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Rechnungslegungskonzeptionen nach IAS/IFRS und HGB im kritischen Vergleich

©2004 Masterarbeit 67 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Zusammenfassung:
Die Suche deutscher, expandierender Unternehmen nach Investoren macht eine internationale Ausrichtung notwendig. Der nationale Kapitalmarkt reicht nicht mehr aus. Dieses wird deutschen Unternehmen jedoch erschwert: HGB-Abschlüsse enthalten für potentielle Investoren des internationalen Kapitalmarktes keine entscheidungsrelevanten, international vergleichbaren Informationen.
Die deutsche Rechnungslegung wird stark durch steuerliche Aspekte und die Ausnutzung von Gestaltungsspielräumen geprägt, internationale Rechnungslegungsvorschriften, wie z. B. die International Accounting Standards (IAS), trennen strikt zwischen Handels- und Steuerbilanz und bieten kaum Gestaltungsspielräume. Für Personen mit allgemeinwirtschaftlichen Erfahrungen und Wissen ist die internationale, betriebswirtschaftlich ausgerichtete Rechnungslegung einfacher zu verstehen.
In der Verfassung des International Accounting Standards Committee (IASC) wurde das Ziel gesetzt, mit den IAS „qualitativ hochwertige“ Rechnungslegungsstandards herauszugeben. Hiermit sollen den Adressaten Abschlussinformationen bereitgestellt werden, die sie in ihren wirtschaftlichen Entscheidungen bestmöglich unterstützen.
Die Rechnungslegung nach HGB ist logisch kaum erklärbar und entspricht nicht den betriebswirtschaftlichen Erfordernissen. Im Ausland begründete dies in der Vergangenheit das totale Unverständnis der Rechnungslegung deutscher Unternehmen nach dem HGB.
Durch den Zusammenschluss europäischer Staaten in der Europäischen Gemeinschaft wurde das Handelsrecht angepasst. Mit Wirkung ab 1986 trat das Bilanzrichtlinien-Gesetz, als Folge der 4. (Einzelabschluss), 7. (Konzernabschluss) und 8. (Prüfung) EG-Harmonisierungsrichtlinie, in Kraft. Die weiter zunehmende Globalisierung der Märkte führte schließlich zur Weiterentwicklung der Rechnungslegung. Rechnungslegende Unternehmen forderten immer mehr die Vergleichbarkeit der Jahresabschlüsse und der Gesetzgeber befasste sich mit der Legitimation der Rechnungslegung nach internationalen Maßstäben.
Eine Übernahme der IAS in die deutsche Rechnungslegung ist so nicht möglich. Das Handelsrecht ist in das gesamte deutsche Rechtssystem eingebunden. So nimmt es z. B. durch die Ergebnisverwendungsregelungen erheblichen Einfluss auf das Gesellschaftsrecht und durch die Maßgeblichkeit in der Ergebnisbesteuerung wirkt es im Steuerrecht.
Beginnend mit der Entstehungsgeschichte der Rechnungslegungskonzeptionen nach IAS und HGB […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


ID 8695
Werner, Beate:
Rechnungslegungskonzeptionen nach IAS/IFRS und HGB im kritischen Vergleich
Hamburg: Diplomica GmbH, 2005
Zugl.: FernUniversität Hagen, MA-Thesis / Master, 2004
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Diplomica GmbH
http://www.diplom.de, Hamburg 2005
Printed in Germany

Kurzvita Beate Werner.doc/In
DA01953F/1-12/98
Autorenprofil
Beate Werner trat 1984 in die damalige Messerschmitt-
Bölkow-Blohm GmbH ein, wo Sie u. a. als
Bilanzbuchhalterin tätig war. 1992 wechselte Sie zur
Sony Europa GmbH. Dort war Sie als SAP-R/2-
Koordinatorin für die Bereiche Accounting, Controlling
und Treasury und später auch als Controller (CA-
Diplom) tätig. Nachdem Sie die SAP-R/3-Consultant-
Zertifizierung für FI und CO bei SNI absolviert hatte,
kehrte Sie 1998 zur damaligen Daimler-Chrysler-
Aerospace-Airbus GmbH zurück, wo Sie zunächst als
Unternehmensplaner im Controlling tätig war. Heute ist
Sie als Fachspezialistin für Ergebniscontrolling und
Legal-Accounting in der Abteilung Financial Systems
and Methods der Airbus Deutschland GmbH tätig. Sie
hat im Bereich ,,Internationale Rechnungslegung" ihren
Master of Business Administration absolviert.

