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Die ökonomische Analyse von Korruption

©2004 Diplomarbeit 75 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Zusammenfassung:
Seit es Aufzeichnungen über Verwaltungen und das Wirtschaftsleben gibt, finden sich Hinweise auf Korruption und Bestechung. Korruption ist demnach nicht nur in der ökonomischen und politischen Gegenwart anzutreffen, sondern weist eine sehr lange Existenz in der Geschichte auf. Die Aktualität und Bedeutsamkeit ist der Korruption aber bis heute erhalten geblieben. Durch Skandale, wie aktuell beispielsweise der münchner Stadionbau und die Festnahme Wildmosers, rückt diese Thematik immer wieder in den Focus der Öffentlichkeit.
Es scheint oft so, als würden die Menschen durch jeden Skandal nur kurzzeitig sensibilisiert werden, denn nach jedem aktuellen Fall rückt Korruption meist wieder in den Hintergrund, um dann, beim nächsten aufgedeckten Fall, erneut Interesse zu erregen. Zum Gegenstand ökonomisch-wissenschaftlichen Interesses ist Korruption in den letzten Jahren insbesondere aufgrund vermuteter immenser materieller und immaterieller Schäden geworden. Soziologen haben sich mit der Frage befasst, inwieweit soziale Ordnungen sich auf die Entstehung von Korruption auswirken und welche Effekte diese Ordnungen auf das gesellschaftliche Gefüge haben. Die Anthropologen versuchten das Phänomen Korruption kulturell und aus Wertvorstellungen heraus zu erklären. Der Facettenreichtum von Korruption zeigt den interdisziplinären Charakter dieses Phänomens.
Das Ziel dieser Arbeit ist es, eine ökonomische Betrachtung der Korruption darzustellen. Dabei soll erörtert werden, ob Korruption im Rahmen ökonomischer Theorien analysiert werden kann. Wenn dies zutrifft, ist die Frage nach den institutionellen bzw. individuellen Anreizstrukturen der korrupten Transaktionspartner zu beantworten. Zudem soll Aufschluss darüber gegeben werden, in welcher Form ökonomische Wirkungen durch Korruption feststellbar sind.
Die Vorgehensweise gliedert sich dergestalt, dass im Kapitel B, aufgrund der Unschärfe des Begriffes, zunächst eine Definition aus unterschiedlichen sozialwissenschaftlichen Perspektiven erfolgt, um im Anschluss ökonomische Definitionen der Korruption anzuführen. In dem folgenden Kapitel werden nach einer allgemeinen Differenzierung die speziellen Formen dargestellt, und anschließend die strafrechtlich relevanten Tatbestände beschrieben. Danach folgt ein Blick auf die durchaus vorhandene positive Korruption. Im nächsten Kapitel wird eine Auswahl an Korruptionsfällen beschrieben, die aufzeigen, dass Korruption auch in Deutschland in […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

A. Einleitung

B. Definitionen
1. Sozialwissenschaftliche Begriffsbestimmung
2. Ökonomische Definitionen

C. Ausprägungsformen
1. Allgemeine Unterteilung
2. Spezielle Formen von Korruption
3. Korruptionsformen im Strafrecht
4. Positive Korruption

D. Ausgewählte Fälle aus Politik und Wirtschaft
1. Korruption im Gesundheitswesen
2. Die Übernahme von Leuna/Minol durch Elf-Aquitaine
3. Der Kölner Müllskandal

E. Angriffsflächen für Korruption
1. Interdependenzen zwischen Wirtschaft und Politik
2. Korruption in ausgewählten Politikfeldern
3. Anfälligkeiten von politischen Systemen
4. Gefährdete Bereiche und Positionen in Unternehmen

F. Ökonomische Analyse
1. Institutionenökonomische Analyse von Korruption
2. Korruption - Eine Transaktionskostenanalyse
3. Neue Politische Ökonomie – Ein Analyseansatz zur Bestechung
4. Die ökonomische Analyse der Belastungs- und Entlastungskorruption

G. Wirkungen von Korruption
1. Ökonomische Wirkungen
1.1. Einschränkung der Markttransparenz durch Korruption
1.2. Wettbewerbsverzerrungen
1.3. Korruption als Markteintrittsbarriere
1.4. Suboptimale Allokation der Ressourcen
1.5. Ressourcenverschwendung
1.6. Erhöhte Transaktionskosten
1.7. Korruptionsinduzierte Preiserhöhung
1.8. Produktdifferenzierung
1.9. Die Wohlfahrtswirkungen der Korruption
1.10. Korruptionsbedingte Innovationshemmung
2. Gesellschaftliche Wirkungen

H. Prävention und Repression
1. Organisatorische und institutionelle Prävention und Repression
1.1. Der Integritätspakt
1.2. Prävention durch Job-Rotation
1.4. Ethik-Kodizies
1.5. Einengung der diskretionären Handlungsspielräume
1.6. Wertemanagementsystem
1.7. Individuelle Selbstbindung
1.8. Unternehmensseitige Selbstbindung
2. Strafrechtliche Prävention und Repression
2.1. Kontrollverstärkung
2.2. Erhöhung des Strafmaßes
2.3. Erhöhung der Entdeckungswahrscheinlichkeit
2.4. Kronzeugenregelung
2.5. Ausschlussregister für Unternehmen
2.6. Strafmildernde Selbstanzeige

