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Betriebswirtschaftliche und steuerliche Aspekte einer in Deutschland ansässigen englischen Limited als Alternative zu deutschen Rechtsformen

©2004 Diplomarbeit 103 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Europa wächst zusammen. Dies kann man nicht nur an der Öffnung der Grenzen und der Einführung des Euros ersehen, sondern lässt sich auch an der aktuellen Entwicklung im Gesellschaftsrecht der EU erkennen. In konsequenter Fortführung seiner Rechtssprechung hat der EuGH in den letzten Jahren durch mehrere Urteile zugunsten der Niederlassungsfreiheit von Gesellschaften entschieden und damit den Wettbewerb zwischen den einzelnen Gesellschaftsformen der EU-Mitgliedstaaten eröffnet.
Es ist somit möglich, in Deutschland u. a. in der Rechtsform einer englischen privat limited company by shares aufzutreten. Immermehr deutsche Kleinbetriebe, mittelständische Unternehmen und Selbständige nutzen die Möglichkeit, ihre Geschäfte in Deutschland unter dieser Rechtsform zu betreiben. Dabei sind die Besonderheiten der englischen Limited, ihre Vorzüge und ihre Nachteile der Allgemeinheit momentan noch weitgehend unbekannt.
Die folgende Arbeit soll aufzeigen, inwieweit eine in Deutschland ansässige englische Limited derzeit als Alternative gegenüber vergleichbaren deutschen Rechtsformen für Unternehmensgründer in Betracht kommen kann. Zunächst wird auf das Thema Niederlassungsfreiheit und die maßgeblichen Entscheidungen des EuGH eingegangen.
Im darauf folgenden Abschnitt wird ausführlich dargestellt, wie eine Limited zu gründen und was bei der Führung dieser im Rahmen des englischen Gesellschaftsrechts zu beachten ist. Für die Geschäftstätigkeit in Deutschland wird regelmäßig eine Zweigniederlassung der ausländischen Gesellschaft gegründet.
Dieser Vorgang sowie die mögliche Anwendung deutschen Rechts auf die Zweigniederlassung der englischen Limited werden im nächsten Kapitel beschrieben. Im Anschluss daran werden einige steuerliche Aspekte aufgeführt sowie die Vorteile und einige Einsatzmöglichkeiten der Limited dargestellt. Anschließend werden eventuelle Probleme, mit denen die Limited und ihre Gesellschafter in Deutschland zukämpfen haben, diskutiert. Danach soll ein kurzer Blick auf die irische privat limited company sowie die amerikanische LLC geworfen werden bevor abschließend ein Fazit der Arbeit gezogen wird.

Inhaltsverzeichnis:Inhaltsverzeichnis:
AbkürzungsverzeichnisIII
AnlagenverzeichnisVI
1.Einleitung1
2.Niederlassungsfreiheit und Sitztheorie versus Gründungstheorie2
3.Neue EuGH-Urteile – Öffnung des Marktes für Gesellschaftsformen in der EU4
3.1Daily Mail4
3.2Centros5
3.3Überseering6
3.4Inspire […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


ID 8519
Potschkat, Torsten: Betriebswirtschaftliche und steuerliche Aspekte einer in Deutschland
ansässigen englischen Limited als Alternative zu deutschen Rechtsformen
Hamburg: Diplomica GmbH, 2005
Zugl.: Universität Leipzig, Diplomarbeit, 2004
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http://www.diplom.de, Hamburg 2005
Printed in Germany

Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis
I
Abkürzungsverzeichnis
III
Anlagenverzeichnis
VI
1.
Einleitung
1
2.
Niederlassungsfreiheit und Sitztheorie versus Gründungstheorie
2
3.
Neue EuGH-Urteile ­ Öffnung des Marktes für Gesellschaftsformen in der EU 4
3.1.
Daily Mail
4
3.2.
Centros
5
3.3.
Überseering
6
3.4.
Inspire Art
7
3.5.
Zwischenresümee 10
4.
Gesellschaftsformen in England - Die privat limited company by shares
11
4.1.
Gründung
der
Limited
12
4.2.
Organe
der
Gesellschaft
15
4.2.1.
Die
Hauptversammlung
15
4.2.2.
Der
,,board
of
directors"
16
4.2.3.
Der
,,secretary"
17
4.2.4.
Das
,,registered
office"
18
4.2.5.
Der ,,auditor"
18
4.3.
Kapitalvorschriften
19
4.3.1.
Kapitalaufbringung in der private limited company
19
4.3.2.
Kapitalerhaltung in der private limited company
21
4.4. Haftung der Gesellschafter
und
Geschäftsführer 22
4.5.
Anteilsübertragung
24
4.6.
Buchführung
und
Jahresabschluss
25
4.7.
Publizitätsvorschriften
26
4.8.
Insolvenz
in
England
29
I

5.
Die Zweigniederlassung in Deutschland als Verwaltungssitz der Gesellschaft
30
5.1.
Zweigniederlassung
in
Deutschland
30
5.2.
Eintragung der Zweigniederlassung in das Handelsregister
33
5.3.
Der
,,Ständige
Vertreter"
38
5.4.
Haftung
in
der
Zweigniederlassung
39
5.4.1.
Kapitalerhaltungshaftung
41
5.4.2.
Existenzvernichtungshaftung
42
5.5.
Anteilsübertragung in der Zweigniederlassung
43
5.6.
Mitbestimmung
44
5.7.
Rechnungswesen und Publizität in der Zweigniederlassung
45
5.8.
Insolvenz
in
Deutschland 46
6.
Besteuerung
der
Limited
51
7.
Vorteile und Nachteile gegenüber deutschen
Gesellschaftsformen
54
7.1.
Chancen und Einsatzmöglichkeiten der Limited in Deutschland
54
7.1.1.
Vorteile
der
Limited
54
7.1.2.
Ltd.
&
Co.
KG
56
7.1.3.
Körperschaftsteuerliche
Organschaft
56
7.2.
Mögliche Problemfelder der Limited in Deutschland
57
7.2.1.
Problem
­
Laufende
Kosten
57
7.2.2.
Problem
­
Deutsches
Handelsregister
58
7.2.3.
Problem
­
Rechtsunsicherheit
60
7.2.4.
Problem
­
Kreditwürdigkeit
62
7.2.5.
Weitere Problemfelder
63
8.
Weitere
limited
companies
64
8.1.
Die
irische
private
limited
company
64
8.2.
Die US-amerikanische Limited Liability Company
66
9.
Fazit
73
Anhang
VII
Literaturverzeichnis
XVIII
II

Abkürzungsverzeichnis
A
Abschnitt
a. a. O.
am aufgeführten Ort
Abs.
Absatz
AG
Amtsgericht/Aktiengesellschaft
AO
Abgabenordnung
Art.
Artikel
Aufl.
Auflage
BB
Betriebsberater
BFH
Bundesfinanzhof
BGB
Bürgerliches
Gesetzbuch
BGBl.
Bundesgesetzblatt
BMF
Bundesministerium
für
Finanzen
BStBl.
Bundessteuerblatt
B.V.
Besloten
Vennootschap
met beperkte aansprakelijkheid
(Gesellschaft
mit
beschränkter
Haftung)
bzw.
beziehungsweise
CA
Companies
Act
DB
Der
Betrieb
DBA
Doppelbesteuerungsabkommen
DStR
Deutsche
Steuerrichtlinien
EG
Europäische
Gemeinschaft
EGBGB Einführungsgesetz
zum
Bürgerlichen
Gesetzbuche
EGInsO Einführungsgesetz
zur
Insolvenzverordnung
EGV
Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft
ErbStG
Erbschaftsteuer- und Schenkungsgesetz
EStG
Einkommensteuergesetz
EU
Europäische
Union
EuGH
Europäischer
Gerichtshof
EuGVVO
Verordnung über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung
und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen
EuInsVO Europäische
Insolvenzverordnung
EWG
Europäische
Wirtschaftsgemeinschaft
III

