Die Glotze lebt
Zur Situation des interaktiven Fernsehens in Deutschland
©2004
Diplomarbeit
114 Seiten
Zusammenfassung
Inhaltsangabe:Einleitung:
Interaktives Fernsehen gilt als die 3. Revolution in der Fernsehtechnik. Mit einer Kombination aus TV-Gerät und Heimcomputer soll der Zuschauer zum Nutzer werden. Aktivität statt Passivität: Während der Lieblingsfilm läuft werden Banküberweisungen getätigt und Emails geschrieben. Und wenn die Jacke des Hauptdarstellers zusagt, wird diese gleich Online bestellt Das Fernsehgerät als Allround-Medium. Interaktives Fernsehen wird so zur neuen Form der Freizeitgestaltung und organisiert gleichzeitig das Leben neu. Welche Technik hinter iTV steckt, welche Möglichkeiten und neuen Spielereien auf den Zuschauer von heute warten, zeigt diese Diplomarbeit.
Sowohl auf dem Feld der Fernsehproduktion, als auch bei Signalverbreitung und Empfang haben sich in den vergangenen Jahren zahlreiche Neuerungen hervorgetan, die berechtigten Anlass zu der Frage geben, wie es mit der alten Glotze weitergeht. Feststeht bereits zu diesem Zeitpunkt: Couch Potatoes wird es in Zukunft nicht mehr geben! An ihre Stelle sollen aktive Fernsehzuschauer treten, die nicht nur den Samstagskrimi quasi als eigener Regisseur mitgestalten, sondern nebenher auch diverse private oder geschäftliche Angelegenheiten über das Internet erledigen, für die bisher eigens hätte der Computer angeschaltet werden müssen und das alles bequem vom Fernsehsessel aus.
Ziel dieser Arbeit soll es daher sein, das innovative System des interaktiven Fernsehens vorzustellen. Um dies in angemessner Form vornehmen zu können, ist ein detaillierter Blick auf die zum Einsatz kommende Technik ebenso notwendig wie die Vorstellung der Anwendungsmöglichkeiten, die mittels interaktivem Fernsehen umgesetzt werden können.
Ihr heutiger Fernsehapparat ist wahrscheinlich das dümmste Elektrogerät in ihremHaushalt dieser, wenn auch etwas provokative Satz, scheint in der Vergangenheit durchaus seine Berechtigung gehabt zu haben. Doch bereits seit einigen Jahren verändert sich das passive Fernseh- hin zu einem aktiven Unterhaltungserlebnis. Hierzu zählen die, seit einigen Jahren beliebten Telefonspiele mit (attraktiven) Gewinnen, die den Zuschauer aus seiner Untätigkeit herausholen. Mit derartigen Mitmach-Elementen wurden erste Schritte hin zu einem interaktiven Fernsehkonsum unternommen.
Um aus dem TV-Gerät allerdings ein Allround-Unterhaltungsmedium werden zu lassen, sind weitere Neuerungen notwendig: Dank Digitalisierung und damit einhergehenden Kompressionsraten um das acht bis […]
Interaktives Fernsehen gilt als die 3. Revolution in der Fernsehtechnik. Mit einer Kombination aus TV-Gerät und Heimcomputer soll der Zuschauer zum Nutzer werden. Aktivität statt Passivität: Während der Lieblingsfilm läuft werden Banküberweisungen getätigt und Emails geschrieben. Und wenn die Jacke des Hauptdarstellers zusagt, wird diese gleich Online bestellt Das Fernsehgerät als Allround-Medium. Interaktives Fernsehen wird so zur neuen Form der Freizeitgestaltung und organisiert gleichzeitig das Leben neu. Welche Technik hinter iTV steckt, welche Möglichkeiten und neuen Spielereien auf den Zuschauer von heute warten, zeigt diese Diplomarbeit.
Sowohl auf dem Feld der Fernsehproduktion, als auch bei Signalverbreitung und Empfang haben sich in den vergangenen Jahren zahlreiche Neuerungen hervorgetan, die berechtigten Anlass zu der Frage geben, wie es mit der alten Glotze weitergeht. Feststeht bereits zu diesem Zeitpunkt: Couch Potatoes wird es in Zukunft nicht mehr geben! An ihre Stelle sollen aktive Fernsehzuschauer treten, die nicht nur den Samstagskrimi quasi als eigener Regisseur mitgestalten, sondern nebenher auch diverse private oder geschäftliche Angelegenheiten über das Internet erledigen, für die bisher eigens hätte der Computer angeschaltet werden müssen und das alles bequem vom Fernsehsessel aus.
Ziel dieser Arbeit soll es daher sein, das innovative System des interaktiven Fernsehens vorzustellen. Um dies in angemessner Form vornehmen zu können, ist ein detaillierter Blick auf die zum Einsatz kommende Technik ebenso notwendig wie die Vorstellung der Anwendungsmöglichkeiten, die mittels interaktivem Fernsehen umgesetzt werden können.
Ihr heutiger Fernsehapparat ist wahrscheinlich das dümmste Elektrogerät in ihremHaushalt dieser, wenn auch etwas provokative Satz, scheint in der Vergangenheit durchaus seine Berechtigung gehabt zu haben. Doch bereits seit einigen Jahren verändert sich das passive Fernseh- hin zu einem aktiven Unterhaltungserlebnis. Hierzu zählen die, seit einigen Jahren beliebten Telefonspiele mit (attraktiven) Gewinnen, die den Zuschauer aus seiner Untätigkeit herausholen. Mit derartigen Mitmach-Elementen wurden erste Schritte hin zu einem interaktiven Fernsehkonsum unternommen.
Um aus dem TV-Gerät allerdings ein Allround-Unterhaltungsmedium werden zu lassen, sind weitere Neuerungen notwendig: Dank Digitalisierung und damit einhergehenden Kompressionsraten um das acht bis […]
Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
ID 8597
Schröfel, Ariane: Die Glotze lebt -
Zur Situation des interaktiven Fernsehens in Deutschland
Hamburg: Diplomica GmbH, 2005
Zugl.: Fachhochschule Würzburg-Schweinfurt, Diplomarbeit, 2004
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Diplomica GmbH
http://www.diplom.de, Hamburg 2005
Printed in Germany
3
Inhaltsverzeichnis
1. EINLEITUNG
... 5
1.1. Fernsehnutzung und Sehdauer
... 5
1.2. Ziel und Abgrenzung des Themas
... 6
1.3. Aufbau der Arbeit
... 8
2. UNTERSUCHUNGSOBJEKT ,,INTERAKTIVES FERNSEHEN" EINE THEORETISCHE
BESCHREIBUNG
... 9
2.1. Begriffliche Definitionen
... 9
2.1.1. Interaktivität
... 9
2.1.2. Interaktives Fernsehen
... 12
2.1.3. Konvergenz
... 14
2.1.4. Multimedia
... 16
2.1.5. Medien und Neue Medien
... 17
2.2. Rahmenbedingungen für das interaktive Fernsehen
... 18
2.2.1. Veränderte technische Rahmenbedingungen
... 19
2.2.2. Veränderte ökonomische Rahmenbedingungen
... 20
2.2.3. Veränderte medienrechtliche und politische Bedingungen
... 21
2.3. iTV Technische Grundlagen
... 23
2.3.1. Derzeitige technische Gegebenheiten in Deutschland
... 23
2.3.1.1. Das TV-Kabel
... 24
2.3.1.2. Der Satellitenempfang
... 25
2.3.1.3. Der terrestrische Empfang
... 25
2.3.1.4. Online Bereich
... 25
2.3.1.5. Entwicklung der TV-Empfangsarten
... 25
2.3.2. Notwendige Standardisierungen
... 26
2.3.2.1. Die internationalen Gremien
... 27
2.3.2.2. Das Europäische DVB-Projekt und DVB-MHP
... 28
2.3.3. Sendetechnik
... 31
2.3.3.1. Inhalteproduktion
... 32
2.3.3.2. Datenpakete und ihre Aufbereitung
... 33
2.3.3.3. Übertragungsstandards und Übertragungsverfahren
... 39
2.3.3.4. Digitale Medien zur Signalübertragung und deren Rückkanalfähigkeit
