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Technische, ökonomische und ökologische Analyse alternativer Antriebstechniken

Case Study: Das druckluftbetriebene Fahrzeug Aircar von MDI

©2004 Doktorarbeit / Dissertation 267 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Problemstellung:
Moteur Developpement International (MDI), eine Holding mit Sitz in Luxemburg und Forschungseinrichtungen in Frankreich, entwickelt nach eigenen Angaben derzeit ein Fahrzeug, das nur mit Druckluft angetrieben wird. Laut Angaben von MDI soll dieses druckluftbetriebene Fahrzeug, das MDI Aircar nennt, aus ökonomischer und ökologischer Sicht herkömmlichen benzinbetriebenen Fahrzeugen überlegen sein.
Im Zentrum dieser Arbeit steht die kritische Überprüfung der Aussagen von MDI zum Aircar mit dem Ziel darzustellen, ob ein druckluftbetriebenes Fahrzeug tatsächlich über ökonomische und ökologische Vorteile verfügt. Zur Annäherung an die Thematik des Druckluftantriebes wird auf die Spezifika von Druckluft für Antriebszwecke eingegangen und die Geschichte des Druckluftantriebes beleuchtet. Die Patente von MDI werden kritisch analysiert und der Energiegehalt der mitgeführten Druckluft, die notwendige Antriebsenergie und die resultierende mögliche Reichweite des Aircar dargestellt. Aufbauend auf dieser technischen Analyse folgt die ökonomische und ökologische Analyse und Bewertung. In einem ökonomischen bzw. ökologischen Vergleich wird der Aircar einem herkömmlichen Benzinfahrzeug gegenübergestellt, wobei die unterschiedliche Antriebsenergiebereitstellung im Mittelpunkt der Betrachtungen steht.

Abstract:
Moteur Developpement International (MDI), a holding based in Luxemburg with research facilities in France, is developing a vehicle that runs solely on pressurised air. MDI claims that this vehicle, which is called Aircar, has economic and ecological advantages when compared to ordinary fuel-driven cars.
This work critically assesses the statements of MDI regarding its Aircar with the aim to clarify whether a car driven solely by pressurised air really has economic and ecological advantages. To approach the issue of pressurised air propulsion, the specifics of pressurised air for propulsion purposes and the history of pressurised air propulsion are dealt with. The patents of MDI are critically examined and the energy content of pressurised air, the necessary energy for moving the car and the resulting range of the Aircar are described. Based on this technical assessment, the economic and ecological impact of the Aircar is dealt with. In this economic and ecological assessment the Aircar is contrasted with an ordinary fuel-driven car, thereby the impact of the way of supplying the necessary energy for moving the cars are in […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


ID 8442
Huber, Alexander: Technische, ökonomische und ökologische Anayse alternativer
Antriebstechniken: - Case Study: Das druckluftbetriebene Fahrzeug Airvar von MDI
Hamburg: Diplomica GmbH, 2004
Zugl.: Wirtschaftsuniversität Wien, Dissertation / Doktorarbeit, 2004
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Diplomica GmbH
http://www.diplom.de, Hamburg 2004
Printed in Germany

HUBER
Inhaltsverzeichnis
I
INHALTSVERZEICHNIS
VORWORT...1
1.
BEGRIFFE, METHODIK UND VORGEHENSWEISE ...3
1.1
Grundlegendes zur Technikbewertung ... 3
1.11
Innovation und Technikbewertung ... 3
1.12 Der
Technikbegriff... 4
1.13 Technikbewertung... 7
1.14
Ablaufschemata und Instrumente der Technikbewertung ... 12
1.2
Ziel und Umfang der Arbeit... 20
1.3
Diskussion der Methoden, Vorgehensweise und Aufbau der Arbeit... 21
2.
GRUNDLAGENWISSEN ZU DRUCKLUFT ALS ENERGIESPEICHER...25
2.1
Basiswissen zur Luft und zum Luftdruck ... 25
2.2
Gastheorie und thermodynamische Gesetze ... 26
2.3
Druckluft als Energiespeicher... 29
2.4
Thermodynamische Zustandsänderungen der Luft... 32
3.
GESCHICHTE DES DRUCKLUFTANTRIEBES...35
3.1
Anfänge der Nutzung von Druckluft für Antriebszwecke ... 35
3.2 Atmosphärische
Eisenbahnen bis Aeromovel... 40
3.3 Druckluftlokomotiven... 46
3.4
Minenfahrzeuge mit Druckluftantrieb ... 52
3.5 Druckluft-Straßenbahnen... 58
3.6
Auseinandersetzung mit einem Druckluftantrieb für Autos ... 68
3.7
Erkenntnisse aus der Auseinandersetzung mit der Geschichte
des Druckluftantriebes ... 78
4.
MDI UND DER AIRCAR ...80
4.1
MDI ­ Moteur Developpement International ... 80
4.11
Gründung und Firmenstruktur ... 80
4.12
Kurzer Überblick über die Entwicklung bei MDI von 1991 bis 2004... 83
4.13 Wirtschaftliches
Konzept... 84
4.2
MDI's Aircar Technology... 87
4.21 Darstellung
der
Motorenentwicklung seit Gründung von MDI bis 2004 ... 87
4.22
Erläuterung der Funktionsweise des Druckluftmotors durch MDI... 89
4.23
Aufbau des Aircar ... 91
4.24 Prototypen ... 93
4.25
MDI's Angaben zum Energieverbrauch, Energiekosten und Reichweite
des Aircar ... 96
4.251 Reichweite...96

HUBER
Inhaltsverzeichnis
II
4.252
Energieverbrauch und ­kosten für die Befüllung des Drucklufttanks...102
4.26
Unklarheiten und offene Fragen ... 104
5.
TECHNISCHE BEURTEILUNG DES AIRCAR...105
5.1
Auseinandersetzung mit der Funktionsweise des MDI-Motors durch Analyse
der internationalen Patente... 105
5.11
Vom Verbrennungsmotor zum reinen Druckluftantrieb... 105
5.12
Das neue Druckluftmotor-Konzept... 117
5.2
Kritische Betrachtung des aktuellen Druckluftmotors (Serie 34)... 124
5.3
Energiegehalt der mitgeführten Druckluft ... 126
5.4
Erforderliche Energie für den Betrieb des Aircar ... 134
5.41
Erforderliche Energie zur Überwindung des Luft- und Rollwiderstandes ... 135
5.42
Erforderliche Energie zur Beschleunigung des Fahrzeuges ... 137
5.43
Gesamtenergieaufwand im Stadtfahrzyklus... 139
5.5
Abschätzung der Reichweite des Aircar ... 144
5.6
Abschätzung der erforderlichen elektrischen Energie für die Befüllung
der Drucklufttanks... 146
5.7 Zusammenfassung
der
technischen Beurteilung des Aircar ... 147
6.
SZENARIEN FÜR DIE ÖKONOMISCHE UND ÖKOLOGISCHE
BEWERTUNG DES AIRCAR ...149
7.
ÖKONOMISCHE BEURTEILUNG DES AIRCAR...151
7.1
Vorgehensweise und Methodik... 151
7.2
Umfang des ökonomischen Vergleichs... 152
7.3 Elektrizitätspreise... 154
7.31 Haushaltspreise ... 156
7.32 Industriepreise... 157
7.33
Zusammenfassung und Anmerkungen zu den Elektrizitätspreisen ... 159
7.4 Benzinpreise... 161
7.5 Energiekostenvergleich:
Aircar vs. Benzinfahrzeug... 163
8.
ÖKOLOGISCHE BEURTEILUNG DES AIRCAR...166
8.1
Vorgehensweise und Methodik... 166
8.2
Umfang des ökologischen Vergleichs... 168
8.3 Ausgangsdaten ... 174
8.31
Sachbilanz Strommix ab Steckdose ... 174
8.32 Sachbilanz
Benzin
bleifrei ab Tankstelle... 179
8.33
Sachbilanz Emissionen Betrieb Benzinfahrzeug ... 180
8.4 Bewertungsmethoden... 183
8.41 Kumulierter
Energieaufwand... 184
8.42
Global Warming Potential (Treibhauspotential)... 185
8.43
Eco-Indicator 99 ­ Eine schadensorientierte Bewertungsmethode... 187

HUBER
Inhaltsverzeichnis
III
8.431 Methodologie ...188
8.432 Schadenskategorien...191
8.433 Normalisierung...193
8.434 Gewichtung ...194
8.435
Annahmen, Einschränkungen und Aussagekraft ...196
8.436
Kritische Worte zum Eco-Indicator 99 ...198
8.5
Ökologische Analyse und Bewertung des Aircar ... 200
8.51 Untersuchungsrahmen... 200
8.52 Sachbilanzen ... 200
8.53 Darstellung
der
Ergebnisse der Bewertungsmethoden ... 201
8.531 Ergebnisse
Kumulierter
Energieaufwand ...201
8.532
Ergebnisse Global Warming Potential (Treibhauspotential) ...205
8.533 Ergebnisse
Eco-Indicator
99 ...208
8.6
Zusammenfassung und Diskussion der Ergebnisse
der Ökologischen Bewertung... 215
9.
ZUSAMMENFASSUNG ...219
10.
AUSBLICK...224
11.
ÜBERTRAGBARKEIT DER VORGEHENSWEISE & METHODIK
AUF GLEICHARTIGE FORSCHUNGSOBJEKTE...226
12.
ANHANG...228
12.1
Elektrizitätspreise für Haushalte in Europa ... 228
12.2 Elektrizitätspreise
für
industrielle Abnehmer in Europa... 233
13.
LITERATURVERZEICHNIS...241

HUBER
Abbildungsverzeichnis
IV
ABBILDUNGSVERZEICHNIS
Abb. 1:
Auszug aus Aircar-Prospekt mit Pressestimmen ...1
Abb. 2:
Dimensionen und Perspektiven der Technik ...6
Abb. 3:
Der Begriff ,,Technologie"...7
Abb. 4:
Kybernetisches Modell der Technikbewertung ...10
Abb. 5:
Aufbau dieser Arbeit...22
Abb. 6:
Pneumatischer Kapellentüröffner von Heron ...36
Abb. 7:
Medhursts System einer atmosphärischen Eisenbahn ...38
Abb. 8:
Darstellung einer atmosphärischen Eisenbahn nach dem Konzept von
Henry Pinkus...41
Abb. 9:
Teil einer alten Röhre einer atmosphärischen Eisenbahn,
Durchmesser ca. 55 cm ...41
Abb. 10:
Wagen einer atmosphärischen Eisenbahn auf der Croydon Strecke...41
Abb. 11:
Maschinenhaus in Dalkey (Irland) mit dem Teich als Wasserspeicher
im Vordergrund...42
Abb. 12:
Maschinenhaus in St. Germain (Frankreich) von Innen ...42
Abb. 13:
Aeromovel: Zug ...46
Abb. 14:
Aeromovel: Antriebsart...46
Abb. 15:
Aeromovel: Luftpumpen...46
Abb. 16:
Duckluftlokomotive mit getrenntem Druckluftbehälter nach Favre
aus dem Jahr 1874...47
Abb. 17:
Erste von Andraud gebaute Druckluftlokomotive aus dem Jahr 1844 ...48
Abb. 18:
Druckluftlokomotive von Schneider aus dem Jahre 1874 mit
Mékarski-Vorwärmer...50
Abb. 19:
Druckluftlokomotive nach dem System Hardie
(Hardie compressed-air locomotive)...51
Abb. 20:
Porter 104 Mine Locomotive ...53
Abb. 21:
Porter Four-Wheel Coupled Compound Compressed-Air Locomotive ...54
Abb. 22:
Druckluftlokomotive für den Kohleabbau von
Dickson Locomotive Works, USA ...55
Abb. 23:
Druckluft-Hauptsteckenlokomotive der Demag ...56
Abb. 24:
Arbeitsweise einer zweistufigen Druckluftlokomotive...57
Abb. 25:
Mékarski -Straßenbahn der Linie 1 in Nantes ...60
Abb. 26:
Mékarski -Straßenbahn Nr. 22 von 1879 in Nantes mit Nachfüllstation...60
Abb. 27:
Mékarski -Straßenbahnen (Serie 2) Nr. 64 und 65 bei der Station Passy
(Linie TJ, Passy ­ Hôtel de Ville)...65

HUBER
Abbildungsverzeichnis
V
Abb. 28:
Straßenbahn nach dem System Popp-Conti, Paris 1896...66
Abb. 29:
Straßenbahn Nr. 575 mit Hardie-Druckluftmotor, Rome 1900 ...67
Abb. 30:
Grafik des ersten Druckluftfahrzeuges von Français Andraud, 1839...68
Abb. 31:
Skizze Joplin Air Car ...70
Abb. 32:
Skizze exzentrischer Rotormotor (Druckluftmotor) ...74
Abb. 33:
Prinzip des Antriebes des PHEV-3 ...77
Abb. 34:
Pneumatic Hybrid Electric Vehicle, Prototyp 3 (PHEV-3) ...77
Abb. 35:
Aufbau MDI Group...82
Abb. 36:
Skizze Musterfabrik MDI ...85
Abb. 37:
Musterfabrik der MDI in Carros (Frankreich) ...86
Abb. 38:
Spezialkolbenstange für MDI Druckluftmotor ...88
Abb. 39:
Funktionsweise des Aircar der MDI (Variante A)...90
Abb. 40:
Funktionsweise des Aircar der MDI (Variante B) ...91
Abb. 41:
Funktionsweise des Aircar der MDI (Variante B) ...91
Abb. 42:
Skizze MiniCAT's mit Drucklufttank...92
Abb. 43:
Skizze Aufbau Drucklufttank...92
Abb. 44:
Skizze Auffüllung Drucklufttanks mittels Strom aus der Steckdose...93
Abb. 45:
Skizze Auffüllung Drucklufttanks an einer Drucklufttankstelle...93
Abb. 46:
Darstellung der von MDI angegebenen erforderlichen Leistung und erreichbaren
Reichweite in Abhängigkeit von der Durchschnittsgeschwindigkeit (CityCat's) ...97
Abb. 47:
Darstellung Fahrzyklus EEC Typ 1 (195 s) ...98
Abb. 48:
Berechnung der Durchschnittsleistung des Aircar basierend auf dem
Stadtzyklus EEC Typ 1 (195 s)...100
Abb. 49:
Drucklufttankstelle inkl. Nutzung der Wasserkraft zur direkten
Drucklufterzeugung ...104
Abb. 50:
Drucklufttankstelle inkl. Nutzung der Windkraft zur direkten
Drucklufterzeugung ...104
Abb. 51:
Skizze World Patent WO 96/27737...107
Abb. 52:
Skizze World Patent WO 96/27737...107
Abb. 53:
Skizze World Patent WO 97/39232...109
Abb. 54:
Skizze World Patent WO 97/48884...111
Abb. 55:
Skizze World Patent WO 98/15440...112
Abb. 56:
Skizze World Patent WO 99/37885...114
Abb. 57:
World Patent WO 00/07278...115
Abb. 58: Skizze World Patent WO 03/036088, Motor-Kompressor,
Kolben am unteren Todpunkt ...118

