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"Online Brokerage" als effizientes Börsenhandelssystem

©2003 Diplomarbeit 72 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
„In recent years, the emergence of electronic finance – specially online banking and brokerage services, and new trading systems – has reshaped the financial landscape around the world.” Alle Analysten sind sich einig, dass die Art und Weise des geschäftlichen Verhaltens (the way business is conducted) durch die strukturellen Veränderungen, zu denen die derartigen Entwicklungen geführt haben, in allen Sparten neu zu definieren ist. Mit der Verbreitung des Internets, mit seinen Kostenvorteilen sowie des Geschäftsansatzes der Discount Broker hat das Online Brokerage in dessen Geburtsland, den USA, Ende der neunziger Jahre den Durchbruch zum Massengeschäft geschafft. Auch in Deutschland erlebt dieser Geschäftszweig ein starkes Wachstum.
Gegenstand dieser Arbeit ist, einen einführenden Überblick über das Online Brokerage und die Branche zu vermitteln sowie dessen Effizienz zu beurteilen. Die Effizienzbeurteilung erfolgt mit Hilfe ausgewählter Kriterien, die in der Literatur für die Effizienzbeurteilung des Wertpapierhandels genannt werden. Die Arbeit gliedert sich in zwei Hauptabschnitte. Der erste (Kapitel 2 und 3) bildet die theoretischen Grundlagen für die Ausführungen im zweiten Hauptabschnitt (Kapitel 4 und 5).
In Kapitel 2 werden die Handelsphasen einer Wertpapiertransaktion dargestellt und die Arten des Preisfindungsverfahrens beim Wertpapierhandel voneinander abgegrenzt. Anschließend wird die Automatisierung des Wertpapierhandels beschrieben, indem die bisherigen Entwicklungen der Handelssysteme im Hinblick auf ihre Computerisierung vorgestellt werden. In Kapitel 3 werden die verschiedenen Effizienzkriterien des Wertpapierhandels definiert und beschrieben.
Im zweiten Hauptschnitt wird in Kapitel 4 zunächst auf das Marktumfeld des Online Brokerage eingegangen, indem die wichtigsten Begriffe erklärt und voneinander abgegrenzt werden. Danach wird auf die Entwicklung des Internets und seine Attraktivität für den Wertpapierhandel eingegangen. Es folgt eine Vorstellung der Sicherheitsmechanismen beim Online Brokerage. Zum Abschluss des Kapitels werden einige Erläuterungen zur Orderabwicklung beim Online Brokerage gegeben.
Kapitel 5 beginnt mit einer Darstellung des deutschen Marktes für Online Brokerage, einige Online Broker aus diesem Markt werden hier vorgestellt. Im Anschluss wird das große Leistungsangebot der Online Broker dargestellt und das Angebot der vier größten deutschen Online Broker verglichen. Kapitel 6 […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


1 EINLEITUNG

„In recent years, the emergence of electronic finance – specially online banking and brokerage services, and new trading systems – has reshaped the financial landscape around the world.”[1] Alle Analysten sind sich einig, dass die Art und Weise des geschäftlichen Verhaltens (the way business is conducted) durch die strukturellen Veränderungen, zu denen die derartigen Entwicklungen geführt haben, in allen Sparten neu zu definieren ist. Mit der Verbreitung des Internets, mit seinen Kostenvorteilen sowie des Geschäftsansatzes der Discount Broker hat das Online Brokerage in dessen Geburtsland, den USA, Ende der neunziger Jahre den Durchbruch zum Massengeschäft geschafft.[2] Auch in Deutschland erlebt dieser Geschäftszweig ein starkes Wachstum.[3]

Gegenstand dieser Arbeit ist, einen einführenden Überblick über das Online Brokerage und die Branche zu vermitteln sowie dessen Effizienz zu beurteilen. Die Effizienzbeurteilung erfolgt mit Hilfe ausgewählter Kriterien, die in der Literatur für die Effizienzbeurteilung des Wertpapierhandels genannt werden. Die Arbeit gliedert sich in zwei Hauptabschnitte. Der erste (Kapitel 2 und 3) bildet die theoretischen Grundlagen für die Ausführungen im zweiten Hauptabschnitt (Kapitel 4 und 5).

