Lade Inhalt...

Expertensysteme auf Finanzmärkten als Auslöser von Herdenverhalten?

©2003 Diplomarbeit 76 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
In den letzten Jahren haben sich das Umfeld und die Bedingungen beim Agieren auf dem Finanzmarkt durch die weite Verbreitung und den Einsatz von hochentwickelter Informations- und Kommunikationstechnologie in Verbindung mit ausgefeilten Analysemethoden geändert. Zu beobachten waren mit der Geburt der New Economy ein massiver Boom in den 90er Jahren und eine starke Rezession Anfang 2000. Auf einigen Märkten entstanden durch hohen Kapitalzufluss sog. ‚spekulative Blasen’; Gleichgewichtspreise wichen weit von den Fundamentalwerten ab. Solch längerfristig bestehende Ungleichgewichte waren die Wurzel für die Krisen und den Kollaps in einigen Asiatischen Ländern.
Die Entstehung und das Platzen dieser Blasen konnte durch die gängigen Finanzmarktmodelle nicht erklärt werden; es entstand Anfang der 90er Jahre der Begriff des Herdenverhaltens, welcher die in der Empirie beobachtbaren Vorgänge erklären sollte. Hierzu gibt es interessante Ansätze.
Die Entwicklung hochdifferenzierter Geld- und Kapitalmarktprodukte, die sich gegenseitig ergänzen, sich wechselseitig absichern und sich konkurrierend auf den Preis anderer Finanzinstrumente auswirken, lassen sich abhängig von der zugrundeliegenden und zur Anwendung kommenden Theorie mathematisch errechnen bzw. zumindest approximieren. Im Alltag des Finanzgeschäftes sind es diese Fluktuationen, die von Arbitrageuren in Marktpreise umgesetzt werden und über den Erfolg oder Misserfolg entscheiden können. Es wird deutlich, dass solche komplexe rechnerische Aufgaben nur von Computern zeitgerecht geleistet werden können; die Geldinstitute brauchen Expertensysteme. Die großen Finanzinstitute sind heute nach ihrer internen Aufgabenstellung weitgehend Informationsprozessoren und damit letztlich reine Datenverarbeitungsfabriken. Die Qualität und Effizienz, mit der diese Arbeiten erledigt werden, bestimmen den Erfolg solcher Institute. Wie aber kann es bei einer solchen Form der Absicherung und Analyse dennoch zu Herdenverhalten kommen? Die Antwort scheint bei der Art der Nutzung der Expertensysteme zu finden zu sein.
Das Ziel der vorliegenden Arbeit ist zu untersuchen, inwiefern der Einsatz von Expertensystemen auf dem Finanzmarkt Herdenverhalten auslösen kann. Dazu ist eine eingehende Betrachtung der Expertensysteme und ihrer Nutzer notwendig um ein Modell zu generieren, was expertensysteminduziertes Herdenverhalten erklärt. Da die Expertensysteme in ihrem Aufbau und ihrer Performance […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1. Einleitung
1.1 Problemdarstellung
1.2 Ziel der Arbeit
1.3 Vorgehensweise

2. Expertensysteme auf Finanzmärkten
2.1 Finanzmärkte
2.1.1 Abgrenzung des Finanzmarktes
2.1.2 Computerhandel und Finanzintermediation
2.1.3 Finanzmarktüberwachung und Finanzmarktanalyse
2.2 Expertensysteme
2.2.1 Herleitung einer Arbeitsdefinition
2.2.2 Informationsfluss in einer Bank
2.2.3 Aufbau eines Expertensystems
2.2.4 Verwendete Methoden und Modelle in Expertensystemen
2.3 Bedeutung der Expertensysteme für Kreditinstitute

3. Herdenverhalten auf Finanzmärkten
3.1 Begriffsabgrenzung Herdenverhalten
3.2 Erklärungsansätze für Herdenverhalten
3.2.1 Informationskaskaden
3.2.2 Reputation als Auslöser von Herdenverhalten
3.2.3 Absicherung als Auslöser von Herdenverhalten
3.2.4 Herdenverhalten durch Anlageanalysten und Ratings
3.3 Empirischer Nachweis von Herdenverhalten
3.3.1 Statistischer Nachweis von Herdenverhalten
3.3.2 Nachweis von Herdenverhalten über Experimente
3.4 Zusammenfassung

4. Expertensysteme und Herdenverhalten
4.1 Vorbemerkung
4.2 Ein einfaches Modell
4.2.1 Modellvorstellung und Annahmen
4.2.2 Nutzung von Expertensystemen bei verschiedenen Stimmungen
4.2.3 Expertensysteme als Auslöser von Herdenverhalten
4.2.4 Querbeziehung zu anderen Modellen für Herdenverhalten
4.3 Modellvariation
4.3.1 Variation von Annahmen
4.3.2 Abbrechen von Herdenverhalten im Expertensystemmodell
4.5 Expertensysteme als Ursache für ‚Ansteckung’?
4.6 Möglichkeiten eines empirischen Nachweises
4.6.1 Möglichkeit eines statistischen Nachweises
4.6.2 Möglichkeit des Nachweises über ein Experiment

5. Zusammenfassung

Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Interaktionen im Wertpapiermanagement einer Bank

Abbildung 2: Einordnung von Verfahren zur Finanzmarktanalyse

Abbildung 3: Schematischer Ablauf in Informationskaskaden

Abbildung 4: Entscheidungssituation eines Analysten

Abbildung 5: Auslöser für Herdenverhalten bei einem Analysten

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Wahrscheinlichkeiten für richtige und falsche Signale mit w > 0,5.