HUBER
Abbildungsverzeichnis
VI
Abb. 59:
Skizze World Patent WO 03/036088: Motor-Kompressor,
Kolben am oberen Todpunkt...119
Abb. 60:
Skizze World Patent WO 03/036088: Motor-Kompressor im
Kompressorbetrieb...120
Abb. 61:
Skizze World Patent WO 03/036088: Motor-Kompressor im Motorbetrieb...121
Abb. 62:
Skizze World Patent WO 03/036088: Motor-Kompressor im Motorbetrieb,
Überspringen des ersten Kolbens bei der Entspannung ab einem bestimmten
Druckniveau im Drucklufttank ...122
Abb. 63:
Skizze World Patent WO 03/036088: Motor-Kompressor im Motorbetrieb,
Überspringen der ersten zwei Kolben bei der Entspannung ab einem
bestimmten Druckniveau im Drucklufttank...123
Abb. 64:
Darstellung der Luftwiderstands-, Rollwiderstands- und Trägheitskraft...134
Abb. 65:
Einflussgrößen / Potenziale für den Energieverbrauch...141
Abb. 66:
Vergleich Elektrizitätspreise Juli 2003 inkl. Mehrwertsteuer für Haushalte in
Deutschland, Großbritannien, Frankreich, Italien und Österreich bei
unterschiedlichem Jahresverbrauch ...159
Abb. 67:
Vergleich Elektrizitätspreise Juli 2003 exkl. Mehrwertsteuer für industrielle
Verbraucher in Deutschland, Großbritannien, Frankreich, Italien und
Österreich bei unterschiedlichem Jahresverbrauch...160
Abb. 68:
Durchschnittspreise Normalbenzin 95 ab Tankstelle per 26.02.2004 ...162
Abb. 69:
Preisentwicklung Normalbenzin ab Tankstelle in Österreich von 1995 ­ 2002
(Preise in Euro inkl. aller Steuern)...163
Abb. 70:
Bestandteile und Ablaufschritte einer Ökobilanz ...167
Abb. 71:
Anteile der verschiedenen Lebensabschnitte eines Benzinfahrzeuges an den
Gesamt-Umweltauswirkungen eines ,,Fahrzeug-Lebens" ...172
Abb. 72:
Vergleich Benzinfahrzeug und Aircar: Energieerzeugung bis zur Bereitstellung
der Antriebsenergie ...173
Abb. 73:
Kumulierter Energieaufwand: Zuordnung der Primärenergiequellen zu den
Kategorien...184
Abb. 74:
Global Warming Potential: CO2-Äquivalente der Treibhausgase bei
verschiedenen Zeithorizonten ...187
Abb. 75:
Generelle Vorgehensweise bei der Berechnung von Eco-Indicator-Punkten...188
Abb. 76:
Methodology Eco-Indicator 99 ­ Detaillierte Darstellung der
schadensorientierten Bewertungsmethode...189
Abb. 77:
Anteil der Eco-Indicator 99 Wirkungskategorien am Gesamtschaden
(Normalisierung Europa), Hierarchist Perspective und Gewichtung 40/40/20
(Menschliche Gesundheit / Ökosystemqualität / Ressourcen)...195
Abb. 78:
Kumulierter Energieaufwand für 1 kWh elektrischen Strom Niederspannung ab
Steckdose, landespezifische (Versorgungs)Strommixe ...202
Abb. 79:
Kumulierter Energieaufwand für 1 kg Benzin ab Regionallager (RER) ...203

HUBER
Abbildungsverzeichnis
VII
Abb. 80:
Vergleich Antriebsenergie Benzinfahrzeug vs. Aircar für 100 km nach der
Methode Kumulierter Energieaufwand...204
Abb. 81:
kg CO2-Äquivalente für 1 kWh elektrischen Strom Niederspannung ab
Steckdose, landespezifische Versorgungs-Strommixe, bewertet nach Global
Warming Potential 20 Jahre, 100 Jahre, 500 Jahre ...205
Abb. 82:
kg CO2-Äquivalente für Precombustion und Combustion für einer Strecke von
100 km, bewertet nach Global Warming Potential 20 Jahre,
100 Jahre, 500 Jahre...206
Abb. 83:
Vergleich Antriebsenergie Benzinfahrzeug vs. Aircar für 100 km nach der
Methode Global Warming Potential ...207
Abb. 84:
Eco-Indicator-Punkte für 1 kWh elektrischen Strom Niederspannung ab
Steckdose, landespezifische (Versorgungs)Strommixe, Eco-Indicator 99,
Hierarchist Perspective, Gewichtung 40/40/20 (Menschliche Gesundheit /
Ökosystemqualität / Ressourcen)...209
Abb. 85:
Eco-Indicator-Punkte für 1 kg Benzin ab Regionallager (RER), Eco-Indicator
99, Hierarchist Perspective, Gewichtung 40/40/20 (Menschliche Gesundheit /
Ökosystemqualität / Ressourcen)...211
Abb. 86:
Eco-Indicator-Punkte für Combustion Vergleichsfahrzeug auf 1 km (6 l / 100
km), Eco-Indicator 99, Hierarchist Perspective, Gewichtung 40/40/20
(Menschliche Gesundheit / Ökosystemqualität / Ressourcen)...212
Abb. 87:
Vergleich Antriebsenergie Benzinfahrzeug vs. Aircar für 100 km nach der
Methode Eco-Indicator 99 (Hierarchist Perspective, Gewichtung 40/40/20
(Menschliche Gesundheit / Ökosystemqualität / Ressourcen)...213
Abb. 88:
Gegenüberstellung der Ergebnisse der Bewertung nach Kumulierter
Energieaufwand, Global Warming Potential (100a) und Eco-Indicator 99
(Hierarchist Perspective, Gewichtung 40/40/20 (Menschliche Gesundheit /
Ökosystemqualität / Ressourcen) für das ,,Szenario plausibel (25 %)"...216

HUBER
Tabellenverzeichnis
VIII
TABELLENVERZEICHNIS
Tab. 1:
Überblick über gängige Instrumente der Technikbewertung...14
Tab. 2: Inbetriebnahme der Linien in Paris, die nach dem System Mékarski
betrieben wurden...61
Tab. 3:
Gegenüberstellung Mékarski-Straßenbahnen Paris Serie 1 und Serie 2...64
Tab. 4:
Leistungsdaten lt. MDI: CityCat's Taxi...93
Tab. 5:
Leistungsdaten lt. MDI: CityCat's Familienvan...94
Tab. 6:
Leistungsdaten lt. MDI: CityCat's Lieferwagen...94
Tab. 7:
Leistungsdaten lt. MDI: CityCat's Pickup...95
Tab. 8:
Leistungsdaten lt. MDI: MiniCat's ...95
Tab. 9:
Angaben zur Reichweite des Aircar bei verschiedenen
Durchschnittsgeschwindigkeiten (CityCat's) ...97
Tab. 10:
Reichweitenvergleich Prototyp mit fertigem Serienmodell durch MDI...101
Tab. 11:
Internationale Patente von MDI...106
Tab. 12:
Vergleich des Energiegehaltes und der daraus resultierenden Nutzenergie von
Benzin, Batterien und Druckluft ...133
Tab. 13:
Annahmen für die Berechnung des Luftwiderstand des Aircar...135
Tab. 14:
Annahmen für die Berechnung des Rollwiderstand des Aircar...136
Tab. 15:
Erforderliche Leistung zur Überwindung des Luft- und Rollwiderstandes sowie
erforderliche Gesamtleistung des Aircar bei verschiedenen Geschwindigkeiten..137
Tab. 16:
Erforderliche Energie zur einmaligen Beschleunigung des Aircar auf
verschiedene Geschwindigkeiten...138
Tab. 17:
Charakteristika des Stadtfahrzyklus...139
Tab. 18:
Theoretisch erforderliche Energie für die Überwindung des Roll- und
Luftwiderstandes sowie für Beschleunigungen des Aircar bei einer 1-stündigen
Fahrt lt. Stadtfahrzyklus...140
Tab. 19:
Diskussion der Faktoren, die bei der Berechnung des Energieaufwandes für
eine 1stündige Stadtfahrt berücksichtigt wurden...142
Tab. 20:
Erforderliche Energie zur Überwindung von Höhenunterschieden auf einer
1stündigen Fahrt im Stadtzyklus (19 km) bei unterschiedlicher
durchschnittlicher Steigung...143
Tab. 21:
Abgrenzung für Kostenvergleich zwischen Aircar und
Vergleichs-Benzinfahrzeug...153
Tab. 22:
Haushalts-Verbrauchertypen nach Eurostat und EEPO...156
Tab. 23:
Verbrauchertypen für industrielle Abnehmer nach Eurostat
und EEPO 2001 bzw. 2002...157

HUBER
Tabellenverzeichnis
IX
Tab. 24:
Benzinkosten auf 100 km bei einem Verbrauch von 6 l / 100 km in
Abhängigkeit vom Benzinpreis...164
Tab. 25:
Abgrenzung für ökologischen Vergleich zwischen Aircar und
Vergleichs-Benzinfahrzeug...170
Tab. 26:
Versorgungs-Strommixe in Europa (Durchschnitt Jahr 2000) ­
zusammengefasst in 6 Gruppen ...176
Tab. 27:
Versorgungs-Strommixe in Europa (Durchschnitt Jahr 2000), Anteile
konventionell thermischer Stromerzeugungsmethoden ...177
Tab. 28:
Emissionen in kg/km durch Betrieb Benzinmotor im durchschnittlichen
Stadtbetrieb für Vergleichsfahrzeug mit einem angenommen Verbrauch
von 6 l / 100 km ...182
Tab. 29:
Archetypen zur Berücksichtigung der verschiedenen Perspektiven beim
Eco-Indicator 99...191
Tab. 30:
Beispiel von Eco-Indicator-Punkten: Luftemissionen, Kategorie Menschliche
Gesundheit ­ krebserregende Stoffe, Hierarchist Perspective, Gewichtung
40/40/20 (Menschliche Gesundheit / Ökosystemqualität / Ressourcen) ...196
Tab. 31:
Elektrizitätspreise inkl. aller Steuern der privaten Haushalte nach
Jahresverbrauch in verschiedenen europäischen Ländern von 1990 bis 2003
nach Eurostat und EEPO...232
Tab. 32:
Elektrizitätspreise exkl. Mehrwertsteuer der industriellen Verbraucher nach
Jahresverbrauch in verschiedenen europäischen Ländern von 1990 bis 2003
nach Eurostat und EEPO...240

HUBER
Abkürzungsverzeichnis
X
ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS
° Grad
°C Grad
Celsius
ca. circa
CAT's
Compressed Air Technology' System
d. h.
das heißt
exkl. exklusive
GWh Gigawattstunde(n)
h Stunde(n)
inkl. inklusive
J Joule
K Kelvin
km/h
Kilometer pro Stunde
kp Kilopond
kW Kilowatt
kWh Kilowattstunde(n)
l Liter
ln Logarithmus
naturalis
m Meter
m/sec
Meter pro Sekunde
MDI
Moteur Developpement International
Motor Development International
MJ Mega-Joule
mKr mittlerer
Kraftstoffverbrauch
MWh Megawattstunde(n)
MWSt. Mehrwertsteuer
Pa Pascal
N Newton
psi
pound(s) per square inch
sa
société anonyme (Aktiengesellschaft)
vs. versus
(gegen)
Vol.% Volumsprozent
W Watt
z. B.
zum Beispiel

HUBER
Vorwort
1
VORWORT
Ausgangspunkt dieser Arbeit waren Medienberichte über ein druckluftangetriebenes
Fahrzeug, welches derzeit von der MDI entwickelt und beworben wird. Die
grundsätzliche Botschaft war immer die gleiche: Der Aircar ­ so nennt MDI sein
druckluftangetriebenes Fahrzeug ­ fährt völlig abgasfrei nur mit komprimierter Luft,
hat eine Höchstgeschwindigkeit von 110 km/h und eine Reichweite pro
(Druckluft)Tankfüllung von bis zu 240 Kilometern. Auf 100 km sollen dabei nur
1,45 Energiekosten anfallen. In Abb. 1 ist ein Auszug aus einem Aircar-Prospekt mit
Pressestimmen zum druckluftbetriebenen Aircar dargestellt.
Abb. 1: Auszug aus Aircar-Prospekt mit Pressestimmen
Quelle:
AIRCAR AG: Das revolutionäre Luftauto: Aircar bewegt die Welt! Prospekt der Aircar AG, Frankfurt am Main 2001

HUBER
Vorwort
2
Laut den PR-freundlichen Aussagen der Entwicklerfirma MDI handelt es sich beim
Aircar um das umweltfreundliche und zugleich kostengünstige Stadtfahrzeug der
Zukunft.
Jedoch sind die in Abb. 1 dargestellten Aussagen mit vielen Fragezeichen behaftet.
Die Glaubwürdigkeit dieser Aussagen ist erst zu überprüfen. Einer der Aufgaben
dieser Arbeit ist es sich mit diesen Aussagen wissenschaftlich auseinanderzusetzen.
Ziel ist es darzustellen, inwieweit ein druckluftangetriebenes Fahrzeug tatsächlich als
ökonomische und ökologische Alternative angesehen werden kann und sich die
Aussagen zum Aircar als haltbar erweisen. Dies erfolgt anhand einer technischen,
ökonomischen und ökologischen Analyse und Bewertung des Aircar.

