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Sind für Tansania Entwicklungschancen gegeben?

Eine Analyse

©1981 Magisterarbeit 84 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Problemstellung:
Das ostafrikanische Tansania ist eines der ärmsten Länder der Welt. Die vorliegende Diplomarbeit bietet eine Einführung in dieses Land und versucht in diesem Kontext die folgenden Fragen zu beantworten: Wieso ist das Land trotz der Stabilität und der guten geografischen Lage so arm? Welchen Einfluss hatte der tansanische Sozialismus? Hat Tansania gegenwärtig Möglichkeiten sich zu entwickeln? Worin liegen die größten Probleme des Staates? Welche Reformen können eine Besserung herbeiführen?
Um den Rahmen der Arbeit nicht zu sprengen wird auf Probleme die speziell die Inseln Sansibar und Pemba betreffen, und für das Festland geringe Bedeutung haben, nicht eingegangen. Aus dem selben Grund werden mathematische Modelle außer Acht gelassen. Ziel dieser Arbeit ist eine Analyse der Möglichkeiten zu weiteren Entwicklung des Landes.
Zu Beginn wird allgemeines, theoretisches Basiswissen erläutert. Im ersten Kapitel werden die Begriffdefinition, Maßstäbe und Ziele der Entwicklung sowie die Charakteristika der Entwicklungsländer vorgestellt. Am Kapitelende findet sich ein Vergleich zur Entwicklung Europas, der darüber Aufschluss gibt, warum sie nicht auf afrikanische Staaten umgelegt werden kann.
Das folgenden Kapitel widmet sich jenen Entwicklungstheorien, die für die Entwicklung Tansanias von Bedeutung sind. Das Kapitel teilt sich nach einer geschichtlichen Einführung in den Merkantilismus und der damit verbundenen Importsubstitution, der Neoklassik, der Neuen Wachstumstheorie und der Neuen Institutionentheorie auf. Das bisher theoretisch Behandelte wird im Folgenden auf das Land Tansania umgelegt und Verbindungen zu gegenwärtigen Lage des Landes hergestellt.
Einer Einführung in die Landesgeschichte und in die Landesgeografie Tansanias folgt ein Überblick über die momentane Situation des Landes: Es werden ökonomische, politische, soziale, kulturelle und institutionelle Aspekte behandelt. Jeder Punkt wird mit einem Fazit und einem Überblick über die durchgeführten Reformen abgeschlossen.
Das letzte Kapitel hebt die Bedeutung der Theorien für Tansania noch einmal heraus. Die durchgeführten Reformen werden zusammengefasst und analysiert. Den Abschluss der Arbeit bildet das Fazit über die laufenden und möglichen Reformbemühungen und ihren Auswirkungen für Tansania.
Die Arbeit kommt zu dem Schluss, dass die Bemühungen der tansanischen Regierung die Situation des Landes zu verbessern fruchten. Grundsätzlich sind in den meisten […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


ID 8422
Ebner, Nicole: Sind für Tansania Entwicklungschancen gegeben? - Eine Analyse
Hamburg: Diplomica GmbH, 2004
Zugl.: Fachhochschulverein Inntal, Magisterarbeit
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Diplomica GmbH
http://www.diplom.de, Hamburg 2004
Printed in Germany

0 Abkürzungsverzeichnis 3
I
NHALTSVERZEICHNIS
Abkürzungsverzeichnis ...5
Abbildungs- und Tabellenverzeichnis ...6
Einleitung ...7
1 Entwicklung : Definitionen und Grundbegriffe ...9
1.1
Charakteristika der Entwicklungsländer ...9
1.2
Definitionen von Entwicklung...11
1.3
Ziele der Entwicklung ...12
1.4
Armutsdefinitionen ...13
1.5
Maßstäbe für Entwicklung ...15
1.5.1
Wirtschaftliche Ansätze... 15
1.5.2
Gesamtheitliche Ansätze ... 17
1.6
Unterschiede zur Entwicklung Europas ...18
1.7
Zusammenfassung...22
2 Theoretische Modelle und Thesen zu Entwicklung und Wachstum...23
2.1
Geschichte der Entwicklungstheorien ...23
2.2
Merkantilismus ...26
2.3
Importsubstitution ...27
2.4
Neoklassik...28
2.5
Neue Wachstumstheorie...31
2.6
Neue Institutionenökonomik...32
2.7
Zusammenfassung...33
3 Tansania...35
3.1
Basisinformationen ...35
3.1.1
Geografie und Kultur... 35
3.1.2
Geschichtliche Entwicklung ... 36
3.2
Landesanalyse ...42