Tabelle 2: Stimmungssituationen in Verbindung mit der Kursentwicklung

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1. Einleitung

„The newest innovations, which we label information technologies, have begun to alter the manner in which we do business and create value, often in ways not readily foreseeable even five years ago.“[1]

Alan Greenspan at the 35th Annual Conference on Bank Structure and Competition of the Federal Reserve Bank of Chicago.

1.1 Problemdarstellung

In den letzten Jahren haben sich das Umfeld und die Bedingungen beim Agieren auf dem Finanzmarkt durch die weite Verbreitung und den Einsatz von hochentwickelter Informations- und Kommunikationstechnologie in Verbindung mit ausgefeilten Analysemethoden geändert. Zu beobachten waren mit der Geburt der New Economy ein massiver Boom in den 90er Jahren und eine starke Rezession Anfang 2000. Auf einigen Märkten entstanden durch hohen Kapitalzufluss sog. ‚spekulative Blasen’; Gleichgewichtspreise wichen weit von den Fundamentalwerten ab.[2] Solch längerfristig bestehende Ungleichgewichte waren die Wurzel für die Krisen und den Kollaps in einigen Asiatischen Ländern.[3]

Die Entstehung und das Platzen dieser Blasen konnte durch die gängigen Finanzmarktmodelle nicht erklärt werden; es entstand Anfang der 90er Jahre der Begriff des Herdenverhaltens, welcher die in der Empirie beobachtbaren Vorgänge erklären sollte. Hierzu gibt es interessante Ansätze.

Die Entwicklung hochdifferenzierter Geld- und Kapitalmarktprodukte, die sich gegenseitig ergänzen, sich wechselseitig absichern und sich konkurrierend auf den Preis anderer Finanzinstrumente auswirken, lassen sich abhängig von der zugrundeliegenden und zur Anwendung kommenden Theorie mathematisch errechnen bzw. zumindest approximieren. Im Alltag des Finanzgeschäftes sind es diese Fluktuationen, die von Arbitrageuren in Marktpreise umgesetzt werden und über den Erfolg oder Misserfolg entscheiden können. Es wird deutlich, dass solche komplexe rechnerische Aufgaben nur von Computern zeitgerecht geleistet werden können; die Geldinstitute brauchen Expertensysteme. Die großen Finanzinstitute sind heute nach ihrer internen Aufgabenstellung weitgehend Informationsprozessoren und damit letztlich reine Datenverarbeitungsfabriken. Die Qualität und Effizienz, mit der diese Arbeiten erledigt werden, bestimmen den Erfolg solcher Institute. Wie aber kann es bei einer solchen Form der Absicherung und Analyse dennoch zu Herdenverhalten kommen? Die Antwort scheint bei der Art der Nutzung der Expertensysteme zu finden zu sein.

1.2 Ziel der Arbeit

Das Ziel der vorliegenden Arbeit ist zu untersuchen, inwiefern der Einsatz von Expertensystemen auf dem Finanzmarkt Herdenverhalten auslösen kann. Dazu ist eine eingehende Betrachtung der Expertensysteme und ihrer Nutzer notwendig um ein Modell zu generieren, was expertensysteminduziertes Herdenverhalten erklärt. Da die Expertensysteme in ihrem Aufbau und ihrer Performance differieren und immer noch Analysten als Entscheider zwischen den Empfehlungen des Expertensystems und der Ausführung der Order geschaltet sind, kann an dieser Stelle bereits von ‚monsoonal effects’, Ereignissen, die alle Marktteilnehmer gleichermaßen betreffen[4], abgegrenzt werden. Vielmehr soll die Stimmung der Systemnutzer in Verbindung mit den Empfehlungen des XPS als Begründung für ein Auslösen von Herdenverhalten herangezogen werden. Die Besonderheit liegt darin, dass zwar wie in vielen Modellen der Informationsaustausch als Grund für das Auslösen von Herdenverhalten gesehen wird, aber die Marktteilnehmer nur den Kurs eines Wertpapiers beobachten können und nicht direkt die Entscheidungen anderer Marktteilnehmer observieren.

1.3 Vorgehensweise

Das erste Kapitel stellt auf den Finanzmarkt und Expertensysteme ab. Nach der erforderlichen kurzen Abgrenzung des Finanzmarktes und der Erklärung von Computerhandel und Finanzintermediation werden grundlegende Techniken der Finanzmarktüberwachung und -analyse vorgestellt. Den zweiten Schwerpunkt im ersten Kapitel bilden nach der Herleitung einer Arbeitsdefinition von XPS die Darstellung der Interaktionen in einem Geldinstitut sowie der Aufbau und die Arbeitsweise von Expertensystemen. Das Kapitel wird durch das Hervorheben der Bedeutung der XPS für Banken und einer kurzen Zusammenfassung der Ergebnisse abgerundet.

Lösgelöst von den Resultaten des ersten Kapitels erklärt Kapitel zwei Herdenverhalten auf dem Finanzmarkt. Nach einer allgemeinen Begriffsabgrenzung werden die vier bekanntesten Erklärungsansätze für das Auslösen von Herdenverhalten sowie Möglichkeiten eines empirischen Nachweises derselben detailliert erläutert. Mit einer kurzen Zusammenfassung der Ergebnisse schließt dieses Kapitel ab.