HUBER
1. Begriffe, Methodik und Vorgehensweise
3
1.
BEGRIFFE, METHODIK UND VORGEHENSWEISE
1.1
Grundlegendes zur Technikbewertung
1.11
Innovation und Technikbewertung
,,In den letzten Jahrzehnten hat sich das Verständnis der Technik spürbar gewandelt.
Zum Einen betrachtet man die Technik inzwischen als untrennbaren Bestandteil von
Gesellschaft und Kultur. Zweitens haben die Menschen begriffen, dass die Technik
neben ihren unbestreitbaren Vorzügen auch problematische Folgen mit sich bringt."
1
Die Innovationspolitik stellt die Einführung neuer Produkte und Produktionsmittel,
also die Innovation, als erfolgreiche Realisierung technischer Erfindungsideen, als die
wichtigste Quelle wirtschaftlichen Wachstums dar. Wirtschaftliches Wachstum geht
einher mit der Steigerung des privaten Lebensstandard, des gesellschaftlichen
Reichtums und erhöhter internationaler Konkurrenzfähigkeit. Daher bemühen sich
Politik und Wirtschaft mit allen Kräften, die Zahl der Innovationen zu vergrößern und
die Geschwindigkeit der Innovationsprozesse zu beschleunigen. Dabei werden nicht
selten die außerökonomischen Auswirkungen vernachlässigt, auch wenn diese die
Arbeits- und Lebenswelt in problematischer Weise belasten. J. A. Schumpeter hat
diese kennzeichnende Tendenz des Kapitalismus schon im Jahre 1942 als
,,schöpferische Zerstörung"
2
bezeichnet. Die wachsende Belastung der natürlichen
Umwelt und manch zweifelhaften Auswirkungen auf die psychosoziale Lage der
Menschen haben die Frage aufkommen lassen, ob man alles, was man technisch und
wirtschaftlich machen kann, auch wirklich machen soll. Dahinter soll man aber
keinesfalls eine generelle Technikfeindlichkeit vermuten. Das Faktum, dass die oft
negativen und vernachlässigten Auswirkungen von Technik und Innovationen in das
Bewusstsein der Menschen traten, führte Anfang der 1970er Jahre zu einer normativen
Wende in der Technologie
3
. Neben der Technikethik hat sich vor allem die
Technikbewertung dieser Fragen angenommen.
4
Innovationsförderung und Technikbewertung liegen in einem Zwischenfeld zwischen
Wissenschaft und Politik. Ihre Aktivitäten sind in der angewandten Forschung, in der
strategischen Unternehmensplanung, in der wissenschaftlichen Politikberatung und in
der Moderation öffentlicher Diskussionen angesiedelt. Aus dem technopolitischen
Ziel, Einfluss auf die Bedingungen und Folgen der Technisierung zu nehmen, folgen
1
ROPHOL, G.: Das neue Technikverständnis, in: BRAUN, M., ROPHOHL, G.: Erträge der Interdisziplinären
Technikforschung: eine Bilanz nach 20 Jahren, Berlin 2001, S. 11
2
SCHUMPETER, J. A.: Kapitalismus, Sozialismus und Demokratie, 4. Auflage, München 1975, S. 134 ff
3
zum Technik- und Technologiebegriff siehe Kapitel 1.12
4
ROPHOL, G.: Das neue Technikverständnis, in: BRAUN, M., ROPHOHL, G.: Erträge der Interdisziplinären
Technikforschung: eine Bilanz nach 20 Jahren, Berlin 2001, S. 11

HUBER
1. Begriffe, Methodik und Vorgehensweise
4
theoretische und empirische Untersuchungsaufgaben, die wissenschaftlicher Syste-
matisierung bedürfen.
5
Häufig wird von Seiten der Industrie, aber auch von staatlichen Quellen die
Befürchtung geäußert, dass eine breite Anwendung des Technology Assessment
(deutsch: Technikfolgenabschätzung, Technikbewertung) den technischen Fortschritt
und damit auch das wirtschaftliche Wachstum hemmen und zu einem ,,Technology
Arrestment"
6
führen könnte. Die Angst geht in die Richtung, dass potentielle
Innovatoren abgeschreckt und technische Entwicklungen behindert und blockiert
werden könnten. Durch die detaillierte Darstellung langfristiger und meist
unwahrscheinlicher Folgen erzeuge die Technikbewertung ein Klima der Angst und
schaffe die Basis für eine Akzeptanzverweigerung der Bevölkerung. In der Praxis
haben sich diese Befürchtungen nicht bestätigt. Vielmehr wird durch die Abschätzung
der Folgen einer Technik deren Verbesserung bzw. der Einsatz von Alternativen
angeregt. Dadurch wird der technische Fortschritt eher gefördert denn blockiert. Ziel
der Technikbewertung ist ja nicht die Behinderung von technischen Entwicklungen
sondern die reflektierte Gestaltung sozio-technischer Systeme. Natürlich ist es
Aufgabe der Technikbewertung potentielle Gefahren des Einsatzes einer Technik
aufzuzeigen, die bei herkömmlichen Planungs- und Bewertungsverfahren, wie z. B.
Investitionsrechnungen oder Marktanalysen, meist unbeachtet bleiben. Doch hätte das
Verschweigen möglicher Nachteile und Gefahren einer Technik letztlich weit
negativere Auswirkungen auf die Akzeptanz in der Bevölkerung als das frühzeitige
Offenlegen potentieller Bedrohungen, die dann ja früher oder später sowieso
aufgedeckt würden.
7
Während von der einen Seite der Technikbewertung die eben diskutierte
Behinderungsstrategie vorgeworfen wird, hört man von anderen Interessensgruppen
den entgegengesetzten Vorwurf, nämlich Technikbewertung sei eine subtile
Durchsetzungsstrategie für technische Entwicklungen. Um diesem Einwand den Wind
aus den Segeln zu nehmen, sind bei der Technikbewertung die Annahmen, die
Durchführung und die gefällten Aussagen transparent, nachvollziehbar und
nachprüfbar zu gestalten.
8
1.12
Der Technikbegriff
Der Technikbegriff hat eine lange Geschichte. Noch zu Beginn des 20. Jahrhunderts
hat man damit weniger den Bereich der künstlich gemachten Gegenstände gemeint,
5
ROPHOL, G.: Das neue Technikverständnis, in: BRAUN, M., ROPHOHL, G.: Erträge der Interdisziplinären
Technikforschung: eine Bilanz nach 20 Jahren, Berlin 2001, S. 11
6
ROPHOL, G.: Das neue Technikverständnis, in: BRAUN, M., ROPHOHL, G.: Erträge der Interdisziplinären
Technikforschung: eine Bilanz nach 20 Jahren, Berlin 2001, S. 11
7
ROPHOL, G.: Das neue Technikverständnis, in: BRAUN, M., ROPHOHL, G.: Erträge der Interdisziplinären
Technikforschung: eine Bilanz nach 20 Jahren, Berlin 2001, S. 11
8
PASCHEN, H., PETERMANN, T.: Technikfolgen-Abschätzung: Ein strategisches Rahmenkonzept für die Analyse und
Bewertung von Techniken, in: PETERMANN, T. (Hrsg.): Technikfolgen-Abschätzung als Technikforschung und
Politikberatung, Campus Verlag, Frankfurt am Main / New York 1991, S. 22 ff

HUBER
1. Begriffe, Methodik und Vorgehensweise
5
sondern eher das menschliche Können, wobei darunter z. B. die Gebetstechnik oder
erotische Techniken fallen. In den Sozialwissenschaften ist dieser weite
Technikbegriff bis heute anzutreffen. Der engere Technikbegriff hat sich erst im 20.
Jahrhundert verbreitet und beschränkt sich auf künstlich gemachte Gegenstände, das
an der Person haftende Können wird damit ausgeklammert. Jedoch geht jede
Sachtechnik aus menschlichem Handeln hervor bzw. findet in menschlichem Handeln
ihren Sinn. Daher sind menschliche Handelszusammenhänge in der Technik auch
ausdrücklich zu berücksichtigen. Jedoch ist nur solches Handeln in Betracht zu ziehen,
welches mit künstlich gemachten Gegenständen zu tun hat, sei es bei der Herstellung
bzw. dem Gebrauch.
9
Laut Definition des VDI (Verein deutscher Ingenieure) in der Richtlinie 3780 umfasst
Technik
·
,,die Menge der nutzenorientierten, künstlichen, gegenständlichen Gebilde
(Artefakte oder Sachsysteme);
·
die Menge menschlicher Handlungen und Einrichtungen, in denen Sachsysteme
entstehen;
·
die Menge menschlicher Handlungen, in denen Sachsysteme verwendet werden."
10
Hierbei handelt es sich um eine Umfangsdefinition, die also den Bereich eingrenzt, bei
dem man von Technik spricht.
Aus dieser Begriffsbestimmung wird ersichtlich, dass die Auffassung, Technik sei
angewandte Naturwissenschaft, sich so allgemein als nicht haltbar erweist. Dass die
Handlungszusammenhänge notwendige Bestandteile des Technikbegriffes sind, zeigt
die Überlegung, dass ohne menschliches Handeln und Arbeiten technische Gebilde
weder entstehen noch ihre Funktion verwirklichen können. Allenfalls zu einem kleinen
Teil ist Technik also angewandte Naturwissenschaft, zu einem viel größeren Teil ist
sie aber ein Stück gesellschaftlicher Praxis.
11
Somit steht die Technik zwischen Natur und Gesellschaft und ist eine
mehrdimensionale Erscheinung. Zu analytischen Zwecken lässt sich eine inhaltliche
Gliederung technischer Phänomene und Probleme entwerfen, die an der traditionellen
Systematik der Wissenschaften orientiert ist. In Abb. 2 sind die Dimensionen und
Perspektiven der Technik dargestellt.
9
ROPHOL, G.: Das neue Technikverständnis, in: BRAUN, M., ROPHOHL, G.: Erträge der Interdisziplinären
Technikforschung: eine Bilanz nach 20 Jahren, Berlin 2001, S. 16
10
VDI-Richtlinie 3780: Technikbewertung, Begriffe und Grundlagen, Verein Deutscher Ingenieure, ursprünglich 1991,
Neudruck, Düsseldorf 2000, S. 2
11
ROPHOL, G.: Das neue Technikverständnis, in: BRAUN, M., ROPHOHL, G.: Erträge der Interdisziplinären
Technikforschung: eine Bilanz nach 20 Jahren, Berlin 2001, S. 17

HUBER
1. Begriffe, Methodik und Vorgehensweise
6
Abb. 2: Dimensionen und Perspektiven der Technik
Quelle:
ROPHOL, G.: Das neue Technikverständnis, in: BRAUN, M., ROPHOHL, G.: Erträge der Interdisziplinären
Technikforschung: eine Bilanz nach 20 Jahren, Berlin 2001, S. 18
Prinzipielle Einwände, die gegen diese Art der analytischen Gliederung erhoben
werden, fallen auf die traditionelle Einteilung der wissenschaftlichen Disziplinen
zurück. Die Technikforschung ist eben nicht eindeutig dem Bereich der Natur-, den
Human- oder den Sozialwissenschaften zuzuordnen. Die Technik ist ein komplexes
Problembündel, das in der Fächergliederung der etablierten Einzeldisziplinen einfach
nicht aufgeht. Technikbewertung sollte, um den vielen Konsequenzen von Technik
gerecht zu werden, neben den natur- und ingenieurwissenschaftlichen auch
wirtschafts-, sozial- und geisteswissenschaftliche Aspekte berücksichtigen, d. h. die
betrachtete Technik muss von mehreren Blickwinkeln bzw. Perspektiven untersucht
werden, um mögliche Konsequenzen und (ungewollte) Entwicklungen abzusehen.
12
An dieser Stelle ist noch auf die Abgrenzung zwischen den Begriffen ,,Technik" und
,,Technologie in der deutschen Sprache zu verweisen. ,,Technik" bezeichnet einen
Phänomenbereich der konkreten Erfahrungswirklichkeit während ,,Technologie" das
systematisierte Wissen umfasst, Technologie ist also die Wissenschaft bzw. Lehre von
der Technik. Obwohl die Unterscheidung bei bestimmten Themen gelegentlich
Schwierigkeiten bereitet und im täglichen Leben diese zwei Begriffe oft synonym
verwendet werden, sollte man von der sprachlogischen Genauigkeit dieser
Unterscheidung Gebrauch machen.
13
12
VOGEL, G.: Der Beitrag des INTP zur Ausbildung im Rahmen des Kompetenzfeldes Umweltmanagement, in:
Skriptenreihe des Instituts für Technologie und nachhaltiges Produktmanagement der Wirtschaftsuniversität Wien,
VOGEL, G. (Hrsg.), Wien 2004, S. 14 ff, vergleiche dazu auch
BECKMANN, J.: Anleitung zur Technologie, Göttingen 1780, S. 17
ROPHOL, G.: Das neue Technikverständnis, in: BRAUN, M., ROPHOHL, G.: Erträge der Interdisziplinären
Technikforschung: eine Bilanz nach 20 Jahren, Berlin 2001, S. 18
13
ROPHOL, G.: Das neue Technikverständnis, in: BRAUN, M., ROPHOHL, G.: Erträge der Interdisziplinären
Technikforschung: eine Bilanz nach 20 Jahren, Berlin 2001, S. 17

HUBER
1. Begriffe, Methodik und Vorgehensweise
7
Abb. 3: Der Begriff ,,Technologie"
Quelle:
Verändert nach HALL, K.: Ganzheitliche Technologiebewertung ­ Ein Modell zur Bewertung unterschiedlicher
Produktionstechnologien, Deutscher Universitäts-Verlag GmbH, Wiesbaden 2002, S. 7
1.13
Technikbewertung
Zu Beginn soll hier kurz auf die verschiedenen Begrifflichkeiten, die im
Zusammenhang mit Technikbewertung oft auftauchen, eingegangen werden.
14
Generell ist zu sagen, dass inflationär neue Begriffe für den Bereich der
Technikbewertung kreiert wurden, die jedoch in der Praxis weitgehend synonym
verwendet werden.
Der ursprünglich aus Amerika stammende und geläufige englische Begriff lautet
Technology Assessment (TA). In der deutschen Übersetzung wird dann von
Technikbewertung oder, weil in der Technikbewertung die Technikfolgen einen
zentralen Stellenwert einnehmen, von Technikfolgenabschätzung gesprochen. Jedoch
ist der Begriff Technikfolgenabschätzung etwas trügerisch. Was der Begriff
semantisch
15
nahe legt, ist nämlich nicht dessen Ziel. Der Sinn des Technology
Assessment liegt nämlich nicht in der reinen Abschätzung und Beschreibung von
Technikfolgen, sondern in der ex-ante wahrzunehmenden Chance einer
Weichenstellung, die absehbare Probleme vermeidet.
16
Weiters taucht auch öfters der Begriff Technikpotentialabschätzung auf, der die
14
GRUNWALD, A.: Technikfolgenabschätzung ­ eine Einführung, Edition Sigma, Berlin 2002, S. 85-93
15
se|man|tisch: den Inhalt eines sprachlichen Zeichens betreffend (DUDEN: Das Große Fremdwörterbuch: Herkunft und
Bedeutung der Fremdwörter, Dudenverlag, Mannheim / Leipzig, Wien / Zürich 2000)
16
PASCHEN, H., PETERMANN, T.: Technikfolgen-Abschätzung: Ein strategisches Rahmenkonzept für die Analyse und
Bewertung von Techniken, in: PETERMANN, T. (Hrsg.): Technikfolgen-Abschätzung als Technikforschung und
Politikberatung, Campus Verlag, Frankfurt am Main / New York 1991, S. 23, vergleiche dazu auch
KERSCHBAUM, G., ALBER, S.: Module eines Qualitäts- und Umweltmanagementsystems, Integrationskonzept einer
entscheidungs- und prozessorientierten Vorgangsweise unter Berücksichtigung der Richtlinien aus ISO 9000, EU-EMAS-
Verordung, ISO 14000 und des ArbeitnehmerInnenschutzgesetztes, Wien 1996, S. 95

