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Ökonomische Analyse der flexiblen Kompensationsmechanismen der Klimapolitik

Joint Implementation und Clean Development Mechanismen

©2004 Diplomarbeit 109 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Zusammenfassung:
Die internationale Klimapolitik hatte ihren unbestrittenen Höhepunkt im völkerrechtlich vereinbarten Klima-Protokoll von Kyoto. Auf dieser Klimafolgekonferenz der Klimarahmenkonvention aus dem Jahre 1992 in Rio wurde nochmals der Einfluss menschlichen Handelns und dessen Auswirkungen betont und infolgedessen eine erstmalige, bindende Vereinbarung der Konferenzparteien getroffen, den Ausstoß der so genannten Treibhausgase in der 1.Verpflichtungsperiode 2008-2012 um 5,2 % (Referenzjahr 1990) zu senken. Damit diese Reduktionsziele erreicht werden, stehen den Vertragsparteien die flexiblen Kompensationsmechanismen Joint Implementation und Clean Development Mechanism als ‚add-on’ zum herkömmlichen ‚policy-mix’ zur Verfügung.
Obwohl von der Konzeption her ähnlich aufgebaut unterscheiden sich die beiden Instrumente doch wesentlich in Ihren Anwendungsvoraussetzungen. Diese Strukturen werden in der Studie definiert, erklärt und analysiert. Nach einer Einführung in die naturwissenschaftlichen Grundlagen des Treibhauseffekts und seiner Auswirkungen, wird die Geschichte der klimapolitischen Verhandlungen mit ihren wesentlichen Höhepunkten im Zeitverlauf dargestellt.
Daraufhin erfolgt eine eingehende Erläuterung der Anwendungskriterien sowie ein kurzer Blick über den ‚Tellerrand’ auf die im Zusammenhang mit der Durchführung entstehenden Nebeneffekte (politisch, technologisch, sozioökonomisch). In diesem Zusammenhang wird auch das dritte flexible Instrument des International Emission Trading dessen Anwendung im EU ETS ab 2005 und Verbindung bzw. Verknüpfung zu JI und CDM kurz erläutert.
Der Kernpunkt der Analyse folgt im Anschluss. Dieser setzt sich vertieft mit den Kosten- und Erlöskomponenten (Investitionskosten, Transaktionskosten), der internationalen Anrechnung der Reduktionseinheiten und deren ökonomischen Konsequenzen auseinander. Nach einer Darstellung exemplarischer bi- bzw. multilateraler Beispiele erfolgt als weiterer wesentlicher Bestandteil der Studie eine detaillierte Ausarbeitung der auftretenden Schwierigkeiten. Abschließend wird ein Ausblick auf die Post-Kyoto-Phase (nach 2012) gegeben.
Die Studie gibt einen Überblick über alle wesentlichen Inhalte der internationalen Klimaverhandlungen und erlangt ganz aktuell vor dem Hintergrund des Inkrafttretens des Kyoto-Protokoll am 16.Februar 2005 zusätzliche Bedeutung.


Inhaltsverzeichnis:Inhaltsverzeichnis:
1.Einführung in die Problemstellung und Aufbau der […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


ID 8489
Jungmann, Marco: Ökonomische Analyse der flexiblen Kompensationsmechanismen
der Klimapolitik - Joint Implementation und Clean Development Mechanismen
Hamburg: Diplomica GmbH, 2004
Zugl.: Universität Duisburg-Essen, Standort Duisburg, Diplomarbeit, 2004
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http://www.diplom.de, Hamburg 2004
Printed in Germany

Ökonomische Analyse der flexiblen Kompensationsmechanismen... Gliederung
Abbildungs- und Tabellenverzeichnis ...I
Abkürzungsverzeichnis ... II
Inhalt... .................................................................................................................III
1
Einführung in die Problemstellung und Aufbau der Arbeit ... 1
2
Grundlagen und Entwicklungen in der Klimapolitik ... 4
2.1
Der anthropogene Treibhauseffekt ... 4
2.2
Der klimapolitische Prozess ... 6
2.2.1
Beteiligte und Interessengruppen zwischen Harmonie und Hegemonie ... 6
2.2.2
Bedeutende Stationen... 10
2.2.2.1
UNFCCC ­ Klimarahmenkonferenz, Rio de Janeiro 1992 ... 10
2.2.2.2
COP 1 ­ Das Berliner Mandat 1995 ... 11
2.2.2.3
COP 3 ­ Kyoto-Protokoll 1997 ... 12
2.2.2.4
COP 7 ­ Die ,Marrakesch Accords' 2001... 13
2.2.3
Notwendigkeiten und Herausforderungen für die internationale n
Staatengemeinschaft ... 14
3
Umsetzung des Kompensationsgedankens in der Klimapolitik ... 15
3.1
Primärinstrumente der Umweltpolitik als Basis ... 15
3.2
Das klimapolitische Instrumentarium als ,add-on' ... 17
3.2.1
Die flexiblen Mechanismen
Joint Implementation und Clean Development Mechanism ... 18
3.2.1.1
Der Grundgedanke... 18
3.2.1.2
Die Kriterien der Ausgestaltung... 20
3.2.1.2.1
`Additiona lity' ... 20
3.2.1.2.2
`Sustainable Development' ... 23
3.2.1.2.3
Verification und Monitoring... 25
3.2.1.3
Die institutionelle Ausgestaltung ... 27
3.2.1.3.1
Joint Implementation ... 28
3.2.1.3.2
Clean Development Mechanism... 29
3.2.1.4
Nebeneffekte: politisch, technologisch, sozioökonomisch ... 30
3.2.1.4.1
Positive Nebeneffekte... 31
3.2.1.4.2
Negative Nebeneffekte ... 32
3.2.2
International Emission Trading ... 32
3.2.3
Die Verknüpfung von JI, CDM & IET... 36

Ökonomische Analyse der flexiblen Kompensationsmechanismen... Gliederung
4
Ökonomie des Kompensationsmechanis mus ... 38
4.1
Voraussetzungen... 38
4.1.1
Qualifizierung, Quantifizierung und Monetarisierung von THG... 38
4.1.2
Sanktionierung nicht eingehaltener Emissionsreduktionsziele ... 40
4.2
Grenzvermeidungskosten ... 40
4.3
Projektspezifische Kostenfaktoren... 44
4.3.1
Investitionskosten... 44
4.3.2
Transaktionskosten... 46
4.3.3
Organisationskosten ... 50
4.3.4
Risk-Management als Kostengröße... 52
4.4
Erlöse der Emissionsreduktionseinheiten (ERU/CER) ... 56
5
Wirtschaftlichkeit von JI- und CDM-Projekten... 58
5.1
Analysemodelle ... 58
5.1.1
`bottom-up'-Modell ... 58
5.1.2
`top-down'-Modell ... 59
5.2
Projekte... 59
5.2.1
Projektteilnehmer und Handelspartner ... 60
5.2.2
Projektgestaltung ... 61
5.2.2.1
Das bilaterale Modell am Beispiel China ... 61
5.2.2.2
Das multilaterale Modell am Beispiel des ERUPT/CERUPT-
Programms... 64
5.2.2.3
Der ,Prototype Carbon Fund' als Alternativmodell ... 66
5.3
Unsicherheitsfaktoren bei der Feststellung und Dynamisierung
der Wirtschaftlichkeit von JI- und CDM-Projekten... 68
6
Probleme und Hindernisse der Umsetzung des Kompensationsgedankens ... 69
6.1
,Baseline-Clearing' ­ Standardisierung oder Flexibilisierung... 69
6.2
Treibhausgassenken und Aufforstungsprojekte ... 72
6.3
Nord-Süd-Konflikt: ,win-win'-Situation oder ,low-hanging-fruits'... 74
6.4
Mitnahmeeffekte durch den wirtschaftlichen Zusammenbruch der
CEIT ­ ,Hot Air' ... 76
7
Aus blick ... 78
Anhang
...IV
Literaturverzeichnis ... V
Internetseiten...VI
Eidesstattliche Erklärung ... VII

