Lade Inhalt...

Multimedia kann alles - aber wer kann Multimedia?

Eine Untersuchung zum Verhältnis von technischer Kompetenz und Interaktivität bei Internetnutzern

©2002 Magisterarbeit 142 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Zusammenfassung:
„Es ist wie ein Hurrikan: Der Sturm der Begriffe - Informationsgesellschaft, Datenautobahn, Cyberspace, Multimedia - knickt Laternenpfähle wie Zündhölzer“ (Glotz 2000: 17).
Wer kann Multimedia?
‚Multimedia kann alles‘. Aber im Freundes- und Bekanntenkreis stellt sich die Situation subjektiv betrachtet häufig gegenteilig dar. Sie nutzen zwar überwiegend das Internet, aber gerade in Bezug auf die Nutzung von Inhalten, die mit dem Begriff ‚Multimedia’ in der Diskussion am ehesten in Verbindung gebracht werden, zeigen sich Schwierigkeiten bei der Anwendung.
Der Bedeutung des Begriffes ‚Multimedia’ liegt dabei keinesfalls ein konsentiertes Verständnis zugrunde. Es wird von „interaktiven Medien“ und „multimedialen Inhalten“ gesprochen, im „Netz-Medium werden bisher getrennte Einzelmedien integriert“. Die Diskussion darüber, ob das „multimediale“ und „interaktive“ Internet ein Massenmedium ist oder nicht oder ob die „kommunikationstechnologogischen Umwälzungen“ lediglich zu einer Veränderung der traditionellen Medien führen, führt zu einer Diskussion über das Verständnis des Medienbegriffes selbst.
‚Wer kann Multimedia?‘ Diese Frage wird in dieser direkten Form nicht gestellt. Vielleicht, weil der Begriff selbst bisher definitorisch nicht gefasst wurde. Diese Arbeit stellt den Versuch der explorativen Modellierung eines Untersuchungsansatzes dar, der das mediale Angebot ‚Multimedia’ als Ausgangspunkt für die Suche nach Erklärungen beinhalten soll.
Zum Inhalt: ‚Multimedia’ wird zunächst als neues mediales Angebot definiert - die sozialwissenschaftliche Perspektive der Betrachtung durch die technisch begründete Sichtweise der Informatik ergänzt. Auf der Basis der Wortbestandteile und des zugewiesenen Potentials wird aus einer interdisziplinären Perspektive systematisch bisherige Definitionen hinsichtlich eines Konsens untersucht, um im Ergebnis zu einer Definition zu gelangen, die die zentralen Eigenschaften beinhaltet.
Im Anschluss werden einige ausgewählte Darstellungen dahingehend betrachtet, welche Bestandteile aus dem Anforderungskatalog an einen (aus sozialwissenschaftlicher Sicht) medienkompetenten Nutzer ihm die Rezeption multimedialer Inhalte ermöglichen sollen.
Dem explorativ angelegten Theorieteil entsprechend wird im praktischen Teil der Arbeit die theoretische Modellierung des medialen Angebotes ‚Multimedia’ als Ausgangspunkt für eine empirische Studie gewählt und somit auch hinsichtlich der […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


ID 8428
Sulkiewicz, Malte: Multimedia kann alles - aber wer kann Multimedia? - Eine
Untersuchung zum Verhältnis von technischer Kompetenz und Interaktivität bei
Internetnutzern
Hamburg: Diplomica GmbH, 2004
Zugl.: Westfälische Wilhelms-Universität Münster, Magisterarbeit, 2002
Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte,
insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von
Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der
Vervielfältigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen,
bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfältigung
dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen
der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes der Bundesrepublik
Deutschland in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich
vergütungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des
Urheberrechtes.
Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in
diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme,
dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei
zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften.
Die Informationen in diesem Werk wurden mit Sorgfalt erarbeitet. Dennoch können
Fehler nicht vollständig ausgeschlossen werden, und die Diplomarbeiten Agentur, die
Autoren oder Übersetzer übernehmen keine juristische Verantwortung oder irgendeine
Haftung für evtl. verbliebene fehlerhafte Angaben und deren Folgen.
Diplomica GmbH
http://www.diplom.de, Hamburg 2004
Printed in Germany

Name
Malte Sulkiewicz M.A.
Geburtsdatum 05.06.1974
Geburtsort
Eckernförde
Familienstand
ledig
Schulbildung | Wehrdienst
1980 - 1993
Grundschule, Orientierungsstufe, Gymnasium
1993 - 1994
Ersatzdienst im Altenstift `Simeon und Hanna', Varel in der
Schwerstpflege
Ausbildung | Studium
1994 - 1997
Ausbildung zum Werbekaufmann in der `Heidmühler Werbe-
agentur' mit Schwerpunkt im Grafik- und Produktionsbereich
1997 - 2003
Studium an der `Westfälischen Wilhelms-Universität Münster'
Fächerkombination: Kommunikationswissenschaft (Hauptfach),
Allgemeine Sprachwissenschaft (Nebenfach), Wirtschaftspoli-
tik (Nebenfach); Thema der Abschlußarbeit: "Multimedia kann
alles - aber wer kann Multimedia?"
Berufstätigkeit
seit 2001
freie Mitarbeit im Bereich Konzept und Gestaltung beim
`ZBE Hochschulsport', Münster
2003 - 2004
Projektmanagement in der `pts media agentur', Münster
seit 2004
freiberuflich tätig im Bereich Beratung, Konzeption und
Gestaltung
Ende 2004
Junior Kundenberater in der NEXT Werbeagentur GmbH, Mün-
ster
Außerberuflich | Weiteres
1991-1999
ehrenamtliche Tätigkeit als Jugendgruppenleiter; Planung,
Organisation und Durchführung von Auslandsreisen
Seit 1998
Vertriebsmitarbeiter der Firma `GRAVIS Computervertriebsge-
sellschaft mbH'
Lebenslauf
1 | 2
Malte Sulkiewicz
Bahnhofstraße 68
48143 Münster

1999 - 2002
studentische Hilfskraft am `Institut für Kommunikationswissen-
schaft' (IfK) in der Administration und Lehre
Kenntnisse | Interessen
Fremdsprachen Englisch fließend; Kenntnisse in Französisch und Spanisch,
Großes Latinum
EDV
detaillierte Kenntnisse in MacOS (Classic und X) und Windows
(95 - XP), fundiertes Wissen in Layout- und Office-Anwendun-
gen, Kenntnisse in HTML
Freizeit
Freunde, wenn ich mir die Zeit nehme,
Segeln, wenn ich mir die Zeit nehmen kann
Münster, 25. Oktober 2004
Malte Sulkiewicz
2 | 2
Malte Sulkiewicz
Bahnhofstraße 68
48143 Münster

Inhaltsverzeichnis
-
3
-
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
1
1 Multimedia
5
1.1 Die wissenschaftliche Einordnung eines Begriffes
5
1.1.1 Multimedia ­ auf Basis der Wortbestandteile
6
1.1.2 Multimedia ­ auf Basis der wissenschaftlichen Definitionen
9
1.1.3 Multimedia ­ ein mediales Angebot kann alles
13
1.2 Wissenschaft und Multimedia ­ eine Zusammenfassung
16
1.3 Systematisierung der Betrachtungen - die Suche nach
Gemeinsamkeiten
17
1.4 (Er-)Klärung der Begrifflichkeiten
22
1.4.1 Digitalisierung
24
1.4.2 Integration
25
1.4.3 Interaktivität
27
1.3 Die neue Qualität
29
2 Interaktivität und die Rolle des Nutzers
33
2.1 Der Begriff der ,Interaktivität'
33
2.1.1 Technisch
34
2.1.2 Sozialwissenschaftlich
36
2.1.3 Interaktivität ­ vom Angebot bestimmt und von der Soziologie bewertet 39
2.2 Anforderungen an den Nutzer
47
2.2.1 Medienkompetenz
47
2.2.2 Die Kompetenz des interaktiven Handelns
50
2.3 Eine Neubewertung der technischen Kompetenz
52
3 Ein neuer Ausgangspunkt der Betrachtungen
55
4 Die Studie ­ Umsetzung der theoretischen Modellierung
60
4.1 Die Probanden
63
4.2 Der Fragebogen
64

Inhaltsverzeichnis
-
4
-
4.3 Das Experiment
67
4.3.1 Die Reduktion eines komplexen Sachverhaltes durch Variation eines
Merkmals
68
4.3.2 Die Wahl der Angebote
69
4.3.3 Die Aufgaben
72
4.3.4 Der Versuchsaufbau
74
4.3.5 Die Durchführung
76
4.4 Die Auswertung
76
5 Die Ergebnisse
79
5.1 Die Differenz zwischen potentieller und tatsächlicher Nutzung 79
5.2 Der aktive Umgang -
Ergebnisse einer kontrollierten Konfrontation
90
5.3 Die Kombination der Ergebnisse
99
6 Fazit
103
Literaturverzeichnis
107
Abbildungsverzeichnis
114
Anhang
115
Screenshot www.brockhaus.de
116
Fragebogen
117
Checkliste Experiment
123
Codebuch - Fragebogen
124
Hinweise zur Auswertung - Videos
134
Darstellung ,,Analyse der Videos (Excel)"
135
Darstellung ,,Benötigte Zeit/Teilaufgbae"
136

Einleitung
-
1
-
Einleitung
,Multimedia` - Arbeiten, die diesen Begriff direkt oder indirekt in den Mittel-
punkt ihrer Betrachtungen stellen, gibt es viele. Schon subjektiv scheint die Zahl
so hoch, dass man sich fragt, ob zu diesem Begriff etwas noch nicht gesagt wurde.
Allein die Suche nach dem Begriff als Titelstichwort im gemeinsamen Verbundka-
talog des Deutschen Bibliotheksverbundes (GBV) ergibt 3841 (In Worten: dreitau-
sendachthunderteinundvierzig) Treffer.
1
Der Bedeutung des Begriffes ,Multimedia' liegt dabei keinesfalls ein konsentier-
tes Verständnis zugrunde. Es wird von ,,interaktiven Medien" und ,,multimedia-
len Inhalten" gesprochen, im ,,Netz-Medium werden bisher getrennte Einzelme-
dien integriert" (Neverla 1998: 10). Die Diskussion darüber, ob das ,,multimedia-
le" und ,,interaktive" Internet ein Massenmedium ist oder nicht (vgl. Krotz 1995:
449; Rössler 1998: 19; Berghaus 1999: 36) oder ob die ,,kommunikationstechnolo-
gogischen Umwälzungen" lediglich zu einer Veränderung der traditionellen Me-
dien führen (vgl. Wilke 1999: 757) führt zu einer Diskussion über das Verständnis
des Medienbegriffes selbst (vgl. Kubicek /Schmid/Wagner 1997: 35) und ließ Rühl
(1998: 96) ,,eine galoppierende Medieninflation" ausmachen in Bezug auf die Ver-
wendung und das Verständnis des Begriffes ,Medien'.
Dennoch: ,Multimedia kann alles`. Unabhängig von der Diskussion über die be-
griffliche Einordnung und der Tatsache, dass die Rezeptionsforschung offensicht-
lich noch nach Erklärungsmodellen für die Wirkung von rechnerbasierten medi-
alen Angeboten sucht und dabei die Betrachtung und Erklärung des Rezeptions-
verhaltens bei der Nutzung des Internets in das Zentrum der Betrachtung rückt
(vgl. Rössler 1998: 19; Wirth/Schweiger 1999: 43; Vowe/Wolling 2002: 379), wird
scheinbar allem, was im Zusammenhang mit dem Internet, dem World Wide
Web (WWW), dem Rechner
2
oder dementsprechend darauf basierenden media-
len Angeboten steht, ein hohes gesamtgesellschaftliches Wirkungspotential prog-
nostiziert (vgl. Berghaus 1997: 73). Egal ob in positiver oder negativer Hinsicht ­
die Zuweisung eines solchen Potentials setzt die Nutzung der ,Medien' durch eine
breite Masse von kognitiven und kommunikativen Systemen voraus.
Auch wenn z.B. Rössler (vgl. 1998: 24) eine solche ,,kritische Masse an Nutzern"
in Bezug auf das Internet bereits als gegeben sieht, im Freundes- und Bekannten-
kreis des Autors der vorliegenden Arbeit stellt sich die Situation subjektiv betrach-
tet gegenteilig dar. Sie nutzen zwar überwiegend das Internet, aber gerade in Be-
1
Quelle: Deutscher Bibliotheksverbund (GBV): http://www.gbv.de [Stand 30.09.2002];
2
Der Begriff ,Rechner` wird überraschend wenig in kommunikationswissenschaftlichen Betrachtungen verwendet. Aber:
der ,Computer`, ,PC` oder ,die` digitale Plattform ist nichts anderes: Eine Maschine, die in extremer Geschwindigkeit
nur mit 0 und 1 rechnet. Warum Wissenschafler populäre Ausdrücke für eine nüchterne Maschine benutzen ist eine
Frage, die vielleicht an anderer Stelle geklärt werden kann.
,,Es ist wie ein Hurrikan: Der Sturm
der Begriffe - Informationsgesellschaft,
Datenautobahn, Cyberspace, Multimedia
- knickt Laternenpfähle wie Zündhölzer."
(Glotz 2000: 17)