HUBER
1. Begriffe, Methodik und Vorgehensweise
8
Abschätzung des zukünftigen Potentials
17
, also der Folgen und Entwicklungs-
möglichkeiten einer Technik, in den Mittelpunkt stellt. Technikpotentialabschätzung
kommt dabei dem Sinn von Technology Assessment näher als der Begriff
Technikfolgenabschätzung.
18
Daneben gibt es noch die Begriffe Technikfolgen-
bewertung, Technikfolgenforschung, Technikwirkungsforschung
19
und
Produktfolgenabschätzung
20
. In der deutschen Übersetzung von Technology
Assessment wird auch oft Technik durch Technologie ersetzt, was jedoch, wie bereits
angesprochen, im Deutschen sprachlogisch falsch ist.
Vom deutschen Bundesministerium für Bildung und Forschung wurde der Begriff der
Technikfolgenabschätzung im Jahr 2001 durch Innovations- und Technikanalyse
abgelöst.
21
Dies macht auch Sinn, da sich die Bereiche Technikbewertung und
Innovationsforschung nicht trennen lassen, und gerade innovative neue Techniken oft
zum Mittelpunkt einer Technikbewertung werden.
In dieser Arbeit wird der generelle Begriff Technikbewertung verwendet, wobei dieser
vor allem die Begrifflichkeiten Technikfolgenabschätzung, Technikpotentialab-
schätzung, aber auch Innovationsforschung mit einschließt.
Gemäß der Richtlinie 3780 der VDI, die heute zu den anerkannten Regeln der Technik
zählt, wird Technikbewertung wie folgt definiert: ,,Technikbewertung bedeutet das
planmäßige, systematische, organisierte Vorgehen, das
·
den Stand einer Technik und ihre Entwicklungsmöglichkeiten analysiert,
·
unmittelbare und mittelbare technische, wirtschaftliche, gesundheitliche,
ökologische, humane, soziale und andere Folgen dieser Technik und möglicher
Alternativen abschätzt,
·
aufgrund definierter Ziele und Werte diese Folgen beurteilt oder auch weitere
wünschenswerte Entwicklungen fordert,
·
Handlungs- und Gestaltungsmöglichkeiten daraus herleitet und ausarbeitet,
so dass begründete Entscheidungen ermöglicht und gegebenenfalls durch geeignete
Institutionen getroffen und verwirklicht werden können."
22
17
po|ten|zi|al <Adj.> [spätlat. potentialis = nach Vermögen, tätig wirkend]: 1. (bildungsspr.) (nach den Gegebenheiten) möglich
(aber nicht tatsächlich gegeben); als Möglichkeit vorhanden: die -e Leistung einer Maschine. 2. (Philos.) die bloße
Möglichkeit betreffend. 3. (Sprachw.) die Möglichkeit, das mögliche Eintreten von etw. ausdrückend; als Potenzialis
stehend (DUDEN: Das große Wörterbuch der deutschen Sprache in 10 Bänden, 3. Auflage, Dudenverlag,
Mannheim, / Leipzig / Wien / Zürich 1999)
Po|ten|zi|a|li|tät, (auch:) Potentialität, die; - (Philos.): mögliche Realisierbarkeit; Möglichkeit, wirklich zu werden, einzutreffen
(DUDEN: Das große Wörterbuch der deutschen Sprache in 10 Bänden, 3. Auflage, Dudenverlag, Mannheim, / Leipzig /
Wien / Zürich 1999)
18
BULLINGER, H.: Technikpotentialabschätzung ­ Wissenschaftlicher Anspruch und Wirklichkeit, in:
KORNWACHS, K. (Hrsg.): Reichweite und Potential der Technikfolgenabschätzung, Stuttgart 1991, S. 105
19
PETERMANN, T.: Vorwort, in: PETERMANN, T. (Hrsg.): Technikfolgen-Abschätzung als Technikforschung und
Politikberatung, Campus Verlag, Frankfurt am Main / New York 1991, S. 7
20
KERSCHBAUM, G., ALBER, S.: Module eines Qualitäts- und Umweltmanagementsystems, Integrationskonzept einer
entscheidungs- und prozessorientierten Vorgangsweise unter Berücksichtigung der Richtlinien aus ISO 9000, EU-EMAS-
Verordung, ISO 14000 und des ArbeitnehmerInnenschutzgesetztes, Wien 1996, S. 90
21
GRUNWALD, A.: Technikfolgenabschätzung ­ eine Einführung, Edition Sigma, Berlin 2002, S. 87
22
VDI-Richtlinie 3780: Technikbewertung, Begriffe und Grundlagen, Verein Deutscher Ingenieure, ursprünglich 1991,
Neudruck, Düsseldorf 2000, S. 2

HUBER
1. Begriffe, Methodik und Vorgehensweise
9
Es handelt sich also hierbei um einen interdisziplinären Ansatz, der das Ziel verfolgt,
möglichst frühzeitig die Auswirkungen einer Technik zu untersuchen und zu bewerten.
Das Schwergewicht liegt dabei auf unbeabsichtigten, und oft mit beträchtlicher
Verzögerung eintretenden Sekundär- und Tertiäreffekten.
23
Untersuchungsgegenstand der Technikbewertung sind ,,neue oder sogar noch in der
Entwicklung befindliche Techniken, aber auch bereits seit längerem existierende
Techniken, die in verstärktem Umfang oder in modifizierter Weise eingesetzt werden
sollen."
24
Neben der technischen Machbarkeit greift man in der Technikbewertung auf
(im Idealfall) objektiv gesicherte wissenschaftliche Erkenntnisse zurück. Es sollte
daher möglich sein:
,,(a) die von einer bestimmten technischen Innovation zu erwartenden Folgen
anzugeben,
(b) ein objektives Urteil über den Wert dieser Folgen zu fällen und
(c) aufgrund dieser Vorgaben dann eine sachlich begründete, über bloße
Vermutungen und persönliches Dafürhalten hinausgehende, allgemein-
verbindliche, rationale Entscheidung darüber zu fällen, ob bzw. auf welche Art
und Weise eine zur Diskussion gestellt technische Innovation einzuführen ist."
25
In anderen Worten heißt dass, das die Auswirkungen der Einführung und Anwendung
von Techniken systematisch erforscht und bewertet werden und dadurch
Konfliktfelder, die durch den Technikeinsatz entstehen können identifiziert und
analysiert werden. Aufbauend auf wissenschaftlich fundierten und entscheidungs-
orientierten Informationen werden dann Handlungsmöglichkeiten für die
Verbesserung der betrachteten Technik aufgezeigt. Diese Konzeption der Analyse, das
Aufzeigen von Konfliktfeldern und die Erarbeitung von Empfehlungen, liegt den
verschiedenen Ansätzen der Technikbewertung bzw. Technikfolgenabschätzung
zugrunde. Dabei ist vor allem der Blick in die Zukunft zu betonen, d. h. es sollen die
Wirkungen der untersuchten Technik möglichst antizipativ dargestellt werden.
26
23
BECHMANN, G.: Sozialwissenschaftliche Forschung und Technikfolgenabschätzung, in: LOMPE, K. (Hrsg.): Techniktheorie
­ Technikforschung ­ Technikgestaltung, Westdeutscher Verlag, Opladen 1987, S. 28
24
PASCHEN, H.: Einige Probleme bei der Realisierung des TA-Konzeptes, in: PETERMANN, T. (Hrsg.): Technikfolgen-
Abschätzung als Technikforschung und Politikberatung, Frankfurt am Main / New York 1991, S. 97 f
25
RAPP, F.: Die Idee der Technikbewertung, in: BUNGARD, B (Hrsg.), LENK, H. (Hrsg.): Technikbewertung, Philosophische
und psychologische Perspektiven, Frankfurt am Main 1988, S. 100
26
PASCHEN, H., PETERMANN, T.: Technikfolgen-Abschätzung: Ein strategisches Rahmenkonzept für die Analyse und
Bewertung von Techniken, in: PETERMANN, T. (Hrsg.): Technikfolgen-Abschätzung als Technikforschung und
Politikberatung, Campus Verlag, Frankfurt am Main / New York 1991, S. 20 f

HUBER
1. Begriffe, Methodik und Vorgehensweise
10
Abb. 4: Kybernetisches Modell der Technikbewertung
Quelle:
HALL, K.: Ganzheitliche Technologiebewertung ­ Ein Modell zur Bewertung unterschiedlicher
Produktionstechnologien, Deutscher Universitäts-Verlag GmbH, Wiesbaden 2002, S. 13
Von ihrer Art befindet sich die Technikbewertung bzw. Technikfolgenabschätzung
zwischen (natur)wissenschaftlicher Wirkungsforschung, sozialwissenschaftlicher
Kontextanalysen und dem Bereich der politischen Entscheidung. Das Technology
Assessment wurde Mitte der 1960er Jahre in den USA auch als Instrument für die
Politikberatung entwickelt. Dort sollte die Technikbewertung als Basis für
Entscheidungen dienen, indem sie nicht beabsichtigte Effekte, die oft mit großer
Verzögerung eintreten, antizipativ analysiert. Technikfolgenabschätzung ist also der
ursprünglichen Idee nach ein Forschungskonzept in politikberatender Absicht, das als
Beratungsinstrument für politische, insbesondere Entscheidungen die die Technik
betreffen, entwickelt wurde. Da die Technikbewertung ihren Ursprung in der
Politikberatung findet, und diese mit antizipativen Analysen mit Informationen für
Entscheidungen versorgen soll, ist der Technikbewertung eine prognostische
Ausrichtung immanent
27
. Auch wenn die Technikbewertung in der heutigen Zeit, ihren
politikberatenden Charakter (teilweise) verloren hat, strebt sie bei der Bewertung einer
Technik doch eine gesamtgesellschaftliche zukunftsgerichtete Chancen- und
Risikenabwägung an. Dabei stehen heutzutage vor allem sich langfristig
manifestierende Umweltprobleme, die sich verschärfende Ressourcensituation und die
zunehmende Sorge um die Lebensbedingungen zukünftiger Generationen im
Mittelpunkt.
28
27
immanent [zu lateinisch immanere >bei etwas bleiben<, >anhaften<], bildungssprachlich: in etwas enthalten, innewohnend
(BROCKHAUS: Brockhaus ­ Die Enzyklopädie: in 24 Bänden, 20. Auflage, Leipzig / Mannheim 1999)
28
KERSCHBAUM, G., ALBER, S.: Module eines Qualitäts- und Umweltmanagementsystems, Integrationskonzept einer
entscheidungs- und prozessorientierten Vorgangsweise unter Berücksichtigung der Richtlinien aus ISO 9000, EU-EMAS-
Verordnung, ISO 14000 und des ArbeitnehmerInnenschutzgesetztes, Wien 1996, S. 92 ff, vergleiche dazu auch
PASCHEN, H.: Einige Probleme bei der Realisierung des TA-Konzeptes, in: PETERMANN, T. (Hrsg.): Technikfolgen-
Abschätzung als Technikforschung und Politikberatung, Frankfurt am Main / New York 1991, S. 96 f

HUBER
1. Begriffe, Methodik und Vorgehensweise
11
Die in der VDI-Richtlinie 3780 und in der Darstellung des Technikbegriffes geforderte
Vielschichtigkeit in der Betrachtung bei der Durchführung von Technikbewertung
bzw. die geforderte umfassende und vollständige Analyse ist ein hehrer Idealanspruch,
der in der Praxis jedoch (meistens) nur teilweise erfüllt wird. Erstens ist für ein solches
Unterfangen das Wissen aus den verschiedensten Disziplinen erforderlich, was eine
Zusammenarbeit von Experten aus verschiedenen Fachgebieten erforderlich macht.
Dabei gestaltet sich die Zusammenarbeit oft schwierig und ist zeit- und kostenintensiv.
Außerdem zeigt sich die Begrenztheit der Datenbasis und des methodischen
Instrumentariums.
29
Jedoch ist der wirklich ausschlaggebende Punkt, wieso in der
Praxis immer nur gewisse Perspektiven behandelt werden, das Ziel der Untersuchung,
also der Zweck, der mit einer spezifischen Technikbewertung einhergeht. Daher
werden in verschiedensten Studien verschiedene Perspektiven behandelt und andere
eher vernachlässigt. Technikbewertung ,,ist darum gewissermaßen eine
wissenschaftliche Fundierung von Vorannahmen, Befürchtungen und Wünschen, die
durch die Entwicklung und Einführung einer Technologie [sic!] ausgelöst werden
können. In den seltensten Fällen findet man Untersuchungen, die bisher kaum
erwartete Folgen thematisieren."
30
Gerade im unternehmerischen Umfeld interessieren dabei die ökonomischen und auch
ökologischen Implikationen einer Technik, wobei die weit reichenden und schwer zu
beurteilenden und eher spekulativen gesellschaftlichen Auswirkungen nicht behandelt
werden. Wirklich umfassende und die Gesamtheit der Auswirkungen exakt
analysierende Studien stellen also eher rare Ausnahme dar. Hier gibt es eine deutliche
Diskrepanz zwischen der Theorie des Umfanges einer Technikbewertung und der
praktischen Durchführung von Technikbewertung.
31
Auch in dieser Arbeit werden die ökonomischen und ökologischen Auswirkungen einer
Technik im Mittelpunkt der Betrachtungen stehen, gesellschaftliche Implikationen
bleiben hingegen außer Ansatz. Aufbauend auf der grundsätzlichen technischen
Machbarkeit bzw. der Abschätzung des Potentials des Untersuchungsobjektes werden
ökologische und ökonomische Implikationen untersucht.
Da es keine fixierten, allgemein anwendbare Vorgehensweisen für Technikbewertung
gibt, d. h. keinen festen vorgegebenen Raster von Schritten, nachdem man immer
vorgehen könnte, ist hier vor allem die Forderung nach Transparenz,
Nachvollziehbarkeit und Nachprüfbarkeit der Technikbewertung zu betonen.
Insbesondere Annahmen und vor allem Werturteile und deren Begründung sollen
offen gelegt werden, denn oft hängen die Ergebnisse solcher Analysen von den
29
LOMPE, K.: Einführung in die Problematik, in: LOMPE, K. (Hrsg.): Techniktheorie ­ Technikforschung ­ Technikgestaltung,
Westdeutscher Verlag, Opladen 1987, S. 16
30
BECHMANN, G.: Sozialwissenschaftliche Forschung und Technikfolgenabschätzung, in: LOMPE, K. (Hrsg.): Techniktheorie
­ Technikforschung ­ Technikgestaltung, Westdeutscher Verlag, Opladen 1987, S. 29
31
LOMPE, K.: Einführung in die Problematik, in: LOMPE, K. (Hrsg.): Techniktheorie ­ Technikforschung ­ Technikgestaltung,
Westdeutscher Verlag, Opladen 1987, S. 16