... 41
2.3.4. Empfängertechnik
... 48
2.3.4.1. Die Set-Top-Box
... 48
2.3.4.2. Digitale Ausgabemedien und Zusatzgeräte für interaktives Fernsehen
... 51
2.3.4.3. Betriebssystem und Middleware von OpenTV und der MHP-Standard
... 53
2.4. Konvergenzprozess zwischen Internet und Fernsehen
... 57
2.5. Zu erwartende Probleme der neuen Fernsehwelt
... 61
2.5.1. Schwierige Handhabung der Geräte
... 61
2.5.2. Definition der Zielgruppe
... 62
2.5.2.1. Die kritische Masse
... 63
2.5.2.2. Netzeffekte
... 63
4
2.5.2.3. Nutzen führt zu Markterfolg
... 64
2.5.3. Preisbildung und Zahlungsbereitschaft für iTV
... 66
2.5.3.1. Preisbildung auf Anbieterseite
... 66
2.5.3.2. Zahlungsbereitschaft auf Kundenseite
... 69
2.5.4. Sicherheit innerhalb des Systems
... 69
2.5.4.1. Sicheres Bezahlen
... 70
2.4.4.2. Jugendschutz
... 71
3. DIE ZUKUNFT DES FERNSEHENS
... 73
3.1. Anwendungsbereiche des interaktiven Fernsehens und Navigation innerhalb des Systems
... 73
3.1.1. Video-on-Demand und weitere on-Demand-Dienste
... 74
3.1.2. Home-Services am Beispiel Home-Shopping
... 75
3.1.3. E-Lerning
... 77
3.1.4. Kommunikationsdienste
... 77
3.1.5. Navigation innerhalb des iTV
... 78
3.2. iTV-Geschäftsmodelle und Zuschauerbindung durch Interaktivität
... 80
3.2.1. ZDF.Vision
... 80
3.2.2. RTL Television Interaktiv
... 85
3.2.3. Zuschauerbindung durch Interaktivität
... 86
3.3. Aktuelle Situation und Zukunft des interaktiven Fernsehens in Deutschland
... 89
3.3.1. Aktuelle Situation des iTV
... 89
3.3.2. Zukunftsprognose für das interaktive Fernsehen in Deutschland
... 91
4. ZUSAMMENFASSUNG UND FAZIT
... 95
ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS
... 98
ABBILDUNGSVERZEICHNIS
... 101
QUELLENVERZEICHNIS
... 103
5
1. EINLEITUNG
,,Verlassene Einkaufszentren, geschlossene Kinos, leere Zeitungsstände. Alles tot. Die
Zukunft ist einsam: Nur Du und Dein Fernseher. Einkaufen per Knopfdruck, Filme nach
Maß, flimmernde Zeitschriften. Alles kommt aus der Kiste. Das Leben wird zum Pro-
gramm. Interaktives Fernsehen verändert die Welt"
Christoph Drösser
1.1. Fernsehnutzung und Sehdauer
Mit der Fernbedienung durch die Welt einfach und bequem vom Sofa aus. Die Vision
ist nicht neu, aber erst in den vergangenen rund zehn Jahren nahm sie gestalt an, in
Form des ,,interaktiven Fernsehens" (iTV). Durch die Verschmelzung von Fernseher
und Computer wird nun auch im heimischen Wohnzimmer ein weiterer Schritt in Rich-
tung Multimediaumgebung getan. Digitalisierung, Datenreduktion und eine erhebliche
Erhöhung von Übertragungskapazitäten sollen es möglich machen, dass wir in Zukunft
nicht mehr im Arbeitszimmer, oder wo auch immer der PC in der Wohnung steht,
Emails abfragen müssen, während nebenan im Wohnzimmer die Hauptnachrichten lau-
fen. Warum nicht beides gleichzeitig mit ein und demselben Gerät machen können?
Bereits in den 90er Jahren zeigten Pilotversuche in Deutschland und den USA, dass dies
technisch durchaus möglich ist und in naher Zukunft auch realisiert werden kann.
,,Alleine der zeitliche Umfang der Mediennutzung an einem Durchschnittstag (Montag
bis Sonntag, 5.00 bis 24.00 Uhr) ist von 1995 bis 2000 um 151 Minuten auf rund
achteinhalb Stunden gestiegen. Somit verbringen die Bundesbürger heute etwa die
Hälfte der ,wachen' Zeit (von ca. 19 Stunden) mit Medien
[...]
Dabei entfallen 37 Pro-
zent auf das Fernsehen"
1
. Im Jahr 2003 sahen die Zuschauer ab 3 Jahre täglich, wie die
folgende Abbildung zeigt, durchschnittlich 203 Minuten fern
2
.
1
Vgl. Gerhards und Klingler (2003), S. 115 f.
2
http://www.agf.de ... 13.05.04
6
Abbildung 1: Entwicklung der durchschnittlichen Sehdauer pro Tag/Person in Minuten
von 1988 bis 2003
3
Diese Entwicklung ist nicht weiter verwunderlich, ist doch mit dem Aufkommen der
privaten Fernsehprogramme seit 1984 nicht nur das Monopol der öffentlich-rechtlichen
Fernsehanstalten ARD, ZDF und der Dritten Programme gebrochen, sondern auch eine
Zunahme der Unterhaltungsvielfalt festzustellen: Talk- und Gameshows, Unterhaltungs-
serien, Soap-Operas, Nachrichtensendungen ob leichte Abendunterhaltung oder fun-
diert recherchierte Themen, inzwischen bietet der Fernseher mehr als nur ,,stupide"
Unterhaltung.
1.2. Ziel und Abgrenzung des Themas
Sowohl auf dem Feld der Fernsehproduktion, als auch bei Signalverbreitung und Emp-
fang haben sich in den vergangenen Jahren zahlreiche Neuerungen hervorgetan, die
berechtigten Anlass zu der Frage geben, wie es mit der alten ,,Glotze" weitergeht. Fest
steht bereits zu diesem Zeitpunkt: Couch Potatoes
4
wird es in Zukunft nicht mehr ge-
ben! An ihre Stelle sollen aktive Fernsehzuschauer treten, die nicht nur den Samstags-
krimi quasi als eigener Regisseur mitgestalten, sondern nebenher auch diverse private
oder geschäftliche Angelegenheiten über das Internet erledigen, für die bisher eigens
hätte der Computer angeschaltet werden müssen - und das alles bequem vom Fernseh-
sessel aus. Ziel dieser Arbeit soll es daher sein, das innovative System des ,,interaktiven
3
http://www.agf.de ... 13.05.04
7
Fernsehens" vorzustellen. Um dies in angemessner Form vornehmen zu können, ist ein
detaillierter Blick auf die, zum Einsatz kommende Technik, ebenso notwendig, wie die
Vorstellung der Anwendungsmöglichkeiten, die mittels interaktivem Fernsehen umge-
setzt werden können.
,,Ihr heutiger Fernsehapparat ist wahrscheinlich das dümmste Elektrogerät in ihrem
Haushalt"
5
Dieser, wenn auch etwas provokative Satz, scheint in der Vergangenheit
durchaus seine Berechtigung gehabt zu haben. Doch bereits seit einigen Jahren verän-
dert sich das passive Fernseh- hin zu einem aktiven Unterhaltungserlebnis. Hierzu zäh-
len die, seit einigen Jahren beliebten Telefonspiele mit (attraktiven) Gewinnen, die den
Zuschauer aus seiner Untätigkeit herausholen. Mit derartigen Mitmach-Elementen wur-
den erste Schritte hin zu einem interaktiven Fernsehkonsum unternommen. Um aus dem
TV-Gerät allerdings ein Allround-Unterhaltungsmedium werden zu lassen, sind weitere
Neuerungen notwendig: Dank Digitalisierung und damit einhergehenden Kompressi-
onsraten um das acht bis zehnfache sollen Qualitäten erhalten bleiben und bald unter bis
zu 500 Kanälen ausgewählt werden können, darunter zunehmend sog. ,,Spartenkanäle",
wie beispielsweise der Anglerkanal und der Kochkanal, sowie multimediale Anwen-
dungen und Dienste, wie etwa das Abfragen der aktuellsten Börsenkurse, Emails und
weiterführender Informationen zu diversen Themengebieten, die dem laufenden Pro-
gramm direkt zugeordnet werden können. Hiermit würde, oft mühseliges, Suchen in den
Tafeln des Videotextes oder im Internet entfallen. Der Zuschauer soll hierbei zum Nut-
zer avancieren, dem neben rein textlichen Angeboten auch Grafiken und Bilder zur Ver-
fügung gestellt werden können.
