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Szenographie als neues Gestaltungskonzept in Ausstellungen und Museen am Beispiel des Historischen Museums Hannover

©2002 Magisterarbeit 117 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Zusammenfassung:
Der Grund für ein Nachdenken über neue Gestaltungskonzepte liegt darin, dass die aktuelle ‚Krise der Museen’ ein Überdenken der bisherigen Praxis notwendig macht. Seit Beginn der 1990er Jahre sind Museen von starken Einsparungen betroffen und mit einer Situation konfrontiert, die einerseits dadurch gekennzeichnet ist, dass Museen als Wissensspeicher und als Geschichtsvermittler Konkurrenz durch andere Medien, erhalten haben. Hinzu kommt andererseits ein breitgefächertes Freizeitangebot, mit einer Überfülle an Erlebnisangeboten.
Mit dem enormen Erfolg der Event- und Erlebniskultur werden auch neue Erwartungen und Anforderungen an Museen gestellt. Die traditionelle Legitimation des Museums als Ort der Bildung, als auch die Anziehungskraft der kulturhistorischen Objekte scheinen infrage gestellt zu sein. Forderungen nach neuen Gestaltungsformen werden gestellt, die auf die neuen Erwartungen reagieren und die Museen attraktiver machen sollen. Zunehmend taucht der Begriff der Szenographie auf, der die umstrittene Lösung für die schwierige Lage der Museen besonders durch neue Gestaltungs- und Präsentationsansätze bieten soll. Eine klare Definition scheint es jedoch nicht zu geben, vielmehr ist Szenographie als Ausdruck dieser Krise und der Auseinandersetzung mit dem Selbstverständnis der Museen unter dem Eindruck der Entstehung von Science Centern und anderen Freizeitangeboten zu sehen, die zumindest in Teilaspekten, museale Aufgaben übernehmen.
Jedoch treffen Vorschläge, die sich an kommerziellen Konzepten orientieren in Museumskreisen auf Ablehnung, da eine sich auf die Museen ausweitende Eventkultur befürchtet wird.
In der Zeit vom 15.08.2001 bis 13.01.2002 fand im Historischen Museum Hannover (HMH) die Sonderausstellung ‚Ehrgeiz, Luxus & Fortune. Hannovers Weg zu Englands Krone’ (ELF) statt, die sich in ihrer Präsentationsästhetik als etwas Neues darstellte. Zudem war sie als Auftakt zur Neugestaltung der Landesgeschichtlichen Abteilung gedacht, womit sie sich sowohl als Sonderausstellung als auch als zukünftige Dauerausstellung für eine Betrachtung eignet und Mittelpunkt der Untersuchung werden soll. Gerade im Hinblick auf ihre dauerhafte Einrichtung lassen sich neue Entwicklungen aufzeigen, die auf einen Bruch mit der bisherigen Gestaltungspraxis im Museum hindeuten könnten.
Am Beginn dieser Arbeit steht die Frage, was sich hinter dem Begriff Szenographie verbirgt und was dazu führte, dass er in einem Zuge mit […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


EINLEITUNG

Seit 1996 veranstaltet der Deutsche Museumsbund Fachtagungen, auf denen Fragen der Standortbestimmung und Zukunftsorientierung für Museen diskutiert werden. Im Herbst 2000 fand in Hannover auf dem Expo-Gelände die fünfte Fachtagung des Deutschen Museumsbundes statt. Sie befasste sich mit dem Thema ‚Scenographie. Zur Zukunft der gestalteten Ausstellung.’ Im Frühjahr 2001 widmete sich dann die ‚Museumskunde’[1] unter gleichem Titel dieser Tagung und stellte einige der Vorträge vor. Die Beiträge orientierten sich hauptsächlich an den großen Ausstellungen des Jahres 2000, wie z.B. des Themenparks auf der Expo 2000 in Hannover oder der Ausstellung ‚Sieben Hügel’ im Berliner Gropius-Bau, die als „Experimentierfelder in Sachen Formensprache“[2] und als interdisziplinäre Projekte unter dem Begriff Szenographie als Impulsgeber für Museen diskutiert wurden.

