Aktien- und Bilanz-
rechts, zu Transparenz und Publizität (Transpa-
renz- und Publizitätsgesetz)
u. a.
und andere, auch: unter anderem
u. Ä.
und Ähnliches
Uni
Universität
UN-Recht
Unternehmensrecht
US
United Staates
USA
United Staates of America (Vereinigte Staaten von
Amerika)
v. Chr.
vor Christus
VEBA
Vereinigte Elektrizitäts- und Bergwerks AG
vgl.
vergleiche
VSt
Vermögen & Steuern (Zeitschrift)
VW
Volkswagen AG
VZ
Veranlagungszeitraum

XIII
WiSt
Wirtschaftswissenschaftliches Studium (Zeitschrift)
WISU
Das Wirtschaftsstudium (Zeitschrift)
WiWiSB
Wirtschaftswissenschaftliche Seminarbibliothek
WP
Wirtschaftsprüfer
WPg
Die Wirtschaftsprüfung (Zeitschrift)
WpHG
Wertpapierhandelsgesetz
WPK
Wirtschaftsprüferkammer
www
world wide web
z. B.
zum Beispiel
ZBB
Zeitschrift für Bankrecht und Bankwirtschaft
ZfB
Zeitschrift für Betriebswirtschaft
ZfbF
Zeitschrift für betriebswirtschaftliche Forschung
ZfRV
Zeitschrift für Rechtsvergleichung
ZGR
Zeitschrift für Unternehmens- und Gesellschafts-
recht
z. T.
zum Teil
z. Zt.
zur Zeit

XIV
Anlagenverzeichnis
Anlage 1: Der Zusammenhang der Internationalisierung der Rechnungslegung
in Deutschland ...XVI
Anlage 2: Die Möglichkeiten der Internationalisierung ...XVII
Anlage 3/1: Die Phasen der Internationalisierung in Deutschland (I)...XVIII
Anlage 3/2: Die Phasen der Internationalisierung in Deutschland (II)...XIX
Anlage 3/2: Die Phasen der Internationalisierung in Deutschland (III)...XX
Anlage 4: Die Systematik der Richtlinien-Wahlrechte...XXI
Anlage 5: Die Größenmerkmale zur Einteilung einer Kapitalgesellschaft gem.
§ 267 HGB 1985...XXII
Anlage 6: Ermittlung der Wertobergrenze der Herstellungskosten nach BiRiLiG ..XXIII
Anlage 7: Die Bewertung des Anlagevermögens ... XXIV
Anlage 8: Die Bewertung des Umlaufvermögens ... XXV
Anlage 9: Schrittfolge zur Prüfung der Aufstellungspflicht von Konzernabschlüssen
inländischer Kapitalgesellschaften ... XXVI
Anlage 10: Die Größenkriterien nach HGB 1985 und PublG 1985... XXVII
Anlage 11/1: Das Konsolidierungsverbot und die Konsolidierungswahlrechte ... XXVIII
Anlage 11/2: Mögliche Anwendungsfälle der §§ 295, 296 HGB... XXIX
Anlage 12: Der Minderheitenschutz des § 291 Abs. 3 HGB 1985... XXX
Anlage 13: Die Organisation des IASC... XXXI
Anlage 14: Due Process eines IAS ... XXXII
Anlage 15: Die Vereinbarungen der Daimler-Benz AG mit der SEC ... XXXIII
Anlage 16/1: Überleitungsrechnung der Daimler-Benz AG (I) ... XXXIV
Anlage 16/2: Überleitungsrechnung der Daimler-Benz AG (II) ... XXXV
Anlage 17: Die Voraussetzungen des § 292a HGB 1998... XXXVI
Anlage 18: Die Organisationsstruktur des DRSC ... XXXVII
Anlage 19: Der Standardisierungsprozess des DSR ... XXXVIII
Anlage 20: Die Möglichkeit zur Erstellung eines befreienden Konzernabschlusses
nach § 292a HGB 2000... XXXIX

XV
Anlage 21: Beispiel zur Ausdehnung des Anwendungsbereichs des § 292a HGB
i. R. d. KapCoRiLiG ... XL
Anlage 22: Die Größenmerkmale der §§ 267, 293 HGB nach dem
KapCoRiLiG ... XLI
Anlage 23: Das Komitologie-Verfahren ... XLII
Anlage 24: Die neue Organisationsstruktur des IASC ... XLIII
Anlage 25: IFRIC Formelles Verfahren...XLIV
Anlage 26: Due Process eines IFRS ...XLV
Anlage 27: Die Bestandteile des Konzernabschlusses nach HGB i. d. F. des
BilReG ...XLVI
Anlage 28: Das deutsche Enforcement ...XLVII

1
1. Einführung
Seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs wächst die Welt zusammen. Die neuen
Kommunikationsmöglichkeiten und die verbesserten Verkehrswege verbinden die
einzelnen Länder und Märkte immer mehr.
1
Hinzu kommen der Wegfall der Handels-
grenzen und der Abbau von Zöllen und Importbeschränkungen.
2
In den letzten Jah-
ren bekam der Begriff des ,,Global Player" dadurch eine immer größere Bedeutung.
Darunter sind Unternehmen zu verstehen, die auf den wichtigsten Wirtschaftsplätzen
der Welt ­ Nordamerika, Europa und Asien ­ präsent sind.
3
Zu diesen Unternehmen
gehören z. B. die deutschen Autokonzerne DaimlerChrysler und VW sowie Coca-
Cola. Diese Unternehmen zeigen eindrucksvoll das Zusammenwachsen der Welt-
wirtschaft (Globalisierung).
4
Charakteristisch für diese Unternehmen ist die Verlage-
rung ihrer Aktivitäten in alle drei Wirtschaftsräume, um die sich bietenden Vorteile zu
nutzen. Durch die Produktionsverlagerung können Kosten im Bereich des Personals
auf Grund der unterschiedlichen Lohnsituationen eingespart werden. Aber auch das
Wechselkursrisiko kann verringert werden, da die Produkte für den entsprechenden
Markt vor Ort produziert werden können. Von der Internationalisierung sind aber
nicht nur die Produktion und der Absatz betroffen, sondern auch die Finanzierung.
5
Die Geldgeschäfte haben ständig zugenommen, da die Investoren dort ihr Kapital
investieren, wo sie sich hohe Renditen versprechen.
6
Zudem können die Investoren
durch Diversifikation des Portfolios ihr Risiko minimieren.
7
Daher hat sich in den letzten Jahrzehnten, insbesondere im letzten, auch die Rech-
nungslegungswelt grundlegend geändert. Als Folge der Globalisierung der Kapital-
märkte sahen sich deutsche Unternehmen zusehend mit dem Problem der Kapital-
beschaffung auf ausländischen Kapitalmärkten konfrontiert, da das grenzüberschrei-
tende Agieren der Unternehmen zu einem raschen Anstieg ihres Kapitalbedarfs führ-
te.
8
Das benötigte Kapital konnte aber auf dem heimischen Kapitalmarkt nicht mehr
1
Vgl. R
OST
,
P
ETER
(1991), S. 2; S
EEBERG
,
T
HOMAS
(1994), S. 137.
2
Vgl.
VON
P
LATE
,
B
ERNARD
(1999), S. 3.
3
Vgl. K
ÜTING
,
K
ARLHEINZ
/H
AYN
,
S
VEN
(1993), S. 403.
4
Vgl. H
AYN
,
S
VEN
/G
RAF
W
ALDERSEE
,
G
EORG
(2004), S. 3.
5
Vgl. hierzu: L
IENER
,
G
ERHARD
(1991), S. 270.
6
Vgl.
VON
P
LATE
,
B
ERNARD
(1999), S. 3.
7
Vgl. B
ORN
,
K
ARL
(2002), S. 27; G
LAUM
,
M
ARTIN
(2001), S. 127.
8
Vgl. H
ALLER
,
A
XEL
/W
ALTON
,
P
ETER
(2000), S. 5.

2
aufgenommen werden. Daher wird versucht, das benötigte Kapital durch Ausgabe
von Aktien an internationalen Kapitalmärkten aufzunehmen.
9
Um in dem internationa-
len Wettbewerb um Kapital bestehen zu können, ist eine Rechnungslegung erforder-
lich, die den Bedürfnissen der ausländischen Investoren genügt.
10
Für einen poten-
tiellen Investor ist die Ertragskraft der Unternehmen von besonderer Bedeutung.
Damit er die beste Anlage findet, muss der Investor die dafür benötigten Informatio-
nen von den Unternehmen erhalten. Diese Informationen publizieren die Unterneh-
men mit Hilfe der Rechnungslegung. Da ein Investor aber nicht in der Lage sein
kann, alle nationalen Besonderheiten sämtlicher Rechnungslegungssysteme zu ken-
nen bzw. beurteilen zu können, ist der Wunsch nach einer einheitlichen Rechnungs-
legung aus Vergleichbarkeitsgründen verständlich.
11
Der Investor erwartet eine
Rechnungslegung, die in erster Linie für ihn interessante Informationen vermittelt.
Nach Auffassung der SEC kann die vom Gläubigerschutz geprägte deutsche Rech-
nungslegung diese Anforderungen nicht erfüllen und verwehrt den deutschen Unter-
nehmen, die die deutsche Rechnungslegung praktizieren, den Zugang zu einem der
wichtigsten Kapitalmärkte der Welt.
12
Allerdings gilt es zu beachten, dass in der Ver-
gangenheit zahlreiche Unternehmenskrisen in den USA diese Investororientierung
wieder in Frage stellten. Die Jahresabschlussinformationen sind für den potentiellen
Investor zur Beurteilung bestehender Anlagemöglichkeiten von großer Bedeutung.
13
Der Druck zur Harmonisierung und Internationalisierung der Rechnungslegung
kommt also nicht vom Gesetzgeber, sondern von den rechnungslegenden Unter-
nehmen selbst, die im globalen Wettbewerb darauf angewiesen sind, ihren Kapital-
bedarf zu decken. Daneben sind auch die enormen Kosten für Unternehmen, die aus
dem genannten Grund neben einem deutschen auch einen IAS/IFRS- bzw. US-
GAAP-Abschluss aufstellen, zu berücksichtigen. Mittlerweile ist die Globalisierung so
weit fortgeschritten, dass nicht mehr nur deutsche Großunternehmen an einem Zu-
gang zu internationalen Kapitalmärkten interessiert sind, sondern auch mittelständi-
sche Unternehmen.
9
Vgl. H
ALLER
,
A
XEL
(1997), S. 15.
10
Vgl. L
ÖW
,
E
DGAR
(2001), S. 20; S
CHILDBACH
,
T
HOMAS
(1998), S. 1.
11
Vgl. B
EHR
,
G
IORGIO
(2000), S. 1120.
12
Vgl. S
CHILDBACH
,
T
HOMAS
(1999), S. 421; S
CHEFFLER
,
E
BERHARD
(1999), S. 1285.
13
Vgl. V
IGELIUS
,
C
HRISTOPH
(1998), S. 1.