Einleitung
-
2
-
zug auf die Nutzung von Inhalten, die mit dem Begriff ,Multimedia' in der Diskus-
sion am ehesten in Verbindung gebracht werden, zeigen sich Schwierigkeiten bei
der Anwendung. Eine Nutzung des Rechners als Hybridmedium in mehrfacher
Hinsicht (vgl. Vowe/Wolling: 2002: 379) findet nur in den seltensten Fällen statt.
Der Wille zur Rezeption, Verarbeitung und Produktion von Texten, Tönen (z.B.
Musik) und/oder (Bewegt-)Bildern, ob nun im WWW oder mittels einer Stand-
Alone-Anwendung, lässt sich zwar ausmachen, die Verwirklichung scheint je-
doch in den allermeisten Fällen zu scheitern. Ein allgemeines Wissen über die
Möglichkeiten ist dabei offenbar vorhanden ­ allerdings im Sinne von: ,,Ich kann
doch auf meinem Computer auch Musik hören, oder?" Woran liegt es, dass die
Bandbreite und Intensität der Nutzung scheinbar nicht nur erheblich variiert (vgl.
ebd.), sondern über die Nutzung von Textverarbeitungen, eMail und/oder einer
bestimmten Auswahl von medialen Angeboten im WWW nicht hinausgeht? Wa-
rum überwiegt bei der Nutzung das Symbolsystem ,Text'?
Erklärungen für die Form des Umgangs mit rechnerbasierten medialen Angebo-
ten und somit für die Restriktionen werden durch Rückriff auf bestehende Model-
le der Selektionsforschung in den Inhalten der Angebote gesucht. Aber ein Rück-
griff auf den ,,Uses-and-Gratifications-Ansatz" (vgl. Rössler 1998: 24) oder die ,,Se-
lektionsphasen nach Donsbach" (vgl. Wirth/Schweiger 1999: 50) bedeutet, als
Ausgangspunkt den Nutzer zu wählen. Seine Präferenzen, seine persönlichen In-
teressen dienen als Basis für die Erklärungen einer unterschiedlichen Nutzungsin-
tensität ­ zum jetzigen Zeitpunkt ausschließlich bezogen auf Angebote des WWW.
Die Verwendung des Begriffes ,Multimedia' wird vermieden, es wird von verschie-
denen ,,Kommunikationsmodi" (Rössler 1998: 19) oder der Existenz einer Viel-
zahl von ,,intermediären und intermodalen" Selektionsmöglichkeiten gespro-
chen (vgl. Wirth/Schweiger 1999: 51).
,Wer kann Multimedia?` Diese Frage wird in dieser direkten Form nicht gestellt.
Das mediale Angebot wird nicht als Ausgangspunkt für Erklärungen einer Diffe-
renz der Nutzungsintensität gewählt, da eine Definition nicht existiert. ,,Der Leit-
begriff ,Multimedia' ist unscharf."(Berghaus 1997: 73) Die Frage ist, ob eine defini-
torische Beschreibung wirklich nicht möglich ist und die vorliegende Arbeit stellt
den Versuch der explorativen Modellierung eines Untersuchungsansatzes dar, der
das mediale Angebot ,Multimedia' als Ausgangspunkt für die Suche nach Erklä-
rungen beinhalten soll. Dazu scheint es notwendig, ,Multimedia' als neues medi-
ales Angebot zu begreifen, und somit die sozialwissenschaftliche Perspektive der
Betrachtung durch die technisch begründete Sichtweise der Informatik zu ergän-
zen.
Das gesamte erste Kapitel dieser Arbeit beschäftigt sich daher mit dem Begriff
selbst. Aus einer interdisziplinären Perspektive wird dazu das Wort selbst hinsicht-
lich seiner Bestandteile und der jeweiligen Bedeutung aufgelöst, um danach ei-
nen Überblick über die bisherigen Beschreibungen des Begriffes in definitorischer
Form zu geben. Den Abschluss dieser ersten Bestandsaufnahme bildet ein kurzer
Überblick über das umfangreiche Potential, dass multimedialen Angeboten zuge-
wiesen wird. In einem zweiten Schritt soll eine Systematisierung der Beschreibun-

Einleitung
-
3
-
gen erfolgen. Die einzelnen Definitionen werden unter Berücksichtigung der Be-
trachtung der Wortbestandteile und der zugewiesenen Potentiale auf die Existenz
von Äquivalenzen überprüft. Die Frage ist, ob sich ein Konsens in den Beschrei-
bungen bzw. in den einzelnen definitorischen Bestandteilen feststellen lässt, der
für die Beschreibung des neuen medialen Angebotes gleichzeitig auch sinnvoll er-
scheint. Dazu ist es unter anderem notwendig, die Diskussion über den zugrun-
de liegenden Medienbegriff nochmals aufzugreifen. Am Ende steht die Definition
eines medialen Angebotes ,Multimedia', seiner zentralen Eigenschaften und sei-
ner Bestandteile.
Verdeutlicht werden soll an dieser Stelle, dass multimediale Angebote beson-
ders eine Eigenschaft auszeichnet: die Möglichkeit des interaktiven Handelns
durch das Angebot. Dies auch die einzig neue Eigenschaft dar und somit liegt
der Schluss nahe, dass hier die Erklärung für die Schwierigkeiten im Umgang be-
gründet sind. Das zweite Kapitel betrachtet dazu den Interaktivitätsbegriff wie-
derum aus der interdisziplinären Perspektive. Im Ergebnis erscheint eine Model-
lierung des Begriffes als ein Kontinuum in Form eines Interaktionspotentials als
sinnvoll. Interaktivität ist diesem Verständnis zufolge immer gegeben, die Quali-
tät ist jedoch abhängig von den jeweils vorhandenen interaktiven Merkmalen ei-
nes medialen Angebotes und deren Nutzungsgrad. Das bedeutet in Bezug auf die
Nutzung multimedialer Angebote, dass der Nutzer die Fähigkeit besitzen muss,
ein hohes Maß an Interaktivität zu realisieren. Diese Fähigkeiten werden in der
wissenschaftlichen Diskussion in einem Begriff gebündelt: Medienkompetenz. Über
das Verständnis, das diesem Begriff zugrunde liegen sollte findet eine mindestens
ebenso intensive Diskussion statt, wie über Multimedia selbst (vgl. Kübler 1999:
25). Ein Konsens herrscht offensichtlich nur in einem Punkt: Individuen, die für
ein Leben in einer von den neuen Technologien zunehmend bestimmten Gesell-
schaft gerüstet sein wollen, müssen medienkompetent sein (vgl. Mosdorf 1997:
13). Unter Bezugnahme auf die vorhergehenden Kapitel dieser Arbeit werden eini-
ge ausgewählte Darstellungen ausgehend von einer Zusammenfassung von Pelka
(2000) dahingehend betrachtet, welche Bestandteile aus dem Anforderungskata-
log an einen (aus sozialwissenschaftlicher Sicht) medienkompetenten Nutzer, ihm
die vollständige Nutzung jedweden Grades an interaktiven Potential ermöglichen
sollen. Dabei zeigen sich deutliche Hinweise darauf, dass die tatsächliche Nutzung
der potentiellen gleichgesetzt wird. Allein quantitativ betrachtet liegt der inhaltli-
che Schwerpunkt auf der Vermittlung einer Kompetenz zur Verarbeitung von In-
formationen. Indirekt scheint die Fähigkeit zur Rezeption der zugrunde liegenden
Inhalte, die diese Informationen beinhalten, vorausgesetzt zu werden. Das zwei-
te Kapitel schließt daher mit der Forderung nach einer Neubewertung des aktiven
Umgangs mit rechnerbasierten medialen Angeboten und in diesem Zusammen-
hang insbesondere der technischen Kompetenz.
Das dritte Kapitel bildet in resümierender Form den Abschluss des theoretischen
Teils der Arbeit und leitet gleichzeitig zum empirischen Abschnitt über.
Dem bereits explorativ angelegten Theorieteil entsprechend soll in einem ex-
plorativ qualitativen Experiment die theoretische Modellierung des medialen An-

Einleitung
-
4
-
gebotes ,Multimedia' als Ausgangspunkt einer empirischen Studie auf seine Um-
setzbarkeit getestet werden. Im Zentrum steht dabei die Beantwortung der Fragen
und die Verifizierung oder Falsifizierung der getroffenen Annahmen. Gibt es einen
Zusammenhang zwischen der technischen Kompetenz und der Nutzungsinten-
sität des interaktiven Potentials? Lassen sich dieser Zusammenhang und die ent-
sprechende Wissensstruktur identifizieren, indem man das rechnerbasierte medi-
ale Angebot als Ausgangspunkt der Betrachtungen wählt?
Das vierte Kapitel beschreibt die praktische Umsetzung. Die Beschreibung des
Operationalisierungsprozesses wird dabei zum einen an einigen Stellen Hinweise
auf Verbesserungen aufzeigen, zum anderen jedoch auch Anforderungen formu-
lieren, die sich aus der theoretischen Betrachtung heraus als elementare Voraus-
setzungen darstellten. Das Experiment bestand letztendlich aus zwei Teilen. Im
ersten Teil wurden die Nutzungsgewohnheiten des jeweiligen Probanden mittels
eines standardisierten Fragebogens erfasst, im zweiten Teil wurde ihr Handeln mit
rechnerbasierten medialen Angeboten, die ein unterschiedliches interaktives Po-
tential aufwiesen mittels einer teilnehmenden Beobachtung erfasst.
Das fünfte Kapitel beinhaltet eine Darstellung der Ergebnisse des Experimentes,
weist dabei auf Auffälligkeiten hin und analysiert diese unter Berücksichtigung
der theoretischen Modellierung. Einige der Sequenzen befinden sich in Form ei-
ner Video-CD im Anhang der Arbeit. In der Analyse wird darauf entsprechend
hingewiesen. Die Studie umfasste zehn Teilnehmer, die sich gegebenenfalls hin-
sichtlich der Nutzungsintensität des jeweils gegebenen interaktiven Potentials ka-
tegorisieren lassen. Falls dies gelingt, könnte ein Abgleich der Ergebnisse der Befra-
gung mit der qualitativen Analyse Hinweise auf Erklärungsansätze für ein selekti-
ves Nutzungsverhalten der Teilnehmer liefern, die sich nicht allein auf die Präfe-
renzen der Nutzer beziehen. Aufgezeigt werden könnte darüber hinaus eine Wis-
sensstruktur, die für den aktiven Umgang, für die Nutzung des interaktiven Po-
tentials von hoher Relevanz ist. Eventuell zeigen sich auch Hinweise auf ihre Her-
kunft und weisen so indirekt auf die Form und Art der Ausbildung hin.
Ob es einen Zusammenhang zwischen technischer Kompetenz und Interaktivi-
tät gibt, gilt es erst noch zu klären. Ebenso bedarf es der Klärung, welche Wissens-
struktur dieser Form von Kompetenz zugrunde liegt. Der Ansatz für die Beantwor-
tung dieser Fragen soll aber nicht auf den Einschätzungen von Nutzern oder Ex-
perten basieren ­ sondern auf dem Medium selbst.