Die vorliegende Arbeit möchte einen Überblick geben, welche Voraussetzungen hier
zulande geschaffen werden müssen, um interaktives Fernsehen in die deutschen Wohn-
zimmer zu bringen und so eine Verschmelzung von Internet und Fernsehen zu errei-
chen. Des weiteren sollen die umfassenden Anwendungsmöglichkeiten, die zukünftig
neben dem reinen Fernseherlebnis stehen, dargelegt werden. Hierunter fällt zudem die
Frage, ob der Fernsehapparat sämtliche Funktionen des Computers, und damit die
Möglichkeiten des Internet, adaptieren oder lediglich als zusätzliches Medium mit In-
ternetzugang im Wohnzimmer stehen wird. Um hierauf eine Antwort geben zu können,
soll dargelegt werden, wie interaktiv das Fernseherlebnis der Zukunft wirklich sein
kann.
4
Beliebte Bezeichnung für passiven Fernsehzuschauer.
8
1.3. Aufbau der Arbeit
Die Arbeit gliedert sich in vier Teile: Dieser kurzen Einleitung folgt die genaue Dar-
stellung des Untersuchungsobjekts ,,interaktives Fernsehen". Hier finden sich nicht nur
alle relevanten Definitionen, sondern auch die technischen Voraussetzungen, die für die
Schaffung eines interaktiven Fernsehangebots notwendig sind. Sie beinhalten unter an-
derem die notwendigen Standardisierungen, Sende- und Empfangstechniken. Besonde-
res Augenmerk wird auf die Decoderbox, die sog. Set-Top-Box, gelegt, da sie im hier
untersuchten Gebiet als essentielles Gerät für den Fernsehgenuss dient. Abschließend
wird in diesem Kapitel die Funktionsweise des iTV näher erläutert und auch auf einige
Schwachpunkte der neuen Technik hingewiesen.
Das dritte Kapitel soll einen detaillierteren Überblick über die Zukunft des Fernsehens
geben. Das Augenmerk soll hier zunächst auf zwei Geschäftsmodelle großer Fernseh-
sender gerichtet und gefragt werden, wie die Zuschauerbindung innerhalb dieser Um-
setzungen genau erreicht werden soll. Ausgewählte Verwendungsmöglichkeiten werden
in diesem Abschnitt ebenso betrachtet, wie das Navigations-Tool in diesem Bereich, der
Electronic Program Guide, der im interaktiven Fernsehen die herkömmlichen Fernseh-
zeitschriften ersetzen soll. Abschließend soll hier ein Blick auf die derzeitige Entwick-
lungs- beziehungsweise Umsetzungssituation im Untersuchungsgebiet geworfen wer-
den.
Im abschließenden Kapitel soll ein persönliches Fazit zum Thema ,,interaktives Fernse-
hen" gezogen werden.
5
Negroponte (1997), S. 29
9
2. UNTERSUCHUNGSOBJEKT ,,INTERAKTIVES FERNSEHEN"
EINE THEORETISCHE BESCHREIBUNG
,,Die Entwicklung des interaktiven Fernsehens führt vom Broadcasting über ein
marktorientiertes Narrowcasting zum Personalcasting, das Fernsehen entwickelt sich
auf der Basis des PCs weiter."
Georg Ruhrmann und Jörg-Uwe Nieland
Dieses Kapitel beginnt mit der Definition der, für das weitere Verständnis wichtigen,
Grundbegriffe. Im Anschluss werden zunächst die verschiedenen Rahmenbedingungen
beleuchtet, die für die technische Umsetzung notwendig sind. Anschließend werden die
technischen Grundlagen dargestellt und nach der Konvergenz zwischen Internet und
Fernsehen gefragt werden. Zum Abschluss werden einige allgemeine Probleme des iTV
näher betrachtet.
2.1. Begriffliche Definitionen
In diesem Abschnitt werden zunächst die wesentlichen Begriffe definiert. Auf eine aus-
führliche Diskussion soll in diesem Rahmen verzichtet werden und stattdessen auf die
entsprechende Literatur verwiesen. Weitere, für das Verständnis weniger relevante De-
finitionen, werden an entsprechender Stelle nachgereicht.
2.1.1. Interaktivität
Interaktivität spielt im Rahmen des iTV eine entscheidende Rolle. Sie steht für die
Dialogfähigkeit, d. h. der Fernsehzuschauer tritt mit der Anwendung, die er auf dem
Fernsehbildschirm sieht in einen Kommunikationsprozess. Für das hier untersuchte Feld
wird ,,zwischen lokaler Interaktivität, die als Bildschirmdialog im Rahmen des Funkti-
onsumfangs von Softwareprogrammen entsteht, und einer über Rückkanal erweiterten
Interaktivität, über die der Zuschauer mit anderen Zuschauern oder einem Server des
Programmanbieters in Kontakt treten kann"
6
, unterschieden.
6
ZDF Schriftenreihe 58 (2000), S. 71
10
In dieser Arbeit soll auf die Definition von BÖCK-BACHFISCHER für die Interaktivi-
tät bei den Medien verwiesen werden:
,,Der Mediennutzer muss die Möglichkeit haben, selbst unmit-
telbar, beziehungsweise ohne wesentlichen Zeitverzug ein Min-
destmaß an Informationen an das computergestütztes System
oder einen Informationssender zurückzumelden, so dass er nicht
mehr nur die Rolle eines passiven Informationsempfängers
übernehmen, sondern selbst die ausgetauschten Informationsin-
halte und den Inforamtionszeitpunkt innerhalb bestimmter
Grenzen beeinflussen kann"
7
.
Um Interaktivität zu erreichen, müssen laut RUHRMANN und NIELAND diverse Kri-
terien erfüllt sein, die sich, wie folgende Abbildung zeigt, in wechselseitige Wahrneh-
mung, Anwesenheit, wechselseitige Kenntnis und Gleichheit der Kontrolle aufgliedern.
Abbildung 2: Kriterien für Interaktivität
8
In Bezug auf die wechselseitige Wahrnehmung stellen RUHRMANN und NIELAND
fest, dass beim interaktiven Fernsehen, die Wahrnehmbarkeit dadurch erweitert werden
kann, dass dem Nutzer die Möglichkeit gegeben wird, sowohl Bewertungen, Präferen-
zen, als auch eigene Kommunikationsangebote auf zusätzlichen Kanälen simultan rück
zumelden. Eine unmittelbare Anwesenheit der Interakteure wird beim iTV nicht mehr
7
Böck-Bachfischer (1996), S. 12
8
Ruhrmann/Nieland (1997), S. 84
11
vorausgesetzt, vielmehr wird eine sog. ,,Telepräsenz" vermittelt, die weltweite, jeder-
zeitige Anwesenheit als Potential für alle Anwender bietet. Anonymität, wie beispiels-
weise in den Chatrooms im Internet zu beobachten, ist beim interaktiven Fernsehen
nicht mehr gegeben. Vielmehr wird teilweise wieder eine wechselseitige Kenntnis des
Kommunikationspartners erreicht, die Anonymität demnach quasi partiell aufgehoben.