3
Die vorliegende Arbeit soll die historische Entwicklung der Internationalisierung der
Rechnungslegung in Deutschland vor dem Hintergrund der ab 2005 teilweise ver-
pflichtenden Anwendung der IFRS Normen aufzeigen.
2. Abgrenzung des Begriffs ,,Internationalisierung
der Rechnungslegung"
Der Begriff ,,Internationalisierung der Rechnungslegung" ist als Teilgebiet der ,,inter-
nationalen Rechnungslegung" in den letzten Jahrzehnten immer mehr in Mode ge-
kommen. Unter ,,Internationalisierung der Rechnungslegung" versteht man die Be-
mühungen zur internationalen Vereinheitlichung der Rechnungslegung (International
Accounting Harmonization),
14
während man unter ,,internationaler Rechnungslegung"
die Anwendung ausländischer bzw. überregionaler Bilanzierungssysteme wie z. B.
US-GAAP oder IAS/IFRS versteht.
15
Im Rahmen dieser Arbeit sollen beide Begriffe
synonym gebraucht werden. Allerdings werden beide Begriffspaare in der Literatur
keinesfalls einheitlich definiert. Auch der international übliche Begriff ,,international
accounting" leidet unter diesem Mangel.
16
2.1 Der Begriff ,,Internationalisierung"
Unter dem Begriff ,,international" ist zu verstehen, dass die Rechnungslegung ihren
Ursprung außerhalb der nationalen Grenzen hat. Damit diese Definition praktikabel
wäre, müsste die Rechnungslegung jedoch in Deutschland entwickelt worden sein,
17
aber die Geschichte zeigt etwas anderes: Die ersten Buchungsbelege wurden ca.
3000 Jahre v. Chr. von den Sumerern erstellt. Weitere Nachweise über eine Rech-
nungslegung finden sich auch bei den Ägyptern (ca. 2000 Jahre v. Chr.). Im Jahre
1494 erstellte Luca Pacioli die erste vollständige doppelte Buchführung und kann
somit als Begründer der ,,modernen Rechnungslegung" gelten.
18
Daher ist die Rech-
14
Vgl. H
AYN
,
S
VEN
(1997), S. 5.
15
Vgl. S
PANHEIMER
,
J
ÜRGEN
(2001), S. 2.
16
Auch in der frühen englischen Literatur findet sich keine einheitliche Definition. Vgl. W
EIRICH
,
T
HOMAS
R./A
VERY
,
C
LARENCE
G./A
NDERSON
,
H
ENRY
R. (1971), S. 79 ff.
17
Vgl. H
ÜTTEN
,
C
HRISTOPH
/L
ORSON
,
P
ETER
(2000), S. 521.
18
Vgl. R
OST
,
P
ETER
(1991),
S.
1;
B
IERLE
,
K
LAUS
(2002),
S.
47;
L
UTTERMANN
,
C
LAUS
(1996),
S.
605
ff.

4
nungslegung als außerhalb der nationalen Grenzen entwickelt zu betrachten und
damit unter die ,,internationale Rechnungslegung" zu subsumieren.
Unter ,,Internationalisierung" versteht man nach einer weiteren Definition die Entwick-
lung eines Rechnungslegungssystems, das in der ganzen Welt einheitlich und aner-
kannt ist sowie auch angewandt wird. Diese ­ wünschenswerte ­ Art von Rech-
nungslegung ist jedoch noch in weiter Ferne.
19
Eine letzte Definition geht von der Angleichung der deutschen Rechnungslegung an
die angelsächsische Rechnungslegung aus, d. h. die Annäherung bzw. Übernahme
der Rechnungslegungsstandards von IAS/IFRS oder US-GAAP. Allerdings werden in
dieser Definition die Harmonisierungsbestrebungen der Europäischen Union in den
siebziger und achtziger Jahren weitgehend vernachlässigt.
20
Im Rahmen dieser Arbeit soll unter ,,Internationalisierung" der Prozess verstanden
werden, der die deutsche Rechnungslegung durch angelsächsische Rechnungsle-
gung (IAS/IFRS und US-GAAP) und durch die Harmonisierungstätigkeiten der EU
beeinflusst hat. Die ,,Internationalisierung" umfasst nicht nur ein gesamtes System,
sondern auch einzelne Teile eines Rechnungslegungssystems,
21
die Eingang in die
deutsche Rechnungslegung fanden.
22
2.2 Der Begriff ,,Rechnungslegung"
Das Rechnungswesen ist ein betriebliches Informationssystem, das ,,die Ermittlung,
Aufbereitung und Darstellung wirtschaftlicher Zustände zu einem Zeitpunkt sowie die
Abbildung wirtschaftlicher Prozesse während eines Zeitraumes (umfasst; d. Verf.).
Zustände und Prozesse werden vornehmlich in Geldeinheiten bewertet und ergän-
zend erläutert."
23
Das Rechnungswesen unterteilt sich weiterhin in das interne Rech-
nungswesen, das sich an den Bedürfnissen der Unternehmensleitung orientiert, und
externe Rechnungswesen, das an die Bedürfnisse Unternehmensexterner angepasst
ist. Das externe Rechnungswesen wird auch vereinfachend als Rechnungslegung
bezeichnet.
24
Die einzelnen Unternehmen bzw. wirtschaftlich verbundenen Unter-
19
Vgl. G
RÄFER
,
H
ORST
/D
EMMING
,
C
LAUDIA
(1994), S. 3.
20
Vgl. H
ÜTTEN
,
C
HRISTOPH
/L
ORSON
,
P
ETER
(2000), S. 521 f.
21
Gemeint ist z. B. die Einführung einer Kapitalflussrechnung, etc. Vgl. hierzu auch Kapitel 5.6.2.
22
Vgl. zu diesem Abschnitt H
ÜTTEN
,
C
HRISTOPH
/L
ORSON
,
P
ETER
(2000), S. 522.
23
K
LEEKÄMPER
,
H
EINZ
/K
UHLEWIND
,
A
NDREAS
-M
ARKUS
/A
LVAREZ
,
M
ANUEL
(2003),
Rz. 1, S. 5. Eine wei-
tere Definition des Begriffs ,,Rechnungswesen" findet sich bei:
W
ÖHE
,
G
ÜNTER
(2002),
S.
823.
24
Vgl. E
ILENBERGER
,
G
UIDO
(1995), S. 6 ff.

5
nehmen in Deutschland sind verpflichtet, Informationen über ihre wirtschaftliche Lage
zu veröffentlichen. Publiziert werden vorwiegend Rechnungslegungsdaten, die das
Ergebnis der Rechnungslegung darstellen.
25
Rechnungslegung ist ,,der Teil des
Rechnungswesens, der der Rechenschaft über abgewickelte und laufende Geschäf-
te durch Übermittlung nachprüfbarer Informationen durch den Rechenschaftspflichti-
gen an den Rechenschaftsberechtigten gibt".
26
S
CHNEIDER
definiert die ,,Rechnungs-
legung einer Unternehmung als Regelsystem [...], das nachprüfbares Wissen liefern
(Rechenschaft geben) soll durch die Messung von Beständen, Handlungen und ihren
Folgen für die Höhe von Ansprüchen und Verpflichtungen".
27
Obwohl in der internati-
onalen Rechnungslegung die Konvergenz von externem und internem Rechnungs-
wesen eine sehr große Bedeutung hat, liegt der Fokus der Betrachtung meist auf
dem externen Rechnungswesen. Hinzu kommt oftmals die Einschränkung auf den
Konzernabschluss.
28
Im Rahmen dieser Arbeit soll die externe Rechnungslegung mit Financial Reporting
gleichgesetzt werden, was bedeutet: Der Begriff Rechnungslegung umfasst neben
dem Jahresabschluss ­ bestehend aus Bilanz, GuV und Anhang ­ auch andere Jah-
resabschlussinformationen, wie z. B. den Lagebericht, die Kapitalflussrechnung und
die Segmentberichterstattung.
29
Das interne Rechnungswesen ist allerdings im
Rahmen dieser Arbeit nicht Gegenstand der Betrachtung.
3. Gründe für unterschiedliche Rechnungslegungs-
systeme
Rechnungslegungssysteme sind der Ausdruck nationaler Gegebenheiten. Sie wer-
den von den jeweiligen kulturellen, wirtschaftlichen, politischen und sozialen Gege-
benheiten beeinflusst. Auf Grund der nationalen Eigenheiten haben sich im Laufe der
Zeit verschiedene Rechnungslegungssysteme entwickelt.
30
In der Literatur findet
man klassischerweise zwei Gruppen von Rechnungslegungssystemen: das sog. kon-
25
Vgl. P
ELLENS
,
B
ERNHARD
/F
ÜLBIER
,
R
OLF
U
WE
/G
ASSEN
,
J
OACHIM
(2004), S. 4.
26
B
USSE VON
C
OLBE
,
W
ALTHER
(1998), S. 599; vgl. zur Rechenschafts- und Informationsfunktion:
B
UDDE
,
W
OLFGANG
D
IETER
/S
TEUBER
,
E
LGIN
(1996), S. 542 ff.; C
LEMM
,
H
ERMANN
(1987), S. 95 f.
27
S
CHNEIDER
,
D
IETER
(1996), S. 485, im Original kursiv.
28
Vgl. H
ÜTTEN
,
C
HRISTOPH
/L
ORSON
,
P
ETER
(2000), S. 522; P
ELLENS
,
B
ERNHARD
(2001), S. 534.
29
Vgl. B
USSE VON
C
OLBE
,
W
ALTHER
(2000), S. 488.
30
Vgl. S
PANHEIMER
,
J
ÜRGEN
(2001), S. 20 f.; G
LAUM
,
M
ARTIN
(2001), S. 125.