Als Leiter des Themenparks und Vorsitzender des Museumsbundes war es vor allem Martin Roth, der die Diskussion um Szenographie in die Museumskreise brachte. Roth regte an, über „die Verknüpfung der neuen Dimensionen von Szenographie mit der Realität der Museen und ihren Aufgaben, so wie sie sie verstehen“[3] nachzudenken.

Der Grund für ein Nachdenken über neue Gestaltungskonzepte liegt darin, dass die aktuelle ‚Krise der Museen’ ein Überdenken der bisherigen Praxis notwendig macht. Seit Beginn der 1990er Jahre sind Museen von starken Einsparungen betroffen. Parallel dazu hat sich eine Konkurrenzsituation aufgebaut, die einerseits dadurch gekennzeichnet ist, dass Museen als Wissensspeicher und, im Hinblick auf historische Museen, als Geschichtsvermittler Konkurrenz durch andere Medien, z.B. Fernsehdokumentationen, Sachbücher, CD-Roms etc, erhalten haben.

Hinzu kommt ein breitgefächertes Freizeitangebot, das vor allem mit einer Überfülle an Erlebnisangeboten eine starke Konkurrenz darstellt. Mit dem enormen Erfolg der Event- und Erlebniskultur werden auch neue Erwartungen und Anforderungen an Museen gestellt. Museen haben den Anschluss verpasst, heißt es, denn das Wahrnehmungsverhalten und die Bedürfnisse der Besucher haben sich stark gewandelt, denen die Konzepte der Museen nicht Rechnung tragen. Damit scheint sowohl die traditionelle Legitimation des Museums als Ort der Bildung, als auch die Anziehungskraft der kulturhistorischen Objekte infrage gestellt. Zugleich wird das Museum mit der Situation konfrontiert, als Mitstreiter auf dem Freizeitmarkt aufzutreten und mit kommerziellen Anbietern die Konkurrenz aufnehmen zu müssen, da sie letztlich um das gleiche Gut werben, nämlich die Aufmerksamkeit und Zeit der Menschen. Dabei werden auch Forderungen nach neuen Gestaltungsformen gestellt, die auf die neuen Erwartungen reagieren und die Museen attraktiver machen sollen. In diesem Zusammenhang taucht zunehmend der Begriff der Szenographie auf, der die umstrittene Lösung für die schwierige Lage der Museen besonders durch neue Gestaltungs- und Präsentationsansätze bieten soll. Eine klare Definition scheint es jedoch nicht zu geben, vielmehr ist Szenographie als Ausdruck dieser Krise und der Auseinandersetzung mit dem Selbstverständnis der Museen unter dem Eindruck der Entstehung von Science Centern und anderen Freizeitangeboten zu sehen, die zumindest in Teilaspekten, museale Aufgaben übernehmen.

Jedoch treffen Vorschläge, die sich an kommerziellen Konzepten orientieren in Museumskreisen auf Ablehnung, da eine sich auf die Museen ausweitende Eventkultur befürchtet wird. Im Hinblick auf die Inszenierungspraxis in den Museen in der 1980er Jahren wird zudem mit den Worten reagiert, es handle sich um einen ‚alten Hut’ und die gestaltete Ausstellung habe „nicht eine bessere Zukunft, wenn man sie von Scenographen gestalten lässt.“[4] Darin zeigt sich eine grundlegende Skepsis gegenüber Versuchen, Elemente der kommerziellen Freizeitindustrie auf klassische Kultureinrichtungen übertragen zu wollen. Zugleich drückt sich darin eine „unüberwindbare Opposition von ‚gutem’, moralisch einwandfreiem Museum einerseits und ‚böser’ Erlebniswelt andererseits“[5] aus.