Multimedia - Die wissenschaftliche Einordnung eines Begriffes
-
5
-
1 Multimedia
Interaktive Medien, WWW, computervermittelte Kommunikation, digitale
Plattform und Neue Medien: dies sind nur einige Begriffe, die in wissenschaftli-
chen Abhandlungen mit dem Begriff ,Multimedia` oder der Beschreibung ,multi-
medial` verknüpft und teilweise synonym verwendet werden. René Pfammatter
merkte schon 1998 kritisch an, dass die ,,Diskussion [über Multimedia] von Un-
schärfe, mangelndem Konsens hinsichtlich des eigentlichen Gegenstandes und
leider öfters auch von schlichter Unkenntnis geprägt" (Pfammatter 1998: 9) sei.
Dieses erste Kapitel beschäftigt sich daher aus verschiedenen Blickwinkeln aus-
schließlich mit dem Begriff selbst, um ein differenzierteres Bild des ,Neuen Medi-
ums` zu erhalten.
1.1 Die wissenschaftliche Einordnung eines Begriffes
Der Begriff ,Multimedia` wird schon seit 1946 in Bezug auf den Einsatz von au-
diovisuellen Medien in der Pädagogik verwendet (vgl. Hasebrook 1998: 103). Er ist
also keineswegs neu. In dieser Arbeit sollen jedoch nur Arbeiten neueren Datums
berücksichtigt werden, da offensichtlich ist, dass in der wissenschaftlichen Dis-
kussion der Rechner (oder auch ,Computer') eine zentrale Rolle spielt.
Zur Einführung in den Themenkomplex wird im Kapitel 1.1.1 zunächst ,Multi-
media` auf Basis seiner Wortbestandteile aus konstruktivistischer und technisch-
naturwissenschaftlicher Sicht betrachtet. Die isolierte Betrachtung erfolgt dabei
unabhängig von der Betrachtung der Nutzung bzw. der Zuweisung einer Wirkung
eines medialen Angebotes und dient dabei vor allem der Klärung einiger Begriffe,
die in dieser Arbeit Verwendung finden.
Im Anschluss daran folgt die Betrachtung der verschiedenen wissenschaftlichen
Definitionen, um die verschiedenen Begriffsverständnisse zu ein und demselben
Themenkomplex zu verdeutlichen. Die Betrachtung der Definitionen erfolgt da-
bei chronologisch ab dem Jahr 1995 und dient so auch indirekt der Überprüfung,
ob sich ein Fortschritt in Hinblick auf einen Konsens in der Begriffsbestimmung
ausmachen lässt. Falls dieser existiert, könnte daraus schon ein Erklärungsansatz
für die Potentiale multimedialer Angebote resultieren.
Diese Potentiale in Bezug auf die Möglichkeiten und Gefahren, die Multimedia
bzw. multimedialen Angeboten zugewiesen werden, werden danach exemplarisch
dargestellt. Sie basieren auf der wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit dem
Begriff und bilden den Abschluss der Betrachtung der wissenschaftlichen Diskus-
sion.

Multimedia- auf Basis der Wortbestandteile
-
6
-
1.1.1 Multimedia ­ auf Basis der Wortbestandteile
Der Begriff ,Multimedia` wird scheinbar inflationär verwendet. Dies führt dazu,
dass auch in den wissenschaftlichen Definitionen der Begriff durchaus unter-
schiedlich und unter der Verwendung verschiedener Begriffsverständnisse be-
schrieben wird. Sinnvoll ist es daher, sich zunächst mit dem Wort selbst und sei-
ner ursprünglichen Bedeutung auseinanderzusetzen.
In der Brockhaus-Enzyklopädie aus dem Jahre 1991 findet sich der Begriff Multi-
media noch nicht, aber die Wortbestandteile werden wie folgt definiert:
Multi... [lat.: multus >viel<], Wortbestandteil mit der Bedeutung: viel, viel-
fach, z.B. multinational.
Medien [engl. media], Sg. Medium das, s, Vermittlungssysteme für Infor-
mationen aller Art (Nachrichten, Meinungen, Unterhaltung); ihre Funkti-
on ist der Transport von Inhalten, wobei spezifische Restriktionen des Me-
diums formend auf den Inhalt wirken können. Sprache vermittelt als Sym-
bolsystem Sinn. Techn. Kommunikationsmittel (IuK-Technologien) die-
nen der Übermittlung bzw. Weiterleitung, Speicherung und Verbreitung
von Informationen und können die Komplexität von Informations- und
Kommunikationssystemen erreichen. Der kommunikationswissenschaftl.
M.Begriff ist eng an den Begriff der > Massenmedien gekoppelt und in
Verbindung mit ihm popularisiert worden.
(Quelle: Brockhaus-Enzyklopädie: Band 15 und Band 14)
3
Medien sind dieser Definition zufolge Vermittlungssysteme. Der Terminus Mul-
timedia übersetzt würde demnach ,viele Vermittlungssysteme für Informationen
aller Art` bedeuten. Technische Kommunikationsmittel auf der Basis der Informa-
tions- und Kommunikationstechnologien werden hier auch als ,,Medium" ver-
standen. Medien dienen zum Transport von Inhalten, wobei die Möglichkeit ein-
geräumt wird, dass das Medium selbst die zu vermittelnden Inhalte durch seine
spezifischen Eigenschaften ,,formen" kann.
Doch trotz dieser Einschränkung ist das Bild des ,Transportes` als Vermittlung
von Inhalten in der Grundaussage technisch-naturwissenschaftlich geprägt und
wird von konstruktivistischen Ansätzen der Kommunikationswissenschaft abge-
lehnt.
In ihrer Sichtweise sind Medien Instrumente kognitiver wie kommunikativer
Wirklichkeitskonstruktion. Medienangebote sind dabei Angebote an kognitive
und kommunikative Systeme, unter ihren jeweiligen Systembedingungen diese
Wirklichkeitskonstruktionen in Gang zu setzen. Doch sprechen Konstruktivisten
3
Die Brockhaus Enzyklopädie aus dem Jahr 1998 weist hingegen ,Multimedia' als Schlüsselbegriff aus und versucht, die
verschiedenen Facetten des Begriffes auf vier Seiten zu erläutern. Sie bezieht sich dabei insbesondere auf Publikationen
von Ralf Steinmetz, Booz, Allen & Hamilton und Herbert Kubicek, die im Folgenden auch hier noch näher betrachtet
werden (vgl. Brockhaus ­ Die Enzyklopädie: 209 ­ 213). Das Ergebnis einer Anfrage im Online-Angebot unter ,,http:
//www.brockhaus.de" findet sich als Screenshot im Anhang. [Stand 30.09.2002];

Multimedia- auf Basis der Wortbestandteile
-
7
-
hierbei nicht von ,Transport', da die Nutzung des Angebotes systemspezifisch er-
folgt (vgl. Schmidt 1994: 16). Ein Inhalt wird erst durch die Verarbeitung im Sys-
tem selbst bestimmt.
Medien sind in dieser Sichtweise keine ,,Container", ,,in" denen etwas enthalten
ist, bzw. wie Kanäle, ,,auf" denen etwas transportiert wird, wobei dieses ,,Etwas"
vom Medium unberührt bleibt und eine Botschaft übermittelt, die ein individuel-
ler Empfänger unabhängig vom Medium interpretiert (vgl. Berghaus 1999: 33).
Will man die Wirkung eines Mediums auf den Rezipienten untersuchen, so lie-
gen also die entscheidenden Faktoren in der Art und Weise, ob und wie ein kogni-
tives System mit dem Medium selbst umgeht. Der konstruktivistische Begriff des
Mediums ist dadurch zwar allumfassend, aber im Zusammenhang dieser Arbeit zu
abstrakt, umfasst er doch alle Medienangebote an kognitive und kommunikative
Systeme, sowohl auf der Produzenten- als auch auf der Rezipientenseite, und lässt
eine Differenzierung nur in Form der verschiedenen Wirkungsweisen in Bezug auf
die Wirklichkeitskonstruktion zu.
In Anlehnung an die obige Übersetzung ließe sich Multimedia wie folgt definie-
ren: Viele Instrumente kognitiver wie kommunikativer Wirklichkeitskonstrukti-
on. Es sollte dabei aber berücksichtigt werden, dass die Verarbeitung von Informa-
tionen unter den jeweiligen systemischen Bedingungen erfolgt. Für die Art und
Weise der Wirklichkeitskonstruktion sind sowohl die systemspezifischen Eigen-
schaften des Medienangebotes (wie im Brockhaus durch den Begriff ,,formend"
angedeutet) als auch die des jeweiligen kognitiven bzw. kommunikativen Systems
entscheidend.
Das Medium als Instrument der Konstruktion von Wirklichkeit ist eine eher
funktionsorientierte Beschreibung dessen, was als Angebot wahrgenommen wird
(oder nicht). Implizit wird vorausgesetzt, dass die Wahrnehmung erfolgen kann,
das Medium als Angebot also auch als solches erkannt werden kann. Diese Fest-
stellung mag trivial erscheinen, sie ist es aber im Themenkomplex ,Multimedia'
keineswegs.
Ein Medienangebot muss, wenn es als ein solches wahrgenommen werden soll,
mindestens einen der fünf Sinne eines kognitiven Systems ansprechen. Im Kon-
text der Informationsverarbeitung werden diese Medien als Perzeptionsmedi-
en bezeichnet, da sie sich vornehmlich an die menschlichen Sinne richten. Die
Grundfrage lautet hier ,Wie nimmt der Mensch Informationen auf?' und bezieht
sich nicht auf die Art und Weise der kognitiven Verarbeitung, sondern darauf, wel-
cher der menschlichen Sinne durch ein Medium angesprochen wird. Eine Diffe-
renzierung des Oberbegriffes ,Medium' könnte durch diese technisch orientierte
Betrachtung des Mediums, abgetrennt von seiner Wirkung, erfolgen.
Perzeptionsmedien wenden sich an die menschlichen Sinne. Eine Differenzie-
rung innerhalb dieses Oberbegriffes erfolgt dabei durch die Feststellung, dass jedes
Medium Darstellungswerte in Darstellungsräumen definiert. Darstellungswerte defi-
nieren die Art der Informationsrepräsentation eines Mediums. So kann eine Infor-