,,Potentiell stehen sich Kommunikator und Rezipient als zwei gleichberechtigte Aktan-
ten gegenüber"
9
. Was die Gleichheit der Kontrolle betrifft, ist für die Massenmedien
festzustellen, dass weder die Kontrollierbarkeit noch die Koordinierbarkeit von Seiten
des Kommunikators, aber auch des Nutzers, beeinflussbar sind. Als problematisch gilt
beim iTV demnach die Koordination der Kommunikation, grundstrukturell nähert sie
sich allerdings einer interaktiven Weise an. ,,Interaktives Fernsehen kommt im Unter-
schied zum traditionellen Fernsehen ohne die Unterstellung vorausgesetzter Zumutbar-
keit und Akzeptanz der Kommunikationsangebote aus, da Kommunikator und Rezipient
sich gleichzeitig wechselseitig wahrnehmen und so ihre Kommunikationsbereitschaft
und ihr Kommunikationsinteresse koordinieren können"
10
.
Verschiedene Autoren differenzieren den Grad der Interaktivität in vier unterschiedliche
Ebenen, um insbesondere Nutzungsmöglichkeiten und Voraussetzungen anschaulich
werden zu lassen und die unterschiedlichen Angebote diversen Niveaus zuordnen zu
können. BECKERT stellt die vier Ebenen, unter Bezugnahme auf HÖHING, TREPLIN
und SCHARPE, zusammen:
Abbildung 3: Interaktivitätslevel bei BECKERT
11
9
Ruhrmann/Nieland (1997), S. 85
10
ebenda, S. 86
12
Insbesondere zwischen Interaktivitätslevel drei und vier wird, wie in Abbildung 2 er-
sichtlich, ist ein erheblicher Unterschied erkennbar. Auf Ebene drei kann noch von pas-
siven Elementen gesprochen werden, insbesondere die passive Benutzerführung ist hier
zu nennen. Die Inhalte der Medien werden von Anbietern zur Verfügung gestellt, der
Nutzer greift nicht selbst ins Geschehen ein, sondern ruft die Einlagen lediglich ab. Hier
ist z. B. das sog. ,,Video on Demand" (Vod)
12
anzusiedeln, eine Anwendung, die in Ka-
pitel drei genauer dargestellt werden soll. Auf Level vier kann dagegen von einer echten
Interaktion zwischen Benutzer und Anbieter gesprochen werden. Der Nutzer ist aufge-
rufen, sein Programm aktiv zu gestalten, es steht demnach also die kommunikative In-
teraktion, wie sie z. B. beim Internet oder bei Videokonferenzen vorhanden ist, im Vor-
dergrund. In diesem Bereich ist das interaktive Fernsehen anzusiedeln.
Mit Verweis auf CLEMENT sei darauf hingewiesen, dass das derzeit bereits realisierte
,,digitale Fernsehen in seiner momentanen Ausprägung jedoch durch das eingeschränkte
Interaktivitätsniveau lediglich eine Vorstufe dessen bildet, was technisch möglich sein
wird"
13
.
2.1.2. Interaktives Fernsehen
Als Missing-link soll interaktives Fernsehen die, bisher getrennten, Welten des Internet
und des Fernsehens verbinden. Hierdurch sollen zahlreiche neue Möglichkeiten der
Kommunikation und Unterhaltung entstehen. Hierauf weisen auch BRENNER und
KOLBE hin:
,,Unter interaktivem Fernsehen verstehen wir, die Bereitstellung
von multimedialen, interaktiven Dienstleistungen über den Fern-
seher als Endgerät"
14
.
Diese Definition aus dem Jahre 1996 erscheint heute für eine präzise Begriffsbestim-
mung ungenau, da sie lediglich zeigt, was (ungefähr) in Zukunft auf dem Bildschirm
des Fernsehgerätes zu sehen sein wird. Die Form der multimedialen, interaktiven
11
Beckert (2003), S. 73; siehe hierzu auch Ruhrmann/Nieland (1997), S. 87 ff., die eine Aufteilung in
sechs Interaktivitätsstufen vornehmen.
12
Als Video on Demand wird das ,,Fernsehen nach Bedarf" bezeichnet, d. h. der Zuschauer lässt sich
Fernsehinhalte zu einem, ihm beliebigen Zeitpunkt auf Bestellung, individuell zukommen. Das Ange-
bot ist gebührenpflichtig.
13
Clement (2000), S. 17
14
Brenner/Kolbe (1996), S. 339
13
Dienstleistungen bleibt im Verborgenen. Diese Ungenauigkeit kann sicherlich u. a. da-
mit begründet werden, dass erst Mitte der 90er Jahre Pilotprojekte zum interaktiven
Fernsehen in Deutschland starteten, um die Realisierungsmöglichkeiten diverser
Dienstleistungen per TV zu testen. Daher soll von der Definition nach BRENNER und
KOLBE abgerückt und stattdessen eine genauere Spezifikation des interaktiven Fernse-
hens nach SCHWALB angeführt werden:
"Interactive TV (iTV) can be viewed as the next evolution and
merging of the Internet and Digital TV. It enhances traditional
TV along two dimensions: the use of digital signals and ena-
bling interactivity. Interactive TV is a collection of services that
support subscriber-initiated choices or actions that are related to
one or more video programming streams"
15
.
Der Autor macht hier deutlich, was vom Fernsehen der Zukunft zu erwarten ist, nämlich
der Gebrauch digitaler Signalübertragung und die Möglichkeit Interaktivität zu nutzen.
Laut SCHWALB werden die Anwendungen innerhalb des iTV vom Nutzer initiiert,
eine Anmerkung, die in der obigen Begriffsbestimmung nach BRENNER und KOLBE
nicht vorhanden ist. SCHWALBS Definition stammt aus dem Jahr 2004 und kann da-
her, inzwischen gewonnene, weitreichende Erkenntnisse aus abgeschlossenen Pilotpro-
jekten und bereits realisierten Umsetzungen (vor allem in den USA) vereinen. Daher
soll für die vorliegende Arbeit die Begriffsbestimmung nach BRENNER und KOLBE
lediglich von historischer Bedeutung sein und auf SCHWALB zurückgegriffen werden.
Allerdings: Wesentliche Voraussetzung für die Realisierung des iTV ist das Vorhanden-
sein eines Rückkanals
16
. Ohne diesen kann ,,nur" von ,,digitalem Fernsehen" (dTV)
17
gesprochen werden. Diese Ausprägung wurde bereits mit der Markteinführung der bei-
den digitalen Fernsehprogramme DF1
18
und Premiere
19
realisiert. Durch die Verwirkli-
chung der digitalen Fernsehtechnik in Deutschland wurde bereits ein wesentlicher
15
Schwalb (2004), S. 1
16
Seine genauere Bedeutung wird in Abschnitt 2.3.3.4. beschrieben.
17
Sytem zur ,,Übertragung von Fernsehsignalen im digitalen Modus. Digitales Fernsehen bietet die Mög-
lichkeit zur Übertragung von erheblich mehr Programmkanälen (zur Zeit circa 500). Erster Anbieter ist
die Kirch-Gruppe mit dem Sender DF 1", Vgl. Ruhrmann/Nieland (1997)S. 264.
18
Der Sender nahm am 28. Juli 1996 seinen Sendebetrieb auf, er verschmolz später mit Premiere
(http://www.premiere.de ... 28.03.04).
19
Der Sendebetrieb von Premiere startete am 28. Februar 1991. Am 1. November 1997 ging das Angebot
,,Premiere digital" auf Sendung. Rund drei Millionen Abonnementhaushalte zählt der Pay-TV Kanal
zum Geschäftsjahresschluss 2003 zu seinen Kunden (http://www.premiere.de ... 28.03.04).
14
Schritt in Richtung iTV unternommen. Hierbei ,,muss ein Bewegtbild, bevor es vom
Rechner oder über ein Netz übertragen werden kann, von einer analogen in eine digitale
Repräsentation überführt werden"
20
. Der Prozess bildet sich in drei Schritten: Zunächst
wird das Bild abgetastet, danach Quantifiziert. Am Ende steht die Kodierung des In-
halts
21
.