Letztlich ist hier auch die Skepsis gegenüber einer neuen Berufsgruppe zu beobachten, deren „Vertreter es verstehen, sich sowohl auf dem finanzträchtigen Gebiet der Unternehmenskommunikation als auch bei der Erarbeitung kulturhistorischer Ausstellungen zu betätigen.“[6]

In der Zeit vom 15.08.2001 bis 13.01.2002 fand im Historischen Museum Hannover (HMH) die Sonderausstellung ‚Ehrgeiz, Luxus & Fortune. Hannovers Weg zu Englands Krone’ (ELF) statt, die sich in ihrer Präsentationsästhetik als etwas Neues darstellte. Zudem war sie als Auftakt zur Neugestaltung der Landesgeschichtlichen Abteilung gedacht, womit sie sich sowohl als Sonderausstellung als auch als zukünftige Dauerausstellung für eine Betrachtung eignet und Mittelpunkt der Untersuchung werden soll. Gerade im Hinblick auf ihre dauerhafte Einrichtung lassen sich neue Entwicklungen aufzeigen, die auf einen Bruch mit der bisherigen Gestaltungspraxis im Museum hindeuten könnten.

Am Beginn dieser Arbeit steht die Frage, was sich hinter dem Begriff Szenographie verbirgt und was dazu führte, dass er in einem Zuge mit Event- und Erlebniskultur gesehen wird. Dabei ist der Titel dieser Arbeit gleichfalls als Frage zu verstehen, ob es sich tatsächlich um etwas Neues in gestalterischer Hinsicht handelt.

Die Ausstellung im HMH soll exemplarisch darauf untersucht werden, ob dort bereits szenographische Einflüsse umgesetzt wurden, sowohl auf gestalterischer Ebene als auch im Hinblick auf die Zusammenarbeit mit Künstlern.

Weiterhin soll herausgearbeitet werden, mit welchen Strategien das Museum möglicherweise darüber hinaus versucht auf den gegenwärtigen Konkurrenz- und Legitimationsdruck zu reagieren.

Im ersten Kapitel geht es daher um die Klärung des Begriffs Szenographie, im Bezug auf seine Herkunft aus dem Theater- und kommerziellen Freizeitbereich. Dabei wird auch ein Blick auf den Zusammenhang von Szenographie mit den veränderten Ansprüchen und Wahrnehmungsgewohnheiten auf Seiten der Besucher eingegangen. Hierfür wird auf Sekundärliteratur aus den Bereichen Theatergeschichte, Geschichte der Weltausstellungen und Erlebniswelten, sowie auf freizeitwissenschaftliche Untersuchungen zurückgegriffen.

Im zweiten Kapitel wird anhand des HMH auf die Geschichte der Gestaltungskonzepte in historischen Museen allgemein eingegangen. Dies geschieht auch in Bezug auf das jeweilige Selbstverständnis und die Aufgaben. Das HMH eignet sich dafür sehr gut, da es alle für historische Museen als typisch angesehenen Darstellungsweisen aufweist. Dabei wird den für die 1980er Jahre kennzeichnenden Inszenierungen ein eigenes Kapitel gewidmet, da sich aus der Diskussion um diese Darstellungsweise wichtige Punkte für die Betrachtung von Szenographie in Museen ergeben. Zudem rücken an dieser Stelle die Merkmale heutiger Szenographien in kulturhistorischen Museen in den Blick. Neben Veröffentlichungen zur Geschichte des HMH, insbesondere der Dissertation von Andreas Urban, wurde auf Sekundärliteratur zur Geschichte historischer Museen zurückgegriffen. Hinzu kommt dabei die idealtypische Einteilung der unterschiedlichen Darstellungsweisen in Museen, wie sie Cornelia Foerster herausgearbeitet hat und im HMH präsentiert sind. Dazu gehören die ‚malerische Präsentationsweise’ am Ende des 19. Jahrhunderts, diese an Volksbildung orientierte Darstellungsweise im ersten Viertel des 20. Jahrhunderts, die ästhetisch und exponatzentrierte Präsentationsform der 1950er und 1960er Jahre, die textorientierte und das Museum als ‚Lernort’ bekräftigende Form der 1970er Jahre und die ensemblebildenden Inszenierungen der 1980er Jahre. Die Beschäftigung mit letzterer Darstellungsweise geschieht dabei in weiten Teilen in Bezug auf Gottfried Korff, der als ein Hauptvertreter dieser Art der Darstellung gesehen werden kann.