HUBER
1. Begriffe, Methodik und Vorgehensweise
12
subjektiven Einschätzungen der Durchführenden bzw. der Auftraggeber ab.
32
Die Qualität einer Technikbewertung wird also an den üblichen Kriterien
wissenschaftlicher Arbeit gemessen, das sind intersubjektive Nachvollziehbarkeit,
transsubjektive Geltung und methodische Absicherung.
33
Da Technikbewertung etwas
mit der Bereitstellung von Wissen zu tun hat, kommen die Ansprüche, die man
üblicherweise an Wissen richtet, zur Geltung. Wissen unterscheidet sich eben von
bloßem Meinen, und dieser Unterschied muss sich aufzeigen lassen können, indem
sich Wissen als intersubjektiv nachvollziehbar und transsubjektiv gültiges Wissen
erweist. Dies kann z. B. durch argumentative Herleitung aus anerkannten Prämissen
oder durch empirische Forschungsergebnisse erfolgen.
34
Die Aufgabe wissen-
schaftlicher Bewertungen ist es, die Wenn-Dann-Struktur aufzudecken und transparent
und nachvollziehbar darzustellen. Erst durch das Aufdecken von Wenn-Dann-
Zusammenhängen werden Bewertungen nachvollziehbar und argumentierbar.
35
1.14
Ablaufschemata und Instrumente der Technikbewertung
Wie bereits angesprochen gibt es keine fixierte allgemein anwendbare
Vorgehensweise für Technikbewertung bzw. Technikfolgenabschätzung. Aufgrund der
Verschiedenartigkeit der konkreten Fragestellungen der Analysen, sind die in der
Literatur angeführten Ablaufschemata mit den meist ziemlich trivialen Aufzählungen
von Teilproblemen wenig hilfreich.
Die in der Literatur vorzufindenden Ablaufschemata unterscheiden sich in ihrem
Detaillierungsgrad, sind aber in ihrer Grundstruktur ziemlich ähnlich.
Das Mitre-Schema wird an dieser Stelle stellvertretend kurz erläutert. Vorab sei
gesagt, dass die in diesem Modell beschriebene Vorgehensweise zwangsläufig aus der
Definition und dem Wesen der Technikbewertung ergibt und nichts groß Neues
entwickelt worden ist. Das Mitre-Schema besteht aus 7 Phasen. In Phase 1 werden die
relevanten Problembereiche und die Ziele der Studie bestimmt, in Phase 2 wird der
Technikbereich, dessen Analyse und Bewertung das Ziel ist, beschrieben. In Phase 3
werden die betroffenen Bereiche der Gesellschaft beschrieben, Phase 4 befasst sich mit
der Beschreibung der Veränderungen die durch die Technik ausgelöst werden. In
Phase 5 folgt ein erster Übergang von der Beschreibung zur Bewertung, hier werden
die Bewertungsmaßstäbe festgelegt. In Phase 6 und Phase 7 werden verschiedene
Handlungswege erarbeitet und zu Handlungsprogrammen vervollständigt.
36
Da in dieser Arbeit die ökonomischen und ökologischen Implikationen thematisiert
32
PASCHEN, H.: Einige Probleme bei der Realisierung des TA-Konzeptes, in: PETERMANN, T. (Hrsg.): Technikfolgen-
Abschätzung als Technikforschung und Politikberatung, Frankfurt am Main / New York 1991, S. 100 f
33
GRUNWALD, A.: Technikfolgenabschätzung ­ eine Einführung, Edition Sigma, Berlin 2002, S. 74
34
GRUNWALD, A.: Technikfolgenabschätzung ­ eine Einführung, Edition Sigma, Berlin 2002, S. 75 f
35
GRUNWALD, A.: Technikfolgenabschätzung ­ eine Einführung, Edition Sigma, Berlin 2002, S. 191
36
BECHMANN, G.: Sozialwissenschaftliche Forschung und Technikfolgenabschätzung, in: LOMPE, K. (Hrsg.): Techniktheorie
­ Technikforschung ­ Technikgestaltung, Westdeutscher Verlag, Opladen 1987, S. 32 ff

HUBER
1. Begriffe, Methodik und Vorgehensweise
13
werden (und die gesellschaftlichen Implikationen nicht behandelt werden) ist dieses
Modell nicht exakt auf den gewählten Untersuchungsfall anwendbar.
Selbstverständlich werden zuerst das Ziel der Studie und der relevante Technikbereich
beschrieben. Anschließend folgt die technische Analyse und darauf aufbauend die
Analyse und Bewertung der ökonomischen bzw. ökologischen Implikationen der
untersuchten Technik.
In der Technikbewertung gibt es kein methodisches Standardinstrument. Aufgrund der
Vielschichtigkeit des Technikbegriffes werden eine Vielzahl unterschiedlicher
Methoden und Instrumente mit der Technikbewertung in Verbindung gebracht. Je
nach Bedarf und Fragestellung nutzt man alle erdenklichen Methoden aus einer
Vielzahl von Disziplinen.
37
Tab. 1 gibt einen Überblick über verbreitete Instrumente der Technikbewertung,
klassifiziert nach der Art des Verfahrens (Prognose, Analyse, Bewertung), der Phase
des Einsatzes der Methode (Exploration, Bewertung), der Datenart (qualitativ,
quantitativ) und dem Zeithorizont (jetzt, Zukunft).
37
PASCHEN, H.: Einige Probleme bei der Realisierung des TA-Konzeptes, in: PETERMANN, T. (Hrsg.): Technikfolgen-
Abschätzung als Technikforschung und Politikberatung, Frankfurt am Main / New York 1991, S. 100 f

HUBER
1. Begriffe, Methodik und Vorgehensweise
14
Verfahren Phase Art Horizont
Verfahren
Prognose
Analyse
Bewertung
Exploration
Bewertung
qualitativ
quantitativ
jetzt
Zukunft
Argumentenbilanz
x x x x
Benchmarking
x x x x x x
Bewertungsmatrix
x x x x
Conjoint-Analyse
x x x x x x
Delphi-Methode
x x x x
Energie-
und
Stoffstromanalyse
x x x x x
Entscheidungstheorie
x x x x x
Kosten-Nutzen-Analyse
x x x x
Kosten-Wirksamkeits-Analyse
x x x x
Methoden der ökologischen Bewertung
(ökologische Knappheit,
Umweltbelastungspunkte, ...)
x x x x
Morphologische
Klassifikation
x x x x
Nutzwertanalyse
x x x x x
Patentanalyse
x x x x
Portfoliotechnik
x x x x x
Produktlinienanalyse
x x x x x x
Quality Function Deployment
x
x
x
x
x
x
Rangreihenmethode
x x x x
Sensitivitätsanalyse
x x x x
Szenariotechnik
x x x x
Target
Costing
x x x x x
Technometrische
Indikatoren
x x x x
Trendexploration
x x x x
Verflechtungsmatrix
(Input-Output-Analyse)
x x x x
Wertanalyse
x x x x
Wirkungsnetz
x x x x x
Wirtschaftlichkeitsrechung
x x x x
Tab. 1: Überblick über gängige Instrumente der Technikbewertung
Quelle:
HALL, K.: Ganzheitliche Technologiebewertung ­ Ein Modell zur Bewertung unterschiedlicher
Produktionstechnologien, Deutscher Universitäts-Verlag GmbH, Wiesbaden 2002, S. 53

HUBER
1. Begriffe, Methodik und Vorgehensweise
15
Nachfolgend werden Problematiken bzw. Methoden, die sich in dieser Arbeit wieder
finden, kurz erörtert.
Generell hat sich die Technikbewertung mit dem Anspruch, die Gefahren und Risiken,
die mit der Entwicklung und dem Einsatz von Techniken verbunden sein können, in
einem möglichst frühen Stadium zu analysieren, ein enormes Theorie-, Methoden- und
Datenproblem aufgeladen. So werden z. B. bestimmte Folgewirkungen erst im Lauf
der Zeit mit zunehmender Anwendung der Technik und mit steigendem
Problembewusstsein als schädlich bewertet. Man denke z. B. an die schädlichen
Emissionen von Benzinfahrzeugen, die erst mit steigender Verbreitung der
Motorisierung in das Problembewusstsein der Bevölkerung vordrangen. Gerade im
Verbreitungsprozess einer neuen Technik können sich Probleme ergeben, die
,,unvorhersehbar" sind. Die generelle Entwicklung der Technik, das Umfeld, die
Nachfrage, der zukünftige Umfang des Technikeinsatzes, ökologische und
ökonomische Langzeitwirkungen, etc. ­ all dies müsste bekannt sein, um exakte
Aussagen über die zukünftigen Entwicklung im Bereich einer Technik treffen zu
können. Daher ist der Status von exakten, determinierenden Prognosen nicht haltbar.
38
Da es sich bei Prognosen um Erwartungsaussagen handelt, sind vor allem die
Begründungen für diese Erwartungen offen zu legen. Daher kann man unter einer
Prognose den Versuch verstehen, unter Verwertung möglichst vieler verfügbarer
Informationen festzustellen, welche künftigen Entwicklungen in einem definierten
Bereich unter bestimmten Voraussetzungen eintreten können, wobei eben die zum
Ausdruck gebrachten Erwartungspräferenzen begründet sein müssen.
39
Die Prognoseproblematik taucht im verstärkten Masse auf, wenn eine Technik
bewertet werden soll, die sich erst im Bereich der anwendungsorientierten
Grundlagenforschung oder im Prototypstadium befindet. Dabei sind der zukünftige
Umfang des Technikeinsatzes, die Rahmenbedingung für den Einsatz der Technik und
etwaige Weiterentwicklungen ,,vorauszudenken".
40
Bei einer noch in Entwicklung
befindlichen Technik ist die Leistungsfähigkeit der finalen Technik abzuschätzen.
Technikfolgenabschätzungen werden ja für die Zukunft erstellt, um mögliche Folgen,
z. B. für die Umwelt, schon jetzt abzusehen und noch steuernd eingreifen zu können.
Da die Antizipation der Zukunft nur sehr schwer bzw. näherungsweise möglich ist
wird in der Technikfolgenabschätzung als forschungsstrategischer Ausweg aus dem
Prognosedilemma das Instrument der Szenario-Bildung (Szenariotechnik) in
vielfältiger Weise genutzt. In solchen Szenarien werden alternative Annahmen über
politische, ökonomische, gesellschaftliche und technische Randbedingungen getroffen.
38
PASCHEN, H., PETERMANN, T.: Technikfolgen-Abschätzung: Ein strategisches Rahmenkonzept für die Analyse und
Bewertung von Techniken, in: PETERMANN, T. (Hrsg.): Technikfolgen-Abschätzung als Technikforschung und
Politikberatung, Campus Verlag, Frankfurt am Main / New York 1991, S. 30 f
39
BECHMANN, G.: Sozialwissenschaftliche Forschung und Technikfolgenabschätzung, in: LOMPE, K. (Hrsg.): Techniktheorie
­ Technikforschung ­ Technikgestaltung, Westdeutscher Verlag, Opladen 1987, S. 41
40
PASCHEN, H.: Einige Probleme bei der Realisierung des TA-Konzeptes, in: PETERMANN, T. (Hrsg.): Technikfolgen-
Abschätzung als Technikforschung und Politikberatung, Frankfurt am Main / New York 1991, S. 102

HUBER
1. Begriffe, Methodik und Vorgehensweise
16
Die darauf basierenden Analysen haben den Charakter bedingter Prognosen, deren
Eintritt unter anderem eben von dem zukünftigen Vorhandensein der im jeweiligen
Szenario angenommenen Randbedingungen abhängt. Die Technikbewertung ist also
selbst keine Prognose über die Zukunft, sondern macht vielmehr Aussagen darüber,
mich welchen Problemen zu rechnen ist, wenn bestimmte Annahmen (Erwartungen) in
der Zukunft eintreten, d. h. für die Politik wenn man sich für einen bestimmten Weg
entscheidet.
41
Während bei gleicher Prognosetechnik und bei gleichen Ausgangsdaten
ungefähr die gleiche Prognose herauskommen muss, ist nicht sichergestellt, dass
verschiedene Forscher(teams) bei gleicher Ausgangslage zu gleichen Szenarien
gelangen. Um jedoch wissenschaftstheoretischen Anspruch von Nachvollziehbarkeit
und Objektivität gerecht zu werden, müssen die Ausgangsdaten der Szenarien und
etwaige Annahmen für eine Plausibilitätsprüfung offen gelegt werden.
42
Die Patentanalyse umfasst die Sammlung und Auswertung von Schutzrechten. Ein
erteiltes Patent gibt seinem Inhaber das Recht, jedem anderen die Nutzung der
patentierten Idee zu verwehren. Der Patentinhaber allein kann entscheiden, ob er seine
technischen Idee selbst nutzen, durch andere nutzen lassen (eine Lizenz geben, mit
oder ohne Entgelt) oder die Idee ungenutzt in der Schublade halten will.
43
D. h. der
Inhaber kann das Patent am Markt verwerten und daraus Nutzen ziehen. Jedoch ist der
Patentschutz zeitlich limitiert. Mit Hilfe der Analyse solcher Schutzrechte lässt sich
frühzeitig der Entwicklungsstand einer Technik ermitteln bzw. lassen sich die
Entwicklungstendenzen einer Technik erkennen. Daher kommt die Patentanalyse
insbesondere bei neuen Entwicklungen zum Einsatz. Der Vorteil der Patentanalyse
liegt darin, dass eine Patentanalyse Informationen liefert, die sonst nicht zu finden
sind. Auch sind technische Angaben aus Patenten hoch aktuell. Man erhofft sich also
aus der Patentanalyse Informationen zum aktuellen Stand einer technischen
Entwicklung. In der Praxis wird die Patentanalyse dabei oft zur Konkurrenzanalyse
eingesetzt.
44
In Energie- und Stoffstromanalysen wird der Stoff- und Energieeintrag bzw. auch der
Verbleib der ein- bzw. umgesetzten Stoffe in einem definierten Untersuchungssystem
identifiziert und quantifiziert. Solche Analysen können abhängig von der Fragestellung
eigenständige Untersuchungen oder Teil z. B. von Ökobilanzen sein. Die vollständige
Erhebung von Energie- und Stoffströmen ist ein aufwendiges Unterfangen. Die
Erhebung, Auswertung und Bewertung der Daten ist häufig ein Prozess, der mehrere
Iterationsschritte
45
durchläuft. Die Qualität und die Vollständigkeit der Daten haben
41
PASCHEN, H.: Einige Probleme bei der Realisierung des TA-Konzeptes, in: PETERMANN, T. (Hrsg.): Technikfolgen-
Abschätzung als Technikforschung und Politikberatung, Frankfurt am Main / New York 1991, S. 105 und S. 119
42
BULLINGER, H.: Technikpotentialabschätzung ­ Wissenschaftlicher Anspruch und Wirklichkeit, in:
KORNWACHS, K. (Hrsg.): Reichweite und Potential der Technikfolgenabschätzung, Stuttgart 1991, S. 108
43
BMBF PATENTSERVER: Patente, Bundesministerium für Bildung und Forschung,
http://www.patente.bmbf.de/de/info_904.php, 22.6.2004
44
SCHARER, M.: Patentanalyse, Stand 15. Mai 2000, http://www.uni-karlsruhe.de/~map/npatentanalyse_b.html, 27.11.2003,
vergleiche dazu auch
45
Iteration = Wiederholung