Rechnungslegungskonzeptionen nach IAS und HGB im kritischen Vergleich
I
____________________________________________________________
INHALTSVERZEICHNIS
Seite
INHALTSVERZEICHNIS...I
VERZEICHNIS DER ABBILDUNGEN ... III
VERZEICHNIS DER ABKÜRZUNGEN...IV
1. Einführung... 1
2. Entstehung und Institutionen der Rechnungslegungen ... 3
2. 1. Entstehung und Träger der deutschen Rechnungslegung ... 3
2. 2. Entstehung und Träger der internationalen Rechnungslegung ... 4
3. Ziele und Adressaten der Rechnungslegungen... 7
3. 1. Rechtspolitische Ziele des Jahresabschlusses nach HGB ... 7
3. 1. 1. Die Informationsfunktion des Jahresabschlusses nach HGB ... 7
3. 1. 1. 1. Die Dokumentationsfunktion ... 7
3. 1. 1. 2. Die Sicherungsfunktion als Gläubiger- und Anlegerschutz... 8
3. 1. 1. 3. Die Rechenschaftsfunktion ... 9
3. 1. 2. Die Zahlungsbemessungsfunktion... 10
3. 1. 2. 1. Die Ausschüttungssperre... 10
3. 1. 2. 2. Sonstige Zahlungsbemessungsaufgaben... 11
3. 1. 3. Die Relevanz des Handelsrechts für das Steuerrecht ... 12
3. 2. Zielsetzungen des IAS ... 13
3. 2. 1. In der Satzung des IASC definierte Ziele und Maßnahmen... 13
3. 2. 2. Im Framework definierte Ziele und Maßnahmen ... 13
3. 2. 3. In den IAS definierte Ziele und Maßnahmen ... 15
3. 3. Zusammenfassung ... 15
4.
Rechtsquellen und Bestandteile des Jahresabschlusses ... 16
4. 1. Nationaler rechtlicher Rahmen ... 16
4. 2. Normen der IAS/IFRS-Rechnungslegung... 20
4. 2. 1. Grundlegende Konzeptionen ... 20
4. 2. 2. Das Framework... 21
4. 2. 3. IAS und IFRS ... 21
4. 2. 4. Die Interpretations... 24
5. Prinzipien der Rechnungslegung nach IAS und HGB im Vergleich 25
5. 1. Grundlegende Annahmen... 25
5. 1. 1. Going Concern Principle ... 25
5. 1. 2. Accrual Basis ... 26

Rechnungslegungskonzeptionen nach IAS und HGB im kritischen Vergleich
II
____________________________________________________________
5. 2. Qualitative Merkmale ... 29
5. 2. 1. Understandability ... 29
5. 2. 2. Relevance ... 29
5. 2. 3. Reliability... 31
5. 2. 3. 1. Faithful Presentation ... 31
5. 2. 3. 2. Neutrality... 32
5. 2. 3. 3. Substance over form... 32
5. 2. 3. 4. Prudence... 33
5. 2. 3. 5. Completeness ... 35
5. 2. 4. Comparability and Consitency ... 35
5. 3. Beschränkungen ... 37
5. 3. 1. Timeliness... 37
5. 3. 2. Balance between Benefit and Costs ... 38
5. 3. 3. Balance between qualitative Characteristics ... 38
5. 4. Ansatzkriterien ... 39
5. 4. 1. Definitions ... 39
5. 4. 2. Probability und Reliable Measurement ... 39
5. 4. 3. Vergleich der Ansatzpflichten und ­verbote ... 40
5. 5. Die Bewertung ... 43
5. 5. 1. Historical Costs ... 43
5. 5. 2. Current Costs... 44
5. 5. 3. Realisable Value ... 45
5. 5. 4. Present Value ... 45
6. Zusammenfassende Würdigung und Ausblick... 46
SUMMARY... 50
Literaturverzeichnis... 53
Verzeichnis der verwendeten Gesetzestexte... 57
Eidesstattliche Versicherung... 59