0 Abkürzungsverzeichnis 4
3.2.1
Ökonomische Armutsdimension ... 42
3.2.1.1
Wirtschaftsdaten... 42
3.2.1.2
Wirtschaftsstruktur... 43
3.2.1.3
Arbeits- und Besitzstruktur, Vermögensverteilung... 45
3.2.1.4
Außenhandel und Auslandsinvestitionen ... 47
3.2.1.5
Verschuldung ... 49
3.2.1.6
Wirtschaftliches Fazit und Reformen... 51
3.2.2
Politische Armutsdimension... 54
3.2.2.1
Demokratie als Regierungsform... 54
3.2.2.2
Innenpolitik ... 56
3.2.2.3
Außenpolitik ... 57
3.2.2.4
Politisches Fazit und Reformen ... 58
3.2.3
Menschliche Armutsdimension (Humankapital) ... 59
3.2.3.1
Bevölkerungswachstum und -struktur... 59
3.2.3.2
Gesundheit und Ernährung... 61
3.2.3.3
Bildungswesen ... 63
3.2.3.4
Fazit und Reformen zum Humanbereich... 65
3.2.4
Soziokulturelle Armutsdimension (Sozialkapital) ... 67
3.2.4.1
Die Rolle der Frauen ... 67
3.2.4.2
Fazit und Reformen im sozialen Bereich ... 68
3.2.5
Schutzbezogene Armutsdimension... 69
3.2.5.1
Menschenrechte ... 69
3.2.5.2
Der informelle Sektor... 70
3.2.5.3
Fazit und Reformen im schutzbezogenen Bereich ... 71
4 Analyse ...72
Quellen...75
Anhang ...80
Karte Tansanias...80
Das Lomé-Abkommen ...81

0 Abkürzungsverzeichnis 5
A
BKÜRZUNGSVERZEICHNIS
ADI
Ausländische Direktinvestitionen
AKP-Staaten Bezeichnung für die Entwicklungsländer in Afrika, im karibischen und
pazifischen Raum, die mit der EU assoziiert sind
ASP
Afro-Shirazi-Party, Partei in Sansibar
BIP
Bruttoinlandsprodukt
BSP
Bruttosozialprodukt
CCM
Chama Cha Mapinduzi, Revolutionspartei Tansanias
CIA
Central Intelligence Agency
CUF
Civic United Front
DAC
Development Assistant Committee
EDI
Economic Diversification Index
EL
Entwicklungsland
EVI
Economic Vulnerability Index
FAO
Food and Agriculture Organisation of the United Nations
GATS
General Agreement on Trade in Services
GDI
Gender Development Index
GEM
Gender Empowerment Measure
GTZ
Deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit
HDI
Human Development Index
HIPC
Heavily Indepted Poor Countries
HIV
Human immunodeficiency virus
HPI
Human Poverty Index
IVP
Internationales Vergleichsprojekt
IWF
Internationaler Währungsfond

0 Abbildungs- und Tabellenverzeichnis 6
KKP
Kaufkraftparität
LDC
Least Developed Countries
LLC
Land-Locked Developing Countries
MIC
Middel-income country
NIC
Newly industrialising country
OAG
Ostafrikanische Gemeinschaft
OECD
Organization for Economic Cooperation and Development
OPEC
Organization of the Petroleum Exporting Countries
PKE
Pro-Kopf-Einkommen
RAN
Rapid Assessment of Nutrition
SADC
Southern African Development Community
SIDS
Small Island Developing States
STABEX
Stabilization of Export revenues
TANU
Tanganyika African National Union
ToT
Terms of Trade
TZS
Tansanischer Schilling (Landeswährung)
UN
United Nations
UNCTAD
United Nations Conference on Trade and Development
UNDP
United Nations Development Programme
UNRISD
United Nations Research Institute for Social Development
WHO
World Health Organisation
A
BBILDUNGS
-
UND
T
ABELLENVERZEICHNIS
Tab. 1
Armutskonzepte
S. 12
Tab. 2
Vergleich von EDI und EVI
S. 17
Abb. 1 Landkarte Tansanias
S. 80

0 Einleitung 7
E
INLEITUNG
Tansania ­ ein ostafrikanisches Land am Indischen Ozean; eingerahmt von Seen. Tansania
­ ein politisch stabiles Land. Tansania ­ eines der ärmsten Länder der Welt.
Wieso ist das Land trotz der Stabilität und der guten geografischen Lage so arm? Welchen
Einfluss hatte der tansanische Sozialismus? Hat Tansania gegenwärtig Möglichkeiten sich
zu entwickeln? Kann die Armut der Bevölkerung gemildert werden? Worin liegen die
größten Probleme des Staates? Welche Reformen können eine Besserung herbeiführen?
Auf diese Fragen gibt die vorliegende Arbeit Antworten. Sie bietet eine Einführung in ein
Land, das durch seine politische Stabilität eine Ausnahme in Ostafrika ist. Es wird der
momentane Entwicklungsstand des Landes aufgezeigt und eine Analyse der
Entwicklungschancen durchgeführt.
Um den Rahmen der Arbeit nicht zu sprengen wird auf Probleme, die speziell die Inseln
Sansibar und Pemba betreffen, für das Festland aber geringe Bedeutung haben, nicht
eingegangen.
Ziel dieser Arbeit ist eine Analyse der Möglichkeiten zur weiteren Entwicklung des
Landes. Um darüber Auskunft geben zu können, muss zuerst allgemeines, theoretisches
Basiswissen erläutert werden.
Im ersten Kapitel wird auf den Begriffdefinition der Entwicklung eingegangen. Es wird
definiert, wodurch sich ein Entwicklungsland charakterisiert, was unter Entwicklung
verstanden wird und welche Ziele ihr zugrunde liegen. Auf die Armut, ein grundlegendes
Entwicklungshemmnis, wird gesondert eingegangen. Das Ausmaß von Entwicklung und
Armut richtig einschätzen zu können verlangt eine Untersuchung der gängigsten Maßstäbe
und Indikatoren dieses Bereiches. Am Kapitelende findet sich ein Vergleich zur
Entwicklung Europas. Er gibt Aufschluss darüber, warum sie nicht auf afrikanische
Staaten umgelegt werden kann.
Das folgende Kapitel widmet sich einigen Theorien, die im Laufe der Zeit zur Entwicklung
einer Volkswirtschaft und damit eines Landes entstanden sind. Behandelt werden jene, die
für die Entwicklung Tansanias Bedeutung haben. Dadurch teilt sich das Kapitel, nach einer
geschichtlichen Einführung, in den Merkantilismus und der damit verbundenen
Importsubstitution, der Neoklassik, der Neuen Wachstumstheorie und der Neuen
Institutionentheorie auf. Das bisher theoretisch Behandelte wird im Folgenden auf das

