Die Finanzbeziehungen im Föderalismus der Bundesrepublik Deutschland
Entwicklungen, Problemfelder und Lösungsalternativen
					
	
		©2004
		Diplomarbeit
		
			
				150 Seiten
			
		
	
				
				
					
						
					
				
				
				
				
			Zusammenfassung
			
				Inhaltsangabe:Einleitung:	
Trotz manch eines radikalen Befürworters im Stile Kinskys: Der deutsche Föderalismus hat es zu Beginn des 21. Jahrhunderts nicht allzu leicht, sein Erhalt in jetziger Form ist ungewiss. Die Bewahrer der föderalen Staatsidee befinden sich in einem harten Ringen mit Kritikern der Staatsgliederung. Das Bundesstaatsprinzip, einst als rechtspolitischer Exportschlager 1787 in den USA verwirklicht, ist als Organisationsprinzip Deutschlands anno 2004 zwar grundsätzlich unangefochten, seine Einzelelemente sind aber regelmäßig Gegenstand heftiger Diskussionen.
Bald von dieser, bald von jener Seite werden sie  oft wohl aus machtpolitischem Eigeninteresse  öffentlich in Frage gestellt. So wird gefordert, den Anteil der mittlerweile rund 60 % zustimmungspflichtigen Gesetze einzuschränken und so den Ländereinfluss im sonst blockadefähigen Bundesrat zurückzuschrauben. Ein anderer Vorschlag von Bundesseite besagt, aus finanziellen Gründen besser auf ein Stück bundesstaatlicher Vielfalt zu verzichten: Die Anzahl der deutschen Bundesländer solle im Sinne einer kostensparenderen Verwaltung deutlich reduziert werden. Auf der Strecke bliebe in beiden Fällen ein Teil des vom Parlamentarischen Rat 1949 eingeforderten Gegengewichtes zum Zentralstaat, der Einfluss des Bundestages würde dagegen bei einer Verwirklichung solcher Pläne augenblicklich anwachsen.
Ob sachliche Überlegungen hinter diesen Forderungen stehen oder doch nur ein ausgeprägtes Interesse sich - von Seiten der bundesweit Regierenden - die Arbeit zu erleichtern, das ist oft nicht zu unterscheiden und liegt von Fall zu Fall im Auge des Betrachters. Man könnte allerdings argumentieren, dass in Zusammenhängen der demokratischen Problemverarbeitung generell eine lineare Zentralisierung der Entscheidungskompetenzen unübersehbar sei. Nicht wenige Föderalismus-Wissenschaftler warnen allerdings davor, dynamische Veränderungsprozesse im föderativen Staat vorschnell als Auflösung des Föderalismus aufzufassen.
Der Hinweis ergeht mit Recht, denn die unteren föderalen Ebenen machen ihre vielfältigen Einflussmöglichkeiten genauso geltend. Allerdings: Die meisten Forderungen aus der Länderebene sind auf den ersten Blick lediglich dazu geeignet, das föderative Ziel Machtaufgliederung, nicht aber die solidarische Zielsetzung der Integration heterogener Gesellschaften, zu erreichen. Schließlich vermittelt sich dem interessierten Betrachter nicht selten das Bild, es gehe in den […]
	Trotz manch eines radikalen Befürworters im Stile Kinskys: Der deutsche Föderalismus hat es zu Beginn des 21. Jahrhunderts nicht allzu leicht, sein Erhalt in jetziger Form ist ungewiss. Die Bewahrer der föderalen Staatsidee befinden sich in einem harten Ringen mit Kritikern der Staatsgliederung. Das Bundesstaatsprinzip, einst als rechtspolitischer Exportschlager 1787 in den USA verwirklicht, ist als Organisationsprinzip Deutschlands anno 2004 zwar grundsätzlich unangefochten, seine Einzelelemente sind aber regelmäßig Gegenstand heftiger Diskussionen.
Bald von dieser, bald von jener Seite werden sie  oft wohl aus machtpolitischem Eigeninteresse  öffentlich in Frage gestellt. So wird gefordert, den Anteil der mittlerweile rund 60 % zustimmungspflichtigen Gesetze einzuschränken und so den Ländereinfluss im sonst blockadefähigen Bundesrat zurückzuschrauben. Ein anderer Vorschlag von Bundesseite besagt, aus finanziellen Gründen besser auf ein Stück bundesstaatlicher Vielfalt zu verzichten: Die Anzahl der deutschen Bundesländer solle im Sinne einer kostensparenderen Verwaltung deutlich reduziert werden. Auf der Strecke bliebe in beiden Fällen ein Teil des vom Parlamentarischen Rat 1949 eingeforderten Gegengewichtes zum Zentralstaat, der Einfluss des Bundestages würde dagegen bei einer Verwirklichung solcher Pläne augenblicklich anwachsen.
Ob sachliche Überlegungen hinter diesen Forderungen stehen oder doch nur ein ausgeprägtes Interesse sich - von Seiten der bundesweit Regierenden - die Arbeit zu erleichtern, das ist oft nicht zu unterscheiden und liegt von Fall zu Fall im Auge des Betrachters. Man könnte allerdings argumentieren, dass in Zusammenhängen der demokratischen Problemverarbeitung generell eine lineare Zentralisierung der Entscheidungskompetenzen unübersehbar sei. Nicht wenige Föderalismus-Wissenschaftler warnen allerdings davor, dynamische Veränderungsprozesse im föderativen Staat vorschnell als Auflösung des Föderalismus aufzufassen.
Der Hinweis ergeht mit Recht, denn die unteren föderalen Ebenen machen ihre vielfältigen Einflussmöglichkeiten genauso geltend. Allerdings: Die meisten Forderungen aus der Länderebene sind auf den ersten Blick lediglich dazu geeignet, das föderative Ziel Machtaufgliederung, nicht aber die solidarische Zielsetzung der Integration heterogener Gesellschaften, zu erreichen. Schließlich vermittelt sich dem interessierten Betrachter nicht selten das Bild, es gehe in den […]
Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
ID 8690 
Krauß, Rainer: Die Finanzbeziehungen im Föderalismus der Bundesrepublik Deutschland 
- Entwicklungen, Problemfelder und Lösungsalternativen 
Hamburg: Diplomica GmbH, 2005  
Zugl.: Ludwig-Maximilians-Universität München, Diplomarbeit, 2004 
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Diplomica GmbH 
http://www.diplom.de, Hamburg 2005 
Printed in Germany
2 
Inhalt 
I.   EINLEITUNG___________________________________________________________4 
II.  THEORETHISCHER HINTERGRUND_ ___________________________________9 
1. 
Föderalismus 
als 
modernes 
Ordnungsprinzip 
9 
1.1       Die Wegbereiter 
 9 
1.1.1 
Pierre 
Joseph 
Proudhon 
     10 
1.1.2 
Constantin 
Frantz 
      12 
1.2       Definitionen des Föderalismusbegriffes         
13 
1.2.1  Der verfassungsrechtliche Ansatz                  
14 
1.2.2  Der politikwissenschaftliche Ansatz                            
15 
1.2.3  Der ökonomische Ansatz 
16                         
1.3       Die politökonomische Theorie des Föderalismus 
18 
2. 
Weitere 
notwendige 
Begriffsdefinitionen 
     21 
2.1       Das Subsidiaritätsprinzip 
21 
2.2       Das Äquivalenzprinzip 
22 
3.  Historische Grundlagen des Föderalismus 
in 
der 
BRD 
   23 
3.1 
Die Entwicklung der bundesstaatlichen Ordnung   
23 
3.1.1   Historische Verfassungen im 
Kurzüberblick 
   24 
3.1.1.1 Die Paulskirchen-Verfassung von 1849 
24 
3.1.1.2 Die Reichsverfassung von 1871 
25 
3.1.1.3 Die Verfassung der Weimarer Republik 
26 
3.1.2   Prozesse der Systemfindung nach 1945 
27 
3.2 
Das Föderalstaatsprinzip der Bundesrepublik 
30 
3.3  
Ziele der föderalen Gliederung in Gesetz und Wirklichkeit  
35 
4.   Fazit:  
Der Zielkonflikt ,,Gleichheit 
vs. 
Effizienz"     38 
III. FÖDERALE FINANZBEZIEHUNGEN IM WANDEL_______________________43 
1.  Finanzpolitische Grundsatzentscheidungen nach der Deutschen Einheit 
43 
1.1 Finanzwirtschaftliche 
Komponenten im 1. Staatsvertrag    
44 
vom 
18.05.1990 
1.2 
Der Einigungsvertrag vom 31.08.1990 
44 
1.3  
Der West-Ost-Solidarpakt vom 13.03.1993  
45 
1.4 
Das Finanzausgleichsgesetz vom 23.06.1993 
47 
2.  Die Finanzbeziehungen in der geltenden Finanzverfassungsordnung   
48 
und die realen Finanzströme seit 1990   
(eine Gegenüberstellung von Zielanspruch, Verfahren und Ergebnissen)  
2.1 
Die 
Gesetzgebungskompetenzen 
    49 
2.2 
Aufteilung 
der 
Finanzierungslasten 
    51 
2.2.1  Die Ausgabenentwicklung von Bund, Ländern und Gemeinden   54 
2.2.2  Die Entwicklung der Mischfinanzierungstatbestände 
58 
2.3 
Die 1. Stufe des Ausgleichs  Die Verteilung der Steuererträge    59 
2.3.1 
Die 
vertikale 
Steuerverteilung 
    60 
2.3.2  Die horizontale Steuerverteilung 
    63 
2.3.3  Die Einnahmenentwicklung von Bund, Ländern und Kommunen  64 
3 
2.4 
Die 2. Stufe des Ausgleichs  Die Angleichung der Finanzkraft 
68 
2.4.1 
Ziele 
und 
Aufgaben 
      68 
2.4.2  Das Verfahren im horizontalen Finanzausgleich 
71 
2.4.3  Vertikaler Finanzausgleich durch Bundesergänzungszuweisungen 73 
2.4.4  Das Verfahren im kommunalen Finanzausgleich 
74 
2.4.5  Die Entwicklung im horizontalen Finanzausgleich   
77 
2.4.6  Die Entwicklung der Ergänzungszuweisungen  
81 
2.4.7   Die Entwicklung im kommunalen Finanzausgleich  
84 
2.5 
Die Verschuldung von Bund, Ländern und Gemeinden 
86 
3.   Änderungsbestrebungen der näheren Zukunft  einige Ausblicke 
90 
3.1      Das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes 
zum Länderfinanzausgleich vom 11.11.1999 
90 
3.2      Nivellierung des Länderfinanzausgleiches ab 2005   
93 
3.3 
Die 
Gemeindefinanzreform 
     95 
3.4 Die 
Föderalismus-Kommission 
des Deutschen Bundestages 
97 
4. Fazit: 
Oft unsinnig, meist undurchschaubar und viel zu lange unbeweglich 
  der gesamtdeutsche Bundesstaat bedarf der raschen Neuordnung    
98 
IV.  WETTBEWERBSFÖDERALISMUS ALS ALTERNATIVMODELL_________106 
1. 
Das 
Konzept 
des 
Wettbewerbsföderalismus 
    106 
1.1  
Geschichte des Begriffs und fortschreitende  
Diskussionsverengung      107 
1.2 
Zielsetzung 
und 
Rahmenbedingungen    108 
1.3 
Die 
Idee 
der 
Steuerautonomie     109 
1.3.1 
Aktuelle 
Relevanz 
      109 
1.3.2 
Das 
Tiebout-Modell 
      110 
1.4  
Mögliche praktische Anwendungsbereiche    
112 
2. 
Gegenpositionen 
zum 
föderalen 
Wettbewerbsmodell 
   115 
2.1 
Die Kritik an der Anreizthese   
115 
2.2 
Das MacDougall-Kemp-Modell
- 
,,the 
race 
to 
the 
bottom" 
     117 
2.3 
Die Kritik am kommunalen 
Steuerwettbewerb 
  118 
2.4 
Die Kritik am internationalen Steuerwettbewerb     
120 
3. Fazit: 
Wettbewerbselemente drängen sich auf  in Fiskalpolitik und Legislative 
122 
V.   SCHLUSSFOLGERUNGEN____________________________________________127 
BIBLIOGRAPHIE________________________________________________________132 
NACHBEMERKUNG ZU DATEN UND GRAPHIKEN ________________________147 
LEBENSLAUF___________________________________________________________148 
4 
,,Die Krisen und Konflikte, mit denen wir 
konfrontiert sind, stellen uns vor die Frage, ob denn 
andere Lösungen als diejenigen des Föderalismus 
überhaupt wünschenswert sind, wenn die 
Menschheit nicht in einem perfekten Totalitarismus 
oder in der totalen Selbstzerfleischung untergehen 
soll."
1
(Ferdinand Kinsky) 
I.   Einleitung 
Trotz manch eines radikalen Befürworters im Stile Kinsky's: Der deutsche Föderalismus hat 
es zu Beginn des 21. Jahrhunderts nicht allzu leicht, sein Erhalt in jetziger Form ist ungewiss. 