HUBER
1. Begriffe, Methodik und Vorgehensweise
17
großen Einfluss auf die Aussagekraft von Ökobilanzen, die auf solchen Stoff- und
Energieinputs und ­outputs aufbauen und diese ökologisch bewerten.
46
Die Ökobilanz ist eine Methode zur Bestimmung der mit dem jeweiligen
Untersuchungsgegenstand verbundenen Umweltaspekte und deren potentiellen
Umwelteinwirkungen. Untersuchungsgegenstände können zum Beispiel Produkte,
Dienstleistungen, Betriebe, Anlagen oder Entsorgungswege sein. Gemeinsame Basis
derartiger Untersuchungen ist die Tatsache, dass Umweltwirkungen sich durch die
Bewegung von Stoffen und Energien und ihrem Austausch zwischen der Umwelt und
dem Untersuchungsgegenstand manifestieren. Bei allen Ökobilanz-Untersuchungen
geht es daher um die Analyse und ökologische Bewertung der Material- und
Energieflüsse (Input-Output-Bilanzen) der zu vergleichenden Systeme. Die
Ökobilanzierung schließt daher Energie- und Stoffstromanalysen mit ein bzw. baut auf
solchen auf. Auf der Input-Seite von Ökobilanzen werden Stoffe und Energien erfasst,
die entweder unmittelbar oder über Produktionsvorstufen aus der Umwelt entnommen
werden, auf der Output-Seite die, die in die Umwelt abgegeben werden.
47
Die Ökobilanz verfolgt einen Ansatz auf der Basis des physikalischen
Bilanzprinzips
48
, einem analytischen Prinzip, das am Beginn der Ursache-
Wirkungskette ansetzt und dessen theoretische Fundierung auch den konsensualen,
grundlegenden Managementregeln einer nachhaltigen Entwicklung zugrunde liegt.
Insofern hat das mit langer Tradition in zahlreichen Disziplinen verwendete
physikalische Bilanzprinzip ­ bzw. die Stoff- und Energiebilanzierung oder
Stoffflussanalysetechnik ­ durch die Nachhaltigkeitsdiskussion eine besondere
Dynamik erhalten und sich zu einem rapide wachsenden Forschungsfeld entwickelt.
Die an das kaufmännische Prinzip angelehnten Umweltbilanzen sind dabei untrennbar
mit einer Klärung der beiden Grundfragen der Bilanzierung verbunden, und zwar mit
den Fragen welche Bilanzgrößen in eine Bilanz aufzunehmen sind und mit welchem
Wert diese angesetzt werden sollen. Im Zusammenhang mit der Nachhaltigkeits-
diskussion führt dieses unweigerlich zu der Frage nach den geeigneten Indikatoren,
wofür es bisher weder eine wissenschaftlich-theoretische Basis noch einen
gesellschaftspolitischen Konsens gibt. Demzufolge können entsprechende Umwelt-
bilanzen letztlich nur problembezogen in Verbindung mit einer Wertediskussion
46
GRUNWALD, A.: Technikfolgenabschätzung ­ eine Einführung, Edition Sigma, Berlin 2002, S. 214 ff
47
BRÄUTIGAM, A.: Ökologische Bilanzierung von Verwertungsverfahren für Trockenbatterien, Dissertation der Technischen
Universität Dresden, Dresden 2001, S. 24
48
Physikalisches Bilanzverständnis: Im Unterschied zum kaufmännischen Bilanzverständnis, bei dem sich das
Bilanzgleichgewicht letztlich zwangsläufig durch die Bildung des Gewinn- oder Verlustsaldos bei der Gegenüberstellung von
Aktiva und Passiva einstellt, bilden beim physikalischen Bilanzverständnis die Naturgesetze die Bedingung für die
Bilanzierung. Auf der Basis der fundamentalen Energie- und Massenerhaltungssätze, wonach Energie und Masse in einem
abgeschlossenen System weder durch chemische noch durch physikalische Vorgänge zerstört oder neu geschaffen werden
können (sieht man von Kernreaktionen ab), lassen sich Stoff- und Energieströme mathematisch durch Gleichungen
beschreiben. Nach diesem Verständnis wird die Bilanz - bzw. die Stoff- und Energiebilanz, wie dieser Typus auch
bezeichnet wird - definiert als eine zahlenmäßig ausgeglichene Gegenüberstellung von Eingangs- und Ausgangsstoffen
(-energie) (bzw. Input- und Outputgrößen) bezogen auf ein analytisch abgegrenztes System.
(SCHULZE, H., HASSAN, A.: Methoden der Material- und Energiebilanzierung bei der Projektierung von Chemieanlagen,
Weinheim 1981, S. 1)

HUBER
1. Begriffe, Methodik und Vorgehensweise
18
erstellt werden. Verbreitet sind vor allem reduktionistische Ansätze, die sich auf
ausgewählte Stoff- und Energieströme konzentrieren, z.B. weil diese ein besonderes
Gefährdungspotential aufweisen oder weil sie aus quantitativer Sicht als bedeutsam
erachtet werden.
49
Die erzielten internationalen Konventionen liefern in der der Normenreihe ISO 14040
bis 14043
50
ein Grundgerüst zur Beurteilung lebenszyklusweiter, stoff- und
energiestrombedingter Umweltwirkungen, das prinzipiell auf jedes analytisch
abgegrenzte System übertragbar ist.
51
In der Praxis wird meist auf vereinfachte oder ,,verschlankte" Ökobilanzen
zurückgegriffen, die nicht alle in der Normenreihe ISO 14040 bis 14043 festgelegten
Anforderungen und Empfehlungen erfüllen. Häufig werden z. B. Lebenswegabschnitte
ausgelassen. Zum Teil zwingt fehlendes Datenmaterial zur Auslassung von
Lebenswegabschnitten, aber auch zeitliche oder finanzielle Einschränkungen können
der Grund sein. Aber die Konzentration auf einen Lebensabschnitt kann auch einfach
aufgrund der Fragestellung der Studie stattfinden. Das Problem ist, dass durch das
Weglassen bestimmten Lebensabschnitte oder auch durch das Weglassen bestimmter
Input-/Output-Ströme das Ergebnis ganz bewusst in eine bestimmte Richtung gelenkt
werden kann. Auch hier sei deshalb wiederholt die geforderte Transparenz und
Nachvollziehbarkeit betont. Die transparente Darstellung der gesamten Ökobilanz ist
ein wesentlicher Punkt einer seriösen Ökobilanzierung.
52
Bei Wirtschaftlichkeitsrechungen wird wie der Name schon sagt, die ökonomische
Sinnhaftigkeit, meist im Vergleich zu einer oder mehreren Alternativen, bewertet. Die
eingesetzte Palette von Methoden reicht von Kosten-Nutzen-Analysen bis zu
49
KANNING, H.: Umweltbilanzen ­ Instrumente einer zukunftsfähigen Regionalplanung? Deutsches UVP-Netz,
http://www.uvp.de/veroeff/zusf.17.html, 2.5.2003, Kapitel 3. Die verschiedenen Umweltbilanzmethoden und
erfolgversprechendsten Ansätze, vergleiche dazu auch
VOGEL, G.: Die Lösung der Umwelt- und Entsorgungsprobleme ­ eine interdisziplinäre Aufgabe von Technik ­ Wirtschaft ­
Ökologie, in: VOGEL, G. (Hrsg.): Auf der Suche nach dem Gemeinsamen ­ Technik / Wirtschaft / Ökologie, Institut für
Technologie und Warenwirtschaftslehre der Wirtschaftsuniversität Wien (Neu: Institut für Technologie und nachhaltiges
Produktmanagement) und Österreichische Gesellschaft für Warenkunde und Technologie, Wien 1991, S. 105
VOGEL, G.: Beiträge zu einem Sustainable Development, in: Skriptenreihe des Instituts für Technologie und
Warenwirtschaftslehre (Neu: Institut für Technologie und nachhaltiges Produktmanagement) der Wirtschaftsuniversität
Wien, VOGEL, G. (Hrsg.), Wien 1995, S. 6
50
DIN EN ISO 14040 Umweltmanagement ­ Ökobilanz ­ Prinzipien und allgemeine Anforderungen, Deutsches Institut für
Normung (DIN) e. V., Normenausschuss Grundlagen des Umweltschutzes (NAGUS), Berlin 1997, vergleiche dazu auch
DIN EN ISO 14041: Umweltmanagement ­ Ökobilanz ­ Festlegung des Ziels und des Untersuchungsrahmens sowie
Sachbilanz, Deutsches Institut für Normung (DIN) e. V., Normenausschuss Grundlagen des Umweltschutzes (NAGUS),
Berlin 1998
DIN EN ISO 14042: Umweltmanagement ­ Ökobilanz ­ Wirkungsabschätzung, Deutsches Institut für Normung (DIN) e. V.,
Normenausschuss Grundlagen des Umweltschutzes (NAGUS), Berlin 2000
DIN EN ISO 14043: Umweltmanagement ­ Ökobilanz ­ Auswertung, Deutsches Institut für Normung (DIN) e. V.,
Normenausschuss Grundlagen des Umweltschutzes (NAGUS), Berlin 2000
51
Die Teilschritte der Ökobilanzierung sind ausführlich in Kap. 8.1
beschrieben bzw. in Abb. 70
dargestellt.
52
GRASSINGER, D., SALHOFER, S.: Methoden zur Bewertung abfallwirtschaftlicher Maßnahmen, Literaturstudie, Beiträge
zum Umweltschutz Heft 57/99, Herausgeber und Medieninhaber Magistratsabteilung 22 (Umweltschutz), Wien 1998, S. 23

HUBER
1. Begriffe, Methodik und Vorgehensweise
19
Investitionsrechnungen.
53
Bei gleichartigem Nutzen der verglichenen Objekte stehen
dabei die anfallenden Kosten im Mittelpunkt der Betrachtungen (Kostenvergleich).
Unter Sensitivitätsanalysen versteht man die Wiederholung eines Modells mit
aufeinanderfolgenden Veränderung von Eingangsparametern, um die Abhängigkeit
des Ergebnisses von diesen Eingangsparametern beurteilen zu können, d. h. in der
Sensitivitätsanalyse wird der Einfluss einzelner Parameter auf das Modellergebnis
untersucht. Werden z. B. Ökobilanzen aufbauend auf Szenarien erstellt, so ist mittels
Sensitivitätsanalysen zu klären, inwieweit sich das Ergebnis und die Aussage der
Ökobilanz ändern, wenn die Annahmen in den Szenarien leicht verändert werden.
Dadurch kann die Stabilität der Aussage der Ökobilanz von den Annahmen und der
Genauigkeit der Szenarien abgeschätzt werden. Je höher die Stabilität der Aussagen
desto weniger angreifbar sind die Ergebnisse z. B. einer Ökobilanz. Wenn nur leichte
Änderungen der Höhe eines Inputfaktors den Ausschlag zwischen zwei Alternativen
ergeben, dann ist eine Aussage zu Gunsten einer Alternative leicht angreifbar.
54
53
GABLER: Gabler Wirtschaftslexikon, 15. Auflage, Wiesbaden 2000, S. 3509
54
STÜCKLER, W.: Instrumente der Technikfolgenabschätzung und der Technikwirkungsforschung unter besonderer
Berücksichtigung des Technology Assessments, Diplomarbeit der Wirtschaftsuniversität Wien, Wien 1990, S. 48

HUBER
1. Begriffe, Methodik und Vorgehensweise
20
1.2
Ziel und Umfang der Arbeit
Im Mittelpunkt dieser Arbeit steht die Technikbewertung bzw. Technikpotential-
abschätzung einer noch in Entwicklung befindliche Technik, und zwar die eines
druckluftangetriebenen Fahrzeuges. Entwickler dieser Antriebsart ist die Holding MDI
mit Sitz in Luxemburg und Forschungseinrichtungen in Frankreich.
An dieser Stelle sei nur kurz zur Funktionsweise des propagierten Druckluftantriebes
angemerkt, dass bei einem mit Druckluft angetriebenem Motor, anstatt eines
gezündeten Kraftstoffgemisch Druckluft auf den Kolben wirkt. Diese wird in
speziellen Hochdrucktanks mitgeführt.
Da sich ein druckluftangetriebenes Fahrzeug augenscheinlich durch seine
Antriebsenergie (eben Druckluft) von herkömmlichen Fahrzeugen unterscheidet, steht
eben auch die Analyse der Implikationen der Verwendung des Mediums Druckluft für
Antriebszwecke im Mittelpunkt dieser Arbeit.
Die Arbeit verfolgt die Beantwortung folgender Fragen, die sich der technischen,
ökonomischen und ökologischen Sphäre zuordnen lassen:
1.
Technik:
Welche prinzipiellen Eigenheiten bzw. Probleme bei der Verwendung von
Druckluft als Antriebsmedium gibt es?
Wie ist die das propagierte druckluftangetriebene Fahrzeug aufgebaut und wie ist
die genaue Funktionsweise?
Mit welcher Leistungsfähigkeit ist beim Einsatz eines solchen Fahrzeuges zu
rechnen? D. h. welcher Energieverbrauch (bei der Herstellung der erforderlichen
Druckluft) und welche Reichweite (mit einer Tankfüllung Druckluft) ist absehbar?
2.
Ökonomie:
Ist der Einsatz eines druckluftangetriebenen Fahrzeuges kostengünstiger als der
eines herkömmlichen Benzinfahrzeuges?
3.
Ökologie:
Ist der Einsatz eines druckluftangetriebenen Fahrzeuges aus ökologischen Sicht
(Emissionen und Ressourcenverbrauch) sinnvoller als der eines herkömmlichen
Benzinfahrzeuges?
Ein zentraler Punkt bei der ökonomischen und ökologischen Beurteilung ist dabei die
Frage, wie die Systemgrenzen festgelegt werden. Bei der vollständigen Beurteilung
des Einsatzes eines Fahrzeuges sind einerseits die Produktion, die Nutzung inkl. der
Bereitstellung der erforderlichen Antriebsenergie und die Entsorgung des Fahrzeuges
zu berücksichtigen, andererseits darf die Bereitstellung der Infrastruktur Straße nicht
vergessen werden. Bei einem Vergleich von zwei verschiedenen Antriebstechniken

HUBER
1. Begriffe, Methodik und Vorgehensweise
21
können jedoch Bereiche, bei denen keine Unterschiede bestehen, aus der Betrachtung
ausgeklammert werden. Ziel eines Systemvergleichs sind gleiche Systemgrenzen für
die in dieser Arbeit durchgeführten ökonomischen und ökologischen Betrachtungen.
Bei Verlassen dieses Prinzips ist dies anzuführen.
Ziel dieser Arbeit ist also die Bewertung und der Vergleich der ökonomischen und
ökologischen Auswirkungen eines druckluftangetriebenen Fahrzeuges mit einem
herkömmlichen Benzinfahrzeug. Eine gesellschaftspolitische Betrachtung möglicher
Auswirkungen dieser Technik, z. B. im Hinblick auf die gesellschaftspolitischen
Auswirkungen des Individualverkehrs, findet nicht statt.
Neben der technischen Analyse zur Klärung der technischen Leistungsfähigkeit des
propagierten druckluftangetriebenen Fahrzeuges, ist der Umfang dieser Arbeit auf die
ökonomische und ökologische Beurteilung des druckluftangetriebenen Fahrzeuges der
MDI beschränkt.
1.3
Diskussion der Methoden, Vorgehensweise und Aufbau der Arbeit
Um die ökonomischen und ökologischen Implikationen einer neuen Technik
beurteilen zu können, muss die Leistungsfähigkeit dieser Technik bekannt sein. Beim
Aircar handelt es sich aber um ein in Entwicklung befindliches Fahrzeug mit
Unklarheiten über dessen Leistungsfähigkeit.
Die grundsätzliche Problematik besteht darin, auf welche Art und Weise das
technische Potential (Energieverbrauch für die Befüllung der Drucklufttanks und
Reichweite mit einer Drucklufttankfüllung) des Aircar als Ausgangspunkt für die
ökonomische und ökologische Analyse bestimmt werden kann.
Die Aussagen der Entwicklerfirma MDI zum Aircar sind widersprüchlich und die
deren Glaubwürdigkeit großteils mangelhaft. Es ist für diese Arbeit und den Autor
äußerst bedauerlich, dass diese Arbeit trotz mehrfachen Bemühens von MDI nicht
unterstützt wurde. Die Arbeit musste daher letztendlich ohne detaillierte, nachvollzieh-
bare und überprüfbare Informationen von MDI zum Aircar verfasst werden.
Weiters würden unabhängige Tests zur Reichweite und dem Energieverbrauch des
Aircar Aufschluss über dessen Leistungsfähigkeit gegeben. Jedoch wurden bisher
unabhängige Tests von MDI nicht autorisiert.
Aus diesem Grund wurde vorerst angedacht mittels Befragungen, Gruppen-
diskussionen bzw. einer Delphi-Studie unter Experten aus dem Bereich Pneumatik,
Thermodynamik bzw. Kraftfahrwesen ein Bild über die technische Leistungsfähigkeit
des Aircar zu gewinnen. Jedoch zeigt sich bald ein Mangel an Experten, die sich
ausführlich mit dem Aircar auseinandergesetzt haben und dadurch fundierte Aussagen
über die Leistungsfähigkeit des Aircar tätigen können.