Multimedia- auf Basis der Wortbestandteile
-
8
-
mation visuell in Form von gedruckten Zeichen oder auch akustisch in Form von
Druckwellen dargestellt sein. In Anlehnung an die konstruktivistischen Ansätze
erfolgt dabei die Interpretation dieser Werte in Abhängigkeit vom Individuum,
das die Darstellungswerte im jeweiligen Darstellungsraum aufnimmt und verar-
beitet. Darstellungsräume dienen der Präsentation des jeweiligen Darstellungs-
wertes. Visuell in Form von z.B. Papier oder Bildschirm oder akustisch als Stereo-
oder Suround-Ton (vgl. Steinmetz 2000: 9).
Jeder Darstellungsraum verfügt dabei über eine oder mehrere Darstellungsdimen-
sionen. In räumlicher Hinsicht sind dies Höhe, Breite und Tiefe des Darstellungs-
raumes. Der Computerbildschirm als Darstellungsraum besitzt beispielsweise zwei
Dimensionen, in denen Darstellungswerte definiert sind, bei der Suround-Technik
im Audio-Bereich sind es drei. Eine wichtige vierte Dimension ist die Zeit. Sie kann
als zusätzliche innerhalb des Darstellungsraums auftreten und so lassen sich Me-
dien bezüglich ihrer zeitlichen Dimension weiter differenzieren (vgl. ebd.: 10).
Zeitunabhängige Medien werden als diskrete (oder statische) Medien bezeichnet.
Die Gültigkeit ihrer Darstellungswerte ist zeitunkritisch (im Rahmen von Sekun-
den oder kürzer) und die enthaltenen Informationen bestehen somit ausschließ-
lich aus einer Folge einzelner Elemente (z.B. Buchstaben eines Textes) oder aus ei-
nem Kontinuum ohne Zeitkomponente (z.B. gleich bleibendes akustisches Sig-
nal).
Demgegenüber stehen die nichtdiskreten bzw. zeitabhängigen (oder dynamischen)
Medien. Bei ihnen ist die Information nicht nur durch einen einzelnen Wert, son-
dern auch durch den Zeitpunkt seines Auftretens definiert. Die Gültigkeit ihrer
Darstellungswerte, die als kontinuierliche Sequenz auftreten, steht in Abhängig-
keit zu dieser Zeitbedingung, die Verarbeitung ist somit zeitkritisch. Der Darstel-
lungswert und somit die Informationsrepräsentation kann zu jedem Zeitpunkt
ein anderer sein. Beispiele hierfür sind Video als reines Bewegtbild oder Audio als
Kontinuum aus Druckwellenschwankungen. Diese beiden Medienformen stellen
darüber hinaus eine kontinuierliche Sequenz dar und werden von daher auch un-
ter dem Begriff der kontinuierlichen Medientypen zusammengefasst. Sie stellen eine
Untergruppe der zeitabhängigen Medien dar, eine Differenzierung erfolgt über die
Periodizität des zeitabhängigen Darstellungswertes. Tritt eine Veränderung nur
sehr unregelmäßig auf, z.B. bei einer entsprechenden Messkurve
4
ist dieses Medi-
um zwar zeitabhängig aber es verändert sich nicht kontinuierlich (vgl. ebd.: 10).
In dieser Arbeit aber soll der Begriff des kontinuierlichen Mediums synonym zum
zeitabhängigen Medium verwendet werden.
Zusammenfassend lässt sich die Beschaffenheit des Instruments kognitiver wie
kommunikativer Wirklichkeitskonstruktion wie folgt definieren: Perzeptions-
medium, das Darstellungswerte in Darstellungsräumen in den jeweiligen Dimen-
sionen definiert und dabei diskret oder kontinuierlich ist.
4
Ein Beispiel für eine solche Kurve würden Sensoren liefern, die über lange Zeiträume hinweg unveränderte Werte lie-
fern, aperiodisch jedoch Ausschläge aufweisen.

Multimedia ­ auf Basis der wissenschaftlichen Defi nitionen
-
9
-
Auf Basis der Wortbestandteile bezeichnet also der Begriff ,Multimedia' nicht
mehr, als dass kognitive und kommunikative Systeme die Möglichkeit haben,
mehr als eines der angebotenen Perzeptionsmedien wahrzunehmen und unter ih-
ren jeweiligen Systembedingungen Wirklichkeitskonstruktion zu betreiben.
Eine Analyse des Begriffes auf der Basis seiner Wortbestandteile, sowohl aus
der kommunikationswissenschaftlichen, als auch aus der technisch-naturwissen-
schaftlichen Perspektive, führt zwangsläufig zu dem Schluss, dass es sich bei ,Mul-
timedia' um nichts Neues im Sinne einer revolutionären Veränderung handelt.
Als Erklärungsansatz für die Probleme des Rezipienten multimedialer Angebote ist
diese Beschreibung unbrauchbar, denn: Individuen als kognitive Systeme nehmen
im Alltag ständig mehr als ein mediales Angebot gleichzeitig über ihre Sinne auf.
Zur Feststellung, welche Eigenschaften ,Multimedia' zugewiesen wurden und den
Begriff als neu erscheinen ließen, werden nun im folgenden Abschnitt verschiede-
ne Definitionen neueren Datums betrachtet.
1.1.2 Multimedia ­ auf Basis der wissenschaftlichen Definitionen
Ist Multimedia also nichts Neues? Vom oben skizzierten Standpunkt aus be-
trachtet nicht, aber die Beschäftigung mit dem Begriff in den Medien, der Wirt-
schaft und der Politik ließ ihn zum einen zum Wort des Jahres 1995 werden (vgl.
Wilke/Imhof 1996: 9) und zum anderen zeigt die Diskussion, dass mit diesem Be-
griff etwas Neues bezeichnet werden soll. Was ist also ,neu' an Multimedia? Was
lässt diesen Begriff revolutionär erscheinen? In Büchern und Aufsätzen über den
zum Themengebiet avancierten Begriff formulieren die jeweiligen Autoren ihr je-
weiliges Verständnis. Die Beschäftigung erfolgt häufig auf unterschiedliche Wei-
se, mit unterschiedlicher Zielrichtung und unter Verwendung verschiedener Be-
grifflichkeiten; alle jedoch liefern ihre Vorstellung des Begriffes in einer definito-
rischen Form.
Im Folgenden werden nun einige dieser Formulierungen zunächst chronolo-
gisch vorgestellt. Berücksichtigt werden dabei nur die Autoren, die in ihren Ab-
handlungen explizit mit dem Begriff beschäftigen, um die Betrachtung zu fokus-
sieren und so der mittlerweile offensichtlich herrschenden Uneinigkeit in Hin-
blick auf die Bezeichnung dessen, was offensichtlich häufig als ,revolutionär' be-
zeichnet wird, zu entgehen. Denn unter diesem immer gleichen Vorzeichen fin-
det scheinbar die Diskussion über alles statt, was mit ,Neuen Medien' in Verbin-
dung gebracht wird.
5
Multimedia sei eine elektronisch mediatisierte Kommunikationsmöglichkeit
und nicht mehr als ein Schlagwort wie z.B. ,,interaktive Medien". Zu diesem
Schluss kommt Friedrich Krotz (vgl. 1995: 445) und begründet seine Einschätzung
5
Im Rahmen dieser Arbeit kann nur eine Auswahl erfolgen. Als Beispiel für die Menge der Definitionen sei an dieser Stel-
le auf einen Aufsatz von Andreas Werner und Axel Becker hingewiesen, die allein sechs verschiedene Definitionen aus
dem Jahr 1995 aufführen (vgl. Werner/Becker 1997: 89).

Multimedia ­ auf Basis der wissenschaftlichen Defi nitionen
-
10
-
damit, dass diese in der Öffentlichkeit diskutierten Begriffe entweder nur einzelne
Aspekte oder Nützlichkeiten betonten, um die Akzeptanz für neue Geräte und de-
ren Möglichkeiten zu erhöhen. Multimedia sei also nicht mehr als ein ,,Marke-
ting-Begriff" und das eigentlich Neue sei die Entstehung eines ,,elektronisch me-
diatisierten Kommunikationsraumes". Er entwickle sich auf Basis der Digitalisie-
rung von audiovisuellen Medien und Telekommunikation und erlaube die gleich-
zeitige Nutzung bisher getrennter Kommunikationskanäle durch den Konsumen-
ten (vgl. ebd.: 447). In einem später erschienenen Aufsatz präzisiert er seine Sicht
von Multimedia in Bezug auf das Internet bzw. dessen Dienste. Es sei seiner Mei-
nung nach der Prototyp dieser ,,digitalisierten computervermittelten Kommuni-
kation" und spreche dabei nicht nur unterschiedliche Wahrnehmungskanäle an.
Es integriere durch die Vernetzung bisher getrennte, eigenständige Einzelmedien
(Telefon, Fernsehgerät) und die getrennten Märkte der Telekommunikation, des
Computers und der audiovisuellen Medien. Die wesentliche Basis dafür sei die Di-
gitalisierung der Daten (vgl. ders. 1998: 116).
Unter dem Titel ,,Multimedia: Voraussetzungen-Anwendungen-Probleme" ver-
öffentlichten Jürgen Wilke und Christiane Imhof dann ein Jahr nach der Aus-
zeichnung des Titelbegriffes durch die Gesellschaft für deutsche Sprache eine
Aufsatzsammlung und gaben ihr Verständnis im Vorwort wieder. Ihrer Ansicht
nach sei mit Multimedia die Verschmelzung ,,bisher getrennte[r] Kommunikati-
onstechniken (sozusagen ,Unimedien')" gemeint. Dies geschehe durch die Inte-
gration von gesprochener Sprache, Text, Video, Audio, Telekommunikation,
Unterhaltungselektronik und Computertechnik und führe so zu neuen Angebots-
und Nutzungsformen (vgl. Wilke/Imhof 1996: 9).
Ökonomisch orientierter formulierten es die Autoren der Studie ,,Zukunft Mul-
timedia".
6
Für sie wird Multimedia vor allem als Oberbegriff für Produkte und
Dienstleistungen aus dem Computer-, Telekommunikations- und Medienbereich
verwendet. Die Eingrenzung gelinge jedoch über die gemeinsamen Merkmale der-
artiger Angebote. Der Nutzer sei nicht ausschließlich Empfänger, sondern kön-
ne auch durch Rückkanäle Inhalte verändern bzw. Aktionen auslösen. Er habe die
Möglichkeit zur ,,interaktiven Nutzung". Ein weiteres Merkmal sei die integrati-
ve Verwendung verschiedener Medientypen, d.h. die Kombination von dynami-
schen mit statischen Medien. Als Basis für derartige Anwendungen und somit drit-
tes Merkmal definieren die Autoren die digitale Technik. Sie ermögliche die Spei-
cherung und Bearbeitung der den verschiedenen Medien zugrunde liegenden Da-
ten (vgl. Booz, Allen & Hamilton 1997: 29 ­ 31).
René Pfammatter schlägt 1998 vor, den Begriff Multimedia nur für ,,computer-
basierte, digitale Medien" zu verwenden. Die Digitalisierung wandle Informatio-
nen jedweder Art in einen binären Code um und die dabei entstehenden Daten-
typen seien prinzipiell unendlich transformierbar. Die Verwendung der digitalen
6
Bei der hier betrachteten Ausgabe handelt es sich um die vierte erweiterte Auflage einer Studie, die im Jahre 1994 das
erste Mal veröffentlicht wurde. Eine Zusammenfassung bieten: Goedhart/Künstner 1995: 13 ff.

Multimedia ­ auf Basis der wissenschaftlichen Defi nitionen
-
11
-
Technik ermögliche die Integration von Elementen kontinuierlicher (gesproche-
ne Sprache, Video, Klangeffekte, Musik, Animation) oder diskreter (Text, Stand-
bild, Computergrafik) Medien. Er trennt dabei Multimedia explizit von dem Be-
griff ,,Omnimedia", da seiner Meinung nach bisher ,,nur die Distanzsinne Sehen
und Hören (gelegentlich auch unser Tastsinn), nicht aber die Nahsinne Schme-
cken und Riechen angesprochen" würden (vgl. Pfammatter 1998: 10). Eine Dif-
ferenzierung der Begriffe ,,Neue Medien" und ,,Multimedia" gelinge seines Erach-
tens, indem man die ,,Digitalisierung" als ein Kriterium definiere und somit unter
Neuen Medien alle Verfahren zusammenfasse, die durch die digitale Verarbeitung
ermöglicht würden. Multimedia sei demnach also als eine Form der Neuen Medi-
en zu verstehen
7
und gekennzeichnet durch die Integration von Medien mittels
der digitalen Technik. Ein entscheidender Aspekt sei jedoch die ,,Interaktivität".
Dieser Begriff meine im Wesentlichen zwei Dinge: Zum einen führe jede bewuss-
te ,,Objektmanipulation" durch den Nutzer zu einer Reaktion der Applikation,
zum anderen sei der Nutzer nicht nur Empfänger, sondern durch entsprechende
Rückkanäle auch potentieller Sender. Er kommt zu dem Schluss, dass Multimedia
,,interaktive, digitale Medienintegration" bedeute.
In demselben Band geben zwei weitere Autoren ihre Sicht von Multimedia wie-
der. Unter dem Titel ,,Multimedia ist Multikode" beschäftigt sich Doelker (1998:
37) mit grammatikalischen Regeln für den Aufbau einer multimedialen Anwen-
dung. Multimedia in seiner ursprünglichen Bedeutung ist für ihn die gleichzeiti-
ge Präsentation verschiedener Stimuli mittels Film und/oder Diaprojektoren auf
Veranstaltungen. Seiner Ansicht konnte man damals schon von einem ,,integra-
tivem Aspekt der verschiedenen Medienfacetten" sprechen, die Darbietungen sei-
en allerdings unidirektional angelegt gewesen, dass heißt, es gab eine einkanali-
ge Sender/Empfänger-Beziehung. Erst mit der Entwicklung des Computers könn-
ten alle Stimuli auf einer Plattform wiedergegeben werden. Der Computer ermög-
liche mittels des Bildschirms die Wiedergabe ,,komplexer Texte"
8
, die aus ,,Bild-
Wort-Ton" zusammengesetzt seien. Gleichzeitig könnten die Optionen des Nut-
zers im Sinne von Interaktivität einbezogen werden. Als einziges Beispiel nennt er
allerdings nur die Möglichkeit des Rezipienten, die Reihenfolge der Rezeption zu
bestimmen. Multimedia in dieser Sicht ist also die ,,Wiedergabe komplexer Gefü-
ge aus Bild-Wort-Ton auf der Computerplattform, die dem Nutzer die Möglichkeit
der Steuerung der Rezeption ermöglicht" (ebd.: 37).
Die Integration verschiedener Medien auf einer Plattform stellt auch Joachim
Hasebrook (1998: 101) in den Mittelpunkt seiner Definition. Er differenziert je-
doch zwei Sichtweisen, die technische und die psychologische. Die technikorien-
tierte Beschreibung des Begriffes versucht dabei, ohne die Betrachtung der Wahr-
nehmungsprozesse und der kognitiven Verarbeitung auszukommen und definiert
7
Für Pfammatter (vgl. 1998: 11) sind die meisten neuen Medien vordergründig Übertragungssysteme und eher im tech-
nischen Sinne Medien, also bloße (Übertragungs-)Mittel der Kommunikation. Sie stehen bestenfalls gerade am Anfang
ihrer Evolution hin zu einer sozialisierten und institutionalisierten Größe im Informationshaushalt der Gesellschaft.
8
Doelker (vgl. 1998: 37) spricht von ,,Text" als ,,Gewebe, Geflecht", abgeleitet vom Lateinischen ,,textum".

