Lade Inhalt...

Eine vergleichende Analyse der Produktionskosten ukrainischer Getreideproduzenten

©2004 Diplomarbeit 77 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Die Ukraine, mit ihrer ausgeprägten Agrarstruktur und ihrer guten natürlichen und klimatischen Standortbedingungen, ist bekannt als ein bedeutender Produzent und Nettoexporteur landwirtschaftlicher Produkte wie Weizen, Gerste und Sonnenblumen.
Seit der Neugründung der Ukraine 1991 hat die Landwirtschaft des Landes im Transformationsprozess einen teilweise enormen Produktionsrückgang, nicht nur in der Getreideproduktion, hinnehmen müssen. Das Absinken der Getreideproduktion, dem größten Produktionszweig in der Landwirtschaft, von 47,4 Mio. t 1987 auf 26,5 Mio. t 1998 und die Stagnation in den folgenden Jahren werfen viele Fragen nach den Ursachen dieser negativen Entwicklung auf. Kapitalknappheit sowie ein fehlendes Finanzsystem und ein unzureichend entwickelter Bodenmarkt sind nur einige von vielen Symptomen die den allgemeinen Produktionsrückgang, sowohl in der Pflanzen- als auch in der Tierproduktion begleiten.
Viele wissenschaftliche Untersuchungen und Analysen sehen den Hauptgrund für die unbefriedigende Entwicklung in der ukrainischen Landwirtschaft darin, dass durch die Politik keine konsequenten Reformen vollzogen wurden und sich insbesondere in den landwirtschaftlichen Großbetrieben keine marktwirtschaftlichen Strukturen herausbilden konnten. Der ukrainische Agrarsektor zählte in den neunziger Jahren zu den reformbedürftigsten aller Wirtschaftszweige des Landes. An der Struktur (sowohl organisatorisch als auch rechtlich) der ehemaligen Kolchosen und Sowchosen hat sich bis 1999 praktisch nichts verändert. Die Umwandlung von staatlichen und kollektiven Betrieben in kollektivierte landwirtschaftliche Betriebe (KLB) 1992 hatte nur formalen Charakter und brachte kaum Veränderungen mit sich. Dies führte besonders bis Mitte der neunziger Jahre aber auch darüber hinaus zum Anstieg von Kompensationsgeschäften und somit zu einer z.T. starken Ausdehnung des Naturalhandels mit landwirtschaftlichen Produkten. Detailliertere Aussagen hierzu sind bei DOLUD (2003) zu finden.
Durch die im Jahr 2000 begonnenen grundlegenden Reformen der Regierung hat es starken Aufschwung in fast allen Bereichen der landwirtschaftlichen Produktion gegeben. Mit der Weiterführung dieser Reformen scheint die Regierung möglicherweise einen Ansatz gefunden zu haben, die Probleme zu lösen und die Landwirtschaft auch langfristig und nachhaltig als wichtigen und effizienten Wirtschaftszweig des Landes zu etablieren. Auch wenn sich schon positive […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


ID 8696
Einax, Christian: Eine vergleichende Analyse der Produktionskosten ukrainischer
Getreideproduzenten
Hamburg: Diplomica GmbH, 2005
Zugl.: Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Diplomarbeit, 2004
Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte,
insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von
Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der
Vervielfältigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen,
bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfältigung
dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen
der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes der Bundesrepublik
Deutschland in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich
vergütungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des
Urheberrechtes.
Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in
diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme,
dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei
zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften.
Die Informationen in diesem Werk wurden mit Sorgfalt erarbeitet. Dennoch können
Fehler nicht vollständig ausgeschlossen werden, und die Diplomarbeiten Agentur, die
Autoren oder Übersetzer übernehmen keine juristische Verantwortung oder irgendeine
Haftung für evtl. verbliebene fehlerhafte Angaben und deren Folgen.
Diplomica GmbH
http://www.diplom.de, Hamburg 2005
Printed in Germany

2
Autorreferat
Einax, Christian: Eine vergleichende Analyse der Produktionskosten
ukrainischer Getreideproduzenten
2004 - 6 Tab., 16 Abb.,
Halle, Landwirtschaftliche Fakultät
D i p l o m a r b e i t
In dieser Arbeit werden die Kosten und Leistungen der Getreideproduktion
ukrainischer Großbetriebe untersucht und die Wirtschaftlichkeit des Betriebszweigs
Getreide in diesen Betrieben analysiert. Der Betriebsvergleich soll dabei als
Hilfsmittel der Unternehmensführung genutzt werden, um einzelbetrieblich
Schwachstellen und Defizite in der Produktion besser erkennen zu können.
Um einen ersten Überblick über die Situation in der ukrainischen Landwirtschaft zu
bekommen, werden zunächst die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen erörtert. Des
Weiteren wird die Entwicklung der Getreideproduktion erläutert. Um die in dieser
Arbeit genutzten Berechnungsschritte nachvollziehen zu können, werden die
theoretischen Grundlagen der Jahresabschlussanalyse, der Vollkostenrechnung und
von Betriebs- und Betriebszweigvergleichen zusammenfassend dargestellt. Auf Basis
der vorhandenen Datengrundlage wird der Gewinn des Gesamtbetriebs bzw. des
Betriebszweiges Getreide ermittelt. In der Auswertung erfolgt eine Schichtung der
untersuchten Betriebe nach Erfolgskennzahlen (z.B. ordentliches Ergebnis oder
Betriebszweiggewinn). Die einzelnen Kostenpositionen und Leistungen werden
umfassend untersucht und mögliche Unterschiede zwischen erfolgreichen und
weniger erfolgreichen Betrieben herausgestellt. Im Folgenden wird die
Wirtschaftlichkeit des Betriebszweiges Getreide zwischen erfolgreichen und weniger
erfolgreichen Betrieben verglichen. Zum Abschluss werden den Ergebnissen der
untersuchten ukrainischen Betriebe Vergleichswerte ostdeutscher Großbetriebe
ergänzend gegenübergestellt. Dies dient der besseren Einordnung der gewonnenen
Ergebnisse im internationalen Vergleich.