I. Zusammenfassung

Literaturverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

A. Einleitung

Seit es Aufzeichnungen über Verwaltungen und das Wirtschaftsleben gibt, finden sich Hinweise auf Korruption und Bestechung. Korruption ist demnach nicht nur in der ökonomischen und politischen Gegenwart anzutreffen, sondern weist eine sehr lange Existenz in der Geschichte auf. Die Aktualität und Bedeutsamkeit ist der Korruption aber bis heute erhalten geblieben. Durch Skandale, wie aktuell beispielsweise der münchner Stadionbau und die Festnahme Wildmosers, rückt diese Thematik immer wieder in den Focus der Öffentlichkeit. Es scheint oft so, als würden die Menschen durch jeden Skandal nur kurzzeitig sensibilisiert werden, denn nach jedem aktuellen Fall rückt Korruption meist wieder in den Hintergrund, um dann, beim nächsten aufgedeckten Fall, erneut Interesse zu erregen. Zum Gegenstand ökonomisch-wissenschaftlichen Interesses ist Korruption in den letzten Jahren insbesondere aufgrund vermuteter immenser materieller und immaterieller Schäden geworden. Soziologen haben sich mit der Frage befasst, inwieweit soziale Ordnungen sich auf die Entstehung von Korruption auswirken und welche Effekte diese Ordnungen auf das gesellschaftliche Gefüge haben. Die Anthropologen versuchten das Phänomen Korruption kulturell und aus Wertvorstellungen heraus zu erklären. Der Facettenreichtum von Korruption zeigt den interdisziplinären Charakter dieses Phänomens.

Das Ziel dieser Arbeit ist es, eine ökonomische Betrachtung der Korruption darzustellen. Dabei soll erörtert werden, ob Korruption im Rahmen ökonomischer Theorien analysiert werden kann. Wenn dies zutrifft, ist die Frage nach den institutionellen bzw. individuellen Anreizstrukturen der korrupten Transaktionspartner zu beantworten. Zudem soll Aufschluss darüber gegeben werden, in welcher Form ökonomische Wirkungen durch Korruption feststellbar sind.

Die Vorgehensweise gliedert sich dergestalt, dass im Kapitel B, aufgrund der Unschärfe des Begriffes, zunächst eine Definition aus unterschiedlichen sozialwissenschaftlichen Perspektiven erfolgt, um im Anschluss ökonomische Definitionen der Korruption anzuführen. In dem folgenden Kapitel werden nach einer allgemeinen Differenzierung die speziellen Formen dargestellt, und anschließend die strafrechtlich relevanten Tatbestände beschrieben. Danach folgt ein Blick auf die durchaus vorhandene positive Korruption. Im nächsten Kapitel wird eine Auswahl an Korruptionsfällen beschrieben, die aufzeigen, dass Korruption auch in Deutschland in den unterschiedlichsten Formen stattfindet. Da kein politisches System und keine Marktform perfekt ist, setzt sich das Kapitel E zum Ziel, die jeweiligen Schwächen herauszuarbeiten. Dabei werden in Teilbereichen der Politik und in korruptionstypischen Abteilungen in Unternehmen, Angriffsflächen identifiziert. Kapitel F befasst sich mit einem der Hauptteile, nämlich dem der ökonomischen Analyse. Der Schwerpunkt liegt dabei auf einer institutionenökonomischen Betrachtung, unter zu Hilfenahme des Prinzipal-Agent-Klient-Modells und einer integrierten Analyse der individuellen Korruptionsanreize. Im Anschluss wird die korruptive Transaktionskostenproblematik dargelegt. Da der Schwerpunkt der Korruption in der Interaktion von Wirtschaft und Politik liegt, wird als dritte Analysemethode die der Neuen Politischen Ökonomie gewählt. Dieser Ansatz bezieht sich auf die grundsätzliche Interdependenz von Politik und Ökonomie respektive Markt. Abschließend wird in diesem Kapitel die ökonomische Analyse der Entlastungs- und Belastungskorruption dargestellt. Der folgende Abschnitt G hat, als weiterer Hauptteil, zunächst eine stringent ökonomische Darstellung der Wirkungen von Korruption zum Gegenstand, um abschließend kurz gesellschaftliche Effekte aufzuzeigen. In Abschnitt H werden theoretische Maßnahmen zur Prävention und Repression dargestellt. Differenziert wird dabei zwischen organisatorischen bzw. institutionellen Maßnahmen sowie strafrechtlichen Relevanzen. Das letzte Kapitel I fasst die Ergebnisse dieser Arbeit zusammen.

Bezüglich den verwendeten Begriffen ist anzumerken, dass die Begriffe korrupt und korruptiv synonym verwendet werden. Ebenso verhält es sich mit den Bezeichnungen Korrumpteur und Korrumpeur, bzw. Klient.

B. Definitionen

Der Begriff Korruption kommt etymologisch vom lateinischen Wort „corrumpere“, was soviel bedeutet wie verderben, entkräften, entstellen, untergraben oder auch bestechen.[1] Die Fülle der möglichen Übersetzungen in das Deutsche verdeutlicht die Vielschichtigkeit dieses Begriffes und weist gleichzeitig auf die Problematik bei der Definition von Korruption hin. In der Literatur sind aus verschiedenen wissenschaftlichen Disziplinen Begriffsbestimmungen zu Korruption vorhanden. Die Divergenz der Definitionen zeigt, dass von einem einheitlichen Verständnis von Korruption im deutschen Sprachraum nicht ausgegangen werden kann. Korruption ist vielmehr ein Oberbegriff für eine Kumulation von Praktiken, zu denen par Exempel Beamtenbestechung, allgemeiner politischer Machtmissbrauch oder gesellschaftlicher Sittenverfall gehören.[2]