Multimedia ­ auf Basis der wissenschaftlichen Defi nitionen
-
12
-
eine multimediale Anwendung als eine Computerapplikation, die neben Bild und
Text mindestens ein zeitabhängiges Medium beinhalte, wobei sie Möglichkeiten
zur direkten Beeinflussung des Programmablaufes biete. Aus Sicht der Psycho-
logie und unter Verwendung der disziplinären Begrifflichkeiten sei Multimedia
ebenfalls gekennzeichnet durch eine ,,vom Lernenden
9
unmittelbar beeinflussba-
re Computeranwendung [...]". Den Medienbegriff erweitert er allerdings insoweit,
als dass er von Informationen spricht, die durch mehrere Symbolsysteme vermit-
telt würden. Diese Symbolsysteme seien bildlich-analog oder sprachlich-sequenti-
ell und sprächen dabei verschiedene Sinne an (vgl. ebd.: 103).
Klaus Schrape (1998: 21) fügt dieser Differenzierung zwischen technikorien-
tierter und inhaltsorientierter (bzw. nutzenorientierter) noch eine weitere Be-
trachtungsweise hinzu. In technischer Hinsicht diene ,,Multimedia" vor allem als
,,Übergriff für verschiedene technologische Entwicklungen, die zu einer einheit-
lichen Nutzungsplattform [...] konvergieren" (ebd.: 22). Der Nutzer erhalte da-
durch eine ,,multimedial integrierte und interaktive Schnittstelle". In Bezug auf
den Inhalt bzw. Nutzen beziehe sich Multimedia vor allem auf die technologisch
bedingte Veränderung in Hinblick auf die Arbeit aller publizistisch tätigen Pro-
gramm-/Dienstanbieter. Die dritte Dimension beinhalte die eher vertriebsorien-
tierte Sicht des Begriffes und würde überwiegend mit dem Begriff ,,elektronischer
Kiosk/Marktplatz" bezeichnet. Nach Schrapes Ansicht sind dies die drei Ausgangs-
punkte, aus denen heraus der Gesamtkontext ,,Multimedia" betrachtet werde.
Sie machten den Multimedia-Begriff zu einem ,,Musterbeispiel an Mehrdeutig-
keit", bewegten sich dabei aber im Gesamtfeld der neuen digitalen Medien.
10
Er
schließt seine Betrachtungen mit der These, bei Multimedia handele es sich um ei-
nen ,,Oberbegriff zur Bezeichnung verschiedener emergenter Formen soziotechni-
scher Systeme (Medien genannt) mit der Funktion, die in komplexen (Welt-)Ge-
sellschaften zunehmenden Unwahrscheinlichkeiten (erfolgreicher) Kommunika-
tion zu reduzieren"(ebd.).
Diese These ist einer der letzten Versuche, den Begriff ,,Multimedia" in einer
sozialwissenschaftlich definitorischen Form zu fassen und zu beschreiben. Sie ist
aufgrund der systemtheoretischen Modellierung sehr weit gefasst. Publikationen
der darauf folgenden Jahre vermeiden die genaue Einordnung und verwenden
den Begriff selbst nur noch in zweierlei Weise: Zum einen in Titeln wie z.B. ,,Zu-
kunft Multimedia" (Wilke 1999: 751)
11
, ,,Multimedia-Verwaltung" (Kubicek et al.
1999)
12
oder ,,Den Märkten auf der Spur: Prognosen zur Entwicklung von Tele-
kommunikation und Multimedia" (Rock/Witt 2000: 79). Zum anderen in den Tex-
ten selbst, in denen vom ,,Multimedia-Terminal" (Meckel 2000: 19), ,,Multimedia-
9
Die Verwendung des Begriffes ,,Lernender" ist zurückzuführen auf den thematischen Schwerpunkt des zugrundelie-
genden Aufsatzes, der sich mit den Möglichkeiten von Multimedia im pädagogischen Einsatz unter Berücksichtigung
der Wirkung der verwendeten Medien beschäftigt.
10
Schrape (vgl. 1998: 22f.) schlägt eine systematische Strukturierung des Gesamtfeldes vor, um alle Marktsegmente und
Begriffe in einem Schema zu verorten. Diese Systematisierung im einzelnen zu erläutern erscheint aber im Hinblick auf
die Einordnung und Beschreibung des Begriffes ,,Multimedia" nicht sinnvoll.
11
Eine Wiederholung der Definition, die er bereits 1996 angeboten hatte (vgl. Wilke/Imhof 1996: 9).
12
Titel des Jahrbuches ,,Telekommunikation und Gesellschaft 1999"

Multimedia ­ ein mediales Angebot kann alles
-
13
-
Akzeptanz" (Schrape 2001: 18) oder ,,Multimediamarkt" (Rock/Witt 2000: 85) die
Rede ist. Darüber hinaus finden heutzutage Begriffe, die bereits in den oben be-
schriebenen Definitionsansätzen als Kriterium der Einordnung genannt wurden,
Verwendung als isolierter Forschungsgegenstand oder als Schlagwort
13
, hier insbe-
sondere der Begriff ,interaktiv`.
In den folgenden Jahren werden also Begriffen wie ,,interaktiven Medien" oder
,,Internetkommunikation" ähnliche Eigenschaften wie vormals ,Multimedia` zu-
gewiesen. Man vermeidet es scheinbar, den umstrittenen Begriff selbst zu verwen-
den. In den Definitionen zeigt sich dabei keine Entwicklung hin zu einem ge-
meinsamen Begriffsverständnis. Einmal erfolgt die Betrachtung aus der Perspek-
tive der Nutzer, dann aus Sicht der Produzenten und eine weitere Perspektive be-
trachtet das mediale Angebot Multimedia in seinen Erscheinungsformen. Schrape
(vgl. 1998: 21) weist daraufhin und seine Definition ist entsprechend weit gefasst.
Multimedia bedeute jede neue Form eines ,,soziotechnischen Systems".
Eine trennscharfe Einordnung des Begriffes existiert offenbar nicht und folglich
auch keine Möglichkeit der isolierten Analyse. Dies scheint aber die Entwicklung
von Prognosen und die Zuweisung von Potentialen nicht zu behindern und diese
insgesamt dem Begriff ,Multimedia' zuzuordnen.
1.1.3 Multimedia ­ ein mediales Angebot kann alles
,,Multimedia ­ Fluch oder Segen?" Unter dieser Überschrift diskutierte Theo
Sommer in den Bertelsmann-Briefen das Mehr oder Weniger an Verständnis der
Welt, Kultur und Demokratie, das die ,,Multimedia-Welt" bringt (vgl. Sommer
1996: 5).
Die Diskussion über die Vor- und Nachteile einer Entwicklung nimmt zu und ist
dabei eng verknüpft mit einem Begriff, der nicht genau definiert ist. Unter ,,Neuen
Medien" werden Computer, Internet und Multimedia zusammengefasst (vgl. Baa-
cke 1997: 23) oder ,,neue Möglichkeiten elektronischer Informations- und Kom-
munikationstechnologien, die Charakteristika wie Interaktivität, Verknüpfung
von Daten, Bild und Ton sowie Multifunktionalität aufweisen" (Rein, von 1996:
11) verstanden. Die ,,neuen, interaktiven Medien ­ das Internet und zahlreiche
Varianten computerbasierter Kommunikationsformen" (Berghaus 1999: 31) wer-
den als neue Herausforderung betrachtet, und unter dem Titel ,,Interaktive Medi-
en und der Wandel in der Mediennutzung" wird die ,,Multimedia-Aktzeptanz" der
Bevölkerung betrachtet (vgl. Schrape 2001: 18).
Multimedia ermögliche neue Formen der Bildung. ,,Multimediale Lehr- und
Schulungsprogramme" würden es z.B. der Wirtschaft erlauben, Ausbildungsinhal-
te dezentral abzurufen und auf den individuellen Aus- und/oder Weiterbildungs-
bedarf zuzuschneiden. Dadurch entfielen Anreise und Ausfallzeiten der Mitarbei-
13
Beispiele hierfür sind u.a. Schrape 2001: Interaktive Medien und der Wandel der Mediennutzung; Groebel 2001: Neue
Medien - Neues Lernen.

Multimedia ­ ein mediales Angebot kann alles
-
14
-
ter, das ,,Wissen" könne darüber hinaus schnell und in hoher Qualität verbreitet
werden (vgl. Booz, Allen & Hamilton 1997: 37). Das Lehrmaterial biete im Ver-
gleich zum Präsenzunterricht mehr Individualität und Flexibilität für den Nut-
zer (vgl. Jechle 2001: 63). Der Nutzer hätte so die Möglichkeit, sich mit multime-
dialen Angeboten selbst fortzubilden, d.h. er könne zeitunabhängig und unter
Berücksichtigung seiner persönlichen Präferenzen entsprechende Angebote aus-
wählen und rezipieren.
Im Unterhaltungssektor würden Computerspiele auf CD-ROM die Rezeption fil-
mischer Sequenzen ermöglichen und könnten auch als Vorform des interaktiven
Fernsehens angesehen werden. Einige Titel integrierten den Nutzer dabei, er füh-
le sich als aus der ,,Ich"-Perspektive handelnde Figur als ein Teil des Geschehens
(vgl. Krotz 1995: 457) und mache ihn unabhängiger in Bezug auf seine Freizeitge-
staltung, da der Rechner als Gegner oder Mitspieler fungiere.
Das digitale Fernsehen
14
, ein Oberbegriff für neue Fernsehtechnologien, wird
dabei in einem Atemzug mit Multimedia genannt. Mittlerweile regional in Ber-
lin eingeführt bietet es die Möglichkeit der Ausweitung des bisherigen Program-
mangebotes durch zusätzliche Kanäle mit der Möglichkeit des zeitversetzten Se-
hens. Der Zuschauer ist nicht mehr abhängig von der Sendezeit. Digitales Fernse-
hen liefere allgemein die Basistechnologie für weitere Formen wie z.B. das inter-
aktive Fernsehen mittels Set-Top-Boxen, auch ein Teil der ,,Multimedia-Marktare-
na", das weit über das individualisierte Fernsehangebot hinausgehe (vgl. Werner/
Becker 1997: 96; Booz, Allen & Hamilton 1997: 42).
Das Internet als Unterhaltungsmedium ist ein weiterer Aspekt, den die wissen-
schaftliche Diskussion aufgreift. Die weltweite Vernetzung von Rechnern bie-
te dem Nutzer die Möglichkeit, an MUDs
15
zu partizipieren, Radiosender z.B. in
Form von Spartenkanälen zu empfangen, Filme oder deren Trailer anzusehen und
an Chats oder Newsgroups teilzunehmen. Einige dieser Angebote könne man da-
bei nur online nutzen, andere hingegen, wie z.B. Videos, könne der Nutzer herun-
terladen und offline rezipieren.
16
Zeitpunkt und Dauer der Rezeption bleibe dabei
unter der Kontrolle des Nutzers und biete ihm mehr Unabhängigkeit.
Multimedia verändere auch die Möglichkeiten der Produktion, Verteilung und
Rezeption von Informationen. Datenbanken auf CD-ROM würden einen schnel-
leren Zugriff auf gesuchte Informationen in lexikalischen Publikationen ermög-
lichen, die z.B. noch durch Videos illustriert werden können. Weitere Anwen-
dungsgebiete seien Kataloge, Stadt- und Fahrpläne, sogar Navigationssysteme (vgl.
Werner/Becker 1997: 94). Neben der privaten Nutzung auf dem heimischen PC
setzten viele Unternehmen mittlerweile Informationsterminals ein. In Bezug auf
das Internet als Informationsquelle stelle das WWW eine riesige Datenbank für je-
den dar.
14
Dieser Begriff meint nicht einen Pay-Per-View Anbieter wie z.B. in Deutschland ,,Premiere".
15
MUD = Multi-User-Dungeon;
16
vgl. hierzu: Weischenberg 1998: 56; Booz, Allen & Hamilton 1997: 44f.;