Rechnungslegungskonzeptionen nach IAS und HGB im kritischen Vergleich
III
____________________________________________________________
VERZEICHNIS DER ABBILDUNGEN
Abb. 1: Hauptquellen der Rechnungslegungsvorschriften nach IAS ... 6
Abb. 2: Konzeptioneller Aufbau der IAS ... 20
Abb. 3: Übersicht der Regelungsbereiche der IAS/IFRS ... 23
Abb. 4: Vorraussetzungen für die Bilanzierung nach IAS ... 40

Rechnungslegungskonzeptionen nach IAS und HGB im kritischen Vergleich
IV
____________________________________________________________
VERZEICHNIS DER ABKÜRZUNGEN
Abs.
Absatz
AG
Aktiengesellschaft
AktG
Aktiengesetz
BFH
Bundesfinanzhof
BGB
Bürgerliches
Gesetzbuch
BGH
Bundesgerichtshof
BiRiLiG Bilanzrichtliniengesetz
BMF
Bundesministerium für Finanzen
bzw.
beziehungsweise
DRS
Deutsche Rechnungslegungs Standards
DRSC
Deutsches Rechnungslegungs Standards Committee
DSR
Deutscher
Standardisierungsrat
EG
Europäische
Gemeinschaft
EStG
Einkommensteuergesetz
EU
Europäische
Union
GASC
German Accounting Standards Committee
GenG
Gesetz betreffend die Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften
ggf.
gegebenenfalls
GmbHG
Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung
GoB
Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung
GuV
Gewinn und Verlust
HFA
Hauptfachausschuss des IDW in Deutschland e. V.
HGB
Handelsgesetzbuch
IAS
International
Accounting
Standards
IASB
International Accounting Standard Board
IASC
International Accounting Standards Committee
IASCF
International Accounting Standards Committee Foundation
IDW
Instituts
der
Wirtschaftsprüfer
IFRIC
International Financial Reporting Interpretations Committee
IFRS
International Financial Reporting Standards
IOSCO
International Organization of Securities Commissions
KapAEG Kapitalaufnahmeerleichterungsgesetz
KapCoRiLiG Kapitalgesellschaften und Co-Richtlinie-Gesetz
KonTraG
Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich
PublG
Publizitätsgesetz
SIC
Standing
Interpretations
Committee
US-GAAP
Generally Accepted Accounting Principles
z. B.
zum Beispiel

Rechnungslegungskonzeptionen nach IAS und HGB im kritischen Vergleich
1
____________________________________________________________
1. Einführung
Die Suche deutscher, expandierender Unternehmen nach Investoren
macht eine internationale Ausrichtung notwendig. Der nationale Kapital-
markt reicht nicht mehr aus. Dieses wird deutschen Unternehmen jedoch
erschwert: HGB-Abschlüsse enthalten für potentielle Investoren des inter-
nationalen Kapitalmarktes keine entscheidungsrelevanten, international
vergleichbaren Informationen. Die deutsche Rechnungslegung wird stark
durch steuerliche Aspekte und die Ausnutzung von Gestaltungsspielräu-
men geprägt, internationale Rechnungslegungsvorschriften, wie z. B. die
International Accounting Standards (IAS) trennen strikt zwischen Handels-
und Steuerbilanz und bieten kaum Gestaltungsspielräume. Für Personen
mit allgemeinwirtschaftlichen Erfahrungen und Wissen ist die internationale,
betriebswirtschaftlich ausgerichtete Rechnungslegung einfacher zu verste-
hen
1
.
In der Verfassung des International Accounting Standards Committee
(IASC) wurde das Ziel gesetzt, mit den IAS ,,qualitativ hochwertige" Rech-
nungslegungsstandards herauszugeben. Hiermit sollen den Adressaten
Abschlussinformationen bereitgestellt werden, die sie in ihren wirtschaftli-
chen Entscheidungen bestmöglich unterstützen
2
.
Die Rechnungslegung nach HGB ist logisch kaum erklärbar und entspricht
nicht den betriebswirtschaftlichen Erfordernissen. Im Ausland begründete
dies in der Vergangenheit das totale Unverständnis der Rechnungslegung
deutscher Unternehmen nach dem HGB
3
.
Durch den Zusammenschluss europäischer Staaten in der Europäischen
Gemeinschaft wurde das Handelsrecht angepasst. Mit Wirkung ab 1986
trat das Bilanzrichtlinien-Gesetz, als Folge der 4. (Einzelabschluss), 7.
(Konzernabschluss) und 8. (Prüfung) EG-Harmonisierungsrichtlinie, in
Kraft. Die weiter zunehmende Globalisierung der Märkte führte schließlich
zur Weiterentwicklung der Rechnungslegung. Rechnungslegende Unter-
nehmen forderten immer mehr die Vergleichbarkeit der Jahresabschlüsse
und der Gesetzgeber befasste sich mit der Legitimation der Rechnungsle-
gung nach internationalen Maßstäben.
1
vgl. Blomeyer (2000), S. 5
2
vgl. Coenenberg (2003), S. 22, Ziesemer (2002) S. V
3
vgl. Born (2001) S. 1