3
Inhaltsverzeichnis
1 Verzeichnis der verwendeten Abkürzungen und Symbole
4
2 Einleitung
5
3 Allgemeine Rahmenbedingungen der ukrainischen Landwirtschaft und
des Getreidesektors
6
3.1
Bedeutung
des
Agrarsektors
7
3.2 Entwicklung der Getreideproduktion und Situation auf dem
Getreidemarkt
10
3.3 Agrarpolitik und ihre Auswirkungen auf Landwirtschaft und
Getreideproduzenten
13
4 Theoretische Vorarbeiten und Datengrundlage
18
4.1 Jahresabschlussanalyse und Theorie der Kosten- und
Leistungsrechnung
19
4.2 Grundlagen und Methodik von Betriebsvergleichen
24
4.3
Datengrundlage
26
4.3.1
Untersuchte
Oblaste
29
4.3.2
Untersuchte
Betriebe
31
5
Ergebnisse
37
5.1 Gesamtbetriebliche Ergebnisse und Erfolgskennzahlen
38
5.2
Kosten
der
Getreideproduktion
42
5.2.1
Einzelkosten
42
5.2.2
Gemeinkosten
46
5.3
Leistungen
der
Getreideproduktion
50
5.4 Erfolgskennzahlen und Wirtschaftlichkeit der Getreideproduktion
51
6
Zusammenfassung
55
7
Literaturverzeichnis
57
8 Anhang
62

4
1 Verzeichnis der verwendeten Abkürzungen und Symbole
A b k ü r z u n g B e d e u t u n g
Abb.
Abbildung
AF
Ackerfläche
AfA
Absetzung
für
Abnutzung
Ak
Arbeitskraft
BIP
Bruttoinlandsprodukt
BSP
Bruttosozialprodukt
bzw.
beziehungsweise
ca.
cirka
Ci
Curie - Maßeinheit für radioaktive Strahlung
dar.
darunter
dt
Dezitonne
e.V.
eingetragener
Verein
GVE
Großvieheinheit
i.d.R.
in
der
Regel
kBq
Kilobecquerel,
Becquerel
-
Einheit für die Stärke der Radioaktivität
kg
Kilogramm
KLB
kollektivierter
landwirtschaftlicher Betrieb
km
Kilometer
KTBL
Kuratorium für Technik und Bauwesen in der Landwirtschaft
LF
landwirtschaftlich
genutzte
Fläche
LN
landwirtschaftliche
Nutzfläche
ME
Mengeneinheit
mm
Millimeter
Mio.
Million
Mrd.
Milliarde
PSM
Pflanzenschutzmittel
t
Tonne
Tab.
Tabelle
u.a.
unter
anderem
UAH
Hryvnia
(ukrainische
Landeswährung)
VE
Vieheinheit
vgl.
Vergleich
v.H.
vom
Hundert
(Prozent)
z.T.
zum
Teil
Euro
$
Dollar
%
Prozent

5
2 Einleitung
Die Ukraine, mit ihrer ausgeprägten Agrarstruktur und ihrer guten natürlichen und
klimatischen Standortbedingungen, ist bekannt als ein bedeutender Produzent und
Nettoexporteur landwirtschaftlicher Produkte wie Weizen, Gerste und
Sonnenblumen.
Seit der Neugründung der Ukraine 1991 hat die Landwirtschaft des Landes im
Transformationsprozess einen teilweise enormen Produktionsrückgang, nicht nur in
der Getreideproduktion, hinnehmen müssen. Das Absinken der Getreideproduktion,
dem größten Produktionszweig in der Landwirtschaft, von 47,4 Mio. t 1987 auf 26,5
Mio. t 1998 und die Stagnation in den folgenden Jahren werfen viele Fragen nach
den Ursachen dieser negativen Entwicklung auf. Kapitalknappheit sowie ein
fehlendes Finanzsystem und ein unzureichend entwickelter Bodenmarkt sind nur
einige von vielen Symptomen die den allgemeinen Produktionsrückgang, sowohl in
der Pflanzen- als auch in der Tierproduktion begleiten. Viele wissenschaftliche
Untersuchungen und Analysen (vgl.: LERMAN/ CSAKI, 1997, 1999, CRAMON-
TAUBADEL 1999, KRUPP 2000) sehen den Hauptgrund für die unbefriedigende
Entwicklung in der ukrainischen Landwirtschaft darin, dass durch die Politik keine
konsequenten Reformen vollzogen wurden und sich insbesondere in den
landwirtschaftlichen Großbetrieben keine marktwirtschaftlichen Strukturen
herausbilden konnten. Der ukrainische Agrarsektor zählte in den neunziger Jahren
zu den reformbedürftigsten aller Wirtschaftszweige des Landes. An der Struktur
(sowohl organisatorisch als auch rechtlich) der ehemaligen Kolchosen und
Sowchosen
1
hat sich bis 1999 praktisch nichts verändert. Die Umwandlung von
staatlichen und kollektiven Betrieben in kollektivierte landwirtschaftliche Betriebe
(KLB) 1992 hatte nur formalen Charakter und brachte kaum Veränderungen mit sich.
Dies führte besonders bis Mitte der neunziger Jahre aber auch darüber hinaus zum
Anstieg von Kompensationsgeschäften und somit zu einer z.T. starken Ausdehnung
des Naturalhandels mit landwirtschaftlichen Produkten. Detailliertere Aussagen
hierzu sind bei DOLUD (2003) zu finden. Durch die im Jahr 2000 begonnenen
grundlegenden Reformen der Regierung hat es starken Aufschwung in fast allen
Bereichen der landwirtschaftlichen Produktion gegeben. Mit der Weiterführung dieser
1
Kolchose ­ kollektive Wirtschaft, Sowchose ­ sowjetische Wirtschaft