Multimedia ­ ein mediales Angebot kann alles
-
15
-
Eine weitere Funktion multimedialer Angebote sei eine Ausweitung der
Kommunikationsmöglichkeiten. Chatrooms und Newsgroups könnten der Un-
terhaltung dienen, sie erweiterten somit aber auch die Kommunikationsmöglich-
keiten des Einzelnen. Instant-Messaging-Systeme wie ICQ
17
machten den Benut-
zer des WWW zum stets erreichbaren Kommunikationspartner. EMail biete die
kostengünstige und schnellere Alternative zur Briefpost mit der Möglichkeit, Do-
kumente, Videos und Bilder zu versenden. Die Kommunikation würde dadurch
grenz- und kulturübergreifend, und sie könne sowohl interpersonal als auch in
Form einer Gruppenkommunikation stattfinden (vgl. Krotz 1998: 117). Darüber
hinaus bestehe für den Nutzer die Möglichkeit, eine andere, virtuelle Persönlich-
keit zu konstruieren und somit einerseits anonym zu bleiben, andererseits jedoch
ein anderes ,,Ich" als Kommunikationspartner anzubieten (vgl. ebd.: 131; Berg-
haus 1999: 50).
Alle diese Möglichkeiten in Bezug auf Bildung, Unterhaltung, Information und
Kommunikation existieren dabei aus Sicht der verschiedenen Autoren nebenein-
ander und können auch parallel genutzt werden.
Diesen positiven Potentialen stehen jedoch auch Prognosen möglicher negati-
ver Auswirkungen gegenüber. Viele der neuen Möglichkeiten von Multimedia be-
inhalten nach Ansicht der Autoren Gefahren, sowohl für den Einzelnen als auch
für die Gesellschaft.
In Bezug auf die Nutzung von multimedialen Angeboten könne es zu einer neu-
en Wissenskluft zwischen Jung und Alt, Männer und Frauen, Technikfans und -
skeptikern, Finanzstarken und -schwachen und Gebildeten und Ungebildeten
kommen. In der Diskussion taucht der Begriff der ,,sozialen Schranken" auf, die
es zwischen den Medien-Kompetenten und -Inkompetenten, den ,,Haves" und
,,Have-Nots" geben werde (vgl. Berghaus 1999: 31).
Das WWW biete z.B. jedem die Möglichkeit, eine eigene Homepage zu erstellen
und einem (fast) unbegrenzten Empfängerkreis zur Verfügung zu stellen. Was zu-
nächst positiv erscheint, lässt jedoch eine weitere These entstehen: Multimedia
hat das Potential, das bisherige Massenmedienmodell ungültig werden zu lassen,
da ,,Sender", ,,Medium" und ,,Empfänger/Publikum" demontiert werden. Anbie-
ter und Nutzer können potentiell gleichberechtigte Kommunikationspartner sein
(vgl. dies. 1997: 77). Dies berge folglich die Gefahr einer Nichtüberprüfbarkeit von
Informationen, da deren eigentliche Quelle nicht mehr auszumachen bzw. für un-
versierte Benutzer nicht mehr festzustellen sei. Es entstehe so eine ,,Zuverlässig-
keitskluft" durch Probleme bei der Zurechenbarkeit und der Interpretation von In-
formationen (vgl. Ludes/Schütte 1997: 60).
Durch die Anonymisierung der Informationsproduktion und die geringen Kos-
ten steige die Gefahr, dass schädliche Inhalte wie Kinderpornographie und Rechts-
radikalismus unkontrolliert verbreitet werden können. In wirtschaftlicher Hin-
sicht habe die unkontrollierte Verbreitung von Raubkopien der Software-, Musik-
17
Nähere Informationen zu ICQ (Sprich: I-seek-you) unter: ,,http://www.icq.org";

Wissenschaft und Multimedia ­ eine Zusammenfassung
-
16
-
und Filmindustrie defizitäre Auswirkungen für die betroffenen Firmen (vgl. Him-
melein 2002: 80).
Nicht zuletzt sorge die weltweite Vernetzung dafür, dass zwar jeder Inhalte pu-
blizieren könne, jedoch gleichzeitig die Menge der zur Verfügung stehenden In-
formationen stetig wachse. Begriffe wie ,,Internetsucht" und ,,Informationsüber-
flutung" greifen um sich und prägen das Bild vom ,,Lost in Hyperspace" (vgl. Berg-
haus 1999: 31). Dem gegenüber existiert aber auch das Bild des Nutzers, der sich
durch eine sehr spezifische Auswahl zu einseitig informiere und sich so gesell-
schaftlich isoliere (vgl. Goedhart/Künstner 1995: 17).
Die Personen, die an Chats teilnehmen und/oder an internetbasierten Compu-
terspielen, deren Kommunikationspartner also über die Welt verteilt sind bewer-
teten diese neuen Möglichkeiten mit hoher Wahrscheinlichkeit positiv. Betrach-
te man die interpersonale Komunikation aber näher, so werde sie durch die Zu-
nahme der Möglichkeiten und das Verschwinden bisher stabiler und sich wie-
derholender Verhaltensabläufe im Rahmen fester, alltäglicher Interaktionsnetze
notgdrungen flüchtiger. Die Genres der persönlichen Kommunikation lösten sich
auf und vermischten sich mit standardisierten Kommunikationsformen, es ent-
ständen Orientierungsprobleme seitens des Nutzers (vgl. Krotz 1998: 128). Anders
formuliert: Die ,,virtuelle Realität" werde die ,,wirkliche" Realität ersetzen, Zeit-
und Ortsbindungen gingen verloren, die Mensch-Maschine-Kommunikation wer-
de die ,,echten" Beziehungen zwischen Menschen stören bis zerstören (vgl. Berg-
haus 1999: 31).
Diese Aufzählung der Wirkungspotentiale von Multimedia im Unterhaltungs-,
Informations- und Wirtschaftsektor macht deutlich: Multimedia wird als omnipo-
tentes mediales Angebot hinsichtlich seiner Wirkung auf alle Teilbereiche der Ge-
sellschaft gesehen.
Trotz eines unterschiedlichen Begriffsverständnisses
18
innerhalb der wissen-
schaftlichen Diskussion wird Multimedia das Potential zugewiesen, die kommu-
nikativen Möglichkeiten des Individuums in positiver und/oder negativer Hin-
sicht zu verändern und einen gesellschaftlichen Wandel herbeizuführen.
1.2 Wissenschaft und Multimedia ­ eine Zusammenfassung
Der Mensch als kognitives System lebte und lebt ständig in einer Multimedia-
Welt. Das ist die Aussage, die man treffen muss, sobald man den Begriff Multi-
media in Hinblick auf seine Wortbestandteile aus kommunikationswissenschaft-
licher und technisch-naturwissenschaftlicher Sicht einordnet (vgl. Kapitel 1.1.1).
Multimedia ist also nichts Neues, sondern bezeichnet verkürzt nur die Tatsache,
dass der Mensch als kognitives System mehrere Symbolsysteme (Perzeptionsme-
dien) parallel nutzt, bzw. dass ein multimediales Angebot ihm diese Möglichkeit
18
Multimedia, bzw. das, was implizit als solches bezeichnet wird.

Systematisierung der Betrachtungen - die Suche nach Gemeinsamkeiten
-
17
-
jetzt auf dem Rechner bietet. Die Möglichkeit der parallelen Nutzung von Perzep-
tionsmedien ist aber nicht neu, ebenso wenig wie die Verwendung mehrerer Dar-
stellungsräume bzw. ­werte. Neue Erklärungen für die Probleme bei der Nutzung
von multimedialen Angeboten lassen sich auf Basis der Wortbestandteile nicht
finden. Es erscheint vielmehr sinnvoll, traditionelle Ansätze der Rezeptionsfor-
schung zur Analyse der Probleme heranzuziehen.
Die verschiedenen wissenschaftlichen Definitionen entwickeln über den be-
trachteten Zeitraum hinweg auch kein einheitliches Begriffsverständnis. Sie ver-
meiden seine Verwendung (Krotz: ,,Marketing-Begriff") oder verwenden den nicht
definierten Begriff zur Beschreibung selbst (Schrape: ,,multimedial integrierte, in-
teraktive Schnittstelle").
19
Während die einen noch nach einer Definition suchen,
sieht Krotz die Entstehung eines ,,elektronisch mediatisierten Kommunikati-
onraumes" durch ,,digitalisierte computervermittelte Kommunikation". Booz, Al-
len & Hamilton sprechen von der Integration von Medientypen, bei Wilke/Imhof
hingegen verschmelzen Pezeptionsmedien und deren Anwendungsbereiche. Am
Ende steht scheinbar die Resignation. Es verstärkt sich der Eindruck, dass es sich
bei Multimedia schlicht um ,etwas' Neues handelt, das mit Computern und dem
Internet zu tun hat. Dieses sehr breit gefächerte Verständnis wird deutlich in der
Definition Schrapes, der Multimedia als jede neue Form eines soziotechnischen
Systems beschreibt.
Auf dieser Basis, die für eine gezielte Untersuchung mit Blick auf die Probleme
der Nutzung nicht geeignet ist, wird Multimedia in Hinblick auf die gesellschaft-
lichen Auswirkungen einer Nutzung omnipotent. Die Möglichkeiten sind unbe-
grenzt, die Nutzung ist für jeden möglich. Es findet zwar eine Differenzierung zwi-
schen ,,Haves" und ,,Have-Nots" statt, doch die Gründe für eine Einteilung sind
vielfältig: Geschlechtlich, ökonomisch, demographisch oder intellektuell. Vor ei-
ner genauen Identifizierung des Begriffes werden Multimedia umfassende Auswir-
kungen bezogen auf die Gesellschaft zugewiesen. Die Frage ist, ob diese Aussagen
begründet sind.
Bevor man Antworten auf die Frage nach der Wirkung eines medialen Angebo-
tes und den Gründen für die Probleme bei der Nutzung erhalten kann, muss man
zunächst das Medium selbst definieren. Erst dann lassen sich Nutzer bzw. Nicht-
Nutzer und auch Gründe für die Probleme bei der Nutzung identifizieren.
1.3 Systematisierung der Betrachtungen - die Suche nach
Gemeinsamkeiten
Wie ist der Begriff selbst einzuordnen? Eine nähere Betrachtung der sozialwis-
senschaftlichen Abhandlungen könnte Merkmale aufzeigen, die über die Feststel-
lung einer Parallelität in der Mediennutzung hinausgehen. Uwe Golz beschreibt
19
Hierzu und zu den folgenden Ausführungen vgl. Kapitel 1.1.2;