Ziel der Bemühungen ist es, für den klassischen Fernseher ein neues Betätigungsfeld als
Multimediagerät zu schaffen. Neben der Unterhaltungskomponente sollen zudem tägli-
che Arbeiten, wie beispielsweise Banküberweisungen aus zuführen, möglich werden.
Bisher finden sich Fernsehgerät und Computer in den meisten Haushalten in getrennten
Räumlichkeiten in Zukunft soll das Wohnzimmer zu dem Ort in der Wohnung wer-
den, in dem die gesamte, technisch basierte, Kommunikation stattfindet. Hilfsmittel
sollen interaktive Fernsehdienste werden, mit deren Hilfe der Zuschauer aktiv interagie-
ren kann und die sich den Bedürfnissen individuell anpassen. Diverse Möglichkeiten
werden in Kapitel drei beschrieben. Der Interaktivitätsgrad dieser Dienste richtet sich
nach Abbildung 3 auf Seite 15. Kernpunkt ist die Bemühung, dem passiven Fernsehzu-
schauer
22
einen aktiven Part zukommen zu lassen, wie er ihn am Computer
23
bereits
inne hat. Auf diese Weise soll die ,,Flimmerkiste" neue Nutzungsmöglichkeiten erfah-
ren und auf lange Sicht den PC als getrenntes, eigenständiges Medium ablösen, indem
er dessen Funktionsweisen und Anwendungsmöglichkeiten adaptiert.
2.1.3. Konvergenz
Konvergenz bildet allgemein einen recht weit gefassten Begriff. Grundtenor ist dabei
allerdings, das Prinzip einer gegenseitigen Annäherung. Hier soll daher eine allgemeine
Beschreibung aus einem Computerlexikon zurückgegriffen werden, ehe eine genauere
Definition für das hier vorliegende Thema gewonnen werden soll. Als Konvergenz be-
zeichnet das Lexikon:
20
Steinmetz (1999), S. 98
21
Vgl. ausführlich ebenda, S. 98 ff.
22
Fernsehen gilt gemeinhin als sog. ,,lean back"-Medium, da der Zuschauer sich beim Fernsehen (vor-
wiegend) zurücklehnt.
15
,,Eine gegenseitige Annäherung. Konvergenz lässt sich z B. zwi-
schen unterschiedlichen Disziplinen und Technologien beob-
achten z. B. wenn Telefonkommunikation und Rechentechnik
auf dem Gebiet der Telekommunikation konvergieren"
24
.
Konvergenz im Bezug auf Medien steht demnach für einen allmählichen Zusammen-
schluss von Telekommunikation, Unterhaltungselektronik und Informationstechnologie,
also einer gegenseitigen Integrationsfähigkeit. Im behandelten Gebiet können sich In-
ternet und Computer auf das Fernsehen zu bewegen bzw. umgekehrt, das Fernsehen auf
das Internet/Computer. Die Ideen der Entwickler gehen dabei in Richtung Multifunkti-
onsgerät, welches sowohl als Internetzugang, als auch als Fernsehgerät nutzbar sein soll.
Da das Internet ein digitales Medium ist, das Fernsehen gleichzeitig jedoch ein analo-
ges, verschmelzen anhand der Konvergenz in diesem Bereich auch analoge und digitale
Medienformen miteinander. Gegenseitige Annäherung bezieht sich hierbei auf vier
Ebenen: Inhalte, Geräte, Dienste und Netze. Folgende Abbildung verdeutlicht dies:
Abbildung 4: Vier Ebenen der Konvergenz
25
Die Wege diese Konvergenz zu erreichen, reduzieren sich auf zwei Ausprägungsvari-
anten: Zum einen ist es möglich, dass der Fernseher mittels einer Set-Top-Box auch als
Internetzugang genutzt werden kann, andererseits kann es auch möglich sein, dass der
Fernseher seinen Platz im Wohnzimmer für den PC räumen muss. Zu beiden Varianten
23
Der Computer gilt als sog. ,,lean forward"-Medium, da der Anwender sich bei der Nutzung (vorwie-
gend) zum Bildschirm hin vorlehnt.
24
Computer Fachlexikon (1999), S. 397
25
Beckert (2003), S. 68
16
gab es in den 90er Jahren zahlreiche Pilotversuche, über dieses Stadium sind die mei-
sten Bemühungen, zumindest in Deutschland, indes nicht hinaus gekommen. Drei
Gründe können hierfür als wesentlich angesehen werden: Zunächst einmal war die
Hardware nicht billig, womit auch die Pluralität der Systeme einhergeht. Dass die Ver-
suche teilweise wenig Erfolg zeigten, kann zudem an den mangelnden interaktiven An-
geboten liegen, die während der Testphasen vorlagen. Dennoch laufen Bemühungen auf
Hochtouren, die Konvergenz zwischen Internet und Fernsehen weiter auszubauen. Das
digitale Angebot des ZDF kann als eine Form genannt werden. Auch hierauf soll erst im
nächsten Kapitel genauer Bezug genommen werden.
Konvergenz spielt sich zwar hauptsächlich auf der technischen Seite ab, vergessen wer-
den darf allerdings nicht, dass die Ergebnisse dieses Prozesses auch zur Nutzerseite hin
effektiv kommuniziert werden müssen. Denn nur so können neue Verhaltens- und Nut-
zungsweisen generiert werden, die die bisherige Trennung in das passive Medium Fern-
sehen und in die aktiven Medien Internet und Computer aufheben. Fraglich ist hierbei
allerdings, in wie weit sich Internet/Computer und Fernsehen tatsächlich auf einander zu
bewegen und ob sie letztendlich mit einander verschmelzen werden. Die Antwort hier-
auf soll ebenfalls im dritten Kapitel gegeben werden, wenn der Konvergenzprozess eine
genauere Wertung erfährt.
2.1.4. Multimedia
Der Begriff Multimedia ist seit den 90er Jahren ein schillernder Begriff insbesondere in
der Welt der Computer- und Informationstechnik. Im Bezug auf das interaktive Fernse-
hen soll an dieser Stelle der Definition von BÖCK-BACHRISCHER und CLEMENT
gefolgt werden, die sich beide auf GERPOTT berufen:
,,Mit dem Begriff Multimedia werden allgemein rechnerge-
stützte Systeme und Anwendungen bezeichnet, die eine inte-
grierte interaktive Bearbeitung von unabhängigen Informationen
unter Einsatz von verschiedenen, zeitunabhängigen und zeitab-
hängigen Mitteln zur Darstellung und Verarbeitung dieser In-
formationen (Medien) ermöglichen"
26 27
.
26
Böck-Bachfischer (1996), S. 12
27
Clement (2000), S. 9
17
Dem folgend, kann iTV als Multimediasystem angesehen werden. Ein solches muss
nach Steinmetz diverse Kriterien erfüllen. ,,Ein Multimediasystem ist durch die rech-
nergesteuerte, integrierte Erzeugung, Manipulation, Darstellung, Speicherung und
Kommunikation von unabhängigen Informationen gekennzeichnet, die in mindestens
einem kontinuierlichen (zeitabhängigen) und einem diskreten (zeitunabhängigen) Medi-
um kodiert sind"
28
.
Multimedia gilt als Zukunftsmarkt, dessen weitere Entwicklung sich vornehmlich im
PC- und Fernsehbereich abspielen wird. Aus diesem Grund werden sich diese, bisher
getrennten Medien, in den kommenden Jahren durch einen Konvergenzprozess aufein-
ander zu bewegen und schließlich vereinen. Am Ende soll die Realisierung des interak-
tiven Fernsehens stehen.
2.1.5. Medien und Neue Medien
Als Medien werden sämtliche Darstellungs- und Verbreitungsformen für Informationen
verstanden. Bei der genaueren Definition sei auf KREUSEN verweisen, der sich auf
vier Perspektiven nach SCHANZE unter Bezugnahme von SCHMIDT bezieht:
1. ,,Medien als Kommunikationsorganisationen, als Verbindung und Zusammen-
schluss von Menschen
2. als Mittel zum Gebrauch mit all ihren spezifischen, technischen Facetten (,,Kon-
figurationen und Rechnerarchitekturen)
3. als Technologie (Hardware)
4. als Träger, der sich dazu eignet, ,Wissen', ,Informationen' oder ,Sinn' zu reprä-
sentieren oder zu vermitteln"
29
.