Abbildungs- und Tabellenverzeichnis I
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1
Bedeutende Stationen des klimapolitischen Prozess
S.10
Abbildung 2
Vereinfachte hierarchische Struktur der JI- und CDM-
Institutionen
S.28
Abbildung 3
Typische GVK-Kurve für westliche Industrieländer
S.41
Abbildung 4
Effizienzgewinn durch internationale Zusammenarbeit
zwischen 2 Industrieländern
S.42
Abbildung 5
Effizienzgewinn durch internationale Zusammenarbeit
zwischen einem Industrie- und Entwicklungsland
S.43
Abbildung 6
Transaktionskostenverlauf bei ordnungspolitischen und
projektspezifischen Risiken
S.48
Abbildung 7
Risk-Management-Komponenten der projektbasierten
Mechanismen JI und CDM
S.54
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1
Übersicht wesentlicher Differenzen zwischen
JI und CDM
S.20
Tabelle 2
Marktanteile der Kyoto-Mechanismen in verschiedenen
Modellrechnungen
S.57
Tabelle A1
Zusammenstellung der wesentlichen Treibhausgase
S.81
Tabelle A2
Global Warming Potential
S.82
Tabelle A3
Vertragsstaaten der KRK und des KP und ihre
Reduktionsziele
S.83

Abkürzungsverzeichnis II
Abkürzungsverzeichnis
AAU
Assigned Amount Unit (s. a. IET)
Abs.
Absatz
AIJ
Activities Implemented Jointly
AOSIS
Alliance of Small Island States
ARD
Afforestation, Reforestation, Deforestation
Art.
Artikel
Bd.
Band
BDI
Bundesverband der Deutschen Industrie
bezgl.
bezüglich
BIP
Bruttoinlandsprodukt
BMU
Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktor-
sicherheit
BMWA
Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit
BMWI
Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie
Bsp.
Beispiel
bzw.
beziehungsweise
C
Kohlenstoff
CDM
Clean Development Mechanism
CEIT
Countries Economies in Transition (s. a. EIT)
CER
Certified Emission Reduction (s. a. CDM)
CERUPT
Certified Emission Reduction Unit Procurement Tender
CH
4
Methan
CO
2
Kohlendioxid
CO
2
-Äquivalent/a
Kohlendioxid-Äquivalent pro Jahr
COP
Conference of the Parties (s. a. KRK, s. a. UNFCCC)
d. h.
das heißt
DIW
Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung
DNA
Designated National Authority
DOE
Designated Operational Entity
EIT
Economies in Transition (s. a. CEIT)
ERU
Emission Reduction Unit (s. a. JI)
ERUPT
Emission Reduction Unit Procurement Tender

Abkürzungsverzeichnis II
et al.
und weitere
etc.
et cetera, und so weiter
ETS
Emission Trading System
EU
Europäische Union
FCCC
Framework Convention on Climate Change
ff.
folgende Seiten
FKW/PFC
Perfluorierte Kohlenwasserstoffe
FTJI
`first track' Joint Implementation
G77 und China
Gruppe der Entwicklungsländer
GEF
Global Environmental Facility
Gt
Gigatonnen
GVK
Grenzvermeidungskosten
GwH
Gigawattstunden
GWP
Global Warming Potential
H-FKW/HFC
Teilhalogenierte Fluorkohlenwasserstoffe
Hrsg.
Herausgeber
HWWA
Hamburger Weltwirtschafts-Archiv
IAEE
International Association for Energy Economics
i. d. R.
in der Regel
IE
Independent Entity
IEA
International Energy Agency
IET
International Emission Trading
i. H. v.
in Höhe von
IIASA
International Institute for Applied Systems Analysis
inkl.
inklusive
INC
Intergovernmental Negotiating Committee
insb.
insbesondere
IPCC
Intergovernmental Panel on Climate Change
i. V. m.
in Verbindung mit
IWO
Institut für Wirtschaft und Ökologie
Jhrg.
Jahrgang
JI
Joint Implementation
JIKO
Joint Implementation Koordinierungsstelle
JIN
Joint Implementation Network
JIQ
Joint Implementation Quarterly

Abkürzungsverzeichnis II
JUSSCANNZ
Japan, USA, Schweiz, Kanada, Australien, Norwegen,
Neuseeland, Russland, Ukraine (s. a. Umbrella-Group)
KfW
Kreditanstalt für Wiederaufbau
kg
Kilogramm
KP
Kyoto-Protokoll
KRK
Klimarahmenkonvention
kt
Kilotonnen
KWK
Kraft-Wärme-Kopplung
lCER
long-term Certified Emission Reduction
lt.
laut
LULUCF
Land-Use, Land-Use Change and Forestry
MA
Marrakesch Accords & Declaration
max.
maximal
mind.
mindestens
Mio.
Million(en)
MOP
Meeting of the Parties (s. a. KP)
MOU
Memorandum of Understanding
MP
Montrealer-Protokoll
Mrd.
Milliarde(n)
MW
Megawatt
NAP
Nationaler Allokationsplan
NGO
Non-governmental Organisation
No.
Number
N
2
O
Distickstoffoxid
Nr.
Nummer
ODA
Official Development Assistance
OECD
Organisation for Economic Cooperation and Development
o. g.
oben genannt
OPEC
Organisation of the Petroleum Exporting Countries
o. V.
ohne Verfasser
PCF
Prototype Carbon Fund
PDD
Project Design Document
QELRO
Quantified Emissions Limitation Reduction Objective
RMU
Removal Unit (s. a. ARD)
ROI
Return on Investment

Abkürzungsverzeichnis II
SBI
Subsidiary Body for Implementation
SBSTA
Subsidiary Body for Scientific and Technological Advice
s.
siehe
S.
Seite
s. a.
siehe auch
SF
6
Schwefelhexafluorid
s. o.
siehe oben
SO
2
Schwefeldioxid
sog.
so genannt(e)
STJI
,second track' Joint Implementation
t
Tonne
t/a
Tonne(n) pro Jahr
tCER
temporary Certified Emission Reduction
THG
Treibhausgase
u. a.
und andere(s), unter anderem(n)
UBA
Umweltbundesamt
Umbrella-Group
USA, Russland, Japan und die nicht-europäischen OECD-
Staaten (s. a. JUSSCANNZ)
UNFCCC
United Nations Framework Convention on Climate
Change (s. a. FCCC)
URF
Uniform Reporting Format
URL
Uniform Resource Locator
USA
United States of America
usw.
und so weiter
vgl.
vergleiche
Vol.
Volume
WBCSD
World Business Council for Sustainable Development
WBGU
Wissenschaftlicher Beirat der Bundesregierung Globale
Umweltveränderungen
WRI
World Resources Institute
z.B.
zum Beispiel
ZEW
Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung

Einführung in die Problemstellung und Aufbau der Arbeit III-1
- 1 -
,, Die Menschheit führt momentan ein großes geophysika-
lisches Experiment durch, welches so in der Vergangenheit
nicht möglich gewesen wäre und auch in Zukunft nicht
wiederholt werden kann."
1
Roger Revelle, Pionier der Klimaforschung, 1957
1 Einführung in die Problemstellung und Aufbau der Arbeit
Die Aussage von Roger Revelle wurde vor dem Hintergrund getroffen, dass der
Mensch in großem Maßstab Zugriff auf die fossilen Energievorräte der Erdkruste
nimmt, um seinen zunehmenden Energiebedarf zu decken. Dabei wird der
Menschheit ein ökologisches Veränderungspotential in die Hand gegeben, dessen
globale Folgen noch nicht absehbar sind. Die Kernthesen dieses Zitats sind noch
heute treffend dafür geeignet, die Klimapolitik und deren Verhandlungsprozess zu
skizzieren. Ein ständiger Begleiter klimapolitischer Entscheidungen und insbe-
sondere der Klimaforschung ist die klimasystembedingte Komplexität. Daraus
ergibt sich eine hochgradige Unsicherheit bezüglich der Auswirkungen emittierter
Treibhausgase und daraus zu entwickelnder Handlungsempfehlungen an die Be-
teiligten bzw. betroffenen Parteien. Im Laufe der seit mehr als 20 Jahren intensiv
geführten klimapolitischen Debatte haben sich die Handlungsmöglichkeiten stark
verändert. Die breitere Beteiligung der internationalen Staatengemeinschaft und
die Flexibilisierung der entwickelten Politiken und Maßnahmen eröffnen neue
Potentiale. Es war die globale Erkenntnis gewachsen, dass die eindeutige Not-
wendigkeit zur Beseitigung klimaschädigender Effekte emittierter Treibhausgase
(THG) bestünde. Die Notwendigkeit zu handeln, die ständig vorhandene Unsi-
cherheit und eine Empfehlung zur größtmöglichen Flexibilität bei der Anwendung
von klimapolitischen Instrumenten sind bis heute prägende Aspekte der Klimapo-
litik.
Das ökologische Ziel des Schutzes unserer Erdatmosphäre und die Forderung
nach nachhaltiger Entwicklung (,Sustainable Development ') mit Blick auf die
Lebensgrundlagen künftiger Generationen bilden die wichtige Basis für die kli-
mapolitische Debatte. Bei den Bestrebungen möglichst viele Parteien in die Ver-
handlungen zu integrieren, reichte es nicht aus, Kriterien der ökologischen Effek-
tivität und der Nachhaltigkeit zu implementieren. Die Frage nach der ökonomi-
1
Revelle, R.; Suess, H.E. (1957)

Einführung in die Problemstellung und Aufbau der Arbeit III-1
- 2 -
schen Effizienz musste als drittes, für die großen Emittenten wichtiges Kriterium
im globalen Rahmen eingeführt werden. Durch die Quantifizierung bestimmter
Emissionsreduktionsziele war und ist es oberstes Ziel der Interessensgruppen ei-
nen Instrumentenmix zu entwickeln, welcher die ökologische Effektivität im Sin-
ne aller Beteiligten garantiert, die Nachhaltigkeit durchgeführter Projekte für
Entwicklungsländer (Empfängerländer) gewährleistet und die ökonomische Effi-
zienz insbesondere für die Industrieländer (Investor(en)) sicherstellt. Die umfas-
sendste Lösung dieses Proble ms wird in der Anwendung der ,Kompensationsre-
gelungen' gesehen.
Ein weiteres Kriterium von enormer Bedeutung für den Fortschritt der internatio-
nalen Verhandlungen ist die politische Durchsetzbarkeit. Eine bestmögliche
Wirksamkeit einzelner Instrumente des globalen Klimaschutzes ist erst dann ge-
geben, wenn viele Staaten den eingeschlagenen Weg unterstützen. Vor diesem
Hintergrund und dem Wissen das die Umwelt ein öffentliches Gut
3
darstellt, sind
die Anstrengungen zur Weiterentwicklung des Kompensationsgedankens über
Maßnahmen der gemeinsamen Umsetzung (Joint Implementation) hin zum Me-
chanismus zur umweltverträglichen Entwicklung (Clean Development Mecha-
nism) mit der Beteiligung sowohl der Industrie- wie auch der Entwicklungsländer
als Notwendigkeit zu betrachten. Die Anwendung der Kompensationsmechanis-
men als Sekundärinstrumente bzw. ,add-on'
4
zum umweltpolitisch, jedoch regio-
nal begrenzten Einsatz der bisher bekannten Instrumente, dient der Flexibilisie-
2
Dies ist die enge Definition der FCCC, s. Henrichs, R. (2000), S.125-126.
3
Merkmale eines öffentlichen Gutes sind die Nicht-Rivalität und die Nicht-Ausschließbarkeit des
Konsums. Vgl. hierzu Endres, A. (2000), S.208-212.
4
s. Schmitt, D.; Düngen, H. (1992), S.271
Definition: Kompensationsregelungen in der Klimaschutzpolitik
2
Ein Investor oder eine Gruppe von Investoren, ein oder mehrere Industriestaa-
ten (Geberland/-länder), ein oder mehrere Unternehmen, ein oder mehrere
Nicht-Regierungsorganisationen investieren in Maßnahmen, Projekte oder Pro-
gramme im Ausland (dem Empfängerland), um Treibhausgasemissionen zu re-
duzieren oder die Bildung und Erhaltung von CO
2
-Senken zu fördern. Gemäß
diesem Beitrag erhalten der oder die Investor(en) eine Gutschrift für den im
Empfängerland erzielten Umweltvorteil in Bezug auf die Abschwächung der
Klimaänderung. Die Gutschrift muss gegen die Verpflichtung zur Emissionsre-
duktion gerechnet werden, die andernfalls der oder die Investor(en) zu tragen
gehabt hätte(n). Unterliegen der oder die Investor(en) keiner Verpflichtung zur
Emissionsreduktion (z.B. Nicht-Regierungsorganisationen), muss die Kompensa-
tion anders erfolgen (z.B. Steuervergünstigungen, Subventionen).

Einführung in die Problemstellung und Aufbau der Arbeit III-1
- 3 -
rung in mehreren Gesichtspunkten. Eine räumliche und zeitliche Flexibilität zur
Einhaltung bestimmter Reduktionsziele ermöglicht einen erweiterten Spielraum
kosteneffizienter Minderungen klimaschädige nder THG.
Die Arbeit versucht den Bogen von einer Makro- zu einer Mikrobetrachtung zu
spannen. Dabei werden zu Beginn naturwissenschaftliche Grundlagen vermittelt.
Zudem wird ein, aufgrund des Umfangs der Klimaverhandlungen, nicht allumfas-
sender Überblick des Verhandlungsprozesses und seiner Beteiligten gegeben.
Im nächsten Abschnitt wird das klimapolitische Instrumentarium erläutert. Hier-
bei wird zunächst die notwendige Kombination regional begrenzter und global
flexibilisierender Politiken und Maßnahmen he rausgestellt. Im Anschluss daran
werden die projektbasierten Instrumente Joint Implementation (JI) und der Clean
Development Mechanism (CDM) dargestellt. Ein Schwerpunkt liegt hier in der
Ausarbeitung der Anwendungskriterien, wobei auch auf vorhandene Unterschiede
zwischen den Ausprägungen der beiden Kompensationsmechanismen eingega n-
gen wird. Darauf folgt ein Einblick in die institutionelle Ausgestaltung beider In-
strumente und eine zusammenfassende Darstellung der eintretenden politischen,
technologischen und sozioökonomischen Nebeneffekte. Abgeschlossen wird die-
ser Abschnitt mit einer Betrachtung des dritten Kyo to-Mechanismus International
Emission Trading. Es wird der Frage nachgegangen, ob eine Kombination der drei
Mechanismen eine sinnvolle oder zwingende Voraussetzung für eine effiziente
Umsetzung klimapolitischer Maßnahmen ist.
Der folgende Gliederungspunkt befasst sich mit den Kosten- und Erlöskompone n-
ten des Kompensationsmechanismus. Nach einer Beschreibung der wesentlichen
Voraussetzungen für die Feststellung monetärer Größen und deren Beeinflussung,
stehen die Kostenkomponenten zunächst im Mittelpunkt der Analyse. Von der
Makroebene und einem Blick auf die Grenzvermeidungskosten, bis hin zur Mik-
roebene, den projektspezifischen Kostenfaktoren, werden die bedeutendsten Kos-
tenkomponenten herausgearbeitet. Abschließend werden die möglichen Erlösgrö-
ßen betrachtet, wobei hier im Wesentlichen die Potentiale für die anfallenden
Emissionsreduktionseinheiten (ERU's, CER's) gemeint sind.
Der Gliederungspunkt zur Wirtschaftlichkeit von JI- und CDM-Projekten beinhal-
tet neben einer grundsätzlichen Darstellung der Analysemodelle, eine Beschrei-
bung der Projektgestaltungsmöglichkeiten. Es wird ein Überblick gegeben, wel-
che Projektteilnehmer an der Umsetzung der flexiblen Mechanismen mitwirken
und die Trennung in ein bilaterales bzw. multilaterales Modell an Beispielen er-

