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Unternehmensführung in Inflationsländern

©2004 Diplomarbeit 106 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Problemstellung:
Inflation ist ein bedeutsames volkswirtschaftliches Phänomen, welches von den Wirtschaftssubjekten in der Regel unterschiedlich stark wahrgenommen wird. Obwohl oder gerade weil die Wirtschaftssubjekte eine Inflation unterschiedlich beurteilen und wahrnehmen, ergeben sich aus diesem Zusammenhang beträchtliche Konsequenzen. Diese Konsequenzen können abhängig vom betrachteten Wirtschaftssubjekt allerdings voneinander abweichen. Haushalte nehmen eine Inflation in der Regel als etwas Negatives wahr; die Kaufkraft scheint in der Höhe der Inflationsrate zu schwinden ,ohne dass etwas dagegen getan werden könnte oder ein Ausgleich diesen Verlust kompensiert. Bei Unternehmen kann es zu Beeinträchtigungen des Rechnungswesens führen und es müssen Wege gefunden werden, um betriebswirtschaftliche Abläufe und Größen auch bei Inflation planen und kontrollieren zu können.
Beachtet werden muss allerdings, dass Inflation eine Erscheinung ist, die sich an keinen geregelten Ablauf hält; sie kann je nach Ursache und der Reaktion der Wirtschaftssubjekte sehr unterschiedlich ausfallen. Tangierte Wirtschaftssubjekte sind beispielsweise Unternehmen, die in Inflationsländern „heimisch“ sind und so den Konsequenzen einer Inflation ausgesetzt sind.
Weiterhin kann die Inflation Unternehmen betreffen, welche vermehrt international aktiv sind und in verschiedenen Ländern der Welt die makroökonomischen Gegebenheiten als externe, nicht zu beeinflussende Variablen, hinnehmen müssen. Ein solches Unternehmen ist beispielsweise die Daimler-Chrysler AG, welche im Jahr 2003 insgesamt 93 Produktionsstätten in 17 Ländern betrieb.
Ursache für die zunehmende Internationalisierung von Unternehmen ist unter anderem die Mitte des 20ten Jahrhunderts verstärkt begonnene wirtschaftliche Liberalisierung. Ausgangspunkt dieser Entwicklung waren die von den britischen Nationalökonomen Adam Smith (1723- 1790) und David Ricardo (1772 –1823) systematisch entwickelten Theorien des Wirtschaftsliberalismus, der Arbeitsteilung und des Freihandels, mit welchen der Protektionismus auch größtenteils in der Praxis überwunden werden konnten.
Einen besonderen Anteil an dieser Entwicklung, welche seit den 1990er Jahren vermehrt mit dem Schlagwort „Globalisierung“ versehen wird, hatten die nach dem zweiten Weltkrieg geschaffenen Institutionen und Abkommen.
1944 wurden in Bretton Woods (New Hampshire, USA) der internationale Währungsfond und die Weltbank geschaffen; ersterer soll […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Inhaltsverzeichnis

ABBILDUNGSVERZEICHNIS

ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS

A Theoretischer Teil
1. Einführung
1.1. Problemstellung
1.2. Begriffserklärung „Inflation“ und Inflationsarten
2. Theoretische Aspekte der Inflation
2.1.Messung der Inflation; Preisindizes und deren Charakteristika
2.2. Ursachen einer Inflation
2.2.1. Monetäre Inflationstheorie
2.2.2. Nicht monetäre Inflationstheorie / Realwirtschaftlich induzierte Inflation
2.2.2.1. Nachfrageinduzierte Inflation
2.2.2.2. Angebotsinduzierte Inflation
3. Inflationswirkungen / Konsequenzen der Inflation
3.1. Volkswirtschaftliche Sicht der Inflation
3.1.1. Allokation, Wachstum und Verteilung
3.1.2. Relative Kaufkraftparitäten-Theorie
3.1.3. Fisher-Effekt
3.1.4. Internationaler Fisher-Effekt
3.2. Konsequenzen der Inflation für das Unternehmen
3.2.1. Betriebswirtschaftliche Bedeutung der Inflation
3.2.2. Rechnungslegung bei Inflation
3.2.2.1. Kapital / Substanzerhaltung des Unternehmens
3.2.2.2. Verschiedene Ansätze zur Substanzerhaltung
3.2.2.3. Scheingewinne in der Bilanz
3.2.3. Kostenrechnung bei Inflation
3.2.3.1. Preiskalkulation bei Inflation
3.2.3.2. Vertragsabschluss bei Inflation
3.2.3.3. Möglichkeiten zur Abstimmung der Kostenrechnung auf eine Inflation
3.2.3.4. Aussagekraft der betrieblichen Kostenrechnung
4. Berücksichtigung der Inflation bei der Unternehmensführung
4.1. Erfassung und Kontrolle von Inflation
4.2. Planung und Einbeziehung von Inflation in Entscheidungsprozesse

B Empirischer Teil
1. Einführung
2. Darstellung des Karstadt Quelle Konzerns
2.1. Historische Entwicklung der Karstadt Quelle AG
2.2. Rechtliche Grundlagen und Konsolidierungskreis
2.3. Segmente und Umsatzstruktur der Karstadt Quelle AG
2.4. Risikoberichterstattung der Karstadt Quelle AG/Berücksichtigung von Inflation im Jahresabschluss
3. Erläuterungen zur Durchführung der Deflationierung
3.1. Einführung
3.2. Erläuterung der Tabellen
3.2.1. Stammblatt
3.2.2. Konzernumsatz
3.2.3. Wareneinsatz
3.2.4. Andere aktivierte Eigenleistungen
3.2.5. Betriebliche Erträge und Aufwendungen
3.2.6. Personalaufwand
3.2.7. Sonstige Steuern
3.2.8. Beteiligungsergebnis
3.2.9. Abschreibungen
3.2.10. Konzernsabschluss
4. Ergebnisse der durchgeführten Deflationierung
4.1. Einführung
4.2. Darstellung der Ergebnisse
4.2.1. Konzernumsatz
4.2.2. Wareneinsatz
4.2.3. Andere aktivierte Eigenleistungen
4.2.4. Betriebliche Erträge und Aufwendungen
4.2.5. Personalaufwand
4.2.6. Abschreibungen
4.2.7. Konzernabschluss
5. Gesamtergebnis der durchgeführten Deflationierung

C Fazit

QUELLENVERZEICHNIS.

EIDESSTATTLICHE VERSICHERUNG..

ANHANG.siehe beiliegende CD-ROM

ABBILDUNGSVERZEICHNIS

Theoretischer Teil:

Abbildung Nr.1: Foreign Direct Investment Inflows, nach Empfängerländern/ Empfängerregionen in Millionen US-$.