6
Reformen scheint die Regierung möglicherweise einen Ansatz gefunden zu haben,
die Probleme zu lösen und die Landwirtschaft auch langfristig und nachhaltig als
wichtigen und effizienten Wirtschaftszweig des Landes zu etablieren. Auch wenn sich
schon positive Wirkungen der Neuordnung der Landwirtschaft zeigen, gibt es in
einigen Bereichen noch grundlegenden Bedarf an Veränderungen. Dies gilt
besonders für Organisation und Analyse des Betriebs- und Produktionsablaufs, in
Fragen des Managements oder bei der Einführung von Qualitätsstandards für die
Produktion bzw. die Vermarktung.
In der vorliegenden Arbeit wird versucht, den wichtigsten Betriebszweig vieler
landwirtschaftlicher Unternehmen in der Ukraine, die Getreideproduktion, hinsichtlich
des Entwicklungsstandes sowie der Wirtschaftlichkeit zu analysieren. Erreicht
werden soll dies mittels einzelbetrieblicher Analyse und horizontalen
Betriebsvergleich zwischen landwirtschaftlichen Unternehmen. Ziel ist es,
Kostenhöhe und Kostenstrukturen zwischen unterschiedlich erfolgreichen Betrieben
zu vergleichen, sowie Einflüsse und Einflussfaktoren darzustellen, die als
kostenwirksam identifiziert werden können. Dabei sollen mögliche Schwachstellen
und Kosteneinsparpotentiale innerhalb der Getreideproduktion und der
gesamtbetrieblichen Organisation aufgezeigt werden.
Die Arbeit beruht auf den Jahresabschlüssen von landwirtschaftlichen Unternehmen
aus den Oblasten
1
Vinnitsa, Kiew und Tscherkassy sowie Daten des Staatlichen
Statistischen Komitees der Ukraine über die Marktfrucht- und Getreideproduktion in
der Ukraine und in den Oblasten.
3 Allgemeine Rahmenbedingungen der ukrainischen Landwirtschaft und des
Getreidesektors
Im Folgenden wird unter 3.1 der landwirtschaftliche Sektor der Ukraine beschrieben.
Es wird kurz auf die Entwicklung der wichtigsten Produktionszweige, neben Getreide
eingegangen. Im zweiten Abschnitt werden Getreideproduktion und Getreidemarkt
näher dargestellt. Der letzte Abschnitt beschäftigt sich mit politischen den wirt
schaftlichen Rahmenbedingungen und den Auswirkungen agrarpolitischer
Entscheidungen auf die landwirtschaftliche Produktion im Allgemeinen und die
Getreideproduktion im Speziellen.
1
Oblast ­ Distrikt, Verwaltungsgebiet

7
3.1 Bedeutung des Agrarsektors
Die Erzeugung von Agrarprodukten und deren Export sind wichtiger Bestandteil der
ukrainischen Wirtschaft. Nach der Unabhängigkeit des Landes 1991 erlebte die
gesamte Wirtschaft einen Verfall, das Bruttoinlandsprodukt (BIP) verringerte sich
jedes Jahr aufs Neue. Dabei war 1994 mit -22,2 v.H. der größte Rückgang zu
verzeichnen (ZMP ­ OSTEUROPA, 2001 und 2002). Die Ursachen für diese
Entwicklung können nicht nur im politischen und wirtschaftlichen Wandel nach 1990
gesucht werden. Zwar gab es auch in vielen anderen Ländern Osteuropas einen
relativen Rückgang der Wirtschaftskraft, jedoch nicht in einem solchen Maße wie in
der Ukraine. Eine Übersicht zur Entwicklung der landwirtschaftlichen und der
industriellen Produktion der Ukraine im Vergleich mit anderen osteuropäischen
Staaten ist in Tabelle 1 dargestellt.
Tabelle 1: Landwirtschaftliche und industrielle Produktion und BIP
Index der Veränderung der Produktion
Land
Getreide Fleisch
Landwirtschaft
Industrie
BIP
Ungarn
88 65 72 112 98
Tschechische Republik
87 73 72 86 91
Polen
99 98 92 108 122
Rumänien
93 76 97 68 75
Bulgarien
68 50 59 50 68
Russland
61 48 60 50 61
Weissrussland
73 57 58 96 71
Ukraine
61 41 51 39 39
Die Indizes geben den durchschnittlichen jährlichen Output von 1997-1999 im relativen Vergleich zum
durchschnittlichen jährlichen Output von 1986-1990, mit 1986-1990 = 100, an.
aus: Changes in Agricultural Markets in Transition Economics, William Liefert, 2002.
Besonders im Bereich der ukrainischen Landwirtschaft kam es zu einem starken
Einbruch. Der Anteil der Bruttoagrarerzeugung am Bruttosozialprodukt (BSP) des
Landes betrug 1991 22,7 v.H., verringerte sich aber in den folgenden Jahren
beständig und betrug im Jahr 2000 11,0 v.H. bzw. im darauffolgenden Jahr 12,4 v.H.
Die negative Entwicklung in der Agrarerzeugung konnte erst im Jahr 2001 gestoppt
werden ­ die landwirtschaftliche Produktion des Landes konnte erstmals seit der
Unabhängigkeit ein positives Wachstum verzeichnen (Tabelle 2). Dabei hatte die
pflanzliche Erzeugung 2001 ein Wachstum von 12,4 v.H. gegenüber dem Vorjahr,
die tierische Erzeugung eine Steigerung von 7 v.H.