1. Sozialwissenschaftliche Begriffsbestimmung

Oft wird Korruption individualethisch hergeleitet, indem korruptive Vergehen als persönliche Defekte einzelner Mitarbeiter in Unternehmen oder als individuelle Charakterprobleme eines Beamten angesehen werden. Bei einer reinen individualethischen Zuordnung werden jedoch die organisatorischen und institutionenethischen Aspekte außer Acht gelassen. Nicht nur die charakterlichen Eigenschaften des Individuums sind maßgeblich für Korruption, sondern ebenfalls die Funktion und Stellung der Person in einer Verwaltungseinheit oder in einem Unternehmen. Das Entstehen und die Verbreitung von korrupten Handlungen sind zudem abhängig von organisatorischen Strukturen in einem Betrieb. Zu diesen Strukturen gehören beispielsweise die Befehlshierarchie, die Leistungsvorgaben, der Grad der Arbeitsteilung oder die Gruppenkohäsion. Es handelt sich bei diesen Beispielen um Möglichkeiten zwischenmenschliches Handeln zu koordinieren. Ethische Vorgaben in einem Unternehmen, z.B. in Form eines Ethik-Kodex, werden oft durch eine wettbewerbsbedingt einseitige Orientierung an ökonomischen Leistungszielen ausgehebelt. Selbstredend gilt dies ebenso für die öffentliche Verwaltung. Bedingt durch die Hierarchie in einem Unternehmen und aus Angst vor Kündigung werden korrupte Aktivitäten eines Vorgesetzten selten von untergeordneten Mitarbeitern angezeigt. Besteht ein starker Zusammenhalt in einer korrupten Abteilung, ist die Aufdeckung und Sanktionierung von Korruption unwahrscheinlich.[3]

Eine andere Herangehensweise an die Begriffsbestimmung von Korruption ist der moralische Ansatz, bei dem der Begriff keine Einengung bezüglich einer speziellen wissenschaftlichen Sichtweise erfährt. Er wird als die symbolische Verdichtung des Unmoralischen betrachtet. Einerseits fällt unter diese Amoralität die moralische Minderwertigkeit von korrupten Personen und andererseits die durch Korruption enttäuschten Moralerwartungen derer, die sich durch integere Handlungen auszeichnen. Bei einigen Autoren steht Korruption für das Schlechte in der Welt und wird in Beschreibungen verglichen mit Krankheiten wie Pest oder Krebs. Fällt der Begriff Korruption in der politischen Öffentlichkeit, wird er manchmal dazu verwendet Skandale heraufzubeschwören oder Mitstreiter zu denunzieren.[4] Moralische Bedenken eines korrupten Akteurs lassen sich ökonomisch darstellen, indem man in sein Kosten-Nutzen-Kalkül die durch Korruption entstandenen Kosten des geschädigten Dritten aufnimmt. Die Kosten der Moral fallen und steigen in Abhängigkeit des Grades der Bereicherung durch Korruptionsleistungen. Ferner ist festzustellen, dass moralische Bedenken gegenüber der eigenen Korruption mit dem allgemein erhöhten Niveau von Korruption in der Gesellschaft abnehmen.[5]

Grenzt man die allgemeine, unmoralische Sichtweise auf die Korruption ein, so kann dieses Phänomen als ein individueller Normenverstoß definiert werden. Korruption kann man in diesem Fall als eine mangelnde normative Qualität von Handlungen begreifen. Vor dem Hintergrund unseres rechtsstaatlichen Systems, das zweigeteilt ist in die Privatsphäre und die öffentliche Sphäre, kann man unter Korruption eine Handlung verstehen, die das System öffentlicher oder bürgerlicher Ordnung verletzt. Der Normenverstoß äußert sich in diesem Zusammenhang als ein von dem öffentlichen Interesse abweichendes Verhalten. Das korrupt handelnde Individuum überschreitet demnach eine unsichtbare Trennlinie zwischen öffentlichem Sektor und Privatraum. In einem funktionierenden rechtsstaatlichen System sollte im Sinne der allgemeinen Wohlfahrt das öffentliche Interesse über das private gestellt sein.[6]

Eine Definition von Korruption, in der die Betonung der sozialen Beziehung sowie die Betrachtung als qualifizierter Normenverstoß miteinander verwoben werden, ist folgende:

„Korruption soll heißen: Eine soziale Beziehung zwischen individuellen Akteuren in den Rollen von Amtswalter und Klient, die unter Missachtung der auf das Rollenhandeln gerichteten universalistischen Erwartungen um die partikularistische Komponente eines persönlichen Austauschverhältnisses erweitert wird.“[7]

Die soziale Beziehung bezieht sich auf ein aneinander orientiertes Verhaltensmuster mehrerer Akteure. Dabei erfolgt eine Missachtung der korrupt agierenden Akteure durch die Gesellschaft, da ihre individuellen Interessen mit denen der Allgemeinheit kollidieren. Geprägt ist die Beziehung der Akteure untereinander durch ein persönliches Austauschverhältnis. Auch von der Norm divergierendes Verhalten hat gesellschaftliche Hintergründe und folgt Regeln sozialen Verhaltens. Korruption ist ein abweichendes Verhalten mit sozialen Aspekten makrosozialer sowie mikrosozialer Art. Auf der Makroebene wirkt die Summe der Handlungen einzelner Akteure und die Mikroebene erklärt die Wahl bestimmter Handlungsalternativen durch die Individuen.[8]

Eine der häufigsten Definitionen von Korruption ist „das Ausnutzen einer Machtposition zum eigenen Vorteil“.[9] Bei dieser Begriffsbestimmung gibt es im Korruptionsfall nur Täter. Auf der einen Seite ist ein Täter, der mit Entscheidungsbefugnissen über behördliche oder private Angelegenheiten betraut ist. Und auf der anderen Seite ein Täter, der den Ersteren in dessen Entscheidungen beeinflussen will, damit er in seinem Interesse handelt. Korruption ist im Sinne dieser Definition ebenfalls gegeben, wenn eine Gruppe von Tätern vereinbart, den Wettbewerb in einem bestimmten Markt außer Kraft zu setzen, um als Kollektiv ihre Macht in geldwerte Vorteile umzuwandeln. Einerseits können Amtsträger, die Ermessensentscheidungen zu treffen haben, eine Machtposition inne haben, z.B. bei einer öffentlichen Auftragsvergabe oder einer Lizenzerteilung. Andererseits ist denkbar, dass diese Machtposition einem Einkäufer eines privaten Unternehmens obliegt, der den einen Lieferanten dem anderen vorzieht. Der Vorteil kann in dieser Definition verschiedene Gesichter haben, teils einen eindeutigen Nutzen durch Erlangung eines Bauauftrages und teils einen indirekten Vorteil in Form einer Spende für die eigene Partei.[10]