Abbildung Nr.2: Inflationsraten p.a. in ausgewählten Ländern 2000-2003

Abbildung Nr.3: Schleichende Inflation; Consumer prices p.a. in % in ausgewählten Ländern 1965-1985

Abbildung Nr.4a: Hochinflationen bzw. Hyperinflationen; Consumer prices p.a in % in ausgewählten Ländern 1980-1994

Abbildung Nr.4b: Identische Daten wie bei Nr. 4a bei geänderter Skalierung der Größenachse..

Abbildung Nr.5: Genaue Daten einiger Hyperinflationen

Abbildung Nr.6a: HVPI- Inflationsrate und wichtige Teilkomponenten; Veränderung gegenüber Vorjahr in %

Abbildung Nr.6b: HVPI – Inflationsrate und wichtige Teilkomponenten; Veränderung gegenüber Vorjahr in %

Abbildung Nr.7: Monetäre Inflationstheorie..

Abbildung Nr.8: Gliederung der endogenen, nicht-monetären Inflationsursachen

Abbildung Nr.9: Demand-Pull Inflation

Abbildung Nr.10: Cost-Push Inflation.

Abbildung Nr.11: Internationale Paritätsbeziehungen.

Abbildung Nr.12: Gliederung von Unternehmenserhaltungskonzeptionen.

Abbildung Nr.13: Scheingewinne in nicht-monetären Bilanzpositionen

Abbildung Nr.14: Systeme der Kostenrechnung im Vergleich

Abbildung Nr.15: Ausgangsdaten für Konzeptvergleich.

Abbildung Nr.16: Beispieldaten für den Ansatz zu historischen Anschaffungskosten

Abbildung Nr.17: Beispieldaten für den Ansatz zu Wiederbeschaffungskosten.

Abbildung Nr.18: Beispieldaten für den Ansatz zu historischen inflationskorrigierten Anschaffungskosten.

Abbildung Nr.19: Phasenablauf einer Planung

Abbildung Nr.20: Unterscheidung von Risiko und Ungewissheit

Abbildung Nr.21: Aufgaben und mögliche Schnittstellen des Inflations-Controllers zu anderen Unternehmenszweigen.

Abbildung Nr.22: Absatzmengen im zeitlichen Vergleich..

Abbildung Nr.23: Beispiel einer rollierenden Planung Empirischer Teil:

Abbildung Nr.24: Berücksichtigung von Inflation in US-GAAP und IFRS

Abbildung Nr.25: Umsatz nach Geschäftsbereichen 2002 und

Abbildung Nr.26: Umsatz nach Regionen 2002 und

Abbildung Nr.27: Übersicht der verwendeten Inflationsindizes..

Abbildung Nr.28: Prozentualer Vergleich der verschiedenen Konzernumsätze zum Basisjahr 2001.

Abbildung Nr.29: Prozentualer Vergleich der Wareneinsätze zum Basisjahr 2001.

Abbildung Nr.30: Prozentualer Vergleich der anderen aktivierten Eigenleistungen zum Basisjahr 2001.

Abbildung Nr.31: Prozentualer Vergleich der betrieblichen Erträge und Aufwendungen zum Basisjahr

Abbildung Nr.32: Prozentuale Veränderung des Personalaufwands zum Basisjahr 2001.

Abbildung Nr.33: Prozentuale Veränderung der Abschreibungen zum Basisjahr 2001.

Abbildung Nr.34: Prozentuale Veränderung des EBIT zum Basisjahr

Abbildung Nr.35: Prozentuale Veränderung des EBIT der Modellrechnungen A & B zum nominellen Wert des Jahres 2002.

ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

A Theoretischer Teil

1. Einführung

1.1. Problemstellung

Inflation ist ein bedeutsames volkswirtschaftliches Phänomen, welches von den Wirtschaftssubjekten in der Regel unterschiedlich stark wahrgenommen wird. Obwohl oder gerade weil die Wirtschaftssubjekte eine Inflation unterschiedlich beurteilen und wahrnehmen, ergeben sich aus diesem Zusammenhang beträchtliche Konsequenzen. Diese Konsequenzen können abhängig vom betrachteten Wirtschaftssubjekt allerdings voneinander abweichen. Haushalte nehmen eine Inflation in der Regel als etwas Negatives wahr; die Kaufkraft scheint in der Höhe der Inflationsrate zu schwinden ,ohne dass etwas dagegen getan werden könnte oder ein Ausgleich diesen Verlust kompensiert. Bei Unternehmen kann es zu Beeinträchtigungen des Rechnungswesens führen und es müssen Wege gefunden werden, um betriebswirtschaftliche Abläufe und Größen auch bei Inflation planen und kontrollieren zu können.

Beachtet werden muss allerdings, dass Inflation eine Erscheinung ist, die sich an keinen geregelten Ablauf hält; sie kann je nach Ursache und der Reaktion der Wirtschaftssubjekte sehr unterschiedlich ausfallen. Tangierte Wirtschaftssubjekte sind beispielsweise Unternehmen, die in Inflationsländern „heimisch“ sind und so den Konsequenzen einer Inflation ausgesetzt sind.

Weiterhin kann die Inflation Unternehmen betreffen, welche vermehrt international aktiv sind und in verschiedenen Ländern der Welt die makroökonomischen Gegebenheiten als externe, nicht zu beeinflussende Variablen, hinnehmen müssen. Ein solches Unternehmen ist beispielsweise die Daimler-Chrysler AG, welche im Jahr 2003 insgesamt 93 Produktionsstätten in 17 Ländern betrieb.[1]

Ursache für die zunehmende Internationalisierung von Unternehmen ist unter anderem die Mitte des 20ten Jahrhunderts verstärkt begonnene wirtschaftliche Liberalisierung. Ausgangspunkt dieser Entwicklung waren die von den britischen Nationalökonomen Adam Smith (1723- 1790) und David Ricardo (1772 –1823) systematisch entwickelten Theorien des Wirtschaftsliberalismus, der Arbeitsteilung und des Freihandels, mit welchen der Protektionismus auch größtenteils in der Praxis überwunden werden konnten.[2]

Einen besonderen Anteil an dieser Entwicklung, welche seit den 1990er Jahren vermehrt mit dem Schlagwort „Globalisierung“ versehen wird, hatten die nach dem zweiten Weltkrieg geschaffenen Institutionen und Abkommen.

1944 wurden in Bretton Woods (New Hampshire, USA) der internationale Währungsfond und die Weltbank geschaffen; ersterer soll den Welthandel und die internationalen Währungsbeziehungen stabilisieren. Die Weltbank hingegen ist eine internationale Institution zur multilateralen Entwicklungshilfe, deren Hauptaufgabe die Vergabe von Krediten an Entwicklungsländer ist.[3]

Des Weiteren wurde im Jahre 1948 das „Allgemeine Zoll- und Handelsabkommen“ (GATT – General Agreement on Tariffs and Trade) in Kraft gesetzt, in dessen Rahmen in acht Zollsenkungsrunden die mengenmäßigen Handelsbeschränkungen weitgehend, die tarifären Handelshemmnisse zu wesentlichen Teilen beseitigt wurden.[4]

Nachfolgerin der GATT wurde 1995 die WTO (World Trade Organisation) welche nicht mehr ausschließlich den Handel mit Gütern regelt, sondern nun auch Dienstleistungen[5], Urheberrechte[6] und Regelungen zu Direktinvestitionen[7] in multilaterale Abkommen fasst.