Nachdem die Expertensysteme mit ihrer Arbeitsweise und ihrer Bedeutung für Banken in Kapitel eins diskutiert und im zweiten Kapitel die Darstellung von Herdenverhalten auf dem Finanzmarkt erfolgte, stellt Kapitel drei die Verbindung zwischen XPS und Herdenverhalten dar. Zur Erklärung der Idee des zu entwickelnden Modells werden kurz empirische Beobachtungen auf dem Finanzmarkt dargelegt, woran sich direkt die Beschreibung dieses Modells, was Expertensystemnutzung und hieraus mögliches resultierendes Herdenverhalten beinhaltet, anschließt. Dazu wird nach der Modellvorstellung und den Annahmen des Modells auf die Art der Nutzung von XPS bei verschiedenen Stimmungen abgestellt und versucht, eine Zielbeziehung zwischen den XPS und dem Auslösen von Herdenverhalten herzustellen.

In der Folge schließt sich eine Betrachtung an, welche die vorgestellten Auslöser für Herdenverhalten und das Auslösen von Herdenverhalten durch Expertensysteme verbindet sowie untersucht, inwiefern diese verschiedenen Auslöser interagieren.

Im Anschluss wird das Modell variiert und die Änderung oder Elimination einiger Modellannahmen diskutiert; darauf folgt eine kritische Beurteilung über die Aussagekraft des Modells.

‚Ansteckung’ ist ein zweiter Begriff zur Umschreibung der an den Finanzmärkten beobachtbaren Vorgänge. Der Vollständigkeit halber erfolgt eine kurze Abstellung darauf, inwiefern Expertensysteme ‚Ansteckung’ auslösen können.

Zuletzt werden zwei Möglichkeiten für den empirischen Nachweis des Expertensystemmodells vorgestellt.

Das vierte und letzte Kapitel der Arbeit dient der Zusammenfassung der Ergebnisse der einzelnen Kapitel und der Beantwortung der Gesamtfragestellung.

2. Expertensysteme auf Finanzmärkten

In diesem Kapitel erfolgt zunächst eine Abgrenzung des Finanzmarkts und eine allgemeine Darstellung des Handelsablauf und der Finanzanalyse; der zweite Teil dient zu Definition von Expertensystemen und der Beschreibung des Aufbaus mit den verwendeten Methoden und Modellen von XPS. Die Diskussion der Bedeutung von XPS für Kreditinstitute schließt das Kapitel zusammenfassend ab.

2.1 Finanzmärkte

Nach einem kurzen Abriss über die Zusammensetzung des Finanzmarktes in verschiedene Teilmärkte bildet das ‚Funktionieren’ des Marktes den Schwerpunkt dieses Abschnittes. Die Fragen, wie der Handel zwischen den Marktteilnehmern stattfindet und wie die Finanzmarktüberwachung und die Finanzanalyse originär funktioniert, sollen beantwortet werden.

2.1.1 Abgrenzung des Finanzmarktes

Der Finanzmarkt gestaltet sich als „Zusammensetzung hoch kompetetiver, globalisierter und deregulierter Märkte mit hohem Innovationsdruck.“[5] Der internationale Finanzmarkt ist nicht durch Ländergrenzen beengt und zeichnet sich durch eine hohes Maß an Selbständigkeit aus (der Mangel an Liberalität auf nationalen Märkten war für das Entstehen der internationalen Geld- und Kapitalmärkte mit verantwortlich). Diese Entwicklung wurde durch die freie Konvertierbarkeit der meisten Währungen ab 1958 begünstigt. Mit dem Aufkommen der modernen Geldverkehrs- und Nachrichtentechnik beschleunigte sich die Abwicklung von Geldgeschäften.

Zum Finanzmarkt zählen grundsätzlich alle Geld- und Kapitalmärkte, wie beispielsweise Aktien-, Renten-, Options-, Futures- und Devisenmärkte[6]. Er kann grob in zwei Klassen eingeteilt werden, in Publikumsmärkte und Spezialmärkte.

Zu den Publikumsmärkten zählen beispielhaft der Aktien- oder Rentenmarkt. Hier agieren neben den institutionellen Großanlegern gerade die Klein- und Kleinstanleger, die einen hohen Prozentsatz des Geschäftsvolumens tragen.

Spezialmärkte wie der Termin- oder Devisenmarkt werden von professionellen, institutionellen Marktteilnehmern beherrscht.[7]

Auf diesen Märkten agieren verschiedene Akteure, deren Handeln sich auf unterschiedlicher Motivation begründet. Diese mannigfachen Beweggründe für den Handel sollen am Beispiel des Optionenmarktes dargestellt werden.

„Optionen beinhalten das Recht, jedoch nicht die Verpflichtung, ein Basisobjekt (Devisen, Aktien, etc.) zu einem vereinbarten Kurs oder Preis (Basispreis, strike price) innerhalb eines festgelegten Zeitraumes (american options) oder zu einem vereinbarten Fälligkeitstermin (european options) zu kaufen (call options) oder zu verkaufen (put options). Für dieses Recht zahlt der Optionskäufer dem Optionsverkäufer einen Preis, die sogenannte Optionsprämie.“[8]

Die Optionsgeschäfte werden über Optionsbörsen abgewickelt. Optionen[9] dienen in ihrer Grundeigenschaft als flexibles Instrument der Portfolioabsicherung. Die Marktteilnehmer lassen sich nach ihrer Motivation in drei Gruppen aufteilen, in Hedger, Trader und Arbitrageure.