6
tinental-europäische System und das anglo-amerikanische System.
31
Das deutsche
Rechnungslegungssystem ist Teil des kontinental-europäischen Systems, während
die IAS/IFRS- und US-GAAP-Normen dem angelsächsischen System zu zurechnen
sind. Kennzeichnend sind für beide Systeme folgende Rahmenbedingungen und
Funktionen:
32
Kontinental-europäisches System:
-
Rechtssystem Code Law (siehe Kapitel 3.1),
-
Gewichtigere Rolle der Fremd- gegenüber der Eigenkapitalfinanzierung (Banken-
finanzierung),
-
Verknüpfung der handelsrechtlichen und steuerlichen Rechnungslegung,
-
Adressaten: Gläubiger, Fiskus, Investoren,
-
konservative Bewertung und damit verbundene Schaffung stiller Reserven.
Anglo-amerikanisches System:
-
Rechtssystem Common bzw. Case Law (siehe Kapitel 3.2),
-
stärkere Gewichtung der Eigen- gegenüber der Fremdmittelfinanzierung (Kapi-
talmarktfinanzierung),
-
Trennung von Handels- und Steuerrecht,
-
investororientierte Rechnungslegung,
-
progressive Bilanzierung und daher kaum Bildung stiller Reserven.
33
Einer besonderen Würdigung bedarf es der unterschiedlichen Rechtssysteme, einer-
seits des kodifizierten Rechts und andererseits des fallabhängigen Rechts.
31
Vgl. L
IENER
,
G
ERHARD
(1991), S. 271; K
LEEKÄMPER
,
H
EINZ
/K
UHLEWIND
,
A
NDREAS
-M
ARKUS
/A
LVAREZ
,
M
ANUEL
(2003), Rz. 4, S. 6. Andere Klassifikationsansätze bei R
OST
,
P
ETER
(1991), S. 55 ff. und
B
ORN
,
K
ARL
(2002), S. 14 ff.
32
In Anlehnung an: G
LAUM
,
M
ARTIN
/M
ANDLER
,
U
DO
(1996), S. 28.
33
Vgl. ausführlich: S
PANHEIMER
,
J
ÜRGEN
(2001), S. 26 f.

7
3.1 Das kodifizierte Recht
Das kodifizierte Recht ­ auch Code Law genannt ­ geht auf das romanische Rechts-
system zurück. Besonders geprägt wurde dieses Recht durch das Napoleonische
Recht.
34
Kennzeichnend für dieses Rechtssystem ist eine Kodifizierung von Normen,
die für einen möglichst breiten Kreis von Betroffenen Anwendung finden.
35
Die Nor-
men beziehen sich nicht auf den Einzelfall, sondern sind abstrakte gesetzliche Re-
geln, die für eine Vielzahl von Einzelfällen anwendbar sind.
36
Dies sorgt für ein hohes
Maß an Rechtssicherheit.
37
,,Das kontinentale Rechtsideal besteht darin, möglichst
viel für möglichst viele möglichst einheitlich zu regeln".
38
Neben den kodifizierten Normen existiert der unbestimmte Rechtsbegriff ,,GoB", die
das fragmentarische Bilanzrecht ergänzen.
39
Die GoB sind in der Rechnungsle-
gungspraxis akzeptiert und ihr Inhalt dient dem Zwecke der Rechnungslegung. Da es
sich um einen unbestimmten und damit auslegungsbedürftigen Rechtsbegriff han-
delt, unterliegt er der richterlichen Überprüfung.
40
Grundsätzlich ist Richterrecht in
diesem System nicht anerkannt, aber konkrete Einzelfälle werden durch Gerichte
entschieden, so dass dem Richterrecht dennoch eine zentrale Bedeutung zukommt,
auch wenn sich daraus keine Allgemeinverbindlichkeit ergibt. Die Gerichte dienen
vielmehr der Interpretation von evtl. vorhandenen Gesetzeslücken.
41
Auch die Recht-
sprechung im Steuerrecht hat einen nicht zu unterschätzenden Einfluss auf das
Rechnungslegungssystem.
42
Auf Grund des Maßgeblichkeitsgrundsatzes ist die rich-
terliche Normauslegung überwiegend Aufgabe des BFH und nicht des BGH, der ei-
gentlich für diese Aufgabe zuständig wäre. Ist das Maßgeblichkeitsprinzip nicht be-
rührt, übernimmt der BGH die Rolle des BFH.
43
Wie unschwer zu erkennen ist, fußt das deutsche Bilanzrecht auf diesem Rechtssys-
tem. Auf Grund der Langwierigkeit der Gesetzgebung in Deutschland kann sich das
Rechnungslegungssystem nur sehr langsam an veränderte Umweltbedingungen an-
34
Vgl. H
AYN
,
S
VEN
(1997), S. 26.
35
Vgl. F
IKENTSCHER
,
W
OLFGANG
(1980), S. 164.
36
Vgl. S
CHEFFLER
,
E
BERHARD
(1999), S. 1286; B
IENER
,
H
ERBERT
(1992), S. 181.
37
Vgl. F
ENTZ
,
V
OLKER
(2000), S. 15.
38
F
ICKENTSCHER
,
W
OLFGANG
(1980), S. 164.
39
Vgl. B
EISSE
,
H
EINRICH
(1999), S. 2182.
40
Vgl. S
CHEFFLER
,
E
BERHARD
(1999), S. 1286.
41
Vgl. H
AYN
,
S
VEN
(1997), S. 26, L
ÖW
,
E
DGAR
(2001), S. 19.
42
Vgl. H
AYN
,
S
VEN
(1997), S. 26.
43
Vgl. H
ÜTTEN
,
C
HRISTOPH
(1999), S. 98.

8
passen. Dieses Rechtssystem ist auf dem europäischen Kontinent und Japan vor-
herrschend.
B
IENER
sieht den großen Vorteil dieses Rechtssystems in der Sicherung der Unter-
nehmen, da ihnen nur der Gewinn entzogen werden kann, der ohne Schaden den
Unternehmen entnommen werden kann, auch wenn dieser Gewinn nicht der be-
triebswirtschaftlich richtige Gewinn ist.
44
Gerade vor dem Hintergrund der Globalisie-
rung und der raschen Entwicklung des Wirtschaftsgeschehens birgt ein auf Kontinui-
tät setzendes Rechnungslegungssystem die Gefahr in sich, der Entwicklung nicht
mehr folgen zu können.
45
Es stellt sich insbesondere vor dem Hintergrund der Prob-
leme amerikanischer Banken
46
die Frage, ob dieser Grund so gewichtig sein kann,
von dem bisher gut funktionierenden System der vorsichtigen und gläubigerschüt-
zenden Rechnungslegung abzusehen und auf eine investororientierte Rechnungsle-
gung umzustellen?
3.2 Das fallabhängige Recht
Dieses Rechtssystem ­ auch Common Law oder Case Law genannt ­ ist vor allem
durch die weniger starke Normierung mittels Gesetze, Verordnungen u. Ä. charakte-
risiert. Im Gegensatz zum romanischen Rechtssystem bilden Gesetze hier eher die
Ausnahme. ,,Geläufig ist zunächst die Vorstellung, dass sich das englische Recht aus
Präzedenzfällen zusammensetzt".
47
Dem Richterrecht kommt hier eine besondere
Stellung zu: Auftretende Fragen werden durch die Gerichte im Rahmen von Einzel-
fallentscheidungen entschieden. Diese Urteile, die nur für den jeweiligen Einzelfall
bindend sind, dienen als Grundlage für gleiche und ähnlich gelagerte Sachverhalte.
48
Das Rechtssystem folgt dem Grundsatz, dass gleichartige Fälle auch gleich ent-
schieden werden müssen. Die entscheidende Frage für ein Gericht besteht darin, zu
beurteilen, ob der vorliegende Fall dem ,,precedent" folgt oder ob ,,distinction" vor-
liegt.
49
Wenn der ,,precedent" noch logisch und als an die Umweltbedingungen ange-
passt angesehen wird, sind die Gerichte an diesen Fall gebunden. Führt der ,,prece-
dent" aber jetzt zu unerwünschten und nicht sachgerechten Ergebnissen ­ es liegt
44
Vgl. B
IENER
,
H
ERBERT
(1992), S. 183.
45
Vgl. L
ÖW
,
E
DGAR
(2001), S. 19 f.
46
Vgl. P
AUL
,
W
ALTER
(1993), S. 104.
47
F
ICKENTSCHER
,
W
OLFGANG
(1980), S. 166.
48
Vgl. F
ENTZ
,
V
OLKER
(2000),
S.
15; so auch:
H
ALLER
,
A
XEL
(2002),
S. 5 f.
49
Vgl. F
ICKENTSCHER
,
W
OLFGANG
(1980), S. 166.

9
,,distinction" vor ­, sind die Gerichte angehalten, eine neue adäquate Entscheidung
zu treffen.
50
Die meist nur spärlichen Handelsgesetze, die als Rahmenbedingungen gelten, wer-
den durch Verlautbarungen privatrechtlicher Organisationen, wie z. B. dem IASC
bzw. IASB
51
oder FASB, konkretisiert.
52
Die Standards des FASB haben keine direk-
te rechtliche Bindungswirkung. Sie sind aber verpflichtend von allen Unternehmen
anzuwenden, die einen testierten Jahresabschluss erstellen müssen, da die Einhal-
tung der Standards Voraussetzung zur Erteilung eines Testats ist.
53
Die SEC akzep-
tiert aus Vergleichbarkeitsgründen
54
grundsätzlich nur testierte Jahresabschlüsse,
55
so dass alle Unternehmen, die an einem Markt der SEC notiert sind, und alle Unter-
nehmen, die prüfungspflichtig sind oder sich freiwillig prüfen lassen, die Pflicht ha-
ben, die Standards anzuwenden.
56
Die Anwendung der Standards wird durch die
SEC mittels Stichproben und Plausibilitätskontrollen überprüft und führt bei Nichtbe-
achtung von empfindlichen Geldstrafen bis zum Ausschluss vom Handel.
57
Folglich ist dieses Rechtssystem deutlich flexibler als das auf dem romanischen
Recht basierende Rechtssystem, da auf neue Entwicklungen schneller reagiert wer-
den kann und nicht der langwierige Gesetzgebungsprozess abgewartet werden
muss. Charakteristisch für das angelsächsische Rechtssystem ist eine ständige Wei-
terentwicklung.
58
Dieses Rechtssystem ist in den USA, Großbritannien, Irland, Aust-
ralien und Kanada vertreten.
4. Die Möglichkeiten der Internationalisierung der
Rechnungslegung
Die Rechnungslegung kann auf zwei Arten beeinflusst werden: Einerseits kann die
Rechnungslegungspraxis Einfluss auf die konkrete Rechnungslegung nehmen und
andererseits kann der Gesetzgeber über die Rechnungslegung mitbestimmen. Beide
50
Vgl. F
ICKENTSCHER
,
W
OLFGANG
(1980), S. 166; H
ALLER
,
A
XEL
(1994), S. 14.
51
Das IASC wurde im Jahre 2001 in IASB umbenannt. Bis zum Jahre 2001 wird die Abkürzung IASC
verwandt, während danach die Abkürzung IASB benutzt wird.
52
Vgl. K
EUN
,
F
RIEDRICH
/Z
ILLICH
,
K
ERSTIN
(2000), S. 13; G
LAUM
,
M
ARTIN
(2001), S. 127.
53
Vgl. H
ALLER
,
A
XEL
(1994), S. 236.
54
Vgl. P
AUL
,
W
ALTER
(1993), S. 103.
55
Vgl. m. w. N. E
ISOLT
,
D
IRK
(1993), S. 213.
56
Vgl. hierzu K
ÜTING
,
K
ARLHEINZ
/B
RAKENSIEK
,
S
ONJA
(1999), S. 680; H
ALLER
,
A
XEL
(1994), S. 57.
57
Vgl. B
ÖCKEM
,
H
ANNE
(2000), S. 1189; H
AVERMANN
,
H
ANS
(1978), S. 366.
58
Vgl. L
ÖW
,
E
DGAR
(1997), S. 20.