HUBER
1. Begriffe, Methodik und Vorgehensweise
22
Um die technische Leistungsfähigkeit des Aircar abzuschätzen verblieb daher nur
mehr die Möglichkeit der umfassenden Einarbeitung in die relevante Thematik zur
Erarbeitung des erforderlichen Wissens, das zur technischen Beurteilung des Aircar
erforderlich ist. Dabei bietet sich beim Aircar vor allem die Auseinandersetzung mit
den Spezifika des Mediums Druckluft und den Erfahrungen, die bisher mit
Druckluftantrieben gesammelt wurden, an. Um Klarheit über die Funktionsweise des
propagierten Druckluftmotors zu erhalten werden weiters die Patente von MDI
analysiert. Durch die gewonnenen Erkenntnisse kann anschließend die technische
Leistungsfähigkeit des Aircar nachvollziehbar und fundiert abgeschätzt werden.
Darauf aufbauend kann dann die ökologische und ökonomische Analyse und
Bewertung des Aircar stattfinden.
Der Aufbau der Arbeit ist in Abb. 5 schematisch dargestellt. Anschließend wird kurz
auf den Inhalt der jeweiligen Kapitel eingegangen.
Abb. 5: Aufbau dieser Arbeit
Quelle: Eigene
Erstellung
Ökonomische Bewertung
(Kap. 7)
Ökologische Bewertung
(Kap. 8)
Technische Analyse und Bewertung des Aircar (Kap. 5)
Analyse der Geschichte des Druckluftantriebes (Kap. 3)
Darstellung MDI und deren Angaben zum Aircar (Kap. 4)
Zusammenfassung und Ausblick (Kap. 9 + 10)
Grundlagenwissen zu Druckluft als Energiespeicher (Kap. 2)
Szenarien für die ökonomische und
ökologische Bewertung des Aircar (Kap.6)

HUBER
1. Begriffe, Methodik und Vorgehensweise
23
Im Kapitel 2 ,,Grundlagenwissen zu Druckluft als Energiespeicher" wird zuerst
Grundlegendes zur Verwendung von Druckluft als Energiespeicher erörtert. Dieses
Grundlagenwissen ist zum Verständnis der späteren technischen Analyse und
Bewertung erforderlich.
Im Kapitel 3 ,,Geschichte des Druckluftantriebes" wird die Thematik Druckluftantrieb
zuerst historisch aufgerollt. Es wird geklärt wo die Wurzeln dieser Antriebstechnik
liegen und inwieweit es in der Vergangenheit bereits Fahrzeuge gegeben hat, die mit
Druckluft betrieben wurden. Weiters interessiert in diesem Zusammenhang vor allem,
über welche Leistungsfähigkeit (vor allem Reichweite) solche Fahrzeuge verfügten
und welche Probleme im Zusammenhang mit Druckluftantrieben in der Vergangenheit
auftraten.
Im Kapitel 4 ,,MDI und der Aircar" wird das Unternehmen Moteur Developpement
International (MDI) vorgestellt. Dieses Unternehmen arbeitet an der Umsetzung des
im Mittelpunkt dieser Arbeit stehenden druckluftangetriebenen Fahrzeuges. In diesem
Kapitel werden weiters die Entwicklung, die Leistungsdaten (Reichweite,
Energieverbrauch) und die Funktionsweise des Antriebs so dargestellt, wie sie von
MDI kommuniziert werden. An dieser Stelle erfolgt keine Bewertung bzw.
Beurteilung der Aussagen von MDI zu ihrem in Entwicklung befindlichen
druckluftangetriebenen Fahrzeug.
Im Kapitel 5 ,,Technische Beurteilung des Aircar" erfolgt dann die technische Analyse
dieser Antriebstechnik. Hier werden die Aussagen von MDI kritisch hinterfragt. Um
die Entwicklungsgeschichte und die genaue Funktionsweise dieses Antriebes zu
klären, werden die internationalen Patente von MDI analysiert.
Im Mittelpunkt dieses Kapitels steht die Abschätzung der zu erwartende Reichweite
und des zu erwartenden (elektrischen) Energieverbrauchs für die Befüllung der
Drucklufttanks. Die von MDI angegebenen Leistungsdaten (Reichweite, Energie-
verbrauch) werden dabei kritisch durchleuchtet und auf ihre Plausibilität hin
untersucht. Das Ergebnis dieses Kapitels stellt die nachvollziehbare Darstellung der zu
erwartenden Reichweite des druckluftangetriebenen Fahrzeuges der MDI und des zu
erwartenden Energieverbrauchs zur Befüllung des Drucklufttanks dar. Dabei steht vor
allem die erreichbare Reichweite im Mittelpunkt der Diskussion.
Aufbauend auf den Erkenntnissen der technischen Analyse werden im Kapitel 6
,,Szenarien für die ökonomische und ökologische Bewertung des Aircar" die
Annahmen für die ökologische und ökonomische Bewertung des Aircar dargestellt.
Diese Szenarien, die jeweils die technische Leistungsfähigkeit beschreiben, stellen
somit den Ausgangspunkt für die nachfolgenden Bewertungen dar.

HUBER
1. Begriffe, Methodik und Vorgehensweise
24
Ein komplexer Bewertungsgegenstand wie die Bewertung einer Antriebstechnik
zeichnet sich dadurch aus, dass er einerseits auf eine Reihe von Zielen hin zu bewerten
ist und andererseits, dass diese Ziele miteinander in Wechselwirkung stehen können.
Daher werden in dieser Arbeit die ökonomischen und die ökologischen Dimensionen
nacheinander bewertet. Die Ergebnisse können gegenübergestellt und dadurch
(eventuelle) Zielkonflikte zwischen der ökonomischen und ökologischen Dimension
aufgezeigt werden.
Im Kapitel 7 ,,Ökonomische Beurteilung des Aircar" werden die zu erwartenden
(betriebswirtschaftlichen) Kosten des Aircar denen eines herkömmlichen
Benzinfahrzeuges gegenübergestellt, und zwar stehen dabei die Kosten der
Antriebsenergiebereitstellung (Erzeugung der erforderlichen Druckluft vs. Bezug von
Benzin) im Zentrum der Betrachtungen. Im Mittelpunkt steht daher vor allem die
Auseinandersetzung mit der Entwicklung von Strom- bzw. Benzinpreisen.
Im Kapitel 8 ,,Ökologische Beurteilung des Aircar" werden die ökologischen
Auswirkungen des Einsatzes eines druckluftangetriebenen Fahrzeuges mit denen eines
herkömmlichen Benzinfahrzeuges verglichen, wobei wiederum die Art der
Antriebsenergiebereitstellung (Erzeugung der erforderlichen Druckluft vs. Bezug von
Benzin) im Zentrum der Betrachtungen steht. Dabei werden die Energie- und
Rohstoffverbräuche und die damit verbundenen Emissionen, von der Förderung der
Rohstoffe, über den Transport bis zur Verwendung im Antriebsmotor, berücksichtigt.
Ziel ist es aufzuzeigen, ob ein druckluftangetriebenes Fahrzeug über großes
ökologisches Potential verfügt, d. h. ob sich damit im Vergleich zu einem
benzingetriebenen Fahrzeug die Energie- und Rohstoffverbräuche und die Emissionen
drastisch verringern lassen.
Die Quellen bzw. Berechnungen der betreffenden Emissionen und Ressourcen-
verbräuche bzw. die verwendeten Methoden zur ökologischen Bewertung derselben
werden an dieser Stelle ausführlich dargestellt.
Im Kapitel 9 ,,Zusammenfassung" werden die Erkenntnisse aus den vorigen Kapiteln
zusammengefasst. Im Kapitel 10 ,,Ausblick" werden offene Fragen, die einer
weitergehenden wissenschaftlichen Untersuchung bedürfen thematisiert.
Die Arbeit schließt mit Kapitel 11 ,,Übertragbarkeit der Vorgehensweise & Methodik
auf gleichartige Forschungsobjekte", in dem die Übertragbarkeit der in dieser Arbeit
verwendeten Methoden bzw. Vorgehensweise auf gleichartige Forschungsobjekte
thematisiert wird.

HUBER
2. Grundlagenwissen zu Druckluft als Energiespeicher
25
2.
GRUNDLAGENWISSEN ZU DRUCKLUFT ALS ENERGIESPEICHER
In diesem Kapitel wird kurz auf Grundlegendes in Bezug auf Luft, Luftdruck,
Druckluft und Thermodynamik eingegangen.
2.1
Basiswissen zur Luft und zum Luftdruck
Luft ist ein Stoffgemisch. Es besteht zum größten Teil aus zwei Bestandteilen, nämlich
Stickstoff (78 Vol.%) und Sauerstoff (21 Vol.%). Den Rest von 1 % teilen sich
Kohlendioxid mit 0,03 ­ 0,04 % mit den Edelgasen (Helium, Neon, Argon, Krypton,
Xenon und Radon) mit 0,9 % und anderen Verbindungen wie Kohlenmonoxid,
Schwefeloxide und Stickoxiden. Stickstoff und Sauerstoff sind beide farb-,
geschmack-, und geruchlosen Gase. Die angeführten Anteile der verschiedenen Gase
am Stoffgemisch Luft gelten bis zu einer Höhe von ca. 20 km. Da die Luft ein
mechanisches Gemisch und keine chemische Substanz ist, lassen sich ihre
Komponenten aufgrund der unterschiedlichen Siedepunkte voneinander trennen.
Jedoch sind zur Verflüssigung sehr tiefe Temperaturen erforderlich (-196 °C).
55
Der Luftdruck hat seine Ursache im Gewicht der darüber liegenden Luftteilchen. Aus
diesem Grund nimmt der Luftdruck auch mit der Höhe ab. Neben der Luftdichte hängt
der Luftdruck auch von der Temperatur und vom Feuchtigkeitsgrad der Luft ab.
Gemessen wird der Luftdruck mit dem Barometer. Der Luftdruck auf Meereshöhe
schwankt dabei um den Wert von 1 bar. In der Umgebung in der wir uns täglich
bewegen herrscht also ein Druck von ca. 1 bar. Ein bar bedeutet, dass auf eine Fläche
von 1 cm
2
eine Kraft von 10 Newton wirkt.
56
Ein Newton ist definiert als die Menge an
Kraft, die erforderlich ist, um einer Masse von einem Kilogramm in einer Sekunde
eine Beschleunigung von einem Meter pro Sekunde zu verleihen.
57
Ein Newton
entspricht damit unter Berücksichtigung der Erdbeschleunigung von 9,81 m/sec
2
in
etwa der Gewichtskraft, die 100 g Masse am Äquator auf Meereshöhe auf die Masse
der Erde ausüben.
58
1 bar entspricht daher ungefähr der Gewichtskraft, die durch 1 kg
Masse auf eine Fläche von 1 cm
2
bzw. 10 Tonnen auf 1 m
2
ausgeübt wird. Daraus
ergibt sich dann die Frage, wieso wir durch die uns umgebende Luft nicht erdrückt
werden. Erstens wirkt der Luftdruck in alle Richtungen und verteilt sich auf der
ganzen Oberfläche unseres Körpers. Zudem ist der Druck der Flüssigkeiten (Blut,
Wasser) und der Luft innerhalb unseres Körpers ungefähr gleich groß wie der Druck
55
JAKUBASCHKE, O.: Grundlagen der Pneumatik, Otto Krausskopf-Verlag GmbH, Mainz 1978, S. 15 f,
vergleiche dazu auch
ANDERSSON, S. B.: Was ist Luft? in: ATLAS COPCO (Hrsg.): Pneumatik-Kompendium, VDI-Verlag,
Düsseldorf 1977, S. 11
56
WORD IQ DICTIONARY: Definition of Bar (unit), http://www.wordiq.com/definition/Bar_%28unit%29, 21.6.2004
57
WORD IQ DICTIONARY: Newton, http://www.wordiq.com/definition/Newton, 21.6.2004
58
NET-LEXIKON: Newton (Einheit), http://www.net-lexikon.de/Newton-Einheit.html, 21.6.2004

HUBER
2. Grundlagenwissen zu Druckluft als Energiespeicher
26
der Außenluft. Diese entgegen gesetzten Drücke gleichen sich aus.
59
Aus dem bisher Gesagten wird auch klar, dass Luft etwas wiegt, sonst gäbe es ja
keinen Luftdruck. Luft besteht aus Molekülen, die eine Masse haben, d. h. ein
Gewicht, auch wenn dieses sehr gering ist. 1 Liter Luft wiegt 1,18 g, also 1 m
3
(1.000 l) Luft wiegt (bei 1 bar) ca. 1 kg. Luft wiegt also ca. ein Tausendstel von
Wasser.
60
Wird nun Luft komprimiert, also weiter zusammengedrückt, so steigt der Druck, der in
bar gemessen wird, an. Gleichzeitig steigt natürlich auch das Gewicht pro
Volumeneinheit. Werden z. B. 90.000 Liter Luft auf 300 bar komprimiert, so nehmen
sie nur mehr ein Volumen von 300 Liter (bzw. 0,3 m
3
) ein. Das Gewicht dieser 90.000
Liter Luft beträgt jedoch unverändert knapp über 100 kg, nur eben jetzt auf einem viel
kleinerem Raum.
2.2
Gastheorie und thermodynamische Gesetze
61
Da es sich bei Luft um ein Gasgemisch handelt, wird zuerst kurz auf die Gastheorie
eingegangen.
Nach der kinetischen Gastheorie bestehen bei gasförmiger Materie zwischen den
einzelnen Molekülen kaum noch Bindungskräfte. Die Moleküle bewegen sich
vielmehr nach allen möglichen Richtungen frei im Raum. Wenn man ein Gas in einen
geschlossenen Behälter füllt, so wird die Bewegungsfreiheit dieser Moleküle
eingeschränkt. Dadurch prallen sie auf die Behälterwände und erzeugen einen Druck.
Der statische Druck eines in einem geschlossenen Behälter eingeschlossenen Gases
kann als die Gesamtwirkung der Kraftstöße der Gasmoleküle auf die Behälterwände
gedeutet werden. (Wegen des großen Abstandes der Moleküle untereinander ist ihre
potentielle Energie ­ das ist die Massenanziehungskraft ­ im Verhältnis zur
kinetischen nur sehr gering und kann daher vernachlässigt werden.)
Die mittlere Geschwindigkeit der Moleküle beträgt bei einem Druck von 1 bar und
einer Temperatur von 20 °C ca. 500 m/sec.
Je mehr die Bewegungsfreiheit der Moleküle durch Raumverkleinerung eingeschränkt
wird, z. B. durch Kompression in einem Zylinder, umso dichter ist die Kraftwirkung
und umso höher steigt der Druck. Gleichzeitig erwärmt sich die Luft auch (wenn die
59
DER SCHWEIZERISCHE BILDUNGSSERVER: Was ist Luft? Woher kommt sie? Was ist sie?
http://www.educa.ch/files/517/giftgteilvon41.pdf, 1.11.2003, S. 11
60
UHEREK, E.: Dimensionen in der Atmosphäre ­ Wie schwer ist die Luft?
http://www.espere.net/Germany/water/dedimensionsde.html, 31.10.2003
61
RUPPELT, E. (Hrsg.): Druckluft Handbuch, 4. Auflage, Vulkan-Verlag, Essen 2003, S. 13 f, vergleiche dazu auch
ATLAS COPCO (Hrsg.): Druckluft-Handbuch, Essen 1965, S. 18 ff