EWR
Europäischer
Wirtschaftsraum
f.
folgende
ff.
fortfolgende
Fn.
Fußnote
GBP
Pfund
Sterling
GbR
Gesellschaft
bürgerlichen
Rechts
geb.
geboren
GewStG Gewerbesteuergesetz
GmbH
Gesellschaft
mit beschränkter Haftung
GmbHG
Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung
GmbHR GmbH
Rundschau
GPR
Zeitschrift
für
Gemeinschaftsprivatrecht
HGB
Handelsgesetzbuch
HRV
Handelsregisterverordnung
i. d. R.
in der Regel
IHK
Industrie-
und
Handelskammer
InsO
Insolvenzordnung
i. S. d.
im Sinne des
IStR
Internationale
Steuerrichtlinien
i. V. m.
in Verbindung mit
KG
Kommanditgesellschaft
KGaA
Kommanditgesellschaft
auf
Aktien
KStG
Körperschaftsteuergesetz
lit.
Litera
(Buchstabe)
LLC
Limited
Liability
Company
Ltd.
Limited
NJW
Neue
Juristische
Wochenschrift
Nr.
Nummer
NWB
Neue
Wirtschafts-Briefe
o.
g.
oben
genannt
OHG
Offene
Handelsgesellschaft
o.V.
ohne
Verfasser
RdW
Recht
der
Wirtschaft
RGBl.
Reichsgesetzblatt
IV

RHF
Reichsfinanzhof
RIW
Recht
der
Internationalen Wirtschaft
S.
Seite
/
Satz
Sec.
Section
StGB
Strafgesetzbuch
u. a.
und andere / unter anderem
u.
ä.
und
ähnliches
USA
United States of America
Vereinigte
Staaten
von
Amerika
UStG
Umsatzsteuergesetz
UStR
Umsatzsteuerrichtlinien
Vgl.
Vergleiche
WFBV
Wet op de formeel buitenlandse vennootschappen
(Gesetz über die formal ausländischen Gesellschaften)
z. B.
zum Beispiel
V

Anlagenverzeichnis
Anlage 1
Form 10 ­ First directors and secretary and intended situation
VII
of registered office
Anlage 2
Form 12 ­ Declaration on application for registration
XI
Anlage 3
Gesellschafterbeschluss zur Bestellung des Geschäftsführers
XII
Anlage 4
Anmeldung der Zweigniederlassung zum deutschen
Handelsregister
XIV
Anlage 5
Gesellschafterbeschluss zur Errichtung einer
Zweigniederlassung und Bestimmung des ständigen
Vertreters
der
Zweigniederlassung
XVI
VI

1. Einleitung
Europa wächst zusammen. Dies kann man nicht nur an der Öffnung der Grenzen und der
Einführung des Euros ersehen, sondern lässt sich auch an der aktuellen Entwicklung im
Gesellschaftsrecht der EU erkennen. In konsequenter Fortführung seiner Rechtssprechung hat
der EuGH in den letzten Jahren durch mehrere Urteile zugunsten der Niederlassungsfreiheit
von Gesellschaften entschieden und damit den Wettbewerb zwischen den einzelnen
Gesellschaftsformen der EU-Mitgliedstaaten eröffnet. Es ist somit möglich, in Deutschland
u. a. in der Rechtsform einer englischen privat limited company by shares aufzutreten. Immer
mehr deutsche Kleinbetriebe, mittelständische Unternehmen und Selbständige nutzen die
Möglichkeit, ihre Geschäfte in Deutschland unter dieser Rechtsform zu betreiben.
1
Dabei sind
die Besonderheiten der englischen Limited
2
, ihre Vorzüge und ihre Nachteile der
Allgemeinheit momentan noch weitgehend unbekannt.
Die folgende Arbeit soll aufzeigen, inwieweit eine in Deutschland ansässige englische
Limited derzeit als Alternative gegenüber vergleichbaren deutschen Rechtsformen für
Unternehmensgründer in Betracht kommen kann. Zunächst wird auf das Thema
Niederlassungsfreiheit und die maßgeblichen Entscheidungen des EuGH eingegangen. Im
darauf folgenden Abschnitt wird ausführlich dargestellt, wie eine Limited zu gründen und was
bei der Führung dieser im Rahmen des englischen Gesellschaftsrechts zu beachten ist. Für die
Geschäftstätigkeit in Deutschland wird regelmäßig eine Zweigniederlassung der
ausländischen Gesellschaft gegründet. Dieser Vorgang sowie die mögliche Anwendung
deutschen Rechts auf die Zweigniederlassung der englischen Limited werden im nächsten
Kapitel beschrieben. Im Anschluss daran werden einige steuerliche Aspekte aufgeführt sowie
die Vorteile und einige Einsatzmöglichkeiten der Limited dargestellt. Anschließend werden
eventuelle Probleme, mit denen die Limited und ihre Gesellschafter in Deutschland zu
kämpfen haben, diskutiert. Danach soll ein kurzer Blick auf die irische privat limited
company sowie die amerikanische LLC geworfen werden bevor abschließend ein Fazit der
Arbeit gezogen wird.
1
Vgl. Hoffbauer, Andreas: Berliner Friseur mit Firmensitz London, in: Handelsblatt vom 30.7./31.7./1.8. 2004,
S. 3.
2
Mit dem Begriff ,,Limited" ist im Weiteren, wenn sich nichts anderes aus dem Text ergibt, die Rechtsform der
,,privat limited company by shares" gemeint.
1