Rechnungslegungskonzeptionen nach IAS und HGB im kritischen Vergleich
2
____________________________________________________________
Eine Übernahme der IAS in die deutsche Rechnungslegung ist so nicht
möglich. Das Handelsrecht ist in das gesamte deutsche Rechtssystem ein-
gebunden. So nimmt es z. B. durch die Ergebnisverwendungsregelungen
erheblichen Einfluss auf das Gesellschaftsrecht und durch die Maßgeblich-
keit in der Ergebnisbesteuerung wirkt es im Steuerrecht
1
.
Beginnend mit der Entstehungsgeschichte der Rechnungslegungskonzep-
tionen nach IAS und HGB werden in dieser Arbeit die unterschiedlichen
Ausrichtungen herausgearbeitet. Es folgt ein Kapitel über die Träger der
Rechnungslegungen, in dem verdeutlicht wird, dass auch diese die Unter-
schiede begründen. Die Zielsetzungen und Adressaten der Jahresab-
schlussinformationen nach HGB und IAS werden im darauf folgendem Ka-
pitel konkretisiert. Es folgt eine Vorstellung der Rechnungslegungsnormen
dieser Konzeptionen. Mit dem Fokus auf die Relevanz zur Zielerreichung
werden dann die Prinzipien der Rechnungslegungen nach IAS vorgestellt
und mit denen des HGB verglichen. Markante Unterschiede werden an-
hand von einzelnen Bilanzpositionen verdeutlicht
.
Auch die Ansatzkriterien
und die Wertmaßstäbe werden hierbei auf ihren Beitrag zur Zielerreichung
geprüft. Im letzten Kapitel werden schließlich die Erkenntnisse zusammen-
gefasst und ein Ausblick wird gewagt.
1
vgl. Coenenberg (2003), S. 23,. EStG, § 5 Abs. 1 Satz 1, Heno (2003), S. 100, Selchert
(2003) S. 1, Vogel (2003), S. 13