2. Ökonomische Definitionen

Korruption kann als illegaler Vertrag oder als Netzwerk illegaler Verträge bezeichnet werden, dem eine Unrechtsvereinbarung zu Grunde liegt. Eine typische Unrechtsvereinbarung aus juristischer Sicht ist das Gewähren eines Vorteils gegen die Bezahlung von Schmiergeld. Als konstituierend für den illegalen Vertrag gilt, dass der öffentliche Funktionsträger erstens materielle oder immaterielle Vorteile annimmt und zweitens eine vorteilhafte Handlung für die korrumpierende Seite vornimmt oder es unterlässt eine nachteilige Aktion durchzuführen. Durch die Illegalität gibt es keinen freien Zugang zu der Unrechtsvereinbarung und damit zu der Korruption. Wären Informationen über Unrechtsvereinbarungen allgemein zugänglich, würde die Gefahr aufgedeckt zu werden steigen. Aus diesem Grund gehen öffentliche Funktionsträger nur mit einer kleinen, übersichtlichen Anzahl von Klienten illegale Verträge ein. Propagandisten der Neuen Politischen Ökonomie haben festgestellt, dass korrupte Transaktionen, bzw. illegale Verträge, informelle politische Einflusskanäle darstellen können.[11]

Beschreibt man Korruption als Tauschhandel auf einem Markt, so sind dafür drei wesentliche Eigenschaften maßgeblich. Zum einen tauschen auf Korruption basierend mindestens zwei Marktteilnehmer Güter, denen sie Wert beimessen, um ihre Wohlfahrt zu maximieren.[12] Wobei zweitens einer der Tauschpartner durch den Tauschakt in ein Dilemma gerät, da er abwägen muss zwischen der Befolgung allgemeiner Normen und individueller, an der persönlichen Nutzenoptimierung angelehnter Standards. Bevorzugt dieser Akteur in dem Entscheidungszwiespalt seine partikularen Interessen gegenüber der Einhaltung gesellschaftlicher Regeln, liegt Korruption vor. Zudem ist es ein Merkmal des korrupten Tausches, dass bei den Akteuren das Bewusstsein vorhanden ist, im Falle einer Aufdeckung durch die Gesellschaft sanktioniert zu werden. Allgemein ist für das Zustandekommen von Korruption in Form eines Tausches das Zusammentreffen von subjektiver Korruptionswilligkeit und objektiver Korruptionsfähigkeit bedeutsam.[13] Lambsdorff charakterisiert Korruption als eine Art des Tausches, bei dem eine korruptive Leistung für eine entsprechende Gegenleistung erbracht wird. Da dieser Tausch nicht auf einem vollkommenen Markt stattfindet, fallen Transaktionskosten[14] an. Die Korruptionsleistung kann entweder als Leistung eines Staatsdieners verstanden werden, die gegen Vorschriften verstößt, oder eine Leistung sein, die zwar den Anordnungen entspricht, für die es jedoch nicht erlaubt ist Geld zu fordern.[15]

Man kann Korruption auch als illegales „Rent-Seeking“ definieren. Als „Rent-Seeking“ bezeichnet man die Aktivitäten, die das Ziel haben bestimmten Akteuren ein Einkommen ohne Gegenleistung zukommen zu lassen. Aus wohlfahrtsökonomischer Sicht ist dies eine Verschwendung von Ressourcen, da die verwirklichten Einkommen nicht aus der Produktion von Gütern und Dienstleistungen stammen.[16] Interessengruppen versuchen die politischen Entscheidungsträger zu beeinflussen, um staatliche Transferleistungen zu realisieren. Sie betreiben folglich legales „Rent-Seeking“, damit sie beispielsweise Subventionen erhalten. Interessengruppen können jedoch ebenso versuchen durch Korruption illegale Renten abzuschöpfen. Sie sind in der Lage, den Beamten bzw. den Agenten im städtischen Bauamt durch Bestechung dazu zu veranlassen, in ihrem Interesse zu entscheiden.[17] Diese Realisierung von zusätzlichen Einkommen des Agenten verstößt gegen Normen und geltendes Recht. Demzufolge kommt es zu ungesetzlichen Veränderungen in der Einkommensverteilung. Schmidt spricht deshalb in diesem Kontext von illegalem „Rent-Seeking“.[18] Man kann Korruption ferner als einen Vorgang unproduktiven „Rent-Seekings“ seitens des Agenten begreifen, der versucht seinen individuellen Nutzen zu maximieren. Dadurch werden u.a. aufgrund der hohen Transaktionskosten der Korruption andere produktive Transaktionen unmöglich.[19] Handelt es sich bei dem Agenten um einen Beamten der öffentlichen Verwaltung und missbraucht er dieses Amt, um sich privat zu bereichern, dann sind die Bedingungen für öffentliches „Rent-Seeking“ gegeben. Ermöglicht wird dem öffentlich Bediensteten diese Erzielung von Renten ohne eine Leistung am Markt zu bringen, aufgrund einer Position, die ihm die Entscheidung über die Gewährung von bestimmten Zuteilungen gestattet.[20]

C. Ausprägungsformen

1. Allgemeine Unterteilung

Nach Meinung einiger Autoren, geht die Bedeutung von Korruption über die im Strafrecht vorhandenen Formen hinaus. Deshalb wird vielfach eine Differenzierung verwendet, die beispielsweise in situationsbedingte, strukturelle und netzwerkartige Korruption untergliedert. Diese Einordnung erfolgt nach den quantitativen Kriterien zeitliche Ausdehnung und Umfang des Teilnehmerkreises. Dabei sind die Übergänge zwischen diesen drei Kategorien nicht klar fassbar; vielmehr besteht ein fließender Wechsel von der einen Form zur anderen.