Im Zuge dieser Entwicklungen hat die Bedeutung von Unternehmen, die nicht nur im Außenhandel tätig sind, sondern auch jenseits ihrer nationalen Grenzen Waren produzieren und Dienstleistungen erbringen, stark zugenommen. Die Zahl solcher Unternehmen, die man als multinationale oder auch transnationale Unternehmen bezeichnet, ist seit 1990 erheblich angestiegen; waren es damals noch circa 7000, so existieren mittlerweile bereits etwa 65.000 Muttergesellschaften und 850.000 dazugehörige Tochtergesellschaften.[8]

Abbildung Nr.1: Foreign Direct Investment Inflows, nach Empfängerländern/ Empfängerregionen in Millionen US-$[9]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

a: jährlicher Durchschnitt von 1992-1996

Auch wenn ab dem Jahr 2001 in den meisten hier betrachteten Ländern ein Rückgang der FDIs zu verzeichnen ist, so erreichen die weltweiten FDIs im Jahr 2002 noch den ca. 2,6fachen Wert des Durchschnittsniveaus der Jahre 1991-1996.

Direktinvestitionen beschränken sich aber nicht nur auf Länder oder wirtschaftliche Integrationszonen, in denen durch politische Entwicklungen oder Institutionen die Inflationsrate erfolgreich auf einem akzeptablen (siehe dazu Fußnote Nr. 13) Niveau gehalten werden kann.

Eine solche Integrationszone, ist die Europäische Union, welche durch den in Maastricht geschlossenen Vertrag am 01.11.1993 in Kraft trat.

Der Maastrichter Vertrag der Europäische Union umfasste u.a. einen dreistufigen Übergang zu einer Wirtschafts- und Währungsunion bis spätestens 1999 für alle Länder, welche die festgesetzten strengen Beitrittskriterien erfüllen konnten.[10]

Innerhalb dieser Wirtschafts- und Währungsunion soll von der Europäischen Zentralbank (EZB) die Stabilität des € gesichert werden. Die Steigerung des Preisniveaus[11] überstieg die von der EZB gesetzte Grenze von 2% in den letzten drei Jahren nur minimal; insofern kann die Wirtschafts- und Währungsunion der Europäischen Union als ein Gebiet relativer Preisstabilität bezeichnet werden.[12]

Da aber Unternehmen im Zuge der Internationalisierung auch in Ländern mit hohen[13] Inflationsraten investieren, ist auch die Unternehmensführung in Ländern mit hohen Inflationsraten durchaus ein aktuelles betriebswirtschaftliches Problem. Natürlich ergeben sich inflationsbehaftete Problemstellungen nicht ausschließlich aus der dargelegten Internationalisierung von Unternehmen; eine Inflation stellt auch Herausforderungen an Unternehmen, welche ausschließlich in ihren jeweiligen Heimatländern tätig sind.

Abbildung Nr.2: Inflationsraten p.a. in ausgewählten Ländern 2000-2003[14]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Inflationsraten in dieser Größenordnung könnten auf den ersten Blick im Vergleich zu höheren historischen Preissteigerungsraten als vernachlässigbar erscheinen. Jedoch sind diese insbesondere bei der langfristigen Betrachtung von erheblicher Bedeutung.

Das Preisniveau bei einer jährlichen Inflationsrate von 5% hat sich nach 15 Jahren bereits mehr als verdoppelt.[15] Bei Raten von 10% etwa geschieht dies schon nach 8 Jahren.

Diese Inflationswirkungen beeinflussen, wie noch im Abschnitt A.3.2. dargestellt wird, sowohl die betriebliche Kostenrechnung als auch die Erfolgsrechnung und sollte aus diesem Grund von Unternehmen entsprechend berücksichtigt werden.

Diese Überlegung impliziert, dass nicht nur Unternehmen, welche ausschließlich in Regionen oder Ländern mit hohen Preissteigerungsraten tätig sind, Inflation bei der Unternehmensführung berücksichtigen sollten. Da Inflation wie angedeutet eine Erscheinung ist, welche nicht nur in Ländern mit hohen Preissteigerungsraten (für aktuelle europäische Maßstäbe) Konsequenzen nach sich zieht, ist die vorliegende Arbeit daher allgemein für Unternehmen relevant, die sich bewusst mit dem Inflationsphänomen auseinandersetzen.

Zunächst werden im weiteren Verlauf dieser Ausarbeitung die wichtigsten theoretischen Grundlagen zum Inflationsphänomen erläutert. Anschließend wird dargestellt, wie sich eine Inflation auf Volkswirtschaften und Unternehmen auswirkt, um dann einige Ansätze zur inflationsgerechten Unternehmensführung zu liefern. Im empirischen Teil wird dann der Jahresabschluss des Jahres 2002 der Karstadt Quelle AG extern im Hinblick auf Inflationskomponenten untersucht.

1.2. Begriffserklärung „Inflation“ und Inflationsarten

Obwohl sich bis heute noch keine einheitliche Definition des Begriffs Inflation durchgesetzt hat, wird doch folgender Erklärungsansatz von der Wissenschaft akzeptiert:

Der andauernde Anstieg des allgemeinen Preisniveaus[16] wird als Inflation[17] bezeichnet.

Dies bedeutet, dass es sich bei einer Inflation um einen dynamischen Prozess handeln muss, da zu jedem Zeitpunkt die Preise einiger Güter steigen, während die Preise anderer Güter gleichzeitig sinken. Dies allein macht jedoch noch keine Inflation aus, da es sich bei einer derartigen gegenläufigen Veränderung einzelner Güterpreise lediglich um ein normales Funktionsmerkmal einer Marktwirtschaft handelt.