Rechnungslegungskonzeptionen nach IAS und HGB im kritischen Vergleich
3
____________________________________________________________
2. Entstehung und Institutionen der Rechnungslegungen
2. 1. Entstehung und Träger der deutschen Rechnungslegung
Die deutsche Rechnungslegung fußt auf dem frühen 20. Jahrhundert, in
dem der Staat die Geldpolitik steuerte, was eine beliebige Veränderung der
Geldmenge zuließ. Die erhebliche Geldentwertung durch die Steigerung
der Geldmenge veranlasste den Gesetzgeber dazu, inflationäre Tendenzen
aus den Bilanzen herauszuhalten
1
. Die Basis bildet hier das recht detaillier-
te HGB, das am 1. Januar 1900 in Kraft trat. Das Dritte Buch ,,Handelsbü-
cher" baut auf der Aktiennovelle von 1884 auf, in der eine Reihe von Straf-
bestimmungen enthalten waren, um Betrügereien möglichst zu vermeiden
2
.
Lediglich durch den Gesetzgeber können neue Rechtsvorschriften erlassen
bzw. bestehende geändert werden. In Einzelfällen bedürfen die handels-
rechtlichen Vorschriften der Auslegung durch die höchstrichterliche Recht-
sprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) und des Bundesfinanzhofs
(BFH). Ein normensetzendes Gremium ist durch die Verlautbarungen und
Stellungnahmen der Hauptausschuss (HFA) des Instituts der Wirtschafts-
prüfer (IDW), das dadurch als ,,Standardsetter" gilt
3
.
In § 342 HGB ist das Private Rechnungslegungsgremium fixiert. Hiernach
kann das Bundesministerium der Justiz eine privatrechtlich organisierte
Einrichtung durch Vertrag anerkennen und ihr Aufgaben übertragen
4
. Am
3.9.1998 hat das Bundesministerium der Justiz einen solchen Vertrag mit
dem Deutschen Rechnungslegungs Standards Committee (DRSC) abge-
schlossen. Eine Hauptaufgabe des DRSC liegt in der Anpassung der deut-
schen Konzernrechnungslegungsvorschriften an die internationalen Rech-
nungslegungsstandards. Das DRSC ist ein eingetragener, selbstlos tätiger
Verein mit Sitz in Berlin, der international als ,,German Accounting Stan-
dards Committee (GASC)" auftritt und als Träger des Deutschen Standar-
disierungsrates (DSR) anerkannt ist. Im Rahmen der Interpretation beste-
hender Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung (GoB) für die Zwecke
der Konzernrechnungslegung hat er die Möglichkeit, bestehende Bewer-
tungs- und Ansatzregeln einzuschränken und bestimmte Teilbereiche zu
konkretisieren. Nach § 342 Abs. 2 HGB wird die Beachtung der die Kon-
zernrechnungslegung betreffenden Grundsätze ordnungsmäßiger Buchfüh-
1
vgl. Thielemann (2004), S. 173
2
vgl. Born (2001), S. 20
3
vgl. Heno (2003), S. 24
4
vgl, Heno (2003), S. 24, HGB, § 342 Abs. 1, S. 131

Rechnungslegungskonzeptionen nach IAS und HGB im kritischen Vergleich
4
____________________________________________________________
rung vermutet, soweit vom Bundesministerium der Justiz bekannt gemach-
te Empfehlungen einer von ihm anerkannten Einrichtung beachtet worden
sind
1
.
Der DRSC befasst sich weiterhin mit der Frage, wie die DRS in das HGB
eingearbeitet werden könnten, um einen behutsamen Übergang zu einer
an internationalen Grundsätzen orientierten Konzernrechnungslegung zu
ermöglichen. Ab 1.1.2005 sind alle börsennotierten deutschen Unterneh-
men verpflichtet, ihren Konzernabschluss nach IAS aufzustellen. Die DRS
und die zu erwartenden Änderungen des HGB verlieren dann für diese Un-
ternehmen an Bedeutung
2
.
2. 2. Entstehung und Träger der internationalen Rechnungslegung
Die IAS hingegen werden nicht von der Legislative, sondern von einer pri-
vatrechtlichen Organisation erlassen. Die International Accounting Stan-
dards Committee Foundation (IASCF) mit Sitz in London wurde am
29.6.1973 als International Accounting Standards Committee (IASC) von
Berufsverbänden der Wirtschaftsprüfer aus neun Ländern gegründet. Die
Aufgabe des IASCF als privatrechtliche Organisation in der Rechtsform
eines Vereins liegt in der Entwicklung und Förderung weltweit einheitlicher
Rechnungslegungsregeln, den sogenannten International Accounting
Standards (IAS), künftig International Financial Reporting Standards
(IFRS)
3
. Neben der Entwicklung von Standards und Wahlrechten war das
IASC auch an der Ausarbeitung eines Rahmenkonzepts, der Frameworks
und, im Rahmen des Coparibility/Improvements-Projects zur Erhöhung der
Vergleichbarkeit von Jahresabschlüssen, mit der Reduzierung von Wahl-
rechten beteiligt. Mit den ,,Framework for the Preparation and Presentation
of Financial Statements" wurden 1989 die konzeptionellen Grundlagen der
IASC-Normensetzung erörtert
4
. 1995 wurden mit den Core Set of Stan-
dards die Kernstandards begründet und von der internationalen Wertpa-
pieraufsichtsbehörde IOSCO (International Organization of Securities
Commissions) am 17.5.2000 anerkannt. Dies wurde als Beleg für die hohe
Qualität und Eignung der IAS als weltweit anerkannte Rechnungslegungs-
standards gewertet
5
.
1
vgl. HGB, § 342 Abs. 2, Heno (2003), S. 25
2
vgl. Heno (2003), S. 25
3
vgl. Coenenberg (2003), S. 49, Heno (2003), S. 27
4
vgl. Pellens (2001), S. 396 und S. 415, Achleitner (2003) S. 44, Heno (2003), S. 27, Sel-
chert (2003), S. 20
5
vgl. Beermann (2001), S. 21, Coenenberg (2003), S. 49, Heno (2003), S. 27