2. Niederlassungsfreiheit und Sitztheorie versus Gründungstheorie
Die Niederlassungsfreiheit innerhalb der Europäischen Union wird in den Artikeln 43 bis 48
des EG-Vertrages geregelt. Es wird zwischen der primären und der sekundären
Niederlassungsfreiheit unterschieden. Bei der primären Niederlassungsfreiheit sind neben
der Aufnahme und der Ausübung von selbständigen Erwerbstätigkeiten auch die Gründung
und Leitung von Unternehmen nach den Bestimmungen des Aufnahmestaates für seine
eigenen Angehörigen inbegriffen, denn die Niederlassungsfreiheit gilt auch für
Gesellschaften, da diese im EGV den natürlichen Personen gleichgestellt werden.
3
Dazu
gehören gemäß § 48 Abs. 2 EGV insbesondere ,,Gesellschaften des bürgerlichen Rechts und
des Handelsrechts einschließlich der Genossenschaften und die sonstigen juristischen
Personen des öffentlichen und privaten Rechts mit Ausnahme derjenigen, die keinen
Erwerbszweck verfolgen". Gesellschaften haben somit das Recht, den Schwerpunkt ihrer
unternehmerischen Tätigkeit in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union
auszuüben.
4
Die sekundäre Niederlassungsfreiheit ermöglicht entsprechend Artikel 43 Abs.
1 Satz 2 die Gründung von Agenturen, Zweigniederlassungen oder Tochtergesellschaften
innerhalb der Mitgliedstaaten.
5
Die Niederlassung stellt den Mittelpunkt dar, von dem aus ein
Staatsangehöriger eines Mitgliedstaates seinen Beruf oder sein Gewerbe in einem anderen
Mitgliedstaat ausübt, wobei die Entstehung und das Betreiben der Niederlassung auf eine
Erwerbstätigkeit ausgerichtet sein und stets mit der Teilnahme am Wirtschaftsleben im Sinne
des EG-Vertrages zusammenhängen muss.
6
Aufgrund der bisher verhältnismäßig stark unterschiedlichen Regelungen der nationalen
Gesellschaftsrechte der Mitgliedstaaten bezüglich der Gründung, Kapitalaufbringung und
Kapitalerhaltung, Organisation und Kontrolle von Gesellschaften sowie der Innen- und
Außenhaftung der Gesellschafter und Geschäftsführer und der damit einhergehenden
Gläubiger-, Anleger- und Marktschutzregeln kann man derzeit noch nicht von einem
einheitlichen europäischen Gesellschaftsrecht sprechen.
7
Bei den einzelnen Mitgliedstaaten
haben sich im Laufe der Zeit aufgrund der rechtlichen Traditionen und der jeweiligen
3
Vgl. § 43 EGV i. V. m. § 48 EGV.
4
Vgl. Bayer, Walter: Die EuGH-Entscheidung ,,Inspire Art" und die deutsche GmbH im Wettbewerb der
europäischen Rechtsordnungen, in: BB 2003, S. 2357 ff. (2357).
5
Vgl. Papuashvili, Shalva: Modifikationen und Kombinationen von Gesellschaftsformen im deutschen, US-
amerikanischen und britischen Gesellschaftsrecht (eine rechtsvergleichende Studie), Dissertation, Universität
des Saarlandes 2002, S. 192.
6
Vgl. Graf von Bernstorff, Christoph: Das Betreiben einer englischen Limited in Deutschland, in: RIW 2004, S.
498 ff. (498).
7
Vgl. Horn, Norbert: Deutsches und europäisches Gesellschaftsrecht und die EuGH-Rechtsprechung zur
Niederlassungsfreiheit ­ Inspire Art, in: NJW 2004, S. 893 ff. (894).
2

Rechtssprechungen eigene Theorien zur Interpretation des europäischen Gemeinschaftsrechts
herausgebildet. Vor allem bei der Einordnung des Gesellschaftsrechts in das
Gemeinschaftsrecht haben sich zwei unterschiedliche Meinungen herauskristallisiert, die als
Sitz- und die Gründungstheorie diskutiert werden.
Bei der Sitztheorie stehen vor allem Schutzinteressen im Vordergrund.
8
Nach dieser Theorie
werden die Rechtsbeziehungen von juristischen Personen nach dem Recht des Staates
bewertet, in dem der tatsächliche Sitz der Hauptverwaltung liegt. Der Sitz der
Hauptverwaltung ist derjenige Ort, an dem die Verwaltung der Gesellschaft wirklich
durchgeführt wird.
9
Ausschlaggebend ist somit der Tätigkeitsort der Geschäftsführung, an
welchem die wesentlichen Entscheidungen der Unternehmensleitung de facto in
entsprechende Geschäftsführungsakte umgesetzt werden.
10
Das Gesellschaftsstatut, welches
die rechtlichen Innen- und Außenverhältnisse einer Gesellschaft bestimmt, hat sich demnach
nach dem Recht des tatsächlichen Verwaltungssitzes zu richten. Die Verlegung des Sitzes hat
somit immer einen Statutenwechsel zur Folge.
11
Im Falle einer grenzüberschreitenden
Sitzverlegung würde in der Konsequenz der Sitztheorie eine rechtlich nicht existente
Gesellschaftsform schlussfolgern, da das Gesellschaftsrecht im Zuzugsstaat die gegründete
Rechtsform nicht kennt und ihr somit keine eigene Rechtsfähigkeit zusagt.
12
Neben
Frankreich, Spanien und Österreich ist auch Deutschland ein Verfechter der Sitztheorie und
geht in seinem internationalen Gesellschaftsrecht von diesen Standpunkten aus.
13
Bei der Gründungstheorie liegt der Ausgangspunkt darin, dass das Recht zulässig und
maßgeblich ist, in dem die Gesellschaftsgründer die juristische Person errichtet haben. Hierbei
wird demzufolge auch angenommen, dass sich das Gesellschaftsstatut nach dem Recht des
Staates richtet, in dem die Gesellschaft gegründet wurde.
14
Der Ort, von dem aus die effektive
Gesellschaftsleitung durchgeführt wird, ist unerheblich. Ein Vorteil der Gründungstheorie
liegt darin, dass sie zur Beständigkeit und uneingeschränkten Anerkennung der einmal
wirksam errichteten Gesellschaft führt.
15
Besonders im angloamerikanischen Rechtskreis
findet die Gründungstheorie Anwendung. Als Vertreter dieser Theorie sind Großbritannien
und Dänemark zu nennen.
8
Vgl. Bayer, a. a. O. (Fn. 4) S. 2358.
9
Vgl. o.V.: Insolvenzfähigkeit einer englischen Limited in Deutschland, in: DB 2003, S. 1618 f. (1618).
10
Vgl. Papuashvili, a. a. O. (Fn. 5) S. 192.
11
Vgl. Graf von Bernstorff, a. a. O. (Fn. 6) S. 498.
12
Vgl. Papuashvili, a. a. O. (Fn. 5) S. 192.
13
Vgl. o.V., a. a. O. (Fn. 9) S. 1618.
14
Vgl. Papuashvili, a. a. O. (Fn. 5) S. 192.
15
Vgl. Bayer, a. a. O. (Fn. 4) S. 2358.
3

Vor dem Hintergrund dieser unterschiedlichen Ansichten bezüglich der Anwendung des
Gemeinschaftsrechts und der ungleichen Behandlung von Gesellschaften innerhalb der
einzelnen Mitgliedstaaten der EU, kam es in den letzten Jahren zu einigen bahnbrechenden
Entscheidungen seitens des Europäischen Gerichtshofes, auf die im Folgenden näher
eingegangen wird.
3. Neue EuGH-Urteile ­ Öffnung des Marktes für Gesellschaftsformen in der EU
3.1. Daily Mail
Nach der Daily Mail-Entscheidung des EuGH vom 27. September 1988
16
, bei der bestimmte
Beschränkungen des Gebrauchs der Niederlassungsfreiheit durch das nationale Recht der
Mitgliedstaaten noch unbeanstandet gelassen wurden, hielt der überwiegende Teil des
deutschen Schrifttums dieses Urteil als Votum für den Fortbestand der Sitztheorie
17
und deren
Anwendung auch auf Gesellschaften, die in einem anderen Mitgliedstaat der EU gegründet
wurden.
18
In dem betreffenden Fall wollte eine englische Investmentgesellschaft ihren
Verwaltungssitz in die Niederlande verlegen, um die nach britischem Recht entstehende
Besteuerung der stillen Reserven bei dem späteren Verkauf großer Teile von Papieren des
Betriebsvermögens zu umgehen.
19
Dieser Vorgang des Wegzugs bedurfte der steuerrechtlich
erforderlichen Genehmigung der englischen Finanzbehörden, die diese aber nicht erteilten.
20
Der EuGH urteilte, dass nach den Artikeln 52 und 58 des EWG-Vertrages (heute Artikel 43
und 48 EGV) den Gesellschaften nationalen Rechts kein Recht zustehe, den Sitz ihrer
Geschäftsleitung in einen anderen Mitgliedstaat zu verlegen und gleichzeitig ihre Eigenschaft
als Gesellschaft des Mitgliedstaates ihrer Gründung beizubehalten.
21
Eine Einschränkung der
tatsächlichen Sitzverlegung durch den Wegzugsstaat offenbart keinen Verstoß gegen die
Niederlassungsfreiheit, da diese für Gesellschaften vielmehr durch die Möglichkeit der
Errichtung von Agenturen, Zweigniederlassungen und Tochtergesellschaften verwirklicht
werden kann.
22
Dass Daily Mail einen Wegzugsfall betraf, bei dem zwei Staaten involviert waren, die beide
der Gründungstheorie folgten und somit die Frage der Vereinbarkeit der Sitztheorie mit dem
16
EuGH vom 27.09.1988 ­ Rs. 81/87, NJW 1989, S. 2186.
17
Vgl. Duys, Oliver: ,,Auslands-Kapitalgesellschaft & Co. KG", Inaugural-Dissertation, Regensburg 2001, S.
129.
18
Vgl. Bayer, a. a. O. (Fn. 4) S. 2359 f.
19
Vgl. Ebenda S. 2359.
20
Vgl. Horn, a. a. O. (Fn. 7) S. 895.
21
Vgl. Ebenda.
22
Vgl. Bayer, a. a. O. (Fn. 4) S. 2359.
4