Typisch für situative Fälle von Korruption sind spontane Offerten von Akteuren, die aus einer zufälligen Alltagssituation heraus entstehen. Meist bleibt das zeitliche Ausmaß der korrupten Beziehung eng begrenzt. Eine andere passende Bezeichnung für situationsbedingte Korruption ist der Begriff Gelegenheitskorruption, denn diese entsteht aus einer speziellen, normalerweise unvorhersehbaren Situation. Folglich entsteht auch keine soziale Beziehung aus dieser einzelnen korrupten Transaktion.[21] Bannenberg bezeichnet diese Form von Korruption als Bagatellkorruption, denn es handelt sich um unbedeutende Einzelfälle, die als geringfügig kriminell einzustufen sind. Charakteristisch ist weiterhin, dass diese Fälle nicht auf Wiederholung angelegt sind und die Beteiligten sich im Vorfeld nie bewusst begegnet sind. Für den Korrumpierenden ist diese Form risikoreich, da man die Reaktion des fremden Gegenüber nicht abschätzen kann.[22] Typisches Beispiel aus dem Feld der situationsbedingten Korruption ist die Polizistenbestechung. Dabei soll meist durch eine monetäre Leistung des Bestechenden über ein Verkehrsdelikt hinweg gesehen werden. Oft anzutreffen sind ebenfalls Grenz- und Zolldelikte oder Bestechungen zur Erlangung von behördlichen Genehmigungen.[23]

Kennzeichnend für strukturelle Korruption ist eine dauerhafte und nicht auf Spontaneität angelegte Handlung, die eine hohe Intensität aufweist. Diese hohe Intensität äußert sich durch eine hohe Forderung des Agenten bzw. eine hohe Bestechungsleistung des Klienten. Zudem kann man bei struktureller Korruption von einem gewissen Organisationsgrad ausgehen. Bei dieser Form werden überwiegend größere Summen in Planung und Durchführung investiert, damit einer längerfristigen Beziehung der Weg geebnet werden kann. Es ist möglich, dass die Beziehung über Jahrzehnte hinweg unbeachtet ausgebaut wird. Ist eine dauerhafte Beziehung durch sich wiederholende Transaktionen etabliert, bleibt es oft nicht bei einer zweiseitigen Beziehung, sondern der Kreis der involvierten Personen erweitert sich.[24] Jedoch stoßen diese gewachsenen Beziehungen an ihre räumlichen und personellen Grenzen, da es sich in der Regel um einen regional begrenzten Wirkungskreis handelt. Die Zahl der beteiligten Amtsträger mit Entscheidungsbefugnis ist eher gering, hingegen kann die Anzahl der Klienten, die um Aufträge buhlen, zweistellig sein.[25] Um Beispiele anzuführen, kann man diese Korruptionsform in die Bereiche hoheitliches Verwaltungshandeln und privatrechtliche Beziehungen öffentlicher Verwaltungen aufgliedern. Die klassischen Aufgabengebiete des ersten Bereichs sind die Ausstellung von Bescheinigungen und die Erteilung von Genehmigungen. Ein typischer Fall ist hier der illegale Verkauf von Führerscheinen an zahlungsbereite Transaktionspartner oder deren Manipulation seitens eines Beamten der Führerscheinstelle. Demgegenüber ist der zweite Teilbereich charakterisiert durch eine Auftragsbeziehung zwischen öffentlicher Verwaltung und privaten Unternehmen. Klassisches Beispiel ist hier die Manipulation bei der Auftragsvergabe im öffentlichen Bausektor.[26] Bei Unregelmäßigkeiten im Rahmen einer öffentlichen Auftragsvergabe spricht man auch von Submissionsbetrug. Nach einem Urteil des Bundesgerichthofes liegt ein solcher Tatbestand vor, wenn sich jemand bei einer Ausschreibung einen Auftragszuschlag durch Täuschung der Vergabestelle verschafft. Dieser Akteur macht sich des Betruges zum Nachteil von ansonsten aussichtsvollen Mitbewerbern schuldig. Der Bundesgerichtshof unterstellt in diesem Fall einen Vermögensschaden, der sich in der verhinderten Gewinnaussicht des Mitbewerbers äußert. Schätzungen über die volkswirtschaftlichen Schäden, insbesondere über die Beeinträchtigungen des Wettbewerbssystems und die Einbußen auf Seiten der öffentlichen Hand gibt es viele. Jedoch ist eine genaue Bezifferung nahezu unmöglich, da es sich meist um weitverzweigte Kartelle handelt, die man zur Quantifizierung des Schadens nicht vollständig entschlüsseln kann. Bei dem Tatbestand des Submissionsbetrug befindet man sich in Abhängigkeit von dem Vorliegen eines Kartells entweder noch im Bereich der strukturellen Korruption oder bereits im Gebiet eines korrupten Netzwerkes.[27]