Rechnungslegungskonzeptionen nach IAS und HGB im kritischen Vergleich
5
____________________________________________________________
Im Jahre 2001 ging das International Accounting Standards Board (IASB)
als Exekutivorgan aus dem ehemaligen IASC hervor, dessen Mitglieder
erstmals hauptamtlich tätig wurden. Die IASCF als Dachorganisation wurde
zu einer Non-for-Profit Delaware Corporation, einer gemeinnützigen Stif-
tung mit juristischem Sitz im US-Bundesstaat Delaware. Die Organisation
wurde in Organe wie Trustees, Board, Standing Interpretations Commitee
(SIC), International Financial Reporting Interpretations Committee (IFRIC)
und Standards Advisory Council strukturiert
1
.
Das Gremium der Treuhänder (Trustees) fungiert in erster Linie als Auf-
sichts- und Finanzierungsorgan zur Sicherung der Unabhängigkeit der
Board-Mitglieder bei der Verabschiedung der Standards und ist internatio-
nal ausgewogen.
Die Verantwortung für die Herausgabe von Standards ist allein dem Board
vorbehalten. Mitglieder des Board wiesen zur Verbesserung der Zusam-
menarbeit und Abstimmung eine formale Anbindung an nationale Stan-
dardsetter, in Deutschland z. B. zum DRSC, auf. Die neu entwickelten
Standards wurden nun IFRS. Die bestehenden IAS behalten jedoch ihre
Gültigkeit, bis sie von neuen IFRS ersetzt werden. Die IAS und IFRS sind
daher als Einheit zu betrachten.
Für zeitnahe Stellungnahmen zu praktisch relevanten Interpretations- und
Anwendungsfragen der aktuell gültigen IAS/IFRS, wurde das Standing In-
terpretations Committee (SIC) im Jahre 1997 gegründet, und später in In-
ternational Financial Reporting Interpretations Comittee (IFRIC) umbe-
nannt.
Für die Beratung der Trustees und der Diskussion technischer Belange mit
den Mitgliedern des Board wurde ein sogenanntes Standards Advisory
Council (SAC), das bislang als Consultative Group bekannt war, ins Leben
gerufen. Es besteht aus nicht im Board vertretenen Interessengruppen und
Organisationen
2
.
Am 29.10.2002 wurde von der IASB und dem Financial Accounting Stan-
dard Board (FASB) eine weitere Institution, die Generally Accepted Ac-
counting Principles (US-GAAP) vereinbart, die das Ziel verfolgen, bis 2005
1
vgl. Baumann (2001), S. 33, Coenenberg (2003), S. 49, Heno (2003), S. 27
2
vgl. Baumann (2001), S. 33, Pellens (2001), S. 396 und S. 417, Coenenberg (2003), S. 53,
Heno (2003), S. 28, Selchert (2003), S. 21