In Kapitel 2 werden die Handelsphasen einer Wertpapiertransaktion dargestellt und die Arten des Preisfindungsverfahrens beim Wertpapierhandel voneinander abgegrenzt. Anschließend wird die Automatisierung des Wertpapierhandels beschrieben, indem die bisherigen Entwicklungen der Handelssysteme im Hinblick auf ihre Computerisierung vorgestellt werden. In Kapitel 3 werden die verschiedenen Effizienzkriterien des Wertpapierhandels definiert und beschrieben.

Im zweiten Hauptschnitt wird in Kapitel 4 zunächst auf das Marktumfeld des Online Brokerage eingegangen, indem die wichtigsten Begriffe erklärt und voneinander abgegrenzt werden. Danach wird auf die Entwicklung des Internets und seine Attraktivität für den Wertpapierhandel eingegangen. Es folgt eine Vorstellung der Sicherheitsmechanismen beim Online Brokerage. Zum Abschluss des Kapitels werden einige Erläuterungen zur Orderabwicklung beim Online Brokerage gegeben.

Kapitel 5 beginnt mit einer Darstellung des deutschen Marktes für Online Brokerage, einige Online Broker aus diesem Markt werden hier vorgestellt. Im Anschluss wird das große Leistungsangebot der Online Broker dargestellt und das Angebot der vier größten deutschen Online Broker verglichen. Kapitel 6 beendet die Arbeit mit einer kritischen Würdigung und Schlussbetrachtung, indem die Effizienz des Online Brokerage mit Hilfe der in Kapitel 3 dargestellten Effizienzkriterien beurteilt wird.

2 ORGANISATIONSFORMEN DES WERTPAPIERHANDELS

2.1 Der börsliche Wertpapierhandel

Der Wertpapierhandel ist der Handel mit Urkunden, die ein privates Recht verbriefen.[4] Wie auch für andere Güter haben sich für Wertpapiere Märkte gebildet, an denen sich der börsenmäßige Handel abwickelt. Die Wertpapierbörse ist der organisierte Handelsmarkt für Wertpapiere und Derivate,[5] der von staatlich anerkannten Stellen geregelt und überwacht wird, der regelmäßig stattfindet und für das Publikum unmittelbar oder mittelbar zugänglich ist.[6] Hinsichtlich der Art des Handels unterscheidet man heute zwischen Präsenzbörsen und elektronischen Handelssystemen bzw. Computerbörsen. Für die Analyse der Börsenhandelssysteme soll zunächst der Ablauf des Wertpapierhandels allgemein vorgestellt werden.

2.2 Phasen des Wertpapierhandelsprozesses

Der Wertpapierhandelsprozess lässt sich in die Informationsphase, die Orderroutingphase, die Abschlussphase (Preisfeststellungsphase) und die Abwicklungsphase unterteilen[7] (vgl. Abb. 1).

2.2.1 Informationsphase

In dieser Phase versorgen sich die Investoren mit Informationen, die sie für die gewünschte Markttransaktion benötigen, um Entscheidungen zu treffen.[8] Diese Entscheidungen können individuell oder mit einem Vermögensberater getroffen werden.

Das Spektrum der verfügbaren Informationen umfasst marktexogene Informationen der Informationsprovider (z. B. Unternehmensnachrichten, Wertpapieranalysen) und marktendogene Informationen, die im Markt während des Handels entstehen (z. B. aktuelle Kurse bzw. Kurszeitreihen und Volumina anstehender und ausgeführter Orders[9] ).[10]

Für die Informationsbeschaffung stehen eine Reihe von etablierten und neuen Informationsintermediären zur Verfügung, die von Beratungsabteilungen der Brokerunternehmen oder Banken über die Wirtschaftsfachpresse, Analysten bis hin zu den Angeboten im Internet und sonstigen elektronischen Netzwerken reichen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1: Phasen des Wertpapierhandelsprozesses[11]

Traditionelle Anbieter für marktexogene Informationen sind z. B. Reuters und Bloomberg.[12] Da die gewonnenen Informationen als Auslöser von Handelsentscheidungen gelten, kommt der Informationsphase eine grundlegende Bedeutung zu.