0 Einleitung 8
Land Tansania umgelegt und Verbindungen zur gegenwärtigen Lage des Landes
hergestellt.
Das nächste Kapitel der Arbeit beginnt mit einer Einführung in die Landesgeschichte und
in die Landesgeografie Tansanias. Darauf folgend wird ein Überblick über die momentane
Situation des Landes gegeben. Es werden die ökonomischen Aspekte der
Wirtschaftsstruktur, des Außenhandels, der Vermögensverteilung und der Verschuldung
behandelt. Die innenpolitischen Entscheidungen und die Rolle der Demokratie werden
untersucht. Der außenpolitische Wandel des Landes wird gezeigt. Im humanitären Bereich
wird die Bedeutung der Bevölkerungsstruktur, der Gesundheit und der Bildung erläutert.
Abschließend wird noch auf soziokulturelle Faktoren wie die Rolle der Frau und
schutzbezogene Faktoren, zu denen die Menschenrechte zählen, eingegangen. Alle
behandelten Bereiche werden mit einem Fazit und einem Überblick über die
durchgeführten Reformen abgeschlossen.
Das letzte Kapitel hebt die Bedeutung der Theorien für Tansania noch einmal heraus. Die
durchgeführten Reformen werden zusammengefasst und analysiert. Den Abschluss der
Arbeit bildet das Fazit über die laufenden und möglichen Reformbemühungen und deren
Auswirkungen für Tansania.

1 Entwicklung : Definitionen und Grundbegriffe 9
1 E
NTWICKLUNG
: D
EFINITIONEN UND
G
RUNDBEGRIFFE
1.1 Charakteristika der Entwicklungsländer
Gemeinsame Charakteristika
Die Welt hat 194 unabhängige Nationen. Laut dem United Nations (UN) World Economic
and Social Survey zählen 95 der dort gelisteten 145 Staaten zu den Entwicklungsländern.
1
(vgl. UN WESS, 2003, S. 8). Diese befinden sich erst am Anfang ihrer Entwicklung und
haben die Stufe der Industrialisierung und des hohen Lebensstandards noch nicht erreicht.
Zu dieser Kategorie zählen großflächige Staaten wie der Sudan und kleine Inseln wie
Kiribati. Sie kommen auf der gesamten südlichen Hemisphäre vor, wie zum Beispiel
Buthan in Asien, Haiti in Lateinamerika und Tansania in Afrika. Alle haben individuelle
Ausgangspositionen und unterscheiden sich voneinander in vielen Punkten: Landesgröße,
historische Entwicklung, Rohstoffvorkommen und andere Ressourcen, ethnische Struktur,
Gleichgewicht zwischen dem Staat und dem zivilen Bereich, Entwicklung der Industrie,
Abhängigkeit von Außenwirtschaftspartner und Balance der innenpolitischen Kräfte. (vgl.
Todaro; Smith, 2003, S. 37)
Es gibt jedoch auch einige Gemeinsamkeiten, Probleme, die in jedem Entwicklungsland
auftreten. Lachmann nennt folgende Charakteristika: Massenarmut, ungleiche
Einkommensverteilung, hohe Bevölkerungsraten, Zuwachs der städtischen Bevölkerung
(und daraus entstehender Wohnungs- und Wassermangel sowie Entsorgungsprobleme),
mangelhafte Ernährung, schlechte ärztliche Versorgung, niedrige Lebenserwartung, hohe
Säuglingssterblichkeit, geringe Alphabetisierungsrate, Priorität der Landwirtschaft,
schlechte Energieversorgung, Umwelt- und Ressourcenzerstörung, ungleiche Arbeits- und
Rollenverteilung zwischen den Geschlechtern, hohe Arbeitslosigkeit und oft politische
1
Der Begriff der Dritten Welt, mit dem die Entwicklungsländer hin und wieder zusammengefasst werden,
stammt aus der Zeit des Kalten Krieges. Während dieser Periode gab es zwei Welten: die kommunistische
und die kapitalistische. Jene ­ vor allem afrikanischen ­ Staaten, die neutral blieben, bildeten einen weiteren
Block: die Dritte Welt. Nach dem Ende des Kalten Krieges fiel diese Bedeutung weg, doch der Begriff blieb
als Bezeichnung rückständiger Länder erhalten.