Die Bewahrer der föderalen Staatsidee befinden sich in einem harten Ringen mit Kritikern der 
Staatsgliederung. Das Bundesstaatsprinzip, einst als ,,rechtspolitischer Exportschlager"
 2
1787 in den USA verwirklicht, ist als Organisationsprinzip Deutschlands anno 2004 zwar 
grundsätzlich unangefochten, seine Einzelelemente sind aber regelmäßig Gegenstand heftiger 
Diskussionen. Bald von dieser, bald von jener Seite werden sie  oft wohl aus 
machtpolitischem Eigeninteresse  öffentlich in Frage gestellt. So wird gefordert, den Anteil 
der mittlerweile rund 60 % zustimmungspflichtigen Gesetze
3
 einzuschränken und so den 
Ländereinfluss im sonst blockadefähigen Bundesrat zurückzuschrauben. Ein anderer 
Vorschlag von Bundesseite besagt, aus finanziellen Gründen besser auf ein Stück 
bundesstaatlicher Vielfalt zu verzichten: Die Anzahl der deutschen Bundesländer solle im 
Sinne einer kostensparenderen Verwaltung deutlich reduziert werden. Auf der Strecke bliebe 
in beiden Fällen ein Teil des vom Parlamentarischen Rat 1949 eingeforderten 
Gegengewichtes zum Zentralstaat
4
, der Einfluss des Bundestages würde dagegen bei einer 
Verwirklichung solcher Pläne augenblicklich anwachsen. Ob sachliche Überlegungen hinter 
diesen Forderungen stehen oder doch nur ein ausgeprägtes Interesse sich - von Seiten der 
bundesweit Regierenden - die Arbeit zu erleichtern,  das ist oft nicht zu unterscheiden und 
1
Ferdinand Kinsky: Integraler Föderalismus als Mittel permanenter Konfliktregelung. In: Esterbauer, 
Fried/Guy Heraud/Peter Pernthaler (Hrsg): Föderalismus als Mittel permanenter Konfliktregelung. Wien 1977,  
S. 49. 
2
  Heiderose Kilper/Roland Lhotta: Der Föderalismus in der Bundesrepublik Deutschland. Eine Einführung. 
Opladen 1996, S. 40. 
3
  Vgl. Heiderose Kilper/Roland Lhotta, Der Föderalismus in der Bundesrepublik Deutschland, S. 175. 
4
  Vgl. Heinz Laufer: Der Föderalismus in der Bundesrepublik Deutschland. Stuttgart 1974, S. 43. 
5 
liegt von Fall zu Fall im Auge des Betrachters. Man könnte allerdings argumentieren, dass in  
Zusammenhängen der demokratischen Problemverarbeitung generell eine lineare 
Zentralisierung der Entscheidungskompetenzen unübersehbar sei.
5
 Nicht wenige 
Föderalismus-Wissenschaftler warnen allerdings davor, ,,dynamische Veränderungsprozesse 
im föderativen Staat vorschnell als Auflösung des Föderalismus" aufzufassen.
6
Der Hinweis ergeht mit Recht, denn die unteren föderalen Ebenen machen ihre vielfältigen 
Einflussmöglichkeiten genauso geltend. Allerdings: Die meisten Forderungen aus der 
Länderebene sind auf den ersten Blick lediglich dazu geeignet, das föderative Ziel 
,,Machtaufgliederung", nicht aber die solidarische Zielsetzung der ,,Integration heterogener 
Gesellschaften"
7
, zu erreichen. Schließlich vermittelt sich dem interessierten Betrachter nicht 
selten das Bild, es gehe in den tagesaktuellen und allgegenwärtigen Streitkonflikten des 
föderativen Systems oft nur um Auseinandersetzungen zwischen armen und reichen 
Bundesländern. Seit der Deutschen Einheit 1990 ließ sich dieser Vorgang bedauerlicherweise 
auf einen noch deutlicheren Nenner bringen: ,,Reich gegen arm", das hieß sehr häufig ,,West 
gegen Ost".  Allein eine Frage bestimmte hinter vorgehaltener Hand die Diskussion: Wie viel 
sind einige westdeutsche Länder im Stande oder willens für den Aufbau Ost zu leisten? Eine 
finanzpolitische Gretchenfrage. Und das, obwohl ein großer Teil der Anschubfinanzierung für 
das Großprojekt Einheit nicht von den Bundesländern, sondern vom Bund selbst bezahlt 
wurde und wird.   
Es hat allen Anschein, als ob in Bundes- und Landespolitik rein monetäre Aspekte und 
Machtinteressen den - zugegeben sehr idealistischen - Solidaritätsgedanken zwischen den 
verschiedenen Regionen und Gesellschaften längst überlagert haben.  
In schöner Regelmäßigkeit steht das komplizierte deutsche Finanzgeflecht, allem voran der 
Finanzausgleich am Pranger. Arme Länder und Gemeinden, die sogenannten ,,Nehmer",  
versuchen angesichts flauer Konjunktur und der so reduzierten Steuereinnahmen ihre 
Einnahmeausfälle über vertikale und horizontale Verteilungsmechanismen zu kompensieren.  
Die ,,Geber", also Länder und Kommunen mit - gemessen am Bundesergebnis - 
überdurchschnittlichem Steueraufkommen, versuchen andererseits sich so wenig wie möglich 
von ihrem positiven Saldo wegnehmen zu lassen. An dieser Schwelle verlaufen die Grenzen 
5
    Vgl. Arthur Benz: Föderalismus als dynamisches System. Zentralisierung und Dezentralisierung im 
föderativen Staat. Westdeutscher Verlag, Opladen 1985, S. 87. 
6
    Arthur Benz, Föderalismus als dynamisches System, S. 16. 
7
    Dieter Nohlen (Hrsg.): Wörterbuch Staat und Politik. Bonn 1998, S. 155 ff.
6 
fließend, an denen aus gebotener wirtschaftlicher Hilfe fast planwirtschaftliche 
Gleichmacherei, oder umgekehrt argumentiert, aus berechtigtem Eigeninteresse fast  
rücksichtsloser Egoismus zu entstehen scheint. Es stellt sich also die Frage nach der 
,,Intensität und den Grenzen eines föderativen Finanzausgleiches".
8
Fast tagtäglich füllt der scharf und unnachgiebig ausgetragene Konflikt zwischen 
Solidaritätsgedanken und Leistungsprinzip die Kommentarspalten der Zeitungen oder die 
Nachrichtensendungen des Fernsehens. Gegner und Verfechter des gerade aktuellen 
Verteilungssystems operieren mit genauso verwirrenden wie beeindruckenden 
Zahlenkolonnen. Doch trotz der Präsenz des Themas in der täglichen Diskussion: Die 
Finanzsituation in der BRD war lange vor allem durch rechtliche ,,Kontinuität", im 
erkenntnistheoretischen Sinne einer bruchlosen und fortlaufenden Entwicklung
9
, aber 
keinesfalls durch eine bloße ,,Zusammenreihung abgrenzbarer Einzelvorgänge"
10
gekennzeichnet. Nicht ohne Grund tat sich lange nicht viel Entscheidendes: Die Differenzen 
und Interessensgegensätze sind in föderalen Finanzfragen traditionell so groß, dass sie keine 
oder nur sehr marginale  Kompromisse zulassen. In Ermangelung politischer Lösungen 
konnten bislang allein Urteile des Bundesverfassungsgerichtes Bewegung in den Prozess der 
zweifellos notwendigen Neugliederung des deutschen Föderalismus bringen. Letztmals 
geschah dies mit dem Spruch der Karlsruher Richter zur Neugestaltung des 
Länderfinanzausgleiches vom 11. November 1999. Dieses Datum stellt in der Geschichte der 
föderativen Finanzbeziehungen einen zukunftweisenden Wendepunkt dar, auf den in der 
vorliegenden Arbeit ähnlich detailliert eingegangen werden soll wie auf die Einbeziehung der 
Neuen Länder in den Länderfinanzausgleich zum 1.1.1995.  
Allerdings, dies sei als kleiner Einschub erlaubt: Die Finanzverfassung der Bundesrepublik 
bildet nicht nur den am meisten angegriffenen Teil des Grundgesetzes, sondern auch ein 
unabdingbares Herzstück und den Motor des gesamten deutschen Verfassungswerkes. Auch 
diese Tatsache darf bei aller Bezugnahme auf kritische Stimmen nicht unterschlagen werden. 
Die Verfassungs-Artikel 104 ff. sind die Basis der staatlichen Aufgabenerfüllung und wohl 
der Rechtsbereich mit der höchsten Regelungsdichte weltweit.
11
 Allerdings liefert gerade 
dieses letzte Faktum bereits wieder Nahrung für Kritiker. Schließlich ist die bundesdeutsche 
8
     Otto-Erich Geske: Der Länderfinanzausgleich wird ein Dauerthema. In: Wirtschaftsdienst, 72. Jahrgang, 
1992/V, S. 251 f. Auch: Rolf Peffekoven: Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum  
Länderfinanzausgleich, in: Wirtschaftsdienst, 72. Jahrgang, 1992/VII, S. 349 ff. 
9
     Vgl. Fritz Wagner: Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Breisgau 1951, S. 356. 
10
    Fritz Wagner, Geschichtswissenschaft, S. 356. 
11
    Vgl. Alexander Jörg: Finanzverfassung und Föderalismus in Deutschland und in der Schweiz.  Baden-Baden  
1998, S. 34 ff. 
7 
Finanzverfassung mitverantwortlich dafür, dass 60 Prozent der globalen Steuerliteratur in 
Deutschland verfasst wurde und vieles den Bundesbürgern nicht transparent genug, ja 
eigentlich eher komplett undurchsichtig erscheint.  
Ziel dieser Arbeit ist es, einen Bogen zu spannen, ausgehend von den Grundlagen des 
Föderalismus, über die Rechtsbasis im Grundgesetz, bis hin zum derzeit gültigen 
Finanzausgleich. Dabei soll die Frage geklärt werden, inwiefern das Ergebnis noch den 
zugrunde liegenden Prinzipien entspricht. Anspruch der Arbeit ist es auch, die finanzielle 
Lebensfähigkeit des föderalen Systems in der Bundesrepublik Deutschland unter dem 
Gesichtspunkt der Langfristigkeit einer Prüfung zu unterziehen. Können in absehbarer 
Zukunft noch deutschlandweit die verfassungsgemäß erwünschten ,,gleichwertigen 
Lebensverhältnisse"
12
 garantiert werden? Sollte dies unter den gegebenen Umständen nicht zu 
leisten sein, schließt sich die Frage nach Alternativen zum bisherigen Modell an. Wie 
umfassend oder gar gravierend müssen Reformen im föderalen Verteilungsmodus sein, um  
Ansprüchen der Bürger und Finanzierungsgrenzen in Zukunft gerecht werden zu können? 
Anders gefragt: Reichen mittlerweile in die Wege geleitete Änderungen aus oder sind diese 
nur die zwangsläufigen Vorboten noch weiter gehender Umstrukturierungen? Endziel ist also, 
einen konkreten Einblick in Nachhaltigkeit des föderalen Systems und seiner Finanzströme zu 
geben. Es ist ausdrücklich nicht das Ziel der Arbeit, sich allein rückblickend mit 
Folgeerscheinungen der deutschen Einheit zu beschäftigen. Die Abhandlung soll gegenwarts- 
bzw. zukunftsorientiert gestaltet sein. Nicht die Auslöser momentaner Probleme stehen im 
Mittelpunkt, sondern die Vergegenwärtigung möglicher Missstände und Ansätze zu deren 
Bewältigung.  
Ich möchte mich zunächst mit den Grundgedanken der föderalen Staatsidee, sowie mit den 
föderalen Strukturen der Bundesrepublik Deutschland auseinandersetzen. In diesem Teil 
sollen theoretische Grundlagen, rechtliche Maßgaben und Ziele des deutschen 
Ordnungsprinzips erläutert werden. Auch die für den weiteren Fortgang notwendigen 
Begriffsdefinitionen, wie die des Subsidiaritäts- und des Äquivalenzprinzips sollen einleitend 
geleistet werden.   
Den zweiten Teil der Arbeit bildet das deskriptiv-analytische Kernstück: Ausgehend von der 
Situation 1990 werden die Wandlungen der finanziellen Beziehungen der föderativen Ebenen 
dargestellt. Angereichert durch zahlreiche Statistiken und Graphiken werden hier 
12
   Bayerische Landeszentrale für politische Bildungsarbeit: Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland. 
München 2002, Art. 106, 3. 
8 
Veränderungen plastisch erläutert und interpretiert. Dies gilt sowohl für horizontale, wie für 
vertikale Ausgleichszahlungen der föderalen Ebenen. In der Folge sollen in diesem Abschnitt 
Problemfelder der deutschen Finanzverfassung isoliert werden.  
Der abschließende dritte Block setzt sich dann analytisch und kontrovers mit potentiellen 
Verbesserungsmöglichkeiten auseinander. Intensiv sollen hier die Alternativen 
Steuerautonomie und Wettbewerbsföderalismus behandelt werden. Im Stile einer Kosten- und 
Nutzenabwägung werden Chancen und Risiken dementsprechender Reformen 
gegenübergestellt. Eines muss aber deutlich von vornherein zugestanden sein: Ein Königsweg 
zur Lösung aktueller Probleme ist nicht zu erwarten. Aber am Ende vielleicht doch ein 
bisschen mehr als die gleichwohl philosophische wie ironische Erkenntnis, dass der 
Föderalismus eben eine Idee ist, die man zwar nicht beweisen kann, an die man aber gerade 
deshalb glauben muss.
13
Der deutsche Föderalismus befindet sich im Punkt seiner Finanzierung nicht in der 
glücklichen Lage selbst ein effektives Mittel zur ,,permanenten Konfliktregelung"
14
 zu sein. 
Ganz im Gegenteil: Dank seiner Machtaufteilung sorgt er selbst für seinen ureigenen 
Konflikt, den des Geldes nämlich. Es geht mir auf den folgenden Seiten keinesfalls um eine 
Wertung, ob und inwieweit bestehende Regelungen - zum Beispiel die zum 
Länderfinanzausgleich - im juristischen Sinne ,,angemessen"
15
 sind oder nicht. 
Bewertungsmaßstab dürfen allein von der Verfassung festgelegte Ansprüche und die
Gewährleistung essentieller staatlicher Aufgabenerfüllung sein. Die ökonomisch definierte 
Effizienz und die politische Funktionalität bilden somit die übergeordneten Kriterien, nicht 
etwa staatsrechtliche Detailfragen. 