8
Tabelle 2:
volkswirtschaftliche Kennzahlen
1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003
reales BIP Wachstum in %
-8,4 -9,7 -14,2 -22,2 -12,2 -10,0 -3,0 -1,7 -0,4 6,0 9,1 5,2 8,2
reales Wachstum der
Bruttoagrarerzeugung in %
-13,2 -14,5 -1,8 -13,7 -4,6 -9,5 -1,9 -9,8 -6,9 7,6 9,9 3,0 k.A.
Anteil der Bruttoagrarerzeugung
am BSP in %
22,7 20,8 21,5 15,0 14,6 13,1 12,1 11,2 11,4 11,0 14,7 k.A. k.A.
Inflation (Veränderungsrate in %
gegenüber Vorjahr)
k.A k.A k.A k.A
378,7
80,2 15,9 12,0 27,0 23,0 10,0 3,0 k.A.
registrierte Arbeitslosigkeit in Tsd.
6,8 70,5
83,9
82,2
126,9 351,1 637,2 1003,2 1174,5 1188,0 1008,1 1034,2 1012,0
registrierte Arbeitslosigkeit in %
0,0 0,3 0,4 0,4 0,5 1,3 2,3 3,7 4,3 4,2 3,7 3,9
3,7
Wechselkurs UAH/ (ECU)
0,00002 0,003 0,053
0,4
1,9 2,3 2,1 2,8 4,7 5,0 4,8 5,0 6,0
Wechselkurs UAH/$ (Dollar)
0,00002 0,002 0,045
0,5
1,7 1,8 1,9 2,5 4,1 5,4 5,3 5,3 5,3
Quelle: FAO-Database (www.fao.org), Institute of Economic Research Kiew, ZMP ­ Agrarmärkte in
Zahlen 2002 und 2003, Osteuropa
Der Anteil der im Sektor Land- und Forstwirtschaft beschäftigten Personen betrug
1990 19,4 v.H. (VIENNA INSTITUTE FOR INTERANTIONAL ECONOMIC STUDIES,
2002). Dies hat sich im Gegensatz zum industriellen Bereich bis zum Jahr 2000 nur
wenig verändert. Mit 21,8 v.H. der Gesamtbeschäftigten hat der Agrarsektor einen
kleinen Anstieg gegenüber dem Vorjahr zu verzeichnen (siehe Anhang 1). Dazu
muss allerdings gesagt werden, dass sich im Bereich der mittleren und großen
landwirtschaftlichen Unternehmen die Anzahl der Beschäftigten von 1990 bis 2000
mehr als halbiert hat (VON CRAMON-TAUBADEL, 2001).
Im Folgenden werden die neben dem Getreide noch wichtigen Agrarmärkte für
Zucker und Milch kurz in ihrer Entwicklung skizziert und charakterisiert.
Die Zuckerrübenproduktion der Ukraine wies schon vor 1990 deutliche Schwächen,
vor allem bei der Ertragshöhe auf. 1998 fiel die Zuckerrübenproduktion auf 33,9 v.H.
des Niveaus von 1990, stabilisierte sich aber nach einem weiteren Rückgang 2001
bei 15,6 Mio. t (VON CRAMON-TAUBADEL, 1999). Zuckerrübenanbau ist gegenüber
der Produktion anderer Marktfrüchte bislang wenig profitabel, insbesondere aufgrund
der niedrigen Preise, die die Betriebe erhalten (BENECKE, 2001). Der
durchschnittliche Zuckerrübenertrag ging von 317 dt/ha im Jahr 1989 um fast die
Hälfte auf 177 dt/ha im Jahr 2000 zurück (ZMP - Osteuropa, 2001).
Neben der Rübenproduktion hängt die Zuckerproduktion auch von der Verarbeitung
der Rüben ab ­ hier wurde fast nichts in eine Modernisierung der
Zuckerrübenverarbeitung investiert. Die Fabriken sind überaltert und besitzen meist

9
eine völlig unzureichende Verarbeitungskapazität. Langfristig scheint es fraglich, ob
die ukrainische Zuckerrübenproduktion international wettbewerbsfähig sein kann. Die
Verarbeitungsindustrie bedarf ohne Zweifel einer grundlegenden Erneuerung. In den
letzten Jahren hat im Bereich der Verarbeitungsindustrie ein starker
Konzentrationsprozess eingesetzt. Letztlich müssen die Zuckerfabriken den
Inlandsmarkt mit ausreichend qualitativ hochwertigen Zucker versorgen können,
gegebenenfalls auch mit verarbeiteten importierten Rohzucker, falls eine rentable
Zuckerrübenproduktion im Inland nicht möglich ist. BENECKE und CRAMON-
TAUBADEL (2001) kommen hinsichtlich der Wettbewerbsfähigkeit der
Zuckerrübenproduktion zu folgenden Erkenntnissen: 1. die Zuckerproduktion kann
nur dann wettbewerbsfähig werden, wenn die Effizienz der ukrainischen
Verarbeitungsindustrie sich deutlich verbessert; 2. der Anbau von Zuckerrüben kann
gegenüber anderen Früchten nur konkurrenzfähig sein, wenn ein Ertragsniveau (ab
ca. 500 t/ha) bei entsprechenden Erzeugerpreisen erreicht wird; 3. mittel- und
langfristig sind ukrainische Landwirte in der Lage bestimmte Früchte (wie z.B.
Weizen, Raps und Mais) mit Profit, auch für den Export, zu produzieren. Für
Zuckerrüben ist dies unter den Annahmen der derzeitigen Entwicklungen am
Weltmarkt nur in Betrieben mit sehr gutem Management und bei einer
Nettoimportposition der Ukraine möglich.
Auch der Bereich der Milchproduktion erlebte nach 1990 einen starken Einbruch.
Zwischen 1986 und 1990 produzierte die Ukraine jährlich durchschnittlich 24,1 Mio. t.
Dagegen belief sich die Milchproduktion 1997 auf 13,7 Mio. t, davon wurden rund 40
v.H. in den KLB produziert (ZMP ­ OSTEUROPA, 1999). Die Milchleistung sank in
den gleichen Zeiträumen von rund 2900 kg/Kuh und Jahr auf 2080 kg/ Kuh und Jahr.
Nach einer Analyse des Milchsektors durch das Insitute for Policy Research in
Washington D.C. und das Center for Privatisation and Economic Reform in Kiev
(1997) und der aktuellen Situation muss bezweifelt werden, ob die Milchproduktion
sich von ihrer langfristigen Fehlentwicklung wieder erholen kann (BAKER, 1999).
Besondere Verantwortung für den Niedergang trägt, wie in den anderen
Agrarmärkten auch, die Agrarpolitik, die es durch ihre Eingriffe in Produktion und
Markt (wie beispielsweise Handelsinterventionen durch Verkaufsregularien) bis zum
Jahr 2000 nicht verstanden hat den Sektor in Richtung einer wettbewerbsfähigeren
und effizienteren Milchproduktion und -verarbeitung zu lenken. In den vergangenen
Jahren hat sich die Situation bei leicht steigenden Milchleistungen etwas verbessert,