1 Entwicklung : Definitionen und Grundbegriffe 10
Instabilität. (vgl. Lachmann, 2004, S. 3ff) Dem muss noch hinzugefügt werden: geringe
Lebensqualität, geringe Produktivität, starkes Bevölkerungswachstum, stark wachsende
Verschuldung, unvollkommene Märkte, ungenügende Information sowie Abhängigkeit
und Verletzlichkeit in Außenhandelsbeziehungen. (Todaro; Smith, 2003, S. 46ff)
Klassifizierung von Entwicklungsländern
Wie zuvor festgestellt, kann man nicht alle Entwicklungsländer gleich behandeln.
Demzufolge sind verschiedene Schemen ausgearbeitet worden, mit deren Hilfe die
Entwicklungsländer zu den Industrieländern abgegrenzt und untereinander eingeteilt
werden können.
Die United Nations Organization (UNO) bezeichnet Entwicklungsländer als Least
Developed Countries (LDC), die weiterführend in Land-Locked Developing Countries
(LLC) und Small Island Developing States (SIDS) unterteilt werden. Eine entsprechende
Liste wurde erstmals 1971 ­ 24 Länder umfassend ­ aufgelegt. 2002 hatten 49 Länder den
Status eines LDC, darunter Tansania. Zur Klassifizierung werden Kennzahlen aus den
Bereichen Wirtschaft, Ernährung, Gesundheit, Bildung und Außenwirtschaft
herangezogen. (vgl. UNCTAD, 2002)
Im Gegensatz zu diesen komplexen Kriterien verwendet die Weltbank (WB) ausschließlich
wirtschaftliche Kriterien. Vor allem ein Pro-Kopf-Einkommen (PKE) von maximal 755
amerikanischen Dollar (USD) (im Jahr 2000) definiert ein Entwicklungsland. Die auf diese
Weise ermittelten Länder werden nach geografischen Gesichtspunkten gruppiert. Neu
hinzugekommen ist der Begriff der Heavily Indebted Poor Countries (HIPC), in denen die
Verschuldung einen kritischen Punkt überschritten hat. (vgl. Lachmann, 2004, S. 18f) Die
WB zählt 125 Staaten zu den Entwicklungsländern. Davon fallen seit 1996 40 unter die
HIPC, Tansania eingeschlossen. (vgl. WB, 2003, S. 167) Tansania konnte von einem
Schuldenerlass des HIPC Programms profitieren. Durch ihn hatten 27 Länder die
realistische Chance auf eine Verringerung ihrer Nettoschulden um bis zu zwei Drittel. Nur
Tansania erreichte mit sieben anderen Ländern dieses Ziel bis November 2003. (vgl. UN
WESP, 2004, S. 37)
Das Development Assistant Committee (DAC) der Organization for Economic
Cooperation and Development (OECD) nimmt eine Einteilung in Entwicklungsländer und
Schwellenländer vor. Die Basis für diese Kategorisierung ist der LDC Bericht der United
Nations Conference on Trade and Development (UNCTAD). Um eine zielgerechtere

1 Entwicklung : Definitionen und Grundbegriffe 11
Verteilung der Entwicklungsländer zu gewährleisten verfeinert die OECD dieses Raster
unter Zuhilfenahme des PKE.
Im Laufe der Zeit wurden Middle-income country (MIC) und Newly industrialising
country (NIC) als gängige Begriffe der Entwicklungspolitik hinzugefügt.
1.2 Definitionen von Entwicklung
Der Begriff Entwicklung hat im Laufe der Zeit mutiert: von einer auf die wirtschaftliche
Dimension begrenzte Sicht zu einem vielschichtigen Prozess, bei dem es zu erheblichen
Wechselwirkungen der Teilbereiche Politik, Gesellschaft, Kultur und Institutionen kommt.
(Durth; Körner; Michaelowa, 2002, S. 235) Zu beachten ist, dass wirtschaftliches
Wachstum und Entwicklung nicht dasselbe sind, da die Entwicklung alle ökonomischen,
technologischen, sozialen und kulturellen Verbesserungen mit einbezieht, welche die
Lebensqualität erhöhen. (vgl. Paulet,1998, S. 91)
Strikt unterscheidbar ist einzig die zeitliche Dimension. Statische Entwicklung bezeichnet
eine entwicklungsbezogene Bestandsaufnahme zu einem Zeitpunkt. Unter dynamischer
Entwicklung wird der Entwicklungsprozess verstanden. (vgl. Lachmann, 2004, S. 9)
Für die heute vorherrschende Sicht des Begriffes Entwicklung gibt es keinen allgemein
gültigen Konsens, doch sind die einzelnen Ansichten einander ähnlich:
,,Die Vereinten Nationen bezeichnen Entwicklung als einen umfassenden
wirtschaftlichen, sozialen, kulturellen und politischen Prozeß, der auf die
ständige Verbesserung des Wohlergehens der Bevölkerung auf der Basis ihrer
aktiven und freien Beteiligung gerichtet ist." (Schorlemer, 1999, S. 19)
Stiglitz beschreibt es folgendermaßen:
,,Thus, in this perspective, development is seen as a transformation of society,
not just an increase in physical and human capital." (Durth; Körner;
Michaelowa, 2002, S. 1)
Einen Schritt weiter geht der Nobelpreisträger Amartya Sen, indem er den Ansatz, die
Wirtschaft und Wohlfahrt als Basis für Entwicklung zu nehmen, kritisiert und in seinem
Konzept die persönliche Freiheit zur Entwicklung der individuellen Fähigkeiten in den
Mittelpunkt stellt:

1 Entwicklung : Definitionen und Grundbegriffe 12
,, ... Entwicklung als einen Prozess der Erweiterung realer Freiheiten zu
begreifen, deren sich die Menschen erfreuen. Die Entwicklung der Freiheit
wird dabei unter zwei Gesichtspunkten betrachtet, nämlich als (1) oberstes Ziel
und als (2) wichtigstes Mittel der Entwicklung." (Sen, 2002, S. 50)
Für ihn sind also nicht materielle Güter oder der subjektive Nutzen entscheidend, sondern
eine Atmosphäre, die Menschen befähigt etwas zu erreichen.
1.3 Ziele der Entwicklung
Bei den Entwicklungszielen ist zu unterscheiden, ob taktische und kurzfristige Projektziele
betrachtet werden, die durch Zahlenmaterial quantifizierbar sind, oder ob eine langfristige,
strukturelle Veränderung angestrebt wird, die als sustainable developement bezeichnet
wird. Mit dieser nachhaltigen Entwicklung beschäftigt sich die vorliegende Arbeit.
Eine wesentliche Aufgabe der Entwicklungstheorien ist, jenen Prozess zu analysieren, der
die Verbesserung des Lebensstandards der Bevölkerung zum Ziel hat. Während der
Anfänge der Entwicklungspolitik wurde das Ziel der Industrialisierung und der Erhöhung
des Pro-Kopf-Einkommens angestrebt. Doch der sogenannte Sickereffekt (Tickle-down-
effect), der die Einkommen aller sozialen Schichten beeinflussen sollte, blieb aus. In
einigen Fällen verschlechterte die Industrialisierung den Lebensstandard sogar. Dadurch
entstanden in den 50er und 60er Jahren Überlegungen über die Wachstums- und
Verteilungsgerechtigkeit. Es wurde begonnen die Grundbedürfnisbefriedigung der Armen
in den Mittelpunkt zu stellen. Ein Jahrzehnt später hat sich die Mehrdimensionalität der
Entwicklungsziele durchgesetzt: Die Entwicklung wurde nicht mehr als Ziel gesehen,
sondern als Weg die Armut zu bekämpfen. Heute liegt der Schwerpunkt in der
langfristigen Verbesserung der Lebensumstände, dem sogenannten sustainable
development, bei dem auch die Gebiete der Menschenrechte einbezogen werden. (vgl.
Lachmann, 2004, S. 10ff)
Schon durch die, im vorigen Kapitel angeführten, Definitionen zeigt sich, dass das
grundliegende Anliegen der Entwicklung eine langfristige und strukturelle Veränderung
der betroffenen Region ist. Diese soll eine Basis für beständige Verbesserungen schaffen,
die Armut bekämpfen und die Lebensqualität steigern. Entwicklung kann noch in einem
weiteren Kontext gesehen werden: Sen weitet die Standards wiederum auf den Faktor
persönliche Freiheit und Selbstverwirklichung aus:

1 Entwicklung : Definitionen und Grundbegriffe 13
,,Mehr Freiheit stärkt die Fähigkeit der Menschen, sich selbst zu helfen und
auf die Welt einzuwirken, und beides ist für den Entwicklungsprozess zentral."
(Sen, 2002, S. 30)
Im Laufe der Geschichte sind immer neue Ansätze gemacht worden, wie sich nachhaltige
Entwicklung erreichen lässt und wo das Ziel dieser Entwicklung liegt.
Wirtschaftswachstum ist nach wie vor ein entscheidender Faktor für die Entwicklung eines
Landes. Das grundlegende Konzept gilt jedoch der Bekämpfung der Armut.
1.4 Armutsdefinitionen
Die Armut ist eng mit der Entwicklung verknüpft und stellt ein grundlegendes
Entwicklungshemmnis dar. Im Wesentlichen lassen sich folgende Armutsdefinitionen
erkennen:
Armutskonzepte
Ressourcenansatz
Lebenslagenansatz
absolute Armut
relative Armut
materielle Armut
immaterielle Armut
objektive Armut
subjektive Armut
primäre Armut
sekundäre Armut
permanente Armut
temporäre Armut
Tabelle 1: Armutskonzepte (Quelle: GTZ,1998, S. 3)
Die oben angegebene Tabelle unterscheidet den Ressourcenansatz, der auf der
grundsätzliche Fähigkeit zur Selbsterhaltung basiert, und den weiter gefassten
Lebenslagenansatz, der sich auf die Gestaltung des Lebens bezieht.
Absolute Armut, die anhand eines absolut minimalen Einkommens (=Existenzminimum)
definiert wird, besteht, wenn die Deckung der Grundbedürfnisse nicht möglich ist. Bei der
relativen Armut wird die zeitliche Entwicklung der ärmsten Bevölkerungsschicht, mit
Bezug auf das soziale Umfeld und das Einkommen anderer Mitglieder der
Bevölkerungsgruppen, gemessen. Der Armut an materiellen Gütern steht die Armut an
sozialen, ethischen, kulturellen oder politischen Werten gegenüber. Objektiv wird die
Armut durch nicht betroffene Außenstehende wahrgenommen (absoluter Ansatz),