13
   Vgl. Rudi Fischer: Föderalismus im Spannungsfeld von Stabilisierung und öffentlichem Leistungsangebot. 
Inauguraldissertation, Augsburg 1978, S. 4  
14
    Vgl. Ferdinand Kinski, Integraler Föderalismus als Mittel permanenter Konfliktregelung. S. 43 ff. 
15
    Bayerische Landeszentrale für politische Bildungsarbeit, Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, 
Art. 107,2 
9 
II. Theoretischer Hintergrund 
Konflikte über Zuständigkeiten und die Verteilung von Steuereinnahmen haben essentielle 
Fragen überlagert. Der Betrachtung der bestmöglichen Struktur der Finanzbeziehungen muss 
deshalb die Klärung einiger Grundlagen vorausgehen. Was versteht man unter dem oft 
willkürlich benutzten Terminus ,,Föderalismus"? Welchem Zweck dient der deutsche 
Staatsaufbau ursprünglich? Erst wenn über dieses Fundament Klarheit besteht, kann die 
Ausgestaltung der Finanzverfassung diskutiert werden. Im Folgenden sollen Grundlagen 
gelegt und föderale Zielkonflikte sowie Widersprüche dargelegt werden. Dabei kann aus 
Platzgründen selbstverständlich nur ein Abriss der Ideengeschichte und der deutschen 
Föderalismus-Historie vermittelt werden. 
1. Föderalismus als modernes Ordnungsprinzip 
Zunächst möchte ich in diesem Unterpunkt einige grundlegende Weichenstellungen durch 
zwei ausgewählte Vordenker des Föderalismus rückblickend in Erinnerung rufen. Von diesen 
Wurzeln ausgehend folgt eine Eingrenzung beziehungsweise Annäherung des heutigen 
Föderalismus-Begriffes auf der Basis von Literatur aus den letzten Jahrzehnten. Den 
Abschluss bildet eine überblicksartige Schilderung der zeitgenössischen politökonomischen 
Theorie, einer für diese Arbeit unverzichtbaren Forschungsrichtung. Auf ihre 
Schwerpunktsetzung wird in dieser Arbeit noch häufiger verwiesen. 
1.1 Die Wegbereiter 
Wie bereits angedeutet, stand die Wiege des angewandten Föderalismus nicht in Europa, 
sondern in den USA. Mit der Umbildung des zehn Jahre zuvor konstituierten Staatenbundes 
gelang es 1787 der damals noch sehr jungen Nation, die herrschende Lehre der unteilbaren 
Souveränität von Einzelstaaten aufzubrechen.
16
 Bis heute findet sich der Gedanke eines 
zentralisierten Föderalismus konsequenterweise schon im Namen des Staatsgebildes, den 
,,Vereinigten Staaten von Amerika". Es dauerte, bis sich der Bundesstaats-Gedanke der 
,,Federal Papers"
 17
, einer Serie von Zeitungsartikeln der Autoren Hamilton, Jay und Madison, 
auch auf dem alten Kontinent durchsetzen sollte. In Europa galt es erst einmal endgültig die 
überkommenen Strukturen des Absolutismus zu überwinden. Schlussendlich war der Einfluss 
16
   Vgl. Heiderose Kilper/R. Lhotta, Der Föderalismus in der Bundesrepublik Deutschland, S. 40 ff. 
17
   Vgl. Helmut Lecheler: Das Subsidiaritätsprinzip. Berlin 1993,  S. 37. 
Die Literatur verweist hier auf ein grundlegendes Missverständnis, das auch ich ausräumen möchte: Die 
Federal Papers warben nicht etwa für die Betonung der Besonderheiten von Gliedstaaten, sondern stritten 
für die Berechtigung und Stärkung der Zentralgewalt. In diesem Sinn entsprechen sie trotz ihres 
wegweisenden Charakters keinesfalls klassisch-föderalen Zielsetzungen. 
10 
der amerikanischen Föderalisten unübersehbar. Ein erstes lockeres Bündnis gab es mit den 
,,Vereinigten Niederlanden" (1579 - 1795) zwar schon verhältnismäßig früh, allerdings ohne 
die für den Föderalismus typische Abtretung innerer Herrschaftsgewalten.
18
 Auch spätere 
Staatenbünde wie die ,,Schweizerische Eidgenossenschaft" (1803 - 1848) oder der ,,Deutsche 
Bund" von 1815 bis 1866 entsprachen im Kern noch nicht föderalen Merkmalen. 
Der erste theoretische Vordenker des neuen Systems findet sich in Johannes Althusius. Er 
beschreibt in seiner ,,Politica methodice digesta" bereits Mitte des 16. Jahrhunderts einen in 
die ständische Gesellschaft integrierten Föderalismus.
19
 Und auch bei Kant findet in dessen 
Werk ,,Zum ewigen Frieden" bereits der Gedanke Ausdruck, dass in erster Linie föderale 
Staatsordnungen der Vermeidung militärischer Gewalt und damit einem zukunftssichernden, 
nachhaltigen Frieden zuträglich sind.
20
Der deutsche und europäische Föderalismus hatte zweifellos viele Väter. Zum Beispiel auch 
Montesquieu, der 1748 im Kampf gegen den absolutistischen Staat erstmals die 
Gewaltenteilung forderte (,,De l'esprit de lois"). Ideengeschichtlich sollen an dieser Stelle 
jedoch zwei noch nicht genannte Personen kurz hervorgehoben werden: Der Franzose Pierre 
Joseph Proudhon und der Deutsche Constantin Frantz beeinflussten gerade mit ihren 
Hauptwerken die Entwicklung des föderalen Staatsbegriffs immens. Und das, obwohl sie sich 
politisch alles andere als nahe standen.  
1.1.1 Pierre Joseph Proudhon 
Die Demokratie- und Föderalismustheorie P. J. Proudhons (1809 - 1865) und sein Werk 
,,Über das föderative Prinzip und die Notwendigkeit, die Partei der Revolution 
wiederherzustellen" steht in der Tradition Descartes und der Französischen Revolution. 
Letztere wollte er politiktheoretisch vollenden. Schon früh wurde er zu einem der schärfsten 
,,Kritiker des autoritär-zentralistischen Sozialismus"
21
, allein dessen Existenz er als ,,Drohung 
des Totalitarismus"
22
 auffasste. Allerdings vertrat Proudhon aus tiefster Überzeugung einen 
sozialistischen Freiheitsbegriff, in dem die Freiheit keinen individualistischen oder gar 
liberalen Charakter hat, sondern als eine, die ,,Menschen und Völker vereinigende, föderative 
Kraft"
23
 im republikanischen Sinn beschrieben wird. Freiheit einerseits und Autorität 
18
   Vgl. Klaus Stern: Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland. Band 1 und 2. Völlig neu bearbeitete 
Auflage, München 1984, S. 654. 
19
   Vgl. Franz Wilhelm Jerusalem: Die Staatsidee des Föderalismus. Tübingen 1949, S. 17 ff. 
20
   Vgl. http://homepages.compuserve.de/eckhartarnold/foederalismus.html 
21
   Karl Hahn: Föderalismus  die demokratische Alternative. Eine Untersuchung zu P.J. Proudhons sozial-
republikanisch-föderativem Freiheitsbegriff. München 1975, S. 27. 
22
   Ebd. 
23
   Ebd., S. 17. 
11 
andererseits sind die Basis jeder politischen Ordnung. Beide Elemente bilden einen ,,polaren, 
antithetischen und antinomischen Dualismus"
24
 und bedingen sich gegenseitig.  Zwar geht die 
Autorität als das die Geschichte formende Prinzip voran. Doch die Freiheit erweist sich mit 
ihrem Eintritt für Gewaltenteilung und Wahlen als bestimmendes Kernstück des 
gesellschaftlichen Fortschritts, der in gleichem Maße von geistiger Beweglichkeit und 
wirtschaftlichen Bedingungen abhängt. Da Proudhon seine Vorstellung von Freiheit und ihren 
Geltungsanspruch für alle Bereiche der Gesellschaft so energisch befürwortete wie kein 
anderer politischer Theoretiker, sah er sich selbst als Revolutionär. Er sah in seiner Theorie 
die einzige Möglichkeit, die Krise der jungen europäischen Demokratie zu überwinden.
25
In Proudhon's Gesellschaftstheorie und dem darin enthaltenen Menschenbild ist der föderale 
Gedanke ganz deutlich determiniert. Im Gegensatz zum Individualismus definiert er den 
Menschen nicht als isoliert und nur Zweckgemeinschaften bildend. Durch identisches 
Gewissen und identische Würde sind vielmehr die Menschen in einer unabänderlichen 
Solidarität miteinander verbunden. Damit widerspricht der Franzose besonders dem vom 
Egoismus als stärkster Triebfeder bestimmten Menschenbild des Thomas Hobbes. Die 
Gemeinsamkeiten aller gelten Proudhon als der innerste Kern der Freiheit. Schließlich findet 
die Solidarität ihre Manifestation im föderalen Gedanken, der wiederum die angestrebte 
republikanische Freiheit erst ermöglicht. Denn: Im Föderalismus sieht Pierre Joseph Proudhon 
seine Hauptforderungen nach der Vermeidung eines Willkürregimentes, der Gleichwertigkeit 
der Personen, der Gleichheit der Bedingungen und der Gleichwertigkeit der ökonomischen 
und politischen Kräfte erfüllt.
 26
Das auf Vernunft, Gerechtigkeit, Freiheit und Gleichheit basierende politische System lieferte 
als sozial-republikanisch-föderative Demokratie bereits Mitte des 19. Jahrhunderts eine aus 
den Grundgedanken der Französischen Revolution entsprungene Politiktheorie. Pierre Joseph 
Proudhon schaffte es, die Parole ,,Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit" philosophisch zu 
begründen und in föderale Formen zu transformieren. Er lehnte jede Art staatlicher Gewalt 
rigoros ab und kämpfte besonders zu Zeiten der Februarrevolution 1848 und nach dem Sturz 
Louis Philippes für eine Entwicklung zum Sozialismus .
27
 Zeitlos populär und zugleich 
hochgradig umstritten ist sein Credo ,,Eigentum ist Diebstahl". 
24
   Ebd. S. 48 ff. 
25
   Vgl. Pierre Joseph Proudhon: Bekenntnisse eines Revolutionärs. Hamburg 1969, S. 7. 
26
   Vgl. Karl Hahn, Föderalismus  die demokratische Alternative, S. 53 ff. 
27
   Vgl. http://www.weltchronik.de/bio/cethegus/p/proudhon.html 
12 
 1.1.2 Constantin Frantz 
Ganz im Gegensatz zum Anarchisten Proudhon und dessen ,,sozialistisch-syndikalistischer 
Auffassung"
28
, gehört der Halberstädter Constantin Frantz (1817  1891) zu einer langen 
Reihe von konservativen Theoretikern. Als zeitgenössischer Gegner Bismarcks und dessen 
Kleindeutscher Lösung forderte Frantz die Trias, also die Koalition der mittleren und 
kleineren Staaten im Deutschen Bund als Gegengewicht zu Preußen und Österreich.
29
 Er 
betrachtete Sozialismus, Liberalismus und Demokratie als zutiefst verwerfliche Varianten des 
Staatsabsolutismus, unter denen sich erst ,,die schreienden Missstände in der 
Volkswirtschaft"
30
 des 19. Jahrhunderts entwickeln konnten. In reaktionären und teils 
antisemitischen Schriften wetterte er gegen die ,,Constitutionellen" und stellte ihrem 
Repräsentativsystem den ,,gesellschaftlichen Föderalismus" gegenüber. In seinen Augen war 
das Repräsentativsystem zur Staatslenkung ungeeignet, da in ihm weder echte 
Volksvertretung möglich ist, noch die Wahl von Abgeordneten durch Personen erfolgt, die 
etwas von Gesetzgebung verstehen (hier: das in seiner Betrachtung ungebildete, unmündige 
und gewöhnliche Volk).
31
 Alle deutschen Volksgruppen von wenigen Delegierten vertreten zu 
lassen, war für Frantz nichts weiter als eine zutiefst unzulässige und folgenschwere 
Egalisierung:  
,,Besteht da ein Reichstag, dessen Mitglieder schlichtweg das sogenannte deutsche 
Volk (freilich einschließlich gegen drei Millionen Slawen, wie ausschließlich acht 
Millionen deutsche Österreicher!) zu vertreten haben, gerade, als ob es besondere 
deutsche Staaten überhaupt nicht mehr gäbe, - worauf kann das hinauslaufen, als dass 
solcher Reichstag wie mit innerer Notwendigkeit zur Absorbierungsmaschinerie wird, 
welche die den Einzelstaaten einstweilen noch verbliebenen Kompetenzen Stück für 
Stück verschwinden macht, so dass zuletzt ganz Deutschland sich in eine uniforme 
Masse verwandelt? Das ist die Perspektive."
32
Aus dieser damals populären Kritik entwickelte Constantin Frantz seine Alternative: Er 
propagierte ein mehrstufiges System, in dem jeweils Delegierte der unteren Ebenen die 
Vertretungsorgane der  übergeordneten Ebenen bilden sollen. Wahlen gibt es nur auf der 
niedrigsten, der Gemeindeebene. Als kontrollierende zweite Kammer empfahl Frantz eine Art 
Senat aus Vertretern von Berufsvertretungen und Ständen. Die Funktionalität der 
Staatsorganisation ist das übergeordnete Ziel. In seinem autoritären Entwurf steht der Bürger 
28
   Heiderose Kilper/Roland Lhotta, Der Föderalismus in der Bundesrepublik Deutschland, S. 35. 
29
   Vgl. Constantin Frantz: Der Föderalismus als das leitende Princip für die sociale, staatliche und 
internationale Organisation. Aalen 1962, S. 254 ff. 