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2. Grundlagenwissen zu Druckluft als Energiespeicher
27
Wärme nicht abgeführt wird).
Ebenso steigt der Druck, wenn man bei unverändertem Volumen durch Beheizen die
Temperatur des eingeschlossenen Gases erhöht. Die Bewegungsenergie der Moleküle
nimmt mit steigender Temperatur zu, die Moleküle stoßen mit erhöhter
Geschwindigkeit gegen die Behälterwand. Wenn man ohne Wärmezufuhr das
Volumen der eingeschlossenen Gasmenge vergrößert, d. h. das Gas sich ausdehnen
lässt, verringert sich die Anzahl der Molekülstöße auf die Behälterwand. Dadurch
sinkt neben dem Druck auch die Temperatur.
Die thermische Energie als kinetische Energie der Moleküle kann nur durch Messen
der Temperatur des Gases bestimmt werden. Wichtig für das weitere Verständnis ist
die Tatsache, dass der Energiegehalt eines Gases proportional mit der Temperatur des
Gases fällt bzw. steigt. Je höher die Temperatur des Gases, umso größer auch sein
Energieinhalt.
62
Aus dem bisher Gesagten wird klar, dass bei der Verwendung von Druckluft als
Energiespeicher im Zusammenhang mit der Kompression und der Entspannung von
Druckluft, Wärme eine zentrale Rolle einnimmt. Daher wird nachfolgend kurz auf die
zwei Hauptsätze der Thermodynamik (Wärmelehre) eingegangen. Thermodynamik ist
die Lehre von der Umwandlung von Wärme in andere Energieformen.
Erster Hauptsatz der Thermodynamik:
Robert Mayer hat 1842 als erster den zahlenmäßigen Zusammenhang zwischen
Wärme und Arbeit, also zwischen thermischer und mechanischer Energie errechnet,
nämlich das mechanische Wärmeäquivalent. Wärme und Arbeit sind danach zwei
gleichwertige physikalische Erscheinungsformen, die nach bestimmten
Zahlenverhältnissen äquivalent sind.
63
Unter dem Sammelbegriff Arbeit kann man nach dem Äquivalenzprinzip sämtliche
Energieformen verstehen, und zwar im wesentlichen Wärme, elektrische Energie und
mechanische Energie.
Wärme ist nach dem ersten Hauptsatz eine Energieform, die aus mechanischer Arbeit
erzeugt und umgekehrt in solche umgewandelt werden kann.
64
Nach dem Satz von der Erhaltung der Energie (Energieprinzip) kann der Energiegehalt
eines nach außen abgeschlossenen Systems bei irgendwelchen Veränderungen
62
ENGEL, L.: Wirtschaftlichkeitsfragen der Druckluft, in: ENGEL, L. (Hrsg.): Druckluft Technik ­ Heute und Morgen:
Grundlagen, Maschinen und industrielle Anwendung, Clausthal 1967, S. 10 f
63
ENGEL, L. (Hrsg.): Druckluft Handbuch, Vulkan-Verlag Dr. W. Classen, Essen 1971, S. 5 f
64
ENGEL, L. (Hrsg.): Druckluft Handbuch, Vulkan-Verlag Dr. W. Classen, Essen 1971, S. 5 f

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2. Grundlagenwissen zu Druckluft als Energiespeicher
28
innerhalb des Systems weder zu- noch abnehmen. Andererseits wächst oder verringert
sich der Energiegehalt eines offenen Systems unter diesen Voraussetzungen mit der
von außen zugeführten Wärmemenge oder nach außen abgeführten Arbeit.
65
Wird der Luft mechanische Energie durch Verdichtung und thermische Energie durch
Beheizung zugeführt, dann summieren sie sich beide Energieformen und erhöhen
dessen Innere Energie, d. h. die mechanische Energie geht nicht verloren, sondern
erhöht ebenso die Innere Energie, was sich auch in einer Erwärmung niederschlägt.
Die Innere Energie ist umso größer, je größer die Geschwindigkeit ist, mit der diese
Moleküle völlig zusammenhanglos und ungeordnet in wilder Bewegung sich nach
allen Richtungen bewegen.
66
Dies bildet auch die Grundlage für alle Berechnung von Wärmekraftmaschinen. Die
durch das System nach außen verrichtete Arbeit ist gleich der im System
verlorenen Wärmemenge. Es gibt also keine Maschine, die ununterbrochen Arbeit
leistet, ohne dass eine gleichwertig Menge an Wärme oder anderer Arbeit verloren
geht.
Der erste Hauptsatz der Thermodynamik kann daher auch folgendermaßen formuliert
werden: Ein Perpetuum mobile erster Art ist unmöglich.
67
Zweiter Hauptsatz der Thermodynamik:
In der Natur gibt es viele Vorgänge, die jedenfalls zum Teil nicht umkehrbar sind. Bei
der Wärmeentwicklung durch Reibung wird zwar durch mechanische Arbeit der
Reibung Wärme erzeugt, aus einer Wärmezufuhr kann jedoch keine Reibung
entstehen. Daraus ist ersichtlich, dass bei allen technischen Arbeitsvorgängen, die mit
Wärmeentwicklung verbunden sind, ein gewisser Anteil der entstehenden
Wärmeenergie durch Umkehrung des Prozesses nicht rückgewinnbar und somit als
Verlust zu verbuchen ist. Das trifft auch auf die Vorgänge der Verdichtung und
Entspannung von Luft zu.
68
Der zweite Hauptsatz kennzeichnet die Wärme als eine besondere Erscheinungsform
der Energie, die sich grundsätzlich von den anderen Energieformen unterscheidet:
Wärme kann nur von einem Körper höherer auf einen solchen niederer
Temperatur übertragen werden. Ein Wärmeübergang kann also nur in Richtung des
vorhandenen Temperaturgefälles stattfinden. Es handelt sich um einen irreversiblen
65
VOGEL, G.: Der Beitrag der Ressourcenökonomie zur Minimierung der Entropieproduktion der irreversiblen
Wirtschaftsprozesse im offenen System Erde, in: Skriptenreihe des Instituts für Technologie und Warenwirtschaftslehre
(Neu: Institut für Technologie und nachhaltiges Produktmanagement) der Wirtschaftsuniversität Wien, VOGEL, G. (Hrsg.),
Wien 1982, S. 8
66
ENGEL, L.: Wirtschaftlichkeitsfragen der Druckluft, in: ENGEL, L. (Hrsg.): Druckluft Technik ­ Heute und Morgen:
Grundlagen, Maschinen und industrielle Anwendung, Clausthal 1967, S. 10 f
67
FALKMAN, H.: Thermodynamik, in: ATLAS COPCO (Hrsg.): Pneumatik-Kompendium, VDI-Verlag, Düsseldorf 1977, S. 24
68
RUPPELT, E. (Hrsg.): Druckluft Handbuch, 4. Auflage, Vulkan-Verlag, Essen 2003, S. 21 f

HUBER
2. Grundlagenwissen zu Druckluft als Energiespeicher
29
Prozess.
69
Die Aussage des zweiten Hauptsatzes der Thermodynamik ist also, dass Wärme nie
von selbst von einem Körper niederer Temperatur auf einen Körper höherer
Temperatur übergehen kann.
Die Aussage des zweiten Hauptsatzes kann wie folgt auf den Punkt gebracht werden:
,,Es gibt keine periodisch arbeitende Maschine, die nichts anderes bewirkt als die
Erzeugung mechanischer Arbeit und die Abkühlung eines Wärmebehälters"
70
oder
,,Es ist unmöglich, eine periodisch arbeitende Maschine zu konstruieren, die weiter
nichts bewirkt als Hebung einer Last und Abkühlung eines Wärmereservoirs."
71
Zusammenfassend bedeutet dies: Ein Perpetuum mobile zweiter Art ist unmöglich.
2.3
Druckluft als Energiespeicher
Aufgrund seiner Eigenschaften als Gas(gemisch) mit seinen großen Abständen
zwischen den Molekülen eignet sich Luft ausgezeichnet als Energieträger. Die zur
technischen Nutzbarmachung zusammengepresste Luft wird dabei als Druckluft
bezeichnet.
72
Unter dem Begriff der Pneumatik versteht man alles ,,was sich auf Luft
oder Gase bezieht, insbesondere was durch Luft mit Über- oder Unterdruck betätigt
oder angetrieben wird."
73
Der Arbeitsstoff der Pneumatik ist also die Druckluft. Druckluft ist eine Form der
Energie, ein Energieträger, ein Arbeitsstoff.
74
Jedoch ist auf folgendes eindeutig hinzu-
weisen:
,,Druckluft als Energie zu bezeichnen, ist, physikalisch beurteilt, nicht korrekt. Sie ist
lediglich Träger von Energie in Wärmeform, thermischer Energie, somit ein
Arbeitsstoff. Druckluft kann als Energie bezeichnet werden, da die Antwort auf die
Frage: Was ist Energie? lautet: Arbeit, alles was aus Arbeit werden kann und in Arbeit
69
ENGEL, L. (Hrsg.): Druckluft Handbuch, Vulkan-Verlag Dr. W. Classen, Essen 1971, S. 8 f
70
GERTHSEN, C., KNESER, H. O.: Physik, 11. Auflage, New York / Heidelberg / Berlin 1971, S. 147
71
FALKMAN, H.: Thermodynamik, in: ATLAS COPCO (Hrsg.): Pneumatik-Kompendium, VDI-Verlag, Düsseldorf 1977, S. 33
72
SCHLICKER, G.: Pneumatik im Maschinenbau ­ Mechanisieren und Automatisieren von Druckluft, VEB Verlag Technik,
Berlin 1966, S. 11
73
ENGEL, L.: Wirtschaftlichkeitsfragen der Druckluft, in: ENGEL, L. (Hrsg.): Druckluft Technik ­ Heute und Morgen:
Grundlagen, Maschinen und industrielle Anwendung, Clausthal 1967, S. 10
74
ENGEL, L.: Wirtschaftlichkeitsfragen der Druckluft, in: ENGEL, L. (Hrsg.): Druckluft Technik ­ Heute und Morgen:
Grundlagen, Maschinen und industrielle Anwendung, Clausthal 1967, S. 10

HUBER
2. Grundlagenwissen zu Druckluft als Energiespeicher
30
sich zu wandeln vermag."
75
Dass Druckluft aus physikalischer Sicht nicht als Energie bezeichnet werden kann,
wird im Folgenden klar werden. Damit Luft imstande ist Arbeit zu verrichten, muss ihr
zuerst Energie zugeführt werden, sie muss verdichtet werden. Durch den Ver-
dichtungsprozess erwärmt sich jedoch die Druckluft, die Wärme wird dann jedoch an
die umgebende Umwelt abgegeben, sie geht sozusagen verloren. Die folgende
Aussage bringt es auf den Punkt:
,,Um komprimierte Luft zu erhalten ist bilanzmäßig keine Energie erforderlich. Die
gesamte, dem Verdichter zugeführte mechanische Energie wird als thermische Energie
dem Kühlwasser der Zwischen- und Nachkühler wiedergefunden. Der Energiegehalt
der ausgehenden Druckluft ist bei gleichen Temperaturen derselbe wie der, der von
dem Kompressor angesaugten Luft."
76
Verrichtet nun die Druckluft im Motor Arbeit, in dem sie den Kolben antreibt, so
dehnt sie sich aus und kühlt sich dadurch ab. Diese Wärme muss jedoch durch die
Umgebung wieder ersetzt werden. Die Energie für den Antrieb des Kolbens stammt
also nicht aus der Druckluft selber, sondern aus der Wärme der Umgebung.
Ein mit Druckluft gefüllter Behälter ist eben nicht vergleichbar mit der gespannten
Feder einer Uhr. ,,Die Feder wird unter Aufwand von mechanischer Arbeit beim
Aufziehen der Uhr gespannt und kann dann über eine gewisse Zeitspanne das Uhrwerk
antreiben, das bedeutet, während ihrer Entspannung mechanische Arbeit verrichten.
Bei der Druckluft liegen die Verhältnisse anders. Sie ist kein Energiespeicher ähnlich
einer gespannten Feder. Sie kann zwar einen Motor antreiben und damit mechanische
Arbeit verrichten. Das geschieht aber im Gegensatz zur gespannten Feder dadurch,
dass sie ihre thermische Energie durch arbeitverrichtende Entspannung im Motor in
mechanische Arbeit umwandelt. Bei dieser Entspannung kühlt sie sich ab und diese ihr
entzogene Wärme muss aus der Umgebung wieder ersetzt werden."
77
Nichtsdestotrotz kann durch die Expansion von Druckluft Arbeit verrichtet werden.
Für die nachfolgenden Kapitel ist jedoch die Aussage, dass Druckluft keine
Energieform ist, sondern das die Energie von der wärmespendenden Umgebung
stammt von zentraler Bedeutung.
Druckluft wird oft als teure Energie bezeichnet. Das leuchtet ein, wenn man an die
75
ENGEL, L.: Wirtschaftlichkeitsfragen der Druckluft, in: ENGEL, L. (Hrsg.): Druckluft Technik ­ Heute und Morgen:
Grundlagen, Maschinen und industrielle Anwendung, Clausthal 1967, S. 9
76
HOLDO, J.: Entwicklungstendenzen und Vergleiche im Bereich der verschiedenen Energieformen (Elektrizität, Druckluft
u. a. m.), in: ENGEL, L. (Hrsg.): Druckluft Technik ­ Heute und Morgen: Grundlagen, Maschinen und industrielle
Anwendung, Clausthal 1967, S. 15 f
77
ENGEL, L.: Wirtschaftlichkeitsfragen der Druckluft, in: ENGEL, L. (Hrsg.): Druckluft Technik ­ Heute und Morgen:
Grundlagen, Maschinen und industrielle Anwendung, Clausthal 1967, S. 10

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2004
ISBN (eBook)
9783832484422
ISBN (Paperback)
9783838684420
DOI
10.3239/9783832484422
Dateigröße
8.8 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Wirtschaftsuniversität Wien – Sozialwissenschaften
Erscheinungsdatum
2004 (November)
Note
2,0
Schlagworte
druckluftauto technikbewertung ökologie druckluftfahrzeug preßluftauto
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Titel: Technische, ökonomische und ökologische Analyse alternativer Antriebstechniken
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