1 Entwicklung : Definitionen und Grundbegriffe 14
subjektiv wird sie durch aktuell Betroffene definiert (relativer Ansatz). Bei primärer Armut
sind die bestehenden Ressourcen zum Überleben nicht ausreichend, wohingegen sie bei der
sekundären Armut ineffizient genützt werden. Ist die Armut über die gesamte Lebenspanne
relevant, so ist sie permanent, stellt sie sich aufgrund bestimmter Umstände (z.B.
Krankheit, Jobverlust) für eine gewisse Zeit ein, so wird sie als temporär angesehen. (vgl.
GTZ, 1998, S. 3f)
OECD Definitionen
Die OECD unterscheidet bei der Armut die folgenden fünf Kategorien, die miteinander
verknüpft sind. Auch bei diesem Ansatz sind die oben erwähnten Konzepte mit
einzubeziehen. Eine Übersicht der fünf Kategorien und den dazugehörenden Bereichen ist
der folgenden Auflistung zu entnehmen: (vgl. Durth, Körner, Michaelowa, 2002, S. 10)
Ökonomische Armut: Konsum, Einkommen, Vermögen
Politische Armut: Rechte, Einfluss, Freiheit
Menschliche Armut: Gesundheit, Bildung, Ernährung
Schutzbezogene Armut: Sicherheit, Verletzlichkeit
Soziokulturelle Armut: Ansehen, Würde
Diese Struktur wurde auch für die Analyse des Fallbeispiels Tansania übernommen, da sie
eine umfassende Analyse ermöglicht, und Faktoren außerhalb der Wirtschaft (wie das
Humankapital und das Sozialkapital) einbezieht.
Armutsindikatoren
Für den gesamten Abschnitt vgl. GTZ, 1998
Je nach Konzept werden verschiedene Methoden zur Messung von Armut verwendet. Bei
dem Ressourcenansatz der WB kommt eine Armutsgrenze zum Einsatz, zumeist die
internationale Armutsgrenze, die bei 1 USD Kaufkraftparität (KKP) liegt. Es bestehen
auch nationale Armutsgrenzen, die das regionale Minimum für den Grundkonsum
angeben. Bei dieser Kennzahl gibt es die Möglichkeit des cost of basic needs Ansatzes, der
die Kosten für einen Grundbedürfniswarenkorb zusammenstellt. Die Gefahr liegt hierbei in
der willkürlichen Auswahl der benötigten Produkte.
Die zweite Möglichkeit für die nationale Armutsgrenze ist die Ermittlung des
Mindestkalorienbedarfs und den Kosten dafür. Dieser Maßstab wird von der World Health

1 Entwicklung : Definitionen und Grundbegriffe 15
Organization (WHO) und der Food and Agriculture Organisation of the United Nations
(FAO) festgelegt.
Weitere Methoden sind der Headcount, bei dem prozentuell die Personenanzahl der
Gesamtbevölkerung angegeben wird, die unter der Armutsgrenze lebt; und die
Armutslücke, die die durchschnittliche Entfernung der Armen zur Armutsgrenze angibt. In
internationalen Organisationen ist die Kennzahl des Äquivalenzeinkommens verbreitet, das
die individuellen Haushaltsnettoeinkommen in Bezug zu einem durchschnittlichen
nationalen Nettohaushaltseinkommen setzt. Als Grenze gilt ein Nettohaushaltseinkommen
von 50 % des nationalen Durchschnitts. 40 % bezeichnen extreme Armut und 60 % einen
einkommensschwachen Haushalt.
Beim Lebenslagenansatz kommt der Human Poverty Index (HPI) des United Nations
Development Programme (UNDP) zum Einsatz, der die Chancen der Ärmsten misst. Seine
Teilfaktoren sind die Häufigkeit einer Lebenserwartung unter 40 Jahren, der Prozentsatz
der erwachsenen Analphabeten, die ökonomische Grundversorgung (Gesundheitsdienste,
Trinkwasser) und der prozentmäßige Anteil unterernährter Kinder unter fünf Jahren. Der
Nachteil des HPI ist, dass es durch die Faktorenkombination zu einem verzerrten Ergebnis
kommen kann. Eine weitere quantitative Messzahl ist das Rapid Assessment of Nutrition
(RAN). Hierbei wird die durch Defizite in der Grundbedürfnisdeckung herbeigeführte
Mangelernährung bei Kindern unter fünf Jahren gemessen. Die Vorteile dieser Kennzahl
sind Verlässlichkeit, internationale Vergleichbarkeit und ihre kostengünstige Ermittlung.
Allerdings kann der RAN zu einer Unterschätzung der Armut führen, da es sich um eine
sehr begrenzte Datenerhebungsgruppe handelt.
1.5 Maßstäbe für Entwicklung
Um später die Frage beantworten zu können, ob eine Entwicklung von Tansania möglich
ist, muss zuerst geklärt werden, welche Kriterien bestehen um die Effekte der
Entwicklungsprogramme und ­theorien zu messen. Hier findet sich eine Parallele zum
Werdegang der Entwicklungsziele, da ihnen die bereits erwähnten Maßstäbe angepasst
werden müssen.
1.5.1 Wirtschaftliche Ansätze
Bei den traditionellen Methoden stellten das Bruttoinlandsprodukt (BIP), das
Bruttosozialprodukt (BSP) und das Pro-Kopf-Einkommen (PKE) messbare
Vergleichsmöglichkeiten dar. Im Laufe der Zeit stellte sich heraus, dass