Systematisierung der Betrachtungen - die Suche nach Gemeinsamkeiten
-
18
-
in den Bertelsmann-Briefen in überzogener Form den Begriff und zählt dabei eini-
ge Eigenschaften auf, die Autoren Multimedia zuschreiben.
"Damals wie heute aber gilt: schneller, höher, weiter ­ und mehr Mehr.
Mehr Farbe, mehr Töne, mehr Bewegung, mehr Bilder, mehr Speicher-
platz, mehr Information ­ aber alles zusammen, aus einem Guß. Mit ei-
nem Wort: Multimedia." (Golz 1997: 62)
Anhand dieser Aufzählung soll nun die Überprüfung der sozialwissenschaftli-
chen Definitionen daraufhin erfolgen, was wirklich ,neu' an Multimedia ist. Die
verschiedenen Definitionen werden in der Reihenfolge der metaphorischen Be-
schreibung gegenübergestellt und auf Übereinstimmungen in Bezug auf zentra-
le Merkmale hin überprüft. Ziel ist die Herausarbeitung und Bewertung zentraler
Begriffe bzw. Merkmale für eine Meta-Beschreibung von Multimedia auf der Ba-
sis von begrifflichen Äquivalenzen. Das Ergebnis liefert vielleicht schon einen An-
satz für die Erklärung der Nutzungsprobleme und die Zuweisung eines umfassen-
den Potentials.
Golz beginnt mit dem, was wir als Rezipienten über unsere Sinne aufnehmen.
Sein Ruf nach dem jeweiligen ,,mehr" deutet das an, was die verschiedenen Auto-
ren als ein Kennzeichen definieren, nämlich die ,,Verschmelzung von bisher ge-
trennten Kommunikationstechniken", ,,integrative Verwendung von verschie-
denen Medientypen", ,,integrierte Verwendung von Elementen kontinuierlicher
und diskreter Medien", ,,Wiedergabe komplexer Texte", ,,Integration verschiede-
ner Medien" und ,,verschiedene emergente Formen soziotechnischer Systeme".
20
In Hinblick auf das Medienbegriffsverständnisses ist hier ein Problem erkenn-
bar, auf das bereits in verschiedenen Aufsätzen hingewiesen wurde. Die Verwen-
dung des zentralen Begriffes ,Medien' für rein technische Artefakte und soziokul-
turelle Institutionen gleichzeitig wurde schon von mehreren Autoren kritisch ge-
sehen (vgl. Schmid/Kubicek 1994: 403; Weischenberg 1998: 51; Rössler 1998: 19).
Für eine Systematisierung der verschiedenen Definitionen ist es daher notwendig,
den zugrunde liegenden Medienbegriff zu berücksichtigen.
Die Einordnung kann dabei anhand der Differenzierung in Medien erster und
Medien zweiter Ordnung erfolgen (vgl. Weischenberg 1998: 51). In diesem Zusam-
menhang sind Medien erster Ordnung Techniken ohne Hintergrund und Organi-
sation. Beispiele dafür sind Telefon, Telefax oder auch das WWW (vgl. Schmid/
Kubicek 1994: 402).
21
Dieser Medienbegriff beschreibt die technologische Basis,
das ,,Wie" der Verbreitung. Soziale Institutionen wie Massenmedien sind hinge-
gen Medien zweiter Ordnung, die in diesem Sinne ,,Inhalte" für einen mehr oder
weniger definierten Nutzerkreis verarbeiten. Sie selektieren, strukturieren und prä-
20
Vgl. Kap. 1.1.2;
21
Beim WWW handelt es sich definitiv um einen organisierten (weil geplanten und kontrollierbaren) Dienst des Internets.
Nähere zu Aufbau und Funktionen des Internets unter: http://zeus.fh-brandenburg.de/~inho/lehre/internet/V_I_F_
A.html. [Stand: 20.09.2002]

Systematisierung der Betrachtungen - die Suche nach Gemeinsamkeiten
-
19
-
sentieren Aussagen auf der Grundlage sozial konsentierter Wirklichkeitsmodelle
(vgl. Kubicek/Schmid/Wagner 1997: 34; Weischenberg 1998: 51).
Die Verwendung der Begriffe Medientypen, Elemente bzw. Texte und die Unter-
scheidung der Medien in Bezug auf die zeitliche Dimension lässt den Schluss zu,
dass sich die überwiegende Zahl der Autoren bei der Betrachtung von Multime-
dia eher an der Beschaffenheit der Medien als an ihrer Funktion orientiert. Das
heißt, die Betrachtung der Medien im technischen Sinne überwiegt, jedoch nicht
als technologische Basis der Verbreitung (siehe oben), sondern in Hinblick auf das
Medium als Symbolsystem.
Dieser symbolische Medienbegriff deckt sich mit den Vorüberlegungen zum Me-
dienbegriff in technisch-naturwissenschaftlicher Hinsicht.
22
Man kann also bei
den Definitionen von Booz, Allen & Hamilton, Pfammatter, Doelker und Hase-
brook in Hinblick auf den Medienbegriff von Perzeptionsmedien sprechen, die
von Medien zweiter Ordnung sozusagen produziert und mittels Medien erster
Ordnung distribuiert werden.
Schrape hingegen verwendet den Begriff der ,,soziotechnischen Systeme" und
ergänzt in Klammern ,,auch Medien genannt". Neu an seiner These ist, dass er
neue (,,emergente") Formen dieser organisierten Systeme der Aussagenproduktion
unter dem Oberbegriff ,,Multimedia" zusammenfasst. In Hinblick auf den zugrunde
liegenden Medienbegriff lässt sich dieser den Medien zweiter Ordnung zuordnen.
Er weist starke Ähnlichkeit zu funktionalen Beschreibungen von (Massen-)
Medien im Allgemeinen auf, die je nach Definition der Komplexitätsreduktion,
der Selbstbeschreibung oder der Selbstbeobachtung dienen (vgl. hierzu Kubicek/
Schmid/Wagner 1997: 36).
Die Verwendung des Begriffes der ,,Kommunikationstechnik" bei Wilke ist irri-
tierend. Wenn alle ,,Mittel der Kommunikation" miteinander ,,verschmelzen", so
wie er es formuliert, sind damit alle Medien, erster und zweiter Ordnung sowie
symbolische Medien eingeschlossen. Er spricht ferner im Kontext der ,,Integrati-
on" von Unterhaltungselektronik; in Bezug auf den technischen Medienbegriff
kann diese ,,Unterhaltungselektronik" selbst schon die Präsentation integrierter
Medien wie Video und Audio beinhalten. Überspitzt formuliert und auf Basis des
technisch-naturwissenschaftlichen Medienbegriffes spricht er von der Integrati-
on bereits integrierter Medien. Darüber hinaus nennt er verschiedene Formen der
Sinnesstimulation (Audio, Video) und nimmt somit auch Perzeptionsmedien in
seine Betrachtung mit auf. Daher kann bei diesem Definitionsangebot keine ge-
naue Zuordnung bzgl. des Verständnisses des Medienbegriffes erfolgen, da der Me-
dienbegriff nicht verständlich wird.
Krotz dagegen macht deutlich, was er unter der Integration von Medien ver-
steht. So spricht er zunächst von Wahrnehmungskanälen, also Perzeptionsmedi-
en. Danach weist er jedoch darauf hin, dass auch Medien erster Ordnung, die er
als ,,bisher getrennte Einzelmedien" bezeichnet, integriert werden.
22
Vgl. Kapitel 1.1.1

Systematisierung der Betrachtungen - die Suche nach Gemeinsamkeiten
-
20
-
Die verschiedenen Positionen hinsichtlich des Begriffsverständnisses der Inte-
gration von Medien lassen sich wie folgt zusammenfassen (vgl. Grafik 1):
Mit dem Wort ,,Speicherplatz" wird von Golz eine weitere Eigenschaft angedeu-
tet. Einige Autoren führen übereinstimmend die ,,Digitalisierung"
23
als Merkmal
für Multimedia an: Die Möglichkeit der Umwandlung analoger Daten in binäre
Zeichen aus 0 und 1 machte Multimedia erst möglich. Krotz, Schrape und Booz,
Allen & Hamilton verwenden explizit diesen Begriff und sehen in ihm die Basis
für die verschiedenen Anwendungsmöglichkeiten, die sie wiederum different be-
schreiben (vgl. Krotz 1995: 445; Booz, Allen& Hamilton 1997: 29). Pfammatter
(vgl. 1998: 10) hingegen benutzt die Digitalisierung als Kriterium für die Einord-
nung des Begriffes ,,Multimedia" unter dem Sammelbegriff ,,Neue Medien". Die-
se Einordnung erscheint sinnvoll und soll im Folgenden weiterverwendet werden.
Unter dem Begriff "Neue Medien" sind also alle Verfahren zusammengefasst, die
durch die digitale Verarbeitung ermöglicht wurden. ,,Multimedia" als eines der
Verfahren bzw. Angebote wurde durch die Digitalisierung ermöglicht und somit
kann diese auch nach Pfammatter als Basistechnologie aufgefasst werden. Die For-
mulierung ,,neue digitale Medien" (Schrape 1998: 22) ist dann in diesem Zusam-
menhang verwirrend und vermeidbar, wenn man bei Neuen Medien immer von
der Verwendung digitaler Verfahren ausgehen würde.
Andere Beschreibungen verwenden hingegen Begriffe wie ,,Computertechnik"
(Wilke/Imhof 1996: 9; Wilke 1999: 751), ,,Computerplattform" (Doelker 1998: 37)
oder ,,Computeranwendung" (Hasebrook 1998: 103). Im Hinblick auf die Tatsa-
che, dass ein Computer nur digitale Daten verarbeiten kann,
24
stimmen sie durch
die Verwendung dieser Begriffe wohl implizit mit den oben genannten Autoren
überein. Somit weisen alle Autoren im Hinblick auf Multimedia ex- oder impli-
zit daraufhin, dass ein multimediales Angebot in Form digitaler Daten vorliegen
muss und zeigen so schon ein Kriterium auf, das diesen neuen Multimedia-Begriff
von dem in Kapitel 1.1.1 beschriebenen trennt (vgl. Grafik 2).
Diese technische Voraussetzung der Digitalisierung ermöglicht erst die nach An-
sicht von Pfammatter wichtigste Eigenschaft von Multimedia, die im ersten Kapi-
23
Wilke (vgl. 1996: 9) erläutert sein Verständnis der ,,Integration von Computertechnik"detaillierter in einem anderen
Aufsatz, in dem er die ,Digitalisierung' ebenfalls als Grundlage definiert (vgl. Wilke 1999: 751).
24
Der Begriff der Digitalisierung wird im Kapitel 1.4.1 noch näher betrachtet.