Rechnungslegungskonzeptionen nach IAS und HGB im kritischen Vergleich
6
____________________________________________________________
die IAS und die US-GAAP anzugleichen. Abzuwarten bleibt, ob ins Beson-
dere die US-amerikanische Börsenaufsichtsbehörde Securities and Ex-
change Commission (SEC) zusätzliche Erläuterungen und Überleitungsan-
gaben fordern werden. Die SEC hat zwar aufgrund der fortschreitenden
Qualitätsverbesserungen der IAS-Vorschriften und der Professionalisierung
des IASB ihre grundsätzliche Verweigerungshaltung aufgegeben, es be-
stehen jedoch immer noch Vorbehalte gegenüber diesem Rechnungsle-
gungssystem, sodass IAS-Abschlüsse von ihnen weiterhin nur mit Überlei-
tungsrechnungen bzw. Zusatzangaben akzeptiert werden
1
.
Der Grundstein für die heutige und künftige Rechnungslegung nach IFRS
wurde mit der Verabschiedung des IFRS 1 ,,First-time Adoption of Interna-
tional Financial Reporting Standards" am 19.6.2003 gelegt
2
.
Nat. Standard-
setter/Interessen-
gruppen
Board
Steering
Committees
Standing Interpre-
tations Committee
Standards
Advisory Council
Trustees
Technical Director
Commercial Director
Unterstützung der Arbeit durch Mitarbeiterstab beim IASC
Ernennung und Überwachung
Berichterstattung
Beratung
Einflussnahme
Abb. 1: Hauptquellen der Rechnungslegungsvorschriften nach IAS
(siehe Selchert (2003) S. 19)
1
vgl. Streich (2001), S. 15, Coenenberg (2003), S. 50, Heno (2003), S. 27
2
vgl. Pellens (2001), S. 411, Heno (2003), S. 28, Thielemann (2004), S. 174

Rechnungslegungskonzeptionen nach IAS und HGB im kritischen Vergleich
7
____________________________________________________________
3. Ziele und Adressaten der Rechnungslegungen
3. 1. Rechtspolitische Ziele des Jahresabschlusses nach HGB
3. 1. 1. Die Informationsfunktion des Jahresabschlusses nach HGB
3. 1. 1. 1. Die Dokumentationsfunktion
Das Handelsrecht enthält Bestimmungen zur Bilanzierung, es konkretisiert
jedoch nicht den Zweck, dem der Jahresabschluss dient
1
. Einen vorrangi-
gen Zweck sowohl der Buchhaltung als auch des Jahresabschlusses wird
der Dokumentation der tatsächlichen Verhältnisse
2
der Vermögens-, Fi-
nanz- und Ertragslage des Unternehmens zum Stichtag zugeschrieben
3
.
Die Dokumentationsfunktion bezieht sich dabei hauptsächlich auf die Ver-
mögenslage und das Kapital am Bilanzstichtag, die Veränderungen des
Vermögens und des Kapitals während des Geschäftsjahres, die Erfolgs-
komponenten Aufwand und Ertrag und den Erfolg des Geschäftsjahres und
seine Ursachen
4
. Damit ist auch das Verhalten des Unternehmens fest-
gehalten und kontrollierbar
5
. Hier werden durch die vollständige Aufzeich-
nung aller Geschäftsvorfälle Dokumente geschaffen, die im Bedarfsfall als
Urkundenbeweise bestimmte Vorgänge und Ereignisse rekonstruieren las-
sen
6
. Im Zusammenwirken mit weiteren Form- und Aufbewahrungsvor-
schriften kommt dem Jahresabschluss als zusammenfassende Gesamt-
darstellung ins Besondere die Aufgabe zu, die gesammelten Urkundenbe-
weise gegen nachträgliche Änderungen zu sichern. Fälle, in denen es der
durch Buchhaltung und Jahresabschluss erstellten Urkundenbeweise be-
darf, können Insolvenzen von Unternehmen aber auch andere Rechtsstrei-
tigkeiten und Vermögensauseinandersetzungen sein
7
. Im HGB ist im § 258
festgelegt, dass das Gericht auf Antrag oder von Amts wegen die Vorlage
des Jahresabschlusses im Rechtsstreit anordnen kann
8
. Diese Vorschrift ist
nicht nur auf zivilrechtliche Rechtsstreitigkeiten, sondern auch auf arbeits-
rechtliche und schiedsgerichtliche Verfahren anwendbar
9
. § 262 HGB nennt
dabei auch Vermögensauseinandersetzungen in Erbschafts-, Güterge-
meinschafts- und Gesellschaftsteilungssachen
10
. Große Relevanz hat also
1
vgl. Coenenberg (2003), S. 12
2
vgl. Wörner (2003), S. 78
3
vgl. Kremin (2002), S. 10, Selchert (2003), S. 9, Wörner (2003), S. 78
4
vgl. Heno (2003), S. 8, Vogel (2003), S. 11, Wörner (2003), S. 22
5
vgl. Vogel (2003), S. 11
6
vgl. Heno (2003), S. 7
7
vgl. Bitz (2003), S. 34
8
vgl. HGB § 258
9
vgl. Koller (2003), S. 650
10
vgl. HGB § 260