1 Entwicklung : Definitionen und Grundbegriffe 16
Wirtschaftswachstum eine wichtige Grundlage, aber nicht der alleinige Faktor für
Entwicklung ist. (vgl. Todaro; Smith, 2003, S. 15f)
Für den Grad der ökonomischen Entwicklung gibt es eine relativ klare Definition, die
besagt, dass es dann eine Entwicklung gibt, wenn:
,,...das reale PKE eines EL über einen längeren Zeitraum ansteigt (um
konjunkturelle Aspekte zu vermeiden), ohne dass die Zahl der Menschen, die
weniger als einen bestimmten Mindestkonsum zur Verfügung haben, ansteigt,
und ohne dass es zu einer ungleicheren Einkommens- und
Vermögensverteilung sowie zu einer weiteren Verschlechterung der Umwelt
kommt." (Lachmann, 2004, S. 12)
Das PKE wird als Maßstab verwendet, da es einfach und schnell anwendbar ist. An den
bisher erhobenen Daten ist festzustellen, dass sich im Laufe der Zeit die regionalen
Unterschiede im PKE deutlich erhöhen. Es kann ein auffälliges Nord-Süd-Gefälle
nachgewiesen werden.
2
Die Kritik am Konzept des PKE Vergleichs liegt ­ wie bei allen
Entwicklungskennzahlen ­ in der Frage nach der Qualität der Daten und eventuellen
Verzerrungen durch die Umrechnungen in Vergleichswährungen. Zudem ergibt sich ein
systematischer Fehler durch die Verwendung des BSP als Basis für die Kalkulation, da der
Eigenverbrauch, nicht aber Staatsausgaben für Kollektivgüter (Umweltschutz)
eingerechnet werden. Dadurch werden Entwicklungsländer systematisch unter- und
Industrieländer überbewertet. Die letzte Kritik besteht darin, dass die unterschiedlichen
Preisniveaus die Warenbewertung im internationalen Vergleich in Frage stellen. (vgl.
Lachmann, 2004, S. 23ff)
Zur Lösung dieses Problems hat die UNO 1996 das internationale Vergleichsprojekt (IVP)
mit dem Basisjahr 1993 abgeschlossen. Das BSP der untersuchten Länder wurde durch
Anwendung eines Konversionsfaktors in internationale Dollar umgerechnet und gewann
dadurch die gleiche Kaufkraft im Herkunftsland wie ein USD innerhalb der USA. Dieses
Konzept wirft das Problem der Kaufkraftumrechnung auf, da kein weltweit identischer
Warenkorb definiert werden kann und die berücksichtigten Produkte unterschiedlich
gewichtet werden müssen. (vgl. Lachmann, 2004, S. 29)
2
Im Jahr 2000 hatte unter Berücksichtigung der Kaufkraftparität ein Schweizer das 58-fache PKE eines
Tansaniers.

1 Entwicklung : Definitionen und Grundbegriffe 17
1.5.2 Gesamtheitliche Ansätze
Die traditionellen Theorien, die das reine Wirtschaftswachstum messen und Faktoren wie
Armut, Diskriminierung, Arbeitslosigkeit und Einkommensverteilung nicht beachten,
werden durch komplexere Theorien erweitert und teilweise ersetzt, die auch die politische,
soziale, geschichtliche und demografische Komponente einbeziehen. (vgl. Todaro; Smith,
2003, S. 15f)
Zu den bekanntesten gesamtheitlichen Maßstäben für Entwicklung zählen der Human
Development Index (HDI)
3
und der Human Poverty Index (HPI) sowie der Gender
Development Index (GDI). Sie alle wurden vom UNDP entwickelt. Diese Indikatoren
werden seit 1990 eingesetzt und umfassen, zu gleichen Teilen gewichtet, die Bereiche
Lebenserwartung, Bildung und Lebensstandard. Der geschlechterbezogene Index GDI
fällt, wenn die allgemeine Entwicklung sinkt, aber auch wenn die Ungleichbehandlung der
Geschlechter steigt. Bei völliger Gleichbehandlung wäre er mit dem HDI identisch. Das
Gender Empowerment Measure (GEM) misst hingegen die geschlechterspezifische
Ungleichheit für politische und ökonomische Möglichkeiten und Chancen. (Lachmann,
2004, S. 48f)
Diese Messungen sind nicht unumstritten und nur als grobe Leitlinie zu betrachten, da sie
von den verfügbaren Daten abhängig sind. Die einzelnen Faktoren der Berechnung müssen
vor dem Hintergrund der Entwicklung eines Landes genauer untersucht und hinterfragt
werden. (vgl. Durth; Körner; Michaelowa, 2002, S. 12)
Des weiteren hat das United Nations Research Institute for Social Development (UNRISD)
eine Liste mit 24 Einzelindikatoren zusammengestellt, die sich gut für die
Situationsbeschreibung eines Entwicklungslandes eignen. Ein internationaler Vergleich ist
allerdings nicht durchführbar. Es existieren keine allgemein anerkannten Regeln zur
objektiven Gewichtung der einzelnen Faktoren. (Lachmann, 2004, S. 41f)
Es wurde herausgefunden, dass bei einem PKE unter 550 USD die Sozialindikatoren eine
hohe Korrelation mit dessen Wachstum aufweisen, der Verteilungsindikator (Gini-
Koeffizient) jedoch keine Rolle spielt. Ab 550 USD PKE korrelieren die Sozialindikatoren
3
Tansania, das Land mit dem zweitgeringsten PKE liegt beim HDI 2001 auf Rang 141 (und somit um 21
Plätze höher als in der PKE Liste.) (Vgl. Lachmann, 2004, S. 48) Der Grund dafür liegt in der stark
vorangetriebenen Entwicklung des Bildungssystems.