Charakteristisch für korrupte Netzwerke ist die hohe Anzahl dauerhafter Beziehungen zwischen Klienten und Amtsträgern. Die Gesamtheit dieser langjährigen Beziehungen verleihen dem Netzwerk sein kennzeichnendes Profil. Bei dieser fest im System verankerten Korruptionsform kumulieren sich oft mehrere Teilnehmer um zentrale Akteure des Netzwerkes. Diese leitenden Persönlichkeiten können einerseits eine Position auf der Agentenseite einnehmen oder andererseits privatwirtschaftliche Klienten sein. Eine steuernde Funktion nehmen oft auch juristische Personen in Form einzelner Unternehmen, Planungsbüros oder Ämter ein. Der Grad der Organisation kann sich steigern, bis ein Korruptionskartell vorliegt. In einem Kartell werden wettbewerbswidrige Preis- und Angebotsabsprachen getätigt. Bei dieser systematischen Korruption wird vermutet, dass von privatwirtschaftlichen Kartelloberen Verhandlungen mit hohen Vergabebeamten über Großaufträge geführt werden.[28] Bei diesen Netzwerken kann es zur Vergabe von Großaufträgen an monopolartig auftretende Bestechungssyndikate kommen. Typische Großbauprojekte, bei denen manipuliert wird, sind Flughäfen, Klärwerke, Müllverbrennungsanlagen oder Deponien. Auf Amtsseite sind bei Netzwerken ganze Hierarchieebenen involviert, und betrügerische Manipulationen werden bis in die untersten Ebenen delegiert. Man spricht an dieser Stelle auch von dem sogenannten “top-down“ Phänomen. Der Übergang dieser Form zur organisierten Wirtschaftskriminalität ist fließend.[29]

2. Spezielle Formen von Korruption

Um eine spezielle Form von Korruption handelt es sich bei Nepotismus (lat.„nepos“ = der Neffe) bzw. Vetternwirtschaft. Dort ist der korrupte Tausch zwischen Klienten und Agenten in eine soziale Beziehung eingebettet. Seitens des Klienten erfolgt hier keine monetäre Leistung, sondern der Agent sichert sich einen Anspruch auf Gegenleistung, der erst im Zeitablauf eingefordert wird.[30] Meist erfolgt eine normwidrige Bevorzugung nahestehender Personen oder Angehöriger bestimmter Gruppen, z.B. bei einer Arbeitsplatzvergabe Zu den nahestehenden Personen gehören in erster Linie Familienangehörige. Bei den Gruppenangehörigen handelt es sich oft um Parteimitglieder oder Glaubensbrüder. Die Bevorzugung äußert sich durch die Vergabe oder Zuweisung von Arbeitsplätzen oder markanten Stellungen in einer bürokratischen Einheit.[31] Der Agent nutzt seine Amtsstellung missbräuchlich aus, um den Eintritt in den Kreis der Amtsträger selbst zu regulieren. Dabei kann der Agent verschiedene Beweggründe haben, warum er die eine oder andere Person favorisiert. Zum einen können traditionelle familiäre Solidaritätsverpflichtungen sein Handeln erklären. Jedoch können auch egoistische Motive Gründe sein, z.B. kann es Ziel sein mit einer nepotistisch geführten Personalauswahl seine eigene Stellung abzusichern. Dies ist für den Agenten vor allem dann nützlich, wenn er noch andere Formen von Korruption ausübt. Ein weiterer Beweggrund kann materieller Art sein, denn in vielen Fällen wird der Bevorzugte sich für seine Wahl erkenntlich zeigen.[32]

Ämterpatronage ist gegeben, wenn ein Individuum nur aufgrund seiner Partei- oder Verbandszugehörigkeit bei der Besetzung öffentlicher Posten bevorzugt wird. An anderer

Stelle spricht man daher auch von Parteibuchkorruption.[33] Oft werden diese Parteifreunde oder nahestehenden Personen durch einen Bevollmächtigten in Verwaltungseinheiten, z.B. in Rundfunkanstalten oder kommunalen Betriebe eingegliedert. Von Korruption kann in diesem Bereich insbesondere gesprochen werden, wenn im Vergleich zu Mitbewerbern, weniger qualifizierte Bewerber den Vorzug erhalten. Ebenfalls nur sehr schwer mit dem Gerechtigkeitsgedanken vereinbar ist es, wenn bei gleicher Ausbildung die Parteifreunde oder ähnliche Personen den Vorzug erhalten. Ämterpatronage verstößt damit auch gegen das verfassungsrechtliche Leistungsprinzip und die Verpflichtung zur Bestenauslese in Art. 33 II GG.[34] Wirkungen dieser Art von Politisierung sind Qualitätseinbußen sowie eine Verteuerung des staatlichen Leistungsangebotes. Eine Gefahr besteht darin, dass die mangelnde Effizienz und Effektivität der öffentlichen Wirtschaft zur allgemeinen Staatsverdrossenheit und zu einem Legitimitätsverlust des politisch-administrativen Systems führt.[35] Sieht man von der Schädigung des Gemeinwohls ab und betrachtet auf der anderen Seite denjenigen, der durch die Personalentscheidung nicht zum Zuge kommt, ist auch an dieser Stelle eine Schädigung festzustellen. Die Person, die aus Kriterien der Effizienz normalerweise die Position erhalten hätte, muss Nutzeneinbußen hinnehmen und wird demotiviert sowie diskriminiert. Dies widerspricht dem Diskriminierunsverbot im Artikel III des Grundgesetzes. Eine besonders schadensintensive Form der Ämterpatronage ist die sogenannte Paritätspatronage. Dabei besetzen Mitglieder der großen Parteien in den leitenden Gremien öffentlicher Gesellschaften oft doppelt oder dreifach Geschäftsführerpositionen. Dies erfolgt oft nur aus Proportionalwahlgründen, das bedeutet, Ämter werden nach dem Stimmenverhältnis im Parlament oder der Stadtverordnetenversammlung vergeben. Hingegen fehlt es natürlich an sachlichen Gründen für eine Mehrfachbesetzung.[36]