2.2.2 Orderroutingphase

In der Orderroutingphase wird der Kauf- bzw. Verkaufsauftrag an den gewünschten Ort geleitet, nachdem eine Enscheidung in der Informationsphase für den Kauf bzw. Verkauf – z. B. eines Wertpapiers – getroffen wurde. Dies geschieht durch den Investor selbst, falls er direkten Zugang zum Handelssystem hat,[13] oder durch einen Zugangsintermediär (Bank, Broker etc.).[14]

Die Orders können nach verschieden Kriterien spezifiziert werden. Das sind z. B. der maximale Kauf- bzw. minimale Verkaufspreis (Limit), das Volumen der Order und die zeitliche Gültigkeit der Order.[15] Eine Order muss alle für einen Handelsabschluss erforderlichen Daten enthalten wie die genaue Bezeichnung des Wertpapiers (z. B. Wertpapier-Kennnummer), die gewünschte Menge, den Namen des Auftraggebers sowie weitere Informationen für die Geschäftsabwicklung (z.B. Kontonummer des Auftragsgebers). Die Order kann dann an das gewünschte Börsenhandelssystem weitergeleitet werden.[16]

Das Broker-Geschäft (Brokerage) besteht im Wesentlichen darin, Wertpapiere für fremde Rechnung im eigenen Namen zu kaufen und zu verkaufen und nach Kontraktpartnern zu suchen. Einige Banken bieten neben dem Brokerage-Geschäft auch die personalisierte Beratung an. Durch technische Entwicklungen entstand das Discount Brokerage[17], das personalisierte Beratung ausschließt und sich ganz auf das Orderrouting konzentriert.

2.2.3 Abschlussphase (Preisfeststellungsphase)

In dieser Phase kommt es zur eigentlichen Ausführung des Auftrags, indem eine entsprechende Gegenpartei gefunden und der Handelspreis festgesetzt wird.[18] Wird ein passender Gegenauftrag gefunden (order driven market) oder wird ein Market-Maker[19] zum Handelspartner (quote driven market), werden die Aufträge durch den Handel ausgeführt.

Das Preisfindungsverfahren kann auf verschiedenen Wegen erfolgen, welche sich in der Kursfeststellung und in der Funktion der Gegenpartei unterscheiden. Je nachdem welches Verfahren der Preisfindung gewählt wird, zeigt sich eine bestimmte Börsenstruktur.[20]

Die Abschlussphase ist das zentrale Glied der Transaktionskette des Handelsgeschäfts, da die Hauptaufgabe der Handelsplattform – die Zusammenführung von Angebot und Nachfrage – in dieser Phase erfüllt wird.

2.2.4 Abwicklungsphase

In dieser Phase erfolgt das Verfügungsgeschäft.[21] Die ausgeführten Transaktionen werden zunächst durch die indirekten und die direkten Marktteilnehmer verglichen und die Handelsparteien über die Transaktion in Form einer Ausführungsbestätigung sowie über die Begleichung der Forderungen und Verbindlichkeiten benachrichtigt.[22] Die aus dem Abschluss resultierenden Zahlungsverpflichtungen der Vertragspartner werden ermittelt und den Vertragspartnern mitgeteilt (Clearing der Transaktion). Dies geschieht in der Regel durch eine zentrale Institution, das sogenannte Clearing-Haus.[23]

Am Abwicklungstag wird die Transaktion erfüllt und abgeschlossen, indem das Handelsobjekt und der entsprechende Geldgegenwert ausgetauscht werden (Settlement).[24] Die Clearstream Banking Frankfurt (der Zentralverwahrer der Deutschen Börse) ist die Abwicklungsstelle für alle Geschäfte in XETRA[25].[26]

2.3 Verfahrensformen des Wertpapierhandels

Bei der Entwicklung der Wertpapiermärkte haben sich verschiedene Verfahrensformen des Handels herausgebildet. Sie lassen sich in Auktionshandel, Market-Maker-Handel und Hybridhandel (Mischformen) unterscheiden.[27]

2.3.1 Auktionshandel (order driven market)

Auf einem Auktionsmarkt werden die Preise für das Handelsobjekt direkt durch den Ausgleich vorliegender Kauf- und Verkaufsaufträge ermittelt.[28] Ein Auktionssystem liegt also vor, wenn die Orders der Investoren direkt in einem Orderbuch[29] (ohne einen Handelsintermediär) aufeinander treffen (vgl. Abb. 2).