Gemeinschaftsrecht gar nicht zur Debatte stand, wurde im Schrifttum zwar teilweise bemerkt,
aber meist keine weitere Bedeutung beigemessen.
23
Diese Fragestellung wurde erst im
Anschluss an die Urteile Centros, Überseering und Inspire Art intensiver diskutiert.
3.2. Centros
Im Centros-Urteil
24
vom 9. März 1999 betont der EuGH ausdrücklich den Vorrang der nach
EU-Recht geltenden Niederlassungsfreiheit für Staatsangehörige der Mitgliedstaaten
gegenüber bestimmten, in einigen Mitgliedstaaten bestehenden nationalen
Beschränkungsvorschriften für ausländische Gesellschaften.
Im konkreten Fall hatte ein dänisches Ehepaar im Jahre 1992 in Großbritannien
ordnungsgemäß eine englische private limited company mit einem Stammkapital von 100
GBP gegründet. Eingezahlt wurde davon aber nichts, weil dies das englische Recht nicht
vorschreibt.
25
Mit der Errichtung dieser Limited sollten die dänischen Vorschriften über die
Kapitalausstattung einer GmbH umgangen werden, da deren Anforderungen, insbesondere die
Einzahlung eines Mindestkapitals von damals 200.000 dänischen Kronen, strenger als im
englischen Recht sind.
26
Von Anfang an war geplant, dass in Großbritannien keine Geschäfte
geführt werden, sondern dass die ausschließliche Geschäftstätigkeit in Dänemark stattfinden
sollte.
27
Zu diesem Zweck hatte die Gesellschaft bei dänischen Behörden die Eintragung einer
Zweigniederlassung beantragt. Diese verweigerten jedoch die Eintragung als
Zweigniederlassung, da es sich aufgrund der ausschließlichen Geschäftstätigkeit nicht um
eine Zweigniederlassung, sondern um eine Hauptniederlassung handeln würde, für die die
Anforderungen des dänischen Gesellschaftsrechts, insbesondere die
Mindestkapitalvorschriften zur Anwendung kommen müssen.
28
Die Gesellschaft berief sich
auf die Niederlassungsfreiheit nach den Artikeln 43, 48 EGV, die sie zur Einrichtung der
Zweigniederlassung (vgl. Punkt 2.) berechtigt. Der EuGH hat die Verweigerung der
Eintragung als Zweigniederlassung unvereinbar mit der und als einen Verstoß gegen die,
durch den EG-Vertrag gesicherte Niederlassungsfreiheit gesehen.
29
Demnach liegt kein
Rechtsmissbrauch vor, wenn die Gesellschaft in einem Mitgliedstaat der EU gegründet wird,
23
Vgl. Bayer, a. a. O. (Fn. 4) S. 2360.
24
EuGH vom 09.03.1999 ­ Rs. C-212/97, GmbHR 1999, S. 474.
25
Vgl. Duys, a. a. O. (Fn. 17) S. 131.
26
Vgl. Graf von Bernstorff, a. a. O. (Fn. 6) S. 499.
27
Vgl. Bayer, a. a. O. (Fn. 4) S. 2360.
28
Vgl. Ebenda.
29
Vgl. Ulmer, Peter: Gläubigerschutz bei Scheinauslandsgesellschaften, in: NJW 2004, S. 1201 ff. (1203).
5

dessen nationales Recht nach Meinung des Gründers die geringsten Anforderungen stellt bzw.
die größten Freiheiten gewährt und somit lediglich gesellschaftsrechtliche Gestaltungsmittel
ausgenutzt werden.
30
Die Zweigniederlassung einer wirksam gegründeten Gesellschaft ist
auch dann einzutragen, wenn die Auslandsgründung nur aufgrund der Umgehung der
strengeren Gründungsvorschriften im Inland geschehen ist.
31
Die Eintragungsverweigerung
der dänischen Behörden könne seitens des EuGH auch nicht unter der Berufung auf die
zwingenden Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigt werden.
32
Mit diesem Urteil wurde die Niederlassungsfreiheit - was bemerkenswert ist ­ auch auf
Scheinauslandsgesellschaften ausgeweitet.
33
Darüber hinaus zeigte dieses Urteil auf, dass das
Vorliegen eines Missbrauchs aus der Sicht des EG-Rechts und nicht aus derjenigen des
jeweiligen nationalen Rechts festzustellen ist. Allerdings sind aus den Urteilsgründen über das
Gesellschaftsstatut der Scheinauslandsgesellschaft bzw. die darauf abzielenden
Kollisionsnormen des Zuzugsstaats hinausgehende, allgemein betreffende Vorgaben nicht
direkt zu erkennen.
34
Der EuGH nahm in diesem Urteil jedoch auch Stellung dazu, inwieweit
Beschränkungen der Niederlassungsfreiheit gerechtfertigt sein können. Der EuGH stellt dabei
auf einen Vergleich der Maßnahme mit einem vierstufigen Test ab. Nach diesem ,,Vier-
Kriterien-Test" der so genannten ,,Gebhardt-Formel" ist eine Beschränkung zulässig, wenn
ihre Anwendung:
1. nichtdiskriminierend,
2. aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses geboten,
3. zur Erreichung des verfolgten Zieles geeignet und
4. nicht über das dafür erforderliche Maß hinausgehend ist.
35
3.3. Überseering
Der EuGH hatte bereits in seinem Urteil vom 5. November 2002 betreffs ,,Überseering"
36
klargestellt, dass die Rechts- und Parteifähigkeit einer in einem europäischen Mitgliedstaat
wirksam gegründeten Gesellschaft von einem anderen Mitgliedstaat nicht abgesprochen
werden kann, sondern in vollem Umfang anerkannt werden muss.
37
30
Vgl. Graf von Bernstorff, a. a. O. (Fn. 6) S. 499.
31
Vgl. Bayer, a. a. O. (Fn. 4) S. 2360.
32
Vgl. Duys, a. a. O. (Fn. 17) S. 133.
33
Vgl. Horn, a. a. O. (Fn. 7) S. 895.
34
Vgl. Ulmer, a. a. O. (Fn. 29) S. 1203.
35
Vgl. Ebenda S. 1204.
36
EuGH vom 05.11.2002 ­ Rs. C-208/00, GmbHR 2002, S. 1137.
37
Vgl. Wachter, Thomas: Auswirkungen des EuGH-Urteils in Sachen Inspire Art Ltd. Auf Beratungspraxis
Gesetzgebung Deutsche GmbH vs. Englische private limited company, in: GmbHR 2004, S. 88 ff. (89).
6