30
   Ebd., S. 109. 
31
   Vgl. Constantin Frantz, Der Föderalismus als das leitende Princip für die sociale, staatliche und 
internationale Organisation, S. 131 ff.  
32
   Constantin Frantz, Der Föderalismus als das leitende Princip für die sociale, staatliche und internationale   
Organisation, S. 131. 
13 
also nur zur untersten Einheit des Staates in direkter Beziehung, weitere Partizipationsrechte 
werden ausgeschlossen.
33
 Zwar stellt dies nach heutigen Maßstäben eine nicht hinnehmbare 
Bevormundung der Bürger dar, dennoch: Frantz weitet den Föderalismusbegriff gemäß dem 
Titel seines Hauptwerkes zu einem, ,,die soziale wie die staatliche und internationale Ordnung 
umfassenden Prinzip"
34
 aus. Genau darin liegt der Verdienst Constantin Frantz's für die 
Entwicklung der föderalen Staatsidee, wenn auch seine Person selbst durchaus als umstritten 
gelten darf. 
1.2 Definitionen des Föderalismusbegriffes 
Schwierig, um nicht zu sagen unmöglich ist es, für den Begriff ,,Föderalismus" trotz enormer 
terminologischer Vielfalt einen begrifflichen Konsens zu finden. Zumal schon allein im 
deutschen Sprachraum verschiedene Begriffe wie ,,Föderation", ,,Bundesstaat" oder 
,,Konföderation" teilweise synonym verwendet werden.
35
 Kurzum: Studiert man die Literatur, 
so wird schnell einsehbar, dass es klar abgrenzbare, unumstrittene oder gar allgemeingültige 
Definitionen des Begriffes ,,Föderalismus" nicht gibt. Einigkeit besteht lediglich darin, dass 
dem Föderalismus der Unitarismus, also die Zusammenfassung der Zuständigkeiten auf einer 
Ebene bei gleichzeitiger Dekonzentration, diametral gegenübersteht.
36
 Darüber hinaus haben 
diverse Forschungsrichtungen selbstverständlich unterschiedliche Fragestellungen in den 
Mittelpunkt der Diskussion gestellt, was naturgemäß zu ganz unterschiedlichen Ergebnissen 
führte. Es gab natürlich Versuche, die so entstandenen Definitionsvarianten zu vereinen.  
Nach der gängigsten Ausprägung versteht man unter Föderalismus eine ,,auf Dauer 
angelegte Vereinigung von eigenständigen Körperschaften zu einer größeren Gesamtheit zur 
Verfolgung bestimmter Aufgaben, wobei eine gewisse gesetzgeberische Selbstständigkeit auch 
nach der Verbindung aufrecht bleibt."
37
 Wie in diesem - etwas schwammigen - Versuch zu 
sehen, erhält man zwar Näherungen über durchaus vorhandene gemeinsame Merkmale, eine 
Schilderung unterschiedlicher Herangehensweisen an die Begriffsdiskussion bleibt aber als 
Grundbaustein einer wissenschaftlichen Arbeit mit dem Themengebiet Föderalismus 
unabdingbar. Hierbei möchte ich drei Kernbereiche unterscheiden: die Staatslehre, die 
Politikwissenschaften und die Wirtschaftslehre. 
33
  Vgl. http://homepages.compuserve.de/eckhartarnold/foederalismus.html 
34
  http://homepages.compuserve.de/eckhartarnold/foederalismus.html 
35
  Vgl. Emanuel Richter: Leitbilder des Europäischen Föderalismus. Bonn 1983, S. 17. 
  Richter erwähnt außerdem die immense Vielfalt an zugehörigen fremdsprachigen Begriffen.  
36
  Vgl. Franz Wilhelm Jerusalem, Die Staatsidee des Föderalismus, S. 5. 
37
  Erich Thöni: Politökonomische Theorie des Föderalismus. Eine kritische Bestandsaufnahme. Baden-Baden 
1986, S. 30. 
14 
Des weiteren  - dies darf der Vollständigkeit halber nicht unerwähnt bleiben - erfasst die 
Literatur auch explizit soziologische und sozial-philosophische Definitionen. Sie sehen 
Föderalismus als Soziallehre und als ein gesellschaftliches Gestaltungsprinzip, das 
Tendenzen der Anonymisierung und Gleichmacherei entgegenwirkt. Stattdessen wird ein 
überschaubarer Gesellschafts- und Staatsaufbau bevorzugt. Auf diese Weise sollen auch 
kleinste Gruppen weitgehende Autonomie entwickeln können.
38
 Diese Überlegungen 
erscheinen für die Erarbeitung des ökonomisch geprägten Themas aber eher sekundär und 
werden deshalb an dieser Stelle bewusst vernachlässigt. 
1.2.1 Der verfassungsrechtliche Ansatz 
Die lange Zeit bestimmende Forschungstradition besteht auf dem Gebiet der 
Rechtswissenschaften. Die sogenannte konstitutionell-gewaltenteilige Betrachtungsweise 
beurteilt das föderalistische Prinzip zunächst ausschließlich aus der Sicht des jeweils gültigen 
Verfassungsrechts. So stand die Abgrenzung des Staatenbundes vom Bundesstaat
39
 (siehe 
auch Gliederungspunkt 1.1) und die Aufteilung der Kompetenzen zwischen Bund und 
Gliedstaaten im Mittelpunkt der Diskussion.
40
 Danach sind politische Systeme dann föderal 
organisiert, wenn ,,die entscheidenden Strukturelemente des Staates (darunter werden primär 
die Legislative, die Exekutive und die Judikative verstanden) sowohl im Gesamtstaat als auch 
in den Gliedstaaten vorhanden sind, ihre Existenz verfassungsrechtlich geschützt ist und 
durch Eingriffe der jeweils anderen Ebene nicht beseitigt werden können."
41
Zusammengefasst heißt das also: Der Rechtsgrundsatz der Gleichheit findet als Teil der 
demokratischen Rechtsidee auch hier Anwendung  und sei es zunächst nur bezüglich 
formaler Kriterien. Die gleichgestellte Staatlichkeit von Bund und Ländern ist in diesem 
Forschungszweig das hervorgehobene konstitutive Merkmal einer föderalistischen 
Organisation.
42
 Dynamische Interaktionsprozesse spielen in dieser ,,normativen 
38
   Vgl Heinrich Oberreuther: Föderalismus. In: Staatslexikon, Görres-Gesellschaft (Hrsg.), Freiburg 1986,  
   S. 632.  
   Er verweist in diesem Zusammenhang auf Föderalismus als ,,Soziallehre", die bis in den Bereich des   
Politischen eindringt. 
39
   Lamprecht, Christa-Maria: Die Funktion des Föderalismus im Verfassungs- und Regierungssystem der   
Bundesrepublik Deutschland. Dissertation. Berlin 1975, S. 164 ff.  
Als strukturtypische Merkmale des Bundesstaates gelten demnach im Rahmen der Staatsrechtslehre das 
Prinzip funktionaler Gewaltenteilung, die Vertretung regionaler Bevölkerungsgruppen, die demokratische 
Beteiligung und die Wirksamkeit demokratischer Konfliktregelung. 
40
   Vgl. Arthur Benz, Föderalismus als dynamisches System, S. 9.  
41
   Heiderose Kilper/Roland Lhotta: Der Föderalismus in der Bundesrepublik Deutschland, S. 24. 
42
   Vgl. Erich Thöni, Politökonomische Theorie des Föderalismus, S. 31. 
Nach Thöni bezeichnet der Begriff des Föderalismus eine Organisationsform des Bundesstaates, bei der nur 
ein Teil der staatlichen Aufgaben vom Gesamtstaat wahrgenommen wird. Die übrigen Aufgabengebiete 
werden dagegen von den Gliedstaaten erfüllt. Beide verfügen über eigene Gesetzgebungshoheiten.  
15 
Bundesstaatskonzeption"
 43
 untergeordnete Rollen beziehungsweise waren lange überhaupt 
nicht Teil der Forschung. Dies ist auch der Grund, weshalb die verfassungsrechtliche 
Föderalismusforschung in weitgehend statischen Analysen verharrte. Sie erfuhren erst im 
späten 20. Jahrhundert eine Erweiterung durch diverse Aspekte, die jenseits der 
Staatsrechtslehre angesiedelt waren. 
1.2.2 Der politikwissenschaftliche Ansatz 
Einen davon etwas abweichenden Ansatzpunkt sieht die Politikforschung, die sich allerdings 
erst Mitte der 70er Jahre intensiver mit diesem Forschungsfeld beschäftigte. Als ,,ganz 
bestimmte Art der Machtverteilung auf eine zentrale und mehrere regionale Regierungen"
44
unterscheidet sich hier der Föderalismus von einem nicht genauer charakterisierten 
dezentralen Gebilde. Primärziel eines solchen politischen Systems ist die Vermittlung 
gegensätzlicher gesellschaftlicher Ziele und Ansprüche, sowie die Autonomie der regionalen 
Körperschaften. Dabei versteht man Autonomie keinesfalls als totale Entscheidungsfreiheit, 
sondern allenfalls als ,,ausreichenden Entscheidungsspielraum"
45
. ,,Federalism provides for 
multiple arenas of collective decisionmaking and preserves local diversity within a framework 
of nationally shared values."
46
In der politiktheoretischen Konzeption befindet sich das föderale System im dauernden 
Widerstreit eines bipolaren Kraftfeldes aus zentrifugalen und zentripetalen Kräften.
47
Zentrifugale Kräfte sind demnach auf Autonomie und Vielfalt der Lebensbedingungen 
gerichtet. Zentripetale Kräfte dagegen konzentrieren sich auf die Erreichung von Integration 
und die Gleichheit der Lebensbedingungen. Je nachdem, in welche Richtung sich das Gefüge 
verschiebt, entwickelt sich das politische System hin zu einer Allianz im Sinne des 
Staatenbundes, d. h. ohne die Abtretung von Herrschaftsrechten durch die Gliedstaaten 
(,,interstaatlicher Föderalismus"
48
), oder eben zu einem klassischen Einheitsstaat ohne 
ausgeprägte Autonomie (,,intrastaatlicher Föderalismus)"
49
. 
43
   Vgl. Arthur Benz, Föderalismus als dynamisches System, S. 9. 
44
   Erich Thöni, Politökonomische Theorie des Föderalismus, S. 31 f. 
45
   Rudi Fischer, Föderalismus im Spannungsfeld zwischen Stabilisierung und öffentlichem Leistungsangebot,  
S. 4 f.  
46
   Timothy Conlan: New Federalism. Washington 1988, S. 237. 
47
   Vgl. Dieter Nohlen, Wörterbuch Staat und Politik, S. 155 ff.    
48
   Marie Annerose Jung: Die Reform des Finanzausgleiches zum Jahr 2005. Modellvorschlag für einen 
konsensfähigen Finanzausgleich der Zukunft. München 2000, S. 11. 
49
   Ebd.  
16 
           Zentrifugal-Kräfte          FÖDERALISMUS          Zentripetal-Kräfte 
Eigenständigkeit und Vielfalt 
           Integration u. Gleichheit  
als oberste Ziele   
           der Lebensbedingungen 
              Staaten-       /       konföderaler                       //                                     unitarischer     /    dezentraler  
              Bund                   Bundesstaat                                                               Bundesstaat           Einheitsstaat 
Abbildung 1 (Quelle: Dieter Nohlen, Wörterbuch Staat und Politik, S. 156)
Gemeinsames Kennzeichen aller föderativen Ideen ist aus politikwissenschaftlicher Sicht der 
Grundsatz, die Eigenständigkeit jedes Mitglieds zu erhalten und es zugleich zu Leistungen 
nach eigenem Vermögen und Fertigkeit für das Gemeinwohl zu verpflichten (siehe auch 2.1; 
Das Subsidiaritätsprinzip).  
1.2.3 Der ökonomische Ansatz 
Die wirtschaftswissenschaftliche Definition des Föderalismusbegriffes basiert - wie der Name 
bereits vermuten lässt - im Kern auf der ökonomischen Theorie. Diese wiederum ist Teil der 
großen Gruppe, der aus dem amerikanischen Raum stammenden Rational-Choice-Modelle 
(dt.: Konzepte der rationalen Wahlhandlung). Ihr Forschungsschwerpunkt ist die Erklärung 
und Voraussage sozialer Prozesse. Letztere werden auf das Entscheidungsverhalten von 
Individuen und deren handlungsbestimmenden Motiven zurückgeführt. Als Theorien des 
,,methodologischen Individualismus" stehen sie der Systemtheorie oder dem Marxismus 
diametral gegenüber.
50
 Ideengeschichtlich haben Rational-Choice-Theorien ihre Wurzeln in 
der Aufklärung. Wie ihre Vorgänger, darunter Hobbes und Machiavelli, gehen die Autoren 
dieser Richtung der Frage nach, wie ,,Gesellschaft, politische Ordnung und allgemeine 
Wohlfahrt erreichbar sein könnten, wenn man sich den Menschen als ein ausschließlich durch 
eigene Interessen geleitetes Subjekt vorstellen müsse".
51
 Auslöser für das Verhalten sind 
deshalb der Wunsch nach Nutzenmaximierung und die Interessen des Einzelnen. 
,,Rationalität" lässt sich im ökonomischen Zusammenhang am besten mit Max Webers 
,,Zweckrationalität" erklären. Weitere Formen rationalen Verhaltens gibt es nicht, alles 
Abweichende ist irrational. Die Ausblendung ,,wertrationaler, affektiver und traditioneller 
50
Vgl. Heribert Schatz, Robert Chr. Van Ooyen, Sascha Werthes: Wettbewerbsföderalismus. Baden-Baden 
2000, S. 43.