10
Systeme stehen aber nicht autonom nebeneinander, sondern beeinflussen sich ge-
genseitig.
59
Zunächst müssen die Begriffe Rechnungslegungsrecht und Rechnungs-
legungspraxis voneinander abgegrenzt werden, bevor die konkreten Möglichkeiten
der Internationalisierung beschrieben werden können.
4.1 Das Rechnungslegungsrecht
Das Rechnungslegungsrecht wird durch die Gesetzgebung auf nationaler Ebene
stark beeinflusst. Wie oben bereits dargestellt, zählt Deutschland zu den Staaten, in
denen das Rechtssystem vom sog. Code Law geprägt ist. Daher sind die Gesetze
die bedeutendste Rechtsquelle für die Rechnungslegung. Der überwiegende Teil der
gesetzlichen Vorschriften ist im HGB und im AktG enthalten.
60
Sie beinhalten direkt
anwendbare Vorschriften, analog anzuwendende Vorschriften und zum Teil die
GoB.
61
Dadurch hat der Gesetzgeber einen nicht zu unterschätzenden Einfluss auf
das Rechnungslegungsrecht. Auch das Börsenrecht ­ insbesondere das BörsG und
die BörsZulV ­ stellt eine Rechtsquelle für das Rechnungslegungsrecht dar, die aber
,,keine eigenständigen, den Inhalt der regelmäßigen jährlichen Berichterstattung be-
treffenden Vorschriften"
62
enthalten.
Weiterhin kann die EU mittels Richtlinien, die noch in nationales Recht transformiert
werden müssen, und Verordnungen, die unmittelbar geltendes Recht sind, Einfluss
auf das Rechnungslegungsrecht nehmen.
63
Neben der Legislative hat auch die Judikative beträchtlichen Einfluss auf das Rech-
nungslegungsrecht, indem die Entscheidungen der Gerichte der Gesetzesauslegung
dienen. In Deutschland spielen aber auf Grund des Maßgeblichkeitsprinzips auch die
Entscheidungen des BFH eine große Rolle. Das Maßgeblichkeitsprinzip bindet die
Steuerbilanz an die Handelsbilanz. Allerdings hat der Maßgeblichkeitsgrundsatz für
den Einzelabschluss eine größere Bedeutung als für den hier weitaus interessante-
ren Konzernabschluss. In Zweifelsfragen zur steuerlichen Gewinnermittlung besteht
die Aufgabe des BFH in der Auslegung und Fortentwicklung der handelsrechtlichen
GoB.
64
Aber nicht nur die nationalen Gerichte nehmen Einfluss auf das Rechnungs-
59
Vgl. H
ÜTTEN
,
C
HRISTOPH
/L
ORSON
,
P
ETER
(2000a), S. 609; P
ELLENS
,
B
ERNHARD
(2001), S. 532.
60
Vgl. H
ÜTTEN
,
C
HRISTOPH
(1999), S. 98.
61
Vgl. ausführlich hierzu: S
ELCHERT
,
F
RIEDRICH
W./E
RHARDT
,
M
ARTIN
(2003), S. 35.
62
H
ÜTTEN
,
C
HRISTOPH
(1999), S. 99.
63
Vgl. H
ÜTTEN
,
C
HRISTOPH
/L
ORSON
,
P
ETER
(2000a), S. 609.
64
Vgl. H
ÜTTEN
,
C
HRISTOPH
(1999),
S.
100.

11
legungsrecht, sondern auch der EuGH.
65
Beispielhaft für die Beeinflussung des
Rechnungslegungsrecht durch den EuGH sei hier die ,,Tomberger"-Entscheidung
vom 27. Juni 1996 genannt.
66
4.2 Die Rechnungslegungspraxis
Die Rechnungslegungspraxis wird weitestgehend von dem Rechnungslegungsrecht
beeinflusst, was wiederum Ausfluss des Code Law-Systems in Deutschland ist. In
den kodifizierten Normen ist die pflichtgemäße Rechnungslegung bzgl. Form und In-
halts festgelegt.
67
Neben dem Rechnungslegungsrecht haben private ­ nationale und internationale ­
Institutionen Einfluss auf die Praxis der Rechnungslegung. Auf nationaler Ebene ist
dies hauptsächlich das Deutsche Rechnungslegungs Standards Committee (DRSC),
das Institut der Wirtschaftsprüfer (IDW) sowie die Schmalenbach Gesellschaft
(SG).
68
Aber auch die Deutsche Börse AG kann auf die Rechnungslegung von Un-
ternehmen Einfluss nehmen, die an der Börse eine Notierung anstreben oder bereits
notiert sind, wenn auch nicht in dem Maße, wie es die SEC kann.
69
Dies hat wieder-
um Einfluss auf diejenigen Unternehmen, die nicht an einer Börse notiert sind bzw.
keine Notierung an einer Börse anstreben.
70
Diese Regelungen finden sich in den
regionalen Börsenordnungen oder in den Teilnahmebedingungen der einzelnen
Marktsegemente.
Auf internationaler Ebene wirken die Standardsetter IASB und FASB auf die deut-
sche Rechnungslegung ein.
71
Neben den Standardsettern kommt auch den Börsen-
aufsichtsorganisationen bei der Einflussnahme auf die Rechnungslegungspraxis eine
nicht unerhebliche Bedeutung zu. Hier ist bereits auf die Rolle der SEC beim Bör-
sengang der Daimler-Benz AG im Jahre 1993 hinzuweisen.
72
65
Vgl. B
IENER
,
H
ERBERT
(1997), S. 63.
66
Vgl. H
ERZIG
,
N
ORBERT
(2000), S. 106; K
ÜTING
,
K
ARLHEINZ
(1997), S. 51 ff.; M
ÜLLER
,
W
ELF
(1997), S.
93.
67
Vgl. H
ÜTTEN
,
C
HRISTOPH
/L
ORSON
,
P
ETER
(2000a), S. 610.
68
Vgl. H
ÜTTEN
,
C
HRISTOPH
(1999),
S.
100
ff.
69
Vgl. Kapitel 5.5.
70
Insbesondere auf diese Weise kann das DRSC auf kleine Unternehmen Einfluss nehmen.
71
Vgl. Kapitel 5.3 und 5.10.
72
Vgl. Kapitel 5.4.

12
Die Praxis der Rechnungslegung wird ebenfalls auch von der Fachliteratur geprägt.
Sie hilft den Anwendern bestehende Zweifelsfragen mit Hilfe der herrschenden Mei-
nung zu beantworten.
73
Diesen Sachverhalt stellt Anlage 1 vereinfacht dar.
4.3 Die Möglichkeiten der Internationalisierung des Rech-
nungslegungsrechts
Das Rechnungslegungsrecht kann in dreifacher Weise internationalisiert werden. Der
deutsche Gesetzgeber gibt die Rechnungslegung gänzlich auf und übernimmt die
Rechnungslegungsstandards eines anderen Landes, z. B. kann er die US-amerika-
nischen Standards des FASB übernehmen, oder er erklärt internationale Standards
des IASB zu nationalem Recht.
74
Die Internationalisierung mittels Übernahme der
Standards des IASB wird mittlerweile von der EU präferiert und praktiziert.
75
Eine weitere Möglichkeit besteht darin, einen privatrechtlichen Standardsetter zu
gründen, der die Internationalisierung der Rechnungslegung beschleunigt.
76
Diesen
Versuch hat Deutschland mit Schaffung des DRSC unternommen.
77
Die letzte Möglichkeit besteht darin, die nationalen Rechnungslegungsnormen beizu-
behalten und für bestimmte Unternehmen die Tür zur internationalen Rechnungsle-
gung zu öffnen.
78
Auch diesen Weg beschritt der deutsche Gesetzgeber mit Einfüh-
rung des § 292a HGB.
79
4.4 Die Möglichkeiten der Internationalisierung der Rech-
nungslegungspraxis
Die Praxis hat mehrere Strategien
80
entwickelt, um dem Problem der nur einge-
schränkten Nutzbarkeit der nationalen Rechnungslegung für internationale Adressa-
ten zu begegnen.
81
Die Anwendung dieser noch zu erläuternden Strategien ist nicht
73
Vgl. H
ÜTTEN
,
C
HRISTOPH
/L
ORSON
,
P
ETER
(2000a), S. 610.
74
Vgl. P
ELLENS
,
B
ERNHARD
(2001), S. 553; H
ÜTTEN
,
C
HRISTOPH
/L
ORSON
,
P
ETER
(2000a), S. 610.
75
Vgl. Kapitel 5.10.1.
76
Vgl. H
ÜTTEN
,
C
HRISTOPH
/L
ORSON
,
P
ETER
(2000a), S. 610; P
ELLENS
,
B
ERNHARD
(2001), S. 560.
77
Vgl. Kapitel 5.7 und Kapitel 5.10.3.4.
78
Vgl. H
ÜTTEN
,
C
HRISTOPH
/L
ORSON
,
P
ETER
(2000a), S. 610; P
ELLENS
,
B
ERNHARD
(2001), S. 555.
79
Vgl. Kapitel 5.6.1 und 5.8.2.
80
Einen Überblick vermittelt Anlage 2.
81
Vgl. H
AYN
,
S
VEN
(1997), S. 197.