Die in den Niederlanden gegründete Überseering B.V. verlegte ihren Hauptverwaltungssitz
durch den Erwerb sämtlicher Geschäftsanteile durch zwei deutsche Staatsangehörige faktisch
nach Deutschland. Die deutschen Gerichte wollten die zugezogene Gesellschaft nicht als
bestehende Gesellschaft anerkennen, da sie weder als rechts- noch als parteifähig angesehen
werden könne.
38
Der EuGH prüfte etwaige Zuzugsbeschränkungen und entschied, dass es
gegen die in den Artikel 43 EGV und 48 EGV garantierte Niederlassungsfreiheit verstößt,
wenn die ihr nach dem Gründungsrecht zustehende Rechts- und damit Parteifähigkeit von
einem anderen Mitgliedstaat nicht anerkannt wird.
39
Nach dem Centros-Urteil bestand noch
ein gewisser Spielraum, die Zulässigkeit von Beschränkungen der Niederlassungsfreiheit nach
dem vierstufigen Rechtfertigungstest zu überprüfen. Die Nichtanerkennung einer Gesellschaft
stellt aber für den EuGH keine Beschränkung der Niederlassungsfreiheit, sondern vielmehr
eine Negierung dieser dar. Nur dem vom Wegzug einer Gesellschaft betroffenen Staat
obliegen die Möglichkeiten, die Verlegung des Verwaltungssitzes aus seinem Hoheitsgebiet
einzuschränken.
40
Noch nicht geklärt war indessen, ob und inwieweit die einzelnen Mitgliedstaaten ausländische
Gesellschaften den zwingenden Vorschriften des jeweiligen nationalen Gesellschaftsrechts
unterwerfen können. Das EuGH-Urteil bezüglich ,,Inspire Art" lieferte knapp zehn Monate
später einige Klarstellungen in dieser Hinsicht.
3.4. Inspire Art
Durch seine Entscheidung in Sachen Inspire Art Ltd. vom 30.09.2003
41
hat der EuGH
wiederholt zu Gunsten der Niederlassungsfreiheit von Gesellschaften entschieden und somit
den unbeschränkten Wettbewerb zwischen den verschiedenen europäischen
Gesellschaftsformen zugelassen.
42
Unternehmensgründer können in Zukunft von der
Rechtsformwahlfreiheit innerhalb der Europäischen Union gebrauch machen und die
Gesellschaft in dem Mitgliedstaat errichten, dessen Rahmenbedingungen aus ihrer Sicht am
attraktivsten erscheinen. Die Gesellschaft hat die Möglichkeit, ohne weitere Voraussetzungen
in allen Mitgliedstaaten tätig zu werden und Niederlassungen zu errichten.
43
38
Schindler, Clemens Philipp: ,,Überseering" und Societas Europaea: Vereinbar oder nicht vereinbar, das ist hier
die Frage, in: RdW 2003, S. 122 ff. (122).
39
Triebel, Volker/ von Hase, Karl: Wegzug und grenzüberschreitende Umwandlungen deutscher Gesellschaften
nach ,,Überseering" und ,,Inspire Art", in: BB 2003, S. 2409 ff. (2409).
40
Vgl. Schindler, a. a. O. (Fn. 38) S. 123.
41
EuGH vom 30.09.2003 ­ Rs. C-167/01, DB 2003, S. 2219.
42
Vgl. Wachter, a. a. O. (Fn. 37), S. 89.
43
Vgl. Ebenda.
7

Im konkreten Fall ging es um die im Juli 2000 als private company by shares mit Sitz in
Großbritannien gegründete Inspire Art Ltd.. Der alleinige Geschäftsführer der Limited war in
den Niederlanden ansässig, wo die Gesellschaft eine Niederlassung errichtete und im
Handelsregister der Handelskammer Amsterdam eingetragen wurde. Das, auf den Verkauf
von Kunstgegenständen orientierte Unternehmen wurde ausschließlich in den Niederlanden
operativ tätig.
44
Die Niederlande hatten mit dem WFBV (Wet op de formeel buitenlandse
vennootschappen) ein spezielles Gesetz über Scheinauslandsgesellschaften in der Absicht
erlassen, eine Umgehung der zwingenden Regelungen des niederländischen
Gesellschaftsrechts, die im Interesse der Gläubiger und Verbraucher aufgestellt seien, durch
die Gründung von ausländischen Gesellschaften, insbesondere von ,,Briefkastenfirmen" zu
verhindern.
45
Demnach gelten als Scheinauslandsgesellschaften derartige ausländische
Kapitalgesellschaften, die ihre Geschäfte vollständig oder zumindest beinahe vollständig in
den Niederlanden betreiben und daneben keine wirklichen Bindungen an den Staat haben, in
dem sie gegründet worden sind.
46
Solche Scheinauslandsgesellschaften müssen entsprechend dem Gesetz einige Pflichten
erfüllen. Die Gesellschaft muss als ,,Scheinauslandsgesellschaft" im Handelsregister
eingetragen sein. Ohne diese Eintragung haften die Gesellschafter persönlich. Auch auf den
Geschäftsbriefen der Gesellschaft muss vermerkt sein, dass es sich um eine
Scheinauslandsgesellschaft handelt. Außerdem muss das gezeichnete Kapital mindestens dem
Betrag des Mindestkapitals entsprechen, dass für niederländische Gesellschaften mit
beschränkter Haftung vorgeschrieben ist. Momentan liegt diese Anforderung bei 18.000 Euro.
Sobald die Scheinauslandsgesellschaft zur Gründung oder zu einem späteren Datum nicht
über dieses vorgeschriebene Kapital verfügt, tritt eine persönliche Haftung der
Geschäftsführer für Verbindlichkeiten der Gesellschaft in Kraft.
47
Diese Regelung sollte also
für die gesamte Dauer der Qualifikation als formell ausländische Gesellschaft im Sinne des
WFBV gelten.
48
Der Verpflichtung zur Eintragung im Handelsregister kam die Inspire Art
Ltd. zwar nach, jedoch ohne die geforderte Ergänzung ,,Scheinauslandsgesellschaft". Auch
einem späteren Appell des Handelsregisters zur Ergänzung des Zusatzes kam die Gesellschaft
nicht nach.
44
Vgl. Graf von Bernstorff, a. a. O. (Fn. 6) S. 500.
45
Vgl. Wetzler, Christoph F.: Nationales Gesellschaftsrecht im Wettbewerb: Anmerkung zu EuGH, Rs. C-
167/01 vom 30.9.2003 ­ Inspire Art, in: GPR 2003-2004, S. 84 ff. (85).
46
Vgl. Wachter, a. a. O. (Fn. 37), S. 89.
47
Vgl. Ebenda.
48
Vgl. Wetzler, a. a. O. (Fn. 45), S. 85.
8