Es lassen sich zwei Arten von Auktionsverfahren bei der Zusammenführung der Orders unterscheiden: das Einzelkursverfahren und der kontinuierliche Handel.[30]

Beim Einzelkursverfahren (single price auctions – oder – call markets) wird eine Auktion nur einmal pro Periode ausgeführt.[31] Die Orders der Investoren werden gesammelt und zu fixierten Zeitpunkten zu einem einheitlichen Kurs ausgeführt.[32]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2: Auktionshandel (order driven market)[33]

Die Kursfeststellung erfolgt über alle vorliegenden Aufträge gemäß dem Meistausführungsprinzip, das heißt, es wird der Ausführungskurs gewählt, bei dem der höchste Handelsumsatz erzielt werden kann.[34] Der Vorteil der Single-Price-Auctions ist, dass über eine bestimmte Periode hinweg Handelsaufträge gesammelt und volumenmaximierend ausgeführt werden können.[35]

Beim kontinuierlichen Handel (multiple price auction oder continuous market) können Käufer und Verkäufer ihre Handelsaufträge fortlaufend in das System eingeben. Wenn sich die ausführbaren Aufträge gegenüberstehen, findet das Zusammenführen von Angebot und Nachfrage statt. Bei ausreichender Anzahl von Aufträgen und entsprechenden Gegenaufträgen, die zusammengeführt werden, entstehen während der gesamten Handelszeit aktuelle Kurse.[36]

2.3.2 Market-Maker-Handel (quote driven market)

Auf dem Market-Maker-Markt werden die Handelsaufträge der Investoren oder deren Vertreter im Gegensatz zum Auktionsmarkt durch einen speziellen Marktteilnehmer (Market-Maker), der fortlaufend verbindliche An- und Verkaufskurse für bestimmte Wertpapiere stellt bzw. quotiert, abgeschlossen[37] (vgl. Abb. 3).

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Abb.3: Market-Maker-Handel (quote driven market)[38]

Der Market-Maker fordert für seine ständige Kauf- und Verkaufsbereitschaft eine Prämie ein, die als Geld-Brief-Spanne des Market-Makers zu bezeichnen ist, wobei er bei der Einforderung eines Quotes häufig im Voraus nicht weiß, ob der Geld- bzw. der Briefkurs letztlich zum Geschäft führen wird .[39] Die Market-Maker können z. B. (specialists) wie an der NASDAQ, verpflichtete Handelsintermediäre wie an der Londoner SEAQ, sowie freiwillige Handelsintermediäre wie in XETRA sein.[40]

Beim Market-Maker-Handel ist den Handelsteilnehmern bekannt, welcher Händler bzw. welche Institution in welchem Titel als Market-Maker auftritt.[41] Vorteil eines solchen Marktes ist die ständige Bereitstellung der Liquidität durch den Market-Maker, der jederzeit eine sofortige Handelbarkeit der Wertpapiere garantiert.[42]

Nach der wettbewerblichen Gestaltung unterscheidet man zwischen monopolistischem und multiplem Market-Maker-System. Wenn für jeden Handelsauftrag nur ein Market-Maker zugelassen ist, kann von einem monopolistischen Market-Maker-System gesprochen werden. Werden dagegen mehrere Market-Maker pro Handelsauftrag zugelassen, unter denen somit Wettbewerb herrscht, spricht man von einem multiplen bzw. konkurrierenden Market-Maker-System.[43]

2.3.3 Hybridhandel (Mischformen)

Die bisher dargestellten Verfahren des Handels (Auktionshandel und Market-Maker-Handel) treten an realen Märkten selten in reiner Form auf.[44] Durch die Kombination dieser beiden Verfahren sollen die Vorteile beider Formen verbunden werden.[45] So tritt z. B. ein Market-Maker als neutraler Preisfeststeller im Auktionsmarkt auf (wie z. B. der Spezialist an der NYSE), kann aber auch selbst als Partei im Handel agieren.[46]

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Abb. 4: Hybridhandel[47]