Einführung in die Problemstellung und Aufbau der Arbeit III-1
- 4 -
läutert. Ein Blick über den ,,Tellerrand " ist unverzichtbar, da mit dem ,Prototype
Carbon Fund' eine durchaus interessante Alternative zu den genannten Modellva-
rianten existiert.
Die bei der Umsetzung von JI- bzw. CDM-Projekten anfallenden Probleme und
möglichen Hindernisse werden im 6.Abschnitt der Arbeit analysiert und bewertet.
Es wird kritisch hinterfragt, ob die äußerst schwierige Feststellung einer ,Baseli-
ne', die Unsicherheiten bei der Inventarisierung der THG bzw. das schwer quanti-
fizierbare Potential so genannter Senkenprojekte möglicherweise zur unbefriedi-
genden Umsetzung führen. Außerdem wird ein Scheitern der klimapolitischen
Verhandlungen aufgrund nicht zu harmonisierender Interessen innerhalb der Staa-
tengemeinschaft, insbesondere zwischen Industrie- und Entwicklungsländern,
untersucht. Eines der größten Probleme, nämlich die Anrechnung so genannter
,Hot Air' und eine daraus folgende Verwässerung der eingegangenen Emissions-
reduktionsziele wird im Anschluss explizit erörtert.
Die Arbeit schließt mit einem Blick in die Zukunft und der Behandlung der Frage,
wie ökonomische Effizienz durch den Einsatz der flexiblen projektbasierten Me-
chanismen ökologisch effektiv und nachhaltig garantiert werden kann.
2 Grundlagen und Entwicklungen in der Klimapolitik
Die Klimaverhandlungen der internationalen Staatengemeinschaft haben in den
letzten 20 Jahren einige Höhen und Tiefen durchlaufen, waren geprägt von teils
sehr heftigen diplomatischen Auseinandersetzungen der beteiligten Parteien und
wurden immer wieder gebremst durch Disharmonien zwischen den Interessenge-
meinschaften. Für das Verständnis und die Analyse der klimapolitischen Instru-
mente und der während dieses Prozesses entwickelten flexiblen Mechanismen,
Joint Implementation und Clean Development Mechanism, ist ein Überblick der
wichtigsten Stationen der Klimapolitik sowie ein Einblick in die Erwartungen
bzw. Interessen der beteiligten Parteien notwendig. Eine kurze Darstellung der
naturwissenschaftlichen Ursachen für die Anstrengungen der internationalen Kli-
mapolitik ist dabei unerlässlich.
2.1 Der anthropogene Treibhauseffekt
Die Ursache für die zunehmende Intensität der diplomatischen Bemühungen in
den klimapolitischen Verhandlungen liegt in der Verbesserung der Informations-
und Analyseinstrumente der wissenschaftlichen Untersuchungen des Klimasys-

Grundlagen und Entwicklungen in der Klimapolitik III-2
- 5 -
tems. Die daraus gewonnenen Erkenntnisse zum so genannten Treibhauseffekt
und seiner Auswirkungen haben in den 80'er Jahren des 20. Jahrhunderts zur Be-
schleunigung der Verhandlungen und zur Einsicht geführt, die Dringlichkeit der
Ergebnisse in einen verbindlichen Rahmen einzubetten.
Der Treibhauseffekt wird in seiner Ausprägung aus naturwissenschaftlicher Sicht
in einen natürlichen und einen anthropogenen Effekt unterschieden. Der natürli-
che Treibhauseffekt ist für die Existenz jeglichen Lebens auf dem Planeten ver-
antwortlich. Er sorgt dafür, dass die mittlere globale Durchschnittstemperatur um
etwa 30°C höher liegt gegenüber einer Situation ohne ,,natürliche Heizung". Der
anthropogene, durch den Menschen verursachte Treibhauseffekt hingegen führt
zum Ungleichgewicht im Klimasystem, speziell in der Atmosphäre und somit zu
einem Anstieg der durchschnittlichen Oberflächentemperatur.
Der Treibhauseffekt beschreibt die Situation in Gewächshäusern und ist nach die-
ser benannt. Dabei wird die notwendige Sonnenstrahlung (UV-Strahlung) durch
die Atmosphäre durch gelassen, die reflektierte Wärmestrahlung (Infrarotstrah-
lung) allerdings zurück gehalten.
5
Entscheidend für diesen Effekt sind die Spu-
rengase und deren Anteile an der Zusammensetzung der Erdatmosphäre. Wie der
Begriff Spurengase bereits verdeutlicht, sind die Konzentrationen einiger Gase
zum Teil sehr gering und daher zu vernachlässigen. Die für die Betrachtung ent-
scheidenden Gase sind im Montrealer (MP) bzw. Kyoto-Protokoll (KP) festgelegt
worden.
Der Treibhausgas-Korb des KP besteht aus 6 THG: Kohlendioxid (CO
2
), Methan
(CH
4
), Distickstoffoxid (N
2
O), Teilhalogenierte Fluorkohlenwasserstoffe (H-
FKW/HFC), Perfluorierte Kohlenwasserstoffe (FKW/PFC) und Schwefelhexaflu-
orid (SF
6
). Die Bedeutung der genannten Spurengase variiert jedoch deutlich. Die
prozentualen Anteile am anthropogenen Treibhauseffekt liegen bei 24 % für die
F-Gase, 6 % für N
2
O, 15 % für CH
4
und 55 % für CO
2
. Hieraus wird ersichtlich,
dass die bei weitem größte Bedeutung dem CO
2
zukommt. Dies führt dazu, dass
es sich bei Projekten im Rahmen von JI und CDM in der Mehrzahl um CO
2
-
Minderungen und Speicherungen handelt. Trotzdem ist die Bedeutung der ande-
ren Spurengase nicht zu unterschätzen. Für eine Gewichtung der THG spielen
nicht nur die absoluten bzw. relativen Emissionen, sondern auch deren Konzentra-
tion und Verweildauer in der Atmosphäre eine Rolle. Bei der atmosphärischen
Verweildauer liegt CO
2
im Mittelfeld mit ca. 50-200 Jahren während CH
4
mit
5
Vgl. Loske, R. (1997), S.39 ff..