Das Preisniveau einer Volkswirtschaft gibt an, welche Gütermenge (durchschnittlich) pro Geldeinheit gekauft werden kann; steigt das Preisniveau wird diese Gütermenge geringer und die Kaufkraft des Geldes sinkt. Somit stehen die Kaufkraft des Geldes und das Preisniveau in einem reziproken Verhältnis zueinander. Daher kann man die Inflation auch als ein Absinken der Kaufkraft des Geldes charakterisieren.[18]

Bei einer Inflation ist folglich die Funktion des Geldes als Wertaufbewahrungsmittel beeinträchtigt. Bei extrem hohen Inflationsraten kann auch noch eine zweite Funktion des Geldes verloren gehen: die des Tauschmittels[19]. Akzeptieren die Wirtschaftssubjekte das Geld nicht mehr als gültiges Tauschmittel, so wird es von „Ersatzwährungen“, meist Naturalien (beispielsweise Lebensmittel, Zigaretten, Kohle), ersetzt.[20]

Entsprechend ihrer Erscheinungsform in der Praxis kann man je nach dem Tempo der Geldentwertung zwischen folgenden Inflationsarten unterscheiden:

Die „schleichende“ Inflation ist gekennzeichnet durch ständig vorhandene und in der Höhe von Jahr zu Jahr schwankende Inflationsraten und ist typisch für die Industrieländer der westlichen Welt nach dem zweiten Weltkrieg.[21]

In den fünfziger Jahren des letzten Jahrhunderts wurde ein Preisanstieg von höchstens 5% p.a. als schleichende oder auch säkulare Inflation bezeichnet. Durch die in den siebziger Jahren weltweit erhöhten Inflationsraten wurde der Begriff der schleichenden Inflation allerdings ausgeweitet, ohne dass man jedoch eine genaue Abgrenzung vornehmen könnte.[22]

Abbildung Nr.3: Schleichende Inflation; Consumer prices p.a. in % in ausgewählten Ländern 1965-1985[23]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Eine weitere Form der Inflation ist die trabende Inflation, welche auch Hochinflation genannt wird. Sie ist im allgemeinen charakterisiert durch jährliche Preissteigerungsraten von mehr als 100%, wobei auch hier die genaue Abgrenzung zwischen den Inflationsarten schwierig ist und die Übergänge zumeist fließend verlaufen. Hochinflationen waren in Lateinamerika im späten 20. Jahrhundert keine Seltenheit; so verzeichneten beispielsweise Argentinien, Brasilien, Bolivien oder auch Peru solch hohe Inflationsraten. In einigen Monaten überschritten die Preissteigerungsraten sogar die Schwelle zur Hyperinflation.

Auch in früheren Jahrhunderten kam es vereinzelt und meist aufgrund von exogenen Faktoren (siehe dazu Abschnitt A.2.2.2.) zu sehr hohen Inflationsraten; anführen lassen sich hier der

amerikanische Unabhängigkeitskrieg (1775 – 1783)[24] ; die französische Revolution (1789)[25] oder auch der amerikanische Bürgerkrieg (1861 – 1865)[26].[27]

Schließlich existiert noch die galoppierende Inflation (auch Hyperinflation genannt). Diese liegt nach allgemeiner Auffassung erst bei einer monatlichen Preissteigerungsrate von 50% vor;[28] dies entspricht einer jährlichen Preissteigerungsrate von fast 13000%.

Aufgetreten sind die bis heute 15 Hyperinflationen ausschließlich im 20. Jahrhundert. Dies hat einen einfachen Grund: Hohen Inflationsraten müssen immer erhebliche Ausweitungen des Geldangebots vorausgehen (siehe dazu Abschnitt A.2.2.1.) und diese wurden erst ab dem 20. Jh. möglich, als Systeme mit deckungslosem Geld zur Regel wurden.[29]

Beispielhaft kann die Weimarer Republik in ihren Anfangsjahren herangezogen werden. Verursacht durch Kriegsschulden des ersten Weltkriegs, durch die zu leistenden Reparationszahlungen und durch den Aufbau des neuen Staates benötigte die Weimarer Republik enorme finanzielle Mittel. Diese Kostenlawine, welche aus ordentlichen Haushaltsmitteln nicht mehr finanziert werden konnte, versuchte die Regierung mit immer höheren Krediten und durch die immer häufigere Nutzung der Notenpresse zu begegnen.[30]

Im August 1922 kam es zur Hyperinflation und das Geld verlor nach und nach seine Funktion als Tausch- und Wertaufbewahrungsmittel. Am 9.6.1923 etwa kostete ein Pfund Zucker bereits ca. 1500 Mark und Geschäfte akzeptierten bereits Eier oder Butter als Zahlungsmittel; am 1.11.1923 erreichte der Preis des Pfund Zuckers schließlich 250 Milliarden Mark.[31]

Abbildung Nr.4a: Hochinflationen bzw. Hyperinflationen; Consumer prices p.a. in % in ausgewählten Ländern 1980-1994[32]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung Nr.4b: Identische Daten wie bei Nr.4a bei geänderter Skalierung der Größenachse

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Folgende Übersicht zeigt ergänzend einige Daten, welche erkennen lassen, wann genau die Schwelle zur Hyperinflation überschritten wurde:

Abbildung Nr.5: Genaue Daten einiger Hyperinflationen[33]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Inflation, welche tatsächlich einen Preisniveauanstieg hervorbringt, wird als offene Inflation bezeichnet. Von diesem Inflationsbegriff wird aber eine weitere Art der Inflation nicht erfasst: die gestoppte oder zurückgestaute Inflation.

Diese kann entstehen wenn ein Staat einen partiellen oder generellen Preisstopp verordnet, obwohl die ökonomische Situation weiterhin zu Preisniveausteigerungen führen würde.[34]

Aufgetreten ist ein solcher Preisstopp beispielsweise unter den Nationalsozialisten, welche den 2. Weltkrieg mit Hilfe der Notenpresse finanzierten. Die Folgen der starken Geldmengenvermehrung wurden aber u.a. durch Preis- und Lohnstopps und durch die Rationierung der Konsumgüter bis zum Ende des Krieges verschleiert.[35]

Weiterhin lässt sich nach der Dauer eines Inflationsprozesses zwischen einer chronischen Geldentwertung und einem einmaligen Preisanstieg differenzieren.

Die chronische Geldentwertung lässt sich mit dem Begriff der schleichenden Inflation in Verbindung bringen, da eine mäßige aber konstante Inflationsrate p.a. vorherrscht.