Ein Handelsauftrag kann gegen einen anderen Handelsauftrag ausgeführt werden oder aber auch (bei kompatiblen Transaktionsdaten) gegen ein Quote eines Market-Makers.[48] Ein Market-Maker ist im Hybridhandel nicht verpflichtet, ständig Ankaufs- bzw. Verkaufskurse zu stellen.[49]

In Deutschland folgt das elektronische Handelssystem XETRA grundsätzlich dem Auktionsprinzip. Da aber Market-Maker in XETRA zugelassen sind, stellt dieser Markt einen Hybridhandel dar.[50]

2.4 Automatisierung des Wertpapierhandels

Der zentrale Unterschied zwischen Präsenz- und Computerhandel betrifft die Automatisierung der Zusammenführung von Kauf- und Verkaufsaufträgen und der Preisfeststellung. Diese Automatisierung führt zur Kostenersparnis und erhöht damit die operative Effizienz des Handelssystems.[51] In Bezug auf den Automatisierungsgrad lassen sich verschiedene Grundtypen unterscheiden: computerunterstützter Parketthandel, computerunterstützte Handelssysteme (teilautomatisierte Handelssysteme) und Computerhandel[52] (vollautomatisierte Handelssysteme).[53]

2.4.1 Computerunterstützter Parketthandel

Der Präsenz- oder Parketthandel ist die klassische Form des Börsenhandels, bei der der Handel auf dem Börsenparkett[54] bei physischer Anwesenheit der Marktteilnehmer stattfindet.[55] Börsenhändler treffen zu den festgesetzten Börsenzeiten aufeinander und führen Handelsaufträge oder Eigengeschäfte in Form von persönlich ausgehandelten Kontrakten mit abschlussbereiten Kontrahenten bzw. deren Vertretern aus.[56]

Im Parketthandel können periphere Funktionen elektronisch unterstützt werden. Diese elektronische Unterstützung kann sich grundsätzlich auf alle während der Handelszeit notwendigen Elementarprozesse und -funktionen außer der eigentlichen Orderausführung beziehen. Dazu gehören z. B. die Weiterleitung von Handelsaufträgen an die Börse (orderrouting), die Verbreitung marktrelevanter Daten (information dissemination) sowie die Preisfindung (price discovery).[57]

Ein Beispiel für den computerunterstützten Parketthandel findet sich an der Frankfurter Wertpapierbörse (FWB). An allen deutschen Börsen[58] wird seit 1993 das System BOSS-CUBE (Börsen-Order-Service-System/Computer-unterstütztes Börsenhandels- und Entscheidungssystem) eingesetzt. Dieses System ermöglicht eine elektronische Weiterleitung der Orders vom Händlerplatz direkt und ohne Zeitverzug in das als Skontro bezeichnete Orderbuch des Skontroführenden Maklers oder Freimaklers. Die Präsenz auf dem Börsenparkett ist dann nicht mehr unbedingt erforderlich.[59]

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2.4.2 computerunterstützte Handelssysteme (teilautomatisierte Handelssysteme)

Bei computerunterstützten Handelssystemen entfällt die physische Präsenz der Börsenhändler. Es existiert hier jedoch noch keine vollständige Automatisierung. Die Orderweiterleitung und die Darstellung des Orderbuches werden bei Preisinformations- oder Quotierungssystemen vom Computersystem übernommen. Die Marktteilnehmer stellen ihre nach Preis und Volumen spezifizierten Kauf- und Verkaufsorders in das System über ein Terminal (PC, Workstation oder ein intelligentes Terminal) ein. Diese Orders werden je nach Orderbuchdesign gemäß formulierter Regeln des Orderbuches (z. B. Preis-Zeit-Priorität) aufgelistet und allen Systemteilnehmern über Bildschirm angezeigt. Die eigentliche Aushandlung der Spezifikationen sowie der Kontraktabschluss findet jedoch in der Regel telefonisch statt.[60]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Der Telefonhandel an der Börse in London stellt ein treffendes Beispiel für computerunterstützte Handelssysteme dar. Die Einführung des automatischen bildschirmgestützten Kursanzeigesystems SEAQ (Stock Exchange Automated Quotation System) führte hier zum Verschwinden des traditionellen Parketthandels. SEAQ ist ein reines Anzeigesystem und ermöglicht deshalb innerhalb des Systems weder einen Geschäftsabschluss noch die Geschäftsdurchführung. Der Handel erfolgt über das Telefon in den Büros der Broker und Market-Maker, in denen SEAQ-Terminals installiert sind.[61]

2.4.3 Computerhandel (vollautomatisierte Handelssysteme)

Ein Handelssystem wird als vollautomatisiert bezeichnet, wenn keinerlei direkte menschliche Interaktion mehr stattfindet, um Geschäftsabschlüsse zu erzielen, so dass alle Handelsphasen innerhalb eines Informations- und Kommunikationssystems ablaufen.[62] Man unterscheidet zwischen Computerhandelssystemen und Computerbörsensystemen.