Hedger sind eine risikoavers zu bezeichnende Gruppe, welche Optionen nutzt, um sich gegen hohe Kursschwankungen am Kassamarkt abzusichern. Als Motivation ist der Risikotransfer herauszustellen.

Die Trader bilden die Marktgegenseite zu den Hedgern und sind risikofreudig. Sie nutzen die Schwankungen der Optionsprämien zur Erzielung von Kursgewinnen aus. Ihr Anreiz besteht in der Chance, durch Hebeleffekte große Kursgewinne zu realisieren. Weil für das Eingehen von Positionen am Optionsmarkt im Verhältnis zur Kontraktgröße nur ein geringer Kapitaleinsatz erforderlich ist, sind solche Hebeleffekte möglich. Durch die Trader begründet sich ein hohes Marktvolumen.

Die Arbitrageure engagieren sich am Optionsmarkt, weil sie Kursunterschiede zwischen vergleichbaren Optionskontrakten oder zwischen Kontrakt und entsprechendem Kassawert (z.B. einer Aktie oder Devise) ausnutzen wollen. Somit sorgen sie für einen ständigen Kursausgleich und eine adäquate Bewertung der Optionen in Relation zu den Optionskontrakten zugrundeliegenden Werten am Kassamarkt.

Es kristallisiert sich heraus, dass ein Engagement auf dem Finanzmarkt durchaus unterschiedlicher Natur sein kann, was sich in grundlegend verschiedenen Motiven manifestiert. Die eine Marktseite kann ohne die andere nicht auskommen. Es zeigt sich, dass die Abgabe einer Prognose für den Gesamtmarkt bei der Verschiedenenartigkeit von Motivationen auf den Teilmärkten schwierig ist, weil vorauszusehen sein müsste, welche Marktseite überwiegt und somit ermittelt werden kann, in welche Richtung sich der Marktpreis entwickelt.

Nachdem der Markt und die Motivationen für den Handel dargestellt wurden, sollen im folgenden Abschnitt auf den Ablauf des Handels in verschiedenen Formen von Börsen eingegangen werden.

2.1.2 Computerhandel und Finanzintermediation

Die Nennung des Begriffs ‚Expertensysteme’ impliziert meist die Begriffe Computer oder Internet im selben Zug. Es ist jedoch fein zu differenzieren, inwiefern Computer an der Börse eingesetzt werden. Im folgenden sollen verschiedene Arten von Börsen und Handel kurz dargestellt werden.

Allgemein wird in den Präsenzhandel auf der Präsenzbörse und den Computerhandel unterschieden, welcher weiter zu untergliedern ist.[10] Die Präsenzbörse stellt die klassische Form des Börsenhandels dar. Die Geschäftsabschlüsse finden auf dem Börsenparkett zwischen Händlern im persönlichen Kontakt statt. Die Computerbörse wird über die Form der Kommunikation zwischen den Marktteilnehmern von der Präsenzbörse abgegrenzt: „der Handel mit Wertpapieren oder Waren wird mit Hilfe von Computern abwickelt, ohne dass die Händler persönlich oder fernmündlich in Kontakt treten.“[11]

Der Computerhandel wird in drei Kategorien unterschieden: in computerunterstützten Handel, in computergestützten Handel und in den Computerhandel. Beim computerunterstützten Handel erfolgen die Absprachen zwischen den Marktteilnehmern mündlich, zur Weiterleitung von Aufträgen an die Börse oder zur Abwicklung von Aufträgen werden Computer eingesetzt. Im computergestützten Handel werden Computer als Informationssystem von Kursen, nachgefragter oder angebotener Stückzahlen verwendet. Der Handel erfolgt jedoch nicht über das Computersystem, die Computer verbessern lediglich die Information der Marktteilnehmer. Beim Computerhandel kommunizieren die Marktteilnehmer nicht mehr direkt oder telefonisch miteinander, sondern nur noch über Computersysteme. Kursverhandlungen und Handelsabschlüsse erfolgen durch Eingabe entsprechender Signale in den Computer.[12] Eine spezielle Form der Computerbörse stellen Internetbörsen dar. Hier wird der Wertpapierhandel über das weltweite Online - System betrieben. „Zunächst waren nur eine beschränkte Zahl von Wertpapieren online handelbar, heute gewinnt diese Form der Computerbörse an Gewicht.“[13]

Über diese verschiedenen Arten von Börsen und Handelsmöglichkeiten können die Marktteilnehmer auf dem Finanzmarkt agieren. Eine besondere Stellung am Markt haben die Finanzintermediäre inne, die zusätzlich eine Finanzvermittlungsfunktion bedienen. Sie dienen i.w.S. der Herbeiführung und der Erleichterung unmittelbarer Finanzkontrakte zwischen Marktteilnehmern auf der Angebots- und Nachfrageseite. Ein Finanzintermediär im engeren Sinne fungiert als Vertragspartner zwischen Anbietern und Nachfragern; er tritt selbst für begrenzte Zeit mit in das Geschäft ein und trägt solange ein Risiko mit, bis er Nachfrage- und Angebotsseite ausgeglichen hat; beispielhaft ist hier das Einlage- und Kreditgeschäft der Banken zu nennen.[14] Die ökonomischen Funktionen von Finanzintermediären sind die Vermittlung von Laufzeiten, Risikoreduktion durch Zusammenführung der Gelder und Diversifikation, Kostensenkung bei Vertragsabschlüssen und Informationsgenerierung sowie das Treffen von Vorkehrungen beim Zahlungsservice.[15]

Die Finanzintermediäre stellen eine Gruppe dar, die das Geschehen auf dem Finanzmarkt besonders genau beobachten muss, weil sie täglich ein hohes Risiko trägt. Wie die Finanzmarktüberwachung und die Finanzmarktanalyse durchgeführt wird, soll im nächsten Abschnitt dargelegt werden.