Systematisierung der Betrachtungen - die Suche nach Gemeinsamkeiten
-
21
-
tel hinsichtlich der Definition auf kommunikationswissenschaftlicher und tech-
nisch-naturwissenschaftlicher Basis ebenfalls keine Erwähnung fand: Die Mög-
lichkeit zur Interaktion durch den Nutzer. Sie ist aber, nicht nur durch die Unklar-
heit in Bezug auf den Begriff der ,,Interaktivität" (vgl. Pfammatter 1998: 12), auch
bei den Autoren unterschiedlich definiert. Im Wesentlichen kann man zwei Be-
schreibungen differenzieren, die sich durch die Möglichkeiten der Einflussnahme
durch den Nutzer unterscheiden.
Krotz versucht den Begriff der Interaktivität zu vermeiden, er spricht insgesamt
von einer ,,Zunahme der kommunikativen Möglichkeiten im elektronisch medi-
atisierten Kommunikationsraum" und fügt hinzu ,,alles wird eben ,interaktiver'."
(vgl. Krotz 1995: 455). Gemeint ist damit, dass restriktive Komponenten wie tech-
nische Abhängigkeit und die programmbedingten Einschränkungen durch exten-
sive Komponenten wie z.B. eine Abnahme der zeitlichen und räumlichen Abhän-
gigkeit gegenüber der Face-to-Face-Kommunikation mehr als kompensiert wer-
den. Der Nutzer erhält so die Möglichkeit, nicht nur kommunikative Inhalte auf-
zunehmen, sondern auch zu reagieren. Er kann sowohl senden als auch empfan-
gen. Dabei hat er die Möglichkeit, nicht nur mit dem Rechner bzw. der Anwen-
dung zu interagieren (Multimedia-Anwendung = Interaktionspartner), sondern
darüber hinaus mittels des Rechners/der Anwendung mit anderen Nutzern zu
kommunizieren (Multimedia-Anwendung = Interaktionsmittel).
Die multimediale Anwendungen als Interaktionsmittel wird auch von Booz, Al-
len & Hamilton, Pfammatter und Wilke/Imhof als Charakteristikum angegeben,
wobei letztere nur von neuen ,,Angebots- und Nutzungsformen" im Gesamtkon-
text der Verschmelzung der Kommunikationstechniken sprechen (vgl. Wilke / Im-
hof 1996: 9; Wilke 1999: 551).
Bei Doelker und Hasebrook ist eine multimediale Anwendung im Sinne eines In-
teraktionspartners definiert. Die Verwendung von Formulierungen wie ,,Bestim-
mung der Reihenfolge der Rezeption" (Doelker 1998: 38) und ,,Beeinflussung des
Programmablaufes" (Hasebrook 1998: 103) deuten eindeutig darauf hin.
Schrape (vgl. 1998: 22) spricht hingegen nur im Zusammenhang der technikori-
entierten Sichtweise von Multimedia von einer ,,interaktiven Schnittstelle" (ebd.),
erläutert sein Verständnis allerdings diesbezüglich nicht näher. Inhaltsorientiert
dient die Multimedia-Anwendung als ,,Partner" bei der Distribution von Infor-
mationen. Dies würde dem Begriff des Interaktionspartners entsprechen. In der
vertriebsorientierten Sichtweise finden sich die Begriffe ,,Kiosk" und ,,Marktplatz"

(Er-)Klärung der Begriffl ichkeiten
-
22
-
(ebd.), die wiederum auf ein Verständnis von Multimedia als Interaktionsmittel
hindeuten. Daher kann hier keine eindeutige Zuweisung erfolgen (vgl. Grafik 3).
Zusammenfassend wird deutlich, dass das, was Multimedia nach Ansicht der So-
zialwissenschaft neu erscheinen lässt, mit Begriffen wie ,Digitalisierung` und ,In-
teraktivität` bezeichnet wird. Die Integration von Medien erhält lediglich eine
neue Qualität: Die Integration kann durch die Digitalisierung auf einer Plattform
stattfinden. Die Digitalisierung ermöglicht darüber hinaus die Möglichkeit zur In-
teraktion.
Digitalisierung, Integration und Interaktivität sind also die Begriffe, die, folgt
man den betrachteten Aufsätzen, in der Definition eines multimedialen Ange-
botes enthalten sein müssten. Der Erklärung für die Probleme des Individuums
bei der Nutzung eines medialen Angebotes Multimedia im Rahmen dieser Arbeit
muss jedoch ein einheitliches Verständnis der Begriffe zugrunde liegen, um ein
multimediales von einen nicht-multimedialen Angebot trennen zu können und
um festzustellen, was als neue Qualität von Multimedia bezeichnet werden kann.
1.4 (Er-)Klärung der Begrifflichkeiten
Die verschiedenen Prognosen einer gesamtgesellschaftlichen Wirkung (vgl. Ka-
pitel 1.1.3) basieren auf einem sehr breit gefächerten Verständnis von Multime-
dia. Die Definitionen basieren wiederum auf einem unterschiedlichen Begriffsver-
ständnis der identifizierten übergeordneten Eigenschaften Digitalisierung, Inte-
gration und Interaktivität.
Wie kommt es zu den Möglichkeiten, die plötzlich eine Medienform omnipo-
tent erscheinen lassen? Da kein einheitliches Verständnis des Begriffes Multi-
media existiert, bietet sich ein Lösungsversuch dieser Fragestellung durch einen
Rückgriff auf bestehende Erklärungsmodelle der Nutzung etablierter medialer An-
gebote. Sie könnten die Basis für eine vergleichende Analyse mit den Neuen Me-
dien bieten, die, folgt man den bisher betrachteten Definitionen, alle Rezeptions-
möglichkeiten in sich vereinen. Die Erklärung für die Probleme bei der ,Handha-
bung` von etwas offensichtlich ,Neuem` erfolgt so auf der Basis alter Erklärungs-
modelle.
25
25
Ein Grund für einen Rückgriff auf bestehende Ansätze der Rezeptionsforschung liefert die Betrachtung des Wortes ,Mul-
timedia' in Kapitel 1.1.1: Auf Basis seiner Wortbestandteile besitzt dieses neue Medium keine wirklich neue Qualität.

(Er-)Klärung der Begriffl ichkeiten
-
23
-
Eine andere Herangehensweise könnte auf Basis der Annahme, dass sich Multi-
media grundlegend von ,alten` Medienformen unterscheidet entwickelt werden:
Eine Antwort auf die oben gestellte Frage liegt nur in der Beschaffenheit der Medi-
enform selbst und damit in den ihr zugeschriebenen Merkmalen.
Die Betrachtung der verschiedenen Multimedia-Definitionen lieferte schon Hin-
weise, indem sie eine Übereinstimmung hinsichtlich dreier Eigenschaften aufzeig-
te. Diesen Merkmalen liegt aber seitens der Autoren ein unterschiedliches Begriffs-
verständnis zugrunde, so dass eine Beschreibung mit dem Ziel des Aufzeigens ei-
ner neuen Qualität auf Basis einer dieser Definitionen nicht möglich ist.
Eine Klärung des Begriffsverständnisses im Rahmen dieser Arbeit ist notwen-
dig, um feststellen zu können, ob und welches dieser Merkmale eine neue Quali-
tät von multimedialen Angeboten darstellt oder ob es sich z.B. um mehr als eine
der Eigenschaften handelt.
Basis sei die Annahme, dass es sich bei Multimedia um eine neues Medium han-
delt. Die verschiedenen Positionen der Autoren hinsichtlich der übergeordneten
Merkmale sollen dazu systematisch, beginnend mit dem Begriff der Digitalisie-
rung, auf die Brauchbarkeit im Hinblick auf die Definition dieses neuen media-
len Angebotes hin untersucht werden. Es muss sich also um feststellbare und so-
mit messbare Qualitäten handeln, die das neue Medium ,Multimedia' als solches
definieren.
Die Neuartigkeit einer identifizierten Qualität soll kann dabei anhand eines Ver-
gleiches bisheriger Medienangebote überprüft werden, die Individuen zur Verfü-
gung stehen.
Am Ende der Betrachtungen sollten zwei Ergebnisse stehen: Zum einen die Ant-
wort auf die Frage, was die neue(n) Qualität(en) eines multimedialen Angebotes
ist bzw. sind, die sowohl als Erklärungsansatz für die negativen wie positiven Po-
tentiale, als auch für die Probleme bei der Rezeption durch den Nutzer dienen
können. Wenn beispielsweise nur eine der Eigenschaften sich als neue Qualität
herauskristallisiert, so liegt die Vermutung nahe, dass die Probleme bei der Nut-
zung durch sie bedingt ist. Zum anderen (im günstigsten Fall) die Arbeitsdefiniti-
on eines multimedialen Angebotes, basierend auf eindeutig identifizierbaren Qua-
litäten, die es beinhalten muss, um als solches zu gelten
Auf dieser dann geschaffenen Basis kann die Suche nach den Gründen für die
Probleme bei der Nutzung erfolgen.

Digitalisierung
-
24
-
1.4.1 Digitalisierung
Im- oder explizit ­ die Digitalisierung wird von allen Autoren als ein Merkmal
multimedialer Angebote ausgewiesen. Als somit elementares Kennzeichen be-
zeichnet dieser Begriff die Eigenschaft, dass alle verwendeten Medien in digitaler
Form vorliegen. Alle Medien werden auf letztendlich dieselbe Art als Bitfolge ko-
diert, unabhängig davon, um welchen Medientyp es sich handelt (vgl. Kolb 1999:
78).
26
Die Übertragung der Daten und die Speicherung erfolgt verlustfrei, die Ver-
arbeitung kann ohne qualitative Einbußen erfolgen. Qualitätsunterschiede zwi-
schen einem digital vorliegenden Perzeptionsmedium und dessen analoger Vorla-
ge sind immer auf die Vorgehensweise bei der Medienaufbereitung zurückzufüh-
ren. Digitalisierte Medien können nur von einem rechnerbasierten Endgerät de-
kodiert und präsentiert werden, welches in der Lage ist, die Bitfolgen zu interpre-
tieren. Bei dieser kurzen Beschreibung des Dekodierungsprozesses soll es im Rah-
men dieser Arbeit bleiben, es zeigt sich jedoch eines ganz deutlich: Da ein rech-
nerbasiertes Endgerät für die Präsentation digitaler Daten in einer für das Indivi-
duum verständlichen Form notwendig ist, wird das Endgerät, hier der ,,Compu-
ter" bei drei Autoren zu einem Teil des Definitionsansatzes. Begriffe wie ,,Compu-
tertechnik" oder ,,Computeranwendung" schränken aber durch die Verwendung
des Populärbegriffes zum einen die Definition im Hinblick auf neue Möglichkei-
ten der Präsentation digitaler Daten ein, zum anderen können sie dazu führen,
dass es zu einer synonymen Verwendung der Begriffe ,,Computer = Multimedia"
et vice versa kommt.
27
Eine Betrachtung der tatsächlichen Nutzung erfolgt nicht.
Darüber hinaus bezeichnet der Begriff ,Digitalisierung' den Umwandlungsprozess
analoger Daten in digitale und nicht die hier gesuchte Eigenschaft einer neuen
Medienform.
Das Vorliegen der Informationen in digitaler Form ist die Basiseigenschaft einer
multimedialen Anwendung und die Rezeption ist nur über ein rechnerbasiertes
Endgerät möglich, also kann sie auch über den Computer erfolgen.
Aber: Dieses Merkmal kann nicht als Erklärung für die Möglichkeiten von Mul-
timedia dienen, denn die Verwendung digitaler Daten ist alltäglich geworden. Sie
wird häufig nur nicht offensichtlich, da der Rezipient sich ihres Vorhandenseins
nicht bewusst ist: Rechnerbasierte Endgeräte können uns digitale Daten in der
von uns gewünschten (und gewohnten) Form präsentieren. Darunter finden sich
unter anderem CD-Player, Quarz-Uhren, Mikrowellen, Telefone (mobil oder sta-
tionär), Kochherde, Waschmaschinen, Videorecorder, Fernseher, Radios, Taschen-
rechner oder auch Autos. Zu diesem Ergebnis kommt man jedoch nur, wenn man
digitale Daten als das begreift, was sie sind. Sie basieren auf einem dualen Zeichen-
system, das nur zwei Werte kennt: 0 und 1. Durch Kombinationen dieser Zeichen
lässt sich jedwede Informationen rechnerverständlich verschlüsseln (,,codieren")
26
Weitergehende Informationen hinsichtlich der Medienaufbereitung bei Steinmetz 2000: 837 ff.;
27
Aus Sicht des Autors dieser Arbeit ist es dazu häufig schon längst gekommen.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2002
ISBN (eBook)
9783832484286
ISBN (Paperback)
9783838684284
DOI
10.3239/9783832484286
Dateigröße
5.4 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Universität Münster – Sozialwissenschaften
Erscheinungsdatum
2004 (November)
Note
1,7
Schlagworte
computer medien medienkompetenz medienintegration
Zurück

Titel: Multimedia kann alles - aber wer kann Multimedia?
book preview page numper 1
book preview page numper 2
book preview page numper 3
book preview page numper 4
book preview page numper 5
book preview page numper 6
book preview page numper 7
book preview page numper 8
book preview page numper 9
book preview page numper 10
book preview page numper 11
book preview page numper 12
book preview page numper 13
book preview page numper 14
book preview page numper 15
book preview page numper 16
book preview page numper 17
book preview page numper 18
book preview page numper 19
book preview page numper 20
book preview page numper 21
book preview page numper 22
book preview page numper 23
book preview page numper 24
book preview page numper 25
book preview page numper 26
book preview page numper 27
book preview page numper 28
book preview page numper 29
book preview page numper 30
142 Seiten
Cookie-Einstellungen