Als Medien im klassischen Sinn werden demnach beispielsweise Zeitungen oder der
Rundfunk verstanden, diese werden des weiteren den sog. Massenmedien zugerechnet,
die alle
28
Steinmetz (1999), S. 13
29
Vgl. Kreusen (2001), S. 21
18
,,Einrichtungen einer Gesellschaft umfassen, welche sich zur
Verbreitung von Kommunikation technischer Mittel zur Ver-
vielfältigung bedienen"
30
.
Besonders herausgestellt sei hier auch die Anbietung von Reproduktionen an einen
nicht bekannten Kreis von Abnehmern, also der Allgemeinheit.
Diesen klassischen Medien stehen die sog. Neuen Medien gegenüber, denen vor allem
ein Potential der Interaktivität innewohnt. Als Basis für die neuere Medienentwicklung
nennt FELSENBERG die Digitalisierung:
,,Das neue Mediensystem setzt insgesamt auf der digitalen Platt-
form auf. Dadurch, dass prinzipiell jedes der bisher getrennten
Medien einzeln oder in Kombination auf der digitalen Plattform
als ,,Neues Medium" betrachtet werden kann, ergibt sich eine
Vielfalt von möglichen Kommunikationsprodukten. Faktisch
handelt es sich um die analogen Oberflächen des Basismediums,
die entweder die bisherigen Darstellungs- und Wahrnehmungs-
formen einzeln verbessert bearbeiten, oder um eine Kombinati-
on von Darstellungs- bzw. Warhnehmungsformen (Multime-
dia)"
31
.
Dieser Betrachtungsweise folgend, kann das interaktive Fernsehen, als Weiterentwick-
lung des digitalen Fernsehens, als passivem Unterhaltungselement, den Neuen Medien
zugerechnet werden. Als weiteres Beispiel sei hier abermals das Internet angeführt.
2.2. Rahmenbedingungen für das interaktive Fernsehen
32
Die Wirtschaft befindet sich derzeit in einer allgemeinen Umbruchphase hiervon ist
insbesondere auch die Medienindustrie betroffen. Der Ruf nach Deregulierung, Interna-
tionalisierung und Globalisierung ist daher auch in diesem Bereich immer lauter zu ver-
nehmen so regt sich einiges, zwischen Wirtschaft, Fernsehen und Politik: Das Auf-
kommen neuer Produktions- und Distributionstechniken ist hierbei ebenso zu beobach-
30
Kreusen nach Luhmann (2001), S. 22
31
Felsenberg u. a. (1995), S. 9
19
ten, wie auch ein verändertes Verhalten der Nutzer bzw. Zuschauer. Kurz: Bisher ge-
trennte Märkte wachsen zusammen. Fernsehproduzenten sind heute nicht mehr unab-
hängig von Herstellern der Hardware, ebenso wenig wie die Telekommunikationsunter-
nehmen. In diesem Abschnitt sollen daher die Veränderungen der technischen, ökono-
mischen und medienrechlichen bzw. politischen Rahmenbedingungen für das interakti-
ve Fernsehen dargestellt werden.
2.2.1. Veränderte technische Rahmenbedingungen
Die Übertragung der Fernsehsignale vom Anbieter zum Nutzer führt bereits heute, zu-
mindest bei den Hauptverbindungsstrecken, über gut ausgebaute Netze. Sie verfügen
über ausreichende Kapazitäten und sind problemlos gegenüber neuen Anforderungen
aufzurüsten. Das Problem liegt vielmehr in der sog. ,,letzten Meile", d. h. der Verbin-
dung vom den Übergabestationen zu den einzelnen Haushalte.
Dieses Thema stellt sich dabei weniger für geschäftliche Anwendungen, da insbesonde-
re in Ballungszentren die Infrastruktur als bereits gut aufgerüstet gilt. So bietet die
Deutsche Telekom über ihr DSL-Netz
33
(Digital Subscriber Line) ab dem 1. April 2004
die Anschlussmöglichkeit für das Internet mit gleichzeitiger Möglichkeit zu telefonieren
über ,,T-DSL 3000" mit bis zu 3 072 kbit/s im Downstream und 384 kbit/s im Upstream
an
34
. DSL ist allerdings nicht überall verfügbar, insbesondere in ländlichen Gebieten gilt
die Versorgung mit diesem schnellen Internetzugang (noch) als schlecht.
Die Diskussion konzentriert sich vielmehr auf den Aufbau einer geeigneten Infrastruk-
tur für private Haushalte. Bei der Umsetzung des iTV geht es insbesondere um die Rea-
lisierung eines Rückkanals. Die dafür notwendige Infrastruktur kann derzeit noch als
unzureichend bezeichnet werden. Als zweckmäßig haben sich beispielsweise Glasfaser-
kabel erwiesen, mit deren Verlegung allerdings erst in den vergangenen Jahren begon-
nen wurde. Für eine genauere Darstellung der Problematik des Rückkanals sei hier auf
Abschnitt 2.3.3.4. verwiesen.
32
siehe hierzu ausführlich Ruhrmann/Nieland (1997), S. 121 ff
33
DSL ist eine Datenübertragungstechnik, die sowohl analoge, als auch digitale Telefonleitungen nutzt.
Daten werden hier auf einem anderen Frequenzbereich übertragen, weshalb die Telefonleitung auch
während der Übertragung nutzbar bleibt. Die räumliche Nähe zu einer entsprechend ausgerüsteten
Ortsvermittlung ist Voraussetzung, ebenso wie die Nutzung herkömmlicher (Kupfer-)Kabel.
34
http://www.t-com.de ... 29.03.04
20
2.2.2. Veränderte ökonomische Rahmenbedingungen
Mit der Deregulierung des Medienmarktes wurden erhebliche Potentiale freigesetzt, von
denen nicht nur die Anbieter, sondern vor allem auch die Kunden profitieren. Durch die
Etablierung und Einführung des privaten Rundfunks wurden nicht nur medienpolitische
Bedingungen und Organisationsstrukturen verändert, sondern auch Lizenzkosten und
Verfügbarkeiten für Programminhalte und Programmsoftware wurden hierdurch be-
rührt
35
. ,,Diese Deregulierungstendenzen vollzogen sich unter anderem vor dem Hinter-
grund technologischer Entwicklungen, insbesondere im Bereich der Kabel- und Satelli-
tentechnik: Engpässe bei den Übertragungsmöglichkeiten wurden aufgehoben"
36
. Aller-
dings sei auch auf die Tatsache hingewiesen, dass eine ungeordnete und übertriebene
Deregulierung zu diversen Problemen führen kann.
Hierzu zählt unter anderem die Marktentwicklung des entgeltfinanzierten Fernsehens,
auch Pay-TV oder Bezahltfernsehen genannt. In West-Europa ist zu beobachten, dass
der Ausbau des Pay-TV mit der Einführung des dTV konform geht. Ein Zusammenhang
muss aber nicht notwendigerweise bestehen. Dabei ist festzustellen, dass in erster Linie
große private Medienkonzerne sich um die Einführung von Pay-TV bemühen, so wie
dies beispielsweise die Kirch-Gruppe verstärkt forcierte. Dem Begriff Pay-TV werden
dabei verschiedene Ausprägungen zugeordnet, die sich in den Entgeltformen unter-
scheiden, wobei allerdings auch eine Kombination möglich ist:
· ,,Pay-per-Channel: Hier zahlt der Zuschauer für die Möglichkeit, ein verschlüs-
seltes Programm empfangen zu können
· Pay-per-View: Bei dieser Entgeltform zahlt der Zuschauer nur für die Sendung,
die er tatsächlich nutzt
· Entgelt für die Speicherung von Inhalten: Hier fallen Kosten an, wenn abgerufe-
ne Inhalte vom Nutzer auf sein eigenes Speichermedium übernommen werden
35
Vor allem die Lizenzrechte für Sportübertragungen stiegen in den 90er Jahren fast ins unermessliche.