2.1.3 Finanzmarktüberwachung und Finanzmarktanalyse

Dem Produktionsfaktor Information und den informationsverarbeitenden Prozessen kommt heute eine überragende Bedeutung zu. Dabei lässt sich eine „deutliche Tendenz weg von der reinen Verwaltung großer Datenmengen hin zur Notwendigkeit der Nutzung von Methoden mit höherem Abstraktionsgrad und Fokussierung auf die Wissensbereitstellung und Wissensverarbeitung erkennen.“[16]

Entsprechend gilt dies für das Agieren auf dem Finanzmarkt. Um entsprechend an Informationen zu gelangen, muss der Finanzmarkt überwacht und die einlaufenden Datenströme analysiert und zu Informationen aggregiert werden.

Objekte der Überwachung sind alle unter Punkte 2.1.1 aufgeführten Märkte. Banken und Sparkassen, aber auch „Near- und Nonbanks wie Investmentgesellschaften, Brokerhäuser oder Finanzabteilungen von Versicherungs-, Industrie- oder Dienstleistungskonzernen betreiben intensive Finanzmarktüberwachung.“[17]

Betrachtet werden Primärinformationen wie Kurswerte und Indizes, sowie auch Wirtschafts- und Finanznachrichten und Hintergrundinformationen. Die Informationen werden durch sog. ‚Real-Time-Datafeeds’ an die Institutionen geliefert. Die Marktdaten werden von kommerziellen Betreibern rund um die Uhr zu Verfügung gestellt. Außer den grundlegenden Finanzmarktdaten der größten internationalen Börsenplätze und der Notierungen der nationalen Börsen sind in den Datenströmen die aktuellen Kurswerte der Rentenmärkte und der Termin- und Devisenmärkte enthalten. Weiterhin gehören wichtige Daten von ‚Near- und Non- Money- Markets’ wie Preise für Edelmetalle, Öl oder andere Rohstoffe zum Angebotsspektrum der Informationsanbieter.

Die vorliegenden Daten müssen fortlaufend analysiert werden. „Unter Finanzanalyse wird die datengestützte Analyse von Produkten und Marktteilnehmern an Finanzmärkten verstanden, mit dem Ziel, verlässliche Aussagen über die Attraktivität finanzieller Engagements bei diesen Produkten und Marktteilnehmern zu gewinnen.“[18] Hier existieren wenig standardisierte Methoden, da es Unterschiede in der Breite und Intensität der Analysen in den einzelnen Organisationen gibt. Zusätzlich zu der institutionellen Differenz entstehen Unterschiede durch die individuelle Vorgehensweise der Wertpapierexperten, z.B. bei Präferenzen für eine bestimmte Analyseart oder durch die Wahl für ausgesuchter Märkte oder Wertpapiere. Ein relativ hohes Maß an Formalisierbarkeit weist der Aktienmarkt auf, an dessen Beispiel die zwei grundlegenden Ansätze bei der Wertpapierbeurteilung in Anlehnung an Bechtolsheim und Götz[19] dargestellt werden sollen.

Bei dem fundamentalanalytischen Ansatz orientiert sich der Analyst an den fundamentalen Daten einer Unternehmung, unter welche Unternehmensdaten wie Geschäftsentwicklung, Gewinn pro Aktie, Cash-Flow u.a. zu zählen sind. Ziel der Analyse, ist durch Ansätze der Fundamentalanalyse die Bestimmung des ‚inneren Wertes’ einer Aktie (welcher den wahren, realistischen (Kurs-)Wert des Wertpapiers wiederspiegeln soll) zu ermitteln. Im Vergleich mit dem aktuellen, an der Börse notierten Werts leiten sich Kauf- oder Verkaufsempfehlungen ab.

Ein zweiter Ansatz ist die ‚ technische Analyse’ (Chartanalyse). Die klassische Form dieser Analyse lässt fundamentale Unternehmensdaten außer Betracht und orientiert sich an den Kurswerten und Umsatzzahlen der Vergangenheit bis zum aktuellen Börsentag. Diese Kurswerte werden in ein zweidimensionales Diagramm eingetragen, es resultieren Linien- oder Balkendiagramme. Im Linienchart werden die Kurswerte meist als Kassakurse als fortlaufende Linie dargestellt, im Balkendiagramm wird pro Börsentag durch einen Balken die Bandbreite der Schwankungen zwischen Tageshoch und -tief beschrieben. Aus dem Verlauf der Kursdiagramme werden unter Einsatz von Instrumenten und Indikatoren Signale kreiert, welche die Kursentwicklung in der Zukunft prognostizieren sollen. Bei diesen Analyseverfahren wird in charttechnische und indikatorbasierte Verfahren unterschieden.