Der EuGH hatte zu entscheiden, ob das niederländische Gesetz über
Scheinauslandsgesellschaften mit der europäischen Niederlassungsfreiheit vereinbar ist.
Demnach sind, über die Publizitätsvorschriften für Zweigniederlassungen von Gesellschaften
aus anderen europäischen Mitgliedstaaten als die nach der Zweigniederlassungsrichtlinie
49
vorgeschriebenen, hinausgehende Verpflichtungen nicht gerechtfertigt.
In dieser Richtlinie sind die Regelungsoptionen, die den nationalen Gesetzgebern
ausdrücklich eingeräumt werden, abschließend geregelt.
50
Im betroffenen Falle gehen sowohl
die zusätzlich geforderte Handelsregistereintragung als auch der verlangte Zusatz auf den
Geschäftsbriefen der Gesellschaft über das Erforderlich hinaus.
51
Der EuGH bestätigt erneut,
dass es für die Anwendung der Niederlassungsfreiheit unbeachtlich ist, weshalb jemand eine
Gesellschaft in einem anderen Mitgliedstaat gründet und wo diese Gesellschaft ihre Tätigkeit
durchführt. Die Umgehung des eigenen nationalen Rechts und das Profitieren von günstigeren
Rechtsvorschriften in einem anderen Mitgliedstaat spiegeln keinen Missbrauch der
Niederlassungsfreiheit wider. Dies gilt selbst in dem Fall, bei dem die Gesellschaft ihre
Tätigkeit ausschließlich oder hauptsächlich in einem anderen Mitgliedstaat ausübt.
52
Im Gegenteil, genau darin äußert sich die Ausübung der vom EG-Vertrag gewährten
Freiheiten. Diese Rechtsprechung hat der EuGH auch schon in anderen Verfahren, die
außerhalb des Gesellschaftsrechts angesiedelt waren, in gleicher Art und Weise konsequent
verfolgt.
53
Für Spindler/Berner
54
werden sich aus diesem Grund auch Schutzmechanismen
wie die Durchgriffshaftung nicht unter der Perspektive eines Missbrauchs zur Anwendung
bringen lassen können. Der Fall des Missbrauchs ist die einzige Grenze der
Niederlassungsfreiheit, die der EuGH anerkennt, allerdings ist das Vorliegen eines
Missbrauchs von den Gegebenheiten des konkreten Einzelfalles abhängig.
55
Die Beschränkungen der Niederlassungsfreiheit durch nationales Recht sind nur in folgenden
Fällen gerechtfertigt:
·
bei der Betrugsbekämpfung,
·
dem Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung,
·
dem Schutz der Gläubiger,
49
Elfte Richtlinie 89/666/EWG des Rates vom 21. Dezember 1989 über die Offenlegung von
Zweigniederlassungen, die in einem Mitgliedstaat von Gesellschaften bestimmter Rechtsformen errichtet
wurden, die dem Recht eines anderen Staates unterliegen, Amtsblatt Nr. L 395 vom 30/12/1989 S. 36 ff.
50
Vgl. Horn, a. a. O. (Fn. 7) S. 894.
51
Vgl. Wachter, a. a. O. (Fn. 37), S. 90.
52
Vgl. Ebenda.
53
Vgl. Spindler, Gerald/ Berner, Olaf: Der Gläubigerschutz im Gesellschaftsrecht nach Inspire Art, in: RIW
2004, S. 7 ff. (9).
54
Vgl. Ebenda.
55
Vgl. Happ, Wilhelm/ Holler, Lorenz: ,,Limited" statt GmbH, in: DStR 2004, S. 730 ff. (730).
9

·
der Lauterkeit des Handelsverkehrs,
·
der Verhinderung einer missbräuchlichen Nutzung der Niederlassungsfreiheit und
·
der Wirksamkeit von Steuerkontrollen.
56
Auch die niederländischen Bestimmungen zur Erfüllung bestimmter
Kapitalschutzerfordernisse für Auslandskapitalgesellschaften wurden vom EuGH für
unwirksam erklärt. Sie stellen eine Beschränkung der Niederlassungsfreiheit dar.
57
Die
angedrohte persönliche gesamtschuldnerische Haftung der Geschäftsführer bei
Nichteinhaltung der Kapitalerfordernisse wird weder durch den Gläubigerschutz noch durch
die Bekämpfung der missbräuchlichen Ausnutzung der Niederlassungsfreiheit
gerechtfertigt.
58
3.5. Zwischenresümee
Sowohl das Urteil ,,Überseering" als auch das Urteil ,,Inspire Art" können für Bayer nur so
interpretiert werden, dass der Europäische Gerichtshof für den Zuzug ausländischer
Gesellschaften grundsätzlich nur die Gründungstheorie anerkannt hat.
59
Die Schutzidee der
Sitztheorie, die bisher in Deutschland befürwortet wurde, kann sich somit gegen den Zuzug
von Scheinauslandsgesellschaften aus anderen Mitgliedstaaten nicht mehr behaupten. Der
EuGH hat mit seinen Urteilen der Verwirklichung der Niederlassungsfreiheit den absoluten
Vorrang vor nationalen Schutzvorschriften gewährt.
60
Allerdings kann der Einfluss des
Gründungsrechts nur auf den Geltungsbereich des EG-Vertrages und des EWR-Abkommens
in Betracht gezogen werden. Im Verhältnis zu Drittstaaten gilt indessen weiterhin die
gewohnheitsrechtliche Anknüpfung an den effektiven Verwaltungssitz der Gesellschaft,
solange keine zwischenstaatlichen Verträge etwas anderes regeln.
61
Für Wetzler bedeutet die
Niederlassungsfreiheit im Binnenmarkt der EU nicht nur die Freiheit der Standortwahl bei der
Gründung einer Gesellschaft sondern auch Rechtswahlfreiheit.
62
Allerdings wird diese
Ansicht in der Literatur konträr diskutiert (vgl. Punkte 5.4. und 7.). Es sei kurz darauf
hingewiesen, dass der EuGH inzwischen mit seinem Urteil zu ,,de Lasteyrie du Saillant" vom
56
Vgl. Wachter, a. a. O. (Fn. 37), S. 90.
57
Vgl. Bayer, Walter: Aktuelle Entwicklungen im Europäischen Gesellschaftsrecht, in: BB 2004, S. 1 ff. (4).
58
Vgl. Happ/ Holler, a. a. O. (Fn. 55), S. 730.
59
Vgl. Bayer, a. a. O. (Fn. 57), S. 4.
60
Vgl. Wachter, a. a. O. (Fn. 37), S. 89.
61
Vgl. Graf von Bernstorff, a. a. O. (Fn. 6) S. 500.
62
Vgl. Wetzler, a. a. O. (Fn. 45), S. 86.
10