51
    Heribert Schatz, Robert Chr. Van Ooyen, Sascha Werthes, Wettbewerbsföderalismus, S. 43. 
17 
Verhaltensorientierungen"
52
 ist es auch, die Kritiker gegen die Lehre vom ,,Homo 
oeconomicus" vorbringen. 
Für die Vertreter der wirtschaftswissenschaftlichen Forschungsrichtung besteht der Kern des 
Föderalismus in erster Linie aus der Erfüllung der staatlichen Aufgaben. Es interessiert zwar 
genauso die Frage der Machtverteilung, allerdings nur im Sinne der Unabhängigkeit von 
Konsum und Produktion. Die formale rechtliche Autonomie ist zweitrangig. Die Zielsetzung 
dieses Ansatzes lautet, die bestmögliche Verteilung von Zentralisierung und 
Dezentralisierung staatlicher Aufgaben zu eruieren, um so größtmögliche Wohlfahrt zu 
gewährleisten.
53
 Thöni versteht Föderalismus im ökonomischen Zusammenhang gar schlicht 
als ,,gegebener Selbstbestimmungsspielraum mehrerer, auch unterer Gebietskörperschaften 
zur Aufgabenerfüllung".
54
 Nach Fischer ist eine Staatsorganisation im ökonomischen Sinne in 
erster Linie dann optimal, wenn an den Entscheidungen all jene Bürger mitwirken können, die 
letztlich die Kosten einer Maßnahme tragen oder von ihr profitieren. Kosten- und Nutzen-
Spill-over-Effekte sollten in idealer Ausprägung also ausgeschlossen sein.
55
 Man könnte in 
Anlehnung an Kilper/Lhotta und im Sinne eines institutionell-funktionalistischen Ansatzes 
auch formulieren: Föderalismus ist eine Organisationsform, in der die Wahrnehmung der 
staatlichen Aufgabenbereiche so zwischen Teilstaaten und Gesamtstaat aufgeteilt ist, dass alle 
staatlichen Ebenen zumindest in Teilbereichen wohlstandsfördernde und bindende 
Entscheidungen zu treffen in der Lage sind.
56
 ,,Daneben wird im dezentralen Wettbewerb eine 
Bremse gegen einen ständig wachsenden Staatsanteil gesehen."
57
 Dieser, auf Effizienz 
ausgerichtete Entwurf, stellt die theoretische Basis eines jeden föderalen Finanzausgleiches 
und ist damit automatisch Teil eines Beurteilungsmaßstabes für die Entwicklung der 
bundesdeutschen Finanzströme.  
Insgesamt liefert die Literatur eine ganze Reihe normativer Analysen, die sich vor allem mit 
der Allokation, also der Entscheidung über die effiziente Bereitstellung von Gütern und 
Leistungen, oder mit Fragen der Verteilung und Stabilisierung im föderalen System 
52
   Ebd., S. 46. Schatz geht in seiner Kritik der ökonomischen Theorie auch dezidiert darauf ein, dass die 
vorhandene Komplexität der Politik die unterstellte Handlungsfreiheit der Individuen stark behindert. 
53
   Vgl. Arthur Benz, Föderalismus als dynamisches System, S. 16 ff. 
54
   Erich Thöni, Politökonomische Theorie des Föderalismus, S. 33 f. 
55
   Vgl. Rudi Fischer, Föderalismus im Spannungsfeld zwischen Stabilisierung und öffentlichem 
Leistungsangebot, S. 6 f. Unter ,,Kosten-Spill-over" versteht Fischer den unerwünschten Effekt, dass 
Aufwendungen für spezielle Maßnahmen von Personen getragen werden müssen, die am Beschluss dieser 
Maßnahme nicht mitwirken durften und sich so auch nicht dagegen aussprechen konnten. Unter Nutzen-
Spill-over-Effekt versteht man, dass Personen von Maßnahmen profitieren, die weder an der Entscheidung 
mitgewirkt haben, noch mögliche Kosten dafür mittragen müssen. 
56
   Heiderose Kilper / Roland Lhotta: Der Föderalismus in der Bundesrepublik Deutschland, S. 23.  
57
   Marie Annerose Jung, Die Reform des Finanzausgleiches zum Jahr 2005, S. 8. 
18 
beschäftigen. Da die allermeisten jedoch nur wenige Kriterien untersuchen, gelten sie heute 
als ,,wenig realistisch und erweiterungsbedürftig"
58
. Ich verzichte deshalb auf eine explizite 
Schilderung. 
1.3 Die politökonomische Theorie des Föderalismus 
Alle bislang geschilderten Ansätze sind - allein für sich - zu kurz gegriffen. Speziell die 
Unzulänglichkeiten der rein wirtschaftlichen Föderalismustheorie wurden schnell 
offensichtlich. Um ein Beispiel zu nennen: Die Ökonomie ignoriert den Willen politischer 
Entscheidungsträger gänzlich und vermag so viele Änderungen des Staatsaufbaus nicht zu 
erklären, da jene oftmals den scheinbar gebotenen Erfordernissen einer auf Effizienz 
ausgelegten Theorie widersprachen. Generell gilt, dass isolierte Betrachtungsweisen aus 
verfassungsrechtlicher, ökonomischer oder politischer Sicht die Föderalismus-Forschung  
zunehmend in die Sackgasse führten. Mehr und mehr setzte sich aus diesem Grund die 
Erkenntnis durch, Föderalismus besser als verbindendes gesellschaftliches Phänomen zu 
betrachten.
59
 Deshalb versucht die Forschung in jüngster Zeit speziell politische und 
ökonomische Aspekte zu einer Symbiose zu vereinen. Jede Form von wirtschaftlichen 
Abläufen wird darin als direkte Folgeerscheinung politischer Vorgänge anerkannt. Dies ist ein 
Grundsatz, an den auch die vorliegende Arbeit schon allein aus pragmatischen 
Gesichtspunkten anschließen möchte.
60
 Die Entwicklung des föderalen Gebildes wird zudem 
nicht vorrangig durch philosophische oder institutionelle Diskussionen geprägt, sondern 
erfährt ihre Lenkung vielmehr durch das Ringen um größere Funktionalität und den 
Widerstreit politischer Positionen im Willensbildungsprozess. Ein Faktum, welches speziell 
auf die Diskussionen rund um die deutsche Finanzverfassung in besonderem Maße 
zuzutreffen scheint.   
Einige politökonomische Theorien versuchen bisherige Untersuchungen durch eine Analyse 
von politischen Entscheidungsverfahren auf Körperschaftsebene zu erweitern. Es wird klar: 
Der Weg der Entscheidung ist nicht nur durch objektive Erfordernisse, sondern auch durch 
persönliche und politische Interessen, sowie durch ebenenspezifisches Verhalten determiniert. 
58
   Erich Thöni, Politökonomische Theorie des Föderalismus, S. 140. 
59
   Vgl. Rudi Fischer, Föderalismus im Spannungsfeld zwischen Stabilisierung und öffentlichem 
Leistungsangebot, S. 13 ff. 
60
   Die Ökonomie beinhaltet für die Beratung der Politik zweifellos wichtige Hilfestellungen. Dies gilt 
besonders für die Reformierung bestehender Strukturen. Auch hierin zeigt sich die Bedeutung der 
ökonomischen und der politökonomischen Theorie für eine Arbeit über bundesstaatliche 
Finanzbeziehungen. Vgl. dazu: Dirk Sauerland: Föderalismus zwischen Freiheit und Effizienz. Berlin 1997, 
S. 263. 
19 
Darauf verweist auch Benz, wenn er Zentralisierungs- und Dezentralisierungstendenzen im 
föderalen Staat zu politischen Prozessen erklärt, die allein auf ,,die Verteilung von 
Einflusschancen und Machtanteilen zwischen den organisatorischen Einheiten im System"
61
gerichtet sind. Durch die Einbeziehung viel zu oft verleugneter gesellschaftlicher Einflüsse 
erhofft man sich, optimale Zuständigkeitsverteilungen erst zu ermöglichen. Schließlich wird 
durch die Integrierung ganz alltäglicher Struktur- und Organisationsabläufe auch theoretisch 
deutlich, ,,wer, welche Aufgaben, wie gut erfüllen kann".
62
 Um es ganz deutlich zu 
formulieren: Die ideale Zielsetzung aller ökonomischer Ansätze, die bestmögliche Verteilung 
staatlicher Aufgaben zur Erreichung größtmöglichen Wohlstands, wird erst durch die 
Einbeziehung politischer und gesellschaftspolitischer Aspekte überhaupt erreichbar. Auch die 
Beschreibung des Verhaltens politischer Akteure war bis dato allenfalls Teil der Politik- und 
Kommunikationsforschung, wurde aber zu lange nicht in wirtschaftliche Erklärungsansätze 
integriert. Das Individuum muss aber ,,als allein maßgebende Handlungseinheit"
63
 anerkannt 
werden. Verständlicher gesagt heißt das: Die Rolle von Bürgern, Wählern, Politikern, Medien 
und anderen Meinungs- und Entscheidungsmachern darf nicht auf andere wissenschaftliche 
Teilbereiche beschränkt bleiben, sondern muss in politökonomischen Untersuchungen 
generell akzeptiert und einbezogen werden.  
Insbesondere Thöni zeigt erstmals, was sonst nur empirisch deutlich wurde: Die 
Zuständigkeiten eines politischen Gesamtbereiches sind keinesfalls auf eine föderale Ebene 
verteilt. Stattdessen gibt es eine geradezu exorbitante Anzahl von vertikalen und horizontalen 
Verflechtungen
64
 und damit einen schlecht überschaubaren Wust von Kompetenzen. Doch 
nicht nur bürokratische Hemmnisse, auch eine immer größer werdende Anspruchslage führt 
zu steigenden Komplikationen in föderalen Abläufen. Ein Beispiel: 
,,Der Wettbewerb der Parteien um die politische Macht auf den verschiedenen Ebenen 
und in den einzelnen Gebietskörperschaften, die vermehrten informellen Beziehungen 
zwischen Bürger und Politiker (...) tragen dazu bei, dass auch Bedürfnisse, hinter 
61
   Arthur Benz, Föderalismus als dynamisches System, S. 255. 
62
   Vgl. Erich Thöni, Politökonomische Theorie des Föderalismus, S. 140. 
63
   Charles B. Blankart: Öffentliche Finanzen in der Demokratie. München 1998, S. 10. 
64
   Vgl. Fritz Scharpf/Bernd Reissert/Bernd Schnabel: Politikverflechtung. Theorie und Empirie des 
kooperativem Föderalismus in der Bundesrepublik. Kronberg 1976, S. 29. Den Begriff 
,,Politikverflechtung" definieren Scharpf/Reissert/Schnabel als die Tatsache, dass staatliche Aufgaben nicht 
mehr von den einzelnen Körperschaften des föderalen Systems in getrennter Zuständigkeit wahrgenommen 
werden, sondern dass Kompetenzverschränkungen stattfinden und eigentlich autonome 
Entscheidungseinheiten bei der Lösung von Problemen zusammenwirken. 
20 
denen nur ein geringes Sanktionspotential steht, von den Politikern und Parteien in 
ihre Programmatik aufgenommen werden." 
65
Den zeitlichen Verschleppungen sowie den durch Verflechtung und Anspruchsniveau 
entstandenen vielfältigen Kosten des Föderalismus begegnet die politökonomische Theorie 
mit dem Lösungsansatz einer weiteren Dezentralisierung und Föderalisierung des politischen 
Systems. Dies hätte gleich mehrere Vorteile: Durch die größere Transparenz einer dezentralen 
Lösung wäre es für Entscheidungsträger nur sehr schwer möglich eigennützige Interessen zu 
verfolgen (d. h. gesenkte Transaktionskosten). Dagegen geht man von einer steigenden 
politischen Partizipation der Bürger auf lokaler und regionaler Ebene aus (d.h. gesenkte 
Informationskosten). Durch Dezentralisierung könnte so auch die Möglichkeit kleinerer, nur 
lokal in Überzahl befindlicher Gruppen gestärkt werden, die eigenen politischen 
Vorstellungen zu verwirklichen. Ernüchterungen ob der eigenen politischen Ohnmacht 
blieben viel häufiger aus (d.h. gesenkte Frustrationskosten). So mancher in zentral 
organisierten Staaten notwendige Kompromiss wäre zudem nicht mehr obligatorisch (d.h. 
gesenkte Konsens-Findungs-Kosten).
66
 Demnach wären durch konsequente Föderalisierung 
und Dezentralisierung gleich vier ,,Kostenfaktoren" eines zu stark verflochtenen Systems 
reduziert. 
Zusammenfassend lässt sich sagen: Die politökonomische Theorie ist auf dem Gebiet der 
Föderalismusforschung die wahrscheinlich umfassendste und flexibelste Denkrichtung, da sie 
sich nicht allein auf ein Bewertungskriterium beschränkt. Allerdings, so geben Kritiker zu 
bedenken, stößt sie bei ihrer Umsetzung, das heißt bei der Verwirklichung eines höheren 
Dezentralisierungsgrades, rasch an die Grenzen der Machbarkeit. Insbesondere die starken 
Zentralinstanzen sind natürlich durchgängig an der Beibehaltung eines hierarchischen 
Systems und der Vermeidung von dezentraler Bürokratie interessiert. Sie würden sich gegen 
einen Machtverlust mit aller Kraft sperren. Eine weitere hohe Hürde bestünde zweifellos im 
,,hohen Formalisierungs- und Verrechtlichungsgrad des bestehenden Planungssystems"
67
.  
Es gilt im weiteren Verlauf zu prüfen, inwieweit die Politökonomische Theorie bei einer 
Neuordnung der deutschen Finanzbeziehungen Anwendung finden kann oder muss. Dies gilt 
sowohl in Hinblick auf ihre Problemanalyse als auch in Hinblick auf die Übertragbarkeit ihrer 
Lösungsstrategie. 