10
wobei es jedoch regional sehr differenzierte Entwicklungen gab (ZMP ­ MITTEL-
UND OSTEUROPA, 2002). Auch hat sich der Abbau des Tierbestandes weiter
fortgesetzt.
3.2 Entwicklung der Getreideproduktion und Situation auf dem Getreidemarkt
Die Entwicklung der Agrarproduktion der wichtigsten Agrarerzeugnisse ist in
Abbildung 1 dargestellt. Es zeigt sich, dass Getreide auch trotz des allgemeinen
Produktionsrückgangs nach 1990 und der Missernte 2000 weiterhin das wichtigste
Agrarprodukt ist. Die Getreideanbaufläche der Ukraine hat sich gegenüber den
neunziger Jahren kaum verändert und lag 2001 bei 15,6 Mio. ha. Verglichen mit den
Anbauflächen von Zuckerrüben (knapp 1 Mio. ha) und Sonnenblumen (2,5 Mio. ha)
zeigt sich der hohe Stellenwert des Getreideanbaus in der ukrainischen
Landwirtschaft.
Abb. 1 Produktion der wichtigsten Agrarerzeugnisse in der Ukraine 1985 ­ 2002
0,0
10,0
20,0
30,0
40,0
50,0
60,0
´85
´90
´91
´92
´93
´94
´95
´96
´97
´98
´99
´00
´01 ´02
Jahre
Produktion in Mio. t
Getreide
Zuckerrüben
Sonnenblumen
Kartoffeln
Fleisch
Milch
Quelle: Eigene Darstellung (nach ZMP - Osteuropa, 2003)
Der beständige Rückgang der ukrainischen Getreideproduktion in den Neunziger
Jahren kam entgegen den Erwartungen, die trotz der schwierigen wirtschaftlichen
Situation nach der Neugründung des Landes davon ausgegangen waren, dass sich
die Ukraine relativ zügig zu einem wichtigen Getreideexporteur entwickeln würde. Bis
1993 konnten trotz der Unsicherheiten die der wirtschaftliche Wandel und die damit
verbundenen Probleme bei der Absicherung der Produktion mit sich brachten,
jährlich Getreidemengen von ca. 40 Mio. t geerntet werden.

11
In den folgenden Jahren kam es aufgrund verschiedener Ursachen zu einem stetigen
Produktionsrückgang, der dazu führte, dass die Getreideproduktion 1999 mit 24,6
Mio. t nur noch knapp 52 Prozent des durchschnittlichen Produktionsniveaus
zwischen 1986 und 1990 erreichte (VON CRAMON-TAUBADEL, 1999); vgl.:
Getreideproduktion Deutschland 1999 - 44,5 Mio. t (STATISTISCHES JAHRBUCH,
2002). Die Entwicklung der Produktionsmengen weltweit wichtiger
Getreideproduzenten im Vergleich mit der Produktion in der Ukraine ist in Abbildung
2 dargestellt.
Nicht nur die Gesamtproduktion ging immer weiter zurück, auch das Ertragsniveau
sank durch Mangel an Produktionsmitteln, welche meist vom Staat geliefert werden.
So lag der Durchschnittsertrag 1999 bei 19,6 dt/ha (www.ukrstat.gov.ua, 2004). Die
jährliche Neuverschuldung gegenüber dem Staat stieg, da ein Großteil der Betriebe
nur einen Teil der Schulden beim Staat zurückzahlen konnte. Der durchschnittliche
Preis für Weizen lag 1999 bei 42 UAH/dt (ZMP - OSTEUROPA, 2000) und damit
etwas unter dem Weltmarktpreis. In Anlage 2 ist die Preisentwicklung für Weizen als
wichtigste Getreidefrucht in der Ukraine, sowie für die EU und die USA als wichtige
Weizenproduzenten dargestellt. Trotz sich abzeichnender Reformen wurden im Jahr
2000 wiederum weniger als 25 Mio. t Getreide produziert. Aufgrund der
vorangegangenen niedrigen Ernte 1999 und des schnellen Exports eines Teils dieser
Ernte im Herbst (zu Preisen umgerechnet teilweise unter 5 Euro/dt), mussten zu
Beginn des Jahres 2001 größere Mengen Getreide aus Russland und anderen
Ländern importiert werden, da auch die staatlichen Reserven aufgebraucht waren
(UKRAGROCONSULT, VERSCHIEDENE AUSGABEN, 2001).
Abb. 2 Getreideerzeugung in der Welt
0,0
50,0
100,0
150,0
200,0
250,0
300,0
350,0
400,0
1993
1994
1995
1996
1997
1998
1999
2000
2001
2002
2003
Jahre
Erntem
enge in Mio. t
Ukraine
Deutschland
EU-15
USA
Quelle: Eigene Darstellung (nach FAO, OECD, ZMP, 2004)