11.03.2004
63
ebenfalls ,,Wegzugsbeschränkungen", zumindest i. V. m. mit einer
Wohnsitzverlegung, für unzulässig hält. Für die Prüfung der Zulässigkeit von
Wegzugsbeschränkungen sind dabei dieselben Kriterien maßgebend wie sie der EuGH bei der
Prüfung der Rechtfertigungsmöglichkeit von Zuzugsbeschränkungen für zulässig erklärt hat.
Steuerliche oder andere Wegzugsbeschränkungen sind demnach nur noch in sehr engem
Maße zulässig. Es bleibt aber dennoch abzuwarten, inwieweit der EuGH in den noch
anhängigen Rechtssachen, gerade auf dem Gebiet des Steuerrechts
Gemeinschaftsrechtsverstöße feststellen wird.
64
4. Gesellschaftsformen in England ­ Die privat limited company by shares
Das englische Gesellschaftsrecht unterscheidet wie das deutsche Recht ihre
Gesellschaftsformen in Personengesellschaften (partnerships) und Kapitalgesellschaften
(companies).
Die Personengesellschaften (partnerships) werden unterteilt in die partnership und die
limited partnership. Die partnership stellt einen Zusammenschluss von mindestens zwei
Personen dar, die mit Gewinnerzielungsabsicht Geschäfte betreiben wollen. Sie entsprechen
am ehesten den deutschen Handelsgesellschaften, können aber nicht mit einer deutschen OHG
gleichgesetzt werden, da eine ausdrückliche Betätigung in einem Handelsgewerbe nicht
erforderlich ist. Die limited partnership sind in England nur von geringer Bedeutung. Sie
werden nahezu ausschließlich in Fällen angewandt, bei denen sich einzelne Gesellschafter
lediglich an einer partnership beteiligen wollen, ohne dabei die volle Haftung für Schulden
und Verbindlichkeiten der Gesellschaft zu übernehmen.
65
Vergleichen kann man diese
Gesellschaftsform aufgrund des Existierens von general partners (Komplementäre) und
limited partners (Kommanditisten) am ehesten mit der deutschen Kommanditgesellschaft.
Bei den Kapitalgesellschaften (companies) findet ein zweifacher Gliederungsprozess statt.
Zum einen wird unterschieden zwischen companies limited by shares, companies limited by
guarantee und unlimited companies. Unterscheidungsmerkmal ist dabei die Haftung der
Gesellschafter. Bei einer ,,company limited by guarantee" verpflichten sich die Gesellschafter
bei einer eventuellen Auflösung der Gesellschaft in einer bestimmten Höhe für die
Gesellschaftsschulden zu haften. Bei ,,unlimited companies" haften die Gesellschafter sogar
63
EuGH vom 11.03.2004 ­ Rs. C-9/02, NJW 2004, S. 2439.
64
Vgl. Kleinert, Jens/ Probst, Peter: Erneut klare Absage an Wegzugsbeschränkungen durch EuGH und
Kommission, in: NJW 2004, S. 2425 ff. (2427 f.).
65
Vgl. Güthoff, Julia: Gesellschaftsrecht in Großbritannien, 2. Auflage, Heidelberg 1998, S. 57 f.
11

in vollem Umfang mit ihrem Privatvermögen. Ein weitgehender Haftungsausschluss ist bei
einer ,,company limited by shares" möglich, welcher auch der Hauptgrund für die große
Beliebtheit dieser Gesellschaftsform in England ist.
66
Zum anderen werden companies
unterteilt in ,,public companies" und privat companies". Public companies sind verpflichtet
ein Mindestgrundkapital von 50.000 GBP festzusetzen, von dem ein Viertel des Nennbetrages
samt Agio sofort eingezahlt werden muss. Funktionell kann man diese Rechtsform, auch
aufgrund des freien Zugangs an die Börse mit der deutschen AG vergleichen. Die Rechtsform
der privat company hat sich erst im Laufe der Zeit aus der public company heraus entwickelt.
Als privat company wird jede andere company angesehen, die nicht als public company
bezeichnet wird. Den Mindestgrundkapitalbestimmungen unterliegt eine privat company
nicht. Allerdings darf sie ihre Geschäftsanteile oder Schuldverschreibungen nicht zur
öffentlichen Zeichnung anbieten. Das Gesellschaftskapital wird wie bei einer deutschen
GmbH privat aufgebracht.
67
Eine Umwandlung von einer privat in eine public company oder
umgekehrt ist in Großbritannien jederzeit möglich. Die Rechtsform der ,,privat limited
company by shares" ist die in Großbritannien am weitesten verbreitete Gesellschaftsform
68
und soll auch als Grundlage der weiteren Betrachtung dienen.
4.1. Gründung der Limited
Die Limited entsteht bereits durch die Erteilung der Gründungsbescheinigung, der ,,certificate
of incorporation", durch den Registrator des Companies House in Cardiff oder London. Zuvor
wird ein Antrag auf Eintragung der Gesellschaft beim Companies House gestellt, bei dem
folgende Dokumente vorzulegen sind:
-
Gesellschaftsvertrag / Satzung
-
Form 10 ­ First directors and secretary and intended situation of registered office
-
Form 12 ­ Declaration on application for registration
Der Gesellschaftsvertrag bzw. die Gesellschaftssatzung besteht aus zwei Teilen, dem
,,memorandum of association" sowie den ,,articles of association" und muss entsprechend
66
Vgl. Triebel, Volker/ Hodgson, Stephen/ Kellenter, Wolfgang: Englisches Handels- und Wirtschaftsrecht, 2.
Auflage, Heidelberg 1995, S. 215.
67
Vgl. Ebenda, S. 216 ff.
68
Vgl. Güthoff, a. a. O. (Fn. 65) S. 58.
12

dem Companies Act von 1985 den vorgeschriebenen Formen des Secretary of State gestaltet
sein.
69
Das ,,memorandum" betrifft das Außenverhältnis der Gesellschaft gegenüber Dritten. Es
enthält neben dem Namen der Gesellschaft, dem Gesellschaftssitz, der Höhe des
Nominalkapitals, der Art der Haftung der Gesellschafter und dem Gesellschaftstyp auch die
so genannte ,,objects clause", in der, vergleichbar mit § 3 Abs. 1 GmbHG für deutsche
GmbHs, festgelegt wird, in welchen Bereichen die Gesellschaft ihre Geschäfte betreibt.
70
Der zweite Teil der Satzung, die ,,articles of association", regelt das Innenverhältnis der
Gesellschaft mit den Gesellschaftern und der Geschäftsführung. Der Gesetzgeber hat mit dem
,,Companies Act 1985 Table A" ein Muster geschaffen, dass die articles von public und privat
limiteds by shares modelliert.
71
Die Inhalte dieser articles gelten auch für alle individuell
erstellten und beim Companies Registry hinterlegten articles, solange diese die Anwendung
von ,,Table A" nicht ausdrücklich abgeändert oder ganz ausgeschlossen haben.
72
Die
Flexibilität des Innenrechts gestattet es, ein, auf die besonderen Bedürfnissen der
Gesellschaftsmitglieder zugeschnittenes Organisationsrecht zu implementieren.
73
In den
articles werden unter anderem die Rechte der Direktoren, die Verteilung der Stimmrechte, die
Geschäftsführung, die Einberufung der Hauptversammlung, Kapitalerhöhungen, Dividenden,
die Herausgabe und die Übertragung sowie die Beschränkung der Übertragung von Anteilen
geregelt.
74
,,Form 10 ­ First directors and secretary and intended situation of registered office" (Anlage
1) ist ein Standardformular, in dem Name und Adresse der Gesellschaft sowie die
persönlichen Daten wie Namen, Geburtsdaten, Adressen, Nationalitäten und Berufe der
Direktoren und des secretary aufgeführt werden. Als Gründungsgesellschafter kommen
juristische Personen, Personengesellschaften, natürliche Personen und auch Minderjährige in
Betracht.
Das Formular ,,Form 12 ­ Declaration on application for registration" (Anlage 2) enthält eine
eidesstattliche Erklärung, in der erklärt wird, dass alle gesetzlichen Anforderungen
hinsichtlich der Eintragung eingehalten worden sind.
69
Vgl. Ebert Sabine/ Levedag Christian: Die zugezogene ,,private company limited by shares (Ltd.)" nach dem
Recht von England und Wales als Rechtsformalternative für in- und ausländische Investoren in Deutschland,
in: GmbHR 2003, S. 1337 ff. (1337).
70
Vgl. Dierksmeier, Jochen: Der Kauf einer englischen ,,Private Limited Company", Heidelberg 1997, S.28ff.
71
Vgl. Triebel/ Hodgson/ Kellenter: a. a. O. (Fn. 66), S. 235 f.
72
Vgl. Ebert/ Levedag, a. a. O. (Fn. 69) S. 1337.
73
Vgl. Neuling, Jasper: Deutsche GmbH und englische private company, Köln u. a. 1997, S. 54.
74
Vgl. Dierksmeier, a. a. O. (Fn. 70) S. 30.
13