13
vorgeschrieben, sondern erfolgt auf freiwilliger Basis, um den Bedürfnissen ausländi-
scher Adressaten entgegenzukommen.
82
Die Internationalisierung der Rechnungsle-
gung kann sich einerseits auf die Vermittlung der Inhalte (materielle Internationalisie-
rung) oder andererseits auf die Präsentation der Inhalte beziehen (formelle Internati-
onalisierung).
83
4.4.1 Die formelle Internationalisierung
Die formelle Internationalisierung vermittelt keine neuen Inhalte, sondern verändert
die Präsentation bzw. Gestaltung der vermittelten Informationen im Abschluss. Um
die Informationsbedürfnisse der ausländischen Adressaten zu befriedigen ist es in
der Praxis üblich, den Konzernabschluss in eine andere Sprache ­ meist Englisch ­
zu übersetzen.
84
Der deutsche Gesetzgeber fordert in § 298 Abs. 1 i. V. m.
§ 244 HGB, dass sowohl der Konzern- als auch der Einzelabschluss generell in
deutscher Sprache zu erstellen ist, und lässt zusätzlich die Veröffentlichung in einer
anderen Sprache zu. Problematisch ist die Übersetzung allerdings insoweit, als es
für bestimmte Begrifflichkeiten keine entsprechenden Übersetzungen gibt. Somit
kann der übersetzte Abschluss durchaus dem ausländischen Adressaten ein miss-
verständliches Bild von dem Unternehmen vermitteln.
85
Eine weitere Transformationsmöglichkeit besteht bei der Anpassung der Berichts-
währung. Gem. § 298 Abs. 1 i. V. m. § 244 HGB sind die deutschen Unternehmen
verpflichtet, ihren Abschluss in Euro aufzustellen. Die ,,Übersetzung" in eine andere
Berichtswährung ­ besonders in US-Dollar ­ erleichtert dem Adressaten das Lesen
des Abschlusses. Die Umrechnung des Abschlusses ist an keine besonderen Vorga-
ben gebunden, so dass auch die Wahl des Umrechnungskurses unerheblich ist. In
der Praxis wird allerdings der Stichtagskurs präferiert. Obwohl es auf den ersten Blick
nicht zu vermuten ist, kann der Adressat bzgl. der Ansprüche gegenüber dem Unter-
nehmen einem Irrtum unterliegen, da die Verpflichtungen und Ansprüche weiterhin in
der ursprünglichen Berichtswährung bestehen bleiben.
86
Eine weitere Möglichkeit der Internationalisierung der Rechnungslegung stellt die
Anpassung an ein anderes Zahlenformat dar. In Deutschland ist es üblich, dass De-
82
Vgl. S
EEBERG
,
T
HOMAS
(1994), S. 141.
83
Vgl. im Folgenden: H
ÜTTEN
,
C
HRISTOPH
/L
ORSON
,
P
ETER
(2000a), S. 611 ff.
84
Vgl. P
ELLENS
,
B
ERNHARD
(2001), S. 532.
85
Vgl. H
AYN
,
S
VEN
(1997), S. 198 f.
86
Vgl. H
AYN
,
S
VEN
(1997), S. 199 f.

14
zimalkommas und Tausenderpunkte verwendet werden, während in Großbritannien
und den USA Dezimalpunkte und Tausenderkommas Verwendung finden. Darüber
hinaus ist die Kennzeichnung von negativen Zahlen in Klammern statt der Verwen-
dung eines Minuszeichens üblich.
87
Die Rechnungslegung nach IAS/IFRS und US-GAAP bevorzugt eine andere Anord-
nungs- und Gliederungsmethode als die deutsche Rechnungslegung. Hierunter fällt
der unterschiedliche Ausweis des Bestätigungsvermerks, der international am An-
fang eines Abschlusses zu finden ist, während er in Deutschland am Ende des Ab-
schlusses steht. Auch die Darstellung des Anlagespiegels ist eine andere: Im Ge-
gensatz zum deutschen Anlagespiegel, der die Posten in den Zeilen und die Bewe-
gungen in den Spalten zeigt, werden international mehrere Anlagespiegel für ver-
schiedene Gruppen des Anlagevermögens erstellt.
88
In diesen Anlagespiegeln sind
die Bewegungen in den Zeilen und die Posten in den Spalten abgetragen. Ein we-
sentlicher Unterschied besteht auch hinsichtlich des Ausweises der GuV: Internatio-
nal ist der Ausweis vor der Bilanz üblich, während hierzulande die GuV der Bilanz
nachfolgt.
89
Bei den oben beschriebenen Internationalisierungsmöglichkeiten ist aber § 328 HGB
zu beachten, wenn der Abschluss in anderer Form veröffentlicht oder vervielfältigt
wird. ,,Der Jahresabschluss und der Konzernabschluss sind so wiederzugeben, dass
sie den für ihre Aufstellung maßgeblichen Vorschriften entsprechen,...".
90
Wird der
Abschluss in einer nicht § 328 Abs. 1 HGB entsprechenden Form wiedergegeben,
muss jeweils in einer besonderen Überschrift darauf hingewiesen werden, dass der
Abschluss nicht der gesetzlichen Form entspricht. Außerdem ist der Bestätigungs-
vermerk wegzulassen, allerdings ist das Ergebnis des Bestätigungsvermerks an-
zugeben.
91
Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass die formellen Internationalisie-
rungsmethoden frei miteinander kombiniert werden können. Da die nationalen Rech-
nungslegungsgrundsätze beibehalten werden, ändern sich die Inhalte der Abschlüs-
se im Grunde nicht. Jedoch muss auf die Gefahren der Übersetzung und der Verän-
87
Vgl. H
ÜTTEN
,
C
HRISTOPH
/L
ORSON
,
P
ETER
(2000a), S. 612.
88
Vgl. H
AYN
,
S
VEN
/G
RAF
W
ALDERSEE
,
G
EORG
(2004), S. 52 ff.
89
Vgl. H
ÜTTEN
,
C
HRISTOPH
/L
ORSON
,
P
ETER
(2000a), S. 612; H
ALLER
,
A
XEL
(1994), S. 271.
90
§ 328 Abs. 1 Nr. 1 S. 1 HGB.
91
Vgl. § 328 Abs. 2 S. 1 bis 3 HGB.

15
derung der Berichtswährung nochmals hingewiesen werden. Das folgende Kapitel
beschäftigt sich nun mit der Veränderung der vermittelten Inhalte.
4.4.2 Die materielle Internationalisierung
Im Gegensatz zur formellen Internationalisierung, die sich auf die Präsentation der
Inhalte bezog, vermittelt der Abschluss im Rahmen der materiellen Internationalisie-
rung neue Inhalte. Die deutschen Unternehmen müssen ihrer Pflicht nachkommen,
einen HGB-konformen Jahresabschluss zu erstellen.
92
Um aber trotzdem den Inte-
ressen internationaler Adressaten gerecht werden zu können, haben die Unterneh-
men die Möglichkeit, freiwillig die bestehenden Divergenzen unter Beachtung des
geltenden Rechts zu beheben.
93
Hierfür bieten sich vier Möglichkeiten an:
94
1. die Erstellung eines HGB-Abschlusses, erweitert um übliche internationale Offen-
legungen,
2. die Veröffentlichung eines dualen Abschlusses,
3. die Erstellung eines HGB- bzw. dualen HGB-IAS/IFRS-Abschlusses, der um eine
Überleitungsrechnung ergänzt wird,
4. die Erstellung paralleler Abschlüsse.
Die vorstehend aufgezeigten Möglichkeiten werden im Folgenden behandelt.
4.4.2.1 Die Erweiterung des HGB-Abschlusses um international übliche Offen-
legungen
Die gesetzlichen Offenlegungspflichten des HGB sind im Vergleich zu internationalen
Offenlegungspflichten relativ eng gehalten. Die deutschen Unternehmen haben hier
die Möglichkeit, ihre Anhangangaben über das gesetzliche Mindestmaß zu erweitern
und international üblichen Offenlegungspflichten nachzukommen. Somit ist es bei
den internationalen Adressaten möglich, Vertrauen zu schaffen.
95
Allerdings muss
beachtet werden, dass die Darstellung der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage i. S.
92
Vgl. K
IRSCH
,
H
ANS
-J
ÜRGEN
(1995), S. 1774.
93
Vgl. H
ALLER
,
A
XEL
/W
ALTON
,
P
ETER
(2000), S. 23; B
EISSE
,
H
EINRICH
(1999), S. 2186.
94
Aufzählung in Anlehnung an: S
PANHEIMER
,
J
ÜRGEN
(2001), S 219 f. und K
ÜTING
,
K
ARLHEINZ
(2000),
S. 40; S
EEBERG
,
T
HOMAS
(1998), S. 600.
95
Vgl. H
ARTMANN
,
U
LRICH
(1998), S. 261.