1 Entwicklung : Definitionen und Grundbegriffe 18
stärker mit dem Verteilungsparameter als mit dem PKE. Das bedeutet, dass vorerst auf
Wachstum Wert gelegt werden muss, in der Folge aber die Verteilungspolitik im
Vordergrund steht und für Wohlstand sorgt. (vgl. Lachmann, 2004, S. 54)
Durch die UNCTAD wurde der Economic Diversification Index (EDI) entwickelt. Er gibt
vor allem die Priorität der einzelnen Wirtschaftssektoren an. Seine Teilindikatoren sind:
Industrieanteil am BSP, Arbeitskräfteanteil in der Industrie, Energieverbrauch pro Jahr und
Person und der Güterexportkonzentrationsindex der UNCDAT. Der EDI wurde 2000 durch
den Economic Vulnerability Index (EVI) ersetzt, im Zuge dessen die in Tabelle 2 zu
sehenden Veränderungen vorgenommen wurden:
EDI
EVI
Industrieanteil am BSP
Industrie- und nicht-staatlicher
Dienstleistungsanteil am BSP
Arbeitskräfteanteil in der Industrie
Stabilitätsindikator der Agrarproduktion
Energieverbrauch pro Jahr und Person
Stabilitätsindikator der Güter- und
Dienstleistungsexporte
Güterexportkonzentrationsindex
Güterexportkonzentrationsindex
________________
Bevölkerungsanzahl
Tabelle 2: Vergleich von EDI und EVI (Eigene Darstellung, Daten entnommen aus Lachmann, 2004, S. 42f)
Die Weiterentwicklung des Index ist positiv, da sie die Agrarleistung und die
Dienstleistungen (z.T. aus dem informellen Sektor) mit einbezieht. (vgl. Lachmann, 2004,
S. 42f)
1.6 Unterschiede zur Entwicklung Europas
Für dieses Kapitel wurde Todaro; Smith, 2003, S. 91ff als Quelle verwendet, weitere
Quellen sind gekennzeichnet.
Todaro beschreibt acht, im Folgenden näher erläuterte Faktoren, aufgrund deren die
Entwicklung der heute armen Länder sich stark von der industriellen Entwicklung der
mittlerweile modernen Industrieländer unterscheidet. Somit können die Theorien, die auf
die Entwicklung Europas anwendbar sind, wenn überhaupt, nur unvollständig auf die
heutigen Entwicklungsländer umgelegt werden.

1 Entwicklung : Definitionen und Grundbegriffe 19
Natürliche Ressourcen und Arbeitskraft
Die heutigen Entwicklungsländer verfügen über weniger natürliche Rohstoffvorkommen
als ihre Vorgänger. Die vorhandenen materiellen Ressourcen sind oft nur unter
schwierigen Bedingungen und mithilfe großer Investitionen zu nutzen.
Noch größer ist das Defizit in den humanen Ressourcen, die notwendig sind um die
natürlichen Ressourcen zu nützen und um das Wirtschaftswachstum anzukurbeln. Die
Bewohner der heutigen Entwicklungsländer verfügen über weniger Schulbildung und sind
schlechter ausgebildet, als es die Einwohner der Industrieländer zu Beginn deren
Industrialisierung waren.
Wirtschaftswachstum und Pro-Kopf_Einkommen
Das PKE der Entwicklungsländer ist unterdurchschnittlich verglichen mit dem PKE der
europäischen Staaten am Beginn ihrer Entwicklung. Europa hatte den weiteren Vorteil eine
wirtschaftliche Führungsrolle innezuhaben. Die gute finanzielle Ausgangslage konnte
genutzt werden um die Einkommensunterschiede zwischen Europa und den weniger
entwickelten Staaten zu erweitern. Im Gegensatz dazu befinden sich die heutigen
Entwicklungsländer in einer sehr schlechten Ausgangsposition, die nicht nur
wirtschaftliche Erschwernisse mit sich bringt, sondern auch psychologisch problematisch
ist: Oftmals wird versucht aus Frustration die kurzfristige Entwicklung eines Landes um
jeden Preis voranzutreiben. Dies kann die langfristigen Pläne zur stabilen Entwicklung in
Gefahr bringen.
Klimatische Unterschiede
Die entwickelten Industrieländer liegen alle in gemäßigten Klimazonen. Viele der
Entwicklungsländer befinden sich in tropischen Gebieten. Extreme Feuchtigkeit oder Hitze
beeinflusst sowohl die Landwirtschaft und ihren Ertrag als auch die Gesundheit und
Produktivität der Bewohner. Zusätzlich begünstigt warmes und feuchtes Klima das
Auftreten der Malaria, wodurch die Produktivität des sub-saharischen Afrikas weiter
geschwächt wird. Laut einem Economist Artikel ergeben sich durch tropisches Klima und
dem Fehlen eines Meerzugangs automatisch Verluste von bis zu minus 2 % für die
Wirtschaft. (vgl. Economist, 1997)
Seit dem 18. Jahrhundert gab es immer wieder Theorien, die im Klima einen wesentlichen
Faktor für die rückständige Entwicklung eines Landes sahen. Gestützt wurden diese
Theorien durch den empirischen Beweis, dass der Großteil der Industrieländer in

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
1981
ISBN (eBook)
9783832484224
ISBN (Paperback)
9783838684222
DOI
10.3239/9783832484224
Dateigröße
1 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Fachhochschule Kufstein Tirol – Internationale Wirtschaft und Management
Erscheinungsdatum
2004 (November)
Note
1,5
Schlagworte
entwicklungspolitik tansania entwicklungsland wirtschaft afrika
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Titel: Sind für Tansania Entwicklungschancen gegeben?
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