Die charttechnischen Verfahren versuchen direkt aus den Ausprägungen der Kurslinie Formationen zu erkennen, welche Signale für die weitere Kursentwicklung implizieren. Meist bedienen sich Wertpapieranalysten an Hilfslinien, welche sie nach eigener Erfahrung oder nach „Daumenregeln“ eintragen. Hilfslinien sind z.B. Trend-, Widerstands- und Unterstützungslinien. Bei der Anwendung dieser Verfahren ist hervorzuheben, dass hier wenige, fest definierte Vorschriften existieren. Vielmehr hängt das Ergebnis und die Interpretation der Ergebnisse von der individuellen Erfahrung und der Vorgehensweise des jeweiligen Experten ab. Die indikatorbasierten Verfahren zeichnen sich im Gegensatz zu den charttechnischen Verfahren durch ihre mathematische Fundierung aus. Es werden Kennzahlen wie gleitende Durchschnitte, Oszillatoren , Relative-Stärke-Indizes oder das Momentum gebildet; diese Kennzahlen (Indikatoren) werden als Signalgeber einzeln oder im Verhältnis zu den aktuell eingehenden Daten betrachtet. Es leiten sich wiederum Kauf- oder Verkaufsempfehlungen ab.

Eine alternative Unterscheidungsmöglichkeit einzelner Verfahren ist die Differenzierung in Verfahren der Einzelwert- oder Gesamtwertbetrachtung. Die Schwierigkeit bei dieser Differenzierung ist, dass sich viele Instrumente zur Gesamtwert- wie auch zur Einzelwertbetrachtung eignen. Instrumente wie Trendlinien, die Formationsanalyse oder die der gleitenden Durchschnitte sind für die Betrachtung von Einzelwerten wie auch bei der Analyse von Gesamtwerten (repräsentiert durch einen Gesamtmarktindex wie bspw. dem DAX) sinnvoll einzusetzen. Als Beispiel für einen Indikator zur Einzelwertbetrachtung ist der Relative-Stärke-Index (Messung der Volatilitätsstärke des Einzelwerts im Verhältnis zur Volatilität des Gesamtmarktes) zu nennen.

Beide Analyseformen, die Fundamentalanalyse wie auch die technische Analyse, haben Stärken und Schwächen. Während die Fundamentalanalyse Datenmaterial aus Unternehmenswerten verwendet, welche oftmals nicht realistische oder aus unternehmenspolitischen Gründen ‚geschönte’ Bilanzzahlen enthalten, sind einige Instrumente der technischen Analyse in ihrer Aussagekraft und Validität umstritten. Bei beiden Analyseformen können verschiedene Schlussfolgerungen bei Vorhandensein des gleichen Datenmaterials erfolgen, weil von Person zu Person eine andere Beurteilung der Muster oder Kennzahlen stattfindet.

Mit der Beschreibung der möglichen Analyseformen wird deutlich, dass die Qualität der Entscheidungen einzelner Institute direkt abhängig von der Erfahrung des Wertpapieranalysten ist, da die Interpretation der Analyseergebnisse genau diesem obliegt. Um mehr Zuverlässigkeit zu erreichen, werden oft beide Methoden gemeinsam genutzt.

In einem großen Bankhaus muss bei der Menge der zu beobachtenden und zu analysierenden Kursverläufe eine sehr hohe Datenmenge ausgewertet werden. Dies ist in der Regel einem oder mehreren Menschen mit einem Blatt Papier in der Hand nicht möglich. Um den Finanzmarkt zu überwachen, zu analysieren und Prognosen abzugeben werden heute Computersysteme eingesetzt, auf welche im folgenden Abschnitt eingegangen werden soll.

2.2 Expertensysteme

Nach der Herleitung einer Arbeitsdefinition für Expertensysteme erfolgt nach der Darstellung des Informationsflusses in einer Bank eine kurze Abstellung auf den inneren Aufbau eines solchen Systems. In Verbindung mit den Erkenntnissen aus dem vorherigen Abschnitt werden anschließend die in Expertensystemen verwendeten Modelle und Analyseformen erläutert.

2.2.1 Herleitung einer Arbeitsdefinition

In der Literatur finden sich verschiedene Definitionen für Expertensysteme. Hier soll von der allgemeinen Definition ausgehend eine Arbeitsdefinition für XPS geschaffen werden, die auf dem Finanzmarkt eingesetzt werden.

„Ein Expertensystem lässt sich als sich ein als informationsverarbeitender Automat (Computer) auffassen, der sich – im Vergleich zu seinen konventionellen Pendants – dadurch auszeichnet, dass der Benutzer den Automaten beauftragen kann, ein Problem zu bewältigen, ohne hierbei zu beschreiben, wie der Automat bei seiner Problembewältigung vorgehen soll und sich weiterhin dadurch auszeichnet, dass der Automat bei seiner Problembewältigung Wissen aus dem betroffenen Problembereich anwendet, das in einer separaten Wissensbasis explizit dargestellt wird.“[20]

Servatius bezieht sich in seiner Definition hauptsächlich auf den Aspekt der vom Menschen lösgelösten Problembewältigung. Es ist berücksichtigen, dass das XPS seine Problemlösung aus der Wissensbasis erarbeitet, die zunächst von einem Menschen erstellt werden muss, welche aber dann durch das XPS selbst erweitert werden kann.