16
d. § 264 Abs. 2 S. 1 HGB durch die Aufstellung von Nebenrechnungen, wie z. B. ei-
ner Kapitalflussrechnung oder einer Sozialbilanz, nicht beeinträchtigt wird.
96
Im Kern bleibt der HGB-Abschluss erhalten, aber das Unternehmen veröffentlicht zu-
sätzliche Informationen, zu denen das HGB die Unternehmen nicht verpflichtet. Bei
diesen Informationen kann es sich um die Veröffentlichung einer Kapitalflussrech-
nung nach internationalem Vorbild handeln. Daneben ist auch die Veröffentlichung
einer Segmentberichterstattung sowie einer Eigenkapitalveränderungsrechnung
97
und die Bekanntgabe der Kennzahl ,,Gewinn je Aktie" möglich. In den letzten Jahren
haben die Finanzderivate
98
in der Praxis zunehmend an Bedeutung gewonnen. Die-
se Derivatengeschäfte bringen aber nicht unerhebliche Risiken mit sich, die den
Fortbestand einer Unternehmung massiv bedrohen können. Die internationalen
Rechnungslegungssysteme haben diesem Umstand Rechnung getragen und enthal-
ten nun Vorschriften
99
zur Offenlegung dieser Derivatengeschäfte.
100
Im Zuge der Internationalisierung der Rechnungslegung wurden die genannten frei-
willigen Angaben nach und nach zu Pflichtbestandteilen der deutschen Rechnungs-
legung.
101
Beispielhaft soll hier der DRS 2 genannt werden, der die Pflicht von bör-
sennotierten Mutterunternehmen, eine Kapitalflussrechnung zu erstellen, um Rege-
lungen zu Inhalt und Ausgestaltung, die im Gesetz nicht geregelt sind, präzisiert.
102
4.4.2.2 Die Erstellung eines dualen Abschlusses
Die Erstellung eines dualen Abschlusses nimmt massiv Einfluss auf die angewand-
ten Rechnungslegungsvorschriften. Die Idee, die hinter einem dualen Abschluss
steht, ist folgende: Ein Abschluss soll zwei Rechnungslegungssystemen entspre-
chen.
103
Grundlage eines dualen Abschlusses ist grundsätzlich die Rechnungslegung
nach HGB. Die sich bietenden Wahlrechte und Ermessensspielräume des HGB sol-
len derart genutzt werden, dass den Vorschriften des zweiten sekundär zu beach-
96
Vgl. B
AETGE
,
J
ÖRG
/K
IRSCH
,
H
ANS
-J
ÜRGEN
/T
HIELE
,
S
TEFAN
(2003), S. 717 f.
97
Vgl. B
USSE VON
C
OLBE
,
W
ALTHER
(2000), S. 495 ff.
98
Unter Derivaten versteht man z. B. Optionen, Swaps, Futures und Forwards. Zu derivativen Finanz-
instrumenten ausführlich: B
IEG
,
H
ARTMUT
/K
UßMAUL
,
H
EINZ
(2000), S. 336 ff.
99
Ende Dezember 2003 hat das IASB die Neufassung der Standards IAS 32 und IAS 39 beschlos-
sen. Vgl. hierzu: G
RÜNBERGER
,
D
AVID
/G
RÜNBERGER
,
H
ERBERT
(2004), S. 120 f.
100
Vgl. H
ARTMANN
,
U
LRICH
(1998), S. 262.
101
Vgl. hierzu die Ausführungen in Kapitel 5.6.2 und 5.9.1.
102
Vgl. DRS 2, Zusammenfassung.
103
Vgl. H
AYN
,
S
VEN
(1997), S. 213; P
ELLENS
,
B
ERNHARD
(2001), S. 533.

17
tenden Rechnungslegungssystems ­ IAS oder US-GAAP ­ entsprochen wird.
104
In
der Praxis wird von einem ,,IAS light- oder US-GAAP light-Abschluss" gesprochen.
105
Im Idealfall entspräche der Abschluss dem primären und sekundären Rechnungsle-
gungssystem in vollem Umfang.
106
Nachfolgend werden zwei Beispiele erläutert, bei denen die Strategie des dualen Ab-
schluss angewandt werden kann.
In Deutschland müssen in die Herstellungskosten nur die Einzelkosten gem.
§ 255 Abs. 2 HGB einbezogen werden. Den Unternehmen ist es weiterhin freige-
stellt, Teile der Gemeinkosten zu aktivieren, so dass sie jeden Wert zwischen den
Einzelkosten und den Vollkosten ansetzen dürfen. International müssen ebenfalls die
Einzelkosten und darüber hinaus zwingend auch angemessene Teile der Gemein-
kosten angesetzt werden.
107
Der internationale Wertansatz kann ohne Problem in
den deutschen Abschluss Eingang finden, da er in der zulässigen Bandbreite der
deutschen Herstellungskostendefinition liegt.
108
Die Methode des dualen Abschlusses kann weiterhin bei den in § 249 Abs. 2 HGB
geregelten Aufwandsrückstellungen angewandt werden.
109
Das deutsche HGB stellt
es dem Rechnungslegenden frei, ob er für dem aktuellen oder einem früheren Ge-
schäftsjahr zuzurechnende Aufwendungen eine Rückstellung bildet oder dies unter-
lässt.
110
Nach den IAS/IFRS- und US-GAAP-Normen ist eine Bildung von Aufwands-
rückstellungen grundsätzlich untersagt.
111
Wird auf die Bildung einer Aufwandsrück-
stellung verzichtet, hat das Unternehmen sowohl die deutschen also auch die inter-
nationalen Rechnungslegungsvorschriften beachtet.
Allerdings bestehen bei den verschiedenen Rechnungslegungssystemen auch einige
unüberbrückbare Unterschiede. Das nachfolgende Beispiel stellt einen solchen Tat-
bestand vor.
112
104
Vgl. H
ALLER
,
A
XEL
/W
ALTON
,
P
ETER
(2000), S. 24; Z
ITZELSBERGER
,
S
IEGFRIED
(1998), S. 800; K
ÜTING
,
K
ARLHEINZ
/D
ÜRR
,
U
LRIKE
/Z
W IRNER
,
C
HRISTIAN
(2002), S. 7.
105
Vgl. K
ÜTING
,
K
ARLHEINZ
(2000), S. 40.
106
Vgl. H
ÜTTEN
,
C
HRISTOPH
/L
ORSON
,
P
ETER
(2000a), S. 614.
107
Vgl. für US-GAAP: H
ALLER
,
A
XEL
(1994), S. 314 f.; vgl. für IAS/IFRS:
H
AYN
,
S
VEN
/G
RAF
W
ALDERSEE
,
G
EORG
(2004), S. 72 ff.
108
Vgl. H
ARTMANN
,
U
LRICH
(1998), S. 263.
109
Vgl. S
EEBERG
,
T
HOMAS
(1994), S. 142.
110
Vgl. § 249 Abs. 2 HGB.
111
Vgl. H
AYN
,
S
VEN
/G
RAF
W
ALDERSEE
,
G
EORG
(2003), S. 176 ff.
112
Weitere Beispiele finden sich bei: P
ELLENS
,
B
ERNHARD
(2001), S. 537.

18
Gem. § 248 Abs. 2 HGB dürfen die Unternehmen keine Forschungs- und Entwick-
lungskosten aktivieren; es besteht ein explizites Ansatzverbot. Nach den IAS/IFRS-
bzw. US-GAAP-Normen ist die Behandlung von Forschungs- und Entwicklungskos-
ten differenzierter zu betrachten: In der US-amerikanischen Rechnungslegung be-
steht für Forschungskosten analog zur deutschen Rechnungslegung ein Aktivie-
rungsverbot. Entwicklungskosten dürfen vorbehaltlich branchenspezifischer Beson-
derheiten ebenfalls nicht aktiviert werden.
113
Nach IAS/IFRS dürfen die Forschungs-
kosten auch nicht aktiviert werden, während die Entwicklungskosten einem expliziten
Aktivierungsgebot unterliegen.
114
Sind in einem Unternehmen Forschungskosten an-
gefallen und es soll ein HGB- und IAS/IFRS-konformer Abschluss erstellt werden, ist
dies nicht möglich, da das ausdrückliche deutsche Ansatzverbot dem expliziten An-
satzgebot entgegensteht.
Der Idealtypus des dualen Abschlusses kann nur dann vorliegen, wenn ein Unter-
nehmen keine Sachverhalte aufweist, für die IAS/IFRS bzw. US-GAAP einerseits und
das HGB andererseits zwingende aber miteinander unvereinbare Vorschriften enthal-
ten.
115
Insgesamt kommt diese Methode einer Internationalisierung der Rechnungs-
legung trotz all ihrer Probleme relativ nahe. Allerdings gilt es zu beachten, dass im
Rahmen der Weiterentwicklung die durch IAS/IFRS gewährten Wahlrechte zuneh-
mend eliminiert worden sind, so dass eine Anpassung an die IAS/IFRS durch Aus-
übung entsprechender HGB-Wahlrechte erschwert wurde.
116
4.4.2.3 Die Erstellung eines HGB-Abschlusses mit anschließender Überlei-
tungsrechnung
Während in den bisher dargelegten Möglichkeiten besonders die Interessen der aus-
ländischen Adressaten eine Rolle spielten, kommt hier der US-amerikanischen Bör-
senaufsicht SEC und der Deutschen Börse AG eine besondere Rolle zu.
Die SEC gewährt die Zulassung zu dem US-amerikanischen Kapitalmarkt nur dann,
wenn das ausländische Unternehmen einen Abschluss erstellt, der den US-
amerikanischen Rechnungslegungsstandards genügt.
117
Die Alternative zur Aufstel-
113
Vgl. B
ORN
,
K
ARL
(2002),
S.
355.
114
Vgl. H
AYN
,
S
VEN
/G
RAF
W
ALDERSEE
,
G
EORG
(2004), S. 103 ff.
115
Vgl. H
ÜTTEN
,
C
HRISTOPH
/L
ORSON
,
P
ETER
(2000a), S. 614; P
ELLENS
,
B
ERNHARD
/F
ÜLBIER
,
R
OLF
U
WE
/A
CKERMANN
,
U
LRICH
(1996), S. 285.
116
Vgl. S
PANHEIMER
,
J
ÜRGEN
(2001), S. 220. Siehe auch Kapitel 5.10.2.
117
Vgl. K
ÜTING
,
K
ARLHEINZ
/H
AYN
,
S
VEN
(1992), S. 41.