65
   Rudi Fischer, Föderalismus im Spannungsfeld zwischen Stabilisierung und öffentlichem Leistungsangebot,    
S. 93. Das Zitat stammt aus Fischers Schilderung der Funktionalität des föderal-verflochtenen Systems. Es 
findet in diesem Zusammenhang nur Anwendung, wenn man das System der Bundesrepublik als föderal-
verflochten, nicht aber als föderal-dezentralisiert bezeichnen möchte.  
66
   Vgl. Nils Otter. In: http://www.wiwi.uni-
marburg.de/Lehrstuehle/VWL/FIWI/LEHRANGB/VORLES/THEORIE/Blatt-8.pdf 
67
   Arthur Benz, Föderalismus als dynamisches System, S. 238 ff. 
21 
2. Weitere notwendige Begriffsdefinitionen 
Einige näher zu behandelnde Begrifflichkeiten - dies meint insbesondere Prinzipien, die heute 
in der Gesetzgebung der Bundesrepublik Gültigkeit besitzen - werden im Kernteil der 
Abhandlung über Wandlungen im deutschen Finanzsystem wiederholt Erwähnung finden. Um 
weder Stringenz noch Verständlichkeit der folgenden Kapitel durch lähmende Einschübe zu 
gefährden, möchte ich diesen Teil der theoretischen Erklärarbeit bereits an dieser Stelle 
vornehmen. 
2.1 Das Subsidiaritätsprinzip 
,,Zurückbleibende Hilfe." Die lateinische Bedeutung der ,,Subsidiarität", einem aus der 
christlich-katholischen Soziallehre entsprungenen Terminus
68
, verrät bereits viel über seine 
Verwendung. Auf die Politik übertragen, postuliert die ,,Kompetenzausübungs -
verteilungsregel Subsidiarität" 
69
 einen Regelungsvorbehalt zugunsten kleinerer 
Körperschaften und Einheiten. Die Gesellschaft soll die Tätigkeit ihrer Glieder nicht ersetzen, 
sondern allenfalls unterstützend fördern. Dem liegt ein Verständnis zugrunde, dass den 
Menschen als ,,eigenständige, selbstverantwortliche Person"
70
 sieht. Speziell auf den 
Föderalismus gemünzt bedeutet dies, dass eine Machtverteilung von ,,unten nach oben" 
anderen Prinzipien des Staatsaufbaues vorgezogen wird. Praktischer ausgedrückt: Der Staat 
soll sich nur dann in alltägliche politische Prozesse einmischen, wenn die nächstkleineren 
Einheiten nicht alleine in der Lage sind Probleme zu bewältigen. Einmischung kann also nur 
als ,,Hilfe" stattfinden, keinesfalls als zentralistische Bevormundung. Grundsätzlich sollen 
also kleinere Einheiten möglichst viele Aufgaben übernehmen  ganz im Geiste von 
Bürgernähe, Effektivität und Effizienz
71
. Eine bedeutende Verankerung findet sich im 
Grundgesetz, wonach der Bund im Bereich der konkurrierenden Gesetzgebung das 
Gesetzgebungsrecht hat, "soweit eine Angelegenheit durch die Gesetzgebung einzelner 
Länder nicht wirksam geregelt werden kann"
72
. Das Prinzip begründet ,,die wirtschaftliche 
68
   Vgl. Helmut Lecheler, Das Subsidiaritätsprinzip, S. 30 f. 
Hier wird insbesondere darauf verwiesen, dass Subsidiarität als gesellschaftsformendes Prinzip zwar erst 
1931 in der Sozialenzyklika ,,Quadragesimo anno" ausformuliert wurde, dass sie ihre Wurzel aber in der 
alttestamentarischen Bibelstelle Exodus, Vers 18  22 hat. 
69
   Michael W. Schröter: Das Subsidiaritätsprinzip als verfassungsgenerierender Modus. In:  
Mannheimer Zentrum für Europäische Sozialforschung: Arbeitspapiere - Mannheimer Zentrum für 
Europäische Sozialforschung, Nr. 54, Mannheim 2002, S.1. 
70
   Helmut Lecheler, Das Subsidiaritätsprinzip, S. 42. 
71
   Vgl. Michael W. Schröter, Das Subsidiaritätsprinzip als verfassungsgenerierender Modus, S.7. Obwohl 
ursprünglich im Zusammenhang mit der Europäischen Verfassung geäußert, hat diese Feststellung wohl 
allgemeinen Charakter. 
72
   Bayerische Landeszentrale für politische Bildungsarbeit, Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, 
Art. 72,II 
22 
und politische Vielfalt, aus deren Konkurrenz die Gemeinschaft ihre Kraft gewinnt"
73
 und es 
verfügt über eine integrative Funktion, indem es die Wettbewerbskräfte auf ein gemeinsames 
Wohlstandsziel hin stärkt.  
Politische Bedeutung in Deutschland erhielt das Subsidiaritätsprinzip mit der Weimarer 
Verfassung, in hohem Maße jedoch erst mit seinem Einfluss auf das Bundessozialhilfegesetz 
aus dem Jahre 1961. Seither sind zahlreiche soziale Leistungen durch die Kommunen zu 
tätigen, selbstverständlich sehr zum Leidwesen der Gemeinden. In der Föderalismusforschung 
und in der aktuellen Politdiskussion liegt die Bedeutung des Subsidiaritätsprinzips in seiner 
Argumentationskraft. Nicht selten werden unter Hinweis auf das Gebot der Subsidiarität 
Übergriffe von übergeordneten Verwaltungs- oder Gesetzgebungsebenen erfolgreich 
abgewehrt. Nachdem sich auch die EU-Verfassung in Artikel 3 b ausdrücklich des 
Subsidiaritätsprinzips bedient, versuchen EU-Mitgliedsstaaten mit seiner Hilfe der 
Überregulierung durch Brüssel zu entgehen. Das Prinzip ist heute sowohl ,,Rechtsprinzip, als 
auch politische Leitlinie"
74
, neben seiner verfassungsrechtlichen birgt es auch eine nicht zu 
unterschätzende ,,verfassungspolitische Qualität"
75
. 
2.2 Das Äquivalenzprinzip 
Das Äquivalenzprinzip ist die ,,älteste Norm, nach der ein Gemeinwesen Steuern und 
Abgaben erheben kann."
76
 Sein Ursprung liegt in der Fragestellung nach einer gerechten 
Verteilung der öffentlichen Finanzierungslast auf die Mitglieder der Gesellschaft. Äquivalenz 
sollte im Sinne der Idee des Tausches einen Ausgleich zwischen Leistungen des Staates und 
Leistungen seiner Bürger schaffen.
77
 Im Zusammenhang mit Föderalismus heißt das, dass die 
Bürger nur in Bezug auf die von ihnen empfangenen Staatsleistungen belangt werden sollen. 
Einnahmen- und Ausgabenseite der öffentlichen Haushalte sollten so gleichzeitig und 
effizient bestimmt werden. Äquivalenz ist theoretisch fähig, im Bereich der kollektiven Güter 
und Leistungen die bestmögliche Verteilung sicherzustellen. Die Praxis und 
allokationstheoretische Analysen haben dies jedoch widerlegt
78
. Das Prinzip wird vor allem 
aufgrund seiner ,,verteilungspolitischen Implikationen" kritisiert. Es bietet keine Handhabe, 
73
   Helmut Lecheler, Das Subsidiaritätsprinzip, S. 69. 
74
   Martin Große-Hüttmann: Das Subsidiaritätsprinzip in der EU  eine Dokumentation. In: Europäisches 
Zentrum für Föderalismus-Forschung (Hrsg.): Occasional Papers Nr. 5, Tübingen 1996, S. 116. 
75
   Ebd. 
76
   Horst Hanusch: Äquivalenzprinzip und kollektive Güter - Allokationstheoretische Aspekte. In: Dieter 
Pohmer (Hrsg.): Beiträge zum Äquivalenzprinzip und zur Zweckbindung öffentlicher Einnahmen. Berlin 
1981, S. 37. 
77
   Vgl. Horst Hanusch, Äquivalenzprinzip und kollektive Güter - Allokationstheoretische Aspekte, S. 38. 
78
   Vgl. Horst Hanusch, Äquivalenzprinzip und kollektive Güter - Allokationstheoretische Aspekte, S. 82. 
23 
den Status quo der Verteilung zu verändern.
79
 Besondere Schwierigkeiten bei der 
Verwirklichung macht zudem die Findung ,,geeigneter Bemessungsgrundlagen"
80
 für 
empfangene Leistungen. Hier stößt Bürokratie an ihre Grenzen. So ist es nicht verwunderlich, 
dass das Äquivalenzprinzip gerade im Kernbereich der Steuerbelastung außer Kraft gesetzt 
wurde. Stattdessen wird das Leistungsfähigkeitsprinzip und sein ,,Grundsatz der horizontalen 
Gerechtigkeit"
81
 vorgezogen. Die Steuern werden nach Jahreseinkommen, nicht nach in 
Anspruch genommenen Leistungen erhoben. Dagegen findet die Äquivalenz zumindest im 
Bereich einiger Gebühren noch Anwendung. Insgesamt aber gilt: das Äquivalenzprinzip führt 
heute nur noch ein ,,fiskalisches Schattendasein"
82
.  
Der Grundgedanke der Äquivalenz blieb allerdings lange Zeit Bestandteil aktueller 
Diskussionen und schlug sich in mehreren Ausprägungen nieder. Wollten ältere Vertreter das 
Prinzip auf die Gesamtheit des öffentlichen Leistungswesens übertragen, greifen moderne 
Verfechter auf die Idee zurück, Äquivalenz auf einzelne Güter- und Leistungsangebote 
anzuwenden. 
3. Grundlagen des Föderalismus in der Bundesrepublik Deutschland  
Ausgehend von den Erläuterungen zu Ideengeschichte und theoretischen Ausprägungen der 
Föderalismusdiskussion soll nun auf pragmatischere Bezüge erweitert werden. Die 
Schilderung der Entwicklung föderativer Elemente in der Bundesrepublik, rechtliche 
Grundlagen des Ordnungsprinzips in der Verfassung sowie föderale Zielvorgaben stehen nun 
im Mittelpunkt des folgenden Kapitels und leiten zu den Detailfragen der föderalen 
Finanzsituation über.  
3.1 Die Entstehung der bundesstaatlichen Ordnung 
Dieser Abschnitt widmet sich primär den Entwicklungen nach Ende des 2. Weltkrieges. 
Einige überdimensional wichtige Eckpunkte der früheren Geschichte können aber nicht 
außenvorgelassen werden. Die zunächst anstehenden historischen Verweise erachte ich 
deshalb für notwendig, da die Streitpunkte des deutschen Föderalismus ihre Ausgangspunkte 
unbestritten in geschichtlichen Entwicklungen haben.  
79
   Vgl. Charles B. Blankart, Öffentliche Finanzen in der Demokratie, S. 188. 
80
   Peter Bohley: Praktische Probleme bei der Anwendung des Äquivalenzprinzips. In: Dieter Pohmer (Hrsg.):   
Beiträge zum Äquivalenzprinzip und zur Zweckbindung öffentlicher Einnahmen. Berlin 1981, S. 105.
81
   Charles B. Blankart, Öffentliche Finanzen in der Demokratie, S. 180. 
82
   Horst Hanusch, Äquivalenzprinzip und kollektive Güter - Allokationstheoretische Aspekte, S. 37. 
24 
3.1.1 Historische Verfassungen im Kurzüberblick  
Ich möchte mich hier auf föderale Bestandteile der deutschen Gesetzestexte ab der 
Märzrevolution von 1848 konzentrieren, sofern diese demokratischer und föderaler Prägung 
waren. Die zwölfjährige Epoche des Nationalsozialismus findet keine Berücksichtigung. 
3.1.1.1 Die Paulskirchen-Verfassung von 1849 
Der föderale Entwicklungsprozess auf deutschem Boden war spätestens mit der Frankfurter 
Reichsverfassung vom 28.03.1849 unaufhaltsam. Das Gesetzeswerk war der erste Versuch, 
das US-amerikanische Vorbild der ,,Federal Papers" nicht nur ideologisch, sondern auch 
rechtlich auf das Gebiet des bisherigen Deutschen Reiches zu übertragen. Das bedeutete in 
erster Linie einen Bundesstaat mit gleichzeitiger konstitutioneller Monarchie ins Leben zu 
rufen, der die bisherigen souveränen Teilstaaten integrierte. Schon diese erste föderale 
Verfassung befand sich bereits im Dilemma, unitarische Bestrebungen einerseits und 
partikularistische Tendenzen andererseits vereinen zu müssen. Der letztendlich dominierende 
unitarische Grundzug machte sich in der umfassenden Kompetenzausstattung des Reiches 
bemerkbar.
83
 Die Zentralgewalt entschied über Krieg und Frieden und hatte generell 
gegenüber dem Ausland die alleinige Vertretung des neuen Landes inne. Auch die Aufsicht 
über Schifffahrt, Wehrwesen und Post lag bei der obersten Ebene.
84
 Dem Kaiser und seiner 
ministerialen Reichsregierung stand ein in zwei Kammern, in Volks- und Staatenhaus, 
geteilter Reichstag gegenüber. Beide letztgenannten waren jedoch gegenüber der 
Reichsregierung unterprivilegiert. Das Staatenhaus darf als Vorgänger des späteren 
Bundesrates gesehen werden, bestand es doch aus Vertretern der Mitgliedsstaaten. Zwar 
zerbrach die Gesetzgebung nur wenige Jahre nach ihrer Einführung am weiterhin bestehenden 
Konkurrenzverhältnis Preußen  Österreich und dessen ,,gegenrevolutionären Kräften"
85
.  Der 
Meilenstein aber war trotz dieser Auseinandersetzungen um Größe und Form des zukünftigen 
Reiches gesetzt. Die Verwendung des Terminus ,,Meilenstein" ist nicht übertrieben, da die 
Paulskirchen-Verfassung bereits einen klassischen und bis heute gültigen Wesenszug des 
deutschen Föderalismus in sich trägt: Den Gliedstaaten bleibt die Ausführung der 
Bundesgesetze überlassen.