Im dritten Kapitel wird die Sonderausstellung ELF zunächst auf der Grundlage erster Eindrücke beschrieben und daraufhin das gestalterische Konzept diskutiert. Außerdem wird an dieser Stelle die Zusammenarbeit von Museen und professionellen Gestaltern betrachtet. Neben unveröffentlichten und veröffentlichten Materialien des Historischen Museums zur Ausstellung stützt sich dieses Kapitel vor allem auf Experteninterviews. Diese wurden mit Dr. Thomas Schwark, dem Direktor des Museums und für die Gesamtleitung der Ausstellung Verantwortlichen, sowie Sabine Meschkat-Peters geführt, die das wissenschaftliche Konzept erarbeitet hat. Ebenfalls interviewt wurde Dr. Andreas Urban, in der Funktion des Museumspädagogen, der zudem, im Gegensatz zu den beiden anderen Gesprächspartnern, bereits 1991 die Neukonzeption der Abteilungen Stadtgeschichte sowie Volkskunde begleitet hat. Ferner wird auf deutschsprachige Sekundärliteratur zum Themenkomplex Gestaltung und Vermittlung zurückgegriffen.

Das vierte Kapitel widmet sich sowohl der aktuellen Situation des Museums als auch den als marktwirtschaftlich einzuordnenden Strategien, die sich gegenwärtig abzeichnen. Hierzu werden ebenfalls die Interviews herangezogen, sowie Sekundärliteratur zum Thema Marketing und Museum.

Der Schluss fasst die Ergebnisse zusammen und gibt einen kurzen Ausblick auf kommende Anforderungen und Gestaltungsfragen in Museen. Zusätzlich sind der Arbeit im Anhang Fotos der Ausstellung ELF zur Veranschaulichung beigefügt.

[...]


[1] Zeitschrift herausgegeben vom Deutschen Museumsbund.

[2] Martin Roth: Vorwort. In: Museumskunde, 66 1/2001, S. 5.

[3] Ebenda, S. 6.

[4] Joern Borchert in der deutschsprachigen Museums-mailinglist des Deutschen Historischen Museums Berlin. www.dhm.de/pipermail/demuseum/2002-February/002123.html, 02.02.2002.

[5] Bettina Drescher: Im Westen nichts Neues? Themenpark und Sieben Hügel. Präsentationsästhetiken im Vergleich. www.ulmer-verein.de/drescher.html, 09.01.2002.

[6] Robert Felfe; Godehard Janzig: Zukunft ausstellen: Expo, 7 Hügel und Millenium Dome. Bericht über den Workshop des Ulmer Vereins und des Hermann von Helmholtz-Zentrums für Kulturtechnik am 28. Oktober an der Humboldt-Universität zu Berlin. www.ulmer-verein.de/ausstellung.htm, 24.01.2002.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2002
ISBN (eBook)
9783832485399
ISBN (Paperback)
9783838685397
DOI
10.3239/9783832485399
Dateigröße
485 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Gottfried Wilhelm Leibniz Universität Hannover – Geschichte, Philosophie und Sozialwissenschaften
Erscheinungsdatum
2005 (Januar)
Note
1,3
Schlagworte
didaktik inszenierung erlebnis marketing expo ausstellung geschichte kulturhistorisch museum ausstellungsgestaltung
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