19
lung eines vollständigen Zweitabschlusses nach US-amerikanischen Normen, die im
nächsten Kapitel behandelt wird, ist die hier dargestellte Form der Überleitungsrech-
nung (sog. reconciliation).
118
Grundlage für diese Form der materiellen Internationalisierung ist die Erstellung ei-
nes HGB-konformen Abschlusses oder eines dualen HGB-IAS/IFRS-Abschlusses.
119
Die nach nationalen Vorschriften ermittelten Werte der Konzerneigenkapital- und
Konzernerfolgsgrößen müssen auf die entsprechenden Größen nach US-
amerikanischer Rechnungslegung transformiert werden. Darüber hinaus müssen
weitere Vorgaben der SEC beachtet werden: Das die Zulassung beantragende Un-
ternehmen muss eine Kapitalflussrechnung erstellen, des Weiteren sind weitere An-
hangangaben, die nach den US-GAAP üblich sind, zu publizieren und die wesentli-
chen Abweichungen zwischen den verwendeten Rechnungslegungsvorschriften und
den US-GAAP zu erläutern.
120
Deutsche Unternehmen, die den 1997 gegründeten Neuen Markt in Anspruch neh-
men wollten, mussten einen Abschluss erstellen, der den IAS- oder US-GAAP-
Normen entsprach. Bis zum 01.01.2001 akzeptierte die Deutsche Börse AG auch
HGB-Abschlüsse, die um eine Überleitungsrechnung auf US-GAAP oder IAS/IFRS
erweitert waren. Danach bestand nur noch die Möglichkeit, reine IAS/IFRS- oder US-
GAAP-Abschlüsse zu erstellen.
121
Im Gegensatz dazu konnten Unternehmen des
SMAX weiterhin eine Überleitungsrechnung erstellen.
122
Eine Überleitungsrechnung hat Daimler-Benz als erstes deutsches Unternehmen im
Rahmen des Listings an der NYSE aufgestellt.
123
Das Anwenden der Überleitungs-
rechnung bietet zwar die Möglichkeit des Listings am US-amerikanischen Kapital-
markt oder auch am deutschen Kapitalmarkt, aber sie ist auch mit nicht unerhebli-
chen Problemen behaftet. An dieser Stelle soll nur das Problem aufgeworfen werden,
welche Größen des Konzerneigenkapitals oder des Konzernerfolgs nun die ,,richtigen
Zahlen" sind? Darunter leidet zwangsläufig die Glaubwürdigkeit des publizierten Jah-
resabschlusses.
124
118
Vgl. H
ALLER
,
A
XEL
/W
ALTON
,
P
ETER
(2000), S. 24.
119
Vgl. H
ARTMANN
,
U
LRICH
(1998), S. 260.
120
Vgl. H
AYN
,
S
VEN
(1997), S. 221.
121
Vgl. K
ÜTING
,
K
ARLHEINZ
/D
ÜRR
,
U
LRIKE
/Z
WIRNER
,
C
HRISTIAN
(2002), S. 2.
122
Vgl. D
ÜRR
,
U
LRIKE
/Z
WIRNER
,
C
HRISTIAN
(2002), S. 319 f.
123
Siehe zur Ausgestaltung der Überleitungsrechnung der Daimler-Benz AG Kapitel 5.4.2.
124
Vgl. L
IENER
,
G
ERHARD
(1992), S. 279 u. a. mit Verweis auf R
EUTER
,
E
DZARD
(1988), S. 296;
S
CHILDBACH
,
T
HOMAS
(1999), S. 427.

20
4.4.2.4 Die Erstellung paralleler Abschlüsse
Eine weitere Möglichkeit der materiellen Internationalisierung stellt die Aufstellung
zweier Abschlüsse dar, wobei ein Abschluss den nationalen Vorschriften und ein Ab-
schluss den internationalen Grundsätzen genügt.
125
Konkret bedeutet dies, dass ein
deutsches Unternehmen einen primären HGB-Abschluss und daneben einen sekun-
dären IAS/IFRS- bzw. US-GAAP-Abschluss (sog. secondary financial statements)
erstellt.
126
Die konkrete Ausgestaltung dieser Internationalisierungsmethode kann in
drei Formen erfolgen: Einerseits können zwei separate Geschäftsberichte veröffent-
licht werden, die beide auf unterschiedlichen Rechnungslegungssystemen basieren.
Andererseits kann auch nur ein Geschäftsbericht publiziert werden, der zwei nach
abweichenden Rechnungslegungssystemen erstellte Abschlüsse enthält. Die dritte
Möglichkeit besteht darin, dass ebenfalls nur ein Geschäftsbericht veröffentlicht wird,
der einen Abschluss und Zusatzinformationen, die die Möglichkeit eröffnen, den
Zweitabschluss aus dem Erstabschluss herzuleiten, enthält.
127
Die Vorgehensweise des parallelen Abschlusses ist vor allem für international tätige
Unternehmen interessant, die einen ausländischen Kapitalmarkt in Anspruch neh-
men möchten.
128
Der nationale Primärabschluss kann sich weiterhin an den Zielset-
zungen Minimierung der Steuer- und Ausschüttungsbemessungsgrundlage sowie
Gläubigerschutz orientieren, während der eher kapitalmarktorientierte Sekundärab-
schluss die Bedürfnisse der Investoren befriedigen kann.
129
Diese Möglichkeit stellt den weitestgehenden Ansatz dar, aber dieser wirft in der
Praxis auch zahlreiche Probleme auf: Die Unternehmen müssen einen nicht uner-
heblichen Aufwand betreiben, um mit der Doppelbelastung bei der Anwendung zwei-
er verschiedener Rechnungslegungssysteme, deren Anwendung sehr hohe Kosten
verursacht, umgehen zu können. Darüber hinaus stellt sich die oben aufgeworfene
Frage erneut: Welcher Abschluss ist der ,,richtige Abschluss"? Die Adressaten wer-
den durch die Veröffentlichung zweier verschiedener Abschlüsse, die den gleichen
Sachverhalt richtig darstellen sollen, zunehmend verwirrt.
130
125
Vgl. R
OST
,
P
ETER
(1991), S. 40.
126
Vgl. H
AYN
,
S
VEN
(1997), S. 201; K
ÜTING
,
K
ARLHEINZ
/D
ÜRR
,
U
LRIKE
/Z
WIRNER
,
C
HRISTIAN
(2002), S. 7.
127
In Anlehnung an: H
AYN
,
S
VEN
(1997), S. 202.
128
Vgl. H
ALLER
,
A
XEL
/W
ALTON
,
P
ETER
(2000), S. 23 f.
129
Vgl. H
AYN
,
S
VEN
(1997), S. 201.
130
Vgl. m. w. N. P
ELLENS
,
B
ERNHARD
(2001), S. 543 ff.

21
Wie oben bereits dargestellt wurde, ist die Rechnungslegung von den jeweiligen kul-
turellen, wirtschaftlichen, politischen und sozialen Gegebenheiten eines Landes ge-
prägt. Daher kann ,,ein Abschluss lediglich die Auswirkungen einer Management-
entscheidung auf das Geschäftsergebnis des konkreten Geschäftsjahrs, die konkre-
ten Rechnungslegungsmethoden und die spezifischen Zielsetzungen der Rech-
nungslegung abbilden".
131
Die Entscheidungssituation bezieht sich grundsätzlich auf
die ursprüngliche Rechnungslegungsmethode. Ein Beispiel soll diesen Sachverhalt
genauer beleuchten:
132
Ein deutsches Unternehmen kauft eine nach beiden Rechnungslegungssystemen
aktivierungspflichtige Maschine. Die Entscheidung, diese Maschine jetzt zu kaufen,
beruht alleine auf der Tatsache, dass in diesem Geschäftsjahr zum letzten Mal eine
erhöhte Absetzung in Anspruch genommen werden kann, also die Steuerbelastung
zu minimieren. Der Wertansatz der Maschine bzw. die Abschreibung der Maschine
kann zwar an die Regeln des anderen Rechnungslegungssystems angepasst wer-
den, aber nicht die auf Steuerminimierungsgesichtspunkten beruhende Kaufent-
scheidung, die für den Ansatz ausschlaggebend war.
Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass alle gezeigten Möglichkeiten der
Internationalisierung gewichtige Vorteile, aber auch entscheidende Nachteile aufwei-
sen und daher eine international einheitliche Rechnungslegung nicht ersetzen kön-
nen.
133
5. Die Phasen der Internationalisierung der Rech-
nungslegung in Deutschland
Die Internationalisierung der Rechnungslegung in Deutschland ist kein Tatbestand,
der über Nacht eingetreten ist. Vielmehr hat eine Reihe von Ereignissen im Laufe der
letzten vierzig Jahre zur Internationalisierung der Rechnungslegung beigetragen.
Dieser Prozess nahm mit zunehmender Zeit immer mehr an Geschwindigkeit zu und
wird voraussichtlich noch schneller vonstatten gehen.
134
131
H
AYN
,
S
VEN
(1997), S. 204 f.
132
Vgl. H
AYN
,
S
VEN
(1997), S. 205.
133
Vgl. L
IENER
,
G
ERHARD
(1991), S. 279; S
PANHEIMER
,
J
ÜRGEN
(2001), S. 220 f.
134
Vgl. K
IRSCH
,
H
ANS
-J
ÜRGEN
(2002), S. 743.

22
In den nachfolgenden Kapiteln sollen die einzelnen Phasen der Internationalisierung
der Rechnungslegung aufgezeigt werden. Neben den Internationalisierungsbemü-
hungen des deutschen Gesetzgebers werden vor allem die Aktivitäten der EG/EU
sowie des IASC/IASB näher beleuchtet. Zudem wird der Einfluss der US-
amerikanischen Rechnungslegung auf die vorstehend genannten Institutionen auf-
gezeigt. Auch wenn die nachfolgende Gliederung eine überschneidungsfreie Eintei-
lung in die einzelnen Phasen suggeriert, überlappen sich die dargestellten Phasen
teilweise erheblich.
135
Der Überblick beginnt mit dem Aktiengesetz 1965, das zum Verständnis der Interna-
tionalisierung der Rechnungslegung wichtig ist, da hier bereits wesentliche Unter-
schiede zur angelsächsischen Rechnungslegung manifestiert wurden. Anschließend
wird die Phase der EG-Richtlinien, die mit der Transformation der Richtlinien in nati-
onales Recht durch das BiRiLiG ihren Abschluss findet, beschrieben. Zur gleichen
Zeit wurde in London das IASC gegründet, das am Anfang belächelt wurde, dessen
Einfluss aber heute nicht mehr zu unterschätzen ist. Im Anschluss daran wird der
Börsengang der Daimler-Benz AG an die New Yorker Börse dargestellt und die Aus-
wirkungen aufgezeigt. Auch in Deutschland hatte die Deutsche Börse AG einen er-
heblichen Anteil an der Internationalisierung der Rechnungslegung durch die Einfüh-
rung neuer Börsensegmente, z. B. die Einführung des Neuen Markts an der Frankfur-
ter Wertpapierbörse. Im Anschluss an diese Entwicklungen reagierte der deutsche
Gesetzgeber mit bedeutsamen Gesetzen, die den Unternehmen neue Pflichten auf-
bürdeten, aber auch einige Rechte einräumten. Hier werden vor allem das KapAEG
und das KonTraG besprochen. Eine weitere Phase wird dem DRSC gewidmet.
Nachdem das KapCoRiLiG und das TransPuG erläutert wurden, beschäftigt sich die
letzte Phase ausführlich mit der gewonnen Bedeutung des IASC, den Bemühungen
der EU, eine neue Harmonisierungswelle in Gang zu setzen, die vorläufig in den
Verordnungen vom 19. Juli 2002 und 29. September 2003 enden. Ab 2005 müssen
die IAS/IFRS Normen teilweise verpflichtend angewandt werden. Außerdem werden
die Auswirkungen in Deutschland aufgezeigt.
135
Die Anlagen 3/1 bis 3/3 sollen einen zeitlichen Überblick über die nachfolgend angesprochen Pha-
sen geben.