Grundlagen und Entwicklungen in der Klimapolitik III-2
- 6 -
lediglich 12 Jahren und SF
6
mit 3200 Jahren sehr differenzierte Werte aufweisen
(s. Anhang, Tabelle A1).
Als Maßstab für die Bewertung und zur verbesserten Vergleichbarkeit der THG
wird das sog. Global Warming Potential (GWP) herangezogen. Dieser Umrech-
nungskoeffizient beschreibt die Klimawirksamkeit der Gase über verschiedene
Zeiträume (20, 100 oder 500 Jahre), bezogen auf ein Referenzgas (CO
2
), in Äqui-
valenten. Dabei wird die Wirkung von 1 kg CO
2
gleich 1 gesetzt und mit der Wir-
kung von 1 kg eines anderen Spurenga ses verglichen. Bei einem Vergleich über
einen 20-jährigen Zeitraum stellt sich dabei für CH
4
der 56-fache Wert heraus,
d.h. Methan ist in 20 Jahren 56 mal klimawirksamer als Kohlendioxid (s. Anhang,
Tabelle A2). Trotz dieser Relativierung ist die Reduzierung der CO
2
-Emissionen
bzw. der Ausbau von Kohlenstoffsenken das Hauptziel auf der politischen Age n-
da, um die im folgenden aufgelisteten Auswirkungen
6
des anthropogenen Treib-
hauseffekts zu mildern bzw. zu vermeiden:
·
Anstieg des Meeresspiegels (Überschwemmung der Küstengebiete) um vor-
aussichtlich 0,09 bis 0,88 m mit großen Schwankungen zwischen den Regi-
onen
7
·
Klimazonenverschiebung, Ausweitung der Wüstenregionen und Verknap-
pung der Wasserressourcen
·
Verschlechterung der Ernährungssituation großer Teile der Menschheit auf-
grund von Dürren, Missernten, Stürmen, u. a.
Um die Folgewirkungen der anthropogenen Störungen des Klimasystems mö g-
lichst vollständig erklären zu können, sind die Mess- und Untersuchungsmethoden
ständig verbessert worden. Aufgrund neuer Erkenntnisse wurden die Klimamodel-
le ergänzt bzw. verfeinert. Dennoch verbleiben Unsicherheiten und Analyseprob-
leme aufgrund der Komplexität des Klimasystems.
8
2.2 Der klimapolitische Prozess
2.2.1 Beteiligte und Interessengruppen zwischen Harmonie und Hegemonie
Das Klima hat grundsätzlich globalen Charakter, da sich kein Lebewesen den
klimatischen Bedingungen entziehen kann und keine Einflussnahme auf das Kli-
6
Bräuer, W.; Kopp, O.; Rösch, R. (1999), S.5-6
7
Projektion von 1990 bis 2100 in: IPCC (2001), S.10.
8
Zu plötzlichen, unerwarteten Klimaereignissen, insb. der verheerenden Auswirkungen eines
Abreißens der Golfströmung auf die nördliche Hemisphäre infolge abschmelzender Eismassen
am Nordpol vgl. die Ausführungen bei Rahmstorf, St. (1999).

Grundlagen und Entwicklungen in der Klimapolitik III-2
- 7 -
ma regional begrenzt bleibt. Die internationale Klimapolitik war in ihrem Verlauf
geprägt von einer Vielzahl unterschiedlichster Interessen und divergierender Vor-
stellungen über die Vorgehensweise zur Lösung der Klimaproblematik. Eine Zu-
ordnung einzelner Staaten zu bestimmten Interessensgruppen gestaltet sich
schwierig, da sich die Vorstellungen der jeweiligen politischen Führungen im
Zeitverlauf veränderten und einige Parteien im Stile eines ,free riders' ihre Mei-
nungsvielfalt demonstrierten, um die jeweils aussichtsreichste bzw. vielverspre-
chendste Position zu beziehen.
Die von nahezu allen Informationsquellen
9
hervorgehobenen Gruppierungen sind:
·
Vereinigten Staaten von Amerika (USA)
·
Europäische Union inkl. Deutschland (EU)
·
Umbrella-Group (ehem. JUSSCANNZ)
10
·
G77 und China
11
·
OPEC
·
AOSIS
Die Positionen der beteiligten Parteien sind grundsätzlich in Verursacher- und
Betroffeneninteressen zu unterscheiden, wobei dies nicht zwangsläufig zu einer
gerechten Verteilung der Verantwortung führt. Ein Blick auf die USA und die
Gruppe der AOSIS verdeutlicht diese Interessendifferenz. Die USA, als größter
Emittent, mit einem energiebedingten Ausstoß von 6.357 Mio. t CO
2
im Jahr
2002, was einem Anteil von 24,8 % an den weltweiten energiebedingten CO
2
-
Emissionen entspricht
12
, haben in den bisher vollzogenen klimapolitischen Ver-
handlungen eher eine blockierende Position eingenommen. Den Verhandlungs-
führern kam es insbesondere darauf an, größtmögliche Flexibilität bei der An-
wendung der projektbasierten Mechanismen zu erreichen, möglichst keine bzw.
geringe Reduktionsverpflichtungen einzugehen und immer wieder ihrerseits ver-
bindliche Reduktionsziele der Entwicklungsländer zu fordern. Im Verlaufe der
zwei Jahrzehnte andauernden Verhandlungen war an den U.S. amerikanischen
Delegationen sehr gut der Wechsel der politischen Führung zu erkennen. So war
die Clinton-Administration von einem, wenn auch gemäßigtem entgege nkommen
geprägt, die Bush-Regierung hingegen bremst vehement den klimapolitischen
9
Für eine ausführlichere Darstellung s. Oberthür, S.; Ott, H.E. (2000), S.39-62 bzw. Michaelowa,
A.; Schwarze, R. (2001), S.1-4.
10
Seit COP 4 ist Umbrella-Group der offizielle Name der JUSSCANNZ-Gruppe, s. Michaelowa,
A.; Koch, T. (2001)
11
Die G77 wurde 1967 unter dem Dach der UNCTAD gegründet und versucht die Interessen der
Entwicklungsländer zu harmonisieren (Mittlerweile hat die Gruppierung 132 Mitgliedsländer),
s. Michaelowa, A.; Koch, T. (2001)
12
BMWA (2003), S.16

Grundlagen und Entwicklungen in der Klimapolitik III-2
- 8 -
Prozess und hat bereits definitiv erklärt, dass KP nicht zu ratifizieren.
13
Die zu-
künftige wirtschaftliche Entwicklung in den Mittelpunkt rückend, verweisend auf
entstehende Wettbewerbsnachteile und unter Hinweis auf bereits vollzogene um-
weltpolitische Maßnahmen, bremsen die USA die internationalen Verhandlungen.
Aufgrund der enormen Bedeutung des nicht nur größten Emittenten sondern auch
größten potentiellen Käufer von Emissionszertifikaten, verbleibt die Gefahr einer
Instabilität des Systems (Angebot-Nachfrage). Zudem führen die negative Hal-
tung der USA und das Nichtengagement eines attraktiven Investorlandes mögli-
cherweise zu einer Kettenreaktion innerhalb der klimapolitischen Staatengemein-
schaft (Nicht-Ratifizierung des KP). Auf die historische Verantwortung der USA,
wie der Industrieländer hinweisend, nimmt die AOSIS als Teil der Entwicklungs-
/Schwellenländer die existentiellen Interessen der vo n einem Anstieg des Meeres-
spiegels Betroffenen wahr. Die Entwicklungsländer sind durch die Vielzahl der
Staaten und dem dementsprechend heterogenen Entwicklungsstand der Volks-
wirtschaften äußerst kontrovers in ihren Interessen. Einige Staaten der G77 und
China unterstrichen, nach zunächst ablehnender Haltung, mit Einführung des Me-
chanismus für nachträgliche Entwicklung (CDM) die Bedeutung und die Mög-
lichkeiten des Technologie- und Know-how-Transfers
14
(s. a. 3.2.1.4). Die Zwei-
fel bezüglich eines ,,Öko-Kolonialismus" von Seiten der Entwicklungsländer sind
zwar nicht beseitigt, aber doch zumindest gemildert worden
15
(s. a. 6.3). Die her-
ausragende Stellung Chinas wird bereits mit der Abgrenzung der Interessengrup-
pen deutlich. Sie führt bzw. wird in Zukunft zu einer Interessenshegemonie inner-
halb der Entwicklungsländer führen. Zudem wird die Staatengemeinschaft ange-
sichts eines bereits heute existierenden Emissionsvolumens i. H. v. 3.410. Mio. t
16
energiebedingtem CO
2
vor eine weitere Herausforderung gestellt, aber auch mit
einem enormen Potential
17
für projektierte Reduktionsmöglichkeiten konfrontiert.
Eine weitere sehr einflussreiche Interessengruppe, die Staaten der OPEC, versucht
vom Beginn der Verhandlungen an, aufgrund der fossil dominierten Volkswirt-
schaften (Rohöl/Erdgas), die Einführung von verbindlichen Verpflichtungen zu
13
o.V. (2001)
14
Aufgrund der Durchführung von Projekten auf bilateraler Ebene mit den USA untermauerten
insb. die lateinamerikanischen Staaten ihr Interesse an JI, vgl. hierzu die Position Costa Ricas
zur Einführung einer Pilotphase (AIJ) in Berlin 1995 in: Oberthür, S.; Ott, H.E. (2000), S.206.
15
Vgl. Dutschke, M. (1998); S.15-22. Dutschke spricht von einem modernen ,,Ablasshandel".
16
BMWA (2003), S.16
17
Die prognostizierten energiebedingten CO
2
-Emissionen Chinas werden lt. World Energy Out-
look der IEA im Jahre 2030 6.700 Mio. t betragen und der Anteil am weltweiten Ausstoß von
derzeit 13,3 % auf 17,6 % steigen, s. European Commission (2003), S.32 ff..