Der Pay-TV-Sender Premiere hatte dem Ligaverband DFL bis zu 180 Millionen Euro für die Übertra-
gung der Spiele der 1. Fußballbundesliga geboten (Jaklin in Financial Times vom 26.03.04).
36
Ruhrmann/Nieland (1997), S. 151
21
· Entgelt für Dienstleistungen, die in Anspruch genommen werden und Verbin-
dungskosten bei der Übertragung"
37
Die Verbreitung von Bezahltfernsehen in Deutschland läuft immer noch schleppend.
Der Pay-TV-Sender Premiere zählt derzeit (nur) rund drei Millionen Abonnenten, eine
verschwindend geringe Zahl im Vergleich zu den 40 Millionen Fernsehhaushalten in
Deutschland
38
. Als Grund für diese langsame Marktdurchdringung kann unter anderem
der Preis für ein Abonnement genannt werden. Ein monatliche Bezug beginnt derzeit
bei 5 Euro, für das Movie- oder Sport-Paket werden zusätzliche 18 Euro pro Monat und
Paket verlangt. Hinzu gerechnet werden muss zudem die Decodermiete in Höhe von
7,50 Euro bzw. der Kauf des Gerätes für 149 Euro
39
. Zu Buche schlagen i. d. R. auch
die Gebühren für das Kabelfernsehen
40
, wenn zusätzlich das TV-Kabel-Angebot genutzt
wird, und die GEZ-Gebühren
41
.
2.2.3. Veränderte medienrechtliche und politische Bedingungen
,,Medienkommunikation beeinflusst die individuelle Entfaltung, Sozialisation und En-
kulturation der Gesellschaft. Nicht zuletzt garantiert die Medienkommunikation den
Bestand der Demokratie"
42
. Um dem gerecht zu werden unterliegt die massenmediale
Ordnung in der Bundesrepublik einem so genannten Gewährleistungsvorbehalt. In Arti-
kel 5 Absatz 1 des Grundgesetzes ist das ,,Recht zur Freien Meinungsäußerung" festge-
schrieben
43
. Demnach obliegt es dem Staat für eine Ordnung der Medien zu sorgen, um
die freie Meinungsbildung zu gewährleisten. Ziel ist es, dass sich der Mediennutzer in-
dividuell und gemeinschaftlich, an hand der Medien orientieren kann.
Das Medienrecht hat sich den, sich wandelnden Anforderungen in technischer, ökono-
mischer und sozio-kultureller Hinsicht anzupassen, um stets einen geeigneten Rechts-
rahmen vorzufinden. Den ordnungspolitischen Rahmen für die Erteilung von Sendeli-
37
Vgl. Ruhrmann/Nieland (1997), S. 162
38
Premiere hat auf dieser Basis einen Marktanteil von 7,5 Prozent.
39
http://www.premiere.de ... 13.05.04
40
Beispielsweise berechnet der Kabelnetzbetreiber ,,Kabel BW" derzeit für einen sog. Einzelnutzungs-
vertrag eine einmalige Anschlussgebühr von 33,52 und einen monatlichen Preis von 14,50
(http://www.kabelbw.de ... 13.05.04).
41
Für ein Fernsehgerät fallen monatliche Gebühren von 16,15 Euro an, http://www.gez.de ... 13.05.04.
42
Ruhrmann/Nieland (1997), S. 123
43
Art. 5 GG [Recht der freien Meinungsäußerung]: (1) Jeder hat das Recht seine Meinung in Wort,
Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen unge-
hindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und
Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt. Siehe hierzu im Grundgesetz der Bundesre-
publik Deutschland, S. 371.
22
zenzen und die Programmaufsicht obliegt den Bundesländern. Hinsichtlich des Aufbaus
einer technischen Infrastruktur ist allerdings die Gesetzgebungskompetenz des Bundes
relevant. Diese verstreuten Kompetenzen sind für die Implementierung des interaktiven
Fernsehens hinderlich, da durch die Interaktivität die Kommunikation über (Bundes-)
Ländergrenzen hinaus, sowie eine einheitliche technische Infrastruktur gefördert werden
soll es besteht demnach ein erheblicher Abstimmungsbedarf zwischen unterschiedli-
chen Interessengruppen. Hinderlich für eine zügige Umsetzung kann des weiteren der
wachsende Einfluss der Europäischen Union und ihrer Regelungen angesehen werden,
die ihre Mitgliedsstaaten mit immer neuen Vorschriften geradezu überschüttet. Diese
landesrechtlich umzusetzen ist oft ein langer und steiniger Weg. In der laufenden Er-
neuerung des Rundfunkstaatsvertrages (RStV)
44
wird versucht, den neuen Anforderun-
gen, gerecht zu werden.
Allerdings ergeben sich mit der Einführung des interaktiven, ebenso wie des digitalen
Fernsehens, neue Probleme für die Definition des Rundfunks:
1. ,,Die Integration verschiedener Angebote aus den (vormals getrennten) Berei-
chen der Massen- und Individualkommunikation macht es erforderlich, Aspekte
des Rundfunkrechts mit Vorgaben des Telekommunikationsrechts und des Da-
tenschutzes zusammenzuführen
2. Neue Angebote oder Angebotsgruppen verlangen eine breitere Rundfunkdefini-
tion
3. Abgrenzungsprobleme und vertikale Konzentrationsprozesse machen es not-
wendig, die klassischen Aufgaben des Rundfunkrechts zu erweitern"
45
In § 2 Abs. 2 Ziffer 9 des RStV werden dies Probleme zumindest teilweise behoben,
indem hier das ,,Programmbouquet als die Bündelung von Programmen und Diensten,
die in digitaler Technik unter einem elektronischen Programmführer verbreitet werden"
46
angesehen wird.
44
In der fünften Änderung, dem Rundfunkänderungsstaatsvertrages, ist dieser am 1. Januar 2001 in Kraft
getreten. Siehe hierzu http://www.artikel5.de ... 29.03.04.
45
Ruhrmann/Nieland (1997), S. 139 f
46
http://www.artikel5.de ... 29.03.04
23
Dennoch besteht auch weiterhin Handlungsbedarf auf politischer und rechtlicher Ebene.
Dies umfasst vornehmlich das Urheberrecht, den Verbraucherschutzes, die Verhinde-
rung von Meinungsmacht und die Moderatorenrolle des Staates
47
. RUHRMANN und
NIELAND zitieren hierzu treffend HOFFMANN-RIEM und VESTING: ,,Solange Sen-
dungen mit publizistischen Inhalten an einen individuell nicht bestimmbaren Personen-
kreis und über terrestrische Netze, Kabel und Satellit verbreitet werden, sind sie Rund-
funk im Sinne des Grundgesetzes"
48
.
2.3. iTV Technische Grundlagen
Die technischen Grundlagen des interaktiven Fernsehens bilden sich aus einer Schnitt-
menge der Internet- und Fernsehtechnik. Aufgrund der Komplexität bildet dieser Ab-
schnitt den Hauptteil des zweiten Kapitels. So sollen neben den aktuellen Gegebenhei-
ten, u. a. die notwendigen Standardisierungen und die Sende- und Empfangstechniken
erläutert werden. Zum Abschluss dieses Teilabschnittes werden Betriebssystem und
Middleware für das interaktive Fernsehens vorgestellt werden.
2.3.1. Derzeitige technische Gegebenheiten in Deutschland
,,Online/Internet und digitales Fernsehen sind Voraussetzungen für das interaktive Fern-
sehen in dem Sinne, als sie zum einen die Vertrautheit mit interaktiven Nutzungsformen
erhöhen und zum anderen von den Fernsehzuschauern eine aktivere Rolle im Umgang
mit dem nahezu unüberschaubar gewordenen Programmangebot abverlangen"
49
. iTV
bildet demnach eine Verschmelzung zweier Technologien.