12
So wurden bis Juli d.h. bis zum Beginn der Ernte 2001 monatlich ca. 40000 t
Getreide importiert, um den inländischen Bedarf zu decken (ZMP ­ OSTEUROPA,
2001). Aufgrund dieser Importsituation lag der Inlandspreis für Getreide höher als der
Weltmarktpreis. Die verarbeitende Industrie gibt diesen hohen Inlandspreis i.d.R. an
die Konsumenten weiter, was sich in steigenden Preisen für Brot und andere
Backwaren zeigt. Neben dem Mangel an Produktionsmitteln ist auch die mangelnde
Einsatzfähigkeit von Erntemaschinen ein Grund für das ständig zurückgehende
Produktionsniveau. So schätzt der stellvertretende Minister für Agrarpolitik, dass dies
zu Ernteverlusten von jährlich bis zu 25 Prozent führen kann (ZMP ­ OSTEUROPA,
2002). An dieser Problematik hat sich auch in den von einer enormen
Produktionssteigerung gekennzeichneten Jahren 2001 und 2002 nicht geändert. Laut
Ministerium waren zu Beginn der Ernte 2002 nur knapp ¼ der Mähdrescher
einsatzbereit (ZMP ­ OSTEUROPA, 2002).
Aufgrund enormer Steigerungen der Erträge, die erneut ein Niveau wie zu Beginn
der Neunziger Jahre erreichten, konnten 2001 39,4 Mio. t geerntet werden, wobei
davon ca. 5 Mio. t exportiert wurden (ZMP ­ OSTEUROPA, 2002). Bei Weizen stieg
der Durchschnittsertrag gegenüber dem Jahr 2000 um 57,1 Prozent auf 31,4 dt/ha,
ebenso stieg das Ertragsniveau bei Gerste um durchschnittlich 6,9 dt/ha auf 25,5
dt/ha. Wichtige Abnehmer für ukrainisches Getreide auf dem Weltmarkt sind neben
dem Nahen Osten und Nordafrika auch EU-Länder wie Spanien, Italien und
Griechenland (AGRA FOOD EAST EUROPE, 2002, ZMP ­ OSTEUROPA, 2002).
Die Steigerung der Bruttoagrarproduktion ist eng mit der Erhöhung der
Getreideproduktion verknüpft. Ihr Wachstum um fast 10 Prozent in 2001 und
annährend 3 Prozent in 2002 weißt auf eine vorläufige Trendwende im Agrarsektor
hin. Aufgrund der hohen Produktion und einer stabilen Preisentwicklung am Markt
exportierte die Ukraine 2001 Getreide für 482,9 Mio. $, was einer Steigerung von
über 280 Prozent gegenüber dem Jahr 2000 entspricht (AGRIUKRAINE
INFORMATIONSDIENST, 2002). Um die positive Entwicklung weiter zu fördern,
muss weiter in die Infra- und Handelsstruktur des Agrarsektors investiert werden.
Neben der Vergabe von Krediten zur Förderung der Produktion, versucht die
europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung auch die Zertifizierung
weiterzuentwickeln um den Getreidehandel transparenter zu gestalten. Ab dem
1.1.2003 wurden in der Ukraine neue Qualitätsstandards für Getreidequalitäten
entsprechend europäischer Normen eingeführt (ZMP ­ OSTEUROPA, 2002).

13
Wichtigstes Qualitätskriterium ist dabei der Eiweißgehalt. Die neuen Richtlinien
wirken sich auch auf die Preise am Markt aus, da die Qualitäten nun anders bewertet
werden und so einige Produzenten teilweise einen geringeren Erlös für ihr Getreide
erzielen. Daher ist eine Anpassung des Produktionsmanagements an EU-Standards
und -richtlinien notwendig. Diese bringt auch entsprechende Vorteile für die
ukrainischen Getreideexporteure, da so eine gewisse Transparenz bei der
Bewertung und beim Handel großer Getreidemargen geschaffen wurde.
Trotz der guten Entwicklung in der Getreideproduktion in 2001 und 2002 haben
andere Produktionszweige, wie die Zuckerrüben- oder Fleischproduktion keine
bessere Entwicklung erfahren. Laut Informationsdienst AgriUkraine haben im Jahr
2002 ca. 70 v.H. der ukrainischen Landwirtschaftsbetriebe mit Verlust gearbeitet
(AGRIUKRAINE INFORMATIONSDIENST, 2003). Dem gegenüber spricht der
Landwirtschaftsminister von nur 55 bis 58 v.H. unrentablen Betrieben (ZMP ­
OSTEUROPA, 2003). Diese unterschiedlichen Angaben können hier nicht weiter
untersucht werden. Sie zeigen jedoch wie heterogen die Informationsdarstellung sein
kann.
3.3 Agrarpolitik und ihre Auswirkungen auf Landwirtschaft und
Getreideproduzenten
Agrarpolitische Entscheidungen wirken sich in der Ukraine, ähnlich wie in anderen
Ländern auch, in unterschiedlichem Maße sowohl einzelbetrieblich als auch auf den
gesamten Agrarsektor aus. Auf betrieblicher Ebene werden die Entscheidungen der
Betriebsleiter beeinflusst und reglementiert, wie beispielsweise bei der Beschaffung
finanzieller Mittel, beim Einkauf von Betriebsmitteln oder (und hier im besonderen)
beim Produktabsatz.
Makroökonomisch werden Preise für Agrarprodukte oder der Import bzw. Export
dieser Produkte direkt oder indirekt (z.B. durch Importkontingente, Zölle usw.) in
unterschiedlichem Maße beeinflusst. Diese betriebsexternen Faktoren, die auch
einzelbetrieblich die Produktionskosten beeinflussen, sind i.d.R. unabhängig vom
Management. Es ist jedoch notwendig hier kurz auf die Wirkung solcher Faktoren
einzugehen, da sie letztlich auch auf den Erfolg des Betriebes wirken.
Eingriffe in den Markt sind mitunter notwendig, um die Ziele der jeweiligen
Agrarpolitik durchzusetzen. Nach der Unabhängigkeit und dem wirtschaftlichen
Wandel in der Ukraine waren dies Ziele wie beispielsweise die Schaffung einer