Von einem einmaligen Preisanstieg spricht man, wenn bestimmte Ursachen wie z.B. drastische Ölpreiserhöhungen[36] oder auch Missernten zu einem Preisanstieg führen; allerdings haben solche Vorgänge in der Regel nur einen vorübergehenden Effekt auf die Inflationsrate.[37]

2. Theoretische Aspekte der Inflation

2.1.Messung der Inflation; Preisindizes und deren Charakteristika

Die Wachstumsrate des Preisniveaus (P) gibt die relative Änderung des Preisniveaus wieder; d.h. man bezieht die in einer bestimmten Periode eingetretene Änderung auf ein zuvor zu bestimmendes Ausgangsniveau. In Prozentschreibweise lautet daher die Inflationsrate

(P Infl.) der Periode t:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten (1)[38]

Wie bereits erläutert wurde, berechnet sich der Geldwert (G) als reziproker Wert des Preisniveaus; es ergibt sich somit:

G = 1 / P (2)[39]

Allerdings macht die statistische Bestimmung der Inflationsrate in der Praxis Schwierigkeiten, da für die Bestimmung des Preisniveaus P keine international allgemein anerkannte Methode vorliegt[40]. Daher werden Preisindizes verwendet, um das Preisniveau P einer Periode zu bestimmen; formal ergibt sich somit für einen Preisindex (PI), welcher die relative Änderung der Güterpreise in einer Berichtsperiode (t) zu einer Basisperiode (0) darstellt:

[Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] (3)[41]

mit:

w = Gewichtungen der einzelnen Faktoren

Wird dies zugrunde gelegt, kann man bezüglich der Bildung von Preisindizes zwischen einem ökonomischen und einem statischen Ansatz unterscheiden:

Der ökonomische Preisindex befasst sich mit dem Lebensstandard von Haushalten; dabei werden die unterschiedlichen Preissituationen herangezogen und mit den minimalen Ausgaben verglichen, die für die Aufrechterhaltung eines bestimmten Lebensstandards (bzw. Nutzenniveaus) nötig sind. Ein solcher ökonomischer Preisindex reflektiert die Ausgabensteigerungen eines repräsentativen Haushaltes zur Sicherung eines bestimmten Lebensstandards bei veränderten Preisen zwischen zwei Perioden. Somit berücksichtigt der ökonomische Preisindex auch die durch Preisänderungen ausgelösten Substitutionseffekte.[42]

Seine genaue Berechnung ist aber in der Praxis nahezu unmöglich. Aufgrund der sich im Zeitverlauf möglicherweise veränderten Bedarfsstrukturen eines Haushaltes, der Tatsache, dass nur ein pseudo-repräsentativer Haushalt betrachtet wird und der Bedingung, dass ein bestimmtes, genau zu bestimmendes Nutzenniveau gehalten werden soll, sind die in der Praxis aufgestellten Preisindizes das Ergebnis statischer Ansätze.[43]

Dieser statische Ansatz versucht die durchschnittliche Preisentwicklung von bestimmten, fest vorgegebenen Gütermengen zu erfassen, wobei Nutzenüberlegungen der Wirtschaftssubjekte keine Rolle spielen. Es werden heute vor allem zwei Indizes zur Erfassung der allgemeinen Preisentwicklung genutzt; dies ist zum einen der Paasche Preisindex und zum anderen der Preisindex nach Laspeyre. Wie beim ökonomischen Preisindex werden auch hier die Summen der jeweiligen Umsätze der Berichtsperiode in Beziehung zu einer Basisperiode gesetzt.[44]

Bei der Berechnung des Preisindex nach Paasche untersucht man, wie sich die Übertragung des Warenkorbs der Berichtsperiode in die Basisperiode auswirkt. Es wird also berechnet was der heutige Konsum in der vergangenen Periode gekostet hätte.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Diese Berechnungsweise hat den Vorteil, dass immer ein aktueller Warenkorb untersucht wird; dies bedeutet aber auch, dass in jeder Periode ein neuer Warenkorb aufgestellt werden muss und so die Vergleichbarkeit der Perioden nachlässt. Gleichzeitig erhöht sich der Aufwand der Berechnung. Außerdem hat der Preisindex nach Paasche die Eigenschaft, die allgemeine Preisentwicklung zu unterschätzen, da er die infolge von Substitutionseffekten erhöhten Mengen relativ verbilligter Güter auch für die Basisperiode übernimmt, als diese Verbilligung noch nicht vorlag. Dadurch wird das Ausgabenniveau der Basisperiode überhöht dargestellt.[46]

Bei der Berechnung des Preisindex nach Laspeyre hingegen wird analysiert, wie sich die Übertragung des Warenkorbs der Basisperiode auf die Berichtsperiode auswirkt. Somit wird berechnet, was der Konsum der vergangenen Periode bei heutigen Preisen kostet.

[Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] (5) [47]

Hier ergibt sich der Vorteil, dass über einen bestimmten Zeitraum mit einem konstanten Warenkorb gerechnet wird, die Ergebnisse also besser vergleichbar sind. Gleichzeitig wird dies im Zeitverlauf zu einem Nachteil, da sich die zugrundeliegende Struktur des Warenkorbes zunehmend ändert. Der Warenkorb wird erst nach mehreren Perioden der neuen Nachfragestruktur angepasst. Des Weiteren beinhaltet die Kalkulation nach Laspeyre die Tendenz zur Überschätzung des Preisindex, da die teilweise Substitution (Substitution Bias) verteuerter durch verbilligte Güter vernachlässigt wird.[48]

Weiterhin lässt sich noch hinzufügen, dass sich die Qualität (New Quality Bias) der untersuchten Waren laufend ändert, ohne dass dies berücksichtigt wird und dass neue Produkte erst mit größeren Verzögerungen in den Warenkorb aufgenommen werden

(New Product Bias).[49]

Obwohl beide Preisindexberechnungen Nachteile beinhalten und somit keine genaue Bestimmung der Inflationsrate zulassen, wird in der Praxis der Index nach Laspeyre bevorzugt, da dieser einfacher und kostengünstiger zu berechnen ist[50]. Prinzipiell lassen sich nun mit Hilfe der dargestellten Berechnungsmethoden die verschiedensten Preisindizes darstellen. Die bekanntesten und vielleicht wichtigsten dieser Indizes sind der Verbraucherpreisindex und der Bruttoinlandsproduktindex.

Der Verbraucherpreisindex wird ermittelt, indem durch Verbrauchsstichproben die Konsumgewohnheiten von einem (fiktiven) Haushalt bestimmt werden und ein Warenkorb gebildet wird. Der Verbraucherpreisindex misst fortlaufend die Preisentwicklung der Güter dieses Warenkorbs und liefert somit eine Aussage darüber, wie sich die Kaufkraft entwickelt unter der Vorraussetzung, dass ein Haushalt immer die Güter in dem Mengenanteil und der Qualität kauft, wie sie dem Warenkorb zugrunde liegen.[51] Der Preisindex nach Laspeyre findet folglich hier Anwendung.

Der Preisindex des Bruttoinlandsprodukts[52] (BIP) dient der Darstellung der durchschnittlichen Preisniveausteigerungen einer gesamten Volkswirtschaft. Er wird benutzt, um ausgehend vom nominellen BIP[53] das reale BIP zu berechnen. Dies ist notwendig, um die tatsächlichen Wachstumsraten einer Volkswirtschaft unabhängig von Preissteigerungen ermitteln zu können.