Eine weitere Form von Korruption ist das sogenannte „Anfüttern“. Gemeint ist das mehrfache Beschenken eines Beamten bzw. eines Agenten mit kleinen unauffälligen Leistungen durch den Klienten. Eine unmittelbare Gegenleistung des Agenten ist meist nicht das Ziel, vielmehr wird bei passender Gelegenheit der Agent um eine Gegenleistung gebeten. Die Zeitverzögerung wirkt sich positiv auf die Verschleierungstaktik der korrupten Tauschpartner aus.[37] Allgemein wird seitens staatlicher Bürokratien die Rechtmäßigkeit von Zuwendungen anhand des Maßstabes der sozialen Adäquanz beurteilt, welche jedoch durch eine unbestimmte Zielfunktion gekennzeichnet ist. Gneuß stellt dazu fest:

„Die Unsicherheit des Zuwendungsempfängers macht sich die korrumpierende Partei oftmals zu Nutze, indem sie den Wert der Zuwendungen sukzessive erhöht und den Empfänger der Zuwendungen somit schleichend in ein Abhängigkeitsverhältnis zu führen versucht.“[38]

Als Gegenmaßnahme wird durch den Dienstherren respektive Prinzipalen oftmals eine Wertobergrenze in Form einer Dienstanweisung festgelegt, die den zulässigen Zuwendungsrahmen begrenzt.[39] Bannenberg betont, dass die Leistungen zunächst gering und selten sind, sich aber im Laufe der Zeit in Höhe und Häufigkeit erheblich steigern können. Typische Beispiele aus dem Alltag sind Einladungen zu Mahlzeiten, kleine Präsente, eine Flasche Wein zum Geburtstag oder eine Aufmerksamkeit zu Weihnachten.[40] Gradmesser bei der Einschätzung von Schenkungen und Bewirtungen ist, ob auch nur im Geringsten eine Abhängigkeit entsteht, welche eine Nötigung zur Gegenleistung impliziert.[41]

In der Literatur wird an einigen Stellen angenommen, dass durch Korruption administrative Vorgänge beschleunigt werden können. Aus diesem Grund wurde für diese spezielle Art von Bestechung der Begriff „speed money“ gewählt. Es wird angenommen, dass diese Form von Bestechung eine effizientere Allokation von behördlichen Wartezeiten gewährleistet.[42] Von Nell spricht in diesem Zusammenhang von Verfahrensbeschleunigungskosten für den Klienten respektive den Korrumpierenden, wenn z.B. ein Amtsträger bestochen wird, um einen Genehmigungsvorgang zu verkürzen.[43] Es wird vermutet, dass bei bürokratischen Abläufen der Agent dem Klienten verdeckt signalisiert, wie sein Arbeitstempo ohne zusätzliche Anreize gestaltet wäre. Das zu handelnde Gut für diesen korrupten Tausch ist folglich die Arbeitsgeschwindigkeit des Agenten.[44]

3. Korruptionsformen im Strafrecht

Bei der kriminalistischen und strafrechtlichen Herangehensweise an Korruption sind nur noch ein Teil der zuvor genannten Definitionen relevant. Der Begriff Korruption selbst wird im Deutschen Strafrecht nicht einmal verwendet, vielmehr spricht man von Vorteilsannahme, Bestechlichkeit, Vorteilsgewährung und Bestechung. Dennoch werden die §§ 331-335 StGB im Sprachgebrauch als Korruptionsdelikte bezeichnet. Das Gesetz stuft die Korruptionsdelikte nach zwei Aspekten ein. Zum einen erfolgt eine Einstufung nach dem Unrechtsgehalt der Tat. Beispielsweise sind die Tatbestände Vorteilsannahme und Vorteilsgewährung durch einen vergleichsweise niedrigen Unrechtsgehalt gekennzeichnet, da die korrupte Bezahlung für eine Dienstausübung, jedoch nicht für eine Dienstpflichtverletzung erfolgt. Zweitens zeigen die strafrechtlichen Bestimmungen die Rollenverteilung im korrupten Tauschgeschäft, indem sie zwischen Geber und Nehmer unterscheiden bzw. zwischen aktiven und passiven Akteuren. Vorteilsannahme und Bestechlichkeit sind demnach Delikte der Nehmerseite und Vorteilsgewährung und Bestechung Rechtsbrüche auf Seiten der Geber.[45] Diese Rechtsnormen des StGB sind allerdings auf Angestellte privatwirtschaftlicher Unternehmen nicht anwendbar. Der Täterkreis für Bestechungsdelikte erstreckte sich bis 1998 nur auf inländische Amtspersonen. Eine Ausweitung des Täterkreises auf Amtsträger anderer Nationen erfolgte 1998 mit dem EUBestG sowie dem IntBestG auf europäischer Gesetzgebungsebene. Mit diesen Gesetzen wurde der voranschreitenden Globalisierung der Wirtschaft sowie der Europäisierung der Politik Rechnung getragen.[46]

Die Vorteilsannahme wird im § 331 StGB erfasst und wird als einfache passive Bestechung verstanden. Laut Gesetzestext macht sich ein Beamter oder öffentlich Bediensteter strafbar, wenn er Vorteile annimmt, fordert oder sich versprechen lässt.[47] Das Gesetz zur Bekämpfung der Korruption vom August 1997 hat eine maßgebliche Erweiterung und Verschärfung der Straftatbestände Vorteilsannahme und Vorteilsgewährung mit sich gebracht. Die frühere Fassung des Gesetzes erforderte eine eindeutige Zuordnung von der vorgenommenen Diensthandlung zu einer konkreten Vorteilsannahme, d.h. angenommene Leistungen allgemeiner Art waren nicht strafbar. Zum Beispiel lag der Tatbestand der Vorteilsannahme nicht vor, wenn ein Beamter einen Briefumschlag mit Geld angenommen hat. Vielmehr musste zusätzlich bekannt sein, was konkret die Gegenleistung war oder werden sollte. Die Neufassung hat den engen Bezug zu gewissen dienstlichen Handlungen gelockert. Seit der Novellierung dieses Gesetzes sind daher auch Annahmen, Forderungen und Versprechen allgemeiner Natur strafbar.[48]