Der Registrar des Companies House überprüft, ob der Name der Gesellschaft, der durch den
Rechtformzusatz ,,Ltd." oder ,,Limited" enden muss, bereits durch eine andere Gesellschaft
verwendet wird und ob der Satzungszweck gegen ein Gesetz verstößt. Wird beides negiert, so
wird die Firma in den Firmenindex des Companies House eingetragen, der Gesellschaft eine
registrierte Nummer zugewiesen und die Gründungsurkunde ausgestellt.
75
Die erteilte Gründungsbescheinigung heilt alle Beitritts- und Satzungsmängel und gilt als
unwiderlegbare Vermutung (conclusive evidence) dafür, dass die Körperschaft ohne
Gründungsmängel entstanden ist. Die Wirksamkeit der Bescheinigung ist aber nur auf den
Inkorporationsakt begrenzt und gilt indes nicht für unlegale Gesellschaftszwecke.
76
Das
Gründungsverfahren dauert in der Regel von der Gründung bis zur Eintragung in das
englische Handelsregister zwischen sieben und vierzehn Tagen.
77
Schnellere
Gründungsvorgänge, auch Gründungen innerhalb eines Tages, sind gegen etwas höhere
Gebühren möglich. Falls der Firmenname später einmal geändert werden sollte, so ist dies
ebenfalls sehr einfach und schnell zu bewerkstelligen. Die Änderung wird seitens des
englischen Handelsregisters in der Regel binnen einer Woche vollzogen, wobei auch hier eine
Änderung innerhalb von 24 Stunden möglich ist.
Für Unternehmen, die ihre einzelnen Geschäftsbereiche möglicherweise voneinander trennen
wollen, um z. B. die Betriebsrisiken einzelner Sektionen auszugliedern kommt durchaus die
Gründung mehrerer Limiteds in Frage. Ab der dritten Limited können Sie eine Gesellschaft
mit dem Namen ,,Group" führen. Den Zusatz ,,Holding" bekommt eine Limited im
Firmennamen dann, wenn sie entsprechend Section 736 CA 1985 mindestens 51 Prozent der
Geschäftsanteile oder Aktien an zumindest einem weiteren Unternehmen hält bzw. zu halten
beabsichtigt.
78
Diejenigen, denen es dennoch zu viel Aufwand bedeutet, sich die
erforderlichen Formulare selbst zu beschaffen, auszufüllen und einzureichen, können auf
unzählige Angebote im Internet zurückgreifen, die, nach dem Ausfüllen eines Online-
Formulars mit den wichtigsten Angaben, gegen eine Gebühr die Gründung der Limited
übernehmen. Viele dieser Angebote enthalten zusätzlich die Stellung eines secretary (vgl.
Punkt 4.2.3.) und eines registered office (vgl. Punkt 4.2.4.).
75
Vgl. Ebert/ Levedag, a. a. O. (Fn. 69) S. 1338.
76
Vgl. Neuling, a. a. O. (Fn. 73), S. 53 ff.
77
Vgl. Campos Nave, José: Die englische Limited (UK-Ltd.), in: NWB 2003, S. 4021 f. (4022).
78
Vgl. Go Ahead Limited: ,,Das Führen einer Limited ", Birmingham 2003, S. 18.
14

4.2. Die Organe der Gesellschaft
Im Recht der privat company steht die praktische und zweckmäßige Anwendung der
Inbetriebnahme der Gesellschaft für die Gesellschafter im Vordergrund. Deshalb sind die
Zuständigkeiten der Gesellschaftergesamtheit (Hauptversammlung) im englischen Recht
besonders weit gefasst. In Großbritannien ist die hierarchische Struktur zwischen dem
Willensbildungsorgan und dem Handlungsorgan nicht so ausdrücklich durch gesetzliche
Normen geregelt wie es in Deutschland u. a. mit dem GmbH-Gesetz und dem Aktiengesetz
der Fall ist. Die Struktur basiert dort im Wesentlichen auf privatrechtlichen Regelungen.
79
Es
bestehen erhebliche strukturelle Unterschiede zwischen der Führung einer GmbH und dem
leitenden Gremium einer privat limited.
80
Deshalb soll zunächst auf die Eigenschaften der
englischen Hauptversammlung und auf den ,,board of directors" einer private company
eingegangen werden. Im Weiteren werden die Position des ,,company secretary", den das
deutsche Recht überhaupt nicht kennt, sowie die Funktion des ,,auditors" näher beschrieben.
4.2.1. Die Hauptversammlung
Die Hauptversammlung, im Englischen ,,general meeting" genannt, trägt die gesamte
Entscheidungsgewalt der Gesellschaft. Sie ist charakteristisch vergleichbar mit der
Gesellschafterversammlung einer GmbH als das oberste Organ der Gesellschaft.
81
Jede
englische company ist verpflichtet eine Jahreshauptversammlung abzuhalten, allerdings
erlaubt Sec. 366 A CA 1985 einer private company die Möglichkeit, auf die
Jahreshauptversammlung zu verzichten.
82
Bei der Jahreshauptversammlung müssen
entsprechend Table A unter anderem die Bestimmung der Dividende, der Geschäftsbericht
der Direktoren, die Wahl der Direktoren und Abschlussprüfer sowie die durch die
Abschlussprüfer (auditors) geprüften Jahresabschlüsse geklärt werden. Das ,,general meeting"
beschließt ihre Tagesordnungspunkte generell mit einfacher Mehrheit. Dies sind gewöhnlich
solche wie die Wiederwahl oder Abwahl von Direktoren, die Auszahlung einer Dividende an
die Anteilseigner, die Erläuterung der Bilanz oder die Besprechung einer Strategie zur
weiteren Entwicklung der Gesellschaft. Die Berufung der Direktoren muss aber nicht
zwingend auf einer Gesellschafterversammlung erfolgen, sondern kann auch durch einen
79
Vgl. Neuling, a. a. O. (Fn. 73), S. 79.
80
Vgl. Dierksmeier, a. a. O. (Fn. 70) S. 40.
81
Vgl. Ebenda.
82
Vgl. Güthoff, a. a. O. (Fn. 65) S. 52.
15

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2004
ISBN (eBook)
9783832485191
ISBN (Paperback)
9783838685199
DOI
10.3239/9783832485191
Dateigröße
771 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Universität Leipzig – Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät
Erscheinungsdatum
2005 (Januar)
Note
2,7
Schlagworte
rechtsformvergleich gmbh vergleich england
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Titel: Betriebswirtschaftliche und steuerliche Aspekte einer in Deutschland ansässigen englischen Limited als Alternative zu deutschen Rechtsformen
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