Der Anstieg des Preisniveaus einer Berichtsperiode lässt sich auch nach Faktoren aufschlüsseln, d.h. die Einflussparameter der Inflationsrate werden gesondert herausgestellt, um die Ursachen der Preisniveausteigerungen genauer analysieren zu können. Die EZB stellt die Veränderung des „Harmonisierten Verbraucherpreisindex“ beispielsweise wie folgt dar:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung Nr. 6a: HVPI- Inflationsrate und wichtige Teilkomponenten; Veränderung gegenüber Vorjahr in % [54]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung Nr. 6b: HVPI – Inflationsrate und wichtige Teilkomponenten; Veränderung gegenüber Vorjahr in % [55]

Eine solche Aufschlüsselung kann für bestimmte Wirtschaftssubjekte genauere Informationen liefern als die Gesamtgröße HVPI bzw. eine allgemeine Inflationsrate; Unternehmen erhalten bessere Zahlen für Kalkulationen, wenn ein entscheidender Faktor diese in hohem Maße betreffen. Daher kann es für Unternehmen interessant sein, unternehmensspezifische Inflationsindizes zu entwickeln; siehe zu diesem Thema weiterhin Punkt A.4.1. dieser Arbeit.

Insgesamt gesehen lässt sich festhalten, dass Preisindizes wichtige Informationen in Bezug auf Preisentwicklungen liefern können. Dabei muss aber genau beachtet werden, inwieweit oder ob ein solcher Index Wirtschaftssubjekte wie Haushalte oder Unternehmen tatsächlich beeinflusst. Denkbar wäre eine Inflationsrate, welche ausschließlich auf Tabakpreiserhöhungen zurückzuführen ist; ob diese Entwicklung Haushalte beeinflusst, hängt entscheidend von deren Konsumgewohnheiten ab. Die Kaufkraft eines überzeugten Nichtrauchers würde nicht nachlassen, die eines Rauchers unter Umständen[56] erheblich.

Folglich kann es den Geldwert nicht geben, dieser hängt vielmehr von dem Verwendungszweck des Geldes ab.[57]

2.2. Ursachen einer Inflation

Bevor einige Erklärungsansätze zur Inflation erläutert werden, kann bereits vorab festgehalten werden, dass das Inflationsphänomen nicht vollständig durch eine bestimmte Ursache erklärt werden kann; auch hier sind wie bei anderen makroökonomischen Problemstellungen mehrere Faktoren entscheidend. In der Praxis ist oft der entscheidende Impuls der Inflation nicht eindeutig zu identifizieren; mehrere Faktoren können sich überlagern und gegenseitig beeinflussen.[58]

Dennoch lässt sich festhalten, dass sich innerhalb der Wirtschaftswissenschaft zwei Erklärungsansätze durchgesetzt haben; zum einen der Ansatz der monetär induzierten Inflation und auf der anderen Seite die realwirtschaftlich induzierte Inflation. Weiterhin existieren Ausarbeitungen aus sozialwissenschaftlicher Sicht zur Erklärung der Inflation, welche diese u.a. als ein Ergebnis von sozialem Wandel[59] darstellen; dies soll nur der Vollständigkeit wegen angeführt werden, ist aber hier nicht weiter relevant. Im weiteren Verlauf werden daher nur die beiden Erklärungsmodelle der Wirtschaftswissenschaft kurz dargestellt.

2.2.1. Monetäre Inflationstheorie

Ausgangspunkt der monetären Inflationstheorie sind die Quantitätstheorien des Geldes.

Bereits Nikolaus Kopernikus (1473 – 1543) stellte 1526 fest, dass es einen Zusammenhang zwischen der Geldmenge und dem Wert des Geldes geben müsse. Seine Theorien wurden u.a. von dem britischen Philosophen John Locke (1632 – 1704) und Richard Cantillon (1680 – 1734) weiterentwickelt. Diese bemerkten, dass eine steigende Umlaufgeschwindigkeit des Geldes die gleiche Wirkung wie eine Erhöhung der Geldmenge habe.[60]

"[Monsieur Locke] a bien senti que l'abondance de l'argent encherit toute chose, mais il n'a pas recherche comment cela se fait. La grande difficulte de cette recherche consiste a savoir par quelle voie et dans quelle proportions l'augmentation de l'argent hausse le prix des choses"

(R. Cantillon; Essai sur la Nature du Commerce en General, 1755 ; p.160)[61]

Die Vertreter der Neo-Quantitätstheorie (bzw. monetaristische Theorie; vertreten u.a. durch Milton Friedman) entwickelten im 20. Jahrhundert folgende Gleichung:

[Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] (6)[62]

Diese als Quantitätsgleichung bekannte Formel beschreibt, dass sich die volkswirtschaftlichen Geld- und Güterströme in einer bestimmten Periode wertmäßig entsprechen. Ex post muss das reale BIP, multipliziert mit seinem Preisindex (P), d.h. dem BIP-Deflator, der Geldmenge

(M) multipliziert mit der Umlaufgeschwindigkeit des Geldes (V) entsprechen.[63]

Dabei kann die linke Seite der Gleichung als Ausdruck für die gesamte monetäre Nachfrage und die rechte als Ausdruck für das gesamte Angebot, bewertet zu jeweiligen Preisen, interpretiert werden.[64]

Aufgelöst nach P ergibt sich:

[Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] (7)

Eine Geldwertänderung kann sich demnach durch eine Änderung der Größen M,V und / oder BIPreal ergeben. Unter welchen Voraussetzungen dies geschieht, wird im weiteren Verlauf dargestellt; zuvor aber werden diese Variabeln kurz erläutert.

Die Geldmenge M wird durch die Geldpolitik des Geldschöpfungssektors bestimmt[65].

Dieser umfasst im Einzelnen die Zentralbanken, die Kreditinstitute im Sinne des Gemeinschaftsrechts und die sonstigen gebietsansässigen Finanzinstitute, zu denen Geldmarktfonds, Versicherungsgesellschaften oder auch Hypothekenbanken gehören[66].

Das Angebot an Geld ist die in einer Volkswirtschaft vorhandene Geldmenge, welche sich je nach Definition in verschiedene Aggregate einteilen lässt. International hat es sich eingebürgert, zwischen den Geldmengenarten M1, M2 und M3 zu unterscheiden, wobei diese Aggregate allerdings von Land zu Land voneinander abweichen können[67].

Der Geldschöpfungssektor hat je nach Institution mehr oder weniger selbstständig die Möglichkeit, die Geldmenge zu beeinflussen. Die Zentralbank, deren Geld als Geld höchster Ordnung bezeichnet wird, kann vollständig autonom die Geldmenge beeinflussen, indem sie die Menge umlaufender Banknoten oder die Höhe der von den Geschäftsbanken zu haltenden Mindestreserven verändert. Geschäftsbanken sind zu dieser Einlage verpflichtet, da sie im Mischgeld-Banken-System bei der Zentralbank Sichteinlagen in Höhe eines bestimmten Prozentsatzes ihrer eigenen Einlagen halten müssen. Sie können Geld schaffen, indem sie beispielsweise Aktiva von Nichtbanken erwerben und diesen den Gegenwert gutschreiben oder aber Kredite an Nichtbanken gewähren. Dabei sind den Geschäftsbanken allerdings durch die zu haltende Mindestreserve und einer Barreserve, welche den täglichen Zahlungsverkehr garantieren soll, Grenzen gesetzt. Die Veränderung der Geldmenge durch die Zentralbank unterliegt volkswirtschaftlichen Zielen; die Erhöhung der Geldmenge durch die Geschäftsbanken und den sonstigen Finanzinstituten aber erfolgt aufgrund von betriebswirtschaftlichen Zielen der Rentabilität.[68]

Die Umlaufgeschwindigkeit des Geldes V beeinflusst genau wie die vorhandene Geldmenge M das Preisniveau. Steigt beispielsweise V an, während M und das reale BIP konstant bleiben, hat dies eine Erhöhung des Preisniveaus zur Folge. Der Einfluss von V ist aber in der Regel zu vernachlässigen[69], da sich in der Praxis herausgestellt hat, dass die Umlaufgeschwindigkeit normalerweise relativ konstant ist. Allerdings kann es bei sehr hohen Inflationsraten dazu kommen, dass sich die Geldumlaufgeschwindigkeit erhöht. Die Wirtschaftssubjekte verringern ihre Sparquote und versuchen das Geld möglichst schnell für Ausgaben zu verwenden, da sie ihr Geld nicht mehr als Wertaufbewahrungsmittel[70] nutzen wollen. Kommt es zu einer solchen Entwicklung spricht man von einer Eigendynamik der Inflation.

Das reale BIP ergibt, sich wie in A.2.1. dargestellt, aus dem nominellen BIP einer Periode, welches mit Hilfe des Preisindizes des Bruttoinlandsprodukts bei einer Inflation „zusammengestaucht“ wird. Es zeigt die Bruttowertschöpfung einer Periode einer Volkswirtschaft (unabhängig vom Wohnsitz der an der Wertschöpfung Beteiligten).[71]

Im Allgemeinen lässt sich festhalten, dass nominelle Aggregatgrößen Angaben in laufenden Preisen darstellen, reale Aggregatgrößen hingegen entsprechend in konstanten Preisen.

Bei realen Größen werden Preisveränderungen folglich herausgerechnet.

Das Preisniveau P ergibt sich nach der Gleichung Nr. 7 aus dem Quotienten von M * V und BIPreal. Steigen der Nenner und der Zähler in diesem Bruch gleichermaßen, bleibt die Relation erhalten und P unverändert. Als Bedingung lässt sich folglich daraus schließen, dass sich Nenner und Zähler in unterschiedlichem Maße ändern müssen, damit auch das Preisniveau steigt bzw. fällt.

Auf welche Arten dies geschehen kann, verdeutlicht die folgende Übersicht:

Abbildung Nr.7: Monetäre Inflationstheorie [72]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

mit:

∆ = Veränderung der betreffenden Variabeln

In der Praxis hat sich gezeigt, dass es einen eindeutigen Zusammenhang zwischen der monetären Gesamtnachfrage und dem Preisniveau gibt. Insbesondere bei Hyperinflationen ließ sich dies zeigen; in der Weimarer Republik zwischen 1921 und 1924 oder aber in Lateinamerika[73] stieg die monetäre Gesamtnachfrage extrem an und verursachte in Verbindung mit den stagnierenden Wachstumsraten des realen BIP eine Hyperinflation.[74]

Als Fazit kann folgende Aussage von Milton Friedman herangezogen werden:

[...]


[1] Daimler Chrysler AG; Geschäftsbericht 2003; S. 20f; Stuttgart 2004

[2] Vgl. Informationen zur politischen Bildung; Nr. 263 „Globalisierung“; hrsg. von: Bundeszentrale für politische Bildung; Bonn 1999; S. 8

[3] Vgl. Nohlen Dieter ( Hrgs. ); Kleines Lexikon der Politik; Bundeszentrale für politische Bildung; 2. Auflage; München 2001; S. 572

[4] Vgl. Informationen zur politischen Bildung; Nr. 263 ...a.a.O.; S. 9

[5] GATS; General Agreement on Trade in Services

[6] TRIPS; Trade Related Intellectual Property Rights

[7] TRIMS; Trade Related Investment Measures

[8] Vgl. Informationen zur politischen Bildung; Nr. 280 „Globalisierung“; hrsg. von: Bundeszentrale für politische Bildung; Bonn 2003; S.18f

[9] Quelle: World Investment Report 2003; www.unctad.org/en/docs//wir2003_en.pdf ; 21.07.2004

[10] Vgl. Informationen zur politischen Bildung Nr. 213 „Europäische Union“ ; hrsg. von: Bundeszentrale für politische Bildung; Bonn 2000; S. 10 und S. 26f

[11] Als Indikator dient der EZB der „Harmonisierte Verbraucherpreisindex“ (HVPI ), welcher die unterschiedlichen nationalen Konsumgewohnheiten bei der Berechnung der Inflationsrate berücksichtigt.

Vgl. dazu : Issing, Ottmar; Einführung in die Geldtheorie; In : WiSo Kurzlehrbücher; Reihe Volkswirtschaft; München 2003; S. 200f

[12] Siehe dazu auch Abbildungen 6a und 6b.

[13] Eindeutig definieren lässt sich der Begriff „hoch“ bzw. „akzeptabel“ nicht; es kommt dabei vielmehr auf die Wahrnehmung der betroffenen Wirtschaftssubjekte an. Eine Inflationsrate von 5% würde in der europäischen Wirtschafts- und Währungsunion sicherlich als vergleichsweise hoch angesehen werden, während dieser Wert in anderen Ländern wie Russland oder Venezuela wahrscheinlich eher als niedrig empfunden werden würde.

[14] Quelle: http://www.economist.com/countries/index.cfm; 19.06.2004

[15] Vgl. Meerkatt, Heino : Inflation und Controlling; Inflationsgerechte Planung in multinationalen Unternehmen; Dissertation Universität Göttingen; Fachbereich Wirtschaftswissenschaften; Göttingen 1989; S. 10

[16] Dieses Preisniveau beinhaltet sowohl Warenpreise, als auch Dienstleistungs- und Faktorpreise.

[17] Der Begriff Inflation kommt aus dem lateinischen und bedeutet: „sich aufblähen“.

[18] Vgl. Heubes, Jürgen : Inflationstheorie; München 1989; S. 1f

[19] Vgl. Borchert, Manfred : Geld und Kredit; Einführung in die Geldtheorie und Geldpolitik; 8. Auflage; München / Wien 2003; S. 28f

[20] Vgl. Informationen zur politischen Bildung Nr. 261„Weimarer Republik“; hrsg. von: Bundeszentrale für politische Bildung; Bonn 1998; S.28

[21] Vgl. Schaal, Peter : Geldtheorie und Geldpolitik; 4. Auflage München / Wien; 1998; S. 211

[22] Vgl. Issing, Ottmar : Einführung ...; a.a.O.; S. 203

[23] Quelle : The 2002 World Development Indicators CD-ROM

[24] In der inflationären Hochphase 1779-1780 stiegen die Preise um ca. 1000% p.a..

[25] In den Folgejahren der französischen Revolution stieg die Inflationsrate stark an; 1795 erreichte sie ihren Höhepunkt mit mehr als 3000% p.a..

[26] Die Inflationsrate in den Konföderierten Staaten z.B. erreichte ihren Höhepunkt im März 1864 mit 40%.

[27] Vgl. Sachs, Jeffrey D.; Larrain, Felipe B.; Makroökonomik, In globaler Sicht; aus dem amerikanischen von H.J. Ahrns; München, Wien, Oldenburg; 2001; S. 907f

[28] Vgl. Issing, Ottmar : Einführung ...; a.a.O.; S. 203

[29] Vgl. Sachs, Jeffrey D.; Larrain, Felipe B.; Makroökonomik, In ...a.a.O.; S.908

[30] Vgl. Informationen zur politischen Bildung Nr. 261 „Weimarer Republik“; a.a.O.; S.28

[31] Quelle : Chronik des 20. Jahrhunderts; Dortmund 1983; S. 306 und S. 313

[32] Quelle : The 2002 World Development Indicators CD-ROM

[33] Entnommen aus : Sachs, Jeffrey D.; Larrain, Felipe B.; Makroökonomik, In ...a.a.O.; S.911

[34] Vgl. Heubes, Jürgen : Inflationstheorie...a.a.O.; S. 2

[35] Vgl. Informationen zur politischen Bildung ; Ausgabe Nr. 259; Deutschland 1945-1949, Besatzungszeit und Staatengründung; hrsg. von: Bundeszentrale für politische Bildung; Bonn 1998; S. 15

[36] Als Beispiel sind hier die Ölkrisen 1973 und 1979 zu nennen, welche die Inflationsraten vieler Länder nach oben trieben. Siehe dazu auch Abbildung Nr.3.

[37] Vgl. Issing, Ottmar : Einführung ...; a.a.O.; S. 204

[38] Vgl. Heubes, Jürgen : Inflationstheorie...a.a.O.; S. 2

[39] Ebenda; S. 2

[40] Vgl. Schaal, Peter : Geldtheorie und ...a.a.O.; S. 211

[41] Vgl. Heubes, Jürgen : Inflationstheorie...a.a.O.; S. 3

[42] Vgl. Liebers, Michael : Konzeptionelle Ansätze zur Kostenrechnung industrieller Unternehmen in Hochinflationsländern; Dissertation Universität Darmstadt; In :Schriften zum Betrieblichen Rechnungswesen und Controlling; Band 5; Hamburg 1998; S.58f

[43] Vgl. Heubes, Jürgen : Inflationstheorie...a.a.O.; S. 7

[44] Ebenda; S. 7-9

[45] Vgl. Liebers, Michael : Konzeptionelle Ansätze...a.a.O.; S. 62

[46] Vgl. Heubes, Jürgen : Inflationstheorie...a.a.O.; S. 12

[47] Vgl. Liebers, Michael : Konzeptionelle...a.a.O.; S. 62

[48] Vgl. Heubes, Jürgen : Inflationstheorie...a.a.O.; S. 11f

[49] Vgl. Issing, Ottmar : Einführung ...; a.a.O.; S. 195 und S. 197 / 198

[50] Vgl. Liebers, Michael : Konzeptionelle...a.a.O.; S. 61

[51] Vgl. Issing, Ottmar : Einführung ...; a.a.O.; S. 195

[52] Dieser wird auch als BIP-Deflator bezeichnet.

[53] Dieses beinhaltet die jeweiligen aktuellen Preise der Perioden und berücksichtigt somit die Inflation.

[54] Entnommen aus : Jahresbericht 2003 der Europäischen Zentralbank; Frankfurt am Main 2004; S. 45

[55] Ebenda; S.45

[56] Dies hängt davon ab, ob der Raucher seine Konsumgewohnheiten beibehält oder ändert.

[57] Vgl. Issing, Ottmar : Einführung ...; a.a.O.; S. 194

[58] Vgl. Clement, Reiner; Terlau, Wiltrud : Grundlagen der angewandten Makroökonomie; 2. Auflage München 2002; S. 199

[59] Siehe dazu beispieösweise: Pfister, Jürgen : Band 111; Grundzüge einer „Soziotheorie“ der Inflation; ein Beitrag zur (Re)Integration der Sozialwissenschaften ; In : Untersuchungen über das Spar-, Giro- Kreditwesen; hrsg. von Fritz Voigt; Berlin 1981; S. 144

[60] Vgl. Schaal, Peter : Geldtheorie und ...a.a.O.; S. 206

[61] Quelle : http://cepa.newschool.edu/het/essays/money/quantity.htm; „The History of Economic Thought Webside“;13.05.2004

[62] Vgl. Clement, Reiner; Terlau, Wiltrud : Grundlagen ...a.a.O.; S. 200

[63] Ebenda; S. 200

[64] Vgl. Issing, Ottmar : Einführung ...; a.a.O.; S. 209

[65] Vgl. Nohlen Dieter ( Hrgs. ); Kleines Lexikon der Politik; a.a.O.; S. 153

[66] Vgl. Borchert, Manfred : Geld und Kredit; Einführung ...a.a.O.; S. 34ff

[67] Ebenda.; S. 60f

[68] Ebenda ; S. 67ff

[69] Dies hängt von der Reaktion der Wirtschaftssubjekte auf die Preissteigerungsraten ab.

[70] Siehe dazu weiterhin Abschnitt A. 3.1.1. dieser Arbeit.

[71] Vgl. Sachs, Jeffrey D.; Larrain, Felipe B.; Makroökonomik, In ...a.a.O.; S.41

[72] Entnommen aus : Schaal, Peter : Geldtheorie und ...a.a.O.; S. 219

[73] Siehe dazu auch Punkt A.1.2. und Abbildungen 4a und 4b dieser Arbeit.

[74] Vgl. Mankiw N. Gregory ;Grundzüge der Volkswirtschaftslehre; aus dem amerikanischen Englisch übertragen von Adolf Wagner; 2. überarbeitete Auflage; Stuttgart 2001; S. 675f

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2004
ISBN (eBook)
9783832483753
ISBN (Paperback)
9783838683751
DOI
10.3239/9783832483753
Dateigröße
637 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Fachhochschule Düsseldorf – Wirtschaft
Erscheinungsdatum
2004 (Oktober)
Note
1,7
Schlagworte
globalisierung preisindizes rechnungslegung kostenrechnung konzernabschluss
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