Eine weitere Bezeichnung für die Vorteilsgewährung im Sinne des § 333 StGB ist die einfache aktive Bestechung. Diese Form der Korruption ist gegeben, wenn ein Akteur einem Beamten für eine ansonsten korrekte Diensthandlung Vorteile verspricht oder gewährt. Der Tatbestand der Vorteilsgewährung ist nicht von einem direkten Vergehen gegen Dienstvorschriften abhängig. Eine Verletzung des Grundsatzes der unparteiischen Amtsführung ist ebenso für eine Vorteilsgewährung nicht maßgeblich, da der Korrumpierende ein Anrecht auf die entsprechende Leistung hat. Jedoch kann ein Handeln gegen die Grundsätze der Amtsführung, zusätzlich zur strafrechtlichen Ahndung, eine disziplinarrechtliche Bestrafung nach sich ziehen. Dies gilt für alle o.g. im StGB erfassten Deliktsformen.

Der Tatbestand der Bestechlichkeit ist in dem § 332 StGB geregelt. Demnach liegt Bestechlichkeit oder passive Bestechung vor, wenn ein Beamter für sich oder einen Dritten für eine Pflichtverletzung eine Leistung fordert, sich versprechen lässt oder annimmt. Als Nehmer definiert das StGB neben Beamten und Amtsträgern überdies Richter, Angestellte des öffentlichen Dienstes, Minister, parlamentarische Staatssekretäre oder Notare. Das Verhältnis zwischen Amtsträger und Klient ist Kern der Unrechtsvereinbarung und wird als „do ut des“ bezeichnet.[49] Das Prinzip des „do ut des“ beschreibt ein kriminelles Tauschgeschäft zwischen zwei Parteien, die sich Leistung und Gegenleistung versprechen und daraus einen Vorteil generieren.[50]

[...]


[1] Vgl. o.V. (2004c)

[2] Vgl. Gneuß (2002, S. 9)

[3] Vgl. Ahlf (2003, S. 143f.)

[4] Vgl. Höffling (2002, S. 15)

[5] Vgl. Gneuß (2002, S. 67)

[6] Vgl. Höffling (2002, S. 15f.)

[7] Ebd., S. 25.

[8] Vgl. Höffling (2002, S. 25ff.)

[9] Wiehen (2001, S. 15)

[10] Vgl. ebd., S. 15.

[11] Vgl. Schwyzer (1998, S. 35ff.)

[12] Anderenorts wird bei dieser Problematik von einer kurzfristigen Win-win Situation für die korrupten Tauschteilnehmer gesprochen, die dem Prinzip des fairen Wettbewerbs widerspricht, da sie Verluste bei anderen Marktteilnehmern verursacht. Vgl. Maak/Ulrich (1999, S. 105)

[13] Vgl. Ricks (1995, S. 193ff.)

[14] Vgl. Abschnitt F. 2.

[15] Vgl. Lambsdorff (1999, S. 57)

[16] Vgl. Dietz (1998, S. 20)

[17] Vgl. Steinrücken (2003, S.160 f.)

[18] Vgl. Schmidt (2003, S. 94)

[19] Vgl. Kretschmer (2002, S. 12)

[20] Vgl. Obinger (2000, S. 97)

[21] Vgl. Höffling (2002, S. 32)

[22] Vgl. Bannenberg (2003, S. 45)

[23] Vgl. Höffling (2002, S. 37f.)

[24] Vgl. ebd., S. 32.

[25] Vgl. Bannenberg (2003, S. 45)

[26] Vgl. Höffling (2002, S. 44)

[27] Vgl. o.V. (2004f)

[28] Vgl. Höffling (2002, S. 46ff.)

[29] Vgl. Bannenberg (2003, S. 47f.)

[30] Vgl. Dietz (1998, S. 38)

[31] Vgl. Cremer (2000, S. 26)

[32] Vgl. Payer (2001)

[33] Vgl. Schmidt (2003, S. 89)

[34] Vgl. Machura (2003)

[35] Vgl. Röber (2001, S. 6)

[36] Vgl. Schmidt-Hieber (2003, S. 86ff.)

[37] Vgl. Dietz (1998, S. 39)

[38] Gneuß (2002, S. 10)

[39] Vgl. Gneuß (2002, S. 10f.)

[40] Vgl. Bannenberg (2003, S. 46)

[41] Vgl. Wiehen (2003b)

[42] Vgl. Steinrücken (2003, S. 172)

[43] Vgl. von Nell (2003, S. 33)

[44] Vgl. Dietz (1998, S. 45)

[45] Vgl. Höffling (2002, S. 17f.)

[46] Vgl. Schreier (2002. S. 10)

[47] Vgl. Vogt (1997, S. 17)

[48] Vgl. o.V. (2004b)

[49] Vgl. Hettinger (2003, S. 104)

[50] Vgl. Krug (1997, S. 10)

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2004
ISBN (eBook)
9783832486150
ISBN (Paperback)
9783838686158
DOI
10.3239/9783832486150
Dateigröße
492 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Universität Kassel – Wirtschaftswissenschaften
Erscheinungsdatum
2005 (März)
Note
2,0
Schlagworte
ausprägungsform transaktionskostenanalyse wirkung prävention repression
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Titel: Die ökonomische Analyse von Korruption
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