Grundlagen und Entwicklungen in der Klimapolitik III-2
- 9 -
verhindern. Sonderregelungen und zusätzliche finanzielle Unterstützung zur Be-
wältigung der zusätzlichen entwicklungspolitischen Herausforderungen und Auf-
wendungen werden stets gefordert. Die Entwicklungsländer (G77 und China, O-
PEC, AOSIS) haben jedoch insgesamt betrachtet fortwährende Probleme ihre
Forderungen zu Harmonisieren und hierdurch stärkeren politischen Druck auszu-
üben.
Die Europäische Union einschließlich Deutschland wird gemeinhin als ,,Motor"
der klimapolitischen Bemühungen bezeichnet und besetzt zum Teil ihrerseits die-
se Funktion mit ehrgeizigen Reduktionszielen.
18
Diese ,Leadership-Role' wird
derzeit wieder einmal in der Umsetzung des Emissionshandels auf europäischer
Ebene deutlich. Hat sich aber bereits in den 90'er Jahren durch die zahlreichen
Klimakonferenzen auf europäischer Bühne, der Standortvergabe des Klimasekre-
tariats nach Bonn und nicht zuletzt der konstruktiven Verhandlungsvorlagen für
die Vertragsstaatenkonferenzen der KRK und des KP abgezeichnet. Die europäi-
sche Position unterstützt grundsätzlich die Implementierung flexibler Mechanis-
men im internationalen ,Policy-Mix', versucht allerdings aufgrund der vorhande-
nen Umsetzungsschwierigkeiten einer zu euphorischen Beurteilung vorzubeugen.
Aus diesem Grund fordert die EU die Reduzierung der THG mittels JI und CDM
zu begrenzen und die nationalen Instrumente als Basis erfolgreicher Bekämpfung
globaler Klimaschäden zu betonen. Auf internationaler Bühne treten die Mitglied-
staaten der EU gemeinsam auf und haben nicht zuletzt aus diesem Grund einem
EU-weiten Reduktionsziel im KP zugestimmt, welches durch die Vereinbarung
zum ,Burden Sharing'
19
auf die Mitgliedsländer verteilt wird.
Die Umbrella-Group fordert die unbegrenzte Anwendung der Kyoto-
Mechanismen, eine umfassende Anrechung sog. THG-Senken (insb. kanadische
und russische Forderung aufgrund hoher Waldbestände) und die Berücksichtigung
der sog. ,Hot Air' (s. a. 6.4), Zugeständnisse bei den vorgegeben Reduktionszie-
len
20
und die Integration der Entwicklungsländer in zukünftige Reduktionsvorga-
18
Insbesondere die deutsche Zielsetzung in der Klimaschutzvereinbarung zwischen Bundesregie-
rung und deutscher Wirtschaft mit einem Reduktionsziel von 25 % für CO
2
(Basisjahr 1990) bis
2005 kann als Beispiel angeführt werden. s. BMWI (2000), S.3
19
Eine genauere Darstellung des ,Burden Sharing'-Agreements, in dem sich 15 EU-Staaten auf
die Aufteilung des Kyoto-Reduktionsziels von -8 % geeinigt haben befindet sich in: Betz, R.;
Michaelowa, A. (2001).
20
So darf als Beispiel Australien seine CO
2
-Emissionen, gemäß den Reduktionsvorgaben von
Kyoto in der 1.Verpflichtungsperiode (2008-2012), um 8 % gegenüber 1990 erhöhen. (s. a. 6.2
bzw. Anhang, Tabelle A3)

Grundlagen und Entwicklungen in der Klimapolitik III-2
- 10 -
1988
Gründung
des IPCC
1979
1.Weltklimakonferenz
Genf
1990
2.Weltklimakonferenz
Genf
Villach
Oktober
1985
Toronto
Juni
1988
Ottawa
Februar
1989
Den Haag
März
1989
Tata
Februar
1989
Nordwijk
November
1989
,Cairo Compact'
Dezember
1989
Bergen
Mai
1990
1990
1.Sachstandsbericht
des IPCC
1992
,Umweltgipfel'
Rio de Janeiro
5.Sitzungen des
INC/FCCC
Februar 1991- Mai 1992
21.März 1994
Inkrafttreten der Klima-
rahmenkonvention
Berlin
COP 1
1995
Genf
COP 2
1996
Kyoto
COP 3
1997
1995
2.Sachstandsbericht
des IPCC
Buenos Aires
COP 4
1998
Bonn
COP 5
1999
Den Haag
COP 6
2000
Marrakesch
COP 7
2001
Neu Dehli
COP 8
2002
Mailand
COP 9
2003
2002
Weltgipfel für
nachhaltige Entwicklung
Johannesburg
Verabschiedung des
Kyoto-Protokolls
2001
3.Sachstandsbericht
des IPCC
ben. Die Umbrella-Group wird besonders durch die U.S.-amerikanische Position
geprägt.
Weitere Beteiligte sind die sog. NGO's und Interessenverbände (Wirtschaftver-
bände, Umweltschutzgruppen, etc.) sowie multinational operierende Unterne h-
men.
2.2.2 Bedeutende Stationen
Die gegenwärtige Form der projektbasierten Kompensationsmechanismen ist über
einen sehr intensiven Verhandlungsprozess mit zahlreichen Vertragsstaaten-
konferenzen
21
ausgestaltet und weiterentwickelt worden. Nachdem die wissen-
schaftliche Unterstützung durch die Gründung des IPCC im Jahre 1988 und seiner
Nebenorgane fundierter, die Analyse der Klimasysteme und Modellierung der
Klimaphänomene stichhaltiger, somit die Gewissheit größer wurde, das menschli-
che Einflüsse zu signifikanten Veränderungen führen werden, begann der Klima-
prozess an Fahrt zu gewinnen.
2.2.2.1 UNFCCC ­ Klimarahmenkonferenz, Rio de Janeiro 1992
Die KRK vom 09. Mai 1992
22
, die von den Vertragsstaaten in Rio de Janeiro an-
genommen wurde, stellte einen Wendepunkt in der Klimapolitik dar. Es war das
erste völkerrechtliche Klimaabkommen, welches sich nicht mehr mit der Frage
auseinandersetzte ,ob' ein klimapolitisches Handeln notwendig sein würde, son-
dern vielmehr die Gestaltung von Politiken und Maßnahmen zur Bewältigung der
Klimaproblematik in Angriff nahm. Einerseits standen Begriffsbestimmungen und
die Formulierung allgemeiner Grundsätze zur gerechten, nachhaltigen Entwick-
21
Folgekonferenzen der Klimarahmenkonvention (COP) bzw. des Kyoto-Protokoll (COP/MOP).
22
Klimarahmenkonvention (1992) bzw. UNFCCC (1992)
Abbildung 1: Bedeutende Stationen des klimapolitischen Prozess
Quelle: Eigene Darstellung