Derzeit etablieren sich bereits sog. ,,TV-Bouquets"
50
diverser Fernsehsender und Set-
Top-Boxen (STB) für den Empfang, wenn derzeit auch nur begrenzter interaktiver An-
gebote. Die Landschaft der Fernsehtechnik hat in den vergangen Jahren nicht gerade
,,Quantensprünge" unternommen. Seit einiger Zeit sind Fernsehgeräte mit Plasma- oder
LCD-Bildschirm
51
auf dem Markt, die Übertragungstechnik befindet sich allerdings
47
Ruhrmann/Nieland (1997), S. 147 f
48
ebenda, S. 240
49
Beckert (2003), S. 53
50
Siehe hierzu beispielsweise das ZDF-Bouquet. Zusammengefasst werden hierunter derzeit das ZDF,
den ZDFdokukanal, ZDFinfokanal, ZDFtheaterkanal, 3sat, arte, Kinderkanal, Phoenix, EuroNews und
EUROSPORT sowie die Hörfunkprogramme Ö1, Deutschlandfunk und DeutschlandRadio.
(http://www.zdf.de ... 30.03.04). Wir werden im nächsten Kapitel hierauf zurückkommen.
51
Zur Funktionsweise von Plasma- und LCD-Bildschirmen siehe Ziemer (2003), S. 232 ff.
24
weitestgehend noch auf dem selben Stand wie zu Beginn der 90er Jahre. Dennoch gibt
es einen Schritt nach vorne: In der Hauptstadt Berlin wurde mit der Umschaltung der
analogen Übertragungstechnik auf digitale unlängst begonnen, nach und nach soll der
Rest Deutschlands folgen Ziel ist die komplette Umstellung bis zum Jahr 2010.
2.3.1.1. Das TV-Kabel
Empfangstechnisch ist das Fernsehkabel der am weitesten verbreitete Übertragungska-
nal mit dem derzeit rund 30 Programme empfangen werden können. Obgleich in den
vergangenen Jahren die Erkenntnis gewonnen wurde, dass Glasfaser eine weit bessere
Leitungsfähigkeit besitzt, ist aufgrund immenser Kosten nicht mit einer zügigen Umrü-
stung zu rechnen. Anzumerken sei zudem, dass viele Fernsehkabel vor noch nicht ein-
mal 20 Jahre verlegt wurden mit Verschleiß ist hier demnach noch lange nicht zu
rechnen. Zudem fehlte vielen Kabelgesellschaften bisher die Finanzkraft ein solches
Unterfangen zu bewerkstelligen. Mit dem Verkauf von Teilen ihres Kabelnetzes an pri-
vate Firmen gab die Deutsche Telekom ab 2000 Verantwortung in diesem Bereich par-
tiell ab
52
. Dies soll allerdings nicht heißen, dass nicht jüngst bereits Glasfaserkabel zur
Übertragung von TV-Signalen verlegt wurden.
Das Kabelnetz ist, was die Eigentumsverhältnisse anbelangt zweigeteilt. Neben der
Deutschen Telekom fanden sich, nach dem Teilverkauf, hunderte regionale Netzanbie-
ter, denen allerdings meist nur das letzte Teilstück, des auch Breitbandkabelnetzes (BK-
Netzes) genannten Netzes, gehört, das in die Wohnsiedlungen führt, die sog. Netzebene
4 vom Übergabepunkt bis zum Hausanschluss
53
. Durch den Aufkauf vieler kleiner Ka-
belgesellschaften zeichnet sich allerdings mittlerweile eine erneute Monopolstellung der
Betreibergesellschaft ,,Kabel Deutschland" ab, die sie durch den Zukauf von Netzbe-
treibern in den Regionen Bayern, Berlin/Brandenburg, Hamburg/Schleswig-
Holstein/Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen/Bremen, Rheinland-Pfalz/Saarland
52
Bis zu diesem Zeitpunkt war die Deutsche Telekom Monopolist auf dem deutschen Kabel-TV-Markt.
Auf Anraten der Europäischen Kommission musste sie ihre Stellung aufgeben und Teile des Netzes
verkaufen.
53
Das Kabel-TV-Netz gliedert sich in vier Netzebenen. Zu Ebene eins zählen die TV- und Hörfunkstu-
dios, die ihre Signale an Ebene zwei weiter geben, in der sich die verschiedenen Sendeeinrichtungen
finden. Sie münden in Rundfunkempfangsstellen. Diese münden wiederum in Netzebene drei wo sich
die Breitbandverstärkerstellen und Breitbandverteilnetze mit Übergabepunkten finden. Auf Netzebene
vier liegen die privaten Hausverteilanlagen.
25
und Sachsen/Sachsen-Anhalt/Thüringen erreichte. Das Unternehmen versorgt in den 13
genannten Bundesländern rund 10 Millionen Kunden mit seinen Angeboten
54
.
2.3.1.2. Der Satellitenempfang
Mit bis zu 40 TV-Programmen bietet die Satellitenübertragung derzeit nicht nur eine
erweiterte Vielfalt, sondern verfügt zudem über eine höhere Übertragungskapazität, als
das Kabelnetz. Insbesondere durch die Möglichkeit, mehrere Satelliten gleichzeitig mit
einer Parabolantenne anpeilen zu können, wird die Vielfalt noch erhöht. In Gegensatz
zum Kabel, fallen hier keine monatlichen Gebühren an, sondern lediglich einmalige
Anschaffungskosten für die notwendigen Anlagen. Allerdings, besitzt ein Haushalt
mehrere Fernsehgeräte, ist für jeden ein eigener Receiver anzuschaffen.
2.3.1.3. Der terrestrische Empfang
Da die Bedeutung des terrestrischen Fernsehempfangs in den vergangenen Jahren im-
mer weiter abgenommen hat, soll an dieser Stelle kein weiterer Bezug hierauf genom-
men werden. Übertragen werden bei dieser Empfangsart lediglich vier bis acht Pro-
gramme.
2.3.1.4. Online Bereich
Im Online-Bereich finden sowohl Sendung als auch Empfang über das Telefonkabel
statt. Hier ist eine deutliche Tendenz hin zu immer schnelleren Verbindungen für den
raschen Datentransport festzustellen. Dem tragen auch Provider wie die Deutsche Tele-
kom
55
oder Arcor
56
mit ihren DSL-Verbindungen Rechnung. Aufgrund immer besserer
Übertragungsqualitäten im Audio- und Video-Bereich gewinnt auch das sog. ,,WebTV",
sprich Fernsehen über das Internet, an Bedeutung. Des weiteren können mit zunehmend
fortschreitender Entwicklung in bei den Datenkompressionsverfahren immer mehr Da-
ten in immer geringeren Größen übermittelt werden
57
.
2.3.1.5. Entwicklung der TV-Empfangsarten
54
Nähere Informationen zum Unternehmen sind dessen Homepage http://www.kabeldeutschland.de
(13.05.04) zu entnehmen.
55
http://www.t-com.de ... 13.04.04
56
http://www.arcor.de ... 13.04.04
57
Mit dem MPEG-4 Standard kann, bei Datenraten zwischen 700 kbit/s und 2 Mbit/s, bereits die Qualität
eines Videorekorders erreicht werden.
Details
- Seiten
- Erscheinungsform
- Originalausgabe
- Erscheinungsjahr
- 2004
- ISBN (eBook)
- 9783832485979
- ISBN (Paperback)
- 9783838685977
- DOI
- 10.3239/9783832485979
- Dateigröße
- 1.3 MB
- Sprache
- Deutsch
- Institution / Hochschule
- Hochschule für angewandte Wissenschaften Würzburg-Schweinfurt; Würzburg – Medien- und Informationswissenschaft
- Erscheinungsdatum
- 2005 (Februar)
- Note
- 1,3
- Schlagworte
- interaktivität set-top-box sendetechnik internet
- Produktsicherheit
- Diplom.de