Rechnungslegungskonzeptionen nach IAS und HGB im kritischen Vergleich
8
____________________________________________________________
die Dokumentationsfunktion auch im Insolvenzfall eines Unternehmens, in
dem nachzuweisen ist, dass keine strafbare Handlung im Sinne des Straf-
gesetzbuches diese Situation leichtfertig oder vorsätzlich herbeigeführt hat.
Außerdem ist die Dokumentation Voraussetzung für die Informationen
1
.
3. 1. 1. 2. Die Sicherungsfunktion als Gläubiger- und Anlegerschutz
Als Hauptzweck der handelsrechtlich normierten Rechnungslegung kann
die Ermittlung des Periodenergebnisses unter besonderer Berücksichtigung
des Gläubiger- und Gesellschafterschutzes angesehen werden
2
. Dabei
wird auf klare und umfassende Informationen abgestellt
3
. Die handelsrecht-
lichen Vorschriften sind vorrangig auf die Bedürfnisse der Gläubiger zuge-
schnitten. Sie sind die wichtigsten Bilanzadressaten. Von Interesse ist ins
Besondere die Höhe des Eigenkapitals im Verhältnis zu den Verbindlichkei-
ten und der Ertragskraft eines Unternehmens. Durch den Gläubigerschutz
werden auch gleichzeitig die Interessen anderer Personen, wie z. B. der
Lieferanten, der Arbeitnehmer und des Fiskus gewahrt. Deshalb ist diese
Funktion auch unter Sicherungsfunktion bekannt
4
. Diese Gruppen sind, wie
die Gläubiger, am Erhalt des Unternehmens interessiert, um dauerhaft Ein-
künfte zu erzielen
5
. Das Interesse an Informationen über die wirtschaftliche
Lage eines Unternehmens betrifft auch Kapitalanleger zur Entscheidungs-
findung und Gesellschafter eines Unternehmens. Potentielle Gläubiger und
potentielle Kapitalanleger stehen (noch) nicht in einer Rechtsbeziehung mit
dem Unternehmen. Sie haben deshalb ein besonders schutzbedürftiges
Informationsinteresse, was jedoch rechtlich nur bedingt unterstützt wird.
Für Gläubiger und Gesellschafter eines Unternehmens kennt die Gesetz-
gebung größen- und rechtsformabhängige Offenlegungsvorschriften. So
verpflichtet der Gesetzgeber bestimmte Unternehmen zur Informationspu-
blizität und bietet damit den Empfängern Möglichkeit, sich zu informieren.
Hier wird dem Prinzip des Gläubigerschutzes entsprochen, das jedoch auf
die eigene Wachsamkeit der Gläubiger abzielt. Für die Kreditinstitute und
Versicherungen erstreckt sich der Gläubigerschutz auf die Pflicht der Vor-
lage der Jahresabschlüsse bei den Aufsichtsämtern. Hier ist ins Besondere
1
vgl. Buchholz (2002), S. 4
2
vgl. Dusemond (2000), S. 1, Buchholz (2002), S. 216, Kremin (2002), S. 10, Bossert
(2003), S. 54, und S. 62, Coenenberg (2003), S. 1134 und S. 11, Selchert (2003), S. 9,
Wörner (2003), S. 77 und 78,
3
vgl. Schmidt (2000), S. 127, Wörner (2003), S. 78
4
vgl. Heno (2003), S. 6, Vogel (2003), S. 11, Thielemann (2004), S. 15
5
vgl. Buchholz (2002) S. 4, Vogel (2003), S. 11, Wörner (2003), S. 78, Thielemann (2004),
S. 15

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2004
ISBN (eBook)
9783832486952
ISBN (Paperback)
9783838686950
DOI
10.3239/9783832486952
Dateigröße
545 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
FernUniversität Hagen – Wirtschaftswissenschaften
Erscheinungsdatum
2005 (April)
Schlagworte
jahresabschluss informationsfunktion rechnungslegung zahlung ausschüttung
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Titel: Rechnungslegungskonzeptionen nach IAS/IFRS und HGB im kritischen Vergleich
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