2.4.3.1 Computerhandelsysteme (elektronische Handelssysteme EHS)

Der wesentliche Unterschied zwischen den computerunterstützten Handelssystemen in Abschnitt 2.4.2 und Computerhandelssystemen ist die Computerisierung der Zusammenführung von Kauf- und Verkaufsaufträgen und der Preisbildung. Bei Computerhandelssystemen wird eine Transaktion unmittelbar durch Aktionen der Marktteilnehmer ausgelöst. Wird ein limitierter Auftrag eines anderen Marktteilnehmers angenommen, kommt eine Transaktion zu dem in diesem Auftrag spezifizierten Preis zustande. Alle von den anderen Marktteilnehmern erteilten Aufträge werden auf den Handelsbildschirmen angezeigt, so dass ein hohes Maß an Markttransparenz gewährleistet wird.[63]

[...]


[1] S. Claessens u. a. (2002), Journal of Financial Services Research, S. 29.

[2] Vgl. C. Imo (2000), S. 265 u. 268.

[3] Vgl. hierzu Abschnitt 5.1.

[4] Vgl. G. Krettek (1993), S.11, 63f.

[5] Als Derivate bezeichnet man Rechte (z. B. Optionen, Finanzterminkontrakte), deren Preis von Veränderungen von Wertpapierkursen, Devisenkursen oder Zinssätzen abhängt.

[6] Vgl. G. Krettek (1993), S. 63f.

[7] Vgl. A. Picot u. a. (1996), S. 16f.

[8] Vgl. A. Picot u. a. (1996), S.17.

[9] Order ist die Bezeichnung für einen Auftrag eines Kunden an ein Kreditinstitut oder Wertpapierdienstleistungsinstitut, durch den er dieses zum Kauf oder Verkauf einer bestimmten Menge von Wertpapieren usw. an einer Wertpapierbörse beauftragt.

[10] Vgl. P. Gomber (2000), S. 18f.

[11] Quelle: A. Picot u. a. (1996), S. 16f; eigene Darstellung und Bearbeitung.

[12] Vgl. P. Gomber (2000), S. 19.

[13] Vgl. Abschnitt 4.4.

[14] Vgl. A. Picot u. a. (1996), S.17.

[15] Vgl. P. Gomber (2000), S. 20.

[16] Vgl. H. Ruland (2001), S. 77; siehe zu weiteren Ausführungen Abschnitt 4.4.

[17] Zur Definition des Discount Brokerage vgl. Abschnitt 4.1.3.

[18] Vgl. R. Scheffrahn (1992), S. 155.

[19] Market-Maker ist ein von der Börse speziell befugter Marktteilnehmer , der jederzeit auf Anfrage verbindliche Kauf- und Verkaufskurse stellt (vgl. Abschnitt 4.3.2).

[20] Vgl. R. Scheffrahn (1992), S. 155; P. Gomber (2000), S. 21; siehe Abschnitt 2.3.

[21] Vgl. H. Röhrl (1996), S. 22.

[22] Vgl. R. Scheffrahn (1992), S. 156.

[23] Vgl. W. Gerke (2002), S. 193.

[24] Vgl. W. Gerke (2002), S. 717.

[25] XETRA: Exchange Electronic Trading, elektronisches Handelssystem der Deutschen Börse AG.

[26] Vgl. W. Gerke (2002), S. 193.

[27] Vgl. H. Röhrl (1996), S. 26.

[28] Vgl. T. Kirchner (1999), S. 41.