14
funktionierenden Marktstruktur oder die Herausbildung von Privatunternehmen mit
marktwirtschaftlichen Strukturen. Man wollte Voraussetzungen schaffen, die eine
wettbewerbsfähige Produktion ermöglichen. Letztlich führten die agrarpolitischen
Maßnahmen und Eingriffe, die gemacht wurden nicht zu den erwünschten Zielen. Die
Struktur des Agrarsektors hat sich zwischen 1991 und 2000 kaum verändert. Der
Output der landwirtschaftlichen Produktion hat sich 1999 auf gut die Hälfte des
durchschnittlichen Outputs von 1987 bis 1990 verringert ( siehe Tabelle 1). Als
entscheidender Punkt ist daher, zumindest in der Entwicklung bis zum Jahr 2000,
das Fehlen bzw. die unzureichende Schaffung von agrarpolitischen
Rahmenbedingungen zu nennen, durch die sich ein besseres Investitionsklima
entwickeln kann. Ein gutes Investitionsklima sorgt für einen Kapitalzufluss in die
Landwirtschaft, der notwendig ist, um die benötigten Inputs für die Produktion zu
beschaffen (KRUPP, 2000). Eine Übersicht zu Gesetzen, Beschlüssen und weiteren
politischen Maßnahmen der Regierung, welche die Landwirtschaft betreffen, findet
sich in Anhang 3
1
.
Erste Gesetze die eine größere Auswirkung auf die Landwirtschaft hatten war das
Gesetz zu den privaten Bauernwirtschaften (12/1991) sowie das Gesetz zu den
kollektivierten landwirtschaftlichen Betrieben (04/1992), in denen die Grundlagen für
die Transformation von staatlichen und kollektiven Betrieben in KLB festgelegt
wurden. Die KLB sollten dabei nur eine Übergangsform auf dem Weg zur
Herausbildung von Betrieben mit privatwirtschaftlichen Strukturen sein. Dieser
Übergang wurde in den folgenden Jahren aber nicht vollzogen. Dies führte dazu,
dass Betriebsleiter auch weiterhin in ihren Kompetenzen und Vollmachten
eingeschränkt waren und nötige Veränderungen und Umstrukturierungen nicht
umsetzen konnten. Die Transformation im der Produktion nachgelagerten Bereich,
d.h. im Verarbeitungssektor verlief wesentlich klarer und wurde schneller
durchgesetzt. So wurden in diesem Bereich Schlachtbetriebe, Molkereien,
Zuckerfabriken und Getreideelevatoren in den ersten 5 Jahren der nach der
Unabhängigkeit fast vollständig privatisiert. Im sich entwickelnden freien Handel für
Getreide konnte der Staat nicht mehr wie gewünscht regulativ eingreifen. Dies führte
dazu, dass die Regierung 1996 das staatliche Unternehmens Khlib Ukrainy (Brot der
Ukraine), einen Zusammenschluss eines Großteils der Getreideelevatoren,
1
die folgenden Ausführungen beziehen sich auf die Veröffentlichung von VON CRAMON-TAUBADEL, ZORYA, STRIEWE
,,Policies and Agricultural Development in Ukraine" und auf die Webseite www.rada.kiev.ua; zusätzlich genutzte Quellen werden
entsprechend aufgeführt