86
 Etwaig anfallende Konflikte sollten von einem Reichsgericht als 
83
   Vgl. Heiderose Kilper/Roland Lhotta, Föderalismus in der Bundesrepublik Deutschland, S. 46. 
84
   Vgl. Heinz Laufer: Das föderative System der Bundesrepublik Deutschland. München 1985, S. 26.  
85
   Bertelsmann-Verlag (Hrsg.): Das große Bertelsmann-Online-Lexikon 2002. München / Gütersloh 2002. 
Stichwort ,,Frankfurter Nationalversammlung". 
86
   Vgl. Hans Boldt: Der Föderalismus in den Reichsverfassungen von 1849 und 1871. In: Wellenreuther, 
Hermann und Claudia Schnurmann (Hrsg.): Die amerikanische Verfassung und Deutsch-Amerikanisches 
Verfassungsdenken. Oxford 1991, S. 307 ff. Boldt sieht die beabsichtigte Einflusserhaltung des Königtums 
als Hauptgrund für diese funktionale Teilung von legislativen und exekutiven Elementen. Zudem könnten 
25 
höchster juristischer Instanz geklärt werden. Das Gericht sollte gleichberechtigt neben Kaiser 
und Reichstag stehen. Als ein ,,Bundesverfassungsgericht"
87
 sollte es unter anderem für 
mögliche Klagen eines Gliedstaates gegen die Reichsgewalt zuständig sein. 
3.1.1.2 Die Reichsverfassung von 1871 
Die Verfassung vom 16.4.1871 und ihr fast gleichlautender Vorläufer des Norddeutschen 
Bundes von 1867 verfügten ebenso über eine Kompetenzteilung zwischen Bund und Ländern. 
Der Katalog der genauen Zuständigkeiten orientierte sich dabei stark am Vorbild von 1849.
88
Weiterhin fanden sich die Länder damit in einer hierarchischen Ordnung dem Deutschen 
Reich als Zentralinstanz unterstellt. Preußens Ministerpräsident stellte zugleich den 
Reichskanzler, wie sich überhaupt Preußen einer ungeheueren Machtfülle sicher sein konnte. 
Das Deutsche Reich war eine ,,monarchische Föderation mit einer hegemonialen 
Grundstruktur aufgrund der politischen, geographischen und verfassungsrechtlichen 
Vorrangstellung des Königreichs Preußen"
89
. Die Gesetzgebungskompetenzen und die 
Ausführung der Gesetze wurden weiter nach Gebietskörperschaften getrennt. Allerdings: Zu 
Kontrollzwecken räumte man dem Reich ein Beaufsichtigungsrecht für die Verwirklichung 
der Gesetze ein. Man wollte hiermit gemachten Erfahrungen Rechnung tragen: Ohne die 
Kontrollklausel hatte sich die Gesetzgebungskompetenz als bloßer Papiertiger erwiesen. Die 
Trennung von Gesetzgebung und Verwaltung barg indes immenses Streitpotential in sich. Für 
diese Problematik hatte die Verfassung keine Lösung parat, da sie keine juristische, sondern 
lediglich politische Lösungen zur Schlichtung vorsah
90
. In diesem Kontext trat erneut der 
noch heute bedeutsame Bundesrat auf die Bühne des föderalen Geschehens. Wie heute 
bestand er aus Vertretern der Länderregierungen, die über ein abgestuftes Stimmrecht 
verfügten. Als ,,Bindeglied zwischen dem föderativen Gedanken und der preußischen 
Hegemonie"
91
 stand er zusammen mit dem Reichstag dem deutschen Kaiser als 
gesetzgebende Institution gegenüber. Als verfassungsrechtlich oberstes Organ übertraf er die 
aber auch schlicht praktische Überlegungen der Umsetzbarkeit zu der beschriebenen Regelung geführt 
haben.  
87
   Heinz Laufer, Das föderative System der Bundesrepublik Deutschland, S. 27.  
Laufer verwendet den Begriff an dieser Stelle seiner historischen Abhandlung zum ersten Mal. Die in etwa 
vergleichbaren Kompetenzen zwischen Reichsgericht und heutigem Bundesverfassungsgericht erscheinen 
das zu rechtfertigen, wenngleich Struktur, Arbeitsweise und Zusammensetzung beider Institutionen sehr 
verschieden waren. 
88
   Vgl. Jörg-Detlef Kühne: Die Reichsverfassung der Paulskirche. Vorbild und Verwirklichung im späteren  
deutschen Rechtsleben. Frankfurt am Main 1985, S. 61 f. 
89
   Heinz Laufer, Das föderative System der Bundesrepublik Deutschland, S. 29. 
90
   Vgl. Heiderose Kilper/Roland Lhotta, Föderalismus in der Bundesrepublik Deutschland, S. 47 ff. 
91
   Udo Scholl: Der Bundesrat in der deutschen Verfassungsentwicklung. Reichsverfassung von 1871 und 
Grundgesetz. Berlin 1982, S. 27. 
26 
Letztgenannten in punkto Kompetenzen aber um ein Vielfaches.
92
 Der Bundesrat war 
besonders aufgrund seines absoluten Vetorechtes im Gesetzgebungsprozess ,,Grundtypus und 
Modell der Zweiten Kammer"
93
. Trotz schwacher Stellung des Reichstags und preußischer 
Übermacht in einem System mit ,,stark dynastischer Komponente"
94
: Das maßgeblichste 
Hindernis für eine reibungslose Funktionsweise des neuen Reiches lag in der 
Finanzverfassung. Im Gegensatz zum heutigen Status quo war das Deutsche Reich finanziell 
von seinen Teilstaaten abhängig, da ihm allein Einnahmen aus Zöllen zustanden. Die Länder 
überwiesen deshalb je nach Bevölkerungszahl unterschiedlich hohe Beiträge. Ein adäquater 
Finanzausgleich kam auch aufgrund der klaren Trennung der Steuerquellen nicht zustande, 
der Gesamtstaat hing am Tropf der Länder.
95
3.1.1.3 Die Verfassung der Weimarer Republik 
Das Ende des ersten Weltkrieges war zugleich der Beginn des Versuches, den deutschen Staat 
auf neue und zugleich tragfähigere Beine zu stellen. Man vollzog den Übergang zu einer 
parlamentarischen Regierung, stellte aber ,,neben den Reichstag einen direkt gewählten 
Reichspräsidenten, führte darüber hinaus den Volksentscheid ein und schuf damit drei 
konkurrierende demokratische Legitimationen"
96
. Dies stellte sich als eine unglückliche 
Vorkehrung heraus, die den späteren Eintritt in die NS-Diktatur ungewollt begünstigte.  
Die Weimarer Verfassung präsentierte sich trotz der Betonung der nationalen Einheit als 
bundesstaatliche Lösung. Die Länderregierungen konnten ihren Einfluss insgesamt aber nicht 
halten, wenngleich zumindest das flächen- und bevölkerungsreiche Preußen immer noch eine 
hervorgehobene Stellung beanspruchte. Die Bedeutung des vormaligen ,,Bundesrates" wurde 
stark beschnitten, so dass die Möglichkeiten der Länderregierungen stark eingeschränkt 
waren.
97
 Der ,,Reichsrat" verfügte in der Legislative nur über ein suspensives Vetorecht. Die 
Gesetzgebungskompetenzen waren zwar in der Hauptsache konkurrierender Natur, allerdings 
konnte das Reich Richtlinien für die Ländergesetzgebung vorgeben. Auch bei der Ausführung 
der Reichsgesetze standen die Länderverwaltungen erneut unter der Oberaufsicht des Reiches. 
Mit der Einführung eines Staatsgerichtshofes sah die Weimarer Verfassung nun wieder die 
juristische Klärung von politischen Differenzen vor. Das Modell der Vorgängerverfassung 
hatte sich - zumindest in diesem Punkt - in keiner Weise bewährt.  
92
   Ebd., S. 39. 
93
   Heinz Laufer, Das föderative System der Bundesrepublik Deutschland , S. 30. 
94
  Ines
Marie Annerose Jung, Die Reform des Finanzausgleiches zum Jahr 2005, S. 8.
95
   Vgl. Heinz Laufer, Das föderative System der Bundesrepublik Deutschland, S. 32 f. 
96
   Wolfgang Rudzio: Das politische System der Bundesrepublik Deutschland, Opladen 2000, S. 49 ff. 
97
   Vgl. Heinz Laufer, Das föderative System der Bundesrepublik Deutschland, S. 34 f. 
27 
Das Weimarer Modell entsprach alles in allem eher einem unitarischen, denn einem 
dezentralisierten Verfassungsentwurf. Erkennbar ist dies auch am Aufbau seiner 
Finanzverfassung: Anders als in der Reichsverfassung von 1871 waren die Länder durch die 
Schaffung einer Reichsfinanzverwaltung zu Kostgängern des Reiches geworden. Die 
Nationalversammlung in Weimar hatte durch die Vereinnahmung der Finanzverwaltung die 
Möglichkeit ein umfangreiches Steuersystem zu schaffen, das zunächst allein die 
Einnahmenseite des Gesamtstaates begünstigen sollte. Die Länder dagegen hatten nicht mehr 
die Gelegenheit selbst Steuern zu erheben. Einkommensteuer, Körperschaftssteuer oder 
Umsatzsteuer waren von nun an Reichssteuern. Die Gliedstaaten waren deshalb auf ein 
staatliches Überweisungssystem angewiesen, welches die Finanzausstattung der Länder 
sichern sollte. Die ,,Perversion der Bundesstaatlichkeit"
98
 nahm ihren Lauf und erfuhr 1933 
ihren vorläufigen Höhepunkt. Mit der Machtergreifung Hitlers wurden zum Ende der 
Weimarer Republik auch die letzten föderalen Elemente zugunsten eines ,,rigiden 
Einheitsstaates"
99
 aus der deutschen Gesetzgebung entfernt. Gleichschaltung aller staatlichen 
Ebenen und Bereiche hieß das politische Prinzip der Stunde. 
3.1.2 Prozesse der Systemfindung nach 1945 
Dem Ende des 2. Weltkrieges am 9. Mai 1945 folgte in Deutschland die Herrschaft der vier 
Besatzungsmächte. Ihnen oblag es, die politische Gestalt Deutschlands für die Zukunft 
festzulegen. Die USA, Frankreich, Großbritannien und die Sowjetunion waren sich in der 
Frage des zu installierenden Ordnungsprinzips für das zerschlagene Land keineswegs einig. 
Im Kern der Diskussion stand die Entscheidung, ob das neue Deutschland unitarisiert oder 
föderalisiert, ob es eher zentralisiert oder eher dezentralisiert sein sollte.
100
 Einigkeit bestand 
nur darin, das fast 80 Jahre lang übermächtige Preußen zu zerschlagen und somit eine 
mögliche Quelle neuerlichen Machtmissbrauchs auszuschalten. Obwohl lange bezüglich der 
Neuordnung gespalten  Amerika schwankte zwischen einem föderativen Einheitsstaat und  
stark dezentralisierten Nord- und Südteilen  einigte sich die amerikanische mit der britischen 
Regierung in Jalta über den Begriff ,,föderative Dezentralisierung"
101
. Auch auf der 
Konferenz von Potsdam, im Juli und August 1945, wurde diese Zielvorstellung nochmals 
bestätigt. Danach allerdings war keine gemeinsame Position mehr zu finden:  
98
    Heinz Laufer, Das föderative System der Bundesrepublik Deutschland, S. 38. 
99
    Ines Marie Annerose Jung, Die Reform des Finanzausgleiches zum Jahr 2005. S. 8 
100
  Vgl. Heinz Laufer, Der Föderalismus in der Bundesrepublik Deutschland, S. 17. 
101
  Heinz Laufer, Der Föderalismus in der Bundesrepublik Deutschland, S. 18. 
28 
,,Frankreich betrieb in Deutschland eine extreme Dezentralisierungspolitik; die UDSSR 
trat für einen zentralistischen Einheitsstaat ein; Großbritannien bereitete einen 
dezentralisierten Einheitsstaat vor; die USA empfahlen einen Bundesstaat 
amerikanischer Observanz." 
102
Erst die Konferenz zwischen den westlichen Alliierten sowie Belgien, Luxemburg und 
Holland entschied sich im Juni 1948 endgültig für die Errichtung eines westdeutschen Staates 
mit einer föderalistischen Konzeption. Man bejahte damit langfristig die drei normativen 
Hauptbegründungen
103
 für Föderalismus und erkannte, dass föderale Lösungen besonders in 
punkto Allokation und Distribution fast uneingeschränkt auf das zerschlagene Deutschland 
anwendbar und wahrscheinlich vorteilhaft waren. Es war klar: Beide Formen  Zentralstaat 
und Föderalstaat - verfügen sowohl über Vor- wie auch über Nachteile: So ist eine 
Zentralregierung zweifellos besser in der Lage Stabilisierungs- und Verteilungsprobleme zu 
lösen. Man wusste aber auch: Ohne lokale Regierungen als Repräsentanten untergeordneter 
Gebietskörperschaften sind  ,,Wohlfahrtsverluste aus dem einheitlichen Konsum öffentlicher 
Güter sehr wahrscheinlich"
104
, da nur untere Ebenen die regionalen Gegebenheiten 
angemessen berücksichtigen können.  