[29] „Als Orderbuch wird das zumeist in elektronischer Form geführte Verzeichnis des für die Kursfeststellung zuständigen Maklers bezeichnet, in dem er alle für die Kursfeststellung relevanten Kauf- und Verkaufsaufträge sammelt“ : W. Gerke (2002), S. 518, Begriff: Maklerskontro.

[30] Vgl. T. Kirchner (1999), S. 41; E. Peiseler (1990), S. 73f.

[31] Vgl. E. Theissen (1998a), S. 13f; N. Schenk (1997), S. 26.

[32] Vgl. M. Ramser (2001), S. 13.

[33] Eigene Darstellung in Anlehnung an : H. Röhrl (1996), S. 26 und A. Picot u. a. (1996), S. 58.

[34] Vgl. M. Ramser (2001), S. 13; T. Kirchner (1999), S. 41; N. Schenk (1997), S. 26.

[35] Vgl. N. Schenk (1997), S. 26.

[36] Vgl. E. Theissen (1998a), S. 10f; M. Ramser (2001), S. 12f.

[37] Vgl. M. Ramser (2001), S. 10f;E. Peiseler (1990), S. 83f; H. Röhrl (1996), S. 26.

[38] Eigene Darstellung in Anlehnung an : H. Röhrl (1996), S. 26 und A. Picot u. a. (1996), S. 59.

[39] Vgl. E. Theissen (1998a), S. 8f; R. Scheffrahn (1992), S. 77f; M. Ramser (2001), S. 10f.

[40] Vgl. N. Schenk (1997), S. 27; E. Theissen (1998a), S. 9.

[41] Vgl. R. Scheffrahn (1992), S. 80.

[42] Vgl. R. Scheffrahn (1992), S. 78.

[43] Vgl. N. Schenk (1997), S. 27.

[44] Vgl. T. Kirchner (1999), S. 42.

[45] Vgl. M. Ramser (2001), S. 14f.

[46] Vgl. H. Röhrl (1996), S. 26; M. Ramser (2001), S. 14f; E. Theissen (1998a), S. 15f.

[47] Eigene Darstellung in Anlehnung an: H. Röhrl (1996), S. 26.

[48] Vgl. N. Schenk (1997), S. 29.

[49] Vgl. T. Kirchner (1999), S. 42; H. Röhrl (1996), S. 26.

[50] Vgl. W. Gerke (2002), S. 402.

[51] Vgl. E. Theissen (1998b), S. 172f.

[52] Der Begriff Computerhandel wird in der wissenschaftlichen Literatur unterschiedlich definiert. Eine detaillierte Unterscheidung zwischen Computerhandelssystemen und Computerbörsensystemen erfolgt in Abschnitt 2.4.3.

[53] Vgl. K. J. Hopt/H. Baum (1997), S. 340f; N. Schenk (1997), S. 81ff; T. Kirchner (1999), S. 43.

[54] Börsenparkett (trading floor) ist ein Ort im Börsensaal, zu dem nur zugelassene Marktteilnehmer Zutritt haben.

[55] Vgl. E. Theissen (1998b), S. 173 ; W. Gerke (2002), S. 629.

[56] Vgl. W. Gerke (1993), S. 726; N. Schenk (1997), S. 83.

[57] Vgl. N. Schenk (1997), S. 83.

[58] In Deutschland gibt es acht Regionalbörsen, und zwar in Hamburg, Bremen, Hannover, Berlin, Düsseldorf, Frankfurt am Main, Stuttgart und München. Am Umsatz gemessen nimmt Frankfurt am Main die Spitzenstellung ein.

[59] Vgl. K. J. Hopt/H. Baum (1997), S. 341; N. Schenk (1997), S. 83.

[60] Vgl. N. Schenk (1997), S. 84.

[61] Vgl. K. J. Hopt/H. Baum (1997), S. 342.

[62] Vgl. A. Picot u. a. (1996), S. 34.

[63] Vgl. E. Theissen (1998b), S. 172f.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2003
ISBN (eBook)
9783832484170
ISBN (Paperback)
9783838684178
DOI
10.3239/9783832484170
Dateigröße
571 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Helmut-Schmidt-Universität - Universität der Bundeswehr Hamburg – Wirtschafts- und Organisationswissenschaften
Erscheinungsdatum
2004 (November)
Note
1,3
Schlagworte
e-business e-commerce wertpapierhandel internet e-finance
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