15
gegründet hat. Durch den Kabinettsbeschluss zur Errichtung von Khlib Ukrainy war
der Staat, aufgrund der Monopolstellung dieses Unternehmens nunmehr in der Lage,
Absatz, Vermarktung und Export von Getreide direkt zu steuern. Das hatte sehr
negative Auswirkungen auf die Vermarktungsmöglichkeiten auf einzelbetrieblicher
Ebene und damit auch auf die erzielbaren Preise. Die Betriebe als Produzenten
waren nicht in der Lage ihre Produkte selbst am Markt abzusetzen und so einen
möglichst hohen Preis zu erzielen. Wegen des Monopolcharakters war es Khlib
Ukrainy möglich Marktmacht auszuüben. Auch deshalb sind die Kosten für
Dienstleistungen innerhalb der Vermarktungskette (Reinigung, Lagerung, Transport
usw.) teilweise zu hoch gewesen, was sich zusätzlich negativ auf die Erzeugerpreise
ausgewirkt hat.
Nach Berechnungen von STRIEWE und VON CRAMON-TAUBADEL (1999) erzielten
ukrainische Landwirte 1999 beim Export von Getreide nach Abzug aller Kosten ca.
40 v.H. des Weltmarktpreises - aufgrund von Verlusten und hohen
Vermarktungskosten, während deutsche Erzeuger rund 70 v. H. erzielten. Ein
Großteil dieser Wettbewerbsnachteile wird durch die schlechten
Vermarktungsstrukturen, die in der Ukraine herrschen, hervorgerufen. Diese ergeben
sich aus den bereits dargestellten staatlichen Eingriffen.
Andere Maßnahmen haben die Betriebe ebenfalls in ihrer Handlungsfähigkeit
eingeschränkt. Exportquoten und -lizenzen für Getreide, welche bis 1996 in der
Ukraine auf der Tagesordnung standen und auch weiterhin ein Regulativ darstellen,
sind ein Vermarktungsmonopol mit dem der Staat sowohl den Export regulieren, als
auch durch Verkauf der Lizenzen die Produzenten weiter abschöpfen kann. So legte
der Kabinettsbeschluss ,,Zur Regulierung der Verwendung von Getreide" im Januar
1998 fest, dass die Getreideproduzenten ihr Getreide zuerst zu festgelegten Preisen
an staatliche Getreideabnehmer liefern müssen, damit der Staat seine an die
Betriebe gelieferten Inputs in die laufende Produktion kompensieren kann. Erst
nachdem die staatlichen Getreidehändler ihr Kontingent erreicht hatten war es dem
Erzeuger möglich sein Getreide an private Abnehmer zu verkaufen. Die Streichung
dieser Resolution im September 1998 zeigt die Unschlüssigkeit innerhalb der Politik
darüber, mit welchen Maßnahmen die gesetzten Ziele erreicht werden sollen.
Gesetze zur Schuldenverteilung oder -erlassung, wie im Mai 1997 oder im März 2000
erlassen, führten dazu, dass unrentable Unternehmen trotz ihrer nachhaltig
negativen Entwicklung am Markt verblieben und weiter produzieren konnten. Auf

16
diese Weise wurden knappe Ressourcen nicht optimal genutzt bzw. verschwendet.
Das bis 2004 geltende Moratorium beim Konkurs landwirtschaftlicher Betriebe wirkt
ähnlich
1
. Es beeinflusst den freien Wettbewerb zwischen landwirtschaftlichen
Unternehmen, indem es die Liquidierung von Unternehmen, die sich im Konkurs
befinden, aussetzt und so verhindert. Außerdem stellt es ein Hindernis für die
Entwicklung eines funktionierenden Kreditmarktes dar, da Kreditgebern die nötige
Absicherung bei der Vergabe von Krediten fehlt.
Im Dezember 1999 verfügte Präsident Leonid Kutschma schließlich einen Erlass zur
Privatisierung der kollektiven landwirtschaftlichen Betriebe (KLB). Ziel dieser
Maßnahme war die Umwandlung der Kollektivbetriebe in private Bauernwirtschaften,
landwirtschaftliche Unternehmen oder Genossenschaften auf der Basis von privaten
Bodeneigentum. Das Dekret wurde weithin als wichtiger und dringend notwendiger
Reformschritt betrachtet ­ eine auf Privateigentum basierende Neugestaltung der
Betriebe. Laut Ministerium für Landwirtschaft wurde die Umsetzung dieses Erlasses
Mitte 2001 weitgehend abgeschlossen (ZMP ­ OSTEUROPA, 2001). Ein Großteil der
neugegründeten Unternehmen wählte die Rechtsform der GmbH oder der
Aktiengesellschaft. Ein Viertel der Betriebe wandelte sich in Unternehmen auf
genossenschaftlicher Basis um.
Zu weiteren Zielen der Regierungspolitik im Jahr 2000 gehörte es private Banken
und Vorleistungsfirmen als Hauptkreditgeber in die Ökonomie einzubinden und so
den Staat in seiner Rolle als Inputlieferant und Kreditgeber zu entlasten. Als weitere
Maßnahme ist der Aufbau von Handelsbörsen zu nennen. Ziel dieser Maßnahme
war, Bartergeschäfte zu bekämpfen und das Inlandspreisniveau stabil zu halten.
Bisherige Anstrengungen von Regierung und Agrarministerium transparente
Agrarbörsen aufzubauen, konnten mit nur geringem Erfolg umgesetzt werden. Auch
mit dem erneuten Versuch konnten, trotz anfänglicher Erfolge, die verfolgten Ziele
nicht erreicht werden.
Die Versorgung mit Vorleistungsgütern wurde nicht mehr an das Erstabnahmerecht
des Staates beim Getreideverkauf gebunden. Wegen der schlechten finanziellen
Situation in einem Großteil der Betriebe und aufgrund negativer Erfahrungen
zögerten aber viele private Zulieferer bei der Versorgung mit Betriebsmitteln. So
betrugen im Jahr 2000 die ausstehenden Schulden ukrainischer Betriebe bei
1
Moratorium - Zahlungsaufschub

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2004
ISBN (eBook)
9783832486969
ISBN (Paperback)
9783838686967
DOI
10.3239/9783832486969
Dateigröße
630 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg – Landwirtschaftliche Fakultät
Erscheinungsdatum
2005 (April)
Note
3,0
Schlagworte
getreideproduktion betriebsvergleich betriebsanalyse wirtschaftlichkeit pflanze
Zurück

Titel: Eine vergleichende Analyse der Produktionskosten ukrainischer Getreideproduzenten
book preview page numper 1
book preview page numper 2
book preview page numper 3
book preview page numper 4
book preview page numper 5
book preview page numper 6
book preview page numper 7
book preview page numper 8
book preview page numper 9
book preview page numper 10
book preview page numper 11
book preview page numper 12
book preview page numper 13
book preview page numper 14
book preview page numper 15
book preview page numper 16
book preview page numper 17
77 Seiten
Cookie-Einstellungen