„Expertensysteme sind Software-Systeme, die in der Lage sind, das Fach- und Erfahrungswissen menschlicher Experten zu speichern und hieraus eigene, neue Schlussfolgerungen zu ziehen mit dem Ziel, innerhalb eines gewissen Anwendungsgebietes bestimmte menschliche Problemlösungs- und Denkprozesse [...] nachzuahmen und innerhalb dieses Gebietes Ergebnisse mit den menschlichen Experten vergleichbarer Qualität zu erzielen.“[21]

Möller bezieht in seiner Definition nicht nur die eigenständige Problemlösung ein, sondern auch die Nachahmung von Denkprozessen. Er weicht von einer allgemeinen Wissensbasis ab und deutet an, dass XPS auf Expertenwissen innerhalb eines bestimmten Anwendungsgebietes zurückgreifen. Besonders wird sein Anspruch an die Qualität der XPS deutlich, deren Ergebnisse ähnlich solcher von menschlichen Experten sein sollen.

In allen Definitionen wird von einer Software gesprochen, die auf ein programmiertes Erfahrungs- und Fachwissen von Experten zurückgreift, um letztendlich selbst eine Problemstellung nahe der Qualität eines Fachmannes lösen zu können. Die Prototypen von Expertensystemen sind verschieden adressiert,[22] sie werden nur für einen begrenzten Aufgabenbereich konstruiert.

In der vorliegenden Arbeit sollen Expertensysteme als selbstlernende Software verstanden werden, welche in einem Kreditinstitut oder in einer einem Kreditinstitut ähnlichen Einrichtung einlaufenden Datenströme speichert, unter zu Hilfenahme verschiedener Analyseformen aufbereitet und gemäß des vorhandenen Wissens Kauf- oder Verkaufsempfehlungen ableitet.

Wie die Weitergabe solcher Empfehlungen innerhalb einer Bank erfolgt und inwiefern sich diese explizit auf den Handel auswirken, soll im folgenden Abschnitt anhand der prinzipiellen Darstellung des Informationsflusses innerhalb einer Bank skizziert werden.

2.2.2 Informationsfluss in einer Bank

Bei dem hier darzustellenden Informationsfluss in einer Bank wird auf den Bereich des Wertpapiermanagements abgestellt, da hier die beschriebenen Expertensysteme zum Einsatz kommen.

Abbildung 1 beschreibt den Aufbau des Wertpapiermanagements einer Bank und den Inhalt der Kommunikation, welche zwischen den Abteilungen stattfindet.

Abbildung 1: Interaktionen im Wertpapiermanagement einer Bank

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Bechtolsheim (1991), S.29.

Vier Abteilungen sind theoretisch zu unterscheiden: Der Bereich Portfoliomanagement, welcher für die Depotbetreuung zuständig ist, die Abteilung Anlageberatung, welche Kunden über Investitionsmöglichkeiten (auf dem Finanzmarkt) berät, der Bereich Wertpapierhandel, welcher für den Zahlungsverkehr verantwortlich ist und zuletzt der Bereich Wertpapierresearch, welcher die Märkte beobachtet und Finanzprodukte beurteilt. Das eigentlich mit dem Markt verbundene Element ist die Abteilung Wertpapierhandel, welche Aufträge aus der Anlageberatung und dem Portfoliomanagement erhält. Die Entscheidungen der drei ‚ausführenden’ Abteilungen werden maßgeblich von der Abteilung Wertpapierresearch beeinflusst, welche Empfehlungen für den Kauf oder Verkauf von Wertpapieren gibt.

Der Einfluss von Kunden auf die Entscheidungsfindung ist hier vernachlässigbar. Wenn ein Bankkunde als Insider auf dem Markt zu bezeichnen ist und genau weiß, was er kaufen oder verkaufen möchte, braucht er hierzu keine Beratung mehr. Vielmehr folgt die Anlageberatung den Empfehlungen vom Research. Die Entscheidungen (und somit ihre Aufträge an den Handel) der Abteilung Portfoliomanagement kann ebenfalls nur auf den Empfehlungen der Researchabteilung basieren. Im Portfoliomanagement wird lediglich eine weitere Analyse bezüglich des Portfoliorisikos durchgeführt.

Es ist festzustellen, dass der Wertpapierhandel zwar das ausführende Organ darstellt, die Entscheidungen dieser Abteilung aber faktisch nur von den Empfehlungen der Wertpapieranalysten des Research abhängen.

In der Abteilung für Wertpapierresearch werden Expertensysteme eingesetzt, wessen Empfehlungen sich nunmehr direkt auf die Performance der Bank auswirken.

Um das Verständnis für das Funktionieren eines XPS zu verdeutlichen, wird im Folgenden die Architektur eines solchen Softwaresystems kurz dargestellt.

2.2.3 Aufbau eines Expertensystems

Die Softwarearchitektur eines wie oben definierten Expertensystems kann in die Komponenten Datenbank, Wissensbank, Methoden- und Modellbank, Dialogkomponente, Kommunikationskomponente und Integrationskomponente aufgeteilt werden.

In der Datenbank werden alle einlaufenden Daten gesammelt, archiviert und zur Weiterverwendung bereitgestellt. Die Wissensbank stellt eine Teildatenbank dar; in ihr ist das „Expertenwissen“ enthalten. Die Methodenbank[23] enthält Methoden, die von einfachen Konsolidierungs- und Aggregationsverfahren über anspruchsvolle finanzmathematische Berechnungen, Regressionanalysen, Korrelationsanalysen und Zeitreihenanalysen bis hin zu komplexen, linearen und nichtlinearen Optimierungs- und Simulationsverfahren reichen. Die Methodenbank ist eng mit der Modellbank[24] verknüpft. Es wird in deterministische und stochastische, statische und dynamische, lineare und nichtlineare, ein- und mehrkriterielle, scharfe/ exakte und unscharfe (fuzzy) sowie optimierende und satisfizierende Modelle unterschieden, welche in der Modellbank bereitgestellt werden. Nutzer und Expertensystem kommunizieren über die Dialogkomponente. Die Kommunikationskomponente stellt Dienste wie Email und News zur Verfügung. In dieser Arbeitsdefinition von Expertensystem ist die Hauptfunktion der Kommunikationskomponente jedoch das Empfangen von Finanzmarktinformationen und deren Weiterleitung an die Datenbank. Die Integrationskomponente verbindet alle oben aufgeführten Komponenten.