Grundlagen und Entwicklungen in der Klimapolitik III-2
- 11 -
lung und einer den Entwicklungsprioritäten entsprechenden Förderung im Mittel-
punkt. Andererseits wurden die unterschiedlichen Verantwortlichkeiten kodifi-
ziert.
23
Es wurde zum ersten Mal ein Stabilisierungsziel für die in den Anlagen I
und II aufgeführten Staaten (s. Anhang, Tabelle A3) formuliert. Keine quantitati-
ven Ziele konnten vereinbart werden, aber als ,ultimate objective' wurde die
,,...Stabilisierung der Treibhausgaskonzentrationen auf einem Niveau, auf dem
eine gefährliche anthropogene Störung des Klimasystems verhindert wird"
24
er-
reicht. Die KRK wurde bis 1994 von allen Vertragstaaten ratifiziert und trat am
21. März in Kraft. Die Stabilisierung sollte den Ökosystemen die Chance bieten
sich auf natürliche Weise den Klimaänderungen anzupassen, darf die Nahrungs-
mittelerzeugung nicht bedrohen und sollte im Einklang mit einer nachhaltigen
wirtschaftlichen Entwicklung vollzogen werden.
25
Nachdem Norwegen das Kon-
zept der JI auf der Klimakonferenz in Nordwijk 1989 bereits in die klimapoliti-
sche Diskussion brachte und daraufhin die Möglichkeiten einer Umsetzung im
internationalen Rahmen untersucht wurden, war die KRK die erste verbindliche
Vereinbarung, die den Kompensationsgedanken der ,gemeinsamen Umsetzung' in
ihren Text einband. Die Verantwortung der entwickelten Länder gege nüber den
Entwicklungsländern wurde herausgestellt und ein Finanzierungsmechanismus,
überwacht durch die Globale Umwelt Fazilität, zur Bereitstellung zusätzlicher
finanzieller Mittel für die Entwicklungsländer vereinbart. Sowohl die genaue
Ausgestaltung der Anwendungskriterien als auch genauere Bestimmungen zur
Umsetzung, Überwachung und Kontrolle wurden auf spätere Vertragsstaatenkon-
ferenzen verschoben. Trotzdem kann die KRK als Initialzündung für die im späte-
ren Verlauf als flexiblen Mechanismen bezeichneten Instrumente gesehen werden.
2.2.2.2 COP 1 - Das Berliner Mandat 1995
Die erste Folgekonferenz der KRK in Berlin sollte bereits den Durchbruch brin-
gen, doch die Verhandlungen gestalteten sich aufgrund der bereits beschriebenen
divergierenden Vorstellungen sehr schwierig. Es sollte ein konkreter Entwurf für
ein Protokoll mit verbindlichen Reduktionszielen und ein Kriterienkatalog zur
Umsetzung von JI erstellt werden. Wie in den folgenden Jahren auch, so wurde
allerdings auf COP 1 nur eine ,,Politik der kleinen Schritte" erreicht. Bedeutsam
waren die Entscheidungen aber in Bezug auf die Weiterentwicklung der JI. Es
23
KRK bzw. UNFCCC (1992) Art. 3
24
KRK bzw. UNFCCC (1992) Art. 2 Satz 1
25
KRK bzw. UNFCCC (1992) Art. 2 Satz 2

Grundlagen und Entwicklungen in der Klimapolitik III-2
- 12 -
wurde im Zuge eines ,Prompt Start' eine Pilotphase gestartet, in der während ei-
ner 5-jährigen Laufzeit gemeinsame Projekte zwischen den Vertragsstaaten der
KRK durchgeführt werden konnten. Diese Activities Implemented Jointly (AIJ)
sollten dazu dienen, Erfahrungen betreffend geeigneter Projekte zu sammeln und
Probleme bei der Umsetzung der durchgeführten Maßnahmen zu identifizieren.
Die Parteien einigten sich darauf, dass im Zuge dieser Pilotprojekte erreichte E-
missionsminderungen zwischen Annex-I- und Nicht-Annex-I-Staaten nicht auf
spätere Reduktionsziele angerechnet werden. Für die Durchführung der Projekte
wurden folgende Kriterien festgelegt
26
:
·
Kompatibilität zu und Unterstützung von nationalen Umwelt- und Entwick-
lungsprogrammen
·
kosteneffiziente Erreichung globaler Vorteile
·
möglichst umfassende Ausführung unter Berücksichtigung aller Quellen,
Senken und Speichern von THG
·
vorherige Zustimmung, Genehmigung oder Bestätigung durch die Regie-
rungen der jeweils an den Projekten beteiligten Staaten
·
Generierung echter, messbarer und langfristiger ökologischer Vorteile be-
zogen auf eine Milderung der Klimaänderung, die nicht eingetreten wäre
unter Abwesenheit solcher Projekte
Außerdem wurde die Zusätzlichkeit zu finanziellen Verpflichtungen der entwi-
ckelten Staaten unterstrichen und entschieden, dass diese AIJ lediglich als unter-
geordnete, unterstützende Maßnahmen dienen sollen. Die für die AIJ-Projekte
festgelegten Kriterien sollten für die Weiterentwicklung der projektbasierten In-
strumente bedeutsam werden.
2.2.2.3 COP 3 ­ Das Kyoto-Protokoll 1997
Das KP wird gemeinhin als Durchbruch der Klimapolitik gesehen. Das Protokoll
beinhaltet die Vereinbarung verbindlicher Reduktionsziele (s. Anhang, Tabelle
A3) der in Anlage I der KRK genannten Staaten für die 1. Verpflichtungsperiode
2008-2012 (bezogen auf das Basisjahr 1990).
27
So wurde als Reduktionsziel ver-
einbart, dass die Gesamtemissionen der in Anlage A des KP aufgeführten THG
26
OECD/IEA (1997), S.18
27
Basisjahr des Kyoto-Protokolls für die CO
2
-, CH
4
- und N
2
O-Emissionen ist 1990, für die PFC-,
HFC- und SF
6
-Emissionen das Jahr 1995. KP (1997) Art.3 Abs.1 i. V. m. Art.3 Abs.8