Wenig später folgte ein einschneidendes Ereignis: Die Westmächte übergaben die 
sogenannten ,,Frankfurter Dokumente" an die Regierungschefs der westdeutschen Länder. In 
ihnen präsentierte man die Ergebnisse der Londoner Sechs-Mächte-Konferenz und forderte 
die Ministerpräsidenten auf, eine verfassungsgebende Versammlung einzuberufen. Es sollte 
,,eine Regierungsform des föderalistischen Typs" geschaffen werden, ,,die am besten geeignet 
ist, die gegenwärtig zerrissene deutsche Einheit schließlich wieder herzustellen"
105
. Trotz 
dieses hehren Zieles: Die Spaltung Deutschlands war ab diesem Zeitpunkt fast unumgänglich 
geworden. Das ,,Diktat der Systemauseinandersetzungen"
106
 hatte nunmehr zwei 
Gesellschaftssysteme auf deutschem Boden geschaffen.  
102
  Ebd., S.19 
103
  Vgl. Charles B. Blankart, Öffentliche Finanzen in der Demokratie, S. 555 f. 
   Die Theorie sieht drei normative Begründungen für die Installation eines föderalen Systems: Es soll es    
erlauben (1), regional unterschiedlichen Präferenzen nachzukommen (2), zu neuen Erkenntnissen über die 
Organisation des Staates und die Bereitstellung staatlicher Leistungen zu gelangen und (3) durch 
institutionelle Kongruenz Anreize für eine sparsame Ressourcenverwendung geben. Bei Bothe 
(Föderalismus  ein Konzept im geschichtlichen Wandel, S. 24 f.) wird diese Systematik in enormen 
Ausmaß erweitert.  
104
  Tilo Müller-Overheu: Der bundesstaatliche Finanzausgleich im Rahmen der Deutschen Einheit. Frankfurt  
a.M. 1994, S. 21.  
105
  Büro der Ministerpräsidenten des amerikanischen, britischen und französischen Besatzungsgebietes (Hrsg.):  
Dokumente betreffen die Begründung einer neuen staatlichen Ordnung in den amerikanischen, britischen 
und  französischen Besatzungszonen (Frankfurter Dokumente). Wiesbaden 1948, S. 15. 
106
  Heiderose Kilper/Roland Lhotta, Föderalismus in der Bundesrepublik Deutschland, S. 79. 
29 
Der anschließende Verfassungskonvent von Herrenchiemsee erarbeitete eine ,,kaum zu 
überschätzende",
107
 aber von schweren Auseinandersetzungen gezeichnete Grundlage für die 
nun folgende Arbeit des Parlamentarischen Rates in Bonn. Gerade der angestrebte 
Finanzausgleich zwischen den ökonomisch unterschiedlich starken Ländern führte zu 
vielfältigen Vorschlägen und heftigsten Kontroversen quer durch alle politischen Parteien. 
Allen war klar: Die Kompetenzen in Finanzverwaltung und Finanzgesetzgebung sowie die 
Aufteilung des Steueraufkommens entschieden über die zukünftige Machtverteilung. Man 
hatte zwischen drei widerstrebenden Zielvorstellungen zu vermitteln: Der Forderung nach 
Einheitlichkeit im Bereich von Recht und Ökonomie, der Forderung nach vergleichbaren 
Bedingungen für alle Bürger und der Forderung nach Länder-Finanzhoheit.
108
 Die Resultate 
des Parlamentarischen Rates (65 Mitglieder, Vorsitzender Konrad Adenauer) kamen erst unter 
enormem Druck der Westmächte zustande. Man entschied sich für eine zwischen den 
Gebietskörperschaften geteilte Finanzverwaltung und für einen Ausgleich zwischen den 
Ländern. Damit hatte die SPD durch die Drohung, notfalls das ganze Grundgesetz 
abzulehnen, letztendlich einen Kompromiss erzielt. Die Besatzungsmächte und die CDU 
hatten nämlich ursprünglich auf dezentralisiertere Finanzzuständigkeiten hingewirkt.
109
Zudem wurde der Vorrang des Bundes in der Finanzgesetzgebung manifestiert, wenngleich 
der Bundesrat in der Steuergesetzgebung gleichberechtigt wurde. Auch bezüglich der zweiten 
Kammer gingen die Meinungen auseinander: Die SPD-geprägte Minderheit schlug einen 
Senat aus direkt gewählten Mitgliedern vor, die CDU/CSU wollte in großen Teilen einen 
Bundesrat als Vertretung der Länderregierungen. Eine tatsächliche Mehrheit für eine der 
beiden Lösungen lag aber lange in keiner der Fraktionen vor.
110
 Weitgehende 
Übereinstimmung bestand lediglich in der Aufteilung legislativer Kompetenzen in 
ausschließliche und konkurrierende Gesetzgebung.
111
 Der Hauptunterschied zwischen 
Herrenchiemsee und Bonn lag darin, dass auf dem oberbayerischen See die Probleme 
theoretisch erörtert und dargelegt werden konnten, in Bonn aber politische Entscheidungen 
und Kompromisse gefunden werden mussten. Trotz dieser Dichotomie: Das Verfahren hatte 
Erfolg. Von der Übergabe der ,,Frankfurter Dokumente" bis zur Verabschiedung des 
eigentlich nur als Provisorium gedachten Grundgesetzes am 8. Mai 1949 vergingen ganze 
zehn Monate. Manche Kritiker meinen allerdings, der Mangel an Zeit sei noch heute klar 
107
  Wolfgang Benz: Zwei Staatsgründungen auf deutschem Boden. In: Bundeszentrale für politische Bildung:   
Deutschland 1945  1949  Besatzungszeit und Staatsgründung. Heft 259, Bonn. Online-Ausgabe o. 
Seitenangabe. 
108
  Vgl. Heiderose Kilper/Roland Lhotta, Föderalismus in der Bundesrepublik Deutschland, S. 96 ff. 
109
  Vgl. Wolfgang Rudzio, Das politische System der Bundesrepublik Deutschland, S. 43. 
110
  Vgl. Udo Scholl, Der Bundesrat in der deutschen Verfassungsentwicklung, S. 32 f. 
111
  Vgl. Heinz Laufer, Der Föderalismus in der Bundesrepublik Deutschland, S. 26 ff. 
30 
erkennbar: Das Ergebnis sei  ,,ein konfuses, schlampiges Gewirr von Artikeln in einer elenden 
Sprache." 
112
 Andere artikulieren, es sei der größte Fehler der Staatsgründung gewesen, dass 
im Grundgesetz nicht die Bundesländer neu und gleich leistungsstark zugeschnitten 
wurden.
113
 Zweifellos: Gerade spätere Auseinandersetzungen um die Verteilung von 
Steuereinnahmen hätten so stark vermindert werden können. Diese Kritikpunkte waren aber 
sicher nicht dafür ausschlaggebend, dass sich Bayern im Mai 1949 als einziges Bundesland 
weigerte das Werk zu ratifizieren  und dies trotz der anerkannten Rechtsverbindlichkeit des 
Grundgesetzes. Die CSU im Bayerischen Landtag forderte an vielen Stellen  - auch in Sachen 
Finanzverwaltung - mehr Einfluss für die Länder.
114
 Münchener Rufe nach mehr 
Föderalismus haben also Tradition. 
3.2 Das Föderalstaatsprinzip der Bundesrepublik 
Aus der Absicht der Siegermächte heraus, ,,checks and balances zu schaffen"
115
, durchziehen 
föderale Elemente das Grundgesetz wie der so vielbeschriebene rote Faden. In knapp 50 
Artikeln zu den unterschiedlichsten Rechts - und Gesellschaftsgebieten findet man Verweise 
auf die politische Ordnung Deutschlands, wenn auch ein klar und gleichsam 
unmissverständlich formuliertes Postulat des Föderalismus fehlt. Die föderale Struktur der 
Bundesrepublik, genauer gesagt ihr bundesstaatliches Prinzip, ist in Artikel 20 festgelegt. 
Danach ist die Bundesrepublik ein ,,demokratischer und sozialer Bundesstaat"
116
. Diese 
Regelung ist unabänderlich. Die ,,Ewigkeitsgarantie" besagt, dass neben den ersten zwanzig 
Artikeln auch die ,,Gliederung des Bundes in Länder" und die ,,grundsätzliche Mitwirkung 
der Länder bei der Gesetzgebung"
117
 von einer Verfassungsänderung ausgeschlossen ist. Eine 
Neuordnung der Staatlichkeit könnte also allein über eine ganz neue Verfassungsgebung 
erfolgen. Die vorgeschriebene Bundesstaatlichkeit setzt übrigens einige Charakteristiken 
voraus, ohne welche die Länder lediglich abhängige Provinzen des Gesamtstaates wären. So 
müssen zum Beispiel die finanzielle Selbstständigkeit und einige unbeschränkte 
112
  Urs Bernetti: Das deutsche Grundgesetz. Eine Wertung aus Schweizer Sicht. Würenlos 1994, S. 8. 
113
  Vgl. Karl Hahn / Manfred Hölscher: Föderalisierung der Bundesrepublik Deutschland. In: Fried Esterbauer /  
Guy Heraud / Peter Pernthaler (Hrsg.): Föderalismus als Mittel permanenter Konfliktregelung.  
       Wien 1977, S. 117. 
114
  Vgl. Wolfgang Rudzio, Das politische System der Bundesrepublik Deutschland, S. 44. 
115
  Uwe Wagschal / Hans Rentsch: Der Preis des Föderalismus, Zürich 2002, S. 12. 
116
  Bayerische Landeszentrale für politische Bildungsarbeit, Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, 
Art. 20, 1 
117
  Ebd., Art. 79, 3. 
31 
Herrschaftsrechte der Gliedstaaten gewährleistet sein.
118
  Generell bemühte man sich, den 
,,finanziellen Einfluss von Bund und Ländern auszubalancieren"
119
.  
Typisch für den bundesdeutschen Föderalismus ist die eminent einflussreiche Stellung des 
Bundesrates als Vertretung der Länderparlamente. Bei über 60 Prozent aller durch den 
Bundestag verabschiedeten Gesetze muss die Länderkammer ihre Zustimmung erteilen. 
Andere setzen diese Zahl sogar noch deutlich höher an. Der Bundesrat wirkt im Sinne der 
Gewaltenhemmung, kann aber selbstverständlich auch als Blockadeinstrument eingesetzt 
werden. Letzteres gilt vor allem dann, wenn die Bundestagsopposition im Bundesrat die 
Mehrheit stellt.
120
 Die Position des Bundesrates, so wichtig sie aus demokratietheoretischen 
Gründen auch sein mag, verzögert durch die Notwendigkeit umfangreicher Konsultationen 
zwischen Bund und Ländern die politische Arbeit. Der Vermittlungsausschuss, eine in 
Deutschland vorher weitgehend unbekannte Institution des Ausgleichs zwischen Bundestag 
und Bundesrat
121
, gilt unter Experten nicht umsonst als eines der mächtigsten Gremien 
überhaupt.  
Trotz mancher Ausgleichsmechanismen: Politisch unüberwindbare Streitigkeiten  - gerade 
zwischen föderalen Ebenen - bleiben nicht aus. Um die Funktionsfähigkeit des Bundesstaates 
dennoch zu sichern, fungiert das Bundesverfassungsgericht als oberster Streitschlichter und 
,,föderativer Friedenswahrer"
122
. Es entscheidet im Streitfall über Kompetenzen und 
Befugnisse von Ebenen und Institutionen. Zu seinen Aufgaben gehört die Schlichtung von 
Organstreitigkeiten, also zum Beispiel Konflikten zwischen Bundesrat und Bundespräsident, 
sowie die Schlichtung direkter Bund-Länder-Streitigkeiten. Zu letzteren zählen sehr oft 
sogenannte Normenkontrollklagen. Sie ersuchen das Gericht, die Vereinbarkeit von Bundes- 
oder Landesrecht mit dem Grundgesetz zu prüfen. Vor allem im hartumkämpften Bereich der 
Finanzverfassung erhält die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes in Karlsruhe 
eine bisweilen überdimensionierte Bedeutung. 
Erwähnt werden sollte: Die Tendenz zum Föderalismus ist beileibe nicht so ausgeprägt, wie 
das klare Bekenntnis der Ewigkeitsgarantie glauben machen möchte. Die Autoren der 
Verfassung glaubten, durch einige unitaristische, wenn nicht gar zentralistische Tendenzen 
118
  Vgl. Heinz Laufer, Das föderative System der Bundesrepublik Deutschland, S. 66 f. 
119
  Hans-Wolfgang Arndt: Wie der Finanzausgleich einen föderativen Wettbewerb behindert - der Fall  
Deutschland. In: Uwe Wagschal / Hans Rentsch (Hrsg): Der Preis des Föderalismus. Zürich 2002, S. 253. 
120
  Vgl. Franz Fallend, Vielfältiger Föderalismus. S. 15. 
121
  Vgl. Heiderose Kilper/Roland Lhotta, Föderalismus in der Bundesrepublik Deutschland, S. 126 f. 
122
  Heinz Laufer, Das föderative System der Bundesrepublik Deutschland, S. 67. 
Details
- Seiten
- Erscheinungsform
- Originalausgabe
- Erscheinungsjahr
- 2004
- ISBN (eBook)
- 9783832486907
- ISBN (Paperback)
- 9783838686905
- Dateigröße
- 1 MB
- Sprache
- Deutsch
- Institution / Hochschule
- Ludwig-Maximilians-Universität München – Sozialwissenschaftliche Fakultät, Geschwister-Scholl-Institut für politische Wissenschaften
- Note
- 1,7
- Schlagworte
- wettbewerbsföderalismus bundesstaat finanzverfassung föderalstaat gleichheitsprinzip
- Produktsicherheit
- Diplom.de
 
					