23
5.1 Das Aktiengesetz von 1965
5.1.1 Die Situation vor Inkrafttreten des Aktiengesetzes von 1965
Etwa um 1925 setzten die ersten Bestrebungen ein, das Aktienrecht wesentlich zu
erneuern. Am Ende dieses Prozesses wurde das Aktiengesetz von 1937 verabschie-
det.
136
Das Aktiengesetz von 1937 war der Anlass, das Recht der Aktiengesellschaf-
ten aus dem HGB auszugliedern. Die Anzahl der Paragraphen stieg erheblich an, so
dass eine Ausgliederung aus dem HGB notwendig wurde.
137
Im Rahmen dieses Ge-
setzes wurde das Aktienrecht an die damals herrschenden wirtschaftlichen Verhält-
nisse angepasst,
138
um wichtige Missstände zu beheben oder einzuschränken, die
während der Weltwirtschaftskrise offensichtlich wurden.
139
Dieses Gesetz fand nur
Anwendung auf Aktiengesellschaften, nicht aber auf andere Rechtsformen. Für diese
Unternehmen galten weiterhin die unzureichenden Regelungen des HGB.
Große Bedeutung kommt im Rahmen der Internationalisierung der Rechnungslegung
in Deutschland den Bewertungsprinzipien zu. In § 133 AktG 1937 waren die grundle-
genden Bewertungsprinzipien für AG`s kodifiziert. Oberstes Prinzip war die Erhaltung
und Sicherung des Grundkapitals. Dieses Prinzip wurde durch das Prinzip der vor-
sichtigen Bewertung, dem Anschaffungskostenprinzip, dem Niederstwertprinzip und
dem Realisationsprinzip konkretisiert.
140
Das Aktiengesetz von 1937 setzte auf
Höchstwerte, die nicht überschritten, wohl aber unterschritten werden durften.
141
Die
genannten Prinzipien dienten vor allem dem Gläubigerschutz, in dem der ausschütt-
bare Gewinn möglichst niedrig gehalten wird und somit der Fortbestand des Unter-
nehmens nicht bedroht wird.
142
Diese Bewertungsprinzipien sind auch heute noch
geltendes Recht, wenn auch in abgeänderter Form.
Die AG wurde durch Erhöhung des Mindestgrundkapitals zu einer nur für große Un-
ternehmen möglichen und interessanten Rechtsform. Aufgrund der damals in
Deutschland herrschenden politischen Verhältnisse wurde die Position des Vorstan-
136
Vgl. K
ROPFF
,
B
RUNO
(1965), S. 13.
137
Vgl. W
ÖHE
,
G
ÜNTER
(1999), S. 68.
138
Vgl. K
ROPFF
,
B
RUNO
(1965), S. 13.
139
Vgl. J
AGENBURG
,
W
ALTER
(1965), S. 157.
140
Vgl. F
ORSTER
,
K
ARL
-H
EINZ
(1964), S. 423.
141
Vgl. H
AVERMANN
,
H
ANS
(1981), S. 569 f.
142
Vgl. D
USEMOND
,
M
ICHAEL
/K
ESSLER
,
H
ARALD
(2001), S. 7 ff.

24
des erheblich gestärkt (sog. Direktorialprinzip in Anlehnung an das Führerprinzip).
143
Trotzdem wurden auch die Auskunftsrechte der einzelnen Aktionäre erheblich erwei-
tert.
144
Außerdem wurde die heute noch gültige Regel aufgestellt, dass ein Jahresab-
schluss nur dann als festgestellt gilt, wenn eine Abschlussprüfung stattgefunden hat.
Ansonsten ist der Abschluss nichtig.
145
Das Aktiengesetz von 1937 ist somit auch
Grundlage für die Entstehung des Berufs des WP`s.
146
Die Feststellung des Ab-
schlusses obliegt alleine dem Vorstand mit Billigung des Aufsichtsrats; der Hauptver-
sammlung wurde dieses Recht aberkannt.
147
Durch dieses Recht konnte der Vor-
stand und der Aufsichtsrat in eigenem Ermessen so viele stille und offene Rücklagen
bilden, wie es ihnen angemessen erschien. Die Hauptversammlung konnte nur über
den verbleibenden Betrag entscheiden, ob sie diesen Betrag als Dividende
148
aus-
schüttet oder thesauriert.
149
Die Begrenzung der an die Aktionäre ausschüttbaren
Dividende durch die Dividendenabgabenverordnung von 1941, die bereits 1952 wie-
der aufgehoben wurde, trug zur Entrechtung der Aktionäre bei.
150
Nach Ende des Zweiten Weltkriegs haben sich die gesellschaftlichen, wirtschaftli-
chen und politischen Verhältnisse in Deutschland grundlegend geändert. Daher wur-
de auch eine Reform des Aktiengesetzes von 1937 angestrebt, um die Vorschriften
über die AG den neuen Verhältnissen in Deutschland anzupassen.
151
Der damalige
Bundeskanzler Konrad Adenauer hatte in einer Regierungserklärung vom 29. Okto-
ber 1957 eine Reform des Aktienrechts angekündigt.
152
Das Ziel der Aktienrechtsre-
form war, das Interesse des deutschen Volkes an der Aktie als Anlagemöglichkeit zu
wecken und somit den Unternehmen eine neue Finanzierungsmöglichkeit zu eröff-
nen.
153
Dieser Reform des Aktiengesetzes gingen aber einige andere Gesetze vor-
aus, die wesentlichen Einfluss auf das Aktienrecht hatten. Hierbei handelt es sich um
das DM-Bilanzgesetz vom 21. August 1949, verschiedene Mitbestimmungsgesetze
143
Vgl. W
ÖHE
,
G
ÜNTER
(1999), S. 69.
144
Vgl. § 112 Abs. 1 AktG 1937.
145
Vgl. § 135 Abs. 1 AktG 1937.
146
Vgl. S
CHNEIDER
,
K
ARL
(1965), S. 361.
147
Gem. § 260 Abs. 1 HGB 1897 stand dieses Recht der Hauptversammlung zu. Vgl. W
ÖHE
,
G
ÜNTER
(1999), S. 69.
148
Der Berliner Bankier C. Fürstenberg definierte Dividende wie folgt: ,,Dividende ist derjenige Teil des
Gewinns, den man vor den Aktionären mit dem besten Willen nicht mehr verstecken kann." Zitat
entnommen aus: B
ÜHLER
,
O
TTMAR
(1956), S. 111, dort auch Fn. 1.
149
Vgl. G
ESSLER
,
E
RNST
(1965), S. 679.
150
Vgl. B
ARDENZ
,
A
LEXANDER
(1998), S. 47.
151
Vgl. W
ÖHE
,
G
ÜNTER
(1999), S. 71.
152
Vgl. K
ROPFF
,
B
RUNO
(1965), S. 13.
153
Vgl. W
ILHELMI
,
H
ANS
(1965), S. 153.

25
(Montan-Mitbestimmungsgesetz vom 21. Mai 1951 und Betriebsverfassungsgesetz
vom 11. Oktober 1952) sowie die ,,kleine Aktienrechtsreform" von 1959.
154
5.1.2 Die Vorschriften und Neuerungen des Aktiengesetzes von
1965
Das Aktiengesetz von 1965 und das entsprechende Einführungsgesetz traten am 1.
Januar 1966 in Kraft. Im Einführungsgesetz zum Aktiengesetz von 1965 gab es bzgl.
der Rechnungslegungsvorschriften
155
eine Ausnahme; diese Normen entfalteten ihre
Gültigkeit erstmals für das nach dem 31. Dezember 1966 beginnende Geschäfts-
jahr.
156
§ 14 Abs. 1 S. 2 EGAktG 1965 erlaubte die Anwendung dieser Vorschriften
aber schon für den 1. Januar 1966. Im Folgenden werden die Änderungen durch das
Aktiengesetz näher beleuchtet.
5.1.2.1 Die Änderungen den Vorstand und die Aktionäre betreffend
Das durch das Aktiengesetz von 1937 eingeführte Direktorialprinzip wurde durch das
sog. Kollegialprinzip ersetzt. Der Vorstandsvorsitzende kann sich bei Meinungsver-
schiedenheiten nicht mehr gegen die Mehrheit der Vorstandsmitglieder durchsetzen,
so wie es vorher der Fall war.
157
Die Stellung der Aktionäre wurde im Vergleich zum Aktiengesetz von 1937 erheblich
gestärkt; hier wurde der Tatsache Rechnung getragen, dass die Aktionäre der wirt-
schaftliche Eigentümer der Gesellschaft sind.
158
5.1.2.2 Die Feststellung des Jahresabschlusses und die geänderten Regeln zur
Gewinnverwendung
Das durch das Aktiengesetz von 1937 beschnittene Recht zur Feststellung des Ab-
schlusses wurde durch das neue Aktienrecht z. T. wieder gewährt. Gem. § 172 AktG
1965 konnte der Vorstand dieses Recht auf die Hauptversammlung übertragen und
gem. § 173 AktG 1965 ging das Recht zur Feststellung zwingend auf die Hauptver-
sammlung über, wenn der Aufsichtsrat den Jahresabschluss des Vorstands nicht bil-
ligte.
154
Vgl. W
ÖHE
,
G
ÜNTER
(1999), S. 71 f.
155
Unter Rechnungslegungsvorschriften fallen die §§ 148 bis 161 AktG 1965.
156
Vgl. § 15 EGAktG von 1965; G
OERDELER
,
R
EINHARD
(1965), S. 362.
157
Vgl. § 77 Abs. 1 S. 2 AktG 1965.
158
Vgl. W
ÖHE
,
G
ÜNTER
(1999), S. 72; ausführlich dazu: W
ILHELMI
,
H
ANS
(1965), S. 154 f.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2005
ISBN (eBook)
9783832486198
ISBN (Paperback)
9783838686196
DOI
10.3239/9783832486198
Dateigröße
834 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Universität des Saarlandes – Betriebswirtschaftslehre, Wirtschaftsprüfung
Erscheinungsdatum
2005 (März)
Note
1,0
Schlagworte
bilanzrecht bilanzkontrollgesetz standardsetter us-gaap
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