Grundlagen und Entwicklungen in der Klimapolitik III-2
- 13 -
(ausgedrückt in CO
2
-Äquivalenten) um 5,2 % gesenkt werden müssen. Zur unter-
stützenden Umsetzung dieser Reduktionsziele werden die sog. flexiblen Kyoto-
Mechanismen eingeführt. Hierzu gehören neben den projektbasierten Instrumen-
ten JI
28
und CDM
29
das International Emission Trading (IET)
30
und das
,Bubbling'.
31
Der Mechanismus für umweltverträgliche Entwicklung (CDM) war
für die Zustimmung der beteiligten Parteien zum KP elementar, da hiermit das
Angebot durch mögliche Projekte mit den Entwicklungsländern erweitert wurde.
Trotzdem ist es bis heute nicht in Kraft getreten, da nicht mind. 55 Vertragsstaa-
ten bzw. auf die 55 % der Gesamtemissionen der THG entfallenden Staaten das
Protokoll ratifiziert haben. Die Aufgabe der Folgekonferenzen war es nun die Me-
chanismen auszugestalten, insbesondere im Hinblick auf Anwendung, Überwa-
chung, Kontrolle und Anrechnung der durch den Einsatz dieser Instrumente reali-
sierten Emissionsreduktionseinheiten. Auch die organisatorische und administra-
tive Abwicklung blieb weitgehend offen.
2.2.2.4 COP 7 ­ Die ,Marrakesch Accords' 2001
Nachdem die COP's/MOP's 4,5,6 keine entscheidenden Schritte gebracht hatten
und die Ratifikation des KP in weite Ferne rückte, was nicht zuletzt an der able h-
nenden Haltung der USA lag, wurden für die Fortsetzung der Klimaverhandlun-
gen in Marrakesch wichtige Detailfragen geklärt.
32,33
Einerseits konnten sich die Parteien darauf einigen, dass der vorgesehene Start des
CDM planmäßig erfolgt und somit alle Projekte, ausgenommen Senkenaktivitä-
ten, welche die Kriterien erfüllen und ab dem 01.01.2000 in Angriff genommen
wurden, vom Executive Board des CDM anerkannt werden. Andererseits wurden
wichtige Regelungen zum System der Erfüllungskontrolle (Compliance-System)
getroffen, die den Parteien, welche ihre Reduktionsvorgaben nicht einhalten,
Sanktionen auferlegt und den institutionellen Rahmen zur Überprüfung und Ent-
scheidung solcher Verfehlungen setzt (Enforcement Branch/Facilitative Branch).
Des Weiteren sind die einzelnen Emissionsreduktionskategorien (AAU, RMU,
ERU, CER) bestimmt und hierfür ausführlichere Regelungen zum Berichtswesen
und der Inventarisierung getroffen worden. Entscheidend für den letztlichen Ein-
28
KP (1997) Art. 6
29
KP (1997) Art. 12
30
KP (1997) Art. 17
31
KP (1997) Art. 4 Abs. 1
32
Marrakesch Accords & Declaration (2001)
33
Vgl. Schafhausen, F. (2002), S.90.

Grundlagen und Entwicklungen in der Klimapolitik III-2
- 14 -
satz der flexiblen Instrumente des KP sind schließlich die von den Vertragsstaaten
in Marrakesch vorausgesetzten Bedingungen
34
:
·
Ratifikation des KP
·
Einhaltung des Systems der Erfüllungskontrolle
·
Existenz nationaler Systeme zur Inventarisierung der THG
·
Rechtzeitiges jährliches Reporting und Vorlage von Senkeninventaren
·
Rechtzeitige und korrekte Buchführung der Kohlenstoffeinbindung in Sen-
ken
Die Nichteinhaltung der Berichtspflichten führt zum Ausschluss von der Nutzung
der Kyoto-Mechanismen.
2.2.3 Notwendigkeiten und Herausforderungen für die internationale Staa-
tengemeinschaft
Für den weiteren Verlauf der politischen Verhandlungen und von existenzieller
Bedeutung für die Umsetzung der flexiblen Mechanismen wird die Ratifikation
des KP sein. Dabei kommt nach der Absage der USA der Ratifikation Rus slands
elementarer Einfluss zu. Durch die Ratifikationsbestimmungen ergibt sich, dass
nur durch die Unterzeichnung Russlands das KP in Kraft treten kann. Dies führt
zu einer schwierigen Situation, da sich bereits Tendenzen abzeichnen, die darauf
schließen lassen, dass die russische Delegation erweiterte Zugeständnisse einfor-
dern wird.
35
Hier muss politisches Feingefühl bewiesen werden, da eine weitere
,,Verwässerung" des Protokolls möglich ist bzw. ein Scheitern der Klimaverhand-
lungen bei Nicht-Ratifikation Russlands wahrscheinlicher wird. Ein
Meinungswechsel der USA sei hier ausgeschlossen (s. a. 2.2.1).
Weiterhin wird es notwendig sein, möglichst viele Erfahrungen frühzeitig zu
sammeln, um die nötigen Lerneffekte zu realisieren. Auf Probleme bei der Um-
setzung der Mechanismen ist hinzuweisen, mit dem Ziel diese zu minimieren oder
zu beseitigen. Hierbei sei insbesondere auf die Höhe der Transaktionskosten ver-
wiesen, welche bei einer einfacheren Umsetzung wesentlich geringer ausfallen
(s. a. 4.3.2 und 5.2.2).
Die größte Herausforderung stellt sich den beteiligten Parteien in der nach wie vor
nicht hinreichend geklärten Ausgestaltung der ,Additionality'-Kriterien und ,Ba-
34
Für CDM-Gastgeberländer (Entwicklungsländer) ist nur die Ratifikation des KP Bedingung.
35
Schwerd, J. (2003), S.1-4

Grundlagen und Entwicklungen in der Klimapolitik III-2
- 15 -
seline'-Methoden. Eine Verknüpfung der projektbasierten Instrumente JI, CDM
und geplanter Emissionshandelssysteme muss realisiert werden (s. a. 3.2.3).
Bedingt durch die Zulassung sog. ,Hot Air'-Mengen, entstehen für die Marktteil-
nehmer, den Markt und somit den Preis von Emissionsreduktionseinheiten unsi-
chere Erwartungen, die beseitigt werden müssen (s. a. 6.4).
Abschließend bleiben aus naturwissenschaftlicher Sicht eine Verfeinerung der
Klimamodelle, die Beseitigung von Unsicherheiten bei der Feststellung der Ein-
flüsse von THG-Emissionen auf das globale Klima und letztlich die Erkenntnis-
gewinnung auf der politischen Agenda.
3 Umsetzung des Kompensationsgedankens in der Klimapolitik
Die Kompensation von Emissionsminderungen hat sich seit der Konferenz von
Nordwijk in einigen Punkten wesentlich verändert. Hierzu zählt sicherlich die
Flexibilisierung in zeitlicher und räumlicher Hinsicht, durch die Möglichkeiten
des ,banking' bzw. ,borrowing' und der Integration der Entwicklungsländer beim
CDM. Auch die Interpretation des Kompensationsgedanken ist vielfältig modifi-
ziert und an die jeweils aktuellen Bedürfnisse angepasst worden.
36
Den untersuch-
ten projektbasierten Mechanismen des KP ist allerdings gemein, dass sie zur öko-
logisch effektiven und ökonomisch effizienten Umsetzung einer voraussetzenden
Implementierung nationaler bzw. regional abgegrenzter (z.B. EU-weiter), ord-
nungspolitischer, marktorientierter bzw. suasorischer umweltpolitischer Instru-
mente der klassischen Umweltökonomie bedürfen.
3.1 Primärinstrumente der Umweltpolitik als Basis
In der klassischen umweltökonomischen Literatur werden die in der Praxis um-
setzbaren umweltpolitischen Instrumente durch unterschiedliche Gliederungskri-
terien aufgeteilt. Es ist zum einen eine Aufteilung gemäß der Prinzipien (Verursa-
cher- und Gemeinlastprinzip) der Umweltpolitik möglich, zum anderen eine Ein-
teilung der Instrumente anhand der staatlichen Einflussnahme durch das umwelt-
politische Instrumentarium (fiskalische und nicht-fiskalische Instrume nte).
37
Zu den Instrumenten der Umweltpolitik zählen Auflagen (Ge- und Verbote),
Umweltabgaben (Gebühren, Beiträge, Sonderabgaben) und ­lizenzen, Umwelt-
steuern, Zertifikate und ,,Maßnahmen der leichten Hand". Diese Instrumente wer-
36
Vgl. Schmitt, D.; Düngen, H. (1993) bzw. Rentz, H. (1995)a, S.86-91, 102-108.
37
s. Endres, A. (2000), S.117 ff., auch Wicke, L. (1993), S.195 ff.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2004
ISBN (eBook)
9783832484897
ISBN (Paperback)
9783838684895
DOI
10.3239/9783832484897
Dateigröße
655 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Universität Duisburg-Essen – Wirtschaftswissenschaft
Erscheinungsdatum
2004 (Dezember)
Note
2,3
Schlagworte
kyoto-protokoll additionality emissionshandel grenzvermeidungskosten transaktionskosten
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Titel: Ökonomische Analyse der flexiblen Kompensationsmechanismen der Klimapolitik
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