Im nächsten Abschnitt soll genauer auf Methoden und Modelle eingegangen werden, welche typischerweise in Expertensystemen auf dem Finanzmarkt eingesetzt werden.

2.2.4 Verwendete Methoden und Modelle in Expertensystemen

Neben den gerade allgemein beschriebenen Ausformungen von Methoden und Modellen soll hier explizit auf Analyseformen von XPS eingegangen werden, welche in diesem Abschnitt methodisch eingeordnet und deren Nutzung in einem für den Finanzmarkt entwickelten Expertensystem erläutert werden soll.

Expertensysteme haben im Finanzmarkt verschiedene Aufgaben. Ein solches Softwaresystem muss in der Lage sein, die aus den Real-Time-Datafeeds einströmenden Daten zu verarbeiten (Datenspeicherungsfunktion), für den Experten entsprechende Analysen durchzuführen (Analysefunktion) und nach den Vorgaben des Nutzers Kauf- oder Verkaufsanweisungen weiterzuleiten bzw. selbst den Kauf oder Verkauf über die Computerbörse zu tätigen.

Die für die Analyse verwendeten Verfahren lassen sich, wie in Abbildung 2 ersichtlich, in zwei Gruppen einteilen: in stochastische Verfahren und neuronale Netze (NN). Zu den stochastischen Verfahren gehören die Fundamentalanalyse und die technische Analyse, welche bereits ausführlich unter Punkt 2.1.3 erläutert wurden. Expertensysteme führen diese Analyseverfahren vollautomatisch durch und geben Empfehlungen ab. Neuronale Netze sind ein kraftvolles Werkzeug, welche zur Modellierung und zum Verständnis von menschlichem Verhalten gut geeignet sind.[25] NN versuchen die Arbeitsweise des menschlichen Gehirns abzubilden. Ein biologisches Neuron sammelt Informationen über seine Synapsen gibt die aggregierte Information weiter. Ein künstliches Neuron sammelt ebenfalls einlaufende Informationen, summiert diese und leitet sie weiter. Die einlaufenden Informationen sind gewichtet. Im künstlichen Neuron werden die Informationen entsprechend ihrer Gewichtung summiert und geben einen neuen Impuls ab. Werden diese künstlichen Neuronen als Netz angeordnet, entsteht ein künstliches neuronales Netz. Die Arbeitsweise von künstlichen neuronalen Netzen kann als parallele Interaktion vieler einfacher, miteinander verbundener Elemente beschrieben werden.[26] Künstliche NN besitzen eine Eingangsschicht und eine Ausgangsschicht, da eine Kontrolle der aus den Inputwerten resultierenden Ergebnisse möglich sein muss.

[...]


[1] Partyka (1999).

[2] Vgl. Lux (1995), S.881.

[3] Vgl. Phelps (1999), S. 332.

[4] Vgl. Masson (1998), S. 5.

[5] O.V. (2003).

[6] Vgl. Bechtolsheim (1991), S. 4.

[7] Vgl. Bechtolsheim (1991), S. 4.

[8] Vgl. Cornehl (1989), S. 153.

[9] Arten von Optionen sind Zinsoptionen, Währungsoptionen, Aktienoptionen,
Aktienindexoptionen, Edelmetalloptionen und Optionen auf Terminkontrakte.

[10] Vgl. Mewes (2001).

[11] Platow (2003).

[12] Vgl. AOL (2003).

[13] Platow (2003).

[14] Vgl. Fuge (2001).

[15] Vgl. o.V. (1997).

[16] O.V. (2003).

[17] Bechtolsheim (1991), S. 5.

[18] Bechtolsheim (1991), S. 1.

[19] Vgl. Bechtolsheim (1991), S. 6-9.

[20] Servatius (1993), S.51.

[21] Möller (1994), S.8.

[22] Vgl. O.V. (2003).

[23] Eine Methode ist ein bestimmtes Verfahren zur Aufbereitung von Daten.

[24] Ein Modell ist ein vereinfachendes Abbild der Realität.

[25] Vgl. Refenes (1995), S. 3.

[26] Vgl. Schumann (1993), S.248.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2003
ISBN (eBook)
9783832484750
ISBN (Paperback)
9783838684758
DOI
10.3239/9783832484750
Dateigröße
497 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Universität der Bundeswehr München, Neubiberg – Wirtschafts- und Organisationswissenschaften
Erscheinungsdatum
2004 (Dezember)
Note
1,7
Schlagworte
ansteckung
Zurück

Titel: Expertensysteme auf Finanzmärkten als Auslöser von Herdenverhalten?
book preview page numper 1
book preview page numper 2
book preview page numper 3
book preview page numper 4
book preview page numper 5
book preview page numper 6
book preview page numper 7
book preview page numper 8
book preview page numper 9
book preview page numper 10
book preview page numper 11
book preview page numper 12
book preview page numper 13
book preview page numper 14
book preview page numper 15
book preview page numper 16
76 Seiten
